Am Gebetsfelsen

  • Loki war heute nicht nach Scherzen zu recht... nicht einmal der ihm ureigene Drang zum Klamauk vermochte sich heute zu melden. Eigentlich war er so ernst, wie er es normalerweise nur ist, wenn ein Sax in der Hand schwer wog, und das eigene Blut in den Ohren rauschte...
    Heute war es aber anders. Lando hatte, je mehr er über diese Sache nachdachte, einen festen Klumpen im Magen, und wusste nicht, wie er diesen loswerden könne... Albin war es schließlich (sich sichtlich darüber freuend selbst dem größten Klugscheisser der Familie noch einmal etwas beibringen zu können), der ihm den Rat gab, sich einfach in den Schnee zu hocken, und darauf zu vertrauen, dass man ihm schon sagen würde, welchen Weg er zu nehmen hatte.


    So hockte Loki also im Schnee vor dem zugeschneiten Opferstein in der hintersten Ecke des Gartens, der in Schnee und Eis erstarrt und abgeschirmt vom Lärm der Stadt eine besinnliche Atmosphäre erzeugte. Genau das richtige für diesen Moment...


    Es war keine spezifische Gottheit, der er sich heute zuwandte, denn die konnten im Endeffekt nur das wiedergeben, was sie von den Nornen hörten, und so wandte er sich direkt der Quelle wieder, an die, die ihn in Händen hielten, und jede Wendung und Verstrickung seines Lebens in den Faden sponnen, der sein Leben erzählte.
    Es vergingen Minuten, es vergingen derer mehr, und Lando versank immer mehr im Murmeln alter Formeln, die die Leute der Völker rechts des Rheins genauso kannten, wie die, die unter den Römern lebten, und doch waren einige so alt, als Midgard noch in den Kinderschuhen steckte.


    Es dauerte eine Weile, bis er Antwort bekam, und es dauerte noch länger, bis er verstand. Während seine Beine schon längst taub vor Kälte waren, ging Loki ein Licht auf, dass ihn wohl so schnell nicht verlassen würde... ein Licht, das ihm klarer werden ließ, wo er hinging, und auf was er zu achten hatte, wenn er diesen Weg sicher beschreiten wollte.


    Als das Gespräch endete, als Lando aus seinem Gebet erwachte, und sich aufrichten wollte, holte ihn die irdische Welt nur allzu schnell ein... er kippte einfach um, weil seine Beine nicht so schnell wieder warm werden wollten, wie Lando es gerne gehabt hätte. Als sie endlich ihren Dienst wieder versahen, führten Landos Schritte direkt in die Casa, Entscheidungen waren getroffen worden, die so einiges ändern würden...

  • Nicht nur die Vergangenheit war geprägt von wichtigen Ereignissen, auch die Zukunft würde viele mit sich bringen. Aus diesem Grund hatte Phelan seine Sippe, wie auch alle Bediensteten an jenem Tag zum Gebetsfelsen beordert, um die Götter für das Vergangene und das Kommende zu rühmen.
    Den Segen der Götter mit sich zu führen in allen Belangen war sehr wichtig. Man sollte nie gegen die Götter handeln oder man würde ihre Macht in Form von Zorn zu spüren bekommen.


    Der junge Gode hatte alle zur Stunde der Morgendämmerung bestellt. Ein Zeitpunkt, bewusst gewählt, die Nacht für das Vergangene, der Tag für das noch Kommende. Kalt war es und der Tau hing noch frisch über dem Grünen, als sich alle nacheinander Einfanden. Bedächtig bereitete Phelan die Gaben vor.

  • Alrik war der erste, der sich am Gebetsfelsen einfand. Mit wachem Geist und großem Interesse sog er alles an Eindrücken auf, was ihm die Schritte durch den Garten zum Felsen so auffiel. Die Obstbäume, die Knospen bildeten weil sie rochen, dass kein Frost mehr folgen würde, zurückkehrende und nie weggewesene Vögel, die in den noch kahlen Zweigen sangen, der große Teich im Garten, der noch aussah wie mit Wasser gefülltes Loch im Boden, und alles war grau, braun und dreckig. Die Natur holte Luft zum großen Ansturm gegen das, was sie sich jedes Jahr vom Winter zurückeroberte, und Alrik begriff, dass er sich diese Gedanken zum ersten Mal machen musste, ohne sich um bevorstehende Kämpfe zu sorgen. Nicht, dass er sich gesorgt hätte, er hatte sein Leben in dem Moment in Theiwaz' Hände gelegt, als er den ersten Speer in die Hand gedrückt bekam, um zu töten, oder zumindest kampfunfähig zu machen. Und jetzt dieser Moment der Stille... es war so friedlich, dass es ihn beinahe berauschte.


    Als er am Gebetsfelsen ankam, sah er, dass Phelan schon anwesend war, und er nickte dem jungen Priester anerkennend zu, den er dafür respektierte, den langen Weg nach Rom aufgenommen zu haben, und tatsächlich wieder zurückgekehrt zu sein, um hier den Göttern beider Völker dienlich zu sein.


    Der Opferstein vor dem Gebetsfelsen zeigte einige Scharten, einige neuer, andere von Alter gezeichnet, und offenbahrten die Götterfürchtigkeit seiner Familie. Alrik war mehr als nur zufrieden... hier war gutes am Werk.

  • Schon wieder stand ihr Bruder früher und vor ihr auf. Sontje fragte sich, wann sie denn einmal zusammen aufstehen würden. Es schien schon Ewigkeiten herzusein... Langsam stand sie auf, ging zum Wascheimer und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Brr.. es war sehr kalt. Eilig rubbelte sie das Gesicht trocken undbegann sich umzuziehen. Dabei stellte sie fest, dass die Zeit der Blutung gekommen war. Seufzend zog sie Leinentücher, welche das Blut aufsaugen würden und darüber eine Art kurze Hose an. Darüber einen Unterrock, dann ein einteiliges Kleid und dazu eine grobe Strickjacke. Das sollte reichen für den Termin am Grabfelsen. Rücken- und Bauchschmerzen so gut wie es ging ignorierend schritt sie die Treppen runter und aus Haus raus hinein in den Garten und weiter zum Gebetsfelsen. Phelan war bereits anwesend.. ebenso der Neue. "Heilsa..." brummte sie leise und lehnte sich an die Reste eines gekappten Baumstammes an. So konnte sie die kommende Stunde ertragen. Oh wie sie als Frau den ersten Tag der Blutung hasste! Verflixt noch eins.. sie hatte etwas vergessen, nämlich die Bettlaken auszuwechseln. Hoffentlich machte Phelan nachher keinen Terz draus. "Phelan.. machst du es heute früh kurz oder lange??" fragte sie geradeheraus und hoffte auf ersteres. heute hatte sie Lust auf gar nichts.. am liebsten wieder zurück ins gemnütliche Bett und den ersten schmerzhaften Tag irgendwie überstehen.

  • Lando, der für derlei weibische Beschwerden kein Verständnis hatte (:D), weil er es in seinem Leben bisher perfekt verstanden hatte die Konfrontation damit zu vermeiden, schlurfte auch irgendwann zum Gebetsfelsen, und sah dass der Frühaufsteher Phelan, sowie Alrik und Sontje schon da waren...


    "Moin...", grummelte der cheruskische Amsivarier und wartete darauf, dass die anderen erschienen...

  • Auch Witjon hatte es aus dem Bett geschafft. Nach der ganzen Zeit unter freiem Himmel und auf feuchtem, kalten Waldboden hatte er in seinem Bett geschlafen wie ein Bär im Winterschlaf. Nach kurzer Morgentoilette trat er nun auch in den Garten hinaus und unterdrückte ein Gähnen, während er sich zu den anderen gesellte. "Morgen allerseits." Er warf ein müdes Lächeln in die Runde und stellte sich dann zwischen Lando und Sontje. Es war noch nicht ganz hell, doch die Vögel pfiffen bereits fröhliche Melodien und das Wetter schien diese Stimmung verstärken zu wollen, denn bis auf einen leichten Nebel schien Donar es heute gut mit ihnen zu meinen.

  • Rodrik war früh aufgewacht. So ganz hatte er sich noch immer nicht an sein Bett gewöhnt (obwohl er hier schon enorme Fortschritte machte) und manchmal, so wie heute, erwachte er mit Rückenschmerzen. Sie waren nicht stark und mit Strecken und Katzenbuckel machen vergingen die Schmerzen auch ziemlich fix wieder. Die machte er aber im Bett, weil er die Bettwärme noch ein wenig ausnützen wollte, bevor er aufstand. Das Wetter war zwar schon recht warm, aber am frühen Morgen machte die Kälte nur ungern Anstalten zu weichen. Daher war er nicht unter den ersten zu finden, die am Gebetsfelsen eintrudelten. "Moinsen..." grüßte er die anderen mit einem verschlafenen Gesichtsausdruck. Nur weil er früh aufgewacht war, musste es ja nicht heissen, dass er auch tatsächlich ausgeschlafen war.

  • Was ein Anblick. Keiner hatte weiter in den Puppen gelegen und Phelan vergessen. "Schön das ihr alle da seid." Der Zeitpunkt war vielleicht für den ein oder anderen (vor allem für Sontje) etwas schwer nachzuvollziehen, immerhin war es noch in den frühen Morgenstunden, aber das hatte alles seinen Sinn. Der junge Gode warf seiner Schwester einen vielsagenden Blick zu, der so etwas wie 'tu mir bitte den Gefallen' beinhaltete, und ließ dann seinen Blick durch die Reihen wandern. Eine fehlte, Eila.


    "Loki sag, was ist mit deiner Schwester?" er wollte nicht anfangen, ohne auf Eila zu warten, alle sollten an dem opfer teilhaben.
    Sogar der Neue war hier, was den jungen Duccier schon etwas überraschte. Aber gut, das war schonmal sehr positiv und somit warf er ihm einen freundlichen Blick entgegen und nickte ihm zu.

  • "Moin Rodrik," murmelte Witjon, als der Neuzugang sich auch am Gebetsfelsen einfand. Er hatte den Sohn des Hagen vor ihrem Aufbruch nach Magna recht selten zu Gesicht bekommen und wusste noch immer nicht so recht was er mit dem Jungen anfangen sollte. Witjon entschied sich für einen aufmunternden Schulterklopfer und ein Schmunzeln, als er die Müdigkeit in Rodriks Miene wahrnahm. Phelan sprach derweil Lando auf seine Schwester an und Witjon wunderte sich, dass Eila heute so spät war.

  • Sontje seufzte leise auf, als sie den bittenden Blick ihres Bruders auffing und verdrehte die Augen. Er wollte, dass sie hier blieb und so sollte es sein. Mit knapper Bewegung machte sie es sich am Baumstammrest lehnend ein bisschen bequemer und faltete die Hände. Witjon gesellte sich ihnen ebenso Rodrik. Beiden Männern warf sie ein müdes Sontje-Lächeln zu und blickte auf den Rasen. Augen zu und durch.. oder eher Ohren auf und durch. Ja.. Eila war noch nicht da und sie somit wieder einmal die einzige weibliche anwesende Person. Unter Männern zu leben war ganz nett, doch manchmal wäre es echt schön jemanden weiblichen zum quasseln und quatschen und kichern zu haben. Sontje begann an Mutter zu denken und hoffte, dass es ihr gut ging. Vielleicht war sie jetzt gerade an Vaters Grab und dachte an sie und Phelan. Möglich wäre es... Sontje seufzte noch einmal vernehmlich auf, riss sich aus den trüben Gedanken heraus und richtete die Gedanken auf die zu sprechenden Gebete aus.. was sonst wollte Phelan sonst am Gebetsfelsen machen?!? "Komm in die Gänge, Bruder.." flüsterte Sontje.

  • Es gab so Tage... die sich so garnicht von anderen unterschieden und doch irgendwie völlig anders waren. Eila hatte keine Ahnung warum, aber am heutigen Morgen hatte sie es schlichtweg nicht geschafft, sich zum Aufstehen zu motivieren. Jedesmal, wenn sie irgendwas aus ihrem Schlaf zu holen versuchte, hatte sie sich dösig entschieden, sich noch einmal umzudrehen.
    Als sie das letzte Mal aus ihrem Schlaf geholt worden war, wurde ihr dann erst bewusst, wie spät es schon sein musste und dass sie zu spät zum Opfer kommen würde... Eilends hatte sie sich fertig gemacht, war in das gerade am nächsten liegende Kleid geschlüpft und mit offenen noch leicht zerzausten Haaren zum Opferstein geflitzt, wo sie gerade ankam.
    "Heilsa." meinte sie dann noch leicht verschlafen und stellte sich zu den anderen...

  • Nun hatten die Götter wieder ihren weißen Wintermantel über das Germanenland gedeckt und es mit eisiger Kälte versehen, so dass es für jeden Römer undenkbar gewesen wäre bei dieser Frühe, wo der Morgentau noch auf dem Grase ruhte, im Casa eigenen Garten einem Opfer beizuwohnen. Germanen hingegen waren an die Kälte gewöhnt und murrten in diesem Falle nicht wegen der Kälte, sondern eher wegen der Frühe.
    Natürlich war Phelan als Gode der Familie als erster am Gebetsfelsen, um die Opfergaben zurechtzulegen und sich vorzubereiten.
    In letzter Zeit waren viele wichtige Dinge geschehen, wofür er den Göttern in Namen seiner Familie danken wollte und auch musste!
    Im Vordergrund der ganzen Sache stand natürlich das Neugeborene, Elfledas und Landos Tochter genannt Naha.



    Sim-Off:


    Dann trudelt mal ein meine Schäfchen!



    * das Neugeborene

  • Auch Lando erschien mit noch schlafverklebten Augen. Die Kleine tat ihr möglichstes, um ihre Eltern auch nachts wach zu halten, und wenn man mal drei Stunden durchschlafen konnte, war das ein Segen. Mit Frau und Kind im Schlepptau trat also auch das Familienoberhaupt an den Gebetsfelsen heran, dick in Fell und Stoff gehüllt, und wartete darauf, dass die anderen schnellstmöglichst eintrafen, damit er endlich was zwischen die Kiefer bekam.


    "Moyn..", war die gebrummte Begrüßung, die er für Phelan übrig hatte, während er sich im Stehen bewegte, um ein wenig für Wärme unter der dicken Schicht Kleidung zu sorgen. Sowieso: seine Stimmung war nicht die beste, hatte ihm DIE ERNEUTE Abreise seiner Schwester schon früh die Woche versaut. Zu seiner Wut über ihren Starrsinn mischte sich natürlich auch die brüderliche Sorge, und so zeigten seine Mundwinkel seit einigen Tagen stets nach unten, und auch ein Brief von Vala hatte nicht zu einer Besserung seines Gemüts beigetragen. Im Gegenteil sogar. Er spuckte aus, brummte irgendwas vor sich hin, und trat von einem Fuß auf den anderen um sich warm zu halten.

  • Auch wenn Phelan schon früh aufgestanden war und sie geweckt hatte, sie würde noch etwas liegenbleiben. Die Kleidung lag schon bereit, sie musste nur noch hinein schlüpfen und festbinden.
    Blinzelnd sah sie zum Fenster und bibberte angesichts des kalten Wetters unter den Decken. Nein, auf rausgehen hatte sie keine Lust. Besser, sie drehte sich noch einmal um und schlief weiter. Es würde niemand kommen und sie aus dem Bett schmeissen.
    Sontje fühlte sich immer noch ein wenig gekränkt darüber, dass man sie bei der Geburt von Naha nicht wirklich gebraucht hatte. Lediglich fürs Dinge und Sachen holen und bringen war sie gut genug gewesen. Die Treppe hoch und runter hatte sie ganz gut gemeistert... danach war sie sehr erschöpft gewesen.
    Lange rang sie mit sich, ob sie weiterschlafen oder doch aufstehen wollte. Noch mehr falsch machen wollte sie eigentlich nicht mehr. Lando beachtete sie kaum noch.
    Mit einem ausgesprochen müden Seufzer schlug sie letztendlich die Bettdecke zurück und kleidete sich an. Ihre blonden Haare knotete sie zu einem Knoten und verbarg sie unter einer dicken Mütze. Nun noch den dicken Umhang...
    Sontje lehnte sich wie gewohnt an den Baumstammrest und blieb dort still stehen. Bloß nicht auffallen und schweigen, lautete ihre Devise.

  • Wo Lando müde aussah, sah Elfleda aus wie der Tod auf Socken. Alle zwei Stunden aufstehen, dem Kind die Brust geben, Frisch wickeln, die alte Windel gegebenenfalls auch auswaschen und dann solange mit dem Kind auf dem Arm rumlaufen, bis es eingeschlafen war, nur um zwei Stunden später dasselbe noch einmal durchzumachen, zehrte an ihren Kräften. Elfleda stand neben Lando, die Augen geschlossen, und es war nicht wirklich klar, ob sie nun wach war oder im Stehen eingeschlafen war. Einzig, wenn das Kind einen Mucks machte, wippte sie es ein wenig in ihren Armen, so dass es mit dem Quängeln aufhörte.
    Dazu kam noch, dass Lando eigentlich nur am Schimpfen war, seit Eila weg war. Nun, Elfleda konnte das ja verstehen, es gehörte sich für eine Frau nicht, von ihrer Sippe fortzulaufen, erst recht nicht allein und schon gar nicht gegen den Willen der Sippe. Es gab einige Familien, bei denen so eine Tochter gar nicht wiederzukommen bräuchte. Eila hatte Glück, dass Lando da sehr seiner Schwester verbunden war. Allerdings machte das alles ihre, Elfledas Lage nicht unbedingt leichter. Nachdem sie Lando im letzten Drittel der Schwangerschaft arg gequält hatte, versuchte sie jetzt, auf ihn auch noch Rücksicht zu nehmen, so dass sie schließlich deutlich ausgezehrt war. Wenn das Kind in einigen Monaten durchschlief, dann würde Elfleda den Göttern opfern. Vorher war sie schlicht und ergreifend zu müde dazu.


    Ihr war kalt, trotz der dicken Kleidung, hauptsächlich wegen ihrer Müdigkeit. Sie hoffte, Phelan würde nicht allzusehr herumtrödeln, so dass sie wieder ins Bett konnte. Entweder das, oder sie würde wirklich im Stehen während des Rituals schlafen.

  • Anders als Elfleda und Lando war Witjon nicht gar so sehr vom Schlafmangel gezeichnet. In den ersten zwei, drei Wochen hatte ihn zwar noch das knarzende Holz über seinem Kopf gestört und das gelegentliche Heulen, das ihn über sein Schnarchen hinweg aufgeweckt hatte. Doch letztendlich obsiegte einmal mehr sein äußerst tiefer schlaf, über den sich Callista gerne beschwerte. Konnte er denn etwas dafür, wenn er nachts die Bettdecke an sich riss, ohne etwas davon zu merken? Na, da siehst du's. Trotz allem hatte er seine derzeit sehr nervenaufreibende Braut zu dieser frühen Morgenstunde in den Garten hinuntergezwungen, um den Segensritualen für das Neugeborene beizuwohnen. Callista wollte erst nicht, doch Witjon konnte ihr erfolgreich erklären wie wichtig dieser Vorgang war, und dass selbiges natürlich auch für ihr hoffentlich bald kommendes Kind getan werden würde.
    Wie dem auch war, jetzt standen sie im Kreis der Familie...und gähnten herzhaft. Witjon konnte nur schwerlich sein Riesenmaul wieder zuklappen, bevor er ein müdes "Moin auch" hervorbrachte. Und mit einer gewissen Zufriedenheit beobachtete er, dass sowohl Lando, als auch dessen Frau wesentlich drastischer unter dem Blag zu leiden hatten als er. Eigentlich ein verwerflicher Gedanke, der jedoch verständlich anmutete, betrachtete man die Situation, dass Witjon und Callista noch immer ohne jegliche Anzeichen von Nachwuchs waren. Hier sprach einzig und allein der Neid und eine tiefe Unzufriedenheit aus dem jungen Duccius...

  • Nun waren alle da, nunja .. körperlich jedenfalls .. alle hatten schonmal wacher, gesünder und fröhlicher ausgesehen, aber diese Tradition war Pflicht für alle und wenn sie nicht aus dem Bett gekommen wären hätte Phelan sie vermutlich mit Albin zusammen aus den Betten gezogen. Manchmal war der alte Zausel gar nicht so verkehrt. Doch davon war nicht die Rede, alle waren ja da. Dem einzigen dem die Anwesenheit nachgesehen wurde war Ragin, der arme Kerl lag immer noch mit schweren Verletzungen seines Reitunfalls auf seinem Bett.


    Er wandte sich dem Gebetsfelsen zu und hob die Hände, nun ging es los.


    "Oh ihr Götter hört mich an. Wir bringen euch dieses Opfer dar, um euch für alle guten Dinge, die uns ereilt haben, zu danken."


    Je mehr er opferte, desto mehr wurde es Rutine bei ihm, natürlich waren die germanischen Opfer, welche er als Gode darbrachte, nicht so detailreich und regelreich wie die römischen, welche er als Sacerods dabrachte, dennoch freute er sich immer darauf. Er war Germane, war das nicht offensichtlich, dass das seine Passion war? Die römischen Opfer waren sein Beruf und die römische Götterwelt seine Studien. Doch sein Herz gehörte den germanischen Göttern.


    Auf dem Gebetsfelsen hatte er bereits das weiße Tuch ausgebreitet, auf dem sich die Opfergaben befanden. "Ihr Götter! Nehmt dieses Brot als Gabe eurer loyalen Untertanen an, ich danke euch für die beiden Eheschließungen, die Witjon mit Callista und Lando mit Elfleda geschlossen haben, unter eurer schützenden Obhut."
    Phelan nahm das Brot und brach jedem der Anwesenden ein Stück davon ab, dabei bekam Lando mit seiner Familie das größte Stück als Symbol dafür, dass sie nun aneinander gebunden waren und Eins bildeten.
    Als alle aufgegessen hatten wandte er sich wieder dem Gebetsfelsen zu. Auf dem Tuch lagen noch die letzten Trauben, die der vergangene Sommer ihnen noch geschenkt hatte.
    "Oh ihr Götter, nehmt diese Trauben als Zeichen für die Fruchtbarkeit, die ihr Mächtigsten habt Lando und Elfleda geschenkt, so dass sie eine gesunde Tochter zeugen und zur Welt bringen konnten." wieder verteilte er die Trauben, wobei er Lando und seiner kleinen neuen Familie ein Stück Rebe gab, welche wieder ein Symbol des Ganzen implizierte.


    Nun galt es noch die Bitten an die Götter vorzubringen.


    "Höchster Odin .. hör mich, Phelan Gunnarsson deinen untertänigen Diener an.



    Du wanderst durch Städte einer veränderten Welt,
    geliebter Odin, Vater der Götter und Menschen.
    Ich fühl Dich nah und frage mich,
    ob Dir der Lärm und Trubel hier gefällt?


    Welch Zauber, nichts ist wie einst geblieben!
    Die Menschen sind voll Zweifel und voll Ängste,
    Weisheit, Stärke, die Du lehrtest, haben sie vergessen.
    So leben sie ohne Ziel, verwirrt und sind getrieben.


    Geliebter Odin, der Du lehrst die Schwächen zu besiegen,
    der Du das heilige Wasser hast getrunken,
    der Du Vergangenheit und Zukunft kennst,
    ich seh’ Dich lächeln und zufrieden.


    Lehre uns deine Weisheit, damit wir die Zukunft wie die Vergangenheit gut überstehen, was auf deiner Macht beruht. Hüte Lando und seine kleine Familie, gib ihm Kraft sie zu leiten, wie du auch deine leitest göttlicher Odin."


    Als er geendet hatte, nahm er seine Hände wieder aus der Luft und verharrte einen Moment. Er schloß die Augen und versuchte die Macht zu fühlen, die Macht der Götter, die ihn jedesmal zu durchdringen scheint, wenn er ihnen huldigte. Dann nahm er das Tuch und schüttelte die Krümel auf den Gebetsfelsen, damit der Wind sie zu den Göttern tragen mochte.

  • Mit gefalteten Händen hörte sie ihrem Bruder zu, sprach artig die Worte nach, wenn es verlangt wurde oder sich gehörte. Sonst gab Sontje keinen Mucks von sich, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Schweigend kaute sie ihren Brotanteil und schluckte schließlich die Trauben hinunter. Somit war sie gesättigt und konnte sich das gemeinsame Frühstück in der Küche ersparen. Sontje hatte wenig Hunger und noch weniger Lust mit den Ducciern zusammenzuhocken. Schweigend musterte sie ihren Bruder, der da vorne mit erhobenen Händen stand und merkte, dass sie sich nicht mehr so recht aufs Gebet konzentrieren konnte. Irgendwie kam ihr plötzlich das Gespräch mit Callista und die Begegnung mit Glabrio im Badezimmer in den Sinn. Allein die Errinnerung zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen.. na also.. sie konnte noch lächeln.


    Sontje stiess sich vom Baumstamm ab, versteckte die frierenden Hände in die Ärmel. Ihr kam eine Erkenntnis.. wegen Glabrio und die Trauer um ihn... sie hatte sich ziemlich tief in sich selbst eingestrickt. Von daher kaum mehr wahrgenommen wie es den anderen ging. War sie deshalb enttäuscht darüber, dass sie allein zum Tücher und heisses Wasser holen gut genug gewesen war? Sie würde sich befreien müssen... aber wie? Sie hatte keine Idee. In der Annahme das das Gebet zu Ende war, löste sie sich vom Baumstamm und schlenderte mit verschränkten Armen zurück zum Haus.


    Sim-Off:

    Sry, hab den letzten Abschnitt editiert... es passt nicht zu Sontje, plötzlich auf Naha aufpassen zu wollen.

  • Auch wenn Lando innerlich hart am Schlaf segelte drangen die Worte doch zu ihm durch. Tief bewegt, wenn auch nicht ganz klar, folgte er dem Gebet Phelans, und schloss sich diesem an. Die kleine Naha hatte in den vergangenen Wochen zuverlässig dafür gesorgt, dass ihre Eltern kaum die Gelegenheit hatten nachzudenken. So war Lando noch garnicht zu dem Gedanken gekommen, dass so etwas wie ein Sohn dann doch wünschenswert gewesen wäre. Im Laufe des Gebets legte er einen Arm um seine Frau, von der er nicht einmal wusste, ob sie dem Geschehen überhaupt folgte, und drückte sie ein Stück näher an sich heran. Sie hatte ihm erklärt, dass diese Phase irgendwann vorübergehen würde, und Lando hatte das mit einem beifälligen Nicken zur Kenntnis genommen. Was sollte er auch sonst tun? Reiche römische Familien leisteten sich Ammen und Erzieher, um die nervtötenden Quälgeister fern von sich zu halten, bis sie einigermaßen erträglich ruhig geworden waren, doch für sie war das unvorstellbar.
    Sie würden diese anstrengende Phase aushalten müssen, und sowieso: es gab schlimmeres. Es war beinahe täglich zu beobachten, wie Naha sich weiterentwickelte, und das alleine galt ihrem Vater schon als Entschuldigung für das ganze Geschrei.


    Schon fast beiläufig bekam er mit, wie souverän Phelan im Gespräch mit den Göttern geworden war. Der junge Mann hatte sich gewandelt, war ernster und verantwortungsvoller geworden. Etwas, was Lando an sich selbst erinnerte... die Zeit der Flachsen waren vorbei.

  • Elfleda hörte nur mit halbem Ohr, was Phelan sagte. Sie war einfach sehr müde und damit nicht aufnahmefähig, was ihre Umgebung anging. Sie wollte am liebsten nur schlafen und dankte für jede Stunde, wenn jemand anderes das Kind nahm und herumtrug, bis es schlief. Einzig und allein die Brust konnte nur sie geben, weshalb sie so oder so alle zwei Stunden aufstehen musste, aber danach wieder hinzuliegen und auszuruhen war das größte Geschenk, was man der jungen Mutter im Moment machen konnte.
    Da war es nicht unbedingt hilfreich, dass es so wenig Frauen hier gab. Bei Callista hatte Elfleda beinahe das Gefühl, als würde sie neidisch sein. Natürlich sagte sie sich, dass sie in mütterlicher Sorge sich das einredete, aber ganz von der Hand konnte sie es nicht weisen. Eila war auch abgereist, so dass im Grunde nur Lanthilda, Marga und Sontje blieben, wobei die ersten beiden auch den Haushalt aufrecht erhalten mussten, und die letzte mehr mit sich selbst beschäftigt war wie mit allem anderen. Aber es ging schon, musste es ja auch. Elfleda war nur froh, wenn das Kind die ersten Monate überlebt hatte und nachts durchschlafen würde. Danach würde alles besser werden, wenn sie Rüben und Pastinaken zu Brei kochen konnte und dem Kind geben, und nicht mehr so viel Stillen musste. Nur ein paar Wochen, sagte sie sich.
    Sie fühlte, wie Lando sie sanft kurz etwas an sich drückte, und ließ leicht ihren Kopf gegen ihn sinken. Sie war froh, dass sie ihn hatte. Kurz lächelte sie leicht bei dem Gedanken, dass etwas anderes auch in ein paar Wochen wieder gehen würde. Immerhin brauchte Lando auch noch einen Sohn, mindestens.

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