Ein Tag am Meer - oder: Patrizier auf Erholungs(kurz)urlaub

  • Nun, dann bin ich beruhigt", entgegnete Prisca schmunzelnd auf seine Bemerkung hin und kam ihm unbewusst ein paar Schritte entgegen. Sie war ja bereits umgekleidet, doch er stand immer noch in seinem Lendenschurz da und ein paar Wassertropfen perlten von seinen Schultern hinab über seine Brust. Die Szene strahlte eine seltene Vertrautheit aus, denn wo sonst standen sich zwei Patrizier, noch da zu Mann und Frau, so leicht bekleidet, unbekümmert und ungezwungen gegenüber? Ein wirklich schöner Anblick, der jedoch viel zu schnell durch eine Decke wieder versperrt wurde, welche die junge Sklavin ihm reichte. Sollte Prisca den Flavier in diesem Moment unverhohlen betrachtet haben, so tat sie das hoffentlich in ihrer gewohnt unauffälligen Art und Weise. Oder doch nicht?...


    "Ooh! .. Oh, natürlich … entschuldige bitte, … ich ...", schnell ein paar entschuldigende Worte haspelnd schreckte Prisca auf und drehte sogleich ihren Rücken zu Aquilius, da dieser sich umziehen wollte. … hab ihn doch angestarrt! Was mag er jetzt nur von mir denken…" interpretierte Prisca seine Aufforderung spontan und biss sich auf die Unterlippe, ohne den Satz zu vollenden. Mit einer Hand fühlte sie kurz die Temperatur an ihrer Wange, welche Aufschluss über ihre Gesichtsfarbe hätte geben können und schon in der nächsten Sekunde grinste sie wieder verschmitzt. Ein Vergnügen ihm dabei zu zusehen?... Priscas Blick fiel just auf den kleinen Silberspiegel, der unbenutzt auf dem Tischchen lag, neben dem sie gerade stand. Zu dumm! Er spiegelte nur die Decke des Zeltes wieder …


    So blieb Prisca nichts anderes übrig als auf das Rascheln hinter ihrem Rücken zu horchen und sich dabei vorzustellen, welchen Anblick er gerade bieten mochte. "Schade nur, dass wir bei unserem kleinen Wettschwimmen vorhin keinen Gewinner mehr bestimmen konnten … zu gern hätte ich gewusst, was mein Preis gewesen wäre … ", warf Prisca scherzend zur Überbrückung der Wartezeit ein und wieder musste sie an diese Vertrautheit denken, mit der sie schon nach so kurzer Zeit miteinander umgingen. Lag es nur an diesem Ort? War es dem Anlass entsprechend? Oder lag es vielleicht sogar in ihrer beider Natur selbst? - Das Rascheln hinter ihr ebbte ab und anscheinend wurde gerade die Zeltplane geöffnet, so dass Prisca es wagen konnte, sich wieder umzudrehen.


    Was macht denn Tilla hier? nahm Prisca beiläufig aus den Augenwinkeln wahr und sah, wie Tilla von der anderen Sklavin eben nach draußen geschoben wurde. Weiter dachte sie darüber nicht nach, denn ihre Aufmerksamkeit gehörte ganz Aquilius. "Ein Frühstück wäre jetzt genau das Richtige … ja ...", stimmte Prisca gutgelaunt mit einem Lächeln zu und neigte dabei leicht fragend den Kopf zur Seite, da sie seinen entschuldigenden Blick nicht ganz deuten konnte. "Habe ich mich eigentlich schon bei dir für all die schönen Dinge hier bedankt? … ", stellte sie unvermittelt nach einer kurzen entstandenen Pause die Frage, während sie schon die Hand zum Zeichen hob, um sich von ihm zum Frühstückstisch führen zu lassen. Sie fand es einfach an der Zeit, diese - auch für sie nicht ganz alltäglichen - Zuwendungen gebührend zu würdigen. " … Ich meine, das wundervolle Kleid, der Armreif , das Zelt hier und die ganzen Köstlichkeiten … aber vor allem auch die schönen Worte, die du mir in deinen Briefen zugedacht hast, Aquilius. ... Ich fühle mich sehr geschmeichelt und danke dir dafür … "Prisca neigte den Kopf zum ehrlich gemeinten Dank und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.

  • Zitat

    Tilla hob den Kopf, sah Hektor an. Was war das denn jetzt? fragte sie ihn zitternd. Bist du in Ordnung? Ich möchte runter. Zuerst nach Luna gucken.


    " ... Verliebtheit vielleicht? ... Tja, ich glaub die beiden da sind heute so mit sich selbst beschäftigt, die nehmen uns gar nicht wahr, Tilla.", äußerte ich meine Vermutung auf Tillas Frage hin. "Ich bin in Ordnung, ja. ... und du hoffentlich auch!", zwinkerte ich ihr dann zu und ließ die Kleine wie gewünscht herunter, damit sie nach Luna sehen konnte. Tilla hatte wohl gehofft, dass ihre Herrin sie wenigstens anlächelt oder kurz ihre Aufmerksamkeit schenkt. Na, ich würde der domina schon noch irgendwann erzählen, was Tilla heute für sie getan hatte. Kurz sah ich Tilla nach, musste dann aber in die entgegen gesetzte Richtung laufen um Ikarus einzuholen, der ziellos davon trottete.


    Bald hatte ich den Hengst erreicht und führte ihn an der Leine zurück zu den Zelten. Dort entdeckte ich auch Luna, aber … Warum stand das Tier direkt neben dem Herrenzelt? und wo war Tilla eigentlich? … Da drin vielleicht? Eben dachte ich daran und schon kam Tilla, von einer ebenso jungen Sklavin an der Hand geführt, auch schon aus dem Zelt. „Da bist du ja! … Wen hast du denn da drinnen gesucht?“, begrüßte ich sie wieder mit einem Lächeln und bemerkte sogleich, dass sie immer noch in ihren nassen Kleidern fror. „Wo können wir uns denn umziehen und aufwärmen und … etwas zu essen könnten wir auch vertagen?“, richtete ich meine Frage freundlich an die flavische Sklavin und auf ihren Fingerzeig zu einem der Sklavenzelte hin, nickte ich zufrieden.


    „In Ordnung, danke. … Komm Tilla, wir machen es uns jetzt dort gemütlich und dann erzählst du mir mal ganz genau, wie du das vorhin mit den Delfinen angestellt hast. Die schienen ja ganz fasziniert von deinem Amulett zu sein. ... Ist übringens sehr schön! Woher hast du es denn?, wollte ich wissen, reichte ihr die Führleine von Luna, nahm selbst die von Ikarus und schlenderte damit langsam in Richtung des Zeltes los.

  • Mit einem spöttischen Lächeln, aber keinem weiteren Wort nahm Straton Severus' Versuch zur Kenntnis, sich größer zu machen als er eigentlich war - nichts anderes stellten für ihn diese Worte dar, und als nichts weiteres würde er den Germanen sehen denn als unnützen Esser, der seinem Herrn deutlich mehr auf der Tasche lag als Nutzen bringen würde. Letztendlich blieb dieses Gespräch als weitere Information im Gedächtnis des Griechen haften, die sein Bild Severus' abrundete, und weiter nichts - er war weit davon entfernt, sich persönlich angegriffen zu fühlen, wozu auch? Es war verschwendete Zeit und verschwendete Energie, sich mit diesem Menschen zu befassen, der ja doch nichts weiter tun konnte als sein Schicksal zu akzeptieren. Sklaven, die irgendwann einmal geflohen waren, standen auf seiner eigenen Ansehensskala nur knapp oberhalb von Dreck, und diese Position hatte sich Severus nun selbst zementiert. So befasste sich der vilicus also mit dem Auftrag seines Herrn, sich um die beiden durchnässten Sklaven zu kümmern - im Zelt seines Herrn konnten sie sich schlecht aufwärmen, schließlich war die Wahrung der Ungestörtheit mit Aurelia Prisca ein wesentlicher Dreh- und Angelpunkt der für heute gewählten Angriffsstrategie, das sollte nicht durch derlei Zwischenfälle verdorben werden.


    Mit knappen Worten sorgte Straton dafür, dass ein Feuer angezündet wurde, das im Windschatten des Zeltes und vor einem der dazu aufgestellten Sklavenzelte lag, und organisierte einige Decken von den anderen Sklaven, ein etwas dümmlich dreinblickender Alter wurde von ihm dazu verdonnert, Wechselkleidung für die beiden aufzutreiben, etwas Heißes zu trinken würden sie später wohl auch benötigen - während der Grieche seine Anweisungen traf, hatte sich Tilla schon ins Zelt begeben und wurde wenig später wieder von der jungen Mitsklavin herauskomplimentiert, die sie nun auch in Richtung Hektor, dann mit diesem gemeinsam Straton entgegen führte. Der stoische Grieche blickte den dreien entgegen, verabschiedete die junge Sklavin mit einem knappen Nicken - es bestand kein Zweifel, wer hier den Laden 'schmiss' - und winkte den Alten herbei, der sowohl Tilla als auch Hektor die dicken Decken gab, die man für sie herausgesucht hatte.


    "Salve, ihr beiden. Ich bin Straton, der vilicus des Flavius Aquilius - am besten, ihr zieht euch um, wir haben Ersatzkleidung für euch, und wärmt euch dann am Feuer so weit auf, dass ihr nicht krank werdet." Wie müßig dieser Wunsch zumindest in Tillas Fall war, konnte er zu diesem Zeitpunkt schließlich noch nicht wissen. "Momentan wird noch eine Brühe für uns gekocht, es sollte euch also gleich besser gehen. Das Pferd kannst Du übrigens zu den anderen führen lassen," damit deutete Straton zu den restlichen Pferden, die angeleint etwas entfernt standen, um nicht den ganzen Strand vollzuäpfeln.

  • Anstatt Hektor fand sie ihre Herrin mit ihrem Verehrer vor. Ausgerechnet mitten im Umkleiden platzte sie bei diesen beiden Erwachsenen hinein. Bevor sie auch nur einen längeren Blick auf die schlanke und kräftige Gestalt von Aquilius werfen oder den Blick von Prisca erhaschen konnte, berührte sie jemand am Arm und nahm sie zudem auch noch an die Hand. Tilla liess es geschehen, folgte der anderen wieder in die Kälte hinaus. Auch jetzt fragte sie sich, was das jetzt eben gewesen war? Hatte sie eben tatsächlich die Kühnheit besessen einfach da rein zu gehen? Von der Inneneinrichtuing hatte sie ein bisschen wahrgenommen. Äußerst prächtige Stoffe... unter anderem auch ein blaues Tuch. Irgendwie ein gutes Zeichen, wenn es da drinnen bei den beiden hing, oder?


    Aus den Gedanken riss sie Hektors Stimme, der sie nach ihrem Tun fragte. Still zuckte sie die Schultern, setzte eine Miene auf, dass sie selbst ganz durcheinander war. So kannte sie sich gar nicht. Inzwischen wieder mit den Zähnen klappernd, entzog sie ihre Hand der Sklavin, trat sie von ihr weg und näher zu Hektor hin, um in seinem Windschatten Schutz vor dem Wind zu suchen. Hektor überfiel sie mit Fragen zu den Delphinen. Wenn sie das wüsste... diese passenden Antworten, die eine Erklärung parat hatten. Froh, irgendeinen Halt im ganzen Trubel zu haben, ergriff sie Lunas Leine und trottete los. Ich hab gesagt, die Schwarzen bekommen Prisca nicht. Und dann waren die Hellen auf einmal da. Sie haben ihn gemeinsam abgedrängt und der Älteste hat mich begrüßt. Der hat sich gefreut, dass ich da bin. Ein magerer Versuch. Naja.. besser als nichts.


    Sie musste ihre Gebärden unterbrechen, weil sie eine Decke bekam. Tief kuschelte Tilla sich in diese hinein, liess Lunas Leine nicht los. Nicht, dass die noch weglief. Scheu sah sie zu Straton auf, der übrigens nicht der flavische Sklave war, der ihr böse war. Ersatzkleidung. Aufwärmen. Brühe essen. Das klang gut. Ihre Miene hellte sich auf. Das waren ganz tolle Aussichten! Si. Mach ich. Danke. Sie sah sich um, wo die Pferde standen und trabte los. Luna tat es ihr gleich, folgte ihr hintendrein. Tilla band die Stute ganz außen an und kehrte wieder um. Unter der dicken Decke wurde ihr vom Rennen ein wenig warm. Beeil dich, Hektor. Das Essen ruft. neckte sie den anderen und erreichte das Zelt wieder. Dort bekam sie die Wechselkleidung in die Hand gedrückt und verschwand für einige Sandkörner-Minuten hinterm Zelt.


    Mit sichtlich verlegener Miene tauchte Tilla wieder auf, knautschte den viel zu langen Saum des neuen Kleides zusammen, die überlangen Ärmel hatte sie mehr schlecht als recht hochgekrempelt. In der anderen Hand hielt sie ihre nassen Sachen und ihre vom Umziehen zersausten Haare wollten nicht gehorchen. Der weiche wollene Stoff umspielte ihre magere, nicht sehr weiblich ausgeformte Figur. Wahrscheinlich sah sie gerade wirklich wie ein Irrwisch aus, der aus seiner Baumhöhle gekrochen kam. Oder eher wie ein ungezähmtes wildes Mädchen. Die nassen Sandalen hatte sie wieder an den Gürtel geknotet, grub ihre Zehen tief in den weichen weißen Sand ein, bevor sie am Feuer einen Platz aussuchte. Das Meer ist ganz ruhig. Die Möwen setzen sich nicht drauf. Der Schwarzen wegen? Die sind böse. teilte sie niemandem bestimmten mit. Der einzige, der sie hier unter den Sklaven verstand war Hektor. Die dicke Decke hing schlapp auf ihrem Rücken hinab. Die langen Beine in den Schneidersitz schlingend sah sie aufs Meer hinaus.

  • Irrte ich mich oder hatte ich für einige Zeit ihre Aufmerksamkeit in einer Weise gefesselt, die einer wohlerzogenen jungen Dame eigentlich fern liegen sollte? Es war schmeichelhaft, auch wenn ich mir dessen nicht sicher war, und durchaus froh war, als ich meine tunica am Leib hatte - nicht dass mir etwaige Blicke unangenehm gewesen wären, ich war nicht als prüder, unerfahrener Mann aufgewachsen, nein, ich schätzte solche Blicke von einer Frau einfach zu sehr, und angesichts der Tatsache, dass wir in diesem Zelt fast alleine waren, versuchte ich den Gedanken daran einfach irgendwie zu verdrängen. Die Lust auf diese Frau durfte einfach nicht die Oberhand gewinnen, wenigstens einmal in meinem Leben musste ich fähig sein, mich zusammenzureißen, meine Wünsche zurückzustellen, um einem Weg zu folgen, der wichtiger war als es jede kurzfristige Befriedigung sein konnte.


    "Nun, bei etwas besserem Wetter können wir gern noch einmal um die Wette schwimmen, wenn Dich die Aussicht auf einen Preis so sehr verlockt," gab ich ihr in einem lockeren, scherzhaften Ton zurück und schmunzelte dabei. "Allerdings, ich würde fast vermuten, dass ich derjenige sein werde, der seinen Preis einfordern darf, ich hatte Dich recht schnell eingeholt, wenn Du Dich erinnerst." Ich hatte neckend gesprochen und hoffte, sie würde meine Worte nicht sofort als den Versuch eines eitlen Mannes interpretieren, auf ihre Kosten glänzen zu wollen - nein, mir war vielmehr daran gelegen, die möglichen Fallstricke einer zu groß werdenden Nähe zu vermeiden. Nachdem die beiden Sklavinnen uns verlassen hatten, machte ich eine einladende Geste zu den beiden Einpersonenklinen hin - Mehrpersonenklinen wären dann ob der sich ergebenden Möglichkeiten weitaus weniger schicklich gewesen, auch diese Klippe hatte ich bereits im Vorfeld umschiffen lassen.


    So ergriff ich ihre Hand und führte sie die wenigen Schritte zu jenem kleinen Tisch, auf dem bereits ein Korb mit geschnittenem Fladenbrot wartete, ebenso eine Schale mit Oliven, eine mit gezuckertem Obst und ein Krug mit Wein, dazu zwei Becher - das eigentliche Frühstück würde noch serviert werden, dies war nur eine kleine Aufwärmung. "Du hast es eben getan," erwiederte ich auf ihre Dankesworte und lächelte, wartete ab, bis sie sich auf die eine Kline gelegt hatte, bevor ich es ihr auf der anderen gleichtat. "Dein erfreutes Lächeln hat mir bereits genügt, und letztendlich, was wäre das Leben schon wert, wenn man bei all dem, was einem die Pflicht abverlangt, nicht ab und an auch die Freiheit besitzt, einem Menschen, an dem einem etwas liegt, eine kleine Freude bereiten zu können? Als ich Dich zum ersten Mal sah, dachte ich mir, dass Du es verdienst, geschmückt und honoriert zu werden, und wenn Roms Männerwelt dumm genug ist, Dir diese Aufmerksamkeiten nicht zukommen zu lassen - nun, gegen umso weniger aufdringliche Verehrer muss ich mich mit einem Brief oder einem Geschenk zur Wehr setzen." Leicht zwinkerte ich ihr zu und lehnte mich auf das gepolsterte Kopfteil der Kline. "Darf ich Dir etwas Wein einschenken?" Auch dafür brauchte es meiner Ansicht nach keines Sklaven, bei derlei Gesprächen störten sie dann doch eher.


    Und da war es wieder, dieses atemberaubende Lächeln, das ihr Gesicht vollkommen zum Leuchten bringen konnte, ein Ausdruck tiefempfundener Freude, der zugleich auch Sonne in mein Herz einkehren ließ. Es war dieses Lächeln, das sie mir nahe gebracht hatte, mir den Wunsch hatte erwachsen lassen, sie im Laufe deses Tages zu fragen ... warum nicht jetzt sich langsam auf dieses Thema hinzutasten?
    "Gehe ich recht in der Annahme, dass Du bisher noch nicht viele Ausflüge dieser Art unternommen hast? Das heisst, mit einem Dir eigentlich noch fremden Mann aus einer anderen gens als derer, in welche Du geboren wurdest - letztendlich werden sich in Rom die matronae sicherlich die Münder zerreissen, sollte unser Ausflug ins Gespräch der Allgemeinheit kommen. Mich kümmert dies wenig, denn letztendlich, kennen diese Frauen Dich oder mich? Wissen sie, dass wir hier friedlich ein Gespräch führen, an dem nichts Anstößiges ist? Sie beleidigen im Grunde mit ihren Vermutungen nur den Geist dieser kleinen Unternehmen, die, wie ich ehrlich zugeben muss, doch mit einem gewissen Hintergedanken begonnen wurde."


    Eine Pause ließ ich entstehen, und während die Worte sackten, beobachtete ich sie genau, wenn auch lächelnd. "Nun denke nicht, ich wollte Dir einen sittenlosen Antrag machen, auch wenn Deine Schönheit jeden Mann, der nicht vollkommen blind ist, in eine ebensolche Versuchung führen könnte - vielmehr war es mein Wunsch, eine Frau ein wenig kennenzulernen, deren Lächeln mich schon betört hat, als wir uns das erste Mal sahen, und dies in einer Umgebung, die uns nicht zwingt, die gesellschaftliche Komödie mitzuspielen, die uns unser Stand so oft aufzwingt."

  • Berechnung würde es Prisca niemals nennen, aber es war durchaus ein Spiel mit ihm. Ein Spiel wie dieser Wettkampf vorhin im Wasser, um herauszufinden wie sie auf ihn wirken mochte und wie er auf sie reagieren würde. Ein unschuldig wirkender Augenaufschlag just in dem Moment, in dem er schmunzelnd sich als den sicheren Sieger einer möglichen Wiederholung des gemeinsamen Wettkampfes bezeichnete. Gefolgt von einem ergebenen Nicken und ein ebenso wissendem wie vielsagendem Lächeln um ihm zu zeigen, auf was sie dabei insgeheim hoffte. Wollte sie ihn in diesem Spiel schaden? Niemals! - Dafür mochte sie ihn zu gern. Dann vielleicht provozieren? Vielleicht! - Aber nur im positiven Sinne. Und war es am Ende gar ein Spiel der Gefühle? Mit Sicherheit! Waren diese doch ihrerseits für ihn vorhanden und so ehrlich wie sie Prisca selten gegenüber Fremden zeigte. Ein Fremder? Nein, auch das schien Aquilius mittlerweile nicht mehr für sie zu sein. Sicher konnte sie sich in allem irren, was sich hinter seiner seinen Blicken, nette Gesten und Aufmerksamkeiten verbergen mochte. Aber glauben, dass er sie begehren und auf irgend eine Art und Weise vielleicht sogar ehrlich lieben könnte, das durfte und das wollte sie. Und dafür war Prisca auch bereit ihm alles von sich zu geben.


    Doch nicht hier und heute, das stand ohnehin außer Frage. Nur ein Kuss vielleicht oder eine vertraute Berührung so wie jetzt mit den Händen, um sich von ihm zu den bereitstehenden Klinen führen zu lassen. Mit einer fließenden Bewegung ließ sich Prisca auf einer der einladenden Liegen nieder, lehnte sich zur Seite und zog die Beine seitlich etwas an. Neugierig betrachtete sie die leckeren Speisen vor sich auf dem Tischchen. Aquilius hatte wirklich an alles gedacht und perfekt geplant. Ebenso perfekt wie er es verstand sie mit seinen Komplimenten wieder und wieder erröten zu lassen. Etwas Wein?... "Sehr gerne. Wenn du so lieb wärst … verdünnt bitte", erwiderte Prisca ganz vertraut in diesem Moment , da keine störenden Sklaven anwesend waren und schon nahm sie den Becher aus seiner Hand entgegen und schenkte ihm eben dieses Lächeln, das er an ihr so schätzen mochte.


    Ob ich schon mehrere solcher Ausflüge unternommen habe? Welch direkte Frage und welcher Gedanke mag wohl dahinter stecken? Prisca schmunzelte in den Becher hinein den sie eben an den Lippen hielt, gerade als Aquilius eine Pause entstehen ließ. Ein gewisser Hintergedanke also?…Dieser eine, an den ich schon die ganze Zeit denken muss? Prisca hob leicht eine Augenbraue und horchte auf. "Wie viele Ausflüge? …nun diese Frage hätte ich vielleicht besser dir stellen sollen.", neckte Prisca ihn wohlwissend, wie viel anders als die ihre seine Antwort ausfallen könnte. Seinem Blick geschickt ausweichend betrachtete Prisca erneut die Köstlichkeiten auf dem Tisch und pflückte sich eine Olive von dem Teller vor ihr. "… Nun, wenn ich ehrlich bin … Es waren noch nicht viele Ausflüge dieser Art. Weiß ich doch nach all den Jahren der Erziehung durch meine Mutter nur zu gut, was sich für mich geziemt und was von mir erwartet wird. Aber was auch immer die Leute über uns und diesen Tag heute denken und sagen mögen, ich jedenfalls genieße ihn sehr! ... Fast scheint es mir so, diese Menschen von denen du sprichst besitzen überhaupt kein eigenes Leben, so dass sie gezwungen sind sich den Mund über das der anderen zu zerreißen. … Nein, sie kennen uns wirklich nicht, also was schert es uns was sie sagen?!" Mit einem Augenaufschlag sah Prisca wieder zu Aquilius und bedachte ihn mit einem langen interessierten Blick bevor sie mit etwas gesenkter Stimme weiter sprach." Ist es nicht besser ein Leben zu führen, als eine Komödie zu spielen?… und ist es nicht einfacher dieses Leben zu lieben, wenn man jemanden hat dem man voll und ganz vertrauen kann …?" Hatte nicht dieser Ausflug heute, das Wissen um eine mögliche Verbindung und die Tatsache, dass sich hier zwei Menschen gegenüber saßen die einander kaum kannten, so viel mit Vertrauen zu tun? ...

  • Im Grunde war dieser Ausflug schon durch seine Existenz ein Schlag ins Gesicht aller traditionsbewussten Römer - dass ich sie überhaupt fern ihres Zuhauses hatte entführen dürfen, war ein großes Zugeständnis, nicht zuletzt, weil ihr tutor mich nur allzu gut kannte. Warum also hatte Marcus dem zugestimmt? Denn dass er auf irgendeine Weise seine Zustimmung zu diesem Ausflug gegeben haben musste, lag klar auf der Hand. Prisca hätte sicherlich nicht gegen seinen erklärten Willen gehandelt, so gut glaubte ich sie inzwischen zu kennen. Aber vielleicht war es auch nur der gutgemeinte Wunsch meines Freundes gewesen, uns ein Kennenlernen zu gestatten, dass anders ablaufen würde als die üblichen Gelegenheiten, bei denen man von geifernden matronae und sonstigen Verwandten eifrig beäugt werden würde. Sie schien in dieser Umgebung, auch wenn sie sicherlich nicht dem entsprach, was sie gewohnt sein mochte, aufzuleben, spielte mit einem Lächeln, einem Augenaufschlag, ließ mich zu jeder Zeit glauben, ja, sogar wissen, dass sie sich darüber bewusst war, wieso wir hier waren, wieviel sich an diesem einen Tag wahrscheinlich entscheiden würde.
    Mit einigermaßen ruhiger Hand schenkte ich ihr zuerst Wein, dann Wasser in den Becher, um ihr diesen dann zu überreichen - mir selbst machte ich eine ähnliche Mischung, wenngleich ich mir etwas mehr Wein zugedachte.


    Gemächlich streckte ich mich dann auf meiner Kline aus (auch wenn ich mich gerne neben sie gelegt hätte, es wäre überaus beengt, überaus reizvoll und überaus dämlich gewesen, hätte ich dies getan) und behielt ihr schönes Gesicht im Blick. Für einen kurzen Moment musste ich an eine besondere Nacht in einem fremden Garten denken, in dem eine ebenso dunkle Schönheit meine Sinne verwirrt hatte, aber dies war doch etwas ganz anderes, und Prisca ließ sich ebensowenig mit Callista vergleichen wie umgekehrt, dafür waren beide Frauen viel zu verschieden und einzigartig. "Würde ich Dir von all meinen bisherigen Ausflügen berichten, würden wir wohl in ein oder zwei Wochen immernoch hier sein, und Dein Onkel hätte sicherlich schon die cohortes urbanae vorbeigeschickt, weil man Dich sehnlichst vermissen würde - ein andermal berichte ich Dir gerne, doch fürchte ich, würde es den heutigen Rahmen bei weitem sprengen." Ich tat einfach so, als hätten sich ihre Worte auf das Thema Ausflug ganz generell bezogen, und nicht auf die Tatsache eines Ausflugs mit Frauen speziell, denn diese Art Ausflug würde ich ganz sicher nicht offen legen. Einer Frau über eine andere zu berichten war weder höflich noch klug - und letztendlich sollte es hier um Prisca, nicht um meine Abenteuer der Vergangenheit gehen.


    "Ich freue mich, wenn Du diese Stunden genießt, die in ihrer Seltenheit nun doch einzigartig sind - meine Mutter hätte dies meiner Schwester sicherlich nicht gestattet zu tun, fürchtete sie doch kaum etwas mehr als das Geschwätz der Leute. Umso mehr freut es mich, dass Du dem direkt ins Auge blickst, denn wenn man sich von dem Gerede anderer allzu sehr beeindrucken lässt, verliert man sich selbst schneller als bei allem anderen." Ich nahm einen Schluck meines Wein-Wasser-Gemischs und erwiederte ihren Blick ohne Scheu und auch ohne nennenswerte Zurückhaltung. "Letztendlich hat jeder Mensch die Entscheidung selbst zu treffen, ob er leben möchte oder eine Rolle spielen, meine Entscheidung ist ... schon einige Jahre alt, und ich stoße immer mehr an die Grenzen derselben. Wahrscheinlich ist es nicht einmal möglich, dauernd zu leben, ab und an muss man Komödien spielen, um die eigenen Ziele nicht zu offen darzulegen, um sich nicht zu viele Schwachstellen zu gestatten. Aber grundsätzlich würde ich das Leben einer bloßen Rolle vorziehen, wie Du es wohl auch zu tun scheinst, wenn ich Deine Worte richtig deute." Wieder ließ ich eine kleine Pause einkehren, in der ich meine Gedanken sammelte, die mir ob der Brisanz des Gesprächs wieder und wieder fortzugleiten drohten.


    "Ich will ganz offen zu Dir sein, Prisca, denn was Du bisher gesagt hast, lässt mich hoffen, eine kluge Frau mit Dir kennengelernt zu haben, die jene Tändelei vielleicht als Unterhaltung schätzt, aber doch im Herzen nach Tatsachen strebt, auf die man bauen kann: Für mich ist es an der Zeit, mich zu verheiraten, und nachdem ich mir in aller Ruhe diverse Möglichkeiten überlegt habe, ist meine Wahl auf Dich gefallen. Es klingt nun sicherlich nüchtern und wenig romantisch, und bei den Göttern, ich hätte mir gewünscht, es Dir in süßerer Weise vermitteln zu können - doch ernsthafte Dinge sollte man ernsthaft besprechen, um ihnen angemessen Respekt zu zollen. Du sprachst von Vertrauen, auf dem ein gemeinsames Leben gründen sollte, und darin stimme ich mit Dir überein. Auf wen sollte sich ein Mann verlassen können, wenn nicht auf seine Gemahlin? Auf wen sollte eine Frau vertrauen können, wenn nicht auf ihren eigenen Gemahl? Es gibt wenig, was einem in der heutigen Zeit einfach zufällt, und eine gute Ehe zu führen ist denke ich vielmehr ein Produkt gegenseitiger Achtung und des Vertrauens als eine reine Liebesentscheidung - wenn sich die Liebe einstellt, wenn man miteinander zurecht kommt, ist das natürlich umso schöner." Wieder holte ich Luft und das Gefühl, mich irgendwie hemmungslos in meinen Gedanken verirrt zu haben, kehrte mit aller Macht zurück. "Eine Entscheidung kann und werde ich Dir sicherlich nicht heute abverlangen, aber ich hoffe doch sehr, dass Du Dir diesen Gedanken wenigstens durch den Kopf gehen lässt und ihn mit Achtung bedenkst."

  • "Aha, du hast also gesagt sie sollen helfen … und der Älteste von ihnen hat dich sogar gegrüßt und sich gefreut dass du da bist….sehr seltsam.", fasste ich für mich zusammen und schüttelte nachdenklich den Kopf. Was nicht heißen sollte, dass ich Tillas Worten keinen Glauben schenkte. Ganz Im Gegenteil! Schließlich hatte ich ja mit eigenen Augen gesehen, was passiert war. Ob es die anderen auch bemerkt hatten? Eben kam Straton auf uns zu und ich war schon versucht danach zu fragen. Da er uns aber zuerst begrüßte, verwarf ich den Gedanken wieder und hörte mir stattdessen an, was er uns mitteilen wollte.


    "Salve Straton! Ich bin Hektor und das hier ist Tilla. ", stellte ich uns beide vor und nickte dem vilicus zur Begrüßung freundlich zu. Hatte ich da nicht gerade einen leichten griechischen Akzent herausgehört? "Wir beide sind sozusagen die Eskorte für unsere Herrin. Aber wie ich sehe, sind wir heute gänzlich überflüssig. Ihr habt wirklich für alles gesorgt! Wie lange habt ihr denn gebraucht, um das Ganze hier auf zu bauen?", bemerkte ich anerkennend und mit Interesse, während ich kurz zu dem Zelt hinüber sah, in dem sich meine Herrin und der Flavier befanden. Wissend das der ganze Aufwand für einen einzigen Tag wohl einem ganz bestimmten Zweck diente, fühlte mich heute wirklich mehr als überflüssig. Seufzend reichte ich einem anderen flavischen Sklaven die Leine von Ikarus, damit dieser das Pferd zu den anderen Tieren führen konnte. Tilla übernahm das bei Luna selbst und so sah ich ihr kurz nach, bevor ich mich wieder an Straton wandte. "Ersatzkleidung und eine heiße Brühe? …. Das klingt gut, danke!", bemerkte ich freudig und folgte zur Feuerstelle hin. Dort hängte ich mir zuerst eine Decke um und wechselte darunter diskret und schnell meine Kleidung.


    Naja, die Ersatzkleidung passte nicht wirklich und saß bei mir etwas eng, aber es würde schon gehen. Dafür war Tillas Gewand umso weiter wie ich feststellen musste, gerade als sie das Zelt wieder verließ und sich einen Platz am Feuer suchte. Tilla wirkte darin noch kleiner und zarter als sie ohnehin schon war und auch so zerbrechlich, wie sie nun da saß und stumm auf das Meer hinaus blickte. Hatte sie nicht eine Belohnung verdient für das, was sie heute geleistet hatte?"Sag mal Straton, bleiben eigentlich heute Nacht einige von euch hier, um erst morgen früh die Zelte hier abzubrechen? … Können wir uns dabei irgendwie nützlich machen?", erkundigte ich mich ohne jeden Hintergedanken und bot einfach mal unsere Hilfe an. Der Tag war zwar noch lang und niemand wusste, was er noch bringen würde. Aber spontan kam mir eine Idee. Ein Sonnenuntergang und ein Sonnenaufgang am Meer erleben zu dürfen war schon etwas ganz besonderes. … So besonders wie ...


    "...Tilla! … Hier deine Brühe!", wandte ich mich aus meinen Gedanken heraus wieder an das Mädchen und reichte ihr eine der Schüsseln, während ich mich neben sie an das Feuer setzte und es mir ebenfalls bequem machte.

  • Sie fror schon wieder. Tilla bewegte sich, zog die Decke bis über ihre Schultern und kuschelte sich bis unters Kinn in diese hinein. Sie war schön warm und weich. Ganz anders als die Decken die sie besessen hatte, bevor sie plötzlich von den Suchern des Sklavenhändlers aufgestörbert worden war. Ja.. wie und woher hatten diese eigentlich gewusst wo sie schlief? Eine Frage die sie wohl niemals lösen würde. Das wusste nur Titus Tranqullius allein. Da sollte ihn doch ein Regenschauer treffen!! Aber wenn sie so nachdachte und ehrlich sich gegenüber war. Hätte sie wirklich noch ein Jahr länger auf der Straße ausgehalten? Noch länger um ihr Leben kämpfen ohne Schutz und Wärme? So schlecht hatte sie es bei den aurelii gar nicht getroffen.


    Hektors Stimme ertönte neben ihr. Tilla schreckte aus den Gedanken auf und ergriff mit einem scheuen Blick die Schale. Was hatte er vorhin gesagt? Sie hatte gar nicht zugehört vor lauter Gedanken spinnen. Warum dachte sie gerade jetzt eigentlich über die Vergangenheit nach? Sollte sie besser nicht über die Hellen und die Schwarzen nachdenken? Warum der cetus die Erwachsenen hatte angreifen wollen? Danke. erwiderte sie mit kurzer Gebärde. Den Löffel anpustend, bevor sie die Portionen in den Mund schob, aß sie Bissen für Bissen und merkte, wie warm es in ihr innendrin wurde. Auch so etwas was sie auf der Straße kaum bekommen hatte.


    Immer wieder strich sie sich die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Blickte zu Hektor, der andere Kleiderfarben trug und ebenfalls am Essen war, sah zu Straton und den anderen Männern rüber. Rutger Severus Anwesenheit hatte sie noch nicht bemerkt. Er wusste als einziger, was sie getrieben hatte, bevor sie zu den Aureliern gekommen war. Tilla sah zu dem Zelt, aus welchem sie vertrieben worden war und senkte den Kopf. Abrupt stellte sie die Schale beiseite, wühlte sich aus der Decke heraus und rannte hinters Zelt und ein bisschen die steile Düne hinauf. Warum war sie nur so durcheinander? Erst so, dann so? Atemlos liess Tilla sich bäuchlings hinter Dünengräser fallen und vergrub das Gesicht in den Armen. Tränen füllten ihre dunklen Augen, traten über ihre Wimpern den Weg über die Wangen an. Noch einmal liess sie die ganze Anspannung heraus. Was für seltsame Stunden!

  • Schon allein der Ritt auf Lapsus in seinen Armen hierher war sicher das Geschwätz der Leute wert, wenngleich es ebenso sicher nicht von Dauer und Bedeutung sein würde. Aber die Szene jetzt und hier im Zelt könnte nach außen hin wohl nicht intimer und missverständlicher wirken. Zwei Patrizier, ein Mann und eine Frau alleine in einem wohlig warmen und prächtig geschmücktem Zelt am Strand. Welchen Grund hatten sie wohl und was könnte sich dabei schon großartiges zutragen? Nichts unanständiges natürlich, doch wer könnte dies im Zweifelsfall bezeugen? Bin ich wirklich so naiv das ich nicht wüsste, was die Leute von mir halten könnten?, fragte sich Prisca zum wiederholten Male. Zumindest der wahre Grund des Ausfluges war doch mit Sicherheit ein offenes Geheimnis, oder? Jeder wüsste davon, allen voran ihr Onkel den Aquilius sicher vorab um Erlaubnis gefragt hatte.


    Hat er doch, oder? … oder hat er etwa doch nicht? … Weiß Marcus am Ende gar nicht, dass ich heute hier bin? Aber wie konnten sie dann den gemeinsamen Ausflug überhaupt antreten? … das muss doch die ganze Nachbarschaft mitbekommen haben … Prisca zweifelte keine Sekunde daran, dass Aquilius sich stets und in jeder Hinsicht wie ein Edelmann benehmen würde. Sollte dies doch ein ganz besonderer und unvergesslicher Tag für sie beide werden. Aber ein leichtes Unbehagen beschlich Prisca nun doch, eben als Aquilius scherzhaft über seine bisherigen Ausflüge, ihren Onkel und die cohortes urbanae sprach. So naiv war Prisca wiederum nicht zu erkennen, was auf diesen seinen Ausflügen so alles passiert sein mochte. Und schon ein Blick zu ihm genügte, um sich ganz der Vorstellung daran hingeben zu wollen. Prisca nippte kurz an ihrem Wein und versuchte diesen Gedanken zu wiederstehen, was ihr angesichts seiner folgenden Worte auch spielend gelingen sollte …


    Er will ganz offen sein! … Fast zeitglich mit dieser Eröffnung stellte Prisca ihren Becher auf das Tischen neben sich zurück und blickte ihm gebannt in die Augen. Ihre Hände begannen zu zittern und sie spürte deutlich, wie ihr Herz immer schneller pochte. Warum bin ich eigentlich so aufgeregt? Sprach er nicht gerade das an, was sie eigentlich gewusst - … mit Sicherheit geahnt -… oder gar erhofft hatte? Nein, so romantisch wie Prisca es sich insgeheim gewünscht hatte, klang es am Ende aus seinem Munde nicht. Und doch blieb dieser gemeinsame Moment etwas ganz besonderes, schönes und wertvolles für Prisca. Seine Worte verflogen ohnehin viel zu schnell und zurück blieben nur ihre Bedeutung und die Hoffnung auf das sich alle Wünsche irgendwann erfüllen würden. Es dauerte eine ganze Weile, bis Prisca den Mut aufbringen konnte ihm darauf gefasst zu antworten. Nein, keine Entscheidung … noch nicht … nicht hier und jetzt … Aber war diese nicht schon längst gefallen?


    "Ich fühle mich sehr geehrt , dass deine Wahl auf mich gefallen ist … Caius … "Prisca senkte ein wenig dem Blick und neigte ihr Haupt zum Zeichen ihres Respektes vor ihm. Seinen Vornamen benutzte sie zum ersten Mal und so betonte sie ihn eher wie eine Bitte, ihn fortan so nennen zu dürfen. Es mochte ihn nicht überraschen, dass sie so gefasst auf seinen Antrag reagierte. Waren solche Ehen nicht selten schon längst beschlossene Sache. Eher war sie es nun die überrascht zur Kenntnis nahm, dass sie immer noch die Wahl haben sollte. " Mir ist sehr wohl bewusst, was es für mich und meinen Ruf bedeuten könnte, da ich mich hier und heute so freizügig mit dir zeige. Andererseits ist es mir das wert, da du mir zeigst wie viel ich zu gewinnen habe. Dem was du über das Vertrauen und die gegenseitige Achtung vor einander gesagt hast kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen. Auch mir ist es sehr wichtig dem Menschen, dem ich mein Leben und meine Liebe schenken möchte, voll und ganz vertrauen zu können. Und da du mir die Entscheidung offen lässt, will ich dir von ganzem Herzen versichern, dass ich deinen Wunsch mit eben solcher Wertschätzung überdenken werde, wie ich sie dir bereits jetzt entgegen bringe. " Prisca war keine Frau die etwas gegen ihren Willen sagen oder tun würde und so konnte sich Caius der Bedeutung ihrer Worte und einer raschen Entscheidung sehr sicher sein.


    Nachdem sie ihm dies mitgeteilt hatte, machte Prisca eine kurze Pause und atmete innerlich durch. Fiel es ihr nun leichter eine Entscheidung zu treffen? Jetzt, da sie offen darüber reden konnten? Prisca stützte ihren Ellbogen ab und ließ ihren Kopf auf ihrer Hand ruhen, während sie Aquilius aufmerksam und interessiert beobachtete. "Erzählst du mir ein bisschen von dir, deinen Zielen und Wünschen für die Zukunft? … und was du dir von einer Frau an deiner Seiten wünschen und erwarten würdest? …was du dir eventuell von mir wünschen würdest? … ", fragte sie ihn so plötzlich wie ihr dieser Gedanke in den Sinn kam. Schon lange hatte sie eine ganz bestimmte Idee und plante eine sinnvolle Aufgabe zu übernehmen und vielleicht war er ja von ihrer Idee genauso begeistert … vielleicht auch nicht … "Wissen wir nicht immer noch viel zu wenig voneinander? Welche Ziele jeder von uns hat und welche wir vielleicht gemeinsam erreichen wollen? …" Prisca lächelte ihn erwartungsvoll dabei an und pflückte sich eine Traube aus der Schale neben ihrer Liege, um sie sogleich zu verspeisen. Sicher sollte es kein einfaches Frage und Antwort Spiel werden, aber vielleicht würden sie so am einfachsten ihre gemeinsamen Interessen und Vorlieben entdecken.

  • Ich musste mich beherrschen, sie nicht niederzustarren, so nervös war ich innerlich innerhalb wenigster Augenblicke geworden. Was, wenn sie sogleich dankend ablehnte? Es wäre nicht nur peinlich, sondern es hätte mich auch ziemlich getroffen. Denn auch erst nach dieser kurzen Zeit mit ihr wusste ich, dass sie mir als Mensch sympathisch war, nicht wegen ihres Äußeren, nicht wegen des Reizes, der unverkennbar von ihr ausging, sondern wegen ihres Wesens, ihres heiteren, unbekümmerten Lächelns, dieser Art, Sonne mit sich zu bringen, die sie von sich selbst nicht einmal bewusst aus steuerte. In dieser oftmals tristen, vorherbestimmten patrizischen Welt war sie seltsam unberührt von all dem Tand und den langweiligen Zeitvertreiben geblieben, und ich konnte kaum glauben, dass es überhaupt möglich war, eine solche Frau überhaupt zu finden. Eine Frau, die mir den Glauben daran zurückzugeben imstande war, dass mein Leben trotz Ehe nicht ganz furchtbar verlaufen würde. Letztlich war Gracchus' Ehe abschreckend genug, auch wenn ich sowohl ihn als auch seine Frau schätzte und beider Ängste kannte.


    "Ich danke Dir, dass Du meine Hoffnungen aufs Neue erblühen lässt," sagte ich und hätte mir gleich darauf die Hand an die Stirn schlagen können, klang ich doch wie ein betrunkener Schmonzendichter und nicht unbedingt wie ein gestandener Mann, den man ernst nehmen sollte. Vielleicht hatte Straton doch recht und ich sollte meine Dichtkunst ein wenig aufarbeiten, diese allzu blumige Ausdrucksweise hätte mir wohl bei jedem anderen Menschen einen eiskalten Schauer den Rücken hinuntergejagt.
    "Ich sage Dir wohl nichts neues damit, dass in unserer gesellschaftlichen Schicht die Ehen selten mit einem Gefühlshintergrund geschlossen und gewählt werden - es zählt die Mehrung des Einflusses, des Vermögens, der Macht. Aber ich denke, wenn man schon sein Leben miteinander verbringt, sollte man sich mehr gegenseitig entgegen bringen können als Hass oder gelangweilte Duldung des anderen. Wenn es eines gibt, was ich in einer Ehe gern vermeiden möchte, ist es dies, meine Eltern haben mir vorgelebt, wie ich nicht leben möchte. Ich hoffe, Du hattest mehr Glück, was dies anbelangt, aber im Grunde ist es schon traurig, dass man heutzutage nicht ernsthaft erwartet, von einer glücklichen Ehe zu hören."


    Ich war ungemein erleichtert, dass sie nicht gleich nein gesagt hatte, und die dezente Freude darüber mochte sich wohl auch in meinen sich nun wieder entspannenden Gesichtszügen offenbaren. "Nun, meine bisherige Geschichte ist denkbar kurz - ich habe meine Kindheit und einen Teil meiner Jugend in Tarraco verbracht, ging dann zwecks rhetorischer Ausbildung nach Achaia, nach Athen, reiste auch dort durch das Land und kehrte vor einigen Jahren nach Rom zurück, um dort als Marspriester am Haupttempel des Mars zu dienen. Dass ich nun den Weg des cursus honorum beschreite, ist denke ich wenig erstaunlich, und ich hoffe doch, dereinst als Senator Roms Geschicke mitzubestimmen - ich habe fest vor, den cursus honorum bis zum consulat zu beschreiten, soweit es mir möglich sein wird, und wenn dies erreicht ist, werde ich mir weitere Gedanken machen." Im Grunde eine langweilige Geschichte, die vorerst die dunklen Flecken meiner Vergangenheit ausließ, aber sie musste schließlich nicht unbedingt die Schwachpunkte alle gleich serviert bekommen. Es gab ohnehin genug davon, dass sie diese selbst irgendwann entdecken würde, über meinen Charakter machte ich mir herzlich wenig Illusionen.


    "Was ich mir von meiner Gemahlin wünsche ..." ich dehnte den Satz ein wenig aus und warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. Als sie dann noch fragte, was ich von ihr erwarten würde, schlug mir mit einem Mal das Herz bis zum Hals. Sollte das heißen ...?
    "Ich ... hoffe einfach auf eine Frau, zu der es sich am Abend heimzukehren lohnt, auf ein wohlgeordnetes Heim, in das ich zurückkehren kann, um den Tag hinter mir zu lassen, und mit der ich über die Dinge, die wichtig sind, sprechen kann. Wenn es Gutes gibt, möchte ich die Freude darüber mit meiner Frau teilen können, wenn es Schwierigkeiten gibt, will ich sie mit ihr ebenso besprechen können, um eine Lösung zu finden - ich hänge nicht allzu sehr an meinem Geld oder den Einkünften aus meinen Gütern, sie mag gerne die Dinge kaufen, die ihr Freude bereiten, solange sie im Auge behält, dass ein Haushalt ernärt werden muss. Ich möchte mir ihr lachen können, Prisca, über Literatur sprechen können, sie an den Dingen des Lebens interessiert wissen, die auch über den Haushalt hinaus gehen, und vielleicht ... sind die Götter gnädig und schenken dieser Ehe auch Kinder, denen sie eine liebevolle und zärtliche Mutter sein wird. Letztendlich verlange ich keine Kaiserin, keine Göttin, keine Hetäre, solcherlei gibt es für einen Menschen nicht - aber ich erhoffe mir eine Frau, die mein Leben gern teilt und deren Leben auch ich teilen kann."


    Jetzt war es doch eine längere Ansprache geworden, als ich gewollt hatte, und doch schien mir das beschworene Bild eines friedvollen, glücklichen Heims noch nicht stark genug ... dennoch hoffte ich, sie würde verstanden haben, was ich meinte. "Aber erzähle mir doch, was Du Dir im Leben wünscht - es geht hier nicht um mich alleine. Für ein Paar bedarf es zweier Menschen gleichermaßen."

  • Die Dinge nahmen ihren Lauf und die beiden aurelischen Sklaven wurden ihrer nassen Kleidung zuerst ledig und dann mit heißer Brühe versorgt, die den ganzen Tag lang für die anwesenden Sklaven samt Fladenbrot zur Verfügung stehen würde, damit niemand krank wurde. Nicht, dass sein Herr an solche Details groß gedacht hätte, für derlei hatte Flavius Aquilius nicht den Sinn, er war dann doch eher ein Dichter, ein Träumer, jemand, der einer harten Realität in einigem sehr fern war, ohne gänzlich die Bodenhaftung zu verlieren - zumindest dachte sich das der Achaier über seinen Herrn, wenn dieser wieder die Buchführung seines Haushalts schleifen ließ und die unangenehmen Aufgaben postwendend an Straton delegierte. Auch Straton ließ sich eine Schale Brühe geben, um sich etwas aufzuwärmen - es war zwar ein klarer, sonniger Tag, aber der eisige Wind ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich hier nicht im Hochsommer vergnügten, sondern der Winter das Land noch im eisigen Griff hielt.


    "Das Zelt aufzustellen hat zwei Tage gedauert - das ganze Drumherum musste noch geliefert werden, der Graben für das Wasser und die Blumen ausgehoben und so weiter. Glücklicherweise kommt der Herr nicht zu oft auf solche ausgefallenen Ideen," antwortete Straton auf die Frage von Hektor und nahm noch einen Schluck der heißen, dampfenden Brühe aus der Schale, vorsichtig darauf achtend, dass er sich nicht die Zunge dabei verbrannte. Hätte Aquilius jede Frau, die er interessant fand, an den Strand geschleppt, wären sie wohl irgendwann hier eingezogen - es musste sich bei dieser Frau also um etwas Besonderes handeln. Es war klar, dass sein Herr auf Brautschau war, langsam wurde es auch allerhöchste Zeit, aber im Grunde hätte man dafür andere Gelegenheiten finden können. "Wir werden wohl erst morgen abbauen, mitten in der Nacht wird das zu umständlich - und wenn eure Herrin nichts dagegen hat, könnt ihr natürlich hierbleiben und morgen helfen. Vier zusätzliche Hände sind nie verkehrt, dann sind wir schneller fertig."


    Dass Hektor so freigiebig seine Hilfe anbot, konnte nur bedeuten, dass er gern noch eine Nacht ausbleiben würde - wann kam ein normaler Sklave schon groß aus dem Haus, wenn er nicht dauernd seinem Herrn zur Seite stand? Straton hätte es wohl ebenso versucht, noch ein paar Stunden mehr herauszuschlagen. Als Tilla sich plötzlich erhob und wegrannte, blickte ihr der Grieche irritiert hinterher, dann zu Hektor - wohl in dem Glauben, der andere könnte wissen, warum diese junge Frau nun plötzlich weglief. Vor allem, ob dies häufiger passierte. Dann nahm er einen weiteren Schluck Brühe und meinte: "Wie lange bist Du schon im aurelischen Haushalt? Ich würde fast vermuten, Du bist der custos corporis für Aurelia Prisca?" Zumindest seine Statur ließ es vermuten, er wirkte kräftig und gut genährt, schien sich auch wach und geschmeidig zu halten. Ihn konnte sich Straton gut bei Übungen im gymnasion vorstellen. "Wir sollten nach ihr sehen, sonst wird sie noch krank, ihr Haar war feucht," sagte er schließlich, innerlich fluchend. Im Grunde hatte der Achaier wenig für junge Frauen übrig, sie machten meist mehr Probleme, als sie nutzten, aber würde sie wegen des Ausflugs erkranken, würde es wohl noch an ihm hängen bleiben, und dem wollte er gern entgegenwirken.

  • Seinen Gesichtszügen nach, musste die Anspannung doch recht hoch gewesen sein. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihm eine positive Antwort wenigstens in Aussicht stellte. Mehr konnte und wollte Prisca auch nicht zusagen, denn ihr war sehr wohl bewusst wie viel Politik hinter so einer Verbindung stecken mochte. Politik, die Prisca eigentlich gar nicht interessierte. Was nützte ihr all der Reichtum und die Macht beider Häuser, wenn sie nicht glücklich sein durfte. Ist es etwa egoistisch, dass ich mir das wünsche? Oder zeugte dieser Wunsch nicht von viel mehr Bescheidenheit, als man von einer Patrizierin wie Prisca erwarten würde? Priscas Interesse galt vielmehr dem Menschen, der ihr dort gegenüber saß. Dem Mann, dem sie eine gute Ehefrau sein wollte. Dem sie gehorchen und zur Seite stehen, dem sie vertrauen und auch lieben wollte ohne daran zu denken, wie viel Macht sie als Frau dadurch inne haben könnte. All diese Geschichten kannte sie von ihrer Mutter und zur rechten Zeit würde sie sich vielleicht daran erinnern. Allerdings lagen diese Gedanken in so weiter Ferne, während Caius ihr umso näher schien. Nicht nur körperlich, da sie sich auf ihren Klinen ja direkt gegenüber lagen, nein - auch von seiner Art und seiner Einstellung her wirkte er so vertraut. Prisca gefiel, was er von sich erzählte und welche Pläne er für seine Zukunft hatte. Ein strebsamer und erfolgreicher Mann genoss schließlich hohes Ansehen und Macht und das wiederum würde Reichtum und ein unbeschwertes Leben mit sich bringen.


    Und es wäre gelogen gewesen, wenn Prisca ein solches Leben nicht zu schätzen gewusst hätte. Aber waren dies wirklich ihre Hauptgründe für eine Ehe? NEIN!!, so sicher war sich Prisca eigentlich noch nie gewesen, je öfter sie im Gedanken ihr künftiges Leben durchspielte. Was nützt mir das alles, wenn ich mich einsam, unnütz und ungeliebt fühle?, dachte sich Prisca und lauschte eben seinen Worten, die so viel mehr versprachen. …


    "Ich ... hoffe einfach auf eine Frau, zu der es sich am Abend heimzukehren lohnt … Wenn es Gutes gibt, möchte ich die Freude darüber mit meiner Frau teilen können, wenn es Schwierigkeiten gibt, will ich sie mit ihr ebenso besprechen können, um eine Lösung zu finden … Ich möchte mir ihr lachen können … über Literatur sprechen können, sie an den Dingen des Lebens interessiert wissen … vielleicht ... auch Kinder, denen sie eine liebevolle und zärtliche Mutter sein wird. Letztendlich verlange ich keine Kaiserin, keine Göttin … aber ich erhoffe mir eine Frau, die mein Leben gern teilt und deren Leben auch ich teilen kann..."


    Prisca ließ ihren Blick auf ihm ruhen und mochte fast abwesend wirken während sie sich in ihren Gedanken ausmalte, wie es sein würde. Ihr verklärter Blick verschwand erst wieder, nachdem Caius geendet hatte und die Frage an sie weiter reichte. …was ich mir vom Leben wünsche? … Prisca nahm einen Schluck von ihrem verdünnten Wein und ebenso schnell wie er ihre Kehle hinunter floss, mochte dieses Leben irgendwann einmal zu Ende sein. Viel zu schnell, um es zu vergeuden. Das wurde Prisca immer mehr bewusst.


    "Ich erzähle dir bestimmt kein Geheimnis wenn ich dir nun sage, dass ich bereits von Kindheit an von meiner Mutter auf den Moment der Ehe vorbereitet wurde. Ich lernte mich züchtig zu benehmen und ich wurde so erzogen, dass ich in der adeligen Gesellschaft bestehen könnte. Ich kenne also die Vorzüge eines solchen Lebens und als Patrizierin weiß ich sie zu schätzen … ja, wenn ich ganz ehrlich bin, …" Prisca musste kurz auflachen." …liebe ich auch den Reichtum und die Macht, aber …" Ihr Blick wurde mit einem Mal wieder nachdenklich und sie sah kurz auf ihren Becher, den sie immer noch in ihren Händen hielt. " … ich spüre auch deutlich, dass dies nicht alles im Leben sein kann, dazu ist es einfach zu … vergänglich …"Prisca ließ eine kurze Pause entstehen, indem sie den Becher zurück auf den Tisch stellte und im Gedanken kurz bei ihrer toten Mutter weilte. Dann sah sie ihm wieder in die Augen und war bereit, ihm ein Geheimnis anzuvertrauen, von dem nur sehr wenige wussten. Einfach nur um ihm zu zeigen, wie wichtig für sie Vertrauen und Familie waren.


    "Meinen Vater habe ich - wie du bereits weißt - nie gekannt und meine ganze Kindheit verbrachte ich bei meiner Mutter hier in Ostia. Sie sorgte sich all die Jahre wirklich vorbildlich um mich, brachte mir alles bei was ich wissen musste und beschützte mich vor allen Gefahren des Lebens. Ich kannte so gut wie keine Ängste und Sorgen. Eines Tages schickte sie mich dann auf eine Studienreise und ich dachte mir nichts weiter dabei. Ein Jahr später erhielt ich von ihr einen Brief, in dem sie mich aufforderte nach Germanien, zu meinem Onkel zu reisen. Angeblich zu einem Familientreffen, wie sie schieb … auch da ahnte ich noch nicht, warum sie das tat ..." Wieder verstummte Prisca und war bemüht den verräterischen Glanz ihn ihren Augen zu bändigen, bevor sie weitersprechen konnte. " … erst von Marcus erfuhr ich dann den wahren Grund für meine Reise. … Meine Mutter war krank … todkrank … und sie wollte nicht, dass ich sie leiden und sterben sah! … Aber vielleicht … hätte ich es ja so gewollt?! … nur um bei ihr sein zu können, ... bei meiner Mutter … in dem Moment, um ihr zu helfen … ihr zu zeigen, dass ich sie …" über alles geliebt habe …


    Prisca unterbrach sich und griff schnell nach einer Serviette, um sich damit die Tränen aus den Augen zu tupfen. "Entschuldige bitte, ich wollte dir keinesfalls den schönen Tag mit meinen trüben Gedanken verderben, aber … " Mit einem entschuldigenden Lächeln fing sich Prisca schnell wieder und faltete das Tuch zusammen, um es griffbereit in ihren Händen zu behalten. " … was ich eigentlich damit sagen wollte ist, dass ich mir letztendlich nichts sehnlicher wünsche als ein Leben miteinander und füreinander. Im Kreise einer Familie in der man sich wohl und geborgen fühlen darf und dem anderen voll und ganz vertrauen kann. " …In guten wie in schlechten Zeiten. … Und ... ich möchte keinen Mann, der nur an seine Arbeit und seinen Erfolg denkt und mich darüber ganz vergisst. Ich möchte vielmehr an seinem Leben teilhaben und ihn unterstützen dürfen, so wie er sich auch für meine Interessen begeistern lassen sollte ..." Nein - Prisca wollte auf Dauer keine dieser Patrizierinnen sein, die jeden Tag alleine zu Hause saßen und im Grunde gar nicht wussten, was um sie herum vor sich ging. Was sich Caius wohl von mir am meisten wünschen würde? … Kinder? … Prisca nahm sich ein Stück Brot, tunkte es in ein Schälchen mit garum und blickte ihm hoffnungsvoll in die Augen während sie davon aß. Wäre er der Richtige? Prisca verspürte bereits den Wunsch für ihn da sein zu wollen, an seiner Seite zu leben und ihn … zu lieben … Welche Ziele werden wir vielleicht schon bald gemeinsam verfolgen? … es gäbe so viele …


    "Es gibt da übrigens etwas, was ich eigentlich mit Marcus besprechen wollte. Bisher hatten wir nur noch nicht die Zeit gefunden, aber mich würde ebenso interessieren wie du darüber denkst.", verkündete Prisca so spontan wie sie an ein ganz persönliches Ziel von sich denken musste. Prisca richtete sich auf ihrer Kline auf, denn diese Überlegung und Caius´Meinung dazu waren ihr sehr wichtig. "Nun, ... wie du sicher weißt gibt es sehr wenige Aufgaben, die sich für eine Patrizierin wie mich ziemen und überdies wird es oft in der Familie nicht gern gesehen, wenn die Frau … arbeitet …" Mit dem letzten Wort schmunzelte Prisca kurz betont und sah ihn gleich darauf wieder erwartungsvoll an."… Allerdings hege ich schon lange den Wunsch mein Interesse für den Glauben und die Götter mit einer sinnvollen Aufgabe zu verbinden. Ich dachte dabei an den cultus deorum und frage mich ob es dort nicht ein Amt gäbe, welches ich übernehmen könnte ? …" Bei nächster Gelegenheit wollte sie diesen Gedanken mit Marcus teilen, aber genauso würde ihre Entscheidung auch eine künftige Ehe betreffen.

  • Die Brühe schmeckte wirklich vorzüglich und so trank ich sie auch recht zügig und ohne viele Worte zu verlieren. Gut zu wissen, dass auch auch die flavischen Sklaven eine sehr gute Versorgung genossen, denn vielleicht würde sich ja schon bald auch mein Leben in eben dem Hause abspielen, in das meine Herrin … . Zeitgleich mit dem Gedanken an eine mögliche Hochzeit warf ich einen Blick hinüber zu dem Zelt, unter dessen Plane vielleicht gerade darüber gesprochen wurde. Ob sie glücklich sein wird? ... , stellte ich mir die Frage und machte mir damit wieder mal unnötig viele Gedanken um Dinge die mich eigentlich nichts angingen. Aber vielleicht war das als Leibwächter auch normal sich darüber Gedanken zu machen. Schließlich war ich für das Leben und das Wohlergehen meiner Herrin verantwortlich.


    "Gut, wenn ihr unsere Hilfe brauchen könnt bleiben wir natürlich gerne hier! … Kann ich noch etwas von der Brühe haben, bitte?", lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder zurück und blickte lächelnd in die Runde der anwesenden Sklaven. Die Entscheidung hier zu bleiben traf ich zwar bewusst eigenmächtig, aber daran stören dürfte sich meine Herrschaft nicht. Schließlich bewies ich doch damit, dass sich aurelische Sklaven um keine Arbeit herum drückten (was wohl vor allem Mathos strengem und unerbittlichem Regiment zu verdanken war :D ). Abgesehen davon fühlte ich mich im Moment sehr wohl und Tilla offensichtlich auch und das dürfte ruhig noch ein wenig so bleiben. "Ja, du liegst mit deiner Vermutung richtig. Ich bin ihr Leibwächter, auch wenn ich im Moment wohl nicht viel für sie tun kann … Wie es scheint macht mich dein Herr ohnehin arbeitslos. Schließlich war er es, der sie vorhin aus dem Wasser gerettet hat.", bestätigte ich Staton im weiteren Gespräch mit einem Nicken und grinste bei meinen scherzenden Worten, obwohl sie als Anerkennung für das schnelle und mutige Eingreifen des Flaviers gedacht waren. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele von diesen verwöhnten und reichen Römern bei dem Anblick der Flossen einfach die Flucht ergriffen hätten ... jedenfalls kannte ich ein kleines Mädchen das mehr Mut bewiesen hatte ...


    "Ich lebe jetzt seit etwa drei Monaten im Haushalt der Aurelier. Noch nicht sehr lange … aber allem Anschein nach könnte sich das in absehbarer Zeit schon wieder ändern … wie ...", erzählte ich weiter und wollte eigentlich gerade - neugierig wie ich war - die Frage stellen, wie es sich bei den Flaviern so leben ließe. Aber da sprang Tilla neben mir auf und rannte einfach davon. "…was? … was soll das denn jetzt? …", fragte ich leise und ungehört hinter ihr her. War Tilla schlecht, oder musste sie vielleicht nur mal kurz austreten?Mit einem Schulterzucken blickte ich wieder zu Straton. " … Seltsam, was sie nur hat? … " Etwas unschlüssig stand ich auf und blickte in die Richtung, in der sie eben so schnell verschwunden war. "Du meinst wir sollen nach ihr sehen? … stimmt ihr Haar ist noch ganz feucht...", murmelte ich eher gedankenverloren vor mich hin und fasste Stratons Vorschlag eher als Aufforderung an mich auf. War ich nicht heute auch für Tilla verantwortlich? Ich hob die Decke auf, welche Tilla achtlos liegengelassen hatte und setzte mich damit langsam in Bewegung. "Dann werde ich ihr wohl besser die Decke bringen … bin gleich wieder da ...", verabschiedete ich mich also aus meiner Überlegung heraus und folgte dem Weg zwischen den Zelten hindurch zu den naheliegenden Dünen.


    Den frischen Spuren im Sand zu folgen war nicht allzu schwer und viele Versteckmöglichkeiten gab es hier am Strand auch nicht, trotzdem konnte ich sie zwischen den Dünengräsern nicht sofort erkennen. Suchend blickte ich mich nach allen Seiten um und überlegte wie schnell und weit Tilla gerannt sein mochte, … da entdeckte ich etwas zwischen den Dünengräsern liegen. "Tilla? … bis du das?", frage ich leise und näherte mich langsam der Stelle bis ich sicher war, dass sie es war die dort lag. "… ist was mit dir? … ist dir schlecht? … oder … was hast du denn auf einmal? …", fragte ich weiter und versuchte eine Erklärung für ihr Verhalten zu finden. Wollte sie vielleicht allein sein? "Hier, ich bringe dir deine Decke. Leg sie wenigstens um damit du nicht frierst …". Mit diesen Worten ging ich neben Tilla in die Hocke und legte dem Mädchen die wärmende Decke auch schon über die Schultern ...

  • Sie liess die Tränen über ihre Wangen laufen und sah zugleich noch einmal vor ihrem inneren Auge die Minuten vor und nach dem cetus am Strand ablaufen. Ja, sie hatte den Erwachsenen mit einem Ablenkungsmanöver helfen wollen... und dabei zugleich so einiges nicht beachtet. Zum Beispiel, dass Luna den Boden unter den Füßen verlieren würde oder das Hektor ihr vielleicht überhaupt nicht nachkommen wollte, weil sie ihn mit der rosaroten Muschel am Rücken beschossen hatte. Was wäre, wenn das gar nicht der Delphin sondern der Hai selbst gewesen wäre? Oder ihre vollgesogene Kleidung sie einfach mit in die Tiefe runtergezogen hätte. Dann würde sie gar nicht hier liegen.. vielleicht schon im Sand eingegraben worden sein. Große Enttäuschung war in ihr aufgestiegen, als weder Prisca noch ihr unbekannter namensloser Verehrer sie beachtet oder befragt hatten. Tilla seufzte tief, pustete mit dem Ausatmen die Sandkörner und mit dem Handrücken die Tränen auf ihrem Gesicht beiseite. Der Tränenstrom versiegte, sie fühlte sich ein bisschen besser als vorhin. Der leichte Kopfschmerz stammte wohl vom vielen Weinen.


    Eine vertraute Stimme drang an ihr Ohr. Das war Hektors Stimme! Tilla rappelte sich sitzend auf und wartete still für sich ab, bis er bei ihr war. Er hatte sogar die zurückgelassene Decke mitgebracht! Mit einem zaghaften Lächeln kuschelte sie sich hinein, sah mit verweintem Gesicht zu ihm. Hallo.. Hektor. Sollte sie einfach alles erzählen? Nein, nein, mir ist nicht schlecht. Ich habe nur so viele Gedanken im Kopf. Wegen dem Hai, den Delphinen, meinem Stein und den Sklaven die dem Mann gehören. Luna hat mich auf ihren Rücken gelassen und sie ist gerannt wie der Wind. Ich bin traurig, weil Prisca mich nicht angeschaut hat. Dann diesen Strand und die fliegenden Möwen. Sowas hab ich noch nie un jetzt zum ersten Male gesehen, ist mir trotzdem so vertraut. Die Sklaven verstehen mich nicht, wussten gar nicht was ich wollte. Ich wollte nicht, dass sie sauer auf mich sind. Einer von denen kennt mich, ich habe ihm seinen Beutel schon zurückgegeben. Tilla stockte, als sie sich gewahr wurde, was ihre 'tanzenden' Hände zuletzt 'erzählt' hatten' und lugte aus den Augenwinkeln zu Hektors Miene rüber.

  • Einen Moment lang blieb ich in der Hocke und sah sie verwundert an. Sie weinte?! .. Aber warum nur? Ich wartete bis sie sich aufgesetzt und in die Decke gekuschelte hatte, dann lies ich mich neben ihr in den Sand nieder und streckte beide Beine aus. Ich wischte mir den Sand von den Händen und suchte nach einer Möglichkeit, ihre Tränen zu trocknen. Ein Tuch wäre hilfreich, aber das hatte ich leider nicht dabei und so nahm ich einen Zipfel von der Decke und tupfte ihr damit vorsichtig um die Augen während Tilla zu erzählen begann.


    Und ich staunte nicht wenig, über wie viele Dinge sich das Mädchen gerade Gedanken machte. So viel schönes und trauriges. Sie schien ganz hin und her gerissen zu sein zwischen den vielen Eindrücken. Anfangs wusste ich gar nicht, was ich tun oder ihr antworten sollte. Ich wollte sie trösten … vielleicht in den Arm nehmen? … "hm? …" kurz nur hob ich etwas verwundert die Augenbrauen, gerade als sie etwas von einem "Beutel" und von "zurückgeben" sprach. Sie schaute mich dabei ganz scheu aus den Augenwinkeln heraus an. "hmmm…", bedeutete es am Ende gar das, was ich gerade vermutete? … Ich beschloss, die Frage nach dem Beutel erst einmal ganz hinten anzustellen.


    "Sei nicht traurig, Tilla!", versuchte ich sie mit sanfter Stimme zunächst zu trösten und rubbelte ihr mit der Hand aufmunternd über den Rücken."Sieh mal, der heutige Tag ist doch wunderschön! Auf Luna reiten - das Meer - die Delfine - die Möwen - der Strand mit dem feinen Sand … und wir beide können hier sitzen und alles in Ruhe genießen.", zählte ich bewusst die schönen Erlebnisse auf in der Hoffnung, Tilla damit aufmuntern zu können. " … und dass die Herrin dich nicht bemerkt hat, war bestimmt nicht ihre Absicht.", unterstellte ich einfach mal aus meinem Bauchgefühl heraus an und ließ meinen Blick über den Streifen am Horizont wandern." … aber es ist nun mal unser Los als Sklaven, dass die Herrschaften uns nicht immer beachten. … und schon gar nicht an so einem Tag wie heute!", bemerkte ich und blickte Tilla augenzwinkernd an." ... Du kennst doch sicher den Grund warum der Flavier die Herrin hierher eingeladen hat, oder?… ", Es war mehr eine Anspielung, weniger eine Frage die ich nicht zu Ende sprach. Tilla wüsste sicher was ich meinte.


    "… aber was ich gar nicht wusste ist, dass du einen der flavischen Sklaven kennst?..."Damit wollte ich zwar indirekt wieder auf den Beutel zu sprechen kommen, doch meiner Bemerkung nach konnte man wohl auch etwas anders unterstellen …

  • Sie kuschelte sich in die Decke hinein und liess es zu, dass Hektor ihr ihre Tränen wegwischte. Ein bisschen Sand klebte in ihren feuchten Haaren, aber das machte ihr im Moment nichts aus. Vielleicht würde der Wind und die Sonne mithelfen ihre Haare zu trocknen. Immer noch linste sie aus den Augenwinkeln zu Hektor rüber, machte sich gefasst, was er zu den letzten gebärdeten Sätzen sagen würde. Keiner der Aurelier wusste von der Zeit, die sie vor dem Eingefangen werden verbracht hatte. Einzig Rutger Severus hatte ihre fingerflinke Geschicklichkeit am eigenen Leib miterlebt und war ziemlich überrascht gewesen sie ausgerechnet bei den Aureliern wieder zu finden. Tilla sah die Haare des großen Blonden vor sich. Zu Rutger Severus fiel ihr ganz schön viel ein. Er glaubte mich zu kennen und da hatte er gar nicht so unrecht. Garms Grimm hat er gesagt und mir noch einen Namen gegeben: Irrwisch. Severus kann lesen. Er kann zwar nicht so gut klettern, dafür weiss er aber ganz viele Geschichten über den Gott mit dem Hammer und den goldenen Pferdewagen. Er hat durch mich Siv kennengelernt und wozu er die Münzen brauchte hat er nie erwähnt. Ich hab ihn seit den Saturnalien nicht mehr gesehen... und hier hab ich ihn nicht gesehen.


    Hektor, der neben ihr saß, fing an zu sprechen, rubbelte sie ab. Tilla setzte den Kopf auf die Arme, die ihre Knie umschlangen und zugleich die Decke festhielten, ab und blickte aufs Meer hinaus. Ja... er hatte recht. Es gab soviele Dinge, an denen sie sich erfreuen konnte. Sie spähte zu Luna rüber, konnte sie unter den vielen Pferderücken nicht erkennen. Aurelia Prisca kam auch zur Sprache. Tilla sah Hektor an. Nein, ich kenne den Grund nicht. Er hat ihr einen Armreif in einer Kiste und ein grünes Kleid geschenkt. Manchmal bekommt sie Rollen aus Papier und lächelt beim Lesen so seltsam. Jetzt bringt er sie hierher zum Meer heraus. Dann kamen die Dunklen dazu, doch die Hellen helfen mir und ihnen. In seinem Zelt hängt ein blaues Tuch, so blau wie mein Stein. Was soll das alles nur bedeuten? Wer ist das überhaupt? Wie ist sein Name? platzte sie wie ein Wasserfall mit ihren Beobachtungen und Fragen heraus.


    Sie fand es gut drüber 'reden' zu dürfen anstatt wie bisher alles für sich zu behalten. Ja, der große Blonde. Ich hatte ihn schon vergessen gehabt. Da tauchte er plötzlich in der Villa auf und überbrachte mit Bridhe die Kiste und das Kleid für die Herrin. Seine hellen Haare waren es, die mich wieder errinnern liessen. Er hatte ganz schön viele Münzen in seinem Beutel und das war gut, um Essen und Trinken kaufen zu können ohne verjagt zu werden, weil man uns nicht gerne in der Nähe der Waren sieht. Er heisst Severus. Beim Fest im Garten und bei den Flaviern war er auch dabei. Ich habe mich zweimal weggeschlichen, um ihm eine Nachricht mit Treffpunkt für die Beutelübergabe zu geben. Das hat beides gut geklappt. Ihr habt nicht mal gemerkt, dass ich weg war... nicht einmal Matho. Die dunklen Haare störten doch sehr. Wie als ob sie wieder im einsamen Versteck war nahm sie ein Stück der Decke zwischen die Zähne, riss den Stoff ein Stück weit auseinander und schliesslich ganz ab. Mit flinken Bewegungen band sie sich die offenen Haare zu einem wilden Busch am Kopf zusammen. Du kennst ihn. fügte Tilla hinzu, sah Hektor direkt an.

  • Zitat

    Original von Tilla Romania
    Nein, ich kenne den Grund nicht. Er hat ihr einen Armreif in einer Kiste und ein grünes Kleid geschenkt. Manchmal bekommt sie Rollen aus Papier und lächelt beim Lesen so seltsam. Jetzt bringt er sie hierher zum Meer heraus. Dann kamen die Dunklen dazu, doch die Hellen helfen mir und ihnen. In seinem Zelt hängt ein blaues Tuch, so blau wie mein Stein. Was soll das alles nur bedeuten? Wer ist das überhaupt? Wie ist sein Name


    Tilla kennt den Grund nicht? ... Sie weiß nicht, dass eventuell bald schon eine Hochzeit anstehen könnte? Ich sah Tilla etwas verwundert an. Über was redeten die Frauen sonst, wenn nicht über solche Dinge? Sogar ich hatte es mitbekommen! Wenngleich ungewollt und auch nur indirekt, da sich Dina gestern am Frühstückstisch laut mit ihrem Freund Rollo gestritten hatte. "... Warum willst du mich eigentlich partout nicht heiraten? Du Schuft! Sogar die Herrin Prisca wird bald heiraten. Genau! Den Flavier! Und die vielen Geschenke die er ihr macht. ... Du bist so gemein!..." Ja, genau das waren ihre Worte während Dina angestrengt auf den leeren Stuhl neben sich gestarrt hatte. Und Dina klang verdammt überzeugend! ... Trotz der Riesen-Meise, die sie bekanntlich hatte...


    "Ja genau ... Die Geschenke ... Die Briefe... Der Ausflug ... Das Zelt dort ..." , zählte ich langsam zu ihren Worten mit auf Naa? Kam Tilla vielleicht selbst darauf? Oder wusste sie wirklich nicht, warum sich ein Mann so viel Mühe gab wenn er dabei nicht ein ganz bestimmtes Ziel verfolgte? "Warum Flavius Aquilius das macht? ... Er will sie heiraten, darum!... zumindest weiß ich das von Dina ... Aber sag mal, über was redet ihr Frauen eigentlich den ganzen Tag so?", verriet ich ihr dann und konnte mir die Bemerkung und einen Lacher nicht verkneifen. Aber eigentlich war mir gar nicht nach Lachen zumute, denn bei einer Heirat würde ich wohl mit meiner Herrin zusammen das Haus der Aurelier verlassen...


    ... und eigentlich fühlte ich mich dort ganz wohl. Aber nun gut - jetzt lief ich Gefahr, in trübe Gedanken zu versinken. So hörte ich mir lieber an was Tilla über sich und diesen Severus erzählte. Aber hatte ich das alles richtig verstanden? Tilla hatte ihn bestohlen - Niemand hat es bemerkt - sie hat ihm den Beutel schließlich wieder zurück gegeben?... und woher soll ich diesen Severus überhaupt kennen? Ich überlegte angestrengt, aber sein Name und sein Gesicht konnte ich einfach nicht richtig zuordnen. "Ich soll ihn kennen? woher denn?", fragte ich nach und sah Tilla gleichzeitig skeptisch an. "Aber wie auch immer. Vielleicht ist es besser, du erwähnst das mit dem Stehlen nicht jedem gegenüber", gab ich Tilla den gut gemeinten Rat und nickte ihr leicht zu."Ich finde es jedenfalls gut, dass du ihm den Beutel zurückgegeben hast."


    Ehrlichkeit währt schließlich immer am längsten. So abgedroschen es auch klingen mochte, aber davon war ich überzeugt. "Aber lass uns heute nicht weiter davon sprechen", schlug ich vor und ließ mich bei den Worten einfach rücklings in den Sand fallen. "So einen Tag wie heute sollten wir einfach nur genießen ... vor allem wir Sklaven! .. wer weiß schon, was das Schicksal uns allen noch bringen wird ..."


    simoff: wg. Germanienreise muss ich hier vorerst pausieren

  • Ich hätte so manchen Sesterzen dafür geopfert herauszufinden, was sie dachte - nicht nur um der Neugierde willen, sondern auch, um sie ein wenig besser zu verstehen. Wir kannten uns schließlich noch nicht lange, und ich konnte bei vielem nur vermuten. Dass sie meinen Vorschlag wohlwollend angehört hatte, die außergewöhnlichen Umstände dabei in Kauf nahm, ohne zu klagen oder sich auf Moralbegriffe zu berufen, die längst schon in Rom keinen wirklichen Bestand mehr hatten, war überraschend gewesen, aber auch erfreulich, und ich konnte letztendlich nur hoffen, in ihr eine unkonventionelle Frau gefunden zu haben, die ihre Freude daran fand, das Leben zu genießen.
    Oder aber sie war von ihrer Mutter und ihrem familiären Umfeld einfach nur sehr gut darauf vorbereitet worden, einem möglichen patrizischen Ehemann eine Ehe möglichst schmackhaft zu machen. Aber warum war ich so misstrauisch? Hatte nicht ihre bisherige, so offene und freundliche Art viele Fragen einfach schon im Keim erstickt? Durfte ich überhaupt an ihr Zweifeln oder musste ich es nicht sogar, um vor einem möglichen Fehler zurückzuschrecken? Die Tatsache, dass es hier nicht um eine Ehe zwischen zwei Menschen allein ging, war für mich eher unangenehm als hilfreich, die stetige Familienpolitik auch mit bedenken zu müssen, freute mich nicht unbedingt.


    Aber sie wirkte nicht wie ein hinterlistiger Mensch, oder aber ich irrte mich derartig, dass ich mich auf meine Instinkte am besten gar nicht mehr verlassen sollte - ein Irrtum jedoch würde sicherlich, sollte es ihn geben, erst mit der Zeit offenkundig werden. So oder so, wie auch immer ich es zu drehen und wenden versuchte, es war und blieb nicht leicht. So blieb mir nur die reine Spekulation, gemischt mit Hoffnungen, mit Wünschen für die kommenden Jahre, und dem Wissen, dass sie mich ebenso wohl durch ihren Instinkt würde einschätzen müssen wie ich sie. Überhaupt fiel es mir schwer, so weit voraus zu blicken, wie sich unsere eheliche Gemeinschaft eventuell entwickeln konnte. Es gab so viele irgendwie abschreckende Beispiele gruseligen Zusammenlebens, dass ich eigentlich vor dem Gedanken schon hätte fliehen sollen - aber ich tat es nicht, ich hoffte immernoch, der eine dumme Kerl zu sein, der vielleicht ein bisschen Glück bei der Sache finden würde. Und sie? Was erhoffte sie sich, verborgen hinter wohlgesetzten Worten und einem sanften, verheißungsvollen Lächeln?
    "Reichtum, eine villa, Schmuck, Ämter ...all das sind Güter, die man haben kann, aber auch schnell wieder verlieren. Ein falsches Wort, eine missratene Spekulation ... mir wäre es wichtiger, mein Leben nicht allein auf diese Dinge bauen zu müssen. Ein Mensch, der durch alle Widrigkeiten und Höhen im Leben mit mir geht, ist sicherlich ein größerer Gewinn als eine Kammer voll Denaren."


    Als sie jedoch begann, über ihre Eltern und die letzten Entscheidungen ihrer Mutter zu sprechen, gar berührt davon Tränen trocknen musste, fiel es mir schwer, nicht einfach zu ihr herüber zu gehen und den Arm um sie zu legen - Frauen mit Tränen in den Augen hatten stets diese unselige Wirkung auf mich, und dieses Mal musste ich mich irgendwie bezähmen, gegen den Drang ankämpfen, so gut es eben ging. Es musste bei tröstenden Worten bleiben, einem mitfühlenden Blick, ich war mir immernoch nicht sicher darüber, wie sie plötzliche Nähe aufnahm, die man auch falsch interpretieren könnte, und gerade mit ihr durfte es keine Fehler geben.
    "Sie hat eine Entscheidung getroffen, die sehr mutig war - und ich denke, Du solltest diese Entscheidung Deiner Mutter als einen Beweis ihrer Liebe zu Dir sehen, als nichts sonst. Einem Menschen, für den man vieles empfindet, die letzten Wochen der siechenden Krankheit und des Todes zu ersparen, wohl wissend, wie einsam man dabei sein muss, ist ein gewaltiges Geschenk. So kannst Du sie immer als lächelnde, gesunde Frau in Deiner Erinnerung bewahren, ohne Leid, ohne Traurigkeit. Ein größeres Geschenk kann man wohl niemandem sonst machen." Ich streckte meine Hand aus, berührte die ihre sanft und drückte sie - ganz konnte ich es dann doch nicht lassen - um sie dann anzulächeln.


    "Also mache Dir nicht zuviele Gedanken, und ruiniert hast Du diesen Tag sicherlich auch nicht. Was nützt es denn, wenn wir einander nicht auch in solchen Dingen ein wenig kennenlernen? Letztendlich ist es eine wichtige Entscheidung, ob und wen man heiratet, und zu jedem Menschen gehören auch traurige Dinge mit dazu," erwiederte ich dann auf ihre Zweifel und sah sie direkt an. Konnte es eine passendere Frau geben? Teilte sie wirklich meine Hoffnungen? Mochten die Götter diese stille Frage doch mit einem ja beantworten, ich wäre mit vielen anderen Dingen zufrieden gewesen, die vielleicht weniger vorteilhaft sein mochten.
    Und dass sie sich selbst schon überlegt hatte, womit sie ihre Stunden füllen wollte, erleichterte mich - was man mir wohl auch ansehen konnte.
    "Nun, ich fände es gewiss eine gute Entscheidung, würde sich meine Gemahlin ebenso im cultus deorum engagieren, wie ich es bereits tue - und das würde ich unterstützen, soweit es mir möglich ist. Es gbt zu wenige Priesterinnen, die gerne ihren Dienst verrichten, der Nachwuchs ist geringer geworden in den letzten Jahren - ich bin mir sicher, einer Aurelia würden sich viele Türen wie von selbst öffnen, wenn Du diesen Wunsch äußerst. Auch Marcus sollte nichts dagegen haben, das kann ich mir nicht vorstellen, was man gegen solches einzuwenden haben könnte." Ich sah sie offen an, und wieder berührten meine Finger die ihren, von ihr angezogen, als seien wir zwei gegensätzliche Pole, die einander einfach anziehen mussten.

  • Auch Prisca hätte liebend gern die Fähigkeit besessen seine Gedanken lesen zu können. Und wäre es nur heute und für diesen Moment möglich gewesen. Es war einfach ihre angeborene Neugierde, aber auch das Bestreben, die Vorlieben und Abneigungen des anderen heraus zu finden. Schließlich trafen sich hier zwei Personen zum ersten Mal und in der Absicht ihr künftiges Leben vielleicht gemeinsam zu verbringen. Sicher war es aus politischer Sicht der Verbindung beider Häuer unerheblich, ob sich die Eheleute dabei mochten. Aber gerade diesem Schicksal einer unglücklichen Ehe wollte Prisca eben entgehen. Und Caius schien ähnlich zu denken, zumindest vermutete Prisca das, denn alle seine Worte, seine Aufmerksamkeiten und sein Handeln gingen weit über das hinaus, was es bedurft hätte, wenn ihm nichts an ihr gelegen wäre.


    Und Prisca erging es nicht anders. Er gefiel ihr und sie wollte ihm gefallen. Nicht nur der Erziehung wegen und weil man es bei einer solchen Verbindung von ihr erwartete. Nein, sie wollte ihm als Frau und vor als der Mensch gefallen, mit dem man gemeinsam durch alle Widrigkeiten und Höhen des Lebens gehen könnte. Dennoch stimmten seine Worte sie ein wenig nachdenklich, da sie darin eine viel weiter gehende Bedeutung zu erkennen glaubte. "Ein Mensch, auf den man sich in allen Lebenslagen verlassen kann, ist sicher ein viel höherer Gewinn als eine Kammer voll Denaren. ", begann sie leise vor sich hin zu sinnieren. "Auch wenn man mit Geld sicher alles kaufen kann. Sogar ein Menschen, … aber wohl niemals seine Gefühle. … Ich denke ich könnte sehr gut ohne all den Reichtum leben mit dem ich mich heute umgebe, aber niemals neben einem Menschen der meine Gefühle würde kaufen wollen …


    Über diese Gedanken, die sie ganz offen mit ihm teilen wollte, wurde Prisca traurig und empfänglich für die Tränen, die sie sogleich im Gedenken an ihre tote Mutter vergießen sollte. Doch Caius schaffte es sie mit seinen Worten zu trösten und er zeigte ihr deutlich, dass ihm ihre Gefühle wichtig waren. Es tat gut ihm einfach zu zu hören und seine Verbundenheit zu spüren. Ich danke dir , teilten ihm ihre Augen einfach ohne Worte mit und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen fühlte sie sich augenblicklich wieder geborgen.


    War sie eben noch traurig, so konnte sich Prisca nun wieder freuen, da Caius ihre Absichten wohlwollend aufnahm diese sogar fördern würde. Noch waren dies aber nur Gedankenspiele und so sprach er lediglich indirekt von ihr. Allerdings glaubte Prisca in seinen Augen erkennen zu können, dass er sich wirklich darüber freuen würde wenn sie diejenige wäre. "Es freut mich, dass dir meine Pläne gefallen und du sie unterstützen würdest …. ", sollten wir wirklich heiraten zu Ende sprach sie es nicht, da eben seine Finger die ihren wieder berührten. Stattdessen ergriff sie seine Hand, um sie diesmal ganz fest zu halten. " … mir bedeutet es nämlich sehr viel, nachdem ich jahrelang den Glauben so vernachlässigt habe. Erst Marcus hat mir gezeigt, wie wichtig es ist die Götter zu ehren.", erzählte Prisca weiter von sich. "Allerdings möchte ich auch nicht, dass mir etwas geschenkt wird! Zu wissen, welche Türen es zu öffnen gilt, genügt mir …. Sie auf zu stoßen ist dann alleine meine Aufgabe!", gab Prisca ganz selbstischer lächelnd und vom Ehrgeiz gepackt zu verstehen. Nur auf ihren guten Namen zählen wollte sie nicht, denn zu schnell geriet man darüber ins Gerede. Auch wenn ihr das Gerede sonst nicht viel bedeutete, aber hier wollte sie beweisen was sie leisten konnte.


    Das hatte Caius mit seinen Worten ihr sicher auch nicht unterstellen wollen. Doch war es Prisca ein Anliegen, ihm zu zeigen wie ernst es ihr damit war. Er soll ja auch stolz auf mich sein können, mein künftiger Gemahl … schmunzelte Prisca dabei innerlich vor sich hin und strich dabei sanft und unbewusst mit dem Daumen über seinen Handrücken. Wie schön und gepflegt seine Hände sind. So sanft, von keiner harten Arbeit gezeichnet und doch so stark. … wie mag es wohl sein, von ihnen gehalten und berührt zu werden. ...Immer und immer wieder … , verlor sich Prisca mit einem Mal in ganz anderen Gedanken und es überraschte sie selbst so sehr, dass sie erst Sekunden später wieder unvermittelt zu ihm aufsehen konnte. "Es ist wirklich schön, mit dir so offen über all diese Dinge reden zu können. ..", sagte sie ihm ganz leise und lächelte hoffnungsvoll . Welche Interessen und Gemeinsamkeiten mögen uns wohl noch verbinden? … der Schritt in eine neue Familie - in ein neues Leben, an seiner Seite, wäre doch so leicht, oder? ...

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