In den Gärten

  • „Dann komm ich die Tage hier auf jeden Fall noch einmal vorbei!“, versprach Flava und stand wieder auf und reichte Eila die Hand. Sie lächelte ihrer Gegenüber fröhlich zu und sprach:
    „Hat mich gefreut dich kennen zu lernen und bis bald!“
    Das war wirklich toll, wie schnell man hier Leute kennen lernte. Befand Flava und ihr Lächeln wurde sogar noch eine Spur fröhlicher. Hier in der Stadt war es wirklich toll!

  • Eila raffte ihren Umhang zusammen und stand auf. "Mach das." pflichtete sie Flava zu und nahm ihre Hand entgegen. Auch die junge Germanin lächelte erfreut. Welch ein Zufall...
    "Bis bald." meinte sie abschließend und machte sich, nachdem sie Flava hinterhergeschaut hatte, wie sie den Garten verließ, auf den Weg in die Küche.

  • Den ganzen Morgen über strahlte die Sonne am Himmel und verschaffte den Menschen Mogontiacums einen wunderschönen Tag. Auch Aulus hielt es infolgedessen nicht länger im Arbeitszimmer, sondern er hatte sich entschlossen Venusia Brief im Garten zu beantworten. An frischer Luft ließ es sich zum Einen sowieso besser nachdenken und zum Anderen wollte er die Sonnenstrahlen ausgiebig genießen. Der Frühling und später dann auch der Sommer würde zwar noch lange genug dauern, jedoch konnte man das wetter ja nutzen, wenn man es schon mal hatte. So kam er beladen mit dem eigentlichen Brief aus Alexandria, einem leeren Stück Papyrus und seinem Schreibzeug beladen hier her, setzte sich und ging die Zeilen seiner Großcousine, die gerade Mutter geworden war durch....



    Sim-Off:

    Wer mag.... ;)

  • Albin hatte dem jungen Mann gesagt er könne sich ein paar Sesterzen dazuverdienen indem er die Mauer repariere. Was auch nötig war, denn einige Stellen wirkten tatsächlich so als hätte der Wind und die Kälte sich an ihnen mit voller Kraft versucht.


    Der alte Mann wartete am Gartentor darauf dass der junge Mann mit dem Material vom Markt wiederkehrte um seine Arbeit aufzunehmen. Werkzeug und Wasser lag an den zu reparierenden Stellen schon bereit...

  • Nachdem ich von Pepino den glorreichen Hinweis bekam, das ich die Casa betreten könne, wenn man mich nicht rauswirft und sie wiederum nicht betreten kann, wenn man mich rauswirft, kam ich im Garten der Casa an, den man von der Hros aus betreten konnte.


    Kurz umgesehen, niemanden entdeckend zuckte ich mit den Schultern und ging in Richtung Eingang zur Casa.

  • Nur wenig Licht drang von außerhalb der Mauern in den Garten der Casa Duccia. Hier und dort durchdrang der Schein einer Laterne das tiefe und stille Dunkel der Nacht. Es war erst der zweite Abend seit ihrer Rückkehr nach Mogontiacum und sicherlich saßen jene, die die Müdigkeit noch nicht in ihr Schlafzimmer gezwungen hatte noch im Kaminzimmer beisammen. Eila jedoch hatte es nach draußen gezogen. Einsam aber zufrieden saß sie in einer Ecke des düsteren Gartens und beobachtete die Schatten, welche durch die abwechselnd auftretenden Lichtkegel vorbeigetragener Laternen entstanden. Es mutete beinahe wie ein großtes Schauspiel eines nächtlichen Geistertanzes an. Skurril und dennoch schön floß Schatten für Schatten über Steine, Sträucher und Bäume, um dann zu verschwinden oder besser noch mit einem anderen Schatten zu verschmelzen.


    Verschmelzen… welch ein schönes Wort, dachte Eila. Sie selbst hatte das Gefühl genau das Gegenteil zu tun. Sie saß hier, um die Stärke zu sammeln, sich selbst ein Stück von allem anderen zurückzuziehen. Gestern hatte sie den Brief an Dagmar geschrieben. Und auch jetzt noch, saß die Entscheidung noch tief. Obwohl es mehr eine Erkenntnis als eine Entscheidung war. Sie würde sich um die Jungs kümmern müssen. Irgendwer musste hier die Verantwortung übernehmen. Unweigerlich würde sie erwachsen werden müssen. Erwachsen im letzten Bereich, den sie bis dahin davor bewahrt hatte. Ihr Erinnerungen waren die eines Erwachsenen, seit ihre Eltern getötet worden waren. Ihr Herz das eines Erwachsenen, seit Marbod ohne ein weiteres Wort nach Germania aufgebrochen war und sie verlassen hatte. Ihre Taten die einer Erwachsenen, seit sie mit eigenen Händen den Mann getötet hatte, der am Tod ihrer Eltern Schuld war. Nun würde sie letztlich auch die Pflichten und die Verantwortung einer Erwachsenen übernehmen. Ein leiser Seufzer entrang sich ihrer Kehle. Sie würde für die Jungs sorgen und wenn möglich die Führung der schola übernehmen. Sie würde in ihre Aufgaben hineinwachsen. Zumindest hoffte sie das. „Und was, wenn nicht?“ flüsterte sie leise zu sich selbst. Und wie zu erwarten blieb die Stille um sie herum ihr eine Antwort schuldig. Wie sehr wünschte sie sich, Marbod wäre noch hier. Oder Irminar. Sie schickte ein stilles Gebet zu den Göttern, dass es beiden gut gehen mochte, wo auch immer im fernen Magna sie wohl gerade wandeln mochten. Ob sie sie jemals wieder sehen würde? Das wussten nur die Götter…


    Eine kleine Träne lief ihr unbemerkt die Wange hinab. Sie hatte sie geliebt… beide auf ihre Art; und hatte beide verloren. Wie sehr sie doch gehofft hatte, in Rom einen Teil des Schmerzes und der Erinnerungen zu überwinden. Doch nun, da sie hier saß, waren die Erinnerungen so lebendig wie seit Langem nicht mehr. War es nicht hier im Garten gewesen, dass sie ein ums andere Mal mit Irminar gesprochen hatte. Sie sah das Bild vor sich, wie Irminar sie von hier aus in ihr Zimmer zurückgetragen hatte, als sie nach ihrer Verletzung in Magna unerlaubter Weise hier unten gesessen hatte. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit Marbod in Mogontiacum durch die Straßen gelaufen war und er sie am Brunnen das erste Mal zu küssen versucht hatte. Das Alles erschien ihr unsagbar fern und gleichzeitig spürbar, al s wäre sie es nur einen Atemzug weit weg.


    Ein kalter Windhauch drang unter ihren Umhang und streifte die Haut über ihrem Brustbein, sodass Eila ihn noch etwas enger um sich schlang. Es war kalt geworden in Germania, doch das machte ihr nichts aus. Irgendwie passte die Jahreszeit gut zu ihrer Gefühlswelt. Sie fühlte sich nackt und hilflos wie ein Baum im Winter und auch ihr Herz hatte sich in den Winterschlaf zurückgezogen. Nur so stark schlagend, wie nötig, würde es dort verweilen, bis irgendwer es irgendwann irgendwo wachrütteln würde. Was hielt ihr Leben wohl noch für sie bereit? Wohin würde es führen? Wie enden?

  • Silko machte seinen abendlichen Rundgang über das Anwesen. Die Casa hatte er bereits hinter sich und war auf dem Weg zu den Ställen. Schon ein paar mal waren dort die Tore nicht richtig verschlossen gewesen, daher prüfte er die jetzt immer besonders gewissenhaft.


    So war er gerade auf dem Weg durch den Garten, als er auf eine Gestalt aufmerksam wurde. Er ging langsam näher, entspannte sich aber wieder als er merkte, dass es sich um Eila handelte. Sie wirkte irgendiwe verloren und traurig. Beinahe so wie am Anfang ihrer Reise. Silko hatte sie die ganze Zeit in Ruhe gelassen, aber nun entschloss er sich sie darauf anzusprechen. Er mochte sie, auf eine väterliche Art und Weise.


    "Ist es nicht ein wenig kalt für eine junge Dame hierdraußen im Garten?", fragte er, wartete aber nicht auf Antwort. "Weißt du, als Custos Corporis muss man gut beobachten können und Gesichtsausdrücke deuten können. Als wir nach Rom aufgebrochen sind, hattest du den gleichen Gesichtsausdruck wie jetzt. Dort war es besser, aber nun ist er wieder da. Manchmnal tut es gut, wenn man seine Probleme mit jemandem teilen kann. Da deine aber offenbar hier mit der Familie zusammenhängen, möchte ich mich dafür anbieten. Ich weis ich bin nur ein Sklave, aber ich kann ein Geheimnis für mich behalten, und ich habe schon einiges an Erfahrung sammeln dürfen in meinem Leben."


    Er setzte sich neben sie und ließ seinen Blick über den Garten schweifen.

  • Ein leises Knacken riss Eila aus ihren Gedanken. War da jemand im Garten? Mühsam suchte sie das Dunkel nach Umrissen ab, konnte aber zunächst keinen ausmachen. Es dauerte einen Moment, bevor sie Silkos Schwärze von der der Nacht unterscheiden konnte. Als er zu sprechen begann, schenkte sie ihm ein etwas gequältes Lächeln. Sie war überrascht von seinen Worten...anscheinend bekam er mehr mit, als man normalerweise vermuten würde. Sie hörte ihm zu, während er sich neben ihr niederließ und überlegte dann einen Moment, was sie sagen sollte. Sie selbst hatte ein anderes Verhältnis zu Sklaven als es Römer zu tun pflegten und so war es nicht diese Tatsache, die sie vom Sprechen abhielt. Aber das, was in ihr vorging teilte sie derzeit nicht einmal mit ihrem Bruder... er würde sich nur sorgen.
    "Weißt du, Silko, es stört mich wenig, dass du ein Sklave bist." meinte sie dann erst einmal fröhlich. "Auch wenn die Römer das anders sehen ist und bleibt ein Mensch für mich Mensch." Eine ihrer Hände schlupfte unter dem Umhang hervor und nahm einen kleinen Stock vom Boden auf, mit dem sie in der Erde neben sich rumstocherte. Sie wollte Silko nicht in die Augen sehen, weil sie nicht wusste, was er darin derzeit alles würde lesen können. "Aber du hast Recht... ein paar dunkle Schatten liegen auf dieser Casa. Oder vielmehr auf meinen Erinnerungen. Ich bin fortgegangen um in mancherlei Hinsicht Klarheit zu erlangen und einiges zu vergessen. Aber ich habe es anscheinend nur verdrängt, so lange wir fort waren. Weißt du, was ich meine?"

  • Silko hörte ihr aufmerksam zu. Er wusste, dass die Duccier ihn nicht wie einen normalen Sklaven behandelten, und dafür war er ihnen auch dankbar. Eila war offenbar unsicher, denn das Stochern mit dem Ast drückte nichts anderes aus. Was sie ihm sagte, war eigentlich nichts anderes als das, was er schon vermutet hatte.


    "Ich weis was du meinst. Und es war mutig wieder hierher zu kommen. Aber was wirst du jetzt tun? Ich denke wal weglaufen hat sich nicht als die richtige Lösung erwiesen, oder?"


    Es tat ihm leid, dass Eila offenbar so litt. Aber ihre Andeutung klang merkwürdig. Dunkler Schatten. Was hier wohl passiert war?

  • War es mutig gewesen? Eila wusste es nicht. Es war unumgänglich gewesen. Wo sonst auf der Welt hätte sie denn hingehört? Ja, es war ihr nicht leicht gefallen, weil hier Erinnerungen lagen, andererseits auch wieder leicht, da hier unleugbar ihre Zukunft lag. Nur in manchen Momenten, so wie diesem, befand sie selbst sich irgendwo dazwischen. Ja, was würde sie nun tun?
    "Wenn ich das nur wüsste..." meinte sie dann leise seufzend. "Als ich noch in Magna gelebt habe, gab es unzählige Männer, die meinen Vater bedrängten, mich ihnen zur Frau zu geben. Keinen einzigen wollte ich, wusstest du das? Nein, woher solltest du auch. Und als ich dann hier ankam, lernte ich Marbod kennen. Kennst du Marbod noch?" Sie überlegte einen Moment, sie wusste es nicht mehr genau. "Er war anders, er war alles was ich wollte... und ich habe ihn geliebt." Ihre Worte wurden immer leiser. Wenn es um ihre Herzensangelenheiten ging, war die sonst so selbstbewusste Germanin auf einmal unsicher und voller Selbstzweifel. "Doch dann ging er fort... über Nacht, ohne Abschied...fort nach Magna, wo es nichts mehr außer Tod und Verderben gibt. Ich habe dort zu viele Menschen sterben sehen, als dass ich wahre Hoffnungen hätte, Marbod je wieder zu sehen. Es war eine schwere Zeit... doch es gab einen Lichtstrahl am Horizont. Irminar war da und fing mich auf. Er verstand mich, alle Zweifel, jede Unsicherheit... ein zweites Mal ein Mann aus dieser Familie. Ich meine, was haben die bloß an sich? Ich weiß es nicht. Doch seine Gefühle kann man sich bekanntermaßen nicht aussuchen..." Langsam wurden Eilas Augen feucht und die erste Träne glitt sanft und glitzernd über ihren Wangenknochen. "Warum, Silko? Warum hat auch er mich verlassen? Bin ich verflucht? Warum kann ich keine Liebe finden, warum gehen sie alle fort, in den sicheren Tod? Ist der Tod eine so viel bessere Vorstellung als ein Leben an meiner Seite?" fragte sie dann bitter und tief deprimiert zugleich. All jenes, sagte sie mehr zu sich selbst, als zu Silko. All der Schmerz überrollte sie wie so oft zuvor. Und erst jetzt gestand sie sich ein, dass sie in Rom den Schmerz nur betäubt hatte und nichts davon verschwunden war...tief in ihr war sie nur ein junges Mädchen mit gebrochenem, geschundenem Herzen.

  • Sie hatte Silkos tiefstes Mitleid. Er wusste auch wie das war jemanden zu verlieren den man liebte...oder man zumindest glaubte man liebte ihn. Seine letzte Wunde war sicher noch frischer als Eilas, aber er war auch ein großer starker und erfahrener Mann. Sie wirkte im Moment beinahe zerbrechnlich. Er hätte gerne seinen Arm um sie gelegt um sie zu trösten, aber das wäre wohl im höchsten Maße ungebührlich gewesen.


    "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es an dir liegt. Jeder richtige Mann müsste froh sein, eine Frau wie dich an seiner Seite zu haben. Du bist ausgesprochen hübsch, von gutem Wuchs und hat eine Haut wie Elfenbein. An dem Tag als ich in die Casa Duccia kam und dich sah, dachte ich sofort: Silko, dachte ich, da kommt ein Haufen Arbeit auf dich zu ihr die aufdringlichen Verehrer vom Leib zu halten. Außerdem hast du Temperament und bist unbeugsam. Ich muss sagen ich habe dich da auch unterschätzt." Schmerzlich dachte er an den Vorfall in Rom zurück. "Solch ein Temperament sieht man in meinem Land als Eigenschaft von Königinnen und Edelfrauen. Es ist ein edler Zug, aber normale Männer können damit oft nicht umgehen. Ich kenne weder Marbod, noch kenne ich Irminar, aber ich kann keine große Meinung von Männern haben, die eine Frau wie dich zurücklassen, egal was vorgefallen ist."


    Dem armen Mädchen konnte man schlimmstenfalls einen schlechte Geschmack bei Männern nachsagen, da war sich Silko sicher. Ihr Temperament mochte für Silko in iseiner Eigenschaft als Custos Corporis beinahe in den Wahnsinn treiben. Aber als Mann fand er sowas durchaus sehr anziehend, bei einer Frau. Amneris war auch so gewesen... Silko seufzte und schaute einige Augenblicke stumm in den Garten.


    "Du wirst einen Mann finden, der deiner würdig ist, da bin ich mir sicher. Aber vielleicht solltest du keinen Duccier nehmen, die sind alle ein wenig verrückt.", versuchte er zu scherzen

  • Silkos Worte trösteten Eila. Wenn er auch nicht die tiefsten Wunden heilen konnte, so fühlte sie sich trotzdem besser dadurch, dass er da war. Die Worte des sonst etwas wortkargeren Hünen waren Balsam für ihre Seele und sie war ihm dankbar dafür, dass er sich überhaupt die Mühe machte, sie zu trösten. Und hier und da konnte sie bei seinen Worte sogar wieder Lächeln. Sein Plan, sie aus ihrer Trauer rauszuholen, schien aufzugehen. Bei seinen letzten Worten brach sie dann sogar in ein aufrechtes, wenn auch recht kurzes Lachen aus.


    "Ja, da hast du recht. Verrückt sind sie alle, ganz eindeutig. Aber naja, so viel besser bin ich ja auch nicht." Sie dachte an die Geschichte mit dem Buch zurück und fühlte sich noch immer schuldig, dass sie den anderen damit so viel Ärger gemacht hatte.


    Sie strich sich mit dem Handrücken über die letzten langsam trocknenden Tränen und blickte Silko an. "Was ist eigentlich mit dir? Bist du halbwegs glücklich bei uns?", fragte sie ihn dann. Gerade wirkte er nämlich nicht allzu glücklich und Eila war der Meinung, dass auch sie etwas dagegen tun sollte, sofern es denn in ihrer Macht stand. Aber dazu musste sie erstmal wissen, was Silko bedrückte.

  • Silko freute sich, dass er Eila offenbar aufheitern konnte. Als sie auf ihn zu sprechen kam, verdunkelte sich seine Miene aber etwas.


    "Ich werde hier sehr gut behandelt, besser als es mein Stand normal gebietet, und ich fühle mich wohl bei euch. Aber als Sklave wird es mir nie bestimmt sein wirklich glücklich zu sein. Allerdings ist das ja auch nicht der Sinn. Es ist eine Strafe meiner Götter und ich werde sie so gut es geht erfüllen."


    Er hatte keine Frau und keine kinder und es sah nicht so aus, als würde sich das ändern. In Rom hatte er ein wenig Hoffnung gehabt...aber sie war mittlerweile gestorben.

  • Eila dachte einige Momente lang über das Gesagte nach, bevor sie antwortete.
    "Wie sicher bist du dir, dass es eine Strafe ist? Vielleicht ist das alles ja auch nur eine Prüfung." Während sie sprach, knibbelte sie ein wenig gedankenverloren an ihren Fingernägel herum.


    "Ich weiß nicht wieso, aber ich glaube dein Schicksal hat noch mehr als das für dich vorgesehen. Irgendwann wird das Ganze einen Sinn ergeben. Und bis dahin, naja, wirst du dich wohl weiter mit uns rumschlagen müssen." Leicht scherzhaft gab sie Silko einen sanften Stoß mit dem Ellenbogen und schenkte ihm ein warmherziges Lächeln.


    "An welche Götter glaubst du eigentlich?" fragte sie ihn dann interessiert. Über dieses Thema hatte sie noch nie so richtig mit ihrem Beschützer gesprochen.

  • Silko nickte wissend. "Ich weis dass es eine Strafe ist. Aber es ist auch eine Prüfung und es ergibt jetzt schon einen Sinn." Ihren Ellenbogenstoß erwiederte er mit einem gutmütigen Umpf und erwiederte dann: "Ich habe großes Glück zu euch gekommen zu sein. Ihr seid wie eine Familie zu mir, und es fällt mir zunehmend schwer mich als Sklave zu fühlen. Das ist auch wieder eine Prüfung."


    Auf ihre zweite Frage hätte er beinahe mit die Richtigen geantwortet.


    "Auch bei uns gibt es viele Götter, wie auch bei euch. Man kann nicht alle mit der Gleichen hingabe verehren. Ich verehre besonders Ra, Anhor, Anubis, Bastet, Sachmet und Dedwen. Ra ist die Sonne und von eurem Land hier ist er weit entfernt. In Rom war er näher als hier aber in Meroe ist er noch viel näher. Anhor ist der Gott des Krieges und der Jagd. Er erlegt seine Beute mit dem Speer und verteidigt Ra gegen dessen Feinde. Er ist der Mann von Sachmet. Sachmet ist eine Löwin. Sie steht für Krieg wie ihr Mann aber auch für Heilung. Sie ist die Schwester und die dunklere Seite von Bastet und beide sind sie die Töchter des Ra. Bastet ist die Göttin der Katzen, der Fruchtbarkeit, der Liebe und sie beschützt die Schwangeren. Außerdem ist sie auch Göttin der Freude, des Tanzes, der Musik und der Feste. Sie ist auch hier oft anzutreffen und euer Haus ist mit vielen Katzen gesegnet, dass ist ein gutes Omen. Ich habe eine Statuette von ihr und ihrer Schwester geschnitzt und bete dort für euch und für mich. Anubis ist der Gott des Todes. Er hat einen Schakalkopf und ist einer der Richter im Ma'at. Das ist das Totengericht, das entscheidet, was nach deinem Tode mit dir geschehen wird. Ich hoffe ich kann meine Waage wieder ins Gleichgewicht bringen, bevor ich sterbe. Dedwen hingegen ist der Gott des Reichtums und der Stadtgott von Meroe meiner Heimatstadt."


    Er hatte mal nur die für ihn wichtigsten aufgezählt, aber er freute sich sehr, dass sich Eila dafür interessierte.

  • "Es freut mich das zu hören." meinte Eila dann auf Silkos Worte betreffend des Familiengefühls hin. Sie freute sich, dass er das Gefühl hatte, von ihrer Familie geachtet und gemocht zu werden, denn das entsprach den Tatsachen.


    Interessiert lauschte Eila Silkos Erklärungen und versuchte seine Götter mit den ihren zu vergleichen. So ganz unähnlich war der Aufbau nicht. Zumindest konnte sie damit mehr anfangen, als mit Glabrios Erzählungen von einem einzigen Gott. Ihrer Meinung nach müsste dieser dann nämlich ziemlich überfordert sein. "Ja, die Sonne ist hier sicher ferner als dort, wo du herkommst. Dort gibt es vermutlich nicht einmal Schnee, nicht wahr?" meinte sie dann, als sie sich so umblickte und die Kälte, die ihr so heimisch erschien, versuchte aus Silkos Blickwinkel zu sehen. "Ich habe einmal in einem Buch über die Stämme gelesen, die südlich des Mittelmeeres in Wüsten leben sollen und darüber, wie die Natur dort beschaffen ist. Aber für jemanden, der hier aufgewachsen ist, ist all das nur schwer vorstellbar."

  • "Bei uns gibt es nur sehr sehr selten Schnee und es gilt als Strafe der Götter, wenn mal welcher fällt. Aber ich kann mich nicht erinnern in Meroe jemals welchen gesehen zu haben. Ich habe meinen ersten Schnee in Lugdunum gesehen, bei meinem früheren Herrn."


    Er lachte als Eila das erzählte. Dann begann er:

    "Zuerst habe ich das Land das die Römer Germanien nennen gehasst. Unendliche raue und tiefe Wälder. Schnee fällt vom Himmel und bedeckt monatelang den ganzen Boden. Ra ist weit weg und nur im Hochsommer wird es einmal halbwegs warm. Dazu noch die Menschen die hier leben: Wilde Barbaren, die Felle tragen und eine Haut wie Elfenbein und Haare wie Stroh haben. Das waren meine ersten Eindrücke von euch und eurem Land hatte. Aber diese haben sich doch sehr geändert. Ihr seid nicht besser oder schlechter als wir, ihr seid nur anders und euer Land hat auf seine rauhe Art auch etwas sehr schönes an sich. Auch wenn ich mich nie an diese furchtbare Kälte und diese dunklen Tage gewöhnen werde."

  • Eila musste schmunzeln, als sie hörte, dass Schnee als Strafe der Götter betrachtet wurde. Würde man das hier ebenso tun, dachte sie amüsiert, mussten die Götter sie wohl abgrundtief hassen.


    Haut wie Elfenbein und Haare wie Stroh? Ja, so war es wohl, musste sich Eila eingestehen, da sie selbst allein schon von ihrem Äußeren her der Inbegriff einer klassischen Germanin war, wie sie von anderen Stammen betrachtet wurden. Dass es auch hier viele dunkelhaarige gab, wurde gerne mal unterschlagen.


    "Das glaube ich dir gern." Eila kannte es nicht anders, doch wusste sie nur zu gut, wie schwer man sich an anderes als das normale gewöhnte. In Italien hatte sie auch Zeit gebraucht um sich an die Sonne und die Luft dort zu gewöhnen. "Haben denn bei euch alle solch dunkle Haut wie du sie hast? Hier bei uns gibt es immer den ein oder anderen, der etwas dunklere Haare oder Haut hat, wenn natürlich auch nichts im Vergleich zu deiner Haut."
    Sie fragte sich, ob es eine imaginäre Linie gab, oder eine Grenze, ab der auf einmal alle Menschen schwarz waren, konnte es sich aber irgendwie nicht vorstellen.

  • "Sicher gibt es welche mit hellerer Haut als meine, aber viele davon stammen aus Verbindungen zwischen unserem Volk und den Ägyptern. Bei den reinen Nubiern gibt es sogar viele die noch dunkler sind als ich. Gerade bei Frauen wird eine sehr dunkle Haut geschätzt. Entweder eine sehr dunkle wie Ebenholz, oder eine sehr helle wie Elfenbein. Deswegen habe ich mir gleich gedacht, dass ich wohl viel zu tun bekomme lästige Verehrer abzuwehren, als ich Dagny und dich das erste mal gesehen habe."


    Silko schaute in den dunklen garten. Er wollte Eila nicht direkt anschauen, schließlich wollte er sie nicht beschämen.


    "Aber es stimmt, gerade die Duccier sind schon relativ dunkel was die Haarfarbe betrifft. Nur Ragin, die Zwillinge und du sehen wie die typischen Germanen aus, wobei keiner von euch vieren wiederum dem Bild eines hünenhaften und muskulösen Barbaren mit Tierfellen entspricht. Wie selten doch die Menschen den Vorurteilen in die Karten spielen..."

  • Eila strich sich mit der Handfläche über die Wange und hätte nun gerne einen Spiegel gehabt, in den sie schauen könnte. Vielleicht, dachte sie dann grinsend, sollte sie zu den Nubiern reisen. Wenn es stimmte, was Silko sagte, waren ihre Chancen dort wohl besser, einen geeigneten Mann zu finden. Oder zumindest würde es ihr leichter fallen überhaupt einen zu finden.


    "Und wie du siehst, hast du dich getäuscht. Ich kann mich in der letzten Zeit an keinen Verehrer erinnern, der dir das Leben schwer gemacht hätte.", meinte sie dann, wenn auch dieses Mal ohne Bitterkeit sondern mehr im Spaß.


    "Da allerdings hast du Recht, Silko. Die Menschen sind selten so, wie man nach dem, was man im Vorhinein über sie hört, vermuten würde. Ich glaube die Menschen überspitzen einfach in der Regel die Eigenschaften anderer Völker und Stämme, damit es ihnen leichter fällt, ihre Augen davor zu verschließen, dass wir uns letztlich doch alle ähnlicher sind, als sie gerne hätten."

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