>meditrinalia< | Das Theaterstück

  • Die leichte Derangierung und hernach innere Echauffage seiner Gemahlin entging Gracchus vollkommen - selten überhaupt konnte er die wahrhaftigen Empfindungen Antonias erahnen, geschweige denn interpretieren, so dass es bisweilen ohnehin einfacher war, sie zu ignorieren - zudem schien ihm an diesem Abend noch ein wenig mehr zu entgehen. Die dritte Szene war es jedoch, in welcher auch Gracchus nicht mehr an sich halten konnte, zu deliziös simpel war die Szenerie, zu brillant gespickt mit durchdachtem Dialog - allen voran die Worte des Castus bestachen durch einen Scharfsinn, welcher in vergeblich gesuchter Kongenialität des Upsus zu wahrhaftigem Tiefsinn sich kombinierte und um so vergnüglicher für den Zuschauer sich gestalteten. Spätestens als die Mimin mit der Erbse zurück zur Bühne kehrte, jenes Fragment des Mahls auf der Wange des Stubentigers verteilte und diesen in jener Aktion außer Gefecht setzte, musste Gracchus seinem Inneren Drang sich ergeben, und das erste leise Lachen echappierte seiner Kehle, eine Regung welche vor allem in der Öffentlichkeit sich nur selten zutrug und vermutlich auch für seine Gattin neben ihm ein echtes Novum mochte darstellen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • In den nächsten Minuten wusste Helena nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Auf der einen Seite war das Stück durchaus lustig. Die Rollen waren gut verteilt und irgendwie hatten die Sklaven es geschafft, sich jeden Charakterzug ihrer 'Opfer' genau einzuprägen. Zudem schien sie auf der Bühne nicht aufzutauchen. Bis auf diesen einen Satz hatte man sie aus der ganzen Sache heraus gelassen. Auf der anderen Seite aber, war so ein Theaterstück sehr gewagt. Es war ja nicht so, dass ihr der Ruf ihrer Familie egal war. Man konnte nur hoffen, dass diejenigen, die auf der Bühne karikatiert wurden es mit Humor nahmen. Helena ließ kurz ihre Blicke durch den Raum schweifen, aber in dem Halbdunkeln konnte sie kaum etwas sehen. Zu gerne hätte sie die Reaktion der Anwesenden beobachten können. In diesem Moment sprach Ursus sie an. Bis jetzt hatte er schweigend dem Stück gelauscht, genauso wie sie und er schien ungefähr das Gleiche zu denken.


    "Nun, es ist sehr gewagt." Sie erwiderte sein Lächeln und sah dann fragend zu der Stelle, an der sie Prisca vermutete. "Ich frage mich, ob Prisca das so geplant hat. Wenn ja ist ihr die Überraschung auf jeden Fall gelungen."


    Die dritte Szene war mittlerweile in vollem Gange. Es war fast ein wenig beängstigend, so einfach war es den Betreffenden hinter der Rolle zu erkennen. Und Marcus? So wie sie ihn kannte schämte er sich gerade in Grund und Boden. Helena grinste kurz und nickte beifällig. Schadenfreude war doch etwas Schönes! hier und da waren vereinzelte Lacher zu hören und trotz all ihrer Gedanken fiel Helena ein Stein vom Herzen. Ein Skandal wäre wohl das Letzte gewesen, was die Familie nun gebrauchen könnte. Erneut lehnte sie sich ein Stück zu Ursus hinüber und senkte die Stimme.


    "Am Besten ist wohl, wir nehmen es mit Humor. Wie gefällst du dir denn dort auf der Bühne?"

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

  • Unwissend ist Callista über all die Anspielungen. Die Allusion erkennt sie nicht. Ihre Aufmerksamkeit ist erneut auf Sisenna gerichtet. Die geflissentlichen Bewegung der Sklavin beachtet Callista dabei nicht. Benohé stellt der jungen Dame einen Saft neben ihren Platz.
    Tante Callista?
    Liebreizend, Callista.
    Traun.
    Sisenna könnte das kleine Mädchen von ihrem Bruder sein. Die Vorstellung gefällt Callista sehr gut. Die krauseligen Locken harmonisieren mit den schwarzen Locken ihres Bruders. Callista lächelt. Entrückt. Ihr Ohrring klimpert leise als sie den Kopf zur Seite wendet. Und aufmerksam die junge Sisenna besieht.
    Verständnislos ist die Mimik von Callista bei der Frage. Mitten in eine Stille hat das Mädchen sie gestellt. Sicherlich müssen viele ihre Worte vernommen haben.
    "Welcher Flavius?"
    Sie sieht sich um. Sitzt ein Flavier neben ihnen? Hat er nachher das kleine Mädchen angesprochen? Dem ist indes nicht so.


    Ein Kind scheint die Evidenz zu erkennen. Deutlicher als Callista. Alsdann dämmert es Callista. Ihre Augen weiten sich ostensiv. Ihre Wangen färben sich ein wenig dunkler. Bronze unter der ägyptischen Schminke. Ihr Mund öffnet sich vor Verwunderung.
    Claudus. Claudius?
    Falivus. Flavius?
    Flavius Castus? Ein Nämlicher ist Callista nicht bekannt. Doch welche Gentes hier mit Sticheleien versehen werden wird immer deutlicher. Callista schluckt. Im Nu ist Callista neuerdings erheitert.
    Ein verschmitztes Lächeln unterdrückt sie. Solange ihre Person unangetastet bleibt kann Callista Spott ertragen. Nein. Sie ergötzt sich daran sogar. Nur ihre Persona und Nero sind sacrosancta.
    "Er hat viele griechische Wörter benutzt, Liebes. Er beschwert sich. Nichtige Sklaven gibt es nicht in seinem Anwesen. Und er möchte von dem Saucefleck wieder befreit werden. Ich glaube, Süße, es ist gar nicht wichtig was er sagt. Sondern wie er es von sich gibt."
    Callista ist sich dessen nicht gänzlich sicher. Befremdlich ist ihr die Ausdrucksweise indes. Nicht ganz passend die Wörter gewählt. Aber ein Theater ist ein Theater. Und Satiren müssen überzogen werden.


    Wen sie wohl damit ansprechen?
    Einen Blick kann sich Callista nicht sparen. Sie muss in die Runde sehen. Fühlt sich gar einer der Anwesenden betroffen? Flavier sind auch anwesend. Einer zumindest. Von dem Callista weiß. Doch sie sieht nicht, wo er sitzt. Und Menecrates? Auch ihn findet Callista mit ihren Augen nicht.
    Etwas enttäuscht lehnt sie sich zurück. Aber nach dem Theaterstück wird eventual einige des Änigma gelöst. Sensationslüstern ist Callista. Sie begnügt sich aber erneut mit dem Part der Spektaktorin.
    "Gefällt Dir das Stück, Liebes?"
    Schon geht es weiter. Gebannt nimmt Callista noch etwas Rebensaft zu sich. Gefesselt ist sie von der Handlung des Stückes. Ein vergnügliches Kichern folgt. Ein Lachen. Und ein Glucksen. Stellenweise entgeht Callista der Witz. Sie erkennt nicht die humoristische Pointe. Das mit der Erbse entzieht sich Callistas Verständnis. Die Andeutung erscheint ihr zu diffizil. Indessen lacht sie über die verdutzten Gesichter von einigen Gästen. Die ruchlosen Anspielungen konvenieren ihr nochmals.

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    Kaum ist der erste Teil der mensa prima erfolgreich abgeschlossen, kündigt sich schon der zweite Teil mit einem weiteren Höhepunkt an. Begeistert klatschen die Gäste in die Hände denn nun kommt wohl das Beste. Ein Tierchen das eben noch frisch und munter in den Tiefen der Meere verweilte, soll nun auf grausame Art und Weise vom Leben zum Tode hin geleitet werden. Mit einem "Aaaahh und Oooooh" begleiten die Gäste den Fisch, der - wie von Senator Germanibus Avunculus empfohlen - soeben in seinem Wasserbecken von vier jungen Sklaven hereingetragen wird. Ja, die Gäste lieben solche grausamen Spielchen, denn gleich würde jeder von ihnen mit einen Teil von dem gar köstlichen Fische auf seinem Teller belohnt werden. Nur einen am Tisch interessiert dieses Schauspiel recht wenig und legt sich derweil schon mal seinen Bart zurecht. Denn gleich wird für Pupsus wie immer, die Schüssel mit puls und ein Löffel dazu gereicht.


    Und diese besagte Schüssel knallt Camylla ihm sogleich vor den Latz, so das der puls in alle Richtungen davon spritzt. Wie durch ein Wunder wird diesmal die Toga von Castus verfehlt, was dieser mit Verwunderung und Freude zur Kenntnis nimmt. Camylla hingegen schreitet schnellen Schrittes auf Corvus zu und diesmal packt sie mit ihrer Hand seineToga. Ungeduldig zieht sie daran und presst zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor: "Herr, was ist jetzt?! ... machen wir es jetzt? ...sofort!" Über diese unvermutete Attacke ist Coruvs so schockiert, das er mehrmals die Lippen schürzen muss. ..."Was denn, was ist denn? geh weg, lass mich los!" mit erhobenen Händen abwehrend und um nicht noch weiteres Aufsehen zu erregen, versucht er so schnell wie möglich wieder Herr über seine Sklavin zu werden. " ... ich hab doch gesagt spääääääter! ...geh lieber und töte die Meerbarbe und nicht mich! ... nach der mensa secunda, da machen wir es! so oft du willst und so oft ich kann!"


    Schnaubend lässt Camylla ihren Herrn wieder los und befolgt erneut den Befehl. Später, später... immer nur später. Alle schlagen sich hier den Bauch voll und sie muss hungern nach dem was sie verlangt. Lustlos greift sie nach dem scharfen Messer und gestikulierend droht sie ihrem Herren damit an was passieren wird, wenn das 'Können' mit dem 'Wollen' nicht mit halten sollte. 'Schnipp-Schnapp-und-ab' jawohl! - kurz und schmerzlos - so wie jetzt gleich das Schicksal, den todgeweihten Fisch ereilen soll. Die Meerbarbe hingegen starrt mit ausdruckslosen Augen auf das Messer und trifft spontan einen Entschluß. "Ich will noch nicht sterben!". Und mit einem kräftigen Flossenschlag katapultiert sich das Tier auch schon aus dem Becken heraus, tanzt vor den gebannten Augen aller Gäste ein paarmal auf dem Tisch herum, um sich dann mit einem beherzten Sprung vorerst vor die Schnauze des Tigerfells zu flüchten. Doch kann sich der Fisch nur kurz in Sicherheit wähnen, denn schon ist die messerschwingede Sklavin wieder hinter ihm. Camylla hält das Messer in der Rechten und zum Todesstoß bereit, lässt sie die Klinge herab schnellen. Doch trifft sie nur den Boden, dafür aber genau die Stelle dort wo Fisch und Tigerfell gerade noch die Nasen aneinander halten ....


    "Bift du wahnfinnig? .. paff doch auff wo du hinftifcht mit dem Meffer! Daff da ifft der Fiff nicht ich! Na warte daff follft du büffen!" ruft das Fell erschrocken und erbost zugleich und spuckt - im wahrsten Sinne - die Worte der Sklavin entgegen. Wild gestikuliernd deutet der Tiger auf den Fisch und schlägt dann nach Camryn, welche sich daraufhin erst einmal einen Kampf mit dem Pelztier liefern muss. Aha!- die Tötung der Meerbarbe dürfte sich also noch etwas hinziehen und so nutzen die Gäste die Gelegenheit, um sich lieber wieder ihren Gesprächen zu widmen. Mit einem letzten Blick auf Camylla, die gerade ziemlich unschick am Boden mit der Meerbarbe und dem Tigerfell ringt, holt sich Diana das Stichwort für ihr Thema, das sie nun zur Sprache bringen will. "Weißt du, worin der Unterschied im Bett zwischen einer Sklavin sowie sämtlichen nicht würdevollen Frauen im Gegensatz zu denen besteht, die Würde haben?" Der soeben angesprochene Pupsus kneifft nachdenklich die Augenbrauen zusammen, was aber unter dem wuchernden Haarkleid, das er am Kopfe trägt, nicht weiter auffällt. "Vielleicht in der einfachen oder schwierigen Handhabung, Verfügbarkeit?" Diana schüttelt verneinend den Kopf, denn das trifft noch nicht genau den Punkt. Vielleicht ist es ja das Seufzen und Stöhnen von Camylla, die soeben verzweifelt versucht unter dem Tigerfell hervor zu kriechen, welches Diana nun die Worte wie von selbst in den Mund legen lässt. ""Nicht ganz, Pupsus. Die Frau mit Würde gibt sich nicht mit der Rolle einer Unterhalterin zufrieden und sie verfügt auch nicht über einen Leitfaden, wie man einen Orgasmus vortäuscht, nur um den Mann glücklich zu machen." Orgasmus? hatte er da eben Orgasmus gehört. Pupsus lässt augenblicklich den mit puls gefüllten Löffel sinken. So etwas ist natürlich auch für einen Kyniker wie ihn von großem Interessen und so ruft er ganz erstaunt. "Sag bloß, da gibt es einen Leitfaden?" ... Natürlich gibt es den! und dies bestätigt ihm Diana mit einem heftigen Nicken, doch bevor sie ihm diese prickelnde Anleitung nennen kann, muss sie zuerst selbst einen Schluck Wasser zu sich nehmen. Doch dann beugt sie sich ganz nah zu ihm heran und führt ihre Lippen an Pupsus’ Gehörmuschel heran, so dass nur er und natürlich auch alle Zuschauer es hören können:
    "Sara liest die Anleitung den aus dem Hinterland eingeführten Gebrauchsgegenständen mehrmals täglich vor. Sie hat es mir erzählt, pass auf! Dort steht drauf:
    - Beug den Rücken so weit wie möglich durch und hechle wie ein Hund.
    - Schreie ‚ja, ja, ja…’ oder auch ‚fester, fester…’ und schlage dabei auf ein Kissen.
    - Ändere den Ablauf, Männer mögen Abwechslung. Also erst schlagen und dann schreien.
    - Vergiss nie, am Finger zu saugen.
    - Am Ende laut aufschreien und mit den Beckenbodenübungen beginnen: anspannen - entspannen - anspannen - entspannen."


    Bei diesen Worten dürften – in der Tat – nicht nur Pupsus´ Ohren, sondern vielmehr die Ohren aller Zuschauer an Dianas Lippen hängen. Derweil besiegt Camylla die Meerbarbe mit einem gezielten Stich! Triumphierend hält sie das aufgespießte Tier wie zum Siegeszeichen hoch, doch was ist das? Völlig unbeachtet ist sie und das nach dieser Tortur. Wütend packt sie das tote Tier, geht damit zu einer Schüssel voll garum und bereitet die Leiche des Fisches endlich zu. Aber Strafe muss sein und diesmal trifft es Diana und Pupsus, die ihr die Schau gestohlen haben. Anschließend serviert sie wie gewohnt allen Gästen. Nur die Beiden, die bekommen jetzt nichts! Nichts zu essen und nichts zu trinken, nein, sie lässt sie einfach aus! Das kann Pupsus natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Zu trocken ist seine Kehle mittlerweile, nachdem er minutenlang mit offenem Mund und heraushängender Zunge, den Ausführungen von Diana gefolgt war. Er steht auf und ist fest entschlossen, die Sache mit dem Einschenken nun selbst zu übernehmen. Camylla jedoch wehrt sich dagegen. Sie entzieht ihm mehrmals die Kanne wieder, die er sich jedesmal auf neue von ihr zurück erkämpft. Was folgt ist ein kurzes Handgemenge, bei dem der sonst so friedliche Pupsus der Sklavin letztendlich einen leichten Schubs erteilt. Natürlich nur in der Absicht sie zurecht zu weisen. Doch was ist das? was passiert nun? ... Die Sklavin macht ein paar Schritte zurück ... sie rudert mit den Armen und dreht sich verzweifelt herum ... sie beginnt zu straucheln ... gleich, ja gleich fällt sie! ... sie wird doch nicht? ... aaah! sie fängt sich ... die Sklavin kann sich auf den Beinen halten, oder was ist jetzt? ... da das Tigerfell! es stellt der Sklavin heimtükisch ein Bein! ... ok, das wars dann für die Sklavin, sie fällt! ... mitten hinein in den Zuschauerraum ... auf ihre Knie und direkt vor die Füße des Hausherrn Marcus Aurelius Corvinus ... hoppla, gehört das überhaupt noch zum Stück? ... Nein, mit Sicherheit nicht! Denn nun blicken alle Sklaven von der Bühne aus in den Zuschauerraum und beobachten ihrerseits, was für eine Szene sich da gerade abspielen mag...


  • Ursus konnte zunächst einmal nur entsetzt den Kopf schütteln, da er dem Theaterstück weiter folgte, denn in Szene drei war ihm ja ein längerer Abschnitt gewidmet, bei dem sein "Gesprächspartner" doch wesentlich besser wegkam als er selbst.


    "Würde es Dir gefallen, in aller Öffentlichkeit als Dummkopf dargestellt zu werden?", fragte er ebenso leise zurück. Er war einfach nur entsetzt und es war nur gut, daß die nächste Szene begann, bevor sich diese Ansicht über ihn festsetzen konnte. Sicher, dieser Castus - wem entsprach er eigentlich? - sprach fast nur in Fremdwörtern, deren Bedeutungen sich Ursus nur zum Teil erschlossen. Aber da ging es ihm doch wohl nicht anders als allen anderen.


    "Wer immer dafür verantwortlich ist, wird sich sehr warm anziehen müssen. Denn ich werde das gewiß nicht einfach so hinnehmen", meinte er noch zu Helena, "Aber natürlich erst nach dem Fest. Du hast recht, wir sollten versuchen, es mit Humor zu nehmen. Oder wenigstens so zu tun, als würden wir es mit Humor nehmen." Das fiel ihm schwer. Sehr schwer. "Hoffen wir, daß unsere Gäste es auch einfach mit Humor nehmen. Denn einige von ihnen sind ja wohl auch betroffen."


    Er wandte sich wieder dem Theaterstück zu. Der Kampf der Sklavin mit Fisch und Tiger wenigstens war tatsächlich recht unterhaltsam. Die "Tischunterhaltung" dagegen wurde gerade etwas derbe. Auch das könnte von der vorherigen Szene genügend ablenken, auch wenn Ursus die Thematik eigentlich für diesen Rahmen ein wenig zu geschmacklos fand. Doch zur Ablenkung war es allemal gut. Und dann noch diese Auseinandersetzung zwischen Pupsus und Camylla! Die auch noch Corvinus vor die Füße fiel! Wie vermutlich die meisten im Raum, war Ursus gespannt, was nun geschehen würde.

  • Im weiteren Verlauf der Vorstellung, bei dem immer wieder die eindeutige Aufforderung dieses Camrynverschnitts an den Gastgeber kam, wich langsam mein Entsetzen und wandelte sich mehr und mehr in Wut. Das schmerzhafte Ziehen in der Herz- und Bauchgegend ebbte ab, stattdessen füllte sich scheinbar der gesamte Brustkorb mit einem ungeahnt hohen Druck, sodass ich an mich halten musste, um jene Aggression nicht herauszulassen. Was bildete sich eigentlich diese Sklavin ein? Wie vermessen zudem von dem Autor dieses Stückes? Wie taktlos von Corvinus, dieses Thema in die Öffentlichkeit zu bringen! Es seinen Gästen als Belustigung zu servieren. Allein der Fortlauf des Theaterstücks bewirkte, dass ich weiterhin auf meinem Platz sitzen bleiben musste und an niemand meinen Ärger abreagieren konnte. Gleichwohl linderte dies nicht den Druck, sondern verschärfte ihn eher noch. Trotz allem um eine relativ neutrale Ausstrahlung bemüht, konnte ich das erboste Funkeln der Augen nicht unterdrücken, als die Handlung auf der Bühne fortschritt und in Szene 4 auch noch ein Dialog in den Vordergrund rückte, den ich auf meine Person bezog.


    Wenigstens redete die Darstellerin Diana in der Folge keinen Müll, sondern äußerte allesamt Ansichten, die jemand in dieses Stück gebracht hatte, der mich offensichtlich gut kannte. Noch immer fragte ich mich, wer dafür verantwortlich war, denn ich wehrte mich innerlich nach einiger Überlegung doch dagegen, die Verantwortung bei Corvinus zu suchen. Bei allen Fehlern, die er hatte, aber hinterhältig, taktlos oder gar bösartig war er nicht. Bei den Göttern, wer aber trug sonst die Schuld?!


    Angespannt wie ein Pfeil, der inzwischen in tödliches Gift getränkt worden war, verfolgte ich Wort für Wort auf der Bühne. Und plötzlich ... ein Patzer ..., bei dem ich nicht sagen konnte, ob er gewollt war oder nicht. Camryn stürzt in ihrer Rolle als Camylla von der Bühne und landete - wie konnte es anders sein? - unmittelbar vor Corvinus, ihrem eigentlichen Herrn und nicht dem Schaustellerkollegen. Ich rollte entnervt die Augen über so viel Anbiederei, die für mich kein Zufall mehr sein konnte. Angewidert schaute ich fort. Mein Blick suchte wieder Prisca. Wenn ich sie doch nur zwischendurch einmal fragen könnte, von wem dieses Stück war, und wer, zum Hades, die Erlaubnis zur Aufführung gegeben hatte.

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    "Jetzt aber schnell!",


    raunte die energische Sergierin ihrem Schützling Tilla mit einem verschwörerischen Lächeln zu, nachdem sie deren Hand genommen hatte. Plotina selbst war kaum noch zu halten; fast hätte sie Tillas Hand geradezu an sich gerissen, konnte sich jedoch noch im letzten Augenblick beherrschen. Ihre Selbstbeherrschung verhinderte es auch, dass sie sich gleichsam wie vier kräftige Zugochsen auf einmal vor das selbst doch so wieselflinke Sklavenmädchen spannte.


    Sich immer wieder mit einem Schmunzeln zu Tilla umblickend, trieb sie dennoch zur Eile, denn sie konnte es gar nicht mehr abwarten, endlich einen Blick auf das Stück, für das sie Aurelia Prisca verantwortlich machte, zu erhaschen. Als es Plotina dann jedoch endlich vergönnt war, ihre ehrfurchtgebietende Nase in den abgedunkelten Raum zu stecken, merkte sie gleich, dass hier etwas nicht stimmte. Eine Spannung lag über den Zuschauern, deren lichte Haarstellen bzw. Frisurungetüme die Sergierin überblickte, wie sie wohl in Pompeji geherrscht haben mochte an jenem unheilvollen Tag des Endes dieser Stadt. Wieder drehte sich Plotina zu Tilla um und hob bedeutungsschwer ihre Hand, wobei sie über die präzise Bedeutung dieser Geste selbst keine Auskunft hätte geben können. Jedenfalls aber wollte sie in diesem Moment noch nicht einmal flüstern, denn zunächst musste sie herausbekommen, was für ein Spiel hier gespielt wurde. Doch das würde ihr, Sergia Plotina, ganz sicher gelingen.


    Der erste Schritt auf dem Weg musste naturgemäß darin bestehen, einen Platz in diesem Raum zu ergattern, der es der investigativen Sergierin und ihrer Assistentin Tilla ermöglichte, mehr von dem Stück mitzubekommen als einige Wortfetzen und mehr von den Zuschauern zu sehen als deren - teils im Verschwinden begriffene - Haarpracht. Dabei kam es Plotina nun sehr entgegen, dass nur noch an den Seiten des Raumes überhaupt Plätze zu haben waren, sollten doch gerade diese es ihr ermöglichen, auch einen Blick auf die entgeisterten Zuschauer zu werfen. Wieder zu Tilla gewandt, deutete sie auf zwei freie Plätze am Rand und setzte sich schon in Bewegung, um diese einzunehmen - also, für sich natürlich nur einen der beiden Plätze. Sie hoffte aber, dass Tilla ihr folgen würde, würde doch auch diese wichtige Informationen aufnehmen und auch liefern müssen, die am Ende womöglich zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden konnten.


    Noch auf dem Weg zu den anvisierten Plätzen konnte Plotina dann das kurze, aber zielorientierte Gespräch mitanhören zwischen "Aquarus" und - "Priscilla"? Wie angewurzelt blieb die stämmige Sergierin stehen, so dass für einen Moment lang die Gefahr bestand, Tilla könne auf sie auflaufen. Dann blickte sie sich, nun ja schon einige Schritte weiter als eben noch, um und schaute so unauffällig wie möglich in die Gesichter derjenigen Zuschauer, die sie nur sehen konnte. Ja, kein Zweifel, auf den Gesichtern gerade der hochgestellten Persönlichkeiten malte sich angesichts des Theaterstückes eindeutig persönliche Betroffenheit ab! Entschlossen setzte die Sergierin nun ihren Gang nach den beiden ausgeguckten Plätzen fort. Sobald sie sich gesetzt hatte, konnte sie jedoch nicht mehr an sich halten und wandte sich flüsternd an Tilla:


    "Sag' mal, werden in dem Stück etwa eure Herrschaften karikiert?"


    Doch diese Frage hatte in den Augen der Sergierin selbst eigentlich nurmehr rhetorischen Charakter; sie war schon fest davon überzeugt, dass dies der Fall sein müsse, und innerlich bereits einen Schritt weiter. Denn sie konnte ein Schmunzeln darüber nicht verbergen, dass ihre Bekannte Prisca sich offenbar selbst im wahrsten Sinne des Wortes derart in Szene gesetzt hatte, dass sie nun auf solch charmante Art Bewerber auf sich aufmerksam machte - so jedenfalls deutete Plotina all ihre bisherigen Eindrücke. Ganz schön durchtrieben, diese Patrizierin ... :D


    Doch schon wurde auf der Bühne die nächste Szene gegeben, und Plotina wusste, dass es jetzt darauf ankam, nicht ein Wort zu verpassen. Doch ein neuer Schreck fuhr in die Glieder der Sergierin, als sie die folgenden Sätze hörte: “Ohren? Nasen? Die Nasen und die Ohren kohärieren de facto sogar sehr damit! Wie sagt man? nam vitiis nemo sine nascitur. Kein Mensch wird ohne Defekt geboren und gleichwohl kann man an ihm bei der Geburt meist kein Defizit an Nase und Ohren konstatieren.“ Damit war doch wohl nicht etwa sie selbst gemeint?! Instinktiv fasste sich die Sergierin an ihr Riechorgan, an dem die Natur es in der Tat an nichts hatte fehlen lassen. Doch nein! Eine so wichtige Persönlichkeit war sie nun wirklich nicht, schalt Plotina sich selbst und fahndete jetzt umso intensiver unter den ZuschauerInnen nach jemandem, der es in puncto Nase mit ihr würde aufnehmen können und deshalb wohl auch mit dieser szenischen Anspielung angezielt war. Dort vielleicht? Dieser hagere Mann - aber nein, seine Nase war in Wirklichkeit gar nicht so groß, sondern sah in dem abgezehrten, hohlwangigen Gesicht nur so riesig aus. Aber da hinten, die Dame mit dem Zinken! Hah, die könnte es sein - dachte Plotina triumphierend, während ihre Hand allmählich vom Nasenrücken zu ihrem Mund wanderte, wo ihre Zähne nur darauf warteten, sich in die Finger zu beißen - so nämlich ärgerte sich die Sergierin darüber, dass sie die Leute einfach nicht zuordnen konnte, weil sie sie nicht kannte.


    Viel Zeit zum Ärgern war Plotina jedoch nicht vergönnt, denn schon kam eine neue Szene auf die Bühne. Und hier hatte die Sergierin wieder einmal die Gelegenheit, sich selbst innerlich für ihre Beobachtungsgabe und Kombinationsfähigkeit auf die Schulter zu klopfen. Denn der Dialog bewies ihr, dass einiges, womit sich gewisse heilige Tiere in Ägypten die Zeit vertrieben, auch auf Menschen übertragbar war. Bei einem eher touristischen Besuch in einem dieser Heiligtümer zusammen mit ihrem Lehrer in ihrer Kindheit war Plotina nämlich einmal Zeugin dieses Zeitvertreibs gewesen und hatte aus dieser Begebenheit für sich bestimmte Rückschlüsse gezogen - richtige, wie sie hier belehrt wurde. Aber ach, für Kinderohren waren solche Dialoge eigentlich nicht das richtige, dachte sich die besorgte Sergierin, und fuhr unwillkürlich ein wenig von ihrem Sitz hoch: Ihre Augen suchten Sisenna. Was tun, wenn das Kind sie vielleicht eines Tages so etwas fragen würde?

  • Mit schwacher Kraft umklammerte sie die dargebotene Hand von Sergia und folgte ihr hintendrein. Tilla vergaß, dass die kleine Fanfare und ihr Haarkranz noch bei der Säule lagen.. sicher würde man sich fragen, wo sie bloß abgeblieben war. Immer noch fragte sie sich, ob es erlaubt war dem Stück beizuwohnen. Sergia liess ihr keine Chance im letzten Moment vor dem Betreten des Theaterraumes den Rückzug anzutreten.


    Daher folgte sie ihr, sah immer wieder zu ihr auf und hielt sich dicht bei ihr. Es war genauso wie sie voraus gesagt hatte: Laut. Eng. Voll. Zu viele Menschen. Dunkel. Eine seltsame Spannung lag in der Luft. Plötzlich schwebte Sergias Hand in der Luft. Das stumme Mädchen zuckte regelrecht zusammen. Tillas Nasenflügel zitterten, weil sie angestrengt flach atmete und entzog der Älteren als Konsequenz ihre Hand. Vom Stück auf der Bühne nahm sie nichts wahr. Sie konzentrierte sich auf Sergia Plotina, folgte ihr mit weiteren Schritten zu den Plätzen. Tillas Instinkt sagte ihr lieber außen neben der Erwachsenen zu sitzen und das tat sie auch. Nun da sie nicht mehr lief sondern sicher saß, hob sie den Blick, um sich erstmals umzusehen. Ihre dunklen Augen streiften die ihr bekannten Gesichter und blieb an der Bühne hängen.


    Sie verstand nicht was vorging. Tilla hatte Mühe, zu verstehen, was sie sagten, weil sie.. irgendwie ungewohnt sprachen und sich auch so verhielten. "Sag' mal, werden in dem Stück etwa eure Herrschaften karikiert?" Mit schief gelegtem Kopf sah sie Sergia an, hob zweifelnd die Schultern, wiegte mit dem Kopf. Weiss nicht. Ganz seltsam komisch. Sind die krank? wollte sie noch hinzufügen, unterliess es aber, weil Sergias Geste mit der Nase sie irritierte. Hm? Jetzt stand diese auch noch halbwegs auf. Die Ältere wollte sie jetzt doch nicht alleine lassen? Vorsichtig und zaghaft zuppelte Tilla an ihrem Ärmel, schüttelte den Kopf und klopfte lautlos auf den Platz zwischen ihnen. Bitte bleib hier. bat sie sie und versuchte ihrem Blick zu folgen.


    Wie? Die kleine Sisenna war auch hier? Tilla entdeckte Claudia Callista neben dem Mädchen. Abermals stupste sie Plotina an, deutete auf Sisenna. Deutete an, das Mädchen an die Hand zu nehmen und hinauszubringen. Laut. Eng. Voll. Zu viele Menschen. Dunkel. wiederholte Tilla gebärdend. Auf der Bühne ging es inzwischen um eine Karaffe Wein, die jemandem zu Trinken eingeschenkt werden sollte. Plötzlich plumpste jemand von der Bühne direkt vor die Füße des Hausherrn Marcus Aurelius Corvinus. Tilla sah entsetzt auf die Szene, zitterte angespannt und umklammerte die Sitzbank mit den Händen, bis ihre Fingerknöchel hervortraten.

  • Schwer, viel zu schwer war es mir gefallen, mich von den interessanten politischen Gesprächen loszureißen und mich zu dem Theaterstück zu begeben, diejenigen Kunstbanausen zurücklassend, die erhitzt weiter diskutierten und wohl gar nicht mehr in den Genuss des Stücks kommen würden. Doch würde es ein Genuss werden? Prisca war ja ganz begeistert von ihrer Idee gewesen, die Sklavinnen und Sklaven unserer gens auf diesem Fest ein Stück aufführen zu lassen, und als sie mich nach Maron fragte, hatte ich es nicht nur als meine Pflicht angesehen, sie über ihn gebieten zu lassen, sondern auch so zu tun, als sei ich ebenso begeistert wie sie. Natürlich, ihr Einfall klang wirklich bezwingend, aber mehr noch als dieser waren es doch wohl ihre Augen gewesen, die mich hatten zustimmen lassen und mich selbst enthusiasmiert hatten. Ein Teil der Verpflichtung, die ich mit diesem Engagement eingegangen war, bestand nun darin, dass Maron zu striktem Schweigen über den Inhalt des Stückes verpflichtet war und auch mir nichts verraten durfte. Hätte ich ihn gefragt, er hätte mir sicher jede nur gewünschte Auskunft gegeben, doch ich hielt mich auch an diesen Bestandteil meiner Verpflichtung und übte mich in Geduld, was mir nicht schwer fiel, da mich das Ganze ohnehin weniger interessierte als vieles andere in diesen Tagen.


    Nun war es also soweit. Ich erwiderte beim Eintreten schnell noch einen unerwartet freundlichen Gruß von Deandra; dass selbst sie sagte, ein solcher Abend habe in der villa Aurelia in Roma seit Ewigkeiten nicht mehr stattgefunden, wollte schon etwas heißen. Von einem Randplatz aus nahm ich das Geschehen auf der Bühne in den Blick. Natürlich stand mein Sklave Maron unter meiner besonderen Beobachtung; indes schien es mir, als schauspielere dieser gar nicht, sondern stelle einfach nur sich selbst da. Nun, um ehrlich zu sein, hatte ich mir Maron in einer komischen Rolle auch nicht vorstellen können, und es Komödie sollte es ja sein, die wir hier zu sehen bekamen, soviel war von den Proben immerhin auch zu mir gedrungen. Aber um welche Komödie handelte es sich hier? "Curator mulierum" - dieser Name war mir gänzlich unbekannt; also konnte ich mich einfach überraschen lassen.


    Komödien und besonders die derben unter ihnen - und eine solche assoziierte ich allerdings unter dem Titel "curator mulierum" - waren eigentlich noch nie mein Fall gewesen mit ihrer zotigen Situationskomik. Stattdessen suchte ich mir schon bald eine Figur auf der Bühne, mit der ich mich würde identifizieren können. Meine Wahl fiel nach kurzem Überlegen auf die von unserem Matho dargestellte Person namens Costa, einen ernsthaften jungen Mann, der sich meiner Meinung nach äußerst positiv von den anderen Figuren der Komödie abhob. Ich hoffte nur, dass nicht auch dieser im Verlaufe des Stücks noch verspottet werden würde, wie es mit ähnlich angelegten Figuren in Komödien so oft war.


    Der Cousin des curator mulierum sollte er also sein, interessant - ein etwas schüchterner, introvertierter junger Mann, zweifellos mit dem Hang zur Poesie, wie ich mir dachte. Vielleicht auch jemand, der selber keinen einfachen Zugang zum anderen Geschlecht fand, eher wohl zum eigenen. In diesem letzten Punkt war ich gänzlich unerfahren und hatte an mir solche Neigungen auch noch nicht verspürt, doch ja, was die Frauen anging, vereinten mich und Costa vielleicht die Hemmung und die poetische Betrachtung der Damenwelt aus der Ferne. Ich wandte meinen Blick kurz von der Bühne und seufzte bei diesem bedrückenden und doch süßen Gedanken: die Frauen, ach ja, ach würde ich mich doch bei ihnen - mehr trauen! Ja, auch mir war ein Reim gelungen, ein Stückchen Poesie für ein einsames Herz. Ich schmunzelte und schaute wieder auf die Bühne.


    "Auf Männer und Frauen!
    Ach, würd' ich mich bloß bei den Frauen mehr trauen!"


    Bitte, wie? Was hatte "Costa" da soeben auf der Bühne gesagt?? Ich traute meinen Ohren nicht, doch ja, das musste es gewesen sein: "Pro deos deasque - auf Männer und Frauen! Ach, würd' ich mich doch bei den Frauen mehr trauen!" Aber das waren ja meine Worte, wenn sie auch am Ende irgendwie zerknirscht geklungen hatten! Obwohl ich saß, überfiel mich für einen Moment ein böses Schwindelgefühl, denn ich fragte mich ernsthaft, ob ich vielleicht schon tot sei, oder die Götter mir soeben die Zukunft offenbarten oder mich alle Musen zugleich küssten, oder ob ich möglicherweise einen Seelenflug angetreten hatte, der mich bald schon nach Alexandria führen würde, danach ins Thrakerland und endlich wohl noch nach Indien.


    Oder ... oder... Nein, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! Mein Kopf zählte alle Fakten zusammen, derer er sich noch erinnern konnte: die Geheimhaltung des Stückes; der völlig unbekannte Titel; die eigenen Sklaven, die es aufführten; Prisca, der ich so etwas durchaus zutraute - und dann natürlich die Namen der Beteiligten: Corvus - Corvinus, Priscilla - Prisca, Costa - nun, das sollte ich sein. Wir wurden hier karikiert, und nicht nur wir, sondern auch andere anwesende Patrizier. Und Maron alias "Upsus" war Ursus. Sein Auftritt war jetzt, und wieder fand ich, dass Maron sich kaum verstellte, sondern knapp und zielorientiert, wie er war, Ursus darstellte, der ihm auf einmal sehr ähnlich schien. Dies nun wieder nagte in mir. Dass mein eigener Sklave von Frauen aller Stände eher und sympathischer wahrgenommen wurde als ich selbst, ahnte ich schon lange. Dass ich aber neben Maron auch in Hinsicht auf Souveränität und Zielgerichtetheit abfiel, wurmte mich. Dennoch würde ich natürlich nicht ungerecht sein und Maron aufgrund seiner akzeptablen Darstellung auf der Bühne einen zusätzlichen Abend zur freien Verfügung gewähren - obwohl wir ja beide noch einen seiner letzten freien Abende in allerschlechtester Erinnerung hatten. :D

  • Hungi war, dank der Aufforderung des Aurelius Cotta, noch rechtzeitig zum Beginn des Stückes gekommen und schaute sich mit Kennerblick die Szenerie an. Es dauerte seine Zeit, aber dann überriss auch er, daß hier offensichtlich Personen des Hauses parodiert wurden, vielleicht mit Freunden. Da er aber die dargestellten Personen zu wenig kannte, um eine gesicherte Verbindung herstellen zu können, mußte er sich wohl mit dem Wortwitz und der Geschichte an sich begnügen. Allerdings, das war ebenso klar, verlor dadurch für ihn das Stück an Witz. Daher verfolgte er nur mit halbem Interesse dem Fortgang dem Spiel und blickte ab und an ins Publikum, die sich zum Teil erfreuten, zum anderen Teil peinlich berührt dreinblickten. Letzteres war für Hungi definitiv amüsanter. Als die Schauspielerin auf der Bühne in zotigere Gefilden tauchte, unterdrückte Hungi ein Schulterzucken, er dachte, das wäre ohnehin Allgemeinwissen unter den Frauen. Außer bei seiner Frau natürlich, die hatte ja gar nichts gewußt. Aber er war froh darüber, daß Livia nicht hier war, sonst wäre sie hier noch auf dumme Gedanken gekommen.


    Mit irritiertem Blick und erhobener Augenbraue sah er zu, wie eine Spielerin von der Bühne fiel. Bei der Erbse war das noch bedingt lustig, daß das Publikum wohl mit in das Spiel miteinbezogen wurde, aber das hier war tatsächlich peinlich.

  • Sim-Off:

    Ich lade mich einmal selbst ein, wenn das passt. ;)


    "Deandra? Deandra?", rief Aintzane halblaut, als sie sich durch die Menschenmenge in jenem kleinen Theater quetschte. Sie hatte beim Opfer ihre Herrin komplett aus den Augen verloren. Indem sie nach Deandra gefragt hatte, hatte sie herausgefunden, wo diese steckte. Bei dieser denkbar skurillen Theateraufführung saßen und standen die Leute um die Bühne herum, mit ungläubigen Staunen, als ob es sich hierbei um irgendwelche Relikte aus der Gründungszeit ihrer elenden Stadt oder um Iupiter höchstselbst handeln würde. Tatsächlich schien es sich um eine Verballhornerung der Patrizier Roms zu handeln, und in ein paar Figuren auf der Bühne konnte sie fürwahr einige ihr bekannten Leute erkennen. Schließlich sah sie auf der Bühne Camryn. Camryn! Wie lange hatte sie sie nicht mehr gesehen! Aintzane hatte noch vor, nachher, wenn dieser faule Zauber vorbei wäre, mit ihr zu sprechen. Doch vorerst ging es ihr darum, sich in jenem Wust von Menschen zu ihrer Herrin durchzudrängen.
    In diesem Moment schien es, als ob Camryn von der Bühne fallen würde. Tatsächlich kippte sie nach vorne, vor die Füße eines Mannes, den sie als Corvinus erkannte.
    Sie änderte ihre Richtung. Statt weiter nach Deandra zu suchen, schritt sie durch die Menge nach vorne. Dies war ganz sicher kein Teil der Aufführung. Hier war etwas passiert, und eventuell war Hilfe vonnöten.
    Sie drückte sich bei zwei Sklaven vorbei, die neben dem Stuhl ihres Herren standen, stolperte nach vorne und rempelte den Stuhl des vor ihr sitzenden Römers an - der Römer, der Hungaricus hieß, von dem Aintzane aber nichts wusste.
    "Verzeihung!", rief sie und bahnte sich ihren Weg weiter, bis sie vor der Bühne und direkt vor Corvinus stand. "Corvinus, Dominus... weißt du, wo Deandra ist? Und kann ich helfen?", fragte sie ihn, von dem Durchdrängen etwas erschöpft und keuchend.

  • Helena konnte Ursus' Gesichtszüge im Halbdunkeln nicht genau sehen, aber schon sein Kopfschütteln und der Ton seiner Stimme sagte ihr, dass er mehr als angesäuert war. Helena konnte ihn gut verstehen. Ihr würde es wahrscheinlich genauso gehen, wenn sie in seiner Lage war. Sie kannte ihn nicht gut genug um zu erkennen, ob die Charakterzüge des Upsus auf der Bühne den wahren Ursus, natürlich überspitzt, wiederspiegelte. Seine Reaktion allerdings war Antwort genug auf diese Frage. Prisca tat ihr leid. Wenn das wirklich alles so geplant gewesen war, dann würde sie sich in den nächsten Stunden wohl einiges anhören müssen.


    Die folgenden Gespräche auf der Bühne zogen Helenas Aufmerksamkeit wieder auf sich. Das Thema wurde etwas derbe und das gerade Diana -Deandra- davon sprach verwunderte sie etwas. Ihr war auch der Blick nicht entgangen, den die Schauspielerin Camryn zuwarf. Helena musste Deandra nicht gut kennen um zu wissen, dass diese von dieser Sache nicht gerade begeistert war. Und trotzdem lauschte sie interessiert den Dingen, von denen da gerade gesprochen wurde. Ob es wirklich so war? Helena hatte davon keine Ahnung und normalerweise sprach auch niemand so offen darüber. Doch schon wenige Augenblicke Später schalt sie sich eine Idiotin. Es war nur ein Bühnenstück, etwas, dass sich jemand ausgedacht hatte. Um ihre Gedanken wieder in geregelte Bahnen zu lenken wandte sie sich erneut an Ursus.


    "Das Thema wird jedenfalls dafür sorgen, dass man dieses Stück nicht so schnell vergisst. Ich schätze, dass wir noch in den folgenden nächsten Wochen das Gesprächsthema Nummer Eins sein werden. Ob im positiven oder negativen Sinne wird sich noch zeigen."


    Helena schüttelte leicht den Kopf und glättete mit den Händen den Stoff ihres Kleides. Einem vorbeikommenden Sklaven nahm sie zwei Becher ab, von denen sie einen an Ursus weiterreite. Er sah so aus, als könne er einen Schluck Wein gut vertragen. In diesem Moment stürzte Camryn auf der Bühne und Helena konnte nicht genau erkennen, ob es zum Stück gehörte oder nicht.


    "Ich frage mich wie lange das noch geht. Die ersten Augenblicke nach dem Stück werden wohl entscheidend sein. Mir tut derjenige leid, der gleich das Wort ergreifen muss."

    teeeeeeeeeeeeeeeeeeeessssssssssssssssssssssssttttttttttttttttttt

    Einmal editiert, zuletzt von Aurelia Helena ()

  • Wild klopfte das Herz in der Brust der jungen sergischen Heldin, als sie gewahr wurde, wie viele Anwesende in diesen Momenten, da das Theaterstück die Bühne verlassen hatte und immer chaotischer zu werden drohte, offenbar der Stärkung und Hilfe bedurften. Drei Brennpunkte im Besonderen waren es, die die Aufmerksamkeit der Sergierin auf sich zogen:


    Zum ersten fragte sie sich natürlich bis aufs Höchste gespannt, ob es denn die Sklavin Camylla und der Curator Mulierum später wirklich so machen würden wie immer.


    Zum zweiten beschäftigte sie intensiv die Sorge, dass gerade dies die kleine Sisenna mitbekommen könnte.


    Und weil dies eine Frage war, die auch Tilla zu quälen schien, wie Plotina entsprechenden Gesten zu entnehmen glaubte, war damit auch gleich der dritte der Brennpunkte benannt.


    Beim ersten dieser Brennpunkte würde die Sergierin in keiner Weise helfend eingreifen, das stand für sie gleich fest; und sie hätte auch kaum gewusst, wo sie da zuerst hätte Hand anlegen müssen. Beim zweiten dieser Brennpunkte schien ihr zumindest ein sofortiges Eingreifen ihrerseits nicht erforderlich; sie würde die Lage jedoch weiterhin im Auge behalten. Der dritte Brennpunkt jedoch saß unmittelbar neben ihr, blickte sie angstvoll an und signalisierte diese Angst auch durch Gesten, hatte Plotina sogar schon am Ärmel festhalten wollen und hielt nun stattdessen die Sitzbank krampfhaft mit den Händen umklammert. Tilla wandte Plotina sich nun zu, indem sie sich zu ihr hindrehte.


    "Ach du ... du hast ja solche Angst. Ich finde ja auch, dass es hier ein bisschen hoch her geht, aber bis zu uns wird die Aufregung nicht schwappen. Wir sind hier sicher. Und wenn jemand uns hier doch etwas will, dann werde ich ihm mal meine Meinung sagen."


    Mit einem Blick auf die verkrampften Hände Tillas fügte Plotina an:


    "Soll ich vielleicht wieder deine Hand nehmen? Oder lieber doch nicht? Komm ruhig näher, wenn du dich dann besser fühlst; ganz wie du magst."


    Und mit einem prüfenden, aber zugleich auch liebevollen Blick fragte sie noch:


    "Meinst du, du kannst es noch ein kleines bisschen hier aushalten? Ich bin sicher, das Theaterstück dauert nicht mehr lange."


    Dem Blick der Sklavin folgend, richteten sich Plotinas Gedanken noch auf Sisenna:


    "Na ja, dass Sisenna hier ist ... Ich meine ja auch, für ein Kind ist das vielleicht doch nicht das Richtige. Aber ich habe keine Kinder und weiß es nicht so genau, Claudia Callista aber schon, und die passt auf die Kleine auf."


    Und außerdem natürlich noch die Sklavin der Claudierin, Benoh´e, wenn Plotina das richtig gehört hatte, eine kräftige Frau, möglicherweise gar Nubierin, und offensichtlich sehr einfühlsam.

  • Die Gefühle schienen gemischter Natur zu sein. Während die einen gar nicht lachten, dröhnte das Lachen anderer regelrecht in den Ohren. Wieder andere trugen entrüstete Mienen zur Schau, und mehrere Blicke schienen sich auf meinem Rücken zu sammeln. Trotz der Besorgnis, eine bodenlose Frechheit zu begehen indem ich das Stück nicht unterbrach, konnte ich mich eines Grinsens oder verhaltenen Lachens an der ein oder anderen Stelle nicht erwehren. So ziemlich alle parodisierten Charaktere waren scheinbar perfekt dargestellt und - natürlich - überspitzt gezeichnet. Plötzlich kam im Halbdunkel eine Gestalt auf mich zu, und auf sie richtete ich meine Aufmerksamkeit für einen Moment. Ich wandte den Kopf. Schon dachte ich, es sei ein Gast, der sich postwendend beschweren und damit nicht bis zum Ende des Stücks warten wollte, doch dann stellte sich heraus, dass es Aintzane war. Irritiert sah ich sie an. Was wollte sie von mir, ausgerechnet jetzt? Der Großteil der anrüchigen Unterhaltung bei Tisch entging mir somit. "Deandra?" fragte ich leise und verständnislos zurück. "Irgendwo hier wird sie schon sitzen", gab ich zurück und zuckte mit den Schultern.


    Kaum hatte ich meinen Blick wieder auf die Szenerie auf der Bühne gerichtet, strauchelte Camryn. Mit gerunzelter Stirn fragte ich mich, ob das eingeplant war, doch der Blick der Sklavin sagte etwas ganz anderes aus, denn kurz keimte echte Panik auf. Und dann fiel sie von der Bühne. Mit einem dumpfen Geräusch schlug sie auf dem Boden auf, hielt sich eine Hand und sah zu mir hoch. Erschrocken starrte ich sie meinerseits an. Und dann rappelte sie sich auf, indem sie sich auf meine Knie gestützt nach oben zog. Vollkommen entgeistert starrte ich sie an, und peinlich berührt starrte sie zurück. Sie rührte sich nicht, sondern stand einfach nur da. Die Röte schoss zuerst ihr ins Gesicht, dann mir, als wir uns der Blicke gewahr wurden, die auf uns gerichtet waren. Doch während sie eine Schamesröte zierte, wucherte in mir die Verärgerung über ihr Gehabe. "Rauf - auf - die - Bühne", erteilte ich ihr die leise Anweisung zwischen den zusammengepressten Zähnen hindurch. Einen drohenden Tonfall konnte ich nicht unterdrücken. Augenblicklich weiteten sich Camryns Augen und sofort stieg sie wieder zurück auf das im Vergleich zu den städtischen Bühnen nur niedrige Podest. Steif und gezwungen ruhig starrte ich zur Bühne und hoffte, dass die Gäste dies ebenfalls wieder tun würden. Wahrlich, an dieses Fest würde man sich wohl noch lange erinnern. Nur welcher Art, das war die Frage....

  • ________________________________


    Zum Glück für alle währt die erzwungene Pause nicht allzu lange. Zwar entsteht ein unsicheres Germurmel unter den schauspielernden Sklaven, doch sobald Camryn alias Camylla wieder zurück auf der Bühne ist wird weitergespielt, als sei nichts geschehen. Lediglich Dina in der Rolle der Diana kommt nicht umhin, das Gesehene von eben in das Stück mit ein zu bauen. So findet sich fast nahtlos der Anschluss, auf das die Vorführung weiter gehen kann wie geplant. Und für manchen Zuschauer mag diese ungeplante Einlage sogar so ausgesehen haben, als gehöre sie einfach dazu.


    Diana hebt die Hand und deutet auf Camylla, die soeben noch vor den Füssen eines Zuschauers lag und meint im Texte weiter zu Pupsus gewandt. "Ein Fußabtreter eben.Sklaven haftet immer etwas Schmutziges an, findest du nicht?"Pupsus nickt und sagt sich im Gedanken vor Camyllas Tunika sei schmutzig. 'wie gesagt nur im Gedanken! denn so blank und sauber wie aurelische Fussböden eben sind, ist nicht einmal..'.doch weiter im Text ... "Reinlichkeit ist das halbe Leben, sagte die Sklavin und drehte zu den Saturnalien ihre Tunika um." Diana nickt und pflichtet Pupus bei "Dem Reinen hingegen ist alles rein, weil er das Verdorbene nicht kennt. Aber lass uns das Thema wechseln. Es ist unerquicklich, sich gedanklich mit Sklaven auseinanderzusetzen. Betrachten wir doch lieber Mann und Frau. Kennst du die drei magischen Worte, die ihn und sie glücklich machen?" Oh ja, die drei Worte wer kennt sie nicht. Sogar ein Kyniker kennt sie mit Sicherheit. Ja, die drei Worte, welche Mann und Frau glücktlich machen. Wie heissen doch gleich diese drei Worte? Pupsus weiß es, oder eben auch nicht. Zumindest sein verklärter Blick zu Diana mag gerade soviel sagen, wie: "Ich liebe dich?" So ganz überzeugend wirkt das aber nicht auf Diana, was sie ihm auch sofort zu erkennen gibt."Stimmt nur zum Teil. Für die Frauen trifft das wohl zu, aber der Mann ist am glücklichsten wenn er hört: 'Du hast Recht!' "


    Sie hat Recht! Das findet auch Corvus, der wie immer mit strengem Blicke die Tafel im Auge behält. Und wo sie Recht hat, hat sie Recht und darauf gehört getrunken. Doch auf wen soll nun getrunken werden. Auf den Mann oder die Frau? ja wer zum Juppiter nochmal hat denn von beiden jetzt immer Recht? ... An seinen Stirnfalten ist deutlich zu erkennen, wie Corvus sich darüber den Kopf zerbricht. Doch nicht lange dann scheint er die Lösung zu haben. Und auf wen wird jetzt getrunken ... Mann oder Frau?


    "pro deos deasque ...." Achso die Götter! Na klar, auf wen sonst, wenn nicht die, soll heute zur Feier das Tages getrunken werden. So springen zum vierten Mal an diesem Abend alle Gäste wie am Schnürchen gezogen auf, um einen Trinkspruch verlauten zu lassen.
    Bei den Themen Mann und Frau und die Liebe ist Costa der Erste. Zumindest gedanklich, doch ist er sich diesmal auch mit seinen Worten ganz sicher. So hebt der den Arm, als halte er den Bogen auf die Zuschauer gerichtet und zielt.
    "...auf Cupidos Pfeile!
    Sie senden Begehren, damit Liebe heile!"

    Damit die Liebe heile . Wie schön das doch klingt. Viel zu schön um wahr zu sein meint Diana und glaubt zu träumen. Schon schließt sie die Augen und meint ganz versonnen.
    "Ein Traum gewährt, was man wachend begehrt. Auf den Traum!“ Mit Liebe und Träumen kann Upus hingegen nun gar nicht viel anfangen. Nein, heftig schüttelt er den Kopf. Viel zu vernebelt ist der Blick da aufs Wesentliche und das kann er nun gar nicht gebrauchen."... darauf, dass seine Pfeile mich besser verfehlen! Auf’s Erblinden kann ich verzichten!" Corvus hingegen schmunzelt da nur. Solche Treffer bringen nur Gram mit sich, und daher erwidert er: "... Darauf, dass Cupidus stets genau zielen möge, ehe er schießt!"
    Auch Pupsus stimmt in das Lachen mit ein, kann er doch als Kyniker frei von jeglichen Bedürfnissen hier sein. "Ist es nicht viel spannender, wenn er NICHT zielt?" NEIN!! nur das nicht denkt sich Falivus Aquarus sogleich und schüttelt vernehmlich den Kopf. Undenkbar wäre es für ihn, wenn Cupido ihn niemals getroffen hätte.„Oh, die Liebe! Wer könnte ohne sie sein, wer könnte sterben, ohne sie gekannt zu haben?“ Ja die Liebe! was ist das nur, von dem alle reden und es anscheinend ständig tun? Priscilla streckt seufzend den Kelch nach Cupido aus, auf das sein Pfeil sie von dieser Unwissenheit endlich erlösen möge. "... auf dass die liebe Leidenschaft, mehr Liebe als nur Leiden schafft ... " Menetekel, der das hört, hat eine ganz anderes Leid zu beklagen. Ein Blick auf Katha genügt und er weiss, welches Leid ihn gerade plagt. Und mit durch aufeinandergepressten Zähnen spricht er eher zu sich.„Nehmt nur dieses Weib von mir…“ Falivus Castus sieht mittlerweile alles gelassen und vergessen sind die Patzer auf seinem Kleid. Freudestrahlend hebt er den Weinkelch zum Himmel und trällert vergnügt vor sich hin "Ich goutiere euren Gottestropfen sehr, kredenzt mir mehr davon! Auf dass wir aufs Luminöseste fetieren!“


    Genau! ...wer will an solch einem Tag schon vor sich hin vegetieren. Niemand! Nicht einmal ein Kyniker würde an einem Tag wie heute die schönen Dinge missen wollen, die sich seinen Augen und Ohren eröffnen und auch der letzte Asket will schließlich einmal von den süssen Früchten naschen! Nicht wahr? ... und was macht Pupsus da? ...


    Pupsus trinkt hemmungslos von seinem Wasser und neigt sich dann nochmals Diana zu, die sich gerade mit entrücktem Blick einem Traum hingibt.„Als überzeugter Kyniker möchte ich dir Bedürfnislosigkeit nahe legen, Diana. Du solltest gleich heute damit anfangen.“ Diana, aus den schönsten Gedanken gerissen, runzelt die Stirn und legte den Kopf skeptisch schief, während sie Pupsus ansieht. „Muss das heute sein? Vielleicht bin ich ja in Stimmung?“ Ihr Blick schweift zu dem neben ihr sitzenden Corvus und sie seufzt sehnsüchtig. Da Corvus nichts davon bemerkt, tritt sie ihm kräftig gegen das Schienbein und seufzt noch mal, ein wenig lauter dieses Mal. Doch Corvus registriert sie immer noch nicht. Schmollend wendet sich Diana Pupsus wieder zu, der nichts bemerkt zu haben scheint. „Ich dachte eher an einen gezügelten Appetit, an den Verzicht auf Delikatessen und die Eindämmung verschwenderischer Lebensart. Versuch dich an dem Puls, du wirst begeistert sein!“ Er taucht seinen Löffel tief in den Puls und führt den deutlich überfüllten Löffel auf Dianas Mund zu, die mit entsetztem Gesichtsausdruck die orale Vergewaltigung beidhändig abwehrt – woraufhin der Löffel sich prompt und sehr schwungvoll entleert und sein Inhalt in Richtung Zuschauermenge fliegt. Dianas entsetzter Blick folgt der Flugbahn des Puls mit gebanntem Blick. Verdammt, bei der Probe war der nie so weit geflogen! Erst ein Anstubser von Pupsus richtet ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Stück. Sie räuspert sich schnell und ist dann gleich wieder ganz in der Rolle. „Nicht nötig, Pupsus. Als Appetitzügler fungiert bereits Camylla. Sie benimmt sich schamlos.“ Das scheint Pupsus bisher noch nicht aufgefallen zu sein, jedenfalls schaut er erstaunt drein.„Tatsächlich?“ Die Verzückung ist aus Pupsus’ Stimme herauszuhören, als er weiter spricht. „Dann lebt sie nach meiner Weltanschauung, denn Scham verwirft der Kyniker. Nacktheit ist natürlich!“ Das ist natürlich ganz und gar nicht das, was Diana hören wollte. Dementsprechend vehement ist ihre Verteidigungsrede. „Nacktheit ist Reinheit, da gebe ich dir Recht, aber gewisse Gegenden betrachte ich als mein Reservat. Geschützte Gebiete, du verstehst? Ich verabscheue Wilderer zutiefst! Derartig skrupellosen Geschöpfen muss zuleibe gerückt werden, mit der Peitsche oder notfalls auch mittels Gift.“



  • Ursus wußte wahrhaftig nicht mehr, ob er lachen oder das Stück wütend unterbrechen sollte. Natürlich entschied er sich für das erstere. Schon aus reinen Vernunftgründen. Es war besser, alle glaubten, das sei alles Absicht und die Aurelier besäßen eben genug Humor, sich selbst gehörig auf die Schippe zu nehmen, als daß sich herumsprach, daß dies alles von einem Familienmitglied und den Sklaven in aller Heimlichkeit geplant worden war, um alle vor den Kopf zu stoßen. Genau so stellte sich die Situation eben für ihn dar. Nein, das wurde später im Familienkreis geklärt. Jetzt galt es, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und einfach mitzulachen, auch wenn ihm gar nicht danach war.


    "Ja, für Gesprächsstoff haben wir jetzt gewiß gesorgt. Hoffen wir, daß es sich für unsere Zukunft nicht allzu negativ auswirkt. Bisher scheinen ja die meisten noch amüsiert zu sein. Was hoffentlich so bleibt." Er ließ seinen Blick immer mal wieder über die Gesichter gleiten. Es gab ein paar, an denen einige Witze vorbeigingen, wenige, die nahezu entsetzt wirkten. Die meisten schmunzelten, ein paar lachten sogar laut. Nein, die Reaktionen waren noch erträglich.


    "Es kann nicht mehr lange dauern. Hoffe ich!" Je eher dies zuende war, umso besser. Gutes Essen und auf andere Themen ablenkende Gespräche sollten helfen, den Eindruck des Stückes bei den Zuschauern zu mildern. "Vorsicht!", sagte er nun etwas lauter und duckte sich unwillkürlich. Doch der fliegende Pulsklecks schaffte es zum Glück nicht ganz bis zu Helena und ihm.

  • Priscas Blick ging nur selten im Saal herum und sie blendete alles aus, was sie vom nachdenken und lachen ablenken konnte. Ja sie lachte! Obwohl auch sie mittlerweile erkannt hatte, das hinter diesen verfälschten Namen reale Personen stecken mussten. Manche erkannte sie zwar nicht, doch tat das ihrer Ansicht nach dem oft delektablen Wortwitz keinen Abbruch. Die meisten karikierten Personen dort auf der Bühne waren jedoch zweifellos die eigenen Angehörigen. Ob auch sie sich erkannten und darüber lachen konnten? Das hatten sich die Sklaven ja schön ausgedacht, indem sie das Original leicht verfälschten und ausgerechnet Sofia das Dummchen musste ihre Rolle übernehmen. Hah! Priscas Augen funkelten geheimnisvoll ... Na und? ... Selbst den Kaiser karikierten die Gaukler und Spaßmacher auf den Märkten und Gassen Roms, machten sich über ihn lustig und trotzdem stand er über allem und regierte das Land.


    Und das Stück selbst?... Über Geschmack ließe sich sicher streiten, da mag jeder seine Meinung haben, dachte sie. Aber war es für solch ein Fest unangemessen, geschmacklos oder gar zu derb gewählt? Nein, was konnte für ein Volk schon geschmacklos bedeuten, welches sich anderen Ortes daran ergötzte, wenn Menschen von Tieren zerfetzt wurden. Ein Volk das missgestaltete Sklaven als Attraktionen auf Jahrmärkten ausstellte und begaffte wie Tiere. Ein Volk das ganz andere Gelage zu feiern wusste, konnte das hier doch nicht wirklich erschrecken. ... oder saßen hier gar einige, die auch im Colloseum die Augen verschlossen und angewidert zur Seite blickten? ... nein, zu derb oder gar unangemessen gewählt für diesen Abend empfand Prisca das Stück nun nicht. Ob es allen gefiel und den persönlichen Geschmack eines jeden traf, das stand auf einem anderen Blatt.


    Blieb also nur das Missgeschick mit den Namen und die leicht verfälschte Handlung! Sicher würde man ihr die Verantwortung dafür geben, wenn sich die Gäste darüber echauffieren sollten. ... ja wenn! ...was sollte sie dann tun? ... sich vor die Bühne stellen und reumütig um Entschuldigung bitten? Würden das die anderen Angehörigen von ihr verlangen? Nun gut!...


    Gerade musste Prisca noch lachen, als auf der Bühne der letzte Trinkspruch ausgerufen wurde, dann wirkte sie wieder ernster. Die Anspannung in Prisca wuchs ... nun käme also noch der fünfte Akt und dann? ... dann würde wohl sie zum zweiten Mal an diesem Abend vor die Gäste treten und die Erklärungen dafür liefern müssen, wie die Sklaven es geschafft hatten sie bei den Vorbereitungen aus zu tricksen. ...

  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer


    "Ich muss zugeben, dass ich bisher auch erst wenige erkannt habe", antwortete Macer leise. "Es sind wohl auch Angehörige der gastgebenden Familie, die dort dargestellt werden." Mit geübtem Blick konnte man daher vielleicht während des Stückes feststellen, wer sich da jeweils betroffen fühlte. Was vermutlich sogar bei allen anderen auch gehen würde, die vermutlich ebenfalls im Raum waren. Macer hatte so einen geübten Blick natürlich auch nicht. Sein Blick war aber immerhin gut genug, um die Erbse fliegen zu sehen. Die Toga hemmte aber ein wenig seine Reaktion, so dass die Erbse zu Boden fiel. Mit aufgesetzt traurigem Gesichtsausdruck schaute er ihr hinterher und dann zur Bühne. "Ist runtergefallen. Bekomme ich eine neue?"


    Die Sache mit der Erbse wollte wohl noch mein letztes Bisschen Wohlwollen gegnüber dem Stück zunichte machen. Für mich, die ich zugegeben eher eine konservative Erziehung erhalten hatte, war eine derartige Veräppelung von Familienmitgliedern geradezu schändlich. Bei uns zu Hause hatte stets das Prinzip gegolten, dass den Ahnen und den lebenden Angehärig Ehre gebührt. Und das konnte sich einfach nicht in Einklang mit diesem Lustspiel bringen. Ob das mein Gesprächspartner auch so empfand? Nun, er schien zumindest wie ich die Leute zu beobachten, allerdings konnte ich nicht sehen, ob er ihren Gesichtern etwas ablesen konnte.
    Zu meinem Gegenüber sagte ich dann leise und etwas schockert. Meinst du es war die Absicht des Werfenden, dich zu treffen? Dabei musste ich schon etwas schmunzeln.
    Und dann fügte ich lächelnd an. Mit wem habe ich es hier eigentlich zu tun?

  • Schnell waren die Plätze gefunden, und kaum hatten sie sich gesetzt, da begann auch bereits das Stück. Eine Sklavin zog Ofellas Aufmerksamkeit auf sich. Warum hatte man denn keine Schausteller engagiert? Nun ja, vermutlich waren die Aurelier knapp bei Kasse. Wobei das eigentlich nicht sein konnte, betrachtete man die Ausstattung der villa genauer. Ofella verwarf den Gedanken gleich wieder und konzentrierte sich auf die Namen, die das Mädchen herunterbetete. Falivus! Ein seltsamer Name. Und Menetekel erst! Ofella kicherte bereits und hielt sich die Hand vor den Mund. Nein wie herrlich, Menetekel klang ja beinahe genauso schrecklich wie Menecrates! Nur erinnerte es obendrein auch noch an ein Monokel, und das wiederum assoziierte Ofella durchaus mit einem besserwisserischen Menschen. Wie ihren Gatten beispielsweise. Der wusste ja auch immer alles besser und hielt sich für einen tollen Kerl. Sie dachte da nur mal an die Nacht, in der er sie besucht hatte. Nein, schnell dachte sie besser an etwas anderes. Das Stück zum Beispiel, denn das ging nun los.


    Erwartungsfreudig ließ Ofella die Dinge auf sich zu kommen. Bereits in der ersten Szene blinzelte sie ungläubig, als dieser Menetekel, der wohl ein Soldat war, sich über etwas echauffierte. Verstohlen blickte sie zu ihrem Gatten. Wie herrlich, jemand, der genauso selbstherrlich war wie er! Ofella kicherte im Verlauf des Theaters, lachte hier und da und wurde stets klein in ihrem Sitz, wenn das laute und unmelodische Lachen ihres Mannes wieder einmal erscholl. "Wie schrecklich peinlich", flüsterte sie Camilla und Callista schließlich zu. Von all der Empörung aus dem Zuschauerraum bekam Ofella rein gar nichts mit. Sie liebte Parodien auf Kosten anderer, und wenn sie die dann noch kannte - umso besser! Schließlich lachte es sich mindestens doppelt so gut, wenn man über andere lachte.


    Die Erbsengeschichte fand sie zum Schreien komisch, und auch Senator Macers Kommentar ließ sie hell auflachen. Ofella hatte im Übrigen die Angewohnheit, beim Luftholen nach einem Lacher leise zu grunzen, und so war sie in ihrer Art wohl Menecrates' schallendem Gelächter ebenbürtig, wenn auch auf andere Weise und wenn sie dies auch niemals zugegeben hätte. Als die Sklavin, das dumme Ding, von der Bühne fiel, klatschte Ofella amüsiert zweimal in die Hände, dabei lachend. Ihre Wangen hatten sich gerötet, die Augen glitzerten frech und sie war losgelöst wie lange nicht mehr. "Nein wie herrlich! Und dieser Menetekel....köstlich. Köööstlich!" kicherte sie und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. "Wisst ihr, er erinnert mich ja SO sehr an meinen Mann!" gab sie preis und tat dabei ganz vertraulich. Noch kam sie nicht auf die Idee, dass hier nicht nur existierende Menschen, sondern sogar anwesende Gäste parodiert wurden. Auch, wenn sie zugeben musste, dass sie seit dem Flavius-Einwand der kleinen Sisenna etwas stutzig geworden war, aber Flavius war schließlich ein Name, den es wie Sand am Meer gab.


    Im Übrigen waren solche Schauspiele wahrlich nichts Ungewöhnliches oder gar Anrüchiges. In Rom gab es jeden Abend solche Aufführungen zu bewundern. Ofella hatte schon zig solcherlei Theaterinszenierungen beigewohnt, aber diese zählte, da sie unerwartet kam, mit zu den besten. Lachend schüttelte sich der rote Haarschopf ein weiteres Mal, als diese einfältige Diana diesem komischen Kauz mit dem seltsamen Namen vollkommen unsinnige Erklärungen auftischte.

  • Sergia Plotina sprach sie wieder an. Tilla löste ihren Blick von der Szene, die sie so sehr an ihre eigene Vergangenheit erinnerte und hörte der netten Frau zu, behielt deren Hände im Auge. Ja, ich habe Angst, es ist schrecklich aufregend, was da passiert. erwiderte sie. Die Frau wollte sie offenbar beschützen. Ob sie tatsächlich soweit gehen würde... das konnte sie in ihrem angstvollen Zustand nicht einschätzen. Nein, ich behalte meine Hände. Langsam löste sie die verkrampften Hände von der Bank, rutschte zögernd näher zu Sergia heran.


    "Meinst du, du kannst es noch ein kleines bisschen hier aushalten? Ich bin sicher, das Theaterstück dauert nicht mehr lange." Tilla zuckte mit den Schultern, warf einen sehnsüchtigen Blick zu der Stelle hin, wo der Ausgang sein musste. Draußen war es hell, freundich, leer.


    Mittlerweile flach atmend sah sie Sergia an, die von Sisenna sprach. Ich weiss nicht. Sie sollte lieber raus gehen. Dies sind fremde Erwachsene, die auf das Mädchen aufpassen. Ich kenne sie nicht. Und gesehen habe ich sie hier im Hause noch nie. Der Herr hat nichts dazu gesagt, wer auf sie achten soll. Ich kann nicht mit ihr sprechen. Sisenna kennt mich nicht gut genug. äußerte sie sich gebärdend. Tilla wunderte über sich selbst. Soviel hatte sie noch nie einer Fremden 'erzählt', die nicht zum aurelischen Hause gehörte. War es das gemeinsame Wissen, dass sie Angst hatten? Vorsichtige Blicke zur Bühne genügten, um ihr zu zeigen, das die Sklavin wieder auf der Bühne stand und weitermachte, als ob das Herunterfallen niemals geschehen sei. Tilla schluckte und um ihre innere Unruhe auszudrücken, liess sie die Beine baumeln. Ihre ohnehin gespitzten Ohren fingen erregtes Gemurmel, unterdrücktes Gelächter und geflüsterte Satzfetzen auf.

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