cubiculum | Aurelia Prisca

  • Überrascht sah sie Bridhe an, die etwas davon jammerte Hunger und Durst zu haben. Das passte beinahe zu gut zu ihren Gefühlen, die durch den Tagtraum hochgekommen waren. Hmmmm.. zur culina wollte sie? Tilla drehte sich um, sah nach, ob der Türsteher Leone nicht zufällig in der Nähe war. Erneuten Ärger wollte sie nicht von ihm bekommen. Schliesslich hob sie ihre Hand, winkte Bridhe und deutete auf den Gang, der zur Küche führte. Anschliessend tippte sie sich selbst auf die Brust und deutete an, bei aufkommenden Fragen die Sklaven zur Tür gebracht zu haben. Ich kümmere mich.


    Leone war nämlich gerade nicht zur Stelle.. da würde er Pech haben. SIE alleine würde es wissen. Tilla nickte den beiden fremden Sklaven zu, deutete nochmals auf den Gang und eilte zur Tür, öffnete sie, liess sie eine Weile offenstehen und dann ganz langsam zu klappen. Hörte sich doch beinahe so an, als ob der Besuch gegangen wäre, oder? Mit einem Lächeln klopfte sie sich die Hände ab und hüpfte davon. Das von Aurelia geschenkt bekommene goldene Glöckchen schellte im Takt mit.

  • Ich mußte grinsen, als ich sah, wie raffiniert sie war. Nachdem Tilla die Tür auf und zu gemacht hatte, um unser Gehen vorzutäuschen, führte sie uns zur Küche, wo wir wieder auf Cadhla, Fiona und ihre Freundin trafen. Ich dankte Tilla für ihre Hilfe, bevor sie wieder zurück zu ihrer Herrin ging.
    Gemeinsam warteten wir schließlich, bis es endlich dunkel wurde. Dann schlichen wir uns hinaus in den Garten. Cadhla führte uns zu einem abgelegenen Platz, der für unser Vorhaben geradezu wie geschaffen war.

  • ...und will sich schon verächtlich abwenden, um weiter seines Weges zu gehen, als ihm auf einmal bewusst wird, wie leicht es plötzlich an seinem Gürtel geworden ist. Erschrocken realisiert er: der Beutel ist weg!
    Garms Grimm. Eilig sieht er um sich. Das Mädchen! Gar nicht mehr so elend schaut sie aus wie gerade eben. Ein Messer blitzt in ihrer Hand, spöttisch erweist sie ihm ihre Referenz und schlägt sich ins Getümmel. Na warte!
    Einen derben Fluch auf den Lippen stürzt er hinterher. Das wird die Göre büssen! Doch wo sie geschwind zwischen den Menschen hindurchschlüpft, geschmeidig wie ein kleines Eichhörnchen, muss er sich den Weg durch das Menschengedränge bahnen, wie ein Keiler durch das Dickicht. So hat er sie schnell aus den Augen verloren.
    Wütend bleibt er schliesslich stehen, hustend und ausser Atem, am Fusse einer efeubewachsenen Mauer. Die Kleine ist weg. Übertölpeln lassen hat er sich von ihr, wie der Reifthurse in der Saga vom klugen Skirnir. Zornig über sich selbst, und fluchend über die listige Diebin, macht er sich schliesslich auf den Heimweg. Darauf, Aquilius zu erklären, warum er ohne Buch erscheint, ist er gar nicht scharf. Allerdings kommt ihm, nachdem der erste Zorn verraucht ist, schon auch der Gedanke, dass die Kleine das Geld wahrscheinlich nötiger hat als Aquilius noch ein Buch. Der hat ja schon unzählige, da kommt es auf eines mehr oder weniger wohl nicht so sehr an... Nur dass sie ausgerechnet ihn beklauen musste! Vermaledeite Römerlist!


    ~ Ende der Rückblende ~



    Und wieder verbeugte das Mädchen sich vor ihm. Wutschnaubend machte der Germane eine Bewegung auf sie zu, wollte sie packen und schütteln, doch mahnende Worte klangen ihm auf einmal in den Ohren.
    Ganz ruhig. Keine Katastrophe diesmal. Wir wollen doch einen GUTEN Eindruck machen. Die kleine Sklavin, womöglich die Lieblingssklavin, von Aquilius Auserwählter zu schütteln macht KEINEN guten Eindruck!
    Er verschluckte die Wut, und folgte stumm, als Bridhe geschickt den Weg umlenkte. Die Kleine schien nicht sprechen zu können oder zu wollen, erwies sich ihrem Vorhaben aber als hilfreich. Einen düsteren das-letzte-Wort-ist-noch-nicht-gesprochen-Blick warf er ihr aber zu, als sie so fröhlich schellend davonhüpfte. Ein Irrwisch, ein durchtriebener kleiner Irrwisch war dieses Mädchen. Aber jetzt ging es erst mal in die Culina, und dann zu dem Fest, dass seine Liebste schon so sehnlich erwartete.

  • Tilla streifte nach ihrem 'Geschäft' noch ein wenig durch das stille Haus und machte direkt vor Aurelias Zimmertür Halt. Einen Moment lang lauschte sie an dessen geschlossene Tür und liess sich schliesslich direkt davor im Türrahmen nieder. Immer noch gingen ihr die Gedanken über Tod und Krieger durch den Kopf. Wenn sie in sich hineinhorchte, fühlte sie große Angst in sich und fand keinen Mut wieder in die Schlafräume der Sklaven zurück zu gehen, um schlafen zu gehen.


    Stetig auf den Lippen kauend, kuschelte sie sich schliesslich in die mitgenommene Bettdecke hinein, lauschte den Geräuschen des in die Nacht abgetauchten Hauses. Ob jetzt noch wer von den anderen, die sie kannte, wach war? Sie wusste es nicht und kauerte sich so gut es eben ging unter dem Laken zusammen, lehnte sich an den Türrahmen und zog die Knie heran. Der harte Boden war wesentlich anders beschaffen als die Bettstatt. Tilla spürte ihr Becken allzubald, verharrte dennoch in der Haltung und beobachtete den Schein des wandernden Mondes der durch eines der Fenster hinein fiel. Langsam wurde sie wieder ruhiger, spürte die Schläfrigkeit wieder hockommen. Aber schlafen? Daran war trotz großer Müdigkeit nicht zu denken. Die Worte der anderen Sklaven hatten ihr Angst gemacht. Ein paar Tränen kullerten über ihr Gesicht und benetzten die Bettdecke. Durch halbgeschlossene Lider betrachtete sie wie das feuchte Nass in dem Stoff versank.

  • … So viele Gedanken! … In dieser Nacht wollte und konnte auch Prisca einfach keinen Schlaf finden. Unruhig schritt sie in ihrem cubiculum auf und ab, trat immer wieder an das Fenster. Müde und doch neugierig blickte Prisca empor zu den Sternen, als könne sie dort oben die Antworten auf all ihre Fragen finden. Und der Glaube allein plagte sie, diese Antworten von alleine vielleicht nie finden zu können … So viele Nächte ohne Schlaf und nur die Hoffnung und der stille Wunsch nach Geborgenheit … Liebe? … ja vielleicht sogar danach! Prisca wusste nicht, was sie in diesen dunklen Stunden wachend suchen ließ. … ist es so einfach? zu vertrauen … in das was ich tue und dabei empfinde? …,fragte sich Prisca immer wieder selbst, wenn sie mit glänzenden Augen in die Dunkelheit der Nacht hinaus starrte und sich zurück wünschte, was sie schon vor langer Zeit verlor.


    … ein Scharren .. Ein Kratzen … was war das? … Prisca zuckte zusammen und wandte sich abrupt zur Türe um. …wie lange habe ich schon am Fenster gestanden? …. Keine Antwort, nur die Gewissheit, dass da etwas oder jemand vor der Türe war. Prisca zog die Decke, welche sie um ihren nackten Körper geschlungen hatte vor der Brust zusammen … Angst? … Nein! Die hatte sie nicht, während sie auf blanken Füssen zur Türe hin schlich und lauschend den Kopf zur Seite neigte. "Ist da wer?" Die Frage entglitt ihren Lippen ungewollt, verzagt und nun gab es kein Zurück. … wer auch immer es wagt, sich vor meinem Schlafgemach herum zu treiben der kann was erleben !!!!... Prisca holte tief Luft und riss im nächsten Moment wütend die Türe auf.



    Die Worte hatte sie sich schon zurecht gelegt um den Störenfried zu verscheuchen. Jedoch starrte sie nun ungläubig vor sich auf den Boden. "Tilla? …" War das wirklich die kleine Sklavin, die da vor ihrem cubiculum kauerte? Verflogen war die Wut genau so schnell, wie sie gekommen war. Das Verhalten der Sklavin war so ungewöhnlich wie das von ihr selbst. Keine Härte schwang in Priscas Stimme mit, nur Verwunderung und Neugier. Am Ende gar … Mitgefühl? … …"Tilla?! … Was ist los, was machst du hier um diese Zeit?" … ob sie mich hört? … herrje, sie weint! … Etwas hilflos stand Prisca da und überlegte was sie nun tun sollte. ...Was schere ich mich eigentlich um eine Sklavin? Meine ganze Autorität ist dahin, wenn das jemand erfährt. Ich habe es mir geschworen, aber … was ist mit Tilla? … "Tilla! hörst du mich nicht? Komm, steh auf!", befahl Prisca zwar knapp und abwartend. Gleichwohl klang Priscas Stimme eher sanft und als sie dann einen Schritt zur Seite machte, war dies wohl die Aufforderung an Tilla, ihr ins Schlafgemach zu folgen.

  • Tilla purzelte erschrocken zur Seite, als die Türe so plötzlich aufgeissen wurde, raffte ihre Bettdecke eilig zusammen und rutschte vor der aufgetauchten Person zurück. Sie war also doch da. Eigentlich hatte sie gehofft, dass sie sie nicht da wäre, aber insgeheim war sie froh, dass Aurelia Prisca doch da war. Aus verheulten Augen blickte sie die Ältere an, bewunderte sie einmal mehr für ihre Schönheit. Ein Nicken ihrerseits blieb aus, als sie zweimal mit ihrem Namen angesprochen wurde. Zu perplex war sie über des Erscheinen der erwachsenen Frau. Ja... was machte sie hier? Langsam wurde ihr bewusst was geschehen war. Niemals hatte sie die Frau absichtlich stören wollen und doch war es geschehen.


    Aurelia sprach sie nochmal an und bei der dritten Namensnennung endlich rappelte Tilla sich endlich auf die Füße, umklammerte die Bettdecke. Mit einem scheuen Blick aufwärts in Priscas Mimik betrat sie, mit schon wieder gesenktem Kopf, deren cubiculum. Wo sollte sie nur hin? Nach wenigen Schritten blieb sie wieder stehen. Tilla schniefte, umklammerte die Bettdecke, trat unruhig in ungewisser Erwatung, was nun geschehen würde von einem bloßen Fuß auf den anderen. Wieder wurde ihr ihre Sprachbehinderung einmal mehr bewusst... sie hatte nämlich keine Tafel dabei, um sich der Älteren mitteilen zu können.


    Mehr und mehr Tränen rollten über Tillas Wangen. Ich wollte nicht.. niemals.. Ihre Hände stockten mitten in der Luft. ..nicht stören. Ich weiss.. ich soll.. klopfen.. an die Tür. Da war noch ein Fehler ihrerseits. Langsam knickten ihre Beine ein. Tilla sank zu Boden, kauerte sich zitternd zusammen. Warum sie fror? Vor Müdigkeit aber auch Erschöpfung durch das Weinen. Ihr blau funkelndes Amulett baumelte gut sichtbar an ihrem Hals von der schwarzen Lederschnur herab, fing die eine und andere Träne auf, die von ihrem bebenden Kinn tropfte.

  • ... was ist denn nur mit dem Mädchen los? ... Prisca schalt sich selbst, dass sie sich soviel Gedanken um eine einfache Sklavin machte und noch dazu Eine, die ihrem Onkel gehörte. Andererseits gab sich die kleine Sklavin sichtlich Mühe mit allem was sie tat. Auch wenn sie manchmal mit ihrer Unbeschwertheit und lockeren Art negativ auffiel. Vielleicht war es aber gerade das, was Prisca unbewusst an Tilla mochte. ...mögen? ... nein, nein, nein! ... Prisca schüttelte insgeheim den Kopf, während sie hinter Tilla in das Zimmer zurück ging. Seit dem Verrat, den sie durch Leonita erlitten hatte, zeigte Prisca keinerlei Gefühle mehr für Sklaven. Zumindest dachte sie das...


    "Herrje, Tilla? was ist denn nur los mit dir?", fragte Prisca nun doch besorgt und blieb vor dem Mädchen stehen, dass eben zitternd auf dem Boden zusammen sackte. Sollte sie ihr auf helfen? ...Nein! ...soweit konnte Prisca nicht gehen. Stattdessen versuchte sie die Handzeichen zu begreifen und mit Mühe konnte sich Prisca etwas darauf zurecht reimen. "Es ist nicht schlimm, dass du nicht geklopft hast!", versuchte sie die Kleine zumindest jetzt etwas zu beruhigen, auch wenn sie es sonst nie dulden würde. Prisca rang sichtlich mit sich. ... wo hatte denn Tilla ihre Tafel? ... "Setz dich auf mein Bett.", gab Prisca die Anweisung und ging selbst zu dem Tisch, auf dem ihre Schreibutensilien lagen.


    Mit einer Hand die Schreibtafel haltend und mit der anderen die Decke, trat Prisca wieder zu der Sklavin und hielt sie ihr hin. "Jetzt beruhige dich erst einmal und schreib mir auf, was dich bedrückt! ... und lass dir Zeit, hörst du?! ... du braucht keine Angst zu haben. Ich tue dir nichts." Prisca konnte es fast selbst nicht glauben, wie sie da gerade eben mit einer Sklavin sprach. Und mehr noch, da sie sich nun neben Tilla auf das Bett setzte und - im Schein der wenigen Öllampen - neugierig auf die Tafel starrte und das, was Tilla vielleicht darauf nieder schreiben würde ...

  • Es war ihr unangenehm nicht geklopft zu haben... aber die Stimme der Älteren beruhigte sie damit, dass es nicht schlimm war. Tilla atmete erleichtert auf und sah immer noch stumm weinend zu ihr auf. Auf IHR Bett? Hatte sie sich wirklich nicht verhört? Auf den Lippen kauend erhob Tilla sich wieder und tapste zu dem ihr zugewiesenen Ort, wo sie sich ganz vorsichtig, als ob er etwas zerbrechliches wäre, niederliess. Ja,.. was war eigentlich mit ihr los? Und was tat sie hier? Tilla erkannte sich selbst nicht mehr wieder, wischte schniefend die nachrollenden Tränen von den geröteten Wangen mit der Bettdecke beiseite. Die Seite neben ihr neigte sich ein wenig.. Prisca setzte sich neben sie und hatte wie aus heiterem Himmel heraus eine Tafel für sie.


    Wieder fühlte Tilla sich erleichtert, nahm die Tafel entgegen. Trotzdem weinte sie weiter. Langsam schlang sie die schmalen Beine in den Schneidersitz um eine stabile Unterlage zum Schreiben zu haben. *Cadhla.. die.. ist eine Kriegerin.. aber dennoch.. so lieb zu mir. Sie hat Zopf geflechtet.. mit meinen Haaren.* In Erinnerung dessen zog sie den geflochtenen Zopf hervor, zeigte ihn Prisca. *Sie kann schön singen.. und will nochmal singen.. für mich zum Einschlafen. Und dann.. aber dann fängt sie an... vom Tod zu reden. Sie sagt, sie hat viele getötet... keine Zahl.. viele getötet. Siv.. und Caelyn.. fangen auch an.. zu reden.. über den Tod. Bei dem Fest im hortus redete man auch über Tote.. opferte für sie.* Tilla schniefte, wischte Tränen weg, bevor diese auf die Tafel tropfen konnten. *Ich habe Angst... es gibt doch nur einen Schleier.. zwischen Leben und Tod... Schlüpft er durch.. wenn sie soviel.. reden.. über ihn..?*

  • … Cahlda? … Zopf flechten, singen … Siv, Caelyn … Fest im hortus … Tod?!? … Gleich nachdem Prisca die ersten Worte auf der Tafel entziffert hatte, bereute sie es fast, die Sklavin herein gelassen zu haben. Was gingen sie die anderen Sklaven und das was sie taten eigentlich an? …nichts! … Herren und Sklaven gehörten nicht an einen Tisch und ebenso wenig sollten sie ihre Gefühle und Ängste mit einander teilen. Prisca hätte es eigentlich besser wissen müssen, nachdem sie einst von ihrer eigenen Leibsklavin so schändlich hintergangen worden war. Trotzdem saß sie hier und sorgte sich um die kleine Sklavin die, in Tränen aufgelöst, neben ihr auf dem Bett saß. Prisca verstand sich selbst nicht mehr, hatte sie bisher doch stets die Distanz zu den Sklaven wahren können. … bis heute? …


    Prisca seufzte leise und nahm die Tafel aus Tillas Händen, sobald diese mit schreiben fertig war. Immer noch hoffte sie, dass sie sich verlesen hatte. Nein! … Ausgerechnet der Tod ist es, vor dem sie Angst hat … wer ängstigt sich nicht vor ihm? … ich habe auch Angst! … Doch Gefühle zeigt man nicht ... Prisca betrachtete die Tafel immer noch, obwohl sie längst schon alles gelesen hatte und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger müde die Nasenwurzel. Was sollte sie darauf antworten, wie konnte sie da helfen … wollte sie das überhaupt? Prisca wandte etwas den Kopf zur Seite und sah der Sklavin vielleicht zum ersten Mal direkt in die Augen. … es waren ihre Augen! … gleich denen von Leonita … längst vergessen ...


    Wieder seufzte Prisca und drehte die Tafel zwischen ihren Fingern hin und her. " … hat nicht jeder Mensch, ob nun frei oder unfrei, Angst vor dem Tod? …", stellte Prisca für sich diese Frage fest und blickte gedankenverloren zu Boden. "Der Tod begleitet uns unser ganzes Leben lang und nur die Götter wissen unser Schicksal zu bestimmen. Ich glaube, sie lassen sich dadurch auch nicht beeinflussen, ob wir nun viel oder wenig über den Tod reden." Wieder musste Prisca darüber nachdenken, was sie da sagte. Ein Priester könnte helfen, war sie sich selbst doch so unsicher in all diesen Fragen. Konnte sie Tilla damit trösten? … fürchtete sie gar ihren eigenen Tod? - sie war doch noch so jung! … oder vielleicht den eines anderen Menschen? - nur wer mochte das sein, war sie nicht ihr ganzes Leben … allein? … "… Wovor genau hast du Angst? ...", fragte Prisca leise und sah wieder zu der kleinen Sklavin hin. ...

  • Mit tränenüberladneen Augen erwiderte sie den direkten Blickkontakt, der von ihrer Seite aus Angst bestand. Die Worte der Älteren trösteten Tilla kaum.. sie war immer noch der Meinung dass... nur ein Schleier sie am Leben hielt und vom Tod trennte. Ach, sie schrieb es besser auf, bevor sie die Gedanken wieder weinen liessen. *Mein alter Herr.. der hat immer gesagt.. wer an den Tod denkt.. ist dem Tod höchst willkommen. Er wie Cadhla hat viele.. getötet.. uns um die Grube aufstellen lassen.. wenn einer von uns einen.. Fehler gemacht hat.. und uns gezwungen.. bei der Bestrafung zuzuschauen. Im Hinterhof. Als jüngste musste ich... vorne am Rand stehen.. Seine Lieblingssklaven.. die holten mich immer wieder auf meinen Platz zurück.. wenn ich weglief.. Er hat alles selbst gemacht.. Augen.. aus.. stechen.. Finger.. und Hände.. hacken.. Adern.. öffnen.. Immer mit Messern... so viel Körpersaft.. in der Grube.. rotes Blut... Sicherlich auch zwei Menschen.. getötet nachdem ich weggelaufen auf die Straße.. die weisshaarige Frau.. die mich aufzog und gesund pflegte.. den alten Mann der mich lehrte.. zu schreiben.. zu lesen.. Sie sagten.. beide.. ich solle leben.. für sie. Ich habe einen von seinem Haus gesehen.. gefragt.. er sagte.. es ist wahr... er hat sie getötet. Mich mitgenommen zum Herrn hat er nicht.. Hat gesagt.. ich solle mich nur gut verstecken auf der Straße.* Tilla liess den Griffel los und kauerte sich zitternd zu einem Häufchen Elend zusammen. Sie fühlte sich überhaupt nicht gut, ihre Stirn glühte nach der Erzählung über die blutige Vergangenheit, die ihre Kindheit gewesen war. Bestimmt wurde sie noch krank...

  • Schon bei den ersten Worten die sie auf der Tafel las, bereute Prisca es die Sklavin gefragt zu haben. Es war wirklich nicht ihre Angelegenheit geschweige denn ihre Aufgabe, sich um das Schicksal und die Vergangenheit der Sklaven zu kümmern. Sklaven hatten zu funktionieren ... mehr nicht! Aber Tilla schien völlig verzweifelt und erschöpft. Zudem sah sie auch irgendwie recht blass um die Nase aus. … ist sie am Ende krank? … Prisca war versucht von der kleinen Sklavin ab zu rücken, denn kranke Sklaven durften auf keinen Fall mehr in die Nähe der Herrschaften. Was in einem solchen Fall weiter mit ihnen geschah, hing letztendlich wohl auch von der Art und Schwere ihrer Krankheit ab. Noch blieb Prisca sitzen und überlegte, was sie tun sollte. Am besten wäre es wohl gewesen ihren Onkel zu rufen und ihn zu bitten, sich darum zu kümmern. Er war schließlich das Familienoberhaupt und hatte über die Sklaven zu entscheiden. Doch wie sollte sie ihm das alles jetzt um diese Zeit erklären und was wäre womöglich die Folge?


    Immer wieder wurden Priscas Gedanken von den Grausamkeiten abgelenkt, die sie da lesen musste. Das Mädchen hatte in ihrem Leben wohl noch nie so etwas wie Liebe und Zuneigung erfahren dürfen. Kannte Tilla am Ende nicht einmal die Liebe einer Mutter? Nur eine alte Frau und ein Mann, schienen ihr jemals geholfen zu haben und auch sie waren …. …. Bei den Göttern, was schere ich mich eigentlich darum? … Vielleicht weil Tilla ihr leid tat? Mit einem Seitenblick auf das kleine Häufchen Elend neben ihr, musste es sich Prisca wohl eingestehen. Sklaven waren auch nur Menschen, mit ihren Gefühlen und Ängsten und das nicht nur zu den Saturnalien. Den Sinn dieses Feiertages hatte Prisca im übrigen nie ganz verstanden. Musste es für einen Sklaven nicht blanker Hohn sein, sich an einem einzigen Tag frei fühlen zu dürfen und schon am nächsten Tag sein Leben wieder in den Händen seines Herrn zu wissen? ...


    Das war ihre Meinung, auch wenn sie sich täuschen konnte. Es war zumindest nicht der Grund, warum sie stets so streng zu den Sklaven war und es brachte überhaupt nichts, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Seufzend legte Prisca die Tafel zur Seite und rieb sich mit ihrer Hand über die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie ihre Finger zitterten. "Dein alter Herr hat also immer gesagt 'wer an den Tod denkt ist dem Tod höchst willkommen'? … wieso bist du dir so sicher, dass er damit recht hat? ...", begann Prisca leise zu sprechen obwohl sie sich selbst noch nicht im klaren war, ob es überhaupt eine befriedigende Antwort auf alle Fragen geben würde und es Tilla trösten könnte." … hätte ihn nicht schon längst der Tod holen müssen, so grausam wie er selbst ist?" Zumindest hoffte Prisca, dass dieser Mann bereits tot wäre oder es bald sein würde, zweifelte sie doch nicht an Tillas Worten. Eher zweifelte sie an sich und das was sie von sich gab. Konnte das Tilla wirklich helfen? "Trotz all der schrecklichen Dinge, die dir in der Vergangenheit widerfahren sind, jetzt bist du hier und trägst das Zeichen meines Onkels. Damit genießt du den Schutz der gens Aurelia, auch wenn du nur eine einfache Sklavin bist. " Prisca seufzte erneut und schüttelte kaum merklich den Kopf. So wie Tilla da saß und vor sich hin weinte, schienen all ihre Bemühungen und Versprechen umsonst.


    Ob sich Tilla nicht einfach nur nach etwas Zuneigung sehnte? … Prisca war versucht, dies zu glauben und rang mit sich selbst, nicht einfach den Arm um das weinende Mädchen zu legen. Aber das konnte und durfte sie wegen ihres Standes nicht. Oder redete sie sich das Ganze nur ein? "Tilla, gibt es jemanden, der dir nahe steht? " Vielleicht hatte Tilla ja Eltern oder Geschwister Irgend jemand, den sie sehr vermisste. Wenn ja, wollte sich Prisca zumindest dafür einsetzen, dass sie sich wieder sehen konnten. ...

  • Je länger Prisca neben ihr sitzend von der Tafel ablas und die angenehme Ruhe im Zimmer anhielt, umso besser gelang es Tilla zur Ruhe zu kommen. Sie wischte sich mit Hilfe ihrer Tunka die Tränen ab, und wünschte sich ein Taschentuch für ihre laufende Nase zu haben. In Ermangelung dessen zog sie alles hoch und bemühte sich es leise zu tun. Denn diese nette Erwachsene neben ihr wollte sie nicht verlieren. Sie hatte sie angenommen und sogar ihre wertvollen Sachen berühren lassen, bevor sie sie überhaupt in den Händen hielt, liess sie an ihre Parfümflaschen schnuppern und brachte ihr mit Hilfe einer anderen Sklavin ein wenig Frisier-Kunst bei und jetzt...


    Jetzt war sie... einfach da. Leise schniefend nahm sie die vollgeschriebene Tafel wieder entgegen, wischte sie sauber und fing wieder mit Schreiben an. *Weil es beinahe jeden Tag geschah, dass der Tod vorbeikam... Keiner konnte dem entgehen, was er getan hat.. musste immer zuschauen und durfte nichts tun... um zu helfen.* Ihre Schreibhand tat allmählich weh. Was musste sie auch so zittern und die Faust so verkrampft ballen? Durfte sie sagen, was ihr in den Sinn kam? Wenigstens dieses eine Mal. Es nicht mehr für sich behalten zu müssen. Es endlich rauszulassen. *Ich habe ihn gehasst, oft den Tod gewünscht. Egal wann, wie, wo. Immer dann wenn nach einem langen Tag voller Blut.. wenn ein leeres Bett ganz verloren im Raum stand. Ich hab es nie gesagt. Immer für mich behalten.*


    Tilla gab die Tafel an Prisca zurück, sog ihr erneutes Versprechen des aurelianischen Schutzes wie ein Schwamm in sich auf, versuchte nach all den hervorgebrochenen Worten aus der Vergangenheit an diese schützende Hand über ihr zu glauben. Und schüttelte den Kopf, zog die Tafel wieder heran, um verstanden zu werden. Es war gut schreiben zu können. Der alte Mann war weise gewesen. Nein.. ich kenne.. keinen. Nicht meinen papan nicht meine maman. Nur diesen blauen Stein. Die alte weißhaarige Frau hat immer was ganz seltsames zum Stein gesagt: Dir fehlt die Mutter; drum such – ich befehl es dir, Römer – die Mutter… Mit verquollenen Augen, verklebter Nase und brennenden Augen sah Tilla Prisca hilfesuchend an, während ihre Stirn noch ein bisschen mehr vor Fieber glühte. Demnach muss ich wohl Römerin sein... so wie du. Das 'du' klang vertraut.. viel besser als das 'ihr' und 'euch'.

  • … warum nur musste ich auch weitere Fragen stellen? … stellte sich Prisca selbst die Frage, da immer mehr Schreckliches zu Tage kam, was sie eigentlich gar nicht zu interessieren hatte. Aber andererseits wurde ihr auch bewusste, wie nah oft Glück und Leid bei einander lagen. Wieder streifte ein kurzer Seitenblick das Mädchen neben ihr. … was hat sie in ihrem kurzen Leben schon alles erleiden musste und trotz allem ist sie meist so unbeschwert und fröhlich … stellte Prisca mit ein klein wenig Bewunderung fest. Nur heute schien alle über die kleine Sklavin herein zu brechen. Wieder seufzte Prisca leise, las das Geschriebene und wischte dabei mit ihren Fingern eine Träne von Tilla fort, die noch verloren auf der Tafel glitzerte.


    Ein Sklave würde wohl nie seinen Herrn lieben, aber durfte er ihn hassen? Es war wohl die Folge solcher Taten und Prisca musste zugeben, dass sie die Sklavin verstehen konnte. "Es ist gut, Tilla…" Mehr Worte des Zuspruchs fand Prisca nicht um Tilla zu zeigen, dass sie diesen Hass verstehen konnte. Stattdessen legte sie kurz ihre Hand auf Tillas Schultern und strich sanft darüber. "… aber nun ist diese Zeit des Leids für dich vorbei. So etwas wirst du hier nie mehr erleben müssen….", fügte Prisca hinzu und war sich dennoch nicht sicher, ob dies wirklich Trost genug für die kleine Sklavin sein konnte.


    Nicht einmal ihre Eltern kannte Tilla. Nur diese Worte der alten Frau und das Amulett. ...Dir fehlt die Mutter; drum such – ich befehl es dir, Römer – die Mutter… Diese Worte klangen so vertraut und Prisca erinnerte sich wieder an den Stein, der ihr irgendwie bekannt vor kam. … Römerin? … gab es da nicht irgendeinen Kult, der diese Worte verwendete … Auch wenn dies stimmen sollte, was änderte das an der Tatsache das Tilla eine Sklavin war? All diese Gedanken führten wohl momentan zu weit. Tillas Stirn glänzte vor Fieber und eigentlich dürfte sie gar nicht hier sein. Oder sollte sie bleiben?


    Prisca fühlte kurz mit ihre Hand die Stirn der Sklavin und zog sie dann zurück. "Du bist krank Tilla. Du weißt, dass du dann eigentlich nicht hier sein darfst. Geh jetzt und versuch möglichst schnell wieder gesund zu werden!" Auch wenn Prisca es sogar zugelassen hätte, dass Tilla in dieser Nacht bei ihr bliebe um Trost zu finden, durfte sie es nun nicht gewähren. "Was diesen Stein und deine Eltern betrifft ... hm, ich will versuchen dir zu helfen, um heraus zu finden was es damit auf sich hat. ", gab sie dann spontan ein Versprechen ohne zu wissen, was sie und Tilla sich davon erhoffen sollten. "Ich denke es kann nicht schaden wenn wir zuerst das Orakel befragen, sobald du wieder gesund bist. Überlege dir gut, welche Frage du der Sibylle stellen willst! Ich werde dich begleiten und für die Opfergaben sorgen ..." Zumindest ein Versuch war es wert und deshalb nickte Prisca der Sklavin mit einem aufmunternden Lächeln zu, was aber gleichzeitig bedeuten sollte, dass Tilla nun gehen musste.

  • Die Berührung durch Priscas Hand dauerte nicht lange, aber es half. Wie ein Schwamm saugte sie die weiteren Worte auf und klammerte sich wie eine Ertrinkende an diese. Eine weitere Berührung kam zustande, diesmal landete sie an ihrer heissen Stirn. Ja, sie fühlte sich krank. Tilla nickte, zog die mitgebrachte Bettdecke zu sich, die während dem Schreiben neben ihr gelegen hatte.


    Die nächtliche Begegnung mit Prisca näherte sich ganz offensichtlich ihrem Ende. Hatte es geholfen über ihre Ängste zu sprechen? Über das was geschehen war? Die Ältere wollte ihr jedenfalls helfen... soweit verstand Tilla sie. Ein Orakel befragen? Wer war Sybille? Sie war viel zu erschöpft um noch deswegen nachzufragen und nickte abermals. Opfergaben? Für ein Fest? Gab es bald ein Fest? Langsam rutschte sie von Priscas Bettrand hinunter, sah Prisca noch einmal an, bevor sie auf die Tür zustrebte. Eigentlich würde sie ja viel lieber bleiben... aber es ging nicht anders. Sie musste zurück in die Schlafräume der Sklaven.


    Ihre Lider wurden schwer und schwerer. Tilla erwischte den Knauf einer Tür und trat ein, im Glauben die Räume der Sklaven bereits erreicht zu haben und legte sich gleich neben der Tür nieder, um endlich zu schlafen. Leider hatte sie sich im Raum geirrt. Sie lag fiebernd auf dem Steinboden eines ungenutzten, ungeheizten Raumes, der als Abstellkammer für nicht gebrauchtes Möbeliar diente.

  • Zur späten Stunde war ich - bewaffnet mit einer kleinen Öllampe - in der villa unterwegs und schlich mich leise durch die verlassenen Gänge, um niemanden zu wecken. Ich fand keinen Schlaf, wie so oft und daher versuchte ich daraus eine Tugend zu machen, in dem ich den Nachtwächter spielte. Schaden konnte es jedenfalls nicht, wenn ich nach dem Rechten sehen würde und so führte mich mein Weg auch am cubiculum meiner Herrin vorbei. Ob sie schon schlief? Ich legte mein Ohr ganz indiskret an ihre Tür, weil es ohnhin nie jemand erfahren würde was ich hier tat und horchte ... Ein leises Rascheln war zu hören, wie wenn ein Tuch oder eine Decke zurecht gezupft wurde ... Welcher Anblick würde sich mir dort wohl bieten? Ein stummer Seufzer verlies meine Lippen und augenblicklich löste ich mich wieder von der Tür, nur um mich selbst der Vorstellung zu berauben und setzte leise meine Schritte fort.


    Aber was war das? Nur wenige Meter weiter entdeckte ich eine Tür, die halb offen stand. War das nicht die Abstellkammer? Diese Türe wurde doch so gut wie nie geöffnet. Sofort waren alle schönen Phantasien vergessen und mein Verstand wieder hellwach. Leise aber bestimmt trat ich an die Tür, denn ich erwartete nicht wirklich einen Eindringling und leuchtete mit der Lampe hinein. Allerlei unbenutzte Sachen und Möbel standen und lagen dort herum. Und schließlich fiel mein Blick auf das, was direkt vor mir auf dem Boden lag. Ein Laken? ... ja, nein ... das war doch... "Tilla?! ...", ganz leise ihren Namen flüsternd erkannte ich die Sklavin wieder, mit der zusammen ich die domina Prisca ans Meer begleitet hatte.


    Im Schein der Flamme, war deutlich zu erkennen wie ihre Stirn glänzte. Ich kniete mich neben sie, ohne dass sie mich bemerkte und legte meine Hand an ihre Stirn. "Du glühst ja Tilla ... was machst du denn nur hier um diese Zeit? ..." kopfschüttelnd murmelte ich leise diese Worte, denn ich wollte sie auf keinen Fall wecken. Ich nahm die Decke an mich und hob das Mädchen ganz behutsam hoch. Wie eine Feder glitt sie in meine Arme und ich achtete darauf, dass ihr Kopf nicht nach hinten fiel, sondern sicher an meiner Brust ruhte.


    Wie einen kostbaren Schatz trug ich sie so auf meinen Armen zur Sklavenunterkunft. Sie brauchte Hilfe und ich hoffte, dass sich einer der anderen Sklaven etwas in Heilkunde aus kannte.

  • Sie spürte, wie jemand sie an der Stirn berührte, dann versank sie auch schon wieder im Fiebertraum. Saß sie jetzt auf einer weissen Möwe? Ihre Hand wanderte, sich für ein paar Momente selbstständig machend, an Hektors Brust entlang und klammerte sich an einem Zipfel seiner tunica fest. Somit hielt sie sich ein bisschen fest, auch wenn sie gerade schlief. Ihre nackten Füße baumelten schlapp von Hektors Armen herab, während er sie durch die Gänge fort von Aurelia Priscas Zimmer trug. "Es ist gut, Tilla…" hallte es durch ihren glühenden Kopf. Zeit des Leids für dich vorbei... Stumm stöhnte sie auf, entliess einen tiefen Atemzug durch die Lippen. Wie sehr wünschte sie es sich, dass es wirklich vorbei war, sie mit einem Fingerschnipsen ihre rotgefärbte blutdurchtränkte Kindheit vergessen konnte. Aber dann würden die beiden Menschen die ihr geholfen hatten nicht mehr weiterleben können. Ein Luftzug streifte Tillas verschwitzte Stirnhaare, legte diese auf ihrer geröteten Wange ab.

  • Von der Sklavenunterkunft kommend hatte ich mir zunächst noch einmal die Abstellkammer angesehen, in der ich zuvor Tilla gefunden hatte. Immer noch war mir nicht klar, warum Tilla dort allein und fiebernd gelegen hatte. Hatte sie sich zurückgezogen, um allein zu sein? war sie traurig oder hatte sie Angst? Leider war Tilla im Augenblick nicht in der Lage, es selbst zu erklären aber es ließ mir auch keine Ruhe.


    Grübelnd schritt ich vor der Türe zur Abstellkammer auf und ab und mein Blick ging scheinbar zielleos umher. Von der Kammer zum cubiculum der Aurelia war es nicht weit und ich wusste, dass Tilla oft meiner Herrin zu Diensten war. Ob Tilla gar bei der Auriela gewesen war, bevor sie sich hier in die Kammer geschlichen hatte? War etwa gar die Herrin schuld daran weil sie mit Tilla geschimpft hatte? Ein klein wenig beschlich mich sogar Zorn. Ich wollte es zwar nicht glauben, aber ich konnte die Vermutung auch nicht auf sich beruhen lassen. Nach all dem. was Tilla für die Patrizierin am Meer getan hatte!


    Trotz der frühen Stunde schritt ich also entschlossen vor die Türe meiner Herrin und klopfte forsch an. "Herrin seid ihr wach?" Na ja, jetzt bestimmt so laut wie ich geklopft hatte. "Herrin, verzeiht die Störung ..." Natürlich tat es mir nicht leid. Auch dann nicht wenn das hier Konsequenzen für mich haben sollte,"...aber ich muss euch dringend etwas sagen!" Nämlich das Tilla ihr Leben für sie riskiert hatte." ... Tilla geht es sehr schlecht." das natürlich auch und nachdem ich darauf hin ein leises "Komm rein" vernommen hatte, öffnete ich auch schon die Tür und trat in das cubiculum ein.

  • Prisca konnte in dieser Nacht einfach nchct schlafen. Noch immer lag sie wach, wälzte sich unruhig in ihrem Bett hin und her und hing so vielen Gedanken nach. Und als hätte ihr Leibwächter einen dieser Gedanken erahnt, wagte er es doch tatsächlich zu so früher Stunde an ihre Tür zu klopfen. Prisca fuhr im Bett hoch und zog die Decke bis zum Hals. ... was fällt diesem Sklaven nur ein, mich um diese Zeit zu stören? ... Erbost wollte Prisca schon zu einer Schimpftirade ansetzen, als sie Hektors letzte Worte vernahm. ... ist Tilla so krank, dass sogar Hektor es wagt mich zu stören? ... Priscas Sorge um die kleine Sklavin ließen ihren Unmut über Hektor schlagartig verpuffen.


    "Komm rein", forderte sie ihn auf einzutreten, bedachte Hektor aber gleichzeitig mit einem strengen und bösen Blick. "Was fällt dir ein, einfach so an meine Tür zu klopfen? wie spät ist es überhaupt? ... was gibt es denn so Wichtiges? ... na los, fass dich kurz!", rief sie Hektor in einem weitaus gemäßigteren Tonfall als bei vergleichbaren Stuationen zu. Anmerken lassen wollte sie es sich vor ihrem eigenen Sklaven nicht undnur an ihren glänzenden Augen konnte man erahnen, wie besorgt Prisca in Wirklichkeit war.

  • Wieso spät? … es war wohl eher schon früh am Morgen früh... Gleich nach dem eintreten empfing mich die Herrin mit ziemlich forscher Stimme, so das ich mich einen Moment lang wie nach Erklärungen suchend umblickte. Die Herrin schaffte es doch immer wieder, mich mit ihrer Art aus dem Konzept zu bringen. Doch schnell spannte sich mein Körper wieder und ich blickte sie direkt an. Das ziemte sich zwar nicht, aber ich sollte und wollte mich kurz fassen. "Herrin, es wird bereits hell draußen … ", beantwortete ich mit einer wegwerfenden Handbewegung diese nebensächliche Frage zuerst. "Aber ich wäre nicht hier, wenn es nicht wichtig wäre". Mir zumindest war Tilla wichtig und der Herrin wohl auch, sofern ich das von ihren Augen richtig ablesen konnte." … wie ich bereits sagte ist Tilla sehr krank. Sie hat hohes Fieber und wird gerade von ein paar Sklavinnen versorgt. Ich fand sie … rein zufällig … in der Abstellkammer in der Nähe deines cubiculums und ich frage mich, was sie in ihrem Zustand dort zu suchen hatte …!?"


    Meine Stimme klang vorwurfsvoll und ich bedachte die Herrin mit einem eben solchem Blick. Sicher war es unfair ihr die Schuld für Tillas Krankheit geben zu wollen. Noch dazu wusste ich noch nicht einmal, ob Tilla wirklich bei der domina gewesen war. Aber was sonst hatte sie um diese Uhrzeit hier in der villa zu suchen? Ich seufzte laut denn ich musste noch etwas anderes los werden was mir am Herzen lag. "Übrigens, … Tilla war gestern sehr mutig, als sie versucht hat dir zu helfen. Sie ist ohne zu zögern mit ihrem Pferd ins Wasser geritten, um so die Aufmerksamkeit des cetus oder was auch immer da ... außer den Delfinen ... noch im Wasser schwamm auf sich zu lenken!" So jetzt hatte die Aurelia endlich die Erklärung dafür warum sie mich und Tilla, bis zu den Hüften im Meer stehend, gesehen hat. Zwar konnte ich mir immer noch nicht genau erklären, wie das dort alles abgelaufen war, aber wenigstens sollte Tillas Mut nicht unbeachtet bleiben.

  • … Der Morgen brach schon an? … Hatte sie etwa die ganze Nacht über wach gelegen und gegrübelt? Nun jedenfalls wartete Prisca ungeduldig darauf, dass Hektor endlich berichten würde was der kleinen Sklavin fehlte. Sie hatte ja bereits gespürt, dass Tilla krank wurde … aber dass sie so krank wäre? Als sich ihr Leibwächter jedoch heraus nahm, in so einem vorwurfsvollem Tonfall mit ihr zu reden, vergaß sie für einen Moment sogar diese Sorgen wieder. "Was fällt dir eigentlich ein mich um diese Zeit zu stören? … Und wagst es dann auch noch, in so einem unverschämten Ton mit mir zu reden, Sklave?", fuhr sie Hektor unvermittelt an ohne auch nur im geringsten auf seine Worte einzugehen. Dabei hatte sie jedes Einzelne davon sehr genau verstanden und sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Hekor die Wahrheit sprach. Prisca setzte sich im Bett auf, hielt die Decke vor die Brust gepresst und versuchte ihn mit ihren Blicken zu töten."Ich muss dir wohl erst noch Manieren beibringen lassen, oder wie? … Hinaus mit dir, sofort!", schrie sie ihn an und deutete zur Tür .


    Aber nur damit er endlich ging und nicht sah, wie sich ihre Augen bereits mehr und mehr mit Tränen füllten. Sie mochte die kleine Sklavin mittlerweile wirklich und das, obwohl sie sich eigentlich geschworen hatte nie mehr solche Gefühle für eine Dienerin zu zu lassen. Nicht nach der Enttäuschung, die sie einst durch ihre eigene Leibsklavin hatte erfahren müssen. Aber Tilla hatte es irgendwie geschafft, sich in ihr Herz zu schleichen.


    Hektor drehte sich mit einer Verbeugung um und schickte sich an, den Raum ohne ein weiteres Wort zu verlassen. Etwas anderes hatte Prisca von ihm nicht erwartet und hätte es auch nicht geduldet. Er war schon an der Tür, da nahm sie sich noch einmal zusammen, wischte schnell eine Träne fort und rief ihm nach. " … Du sorgst dafür, dass Tilla alles bekommt was sie braucht um wieder ganz gesund zu werden! … egal was, ... hörst du! ... Sobald es Tilla wieder gut geht, soll sie zu mir kommen. … und DU verschwinde endlich aus meinen Augen!". Mit diesen befehlenden Worten entließ sie ihren Leibwächter endgültig.


    Erst als Tür wieder ins Schloss fiel und sie allein war, konnte Prisca ihren wahren Gefühlen in diesem Moment nachgeben. Ganz tief vergrub sie ihr Gesicht zwischen den Kissen ihres Bettes und hoffte nur, dass der Morgen noch lange genug auf sich warten lassen würde. So lange, bis ihre Tränen wieder getrocknet wären ...

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