• Zitat

    Original von Claudia Romana
    Schwer war das lautstarke Seufzen zu beschreiben, welches Romana ausstieß, nachdem ihr Papiria Occia mitgeteilt hatte, wer da am Tor stand, und die Türe natürlich wieder verschlossen hatte. Nicht schon wieder der, dachte sie sich, stand auf, dabei den Kopf schüttelnd, und ergriff ihre Palla. Mit einer geübten Handbewegung wurde sie von sich selber um ihren Körper geschlungen, bevor sie nach draußen schritt, zur Türe hin.


    Dort angekommen, erinnerte sie sich ihrer Pflichten, nicht nur als Vestalin, sondern auch als Halbschwester, und versuchte sich an einem Lächeln. Lächeln konnte Romana nett. Nur, an ihrem Bruder war es wohl verschwendete Liebsmüh. Aber wer wusste?


    “Salve, Lucius!“, grüßte Romana ihren Bruder, schritt auf ihn zu, blieb kurz vor ihm stehen und verschränkte die Arme. “Ich frage mich, weswegen du hier bist. Sicherlich nur, um dein Schwesterherz zu besuchen.“ Es würde nicht mehr lange dauern bis zu ihrer Opferprüfung. Dann hätte sie endlich einen Liktor, und jenem könnte sie dann befehlen, das Gesindel hinter ihrem Bruder zum Teufel zu schicken.


    Brutus, der sich vor der Ankunft seiner Schwester angeregt mit einem seiner Klienten unterhielt, wandte sich von diesem ab und beschritt die letzten Treppenstufen mit einer theatralisch übertriebenen Geste der Freude. Mit offenen Armen ging er auf sie zu.
    "Salve, liebste Schwester! Symbol der Reinheit, der Keuschheit, selbstloses Wesen!"
    Natürlich war er in seiner Übertreibung weder dumm noch provokant, auch wenn dies geradezu danach schrie. Vielmehr war er geübt darin in der Gesellschaft zu brillieren, auch wenn diese in jenem Fall aus Almosen Heuschenden, Speichellecker und anderen Verfehlungen männlicher Schaffenskraft bestand.
    Als er sie erreichte, um eine gewisse Intimität aufzubauen, sprach er ungewöhnlich ruhig.
    "Es ist mir wichtig, Romana. Wie geht es dir, wie kommst du voran im Dienste an der Göttin?", fragte er, auch wenn ihn dies keineswegs interessierte. Natürlich wusste er, dass seine Halbschwester kaum durchfallen würde, war sie doch ihrem Vater ähnlicher als er es jemals sein würde. Pflichtbewusst, wie er es war, würde sie hervorstechen und in ihrem Metier aberwitzige Höhen erklimmen, dessen war er sich sicher. Und dennoch, solche Plaudereien gehörten zum guten Ton.

  • Zitat

    Original von Claudia Romana


    Die Amata Prior setzte sich in Bewegung und da Gracchus' Sinne nicht danach standen, Frauen hinterher zu blicken, so sah er auch dieser nicht hernach, sah sich gegenteilig in der Eingangshalle allein gelassen mit Aurelius, was in diesen Augenblicken ein wenig unbehaglich ihm war, nicht etwa hintergründiger Gedanken wegen, sondern da allmählich ihm bewusst wurde, dass Aurelius Corvinus es gewesen war, welcher damalig zuerst bei dem Leichnam seiner Schwester war angelangt - eine Tatsache, welche Gracchus nicht mehr gänzlich in Erinnerung war gewesen, er allfällig verdrängt oder womöglich bis dahin hatte vergessen, die nun um so penetranter ihm hinter die Stirne sich schob, je intensiver er danach strebte, dies ganze Geschehen gänzlich aus seinen Sinnen zu verdrängen. Bemüht unauffällig betrachtete er darob die Malerei an den Wänden, schlenderte ein wenig von dem anderen Pontifex hinfort, ganz so als wäre allfällig es unbotmäßig für Männer, sich in diesem Hause zu unterhalten so lange keine der vestalischen Jungfrauen bei ihnen war, über ihre Worte zu wachen, bis dass endlich kurze Zeit später Claudia Romana zurückkehrte und aus der dehnenden Stille ihn erlöste.
    "Dies war durchaus angebracht"
    , kommentierte er ihren Scherz bezüglich des Verweilplatzes des Schafes mit einem schmalen Lächeln, sich letztlich jedoch nicht gänzlich gewiss, ob dies nicht womöglich gar eine ihr ernsthafte Überlegung war gewesen. Zur Bestätigung des Aufbruchs wies er nur auf die Türe, froh darüber, der Konfrontation mit der Erinnerung an seine Schwester für eine kurze Dauer noch einmal zu entkommen und das Atrium Vestae zum Forum Pacis hin wieder zu verlassen.



    /edit: Link

  • Zitat

    Original von Lucius Claudius Brutus


    Romana war innerlich schon gefasst auf die niederträchtigsten Gemeinheiten, die Brutus abzuschleudern gedachte. Innerlich hatte sie sich vorbereitet auf die übelsten Beschimpfungen, die miesesten Unterstellungen... doch nicht... darauf.


    Mit ausgebreiteten Armen schritt Lucius in ihre Richtung, mit einem freudigen Grinsen auf seinen Gesicht. Und wie er sie begrüßte! Romana schielte unauffällig kurz zur Wand hin, um zu sehen, ob da nicht schon Schmalz herunter ronn. Fehlanzeige – aber dennoch kam es ihr sehr unkoscher vor, was Lucius da tat. Eigentlich hätte sie sich am Liebsten am Boden gewälzt vor Lachen – besonders der Abschnitt mit dem selbstlosen Wesen wäre genug gewesen, um die Claudia vor Lachen komplett wehrlos gewesen. Aber – dass es ihr Bruder sagte, machte sie stutzig. Jener hatte doch überhaupt keinen Sinn für Humor, oder?


    Pflichtschuldig umarmte sie ihn dennoch. “Wie schön, dass dein Humor dir nicht verlustig gegangen ist“, meinte sie trocken.


    Doch ihr Bruder beteuerte, es wäre ihm ernst. Sie blinzelte irritiert mit den Augen. “Äh, mir geht es gut, danke. Und ich komme sehr gut voran, in Kürze ist meine Opferprüfung. Was ist mit dir? Wie geht es dir? Und wie kommst du in deinen politischen Unterfangen voran, Lucius?“ Meinte er es wirklich ernst? Kaum konnte es sich die Claudierin vorstellen.

  • Das vermutlich recht ehrliche Interesse seiner Schwester an seinem Werdegang verleitete ihn zu dem Glauben, dass alles so verlief wie gewünscht. Seine schauspielerischen Fertigkeiten mochten zwar nicht ausgereift sein, aber allem Anschein nach war die Gabe seiner Schwester dies zu erkennen noch unvollständiger.
    So seufzte er hörbar: "Ach, Schwester. Ich werde der Tage nicht glücklich und in der Nacht kann ich nicht schlafen, es treibt mich umher. Sie treibt mich umher.", begann er an den romantischen Sinn seiner Schwester zu appellieren, welchen sie selbstverständlich als Frau besitzen musste.
    "Nichts erscheint mir wichtig. Ich komme nicht voran, seitdem ich von Eros getroffen wurde. Sogar zweimal. Ach, es ist zu schrecklich.", fuhr er fort das Interesse zu spinnen und blickte sich dann geradezu im Verfolgungswahn schwebend nach allen Seiten um. Als er sich scheinbar vergewissert hatte, dass niemand sie belauschen konnte, ging er an seine Schwester heran, um ihr etwas in ihr Ohr zu flüstern. "Es sind Zwillinge, beide hübsch gleich den zierlichsten Nymphen. Aurelierinnen, kennst du sie, Schwester? Bitte, erzähle mir alles, sonst bin ich verloren!"

  • Ihre Frage beantwortete Lucius nicht. Vermutlich, weil er keine Antwort hatte, zumindest keine Antwort, die sie befriedigen würde. Manchesmal war auch keine Antwort eine, und so machte Romana nur ein knappes, fast nicht sichtbares Nicken. Sie wusste schon, sie kannte ihren Bruder.


    Hatte sie vorhin recht stark geblinzelt, hatte sie nun noch einen viel stärkeren Blinzelreiz als vorher. Umhertreiben? Was begann ihr Bruder plötzlich mit solch schmalziger Sprache zu kommen? Er wusste doch hoffentlich, dass Romana die unromantischste Frau zwischen Adria und tyrrhenäischem Meer war. Zumindest bis... vor ein paar Tagen. Ihr Blick flackerte kurz, als sie daran dachte. Sedulus... es wäre zu schön, viel zu schön gewesen. Sie verstand jetzt, was Liebe war. Es war ein schmerzendes, schreckliches Gefühl, welches sie ihrem ärgsten Feind nicht wünschte.


    Von Eros war er aso getroffen worden. Wohlgemerkt vom griechischen Gott, Amor war wohl zu wenig gut für Lucius, bemerkte die wenig graekophile Claudierin innerlich. Diese Schauspielereien waren aber wirklich zu possierlich. Zum einen, weil sie das ganze recht skurrill fand, und sie Skurrillitäten sehr mochte, und zum anderen, weil sie den Schmerz, den die Liebe mit sich brachte, durchaus nun verstehen konnte, beschloss sie, mitzuspielen.


    “Ach, mein armer Bruder!“ Sie machte ein betroffenes Gesicht. Normalerweise wäre es ihr nicht so gut gelungen, wenn seine Situation nicht etwas in ihr gerührt hätte. Sie nahm seine rechte Hand und umfasste sie mit ihren beiden. “Das klingt ja furchtbar. Ich kenne leider keine aurelische Zwillinge, es tut mir wirklich Leid... weißt du denn, wie sie heißen? Und du bist wirklich in beide verliebt? Das muss ein grauenvolles Gefühl sein!“ Bigamisten, so was brauchte Rom heutzutage. Und ihr Bruder war wohl drauf und dran, diese orientalische Unsitte hier einzuführen.

  • Zuweilen wurde auch seine Schwester, doch ohne sein Wissen, in den Fertigkeiten der Schauspielkunst recht geübt, so dass er das Theatralische in ihren Ausführungen für recht ehrlich hielt.
    Vor seinem Erscheinen hatte er noch tatsächlich an der romantischen Ader der Schwester gezweifelt, hielt er sie doch stets für viel zu bigott, um eine andere Liebe als die zu den Göttern zu empfinden - jedenfalls eine Liebe, die auch erwiedert werden konnte und nicht aus kaltem Marmor bestand, welchen sie zu küssen pflegte. Zumindest stellte er sich den Alltag in diesem abgeschirmmten Frauenhaushalt so vor. Und bevor sich ein Gedanke einnisten konnte, der von Interesse an diesem verschlossenen Refugium getragen wurde, konzentrierte er sich lieber auf seinen Plan.
    "Oh ja, es ist tragisch!", kommentierte er, ehe er einem angewiderten Ausdruck zuvorkommend, die Contenance bewahren musste und zwanghaft lächelte, als sie seine Hand nahm.
    "Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagte man, doch Schwester, auch wenn du mir beistehst, es wird nicht besser. Es tut so weh.", umspielte er noch einmal die Tragik seiner Person und schüttelte dann energisch den Kopf: "Oh nein, nicht beide, Schwester. Ich liebe nur eine, die empfindlichere, die schüchterne von beiden. Leider weiß ich nicht, welche dies sein könnte. Darum bin ich hier, Schwester, denn du kannst mir helfen. Wenn du sie nicht kennst, so kannst du sie sicherlich kennenlernen, kannst sie sicherlich zum Plausch in das claudische Anwesen einladen, einem Reitausflug oder einem kurzen Verbleib am Meer. Du kannst es, Schwester, und wirst mir damit den rechten Weg zu meiner Liebsten zeigen.", abwartend forschte er in ihren Augen nach Regungen. Hoffentlich positiven, denn er wollte die aurelischen Täubchen auf jeden Fall in seiner Trophäensammlung.

  • Wenn sie ganz ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie leicht überfordert war mit der Situation. Ihr Bruder kam zu ihr – und schüttete ihr ihr Herz aus? Das war kaum etwas, was sie jemals erwartet hätte. Vor allem nicht, wo sie doch nie nein besonders herzliches Verhalten gehabt hatten. Doch nun schien er sich zu freuen, als sie ihm die Hand ergriff – oder war das nur Einbildung? Sie wusste nicht recht.


    Jammern auf jeden Fall konnte Lucius gut, dachte sich Romana, als sie – und das war wieder eine recht typische Geste von ihr – den Kopf schief legte, um zuzuhorchen. Was redet der da, dachte sie sich, obwohl sich Lucius trotz der hochgestochenen Wortwahl kaum deutlicher hätte ausdrücken sollen. Je länger sie sich ihn anhorchte, musste sie sich beherrschen, um nicht den Mund aufzuklappen vor lauter Ungläubigkeit.


    ”Du willst also, dass ich deine Verkupplerin spiele. Also nein, das kann nicht dein Ernst sein.” Sie schüttelte ihren Kopf. Ja, schaute sie denn aus wie eine Puffmutter, dass sie ihm seine Lustobjekte verschafft, dachte sie sich. Romana schnaufte aus und blickte ihn mit einer Mischung aus Vorwurf und Amüsiertheit an. Ihr war eine Idee gekommen.


    ”Also, Lucius. Ich sage dir jetzt was. Nicht ich gehe zu ihr hin... du machst das in Person. Wir können auch gemeinsam gehen, wenn du magst. Zur Villa Aurelia. Dort stellst du dich an der Porta hin, ich drücke dir dann noch einen schönen Strauß Blumen für sie in die Hände und verziehe mich dann, und du verlangst nach ihr. Und du fragst sie dann, ob sie vielleicht Lust hätte auf einen solchen Ausflug.” Sie verschränkte ihre Arme und blickte ihn erwartungsvoll an. Sie selber fand die Idee gar nicht schlecht – vielleicht war dies der Anfang einer viel versprechenden Bindung! Sie war auch bereit, ihm zu helfen, aber sie würde sicher nicht die ganze Arbeit machen. Ein Lächeln schickte sie hinten nach. ”Denn wer könnte schon nein sagen zu so einem Angebot, vor allem, wenn es direkt von einem Claudius kommt?” Vielleicht, wenn vor diesem Claudius ein Lucius und nachher ein Brutus stand.

  • Die am Anfang jäh genährte Hoffnung schwand, als sich diese Person, mit deren Blut das seinige leider verwoben war, erdreistete ihn so bloß zu stellen. Als wäre er ein kleines Kind, gab sie ihm Anweisungen. Und nicht, dass dies schon zum größten Ausbruch seit dem des letzten Vulcanus bei ihm führen sollte, nein, sie gab ihm noch recht stupide Anweisungen. Es brodelte immer mehr und er war kurz davor sie einfach wegzuschreien, bis er sich immer wieder das Ziel in das Gedächtnis rief. Die Wut schluckte er lautlos runter und versuchte ein recht trauriges Gesicht aufzusetzen, was ihm trotz all der Wut und Abscheu diesem dummen Ding ihm gegenüber gewiss nicht leicht fiel.
    "Ach, Schwester. So leicht ist dies mitnichten nicht.", seufzte er weiterhin in all der Melancholie, die er voller Wut aus sich pressen konnte. "Wie kann ich um einen Ausflug bitten, wenn ich nicht ihren Namen weiß?", natürlich hatte sie in all ihrer Beschränktheit nicht an so etwas gedacht. Das war auch typisch und Brutus sehnte sich beinahe den Tag herbei, an dem man sie einmauern würde, weil sie, ganz gewiss, irgend eine Dummheit beging.
    "Und außerdem müsste ich dies offiziell machen. Du weißt sicherlich, dass diese beiden, wie alle tugendhaften Römerinnen, einen Vater oder zumindest Oheim besitzen, der sie nährt, umsorgt und selbstverständlich auch verheiraten will. Wie soll ich mit meiner Bitte an ihn heran treten? Dies wäre völlig unmöglich, ohne meine Ehre und damit die unserer Familie, zu gefährden.", und damit hoffte er, dass bei ihr dadurch ein paar Glocken läuteten, auch wenn diese noch nicht erfunden waren. Langsam, aber sicher, verzweifelte er nämlich an seiner Schwester. Sie als Werkzeug zu gebrauchen war die eine Sache, aber dafür war der Bedarf an einem funktionierenden Werkzeug eine Voraussetzung - seine Schwester hatte jedoch noch nie funktioniert, wie sie sollte.
    Nochmal versuchte er zu seufzen, was jedoch wie ein Schnauben klang. Sicherlich sollte es auch eines sein, denn mittlerweile ging es mit ihm durch.
    "...zu so einem Angebot, vor allem, wenn es direkt von einem Claudius kommt?”, erklang es in seinem Kopf und er hätte spätestens nun spöttisch über diesen Satz gelacht. Zum Glück waren die Mauern der Vestalinnen gut bewacht. Kurz riskierte er einen Blick und gestand sich ein, dass er vielleicht einmal, wenn er ein berühmter und reicher Mann wäre, eine Spende an dieses Gefängnis gehen sollte. Entweder dafür, dass dieser Ort ihn vor der Anwesenheit Romanas bewahrte oder dafür, damit diese Abwesenheit noch länger wehrte, oder schlichtweg dafür, damit hier eine große Mauer entstand, über die sie nicht springen konnte. Ja, er hatte an dem Gedanken Gefallen gefunden.

  • Romana fand es schwer, eine Metapher für das Aussehen ihres Bruders zu finden. Als ob sich in seinem Kopf, wie bei einem Hochdruckkessel, das verdampfte Wasser staute – genau so sah er aus. Wenn diese Beschreibung irgendjemandem weiterhilft. Seine Worte drangen zäh aus ihm hervor, wie alter, schon halb kristallisierter Honig aus einer Flasche mit einem engen Hals. Sie wusste, sie war kurz davor, ihren Bruder in einem Ausbruch eruptieren zu lassen. Und irgendwie genoss sie das Gefühl, den armen Lucius dermaßen zu gängeln. Schlagen konnte er sie nicht, war sie doch Vestalin, und somit unantastbar für alle, denen sie nicht ihre explizite Erlaubnis gegeben hatte. Und Worte würden sie wohl nicht verletzen. Sie unterdrückte ein gepflegtes Grinsen, als sie sich dies ins Gedächtnis rief.


    “Stimmt, du weißt ihren Namen nicht. Komisch, ich hätte dir schon den Mumm zugetraut, nach jenem zu fragen. Offenbar habe ich mich da geirrt.“ Sie lächelte ihn mit einem zauberhaften Lächeln an, als ob die geschwisterliche Eintracht niemals je getrübt gewesen wäre. “Ach, du willst das gar nicht offiziell machen?“ Ihre Mundwinkeln sackten herab. Der sittenstrengen Claudierin gefiel es ganz und gar nicht, dass ihr Bruder eine anständige Patrizierin, oder etwas, was zumindest danach sich anhörte, zu einer Geliebten machen wollte, ohne weitere Verpflichtungen einzugehen. “Du würdest deiner Gens Schande machen, wenn du sie nur als Lustobjekt nehmen würdest, und zu feige wärst, zu den Konsequenzen zu stehen! Du bist ein Claudius, ein etwaiger Vater oder Vormund wird deine Bitte nicht abschlagen. Klopfe bei den Aureliern an und mache dich bereit, etwas einzugehen, was dich läger bindet als eine flotte Nacht zu zweit. Es gibt aber auch eine Alternative.“ Mit jedem Wort war ihr Gesichtsauszug gestrenger geworden. Böser, konnte man fast schon sagen. Oder aber vestalischer. “Du tust es nicht. Du gehst nicht zu ihr. Du lässt sie sein. Es ist deine freie Wahl. Etwas anderes wird genau das bewirken, was du zu vermeiden trachtest – einen Verlust von Ehre für uns Claudier. Entscheide dich. Wähle nicht einen Wischiwaschiweg der Mitte, durch den du dich ohne Konsequenz, ohne Mut und ohne Werte irgendwie durchwurstelst. Das ist nicht der claudische Stil.“ Sie blickte ihn erwartungsvoll an. Eigentlich dachte sie sich nicht, dass ihr Bruder, eingedenk der alten Traditionen, nun einlenken würde. Aber man konnte immer noch hoffen...

  • Eigentlich war das ein guter Zeitpunkt die in diversen Ringkämpfen gestählten Sehnen und Muskeln zu verwenden, um raubkatzenartig auf sie zu springen und einfach loszuschlagen. Brutus war wahrlich kurz davor, als er sich ihre Gicht anhören musste. Nur das Bild, welches die Gesellschaft von ihm anschließend zeichnen würde, hielt ihn von der Aktion ab.
    Er brodelte innerlich und hatte jeglichen Anflug von schwesterlichen Zugeständnissen und einem Quantum an Intelligenz verloren. Sie war aber nicht nur dumm in seinen Augen, sondern nunmehr auch recht kaltherzig und herausfordernd, zynisch, neckisch - und das ihm gegenüber.
    "ich hätte dir schon den Mumm zugetraut, nach jenem zu fragen.", hörte sie denn überhaupt nicht zu?! Einige Sekunden zuvor hatte er doch klar und deutlich erklärt, dass es Zwillinge waren und er sie nicht auseinander halten konnte - was nützte ihm da ein Name?
    “Ach, du willst das gar nicht offiziell machen?“, bei diesem Satz wollte er das berühmte Zitat mit der Katze im Sack kaufen herausschreien, aber das war taktisch recht unklug. Und dann dieses moralische Gesöff von einer Heuchlerin zu hören, das war erst recht die Höhe aller Dinge. Ein guter Zeitpunkt, um sie anzubrüllen, dass er sich durchaus Huren besorgen konnte, wenn er wollte, dies aber eine patrizische Familie war und er kaum jedem Mädchen den Hof machen würde - offiziell zumindest nicht. Wo käme er dann denn hin? Alsbald würde man ihn als den beschimpfen, der jedem Rock hinterher rennt. Eigentlich war das nicht einmal so unfalsch, doch zum Glück machten schlimmere Gerüchte die Runde, so dass seines nicht groß auffiel.
    "Die Liebe kennt keine Ehre. Aber du hast ein Herz aus Stein, Schwester.", entgegnete er in all dem letzten Aufgebot an Standhaftigkeit und schauspielerischem Talent.
    Sie verstand die ganze Problematik nicht. Einfach gar nichts und Brutus wurde immer mehr versichert, dass sie hier gut aufgehoben war, denn etwas Stupides zu tun bedeutete unter den Vestalinnen oft drakonische Strafen. Und diese halfen stets Menschen in Regeln zu integrieren oder sie Maß nehmen zu lassen an ihrem Tun.
    "Du interessierst dich für dich selbst, wirft mir Unehrenhaftes vor, du, die mich nicht kennt. Und du bist es, welche das Band des Blutes ignoriert, das uns stets und in alle Ewigkeit verbindet. Du ignorierst es und versagst mir deine Hilfe in deinen Vorwürfen. Denke darüber nach.", und damit wand er sich zum Gehen.
    Er blieb erstaunlich ruhig und die Tatsache, dass seine stupide Schwester keine Kupplerin sein wollte - eigentlich war das vielerlei Frauen Traum - war lächerlich.
    Er musste andere Wege finden.

  • “Ein Herz aus Stein? EIN HERZ AUS STEIN?“ In Romana wurde ein Schalter umgelegt. Jetzt war sie richtig sauer. “Du bezeichnest mich als kaltherzigen Menschen, der die Leibe nicht kennt? Oh, Lucius, ich kenne die Liebe! Und ich, ich habe sie heruntergeschluckt! Für meine Ehre, die Ehre der Gens, die Ehre meiner Schwesternschaft habe ich sie unterdrückt, abgetötet in meinem Herzen! Meinst du, das hat Spaß gemacht? Meinst du, ich habe das genossen? Es war ein schlimmes Gefühl, aber noch schlimmer war das Gefühl der Liebe selbst!“ Sie zitterte vor Wut. Am Liebsten hätte sie ihrem Bruder jetzt eine geschmiert, doch nur die selben gesellschaftlichen Konventionen, die jener eingedenk war, beachtete auch sie, wenn auch nur mit größter Beherrschung. Dieser dumme, ignorante, oberflächliche Mensch! Seine letzten Worte waren dann doch noch die Höhe. Sie ignorierte die Blutsbande? Sie schenkte der Gens keine Beachtung? Sie schnappte nach Luft, erbost ob dieser Unterstellungen. Jetzt hatte sie wirklich keine Worte mehr. Romana war mit ihrem Latein am Ende.


    Das war wohl auch besser so, denn sonst hätte sie sich zu weiteren Taten hinreißen lassen, die einer Vetsalin noch unwürdiger gewesen wären, als ihren eigenen Bruder anzuschreien. Auf einmal fühlte sie sich fürchterlich elend. Als ob Lucius in ihre eine kaum verheilte Wunde aufgerissen hätte. Mit all ihrer Stärke, die bewies, dass sie sich durchaus zu wehren gewusst hätte, hätte sich Lucius auf sie gestürzt, knallte sie die Porta zu, eine Geste, die deutlicher war als alle Worte, die Romana an ihren Bruder verschwenden konnte.


    Sie stand noch eine Weile vor der Porta, mit hängenden Mundwinkeln, und starrte sie an. Die blutjunge Vestalinnenschülerin, die die Türwächterin gewesen war, starrte nur vor sich hin, wagte es aber nicht, irgendetwas zu sagen. Romana schenkte ihr einen kalten Blick, der vielleicht doch die Worte ihres Bruders bestätigen konnte, sodass die Kleine sich auf ihrem Schemel zusammenkauerte, und ging dann, mit einem ein wenig hängendem Haupt, ab. Hatte sie denn ein Herz aus Stein? Hatte sie das denn? Sie bekam die Idee aus ihrem Kopf nicht mehr los.

  • Romana war ja schon gespannt auf ihren Liktor. Wie Pomponia Pia es ihr versprochen hatte, würde sie nun einen eigenen, persönlichen Liktor bekommen. Einer, der stets mit einem Stab nun vor ihr einherschreiten würde, den sie vielleicht als Galan, männliche Begleitung und Schützer heranziehen konnte. Auf jeden Fall jemand, mit dem sie nun einige Zeit verbringen würde.


    Innerlich malte Romana es sich ja schon aus, wie er aussehen könnte, als sie vor der Türe des Atrium Vestae stand, an eine Säule gelehnt, und Ausschau hielt. War es vielleicht der muskulöse, gut aussehende Mann, der gerade am Atrium Vestae vorbeiging? Nein, er ging vorbei, blieb nicht einmal stehen. War es vielleicht dieser niedliche Kerl mit der Stupsnase? Nein, der war es auch nicht. Es war... der hier, der auf sie zu kam.


    [Blockierte Grafik: http://img218.imageshack.us/img218/9318/lik1.png]


    “Salve. Bist du die Vestalin Claudia Romana?“ Nein, dachte sich Romana, als sie auf den Jüngling, der vor ihr nun stand und sie ungläubig anstarrte, sah. “Äh, salve. Ja, die bin ich. Und du... du bist... Marcus Manilius Mancinus.“ “Jepp, zu Diensten.“ Romana musterte den Kerl schnell. Fettiges, öliges Haar. Kantige Gesichtszüge. Unschöne Haut. Viel zu große Füße. Dünne Arme. Bei den Göttern, da könnte ich ja Bedroher noch besser abwehren als der da, dachte sie sich. Sie blickte sich eilends um. Hatte jemand ihr einen üblen Scherz gespielt? Aber nein, diese Gestalt vor ihr war nun wohl ihr Liktor. Ein unangenehmes Schweigen entstand zwischen den beiden, als sie sich gegenseitig anschauten. “Hmm. Ich habe mich dir... größer vorgestellt.“ Mancinus begann zu grinsen. “Und ich mich dir, mit Verlaub, kleiner.“ Romana blickte eine Sekunde lang befremdet, dann hob ein Lächeln ihre Mundwinkeln. “Das glaube ich dir, Manilius Mancinus!“ Mancinus grinste eingeschüchtert. Der hat ja mehr Angst vor mir als Übeltäter vor ihm Angst haben sollten, schoss ihr durch den Kopf. Aber sie konnte sich nicht aussuchen, wer ihr Liktor war.


    “Dann komm mal rein. Trinken wir erst mal einen Becher Wein zusammen, ja?“ Romana musste den jungen Mann auf jeden Fall noch ein wenig ausfragen. Sie musste sich in Zukunft auf ihn verlassen können, und wollte da nichts dem Zufall überlassen. Mancinus nickte wieder, und zusammen betraten sie das Atrium Vestae.

  • Simplex seufzte, als ob es nicht genügte dass er innerhalb kürzester Zeit schon wieder die Truhen seiner Herrin herum schleppen musste, so durfte er jetzt auch noch, kurz vor Abreise Bote spielen. Eigentlich waren es nur zwei Briefe die er abzugeben hatte. Einmal an die große Vestalin und dann für Octavius Macer und Catiena. Sein Weg führte ihn erst einmal zum Tempel der Vesta. „Salve“, grüßte er die ältere Frau die ihm öffnete. „Ich soll einen Brief für Claudia Romana abgeben“, erklärte er freundlich. Er reichte der Vestalin schließlich die Schriftrolle. „Valete“, verabschiedete er sich dann und setzte seinen Weg fort.


    Ad Claudia Romana
    Atrium Vestae
    Roma


    Salve liebste Freundin,


    Wie gern hätte ich mit dir gesprochen, bevor es mich erst einmal nach Germanien verschlägt. Nur leider haben sich die Ereignisse förmlich überschlagen in den letzten Tagen. Du wirst dich sicherlich als erstes jetzt Fragen warum Germanien? Warum jetzt? Warum so plötzlich? Valerian wurde vom PU nach Germanien versetzt und ich werde ihn natürlich begleiten. Ich liebe ihn und würde es ohne ihn gar nicht in Rom aushalten. Über das warum lassen sich viele Vermutungen anstellen, wir glauben, dass es damit zusammen hängt, dass er sich bei unserer Hochzeit wie der Imperator selbst aufgeführt hat. Aber das hast du ja sicherlich mitbekommen, wie alle anderen Gäste auch. Es stand ja auch in der Acta. Salinator ist eine aufgeblasene, vulgäre Qualle…


    Der Abschied fällt mir natürlich ebenso schwer. Besonders weil du nicht einfach die Möglichkeit hast, mich besuchen zu kommen. Du bist mir eine der liebsten Freundinnen und dass ich mich nicht persönlich von dir verabschieden konnte, ist besonders traurig. Ich werde dich furchtbar vermissen und versuchen dich sobald wie möglich zu besuchen. Es gibt so viel, was ich dir eigentlich erzählen will, aber ich weiß nicht wo ich anfangen soll und leider hab ich auch nicht ganz so viel Zeit.


    Fühl dich von mir gedrückt. Ich werde dich vermissen und sehr bald schreiben.
    Vale,
     [Blockierte Grafik: http://i687.photobucket.com/albums/vv232/Aine_photos/papyrus3.png]

  • Bereits seit einigen Minuten stand sie jetzt vor der Porta, hatte mehrfach den Sitz ihrer Frisur, ihrer Palla und sogar ihrer Sandalen überprüft, um sicherzugehen, dass alles akkurat an Ort und Stelle saß und in keinster Weise irgendein Auge an diesem geheiligten Ort beleidigen konnte.
    Allein der Gedanke, in wenigen Augenblicken vielleicht das Atrium Vestae zu betreten, machte Serrana schon mehr als nervös. Unter normalen Umständen hätte sie sich das vermutlich niemals getraut, aber normal waren die Umstände zur Zeit beim besten Willen nicht.
    Zum einen hatte sie Calvena versprochen, ihre gemeinsame Freundin Claudia Romana nach der übereilten Abreise der Germanica und ihres Mannes zu besuchen und ihr alles zu erklären. Und dann war da ja auch noch diese andere Sache...
    Bislang war es ihr halbwegs geglückt, jeden Gedanken an dieses Thema so weit wie möglich wegzuschieben, doch mittlerweile hatte die seit einigen Tagen stets in ihr präsente Angst ein Ausmaß angenommen, dass Serrana das Gefühl hatte, daran ersticken zu müssen. Es half alles nichts, sie würde mit jemandem darüber sprechen müssen, wenn sie nicht verrückt werden wollte. Sedulus kam in diesem speziellen Fall natürlich nicht in Frage, Calvena und Septima waren weit weg, und vor ihrer Cousine Axilla wollte sie sich diese Blöße auf keinen Fall geben, auch wenn die ihr Problem aufgrund eigener Erfahrungen vielleicht sogar am ehesten würde nachvollziehen können. Aber glücklicherweise war da ja noch Romana, die Serrana immer schon wie ein Fels in der Brandung erschienen war. Und vielleicht, ja, vielleicht würde ein wenig von deren beneidenswerter äußerer und vor allem innerer Sicherheit und Souveränität auch auf sie abfärben.
    Ein letztes unruhiges Zupfen an ihrer Kleidung, dann raffte Serrana sich endgültig auf und klopfte an die Tür. Mehr als wegschicken konnte man sie ja nicht.

  • Es knarrte.


    Dies freilich lag nicht an der Türe des Atrium Vestae, welches die Sklaven stets gewissenhaft zu ölen wussten. Die Scharniere gehörten, wie jede Vestalin das immer mit Stolz behaupten konnte, zu den bestgeöltesten überhaupt in Rom, sodass die Türe aufschwang wie von selber, lautlos, die von altehrwürdiger Ruhe umschmeichelten Gewölbe nicht störend.


    Nein, die Türe knarrte nicht. Es war vielmehr die Stimme der alten Minucia Milicha, die schon uralt gewesen war, als Romana sie zum ersten Mal kennen gelernt hatte. Milicha, die im Übrigen in der Kunst der Haruspizin besser war als so mancher Haruspex, und welche mit Romana eine innige Liebe zu Etrurien verband, was dazu führte, dass Milicha sich mit der Claudia von allen Vestalinnen wohl noch am Besten verstand – auch wenn sie die übergroße Patrizierin dann und wann ruppig genug behandelte – hatte die Türe pflichtschuldigst aufgemacht, war sie doch zum Türdienst eingeteilt worden, und sprach nun mit ebendieser knarrenden, alten, rauhen Stimme die junge Frau... nein, das Mädchen, korrigierte sich die Alte, auch wenn die Stola, die den Matronen und den Vestalinnen vorbehalten war, darauf hindeutete, dass sie eine verheiratete Matrone war, an.


    “Salve. Was ist?“ Höflichkeit war nie die Stärke der Minucierin gewesen, was sie nun mit ihrem abweisenden Blick deutlich zur Schau stellte. Es war noch nicht einmal die Vestalia, was hatte die da hier also verloren?


    [SIZE=7]EDIT: Stola statt Palla...[/SIZE]

  • Serrana, die aus irgendeiner romantischen Vorstellung heraus erwartet hatte, von einer jungen und schönen Vestalin mit gütigem Gesichtsausdruck empfangen zu werden, sah ihr Gegenüber überrascht und auch ein wenig erschrocken an. Ja, eine Vestalin war das zweifellos, aber jung war sie ganz sicher nicht. Eher im Alter ihrer Großmutter, falls das überhaupt im Bereich des Möglichen lag. Und auch der leicht schnarrende Tonfall weckte deutliche Erinnerungen an Germanica Laevina...
    Nicht gerade ein ermutigender Anfang, aber da musste sie jetzt wohl durch.


    "Salve, ehrwürdige Priesterin der Vesta. Mein Name ist Iunia Serrana, und ich würde gern Claudia Romana besuchen, falls diese einen Augenblick Zeit für mich erübrigen kann."


    Zwar war sie jetzt noch nervöser als vorher, aber immerhin blieb das freundliche wenn auch ein wenig verzagte Lächeln auf Serrana Lippen, während sie auf die Antwort der Vestalin wartete.

  • “Ah. Die Claudia also. Warte einen Moment.“ Grußlos warf die Alte die Türe plötzlich und ohne Vorwarnung zu mit einer Kraft, die man einer solch alten Frau gar nicht zugetraut hatte, und ließ Serrana einfach draußen stehen.


    Kurz später kam auch schon Romana zur Türe geeilt. Minucia hatte einer Sklavin entsprechende Anweisungen gegeben, und diese war sofort zu Romanas Cubiculum geeilt, um ihr Bescheid zu sagen. Romanas Gesicht, als sie hörte, dass Iunia Serrana, von allen Frauen Roms ausgerechnet Iunia Serrana, sie sprechen wollte, war schwer zu beschreiben gewesen. Eine Sekunde lang hatte sie ihre rechte Hand verkrampft, in einem reflexartigen Drang, diese zur Faust zu ballen. Doch sie war diesem Drang widerstanden, hatte nur kurz genickt und hatte sich auf den Weg gemacht.


    Iunia Serrana, die eingetragene Ehefrau des Sedulus, deren Ehe die Götter mit Wohlgefallen besahen. Ihr innerer Druck, innezuhalten und sich einfach nur in einer herumstehenden Vase zu übergeben, war immens. Doch die Claudia schluckte tapfer ihre Galle hinunter und versuchte, freundlich zu wirken, als sie endlich bei der Türe ankam und sie wieder aufriss mit mehr Kraft, als es nötig war – offenbar etwas, was Milicha und Romana gemein hatten.


    Romana hatte wohl mehr das Zeug dazu als Milicha, Serranas Vorstellung von einer jungen, schönen Vestalin mit gütigem Gesicht zu erfüllen – auch wenn Romanas netter Gesichtsausdruck ein bisschen gezwungen wirkte. Sie war noch nie eine gute Schauspielerin gewesen. “Salve... Serrana?“, machte Romana in einem fragenden Tonfall.

  • Als die Tür vor ihrer Nase plötzlich wieder zuschlug, zuckte Serrana unwillkürlich zusammen und wich ein kleines Stück zurück. Ein wenig seltsam war das ja schon, aber wenn die alte Vestalin schon so aussah und redete wie Germanica Laevina, wie konnte man da Höflichkeit von ihr erwarten?
    Und was jetzt? Serrana trat von einem Fuß auf den anderen, zupfte erneut an ihrer Kleidung herum und sah erfreut auf, als sich die Porta ein zweites Mal öffnete und diesmal Romana höchstpersönlich vor ihr stand. Die Begrüßung der jungen Vestalin fiel ein wenig unterkühlter aus, als Serrana es bislang von ihr gewöhnt war, aber das lag vielleicht daran, dass sie ohne eine Verabredung oder gar eine Einladung hierher gekommen war und Romana mehr oder weniger überfallen hatte.


    "Salve, Romana. Wie schön, dass du ein wenig Zeit für mich hast. Ich hoffe, ich komme nicht allzu ungelegen..." Doch, vermutlich tat sie genau das, denn der Gesichtsausdruck der Claudia wirkte im Gegensatz zu sonst eher höflich als aufrichtig erfreut. Serrana, die sich ohnehin ständig Gedanken darüber machte, ob sie es auch allen recht machte, und niemandem auf die Nerven ging, entschied sich, erstmal mit dem einfacheren Grund ihres Besuchs zu beginnen, in der Hoffnung, dass sich dann auch ihre Nervosität ein wenig legen würde. Mit etwas Glück würde Romana auftauen, wenn es um ihre gemeinsame Freundin Calvena ging, denn sonst würde sie niemals über das andere Thema mit ihr sprechen können.
    "Ich..ähm...Calvena hat mich gebeten, hier vorbei zu kommen und dir zu sagen, dass sie war furchtbar unglücklich war, weil sie sich nicht mehr persönlich von dir verabschieden konnte. Und dass sie dir so bald wie möglich schreiben wird." So, damit war ihre offizielle Mission eigentlich beendet, wenn sie Pech hatte, verabschiedete Romana sich mit einem höflichen danke schön bei ihr und die Tür war wieder zu. Serrana spürte, wie sie bei der Vorstellung, ihre rettende Gesprächspartnerin direkt wieder zu verlieren, ein wenig panisch wurde. Hoffentlich sah man ihr das nicht allzu sehr an, schließlich wollte sie ja nicht wie eine verschreckte Bittstellerin vor dem Atrium Vestae stehen.

  • Sim-Off:

    Sorry – übersehen!


    Hätte das Wort „verschüchtert“ zwei Arme und zwei Beine bekommen, hätte es wohl so ausgesehen wie Serrana, die ziemlich hilflos vor der Porta stand und ungeschickt versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen. Romana wünschte sich irgendwie weit weg, wenn auch nur in den ersten Stock hinauf. Ihr Lächeln drohte einzufrieren. Ob Serrana ungelegen kam? Wohl nicht ungelegener als zu jeder Zeit, welche Romana sich erdenken konnte. Nein, das wäre ein Ding der ziemlichen Unmöglichkeit. Sie beschloss, sich am Riehmen zu reißen. Was anderes blieb ihr denn übrig, um die Iunia nicht komplett zu verschrecken?


    Serrana begann, von Calvena zu erzählen, wie Leid es ihr tat, dass sie sich nicht mehr verabschieden konnten. Romana schwieg kurz und nickte dann. “Mhm. Danke sehr“, meinte sie in einem eigenartig stufen Tonfall, und setzte aber ncoh hinzu: “Ich bin selber zu den Quintiliern gegangen, nachdem ich davon gehört hatte. Aber ich bin zu spät gekommen. Es war niemand mehr da, nur noch Sermo.“ Sie atmete tief aus und schloss ihre Augen. Beruhigen.


    “Magst du nicht reinkommen?“ Ihr Tonfall klang jetzt schon ein wenig freundlicher als vorher. Alles andere wäre der Gipfel an Unmöglichkeit gewesen. Sie streckte zur Verbildlichung ihrer Gastfreundlichkeit in einer von den Ellenbogen ausgehenden Bewegung die Unterarme aus. Natürlich würde sie Serrana nicht weiter hineinführen als bis ins großzügig gehaltene Vestibulum, welches ja dazu bestimmt war, dass man sich dort mit Gästen unterhalten konnte.

  • "Oh, wie schade, dass du Calvena verpasst hast. Sie hätte sich bestimmt unglaublich gefreut, dich noch einmal zu sehen." versichterte Serrana und konnte nur mit Mühe die Tränen unterdrücken, die ihr bei der Erinnerung an die Abschiedsszene vor der Casa Quintilia wieder einmal in die Augen stiegen. Verdammt, warum war sie in den letzten Tagen nur so furchtbar nah am Wasser gebaut? Und dabei war sie noch nicht einmal bei dem wirklich unangenehmen Thema angekommen... In den wenigen Sekunden, die verstrichen, bis Romana sie ins Haus bat, hatte Serrana sich schon fast mit dem Gedanken angefreundet, das Atrium Vestae nach einer höflichen Verabschiedung so schnell wie möglich wieder zu verlassen, doch dann machte ihr die Claudia doch noch einen Strich durch die Rechnung.


    "Ja, das würde ich sehr gern, wenn es dir keine Umstände macht." schoss es aus ihr heraus, denn Romanas Tonfall war inzwischen deutlich freundlicher geworden, und in Serrana glimmte wieder neue Hoffnung auf, während sie, immer noch mehr als nervös, ihre Hände knetete. Vermutlich gab sie ein ungeheuer armseliges Bild ab, aber wenn sich das nicht die nächsten Wochen und Monate so fortsetzen sollte, dann musste sie jetzt da durch.

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