• Ursus hatte seine Drohung schließlich doch noch wahr gemacht und Caelyn mitgenommen in die Stadt. Er hatte Corvinus versprochen, sich weitere Togen machen zu lassen, also ließ er sie machen. Auch wenn er persönlich es für ausgesprochen überflüssig hielt. Seine vorhandene Garderobe war seiner Meinung nach durchaus ausreichend.


    Im Moment gingen sie noch durch die Straßen. Und Ursus erklärte hin und wieder, wo sie sich befanden oder wohin die Hauptstraßen führten. Er wurde dabei nicht zu genau, das würde sie nur verwirren. "Du wirst Dich sicher bald auskennen, Caelyn", meinte er lächelnd, während er weiterging und ihr Gelegenheit gab, sich die vielfältigen Gebäude anzusehen.


    "Warst Du überhaupt schon auf einem der großen Märkte? Ich meine auf dem normalen Markt?" Immerhin bildete der Sklavenmarkt einen eigenen Bereich. Und daß sie den kannte, das wußte er schließlich. "Wenn wir schon in der Nähe sind... - komm schauen wir mal, was die Provinzen Roms so zu bieten haben." Ursus lächelte Caelyn an. Sie hatte vermutlich keine Ahnung, was es so alles gab auf der Welt, wenn sie bisher nur Gallien gekannt hatte.


    Sim-Off:

    reserviert :)

  • Ha, das war doch mal was! Endlich mal wieder raus aus den vier Wänden! Ich hatte ja schon tagelang auf dieses Großereignis spekuliert und heute war es endlich wahr geworden! Ich strahlte über beide Ohren, als mir Ursus die frohe Botschaft verkündigte. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen, aber das ließ ich dann doch besser sein. Sonst käme der vielleicht noch auf dumme Gedanken, oder so. Warum er dabei sagte, er würde heute seine Drohung wahrmachen, war mir absolut schleierhaft. Junge, das war die beste Drohung, die ich seit langem bekommen hatte. Das es bei unseren Ausflug zwar hauptsächlich um Klamotten kaufen für ihn ging, war nebensächlich. Schließlich mußte man ja erst mal zu dem Schneider hin kommen. Alleine der Weg dorthin war doch schon so was wie ein Ziel!


    Ich hoffte bloß, er würde sich nicht mit ´ner Sänfte durch die Gegend tragen lassen und ich müßte hinterherdackeln. Nein, es kam ganz anders! Wir gingen zu Fuß und ich dackelte ihm hinterher. :D Dabei erzählte er mir allerhand über die Plätze und Straßen die wir passierten. Mann, der war heute aber echt gut drauf und hatte mal nicht den Caelyn-das-hast-du-wieder-falsch-gemacht-Blick drauf.


    Ja, na sicher würde ich mich hier bald auskennen, wenn ich dann öfters auch mal raus dürfte.
    Ob ich schon mal auf´nem normalen Markt war? Na logisch! Das war mein früherer Arbeitsplatz! Da konnte man am meisten abräumen. War doch auch klar! Auf ´nem Markt waren hauptsächlich Leute mit Geld. Wenn ich ihnen dann begegnete, waren sie auf Garantie ihre Kohle los!
    Natürlich erzählte ich ihm das nicht, sonst hätte der ja ´nen völlig falschen Eindruck von mir gekriegt. "Ja, zu Hause gab es auch einen Markt. Da bin ich oft gewesen. Natürlich ist der Markt von Augustodunum nicht so groß wie dieser hier!"
    Ich hatte mir angewöhnt, in seiner Gegenwart, ´ne einigermaßen ordentliche Sprache zu sprechen. Seitdem diese arbeitswütige Pappnase, Sertorio da war, der wirklich noch zehnmal schlimmer laberte wie ich, hatte ich einen guten Ausgleich gefunden.


    Meine Miene erhellte sich, als er vorschlug, man könne ja mal schauen, was Roms Provinzen so zu bieten hätten. Der kam mir fast schon´n bißchen unheimlich vor, weil er so nett war.

  • Ja, Caelyns Sprache hatte sich schon deutlich gebessert. Vor allem im direkten Vergleich mit Sertorio war dies sehr deutlich festzustellen. Und eigentlich hatte sie dafür auch eine Belohnung verdient. Doch das erst auf dem Rückweg, sonst würde sie noch übermütig. Außerdem wollte Ursus sehen, wie sich sich hier draußen machte. Ob sie einen Fluchtversuch starten würde? Das wäre ausgesprochen dumm, denn sie hatte es ja im Hause der Aurelier alles andere als schlecht. Doch zuzutrauen war ihr so etwas durchaus.


    "Daß Du in Deiner Heimat schon auf Märkten warst, bezweifle ich nicht. Doch hier in Rom? Es gibt nichts, was es hier nicht gibt, Caelyn. Sieh Dich um, die ganze Welt ist hier. Hier in dieser Stadt." Daß ihre Gedanken bei den Geldbeuteln anderer Leute weilten, konnte Ursus ja nicht ahnen. Er selbst hatte seinen gut weggesteckt. Schließlich mußte man es Dieben ja nicht zu leicht machen. Zumal er nicht wenig Geld mit sich trug an diesem Tag.


    Als sie den eigentlichen Markt erreichten, schlugen ihnen vielerlei Gerüche entgegen. Gewürze, gebratenes Fleisch, Eintöpfe, Duftwässerchen oder Duftöle... Dazu das Geschrei der Händler, die ihre Waren anpriesen, Musik von bettelnden Musikanten, Gelächter, Kindergeschrei. Die Menschen drängten sich um einige Stände, andere dagegen schienen völlig uninteressant und leer. Waren aus allen Provinzen und auch aus Ländern jenseits des römischen Reiches wurden hier angeboten. Und so vielfältig wie die Angebote waren auch die Menschen, die sich vor, hinter und zwischen den Gängen drängten.

  • Jungejunge, war hier was los! Jede Menge Stände mit allerlei exotischen Waren, hastenichgesehen! Dazwischen die nervigen Marktschreier, kleine Heulbojen, die unentwegt nach ihrer Mama schrien und ... jaaaa! dicke Männer, mittleren Alters mit gutgefüllten Geldbeuteln. Oh Mann, wie mir die Finger juckten!
    "Meine Fre, öhm, Güte hier ist ja echt was los", verbesserte ich mich schnell und grinste schelmisch. Nee, echt! so was hatte ich wirklich noch nich gesehen! Dagegen war der Markt von Augustodunum Pipifax!
    Ich wußte gar nich , wo ich überall hinschauen sollte. Alles war so bunt und roch auch so interessant.
    Als wir schließlich an so´nem Gewürzstand vorbei kamen, blieb ich einfach stehn und atmete ma tief ein. "Wart mal bitte! Das riecht hier so gut! Was ist das?" Neugierig musterte ich die Auslagen des Gewürzhändlers. Teilweise standen da Jutesäcke, die mit verschiedensten Gewürzen gefüllt waren. Manche Gwürze befanden sich in kleinen Gefäßen. eines fiel mir dabei ins Auge. Es mußte so ´ne Art Rinde oder Holz sein. Es waren braune, dünne, runde Stangen die ganz stark dufteten. Daneben stand ´n Gefäß, in dem sich so´n braunes Pulver befand, das auch so roch. Echt, das fesselte mich total! Hier hätt ich noch Stunden verbringen können! Das Zeug mußte sicher irre teuer sein! Zu dumm, dass ich keine Tasche dabei hatte!

  • Ja, das der Markt sie in Begeisterung versetzen würde, damit hatte Ursus durchaus gerechnet. Wie könnte es auch anders sein bei solch einem gewaltigen und interessanten Angebot. An einem der Gewürzstände blieben sie stehen und sie deutete auf ein fremdartiges Gewürz. Ausgerechnet ihn fragte sie danach, als hätte er Ahnung von Gewürzen! "Ich habe nicht die geringste Ahnung, was das ist", lachte Ursus. "Teuer ist es mit Sicherheit. Aber laß Dir doch von dem Händler erklären, um was es sich handelt und was man damit anstellt. - Moment."


    Er blickte sich um und entdeckte den Händler, der gerade von einer Kundin das Geld kassierte. "Händler?", rief er in sehr bestimmtem Tonfall und sofort eilte der Mann herbei. Wie jeder Händler hatte er einen Blick dafür, welcher Kunde Geld hatte und welcher nicht. Und Ursus sah eindeutig nach Geld aus. Der Aurelier zögerte auch nicht lange mit seiner Frage. "Erkläre uns doch bitte mal, was das hier ist und wofür man es verwendet." Er deutete auf das fragliche Gewürz.

  • Na auf die Idee hätt ich ja auch ma kommen können! Wer nich fragt, bleibt dumm!
    Gespannt, wie der Händler sich äußern würde, wanderten meine Augen zu dem Angesprochenen. Der witterte natürlich gleich ein gutes Geschäft, als er den gutgekleideten Aurelier erblickte und setzte sofort, taktisch klug, seine freundlich-verkaufsfördernde Miene auf und grinste bis hinter die Ohren. Der kleine dicke Mann mit der braunen Hautfarbe begann zu erklaren:"Oh werter Herr! Hierbei handelt es sich um cinnamomum! Ein Gewürz aus dem fernen Indien. Es wird aus der Rindes des Cinnamomum-Baumes gewonnen und ich kann es dir zu einem sehr guten Preis in Form dieser Stangen hier anbieten oder auch gemahlen, als Pulver!"Dabei deutete er auf den Sack in dem sich diese länglich gerollten Stangen befanden und auf das Gefäß, das das Cinnamomum-Pulver behinaltete. "Man benutzt es in meiner Heimat unter anderem als Räucherwerk, um damit den Göttern in den Tempeln zu huldigen, doch ebenso findet es in der Küche Verwendung. Mein kann damit Fleisch aber auch Süßspeisen formvollendet abrunden. Selbstverständlich findet es auch in der Heilkunst seinen Platz! Cinnamomum hilft gegen Müdigkeit, Energiemangel nach langer Krankheit, verbessert die Sehfähigkeit und gegen Bauchschmerzen sowie Menstruationsbeschwerden."
    Dabei sah er mich an und grinste auf so ´ne dämliche Art und Weise, sodass beinahe meine Faust in seinem Gesicht gelandet wäre. Doch ich hielt mich besser zurück, sonst gäbe es nur wieder Ärger und unser kleiner Ausflug in die Geschäftswelt würde bereits enden, bevor er richtig begonnen hatte.
    "Und was kost so´n Zeug?", bellte ich ihn fragend an. Der Händler schaute etwas irritiert, doch dann fand er wieder seinen Faden und lächelt wieder."Nun werte Dame, das ist ein sehr kostbares Gewürz. Es kam auf einem langen beschwerlichen Weg aus Indien hierher auf diesen großartigen Markt, in diese großartige..."
    Oh Mann, was laberte der da? Ich verrollte die Augen und fiel ihm ins Wort. "Laber nich , sach was´s kost! Mehr nich!"
    Verdutzt schaute der Händler mich wieder an, dann Ursus . Ganz entgeistert nannte er dann den Preis. "Eine unica macht 50 Sesterzen, der Herr, die Dame."
    Fünfzig Sesterzen, für so´n bisschen braunes Pulver? Und das sollte ´n guter Preis sein? Nee, ne!

  • Ursus runzelte die Stirn. Am Anfang war er ja noch geneigt, dem Händler Glauben zu schenken. Doch bei jeder neuen wundersamen Eigenschaft dieses fremden Gewürzes wurde der Vortrag unglaubwürdiger. Auch wenn Caelyns Verhalten auch nicht gerade das beste war, so ging der Händler ihm mit seiner Einschmeichelei doch schon mächtig auf die Nerven. "Nunja, ich denke, wenn es so viele Wirkungen hat, läßt man besser die Finger davon. Denn wer weiß, was es noch so alles bewirkt, nicht wahr? Einen schönen Tag noch." Er lächelte ein wahrhaft liebenswürdiges Lächeln und schob dabei Caelyn von dem Stand fort.


    "50 Sesterzen für ein braunes Zeug, von dem keiner weiß, was es eigentlich ist. Na, ich weiß ja nicht. Gewürze zu kaufen überlasse ich dann doch lieber denjenigen, die etwas davon verstehen. - Komm, es gibt noch viel mehr zu sehen." Edle Stoffe, kunstvolle Waffen, kostbarer Schmuck, Lederwaren jeglicher Art und immer wieder leckere Dinge zu essen und zu trinken.

  • Tja, Pech gehabt, Meister, dachte ich und lies mich von Ursus vom Stand weg schieben. Indes versuchte der Händler uns mit Worten zurückzuhalten. "Aber mein Herr, meine Dame, über den Preis läßt sich selbstverständlich reden! Schaut doch bitte! Hallo mein Herr...!"
    Ich sah mich nochmal um und wollte dem Wucherer noch was zurufen, doch irgendwas in Ursus Gesicht sagte mir, ich sollte das besser lassen.


    "Im Leben glaub ich nich, dass dieses Zeug so teuer is! Die Ratte wollte uns doch reinlegen! Schade! Hat so gut gerochen!" Wir entfernten uns von dem Gewürzstand und schon drangen wieder andere Düfte in meine Nase. Es war der Stand eines Sattlers, der seine Lederwaren jeglicher Art feilbot. Gürtel, große Taschen, kleine Taschen, Lederbänder und noch viel mehr.
    Gleich im Anschluß hatte ein Tuchmacher seinen Stand aufgeschlagen.
    Eigentlich war ich ja keine von denen, die sich ständig neue Fummel kaufen mußten. Denn erstens hatte ich meistens keine Knete und wenn ich Knete hatte, gab ich den Zaster garantiert nich für Fummel aus. Doch die Auswahl der bunten Vielfalt verlangte meine ganze Aufmerksamkeit.
    Ich lief langsamer und blieb schließlich stehen. Voll der Wahnsinn, die vielen Farben und die Muster! Ich sah mich nach Ursus um, der schon weiter gelaufen war. "Bitte, darf ich hier noch ma gucken?", rief ich ihm zu.
    Mit offenem Mund und großen Augen, stand ich vor der Auslage. Mit meiner Hand berührte ich die edlen Stoffe. Sie waren so unglaublich weich und wie die glänzten! Wenn man daraus ´nen Fummel hätte... Nee, Caelyn, was´n los mit dir? Wer hat dir denn so´ne bekappte Gehirnwäsche verpasst? Ich sah wieder auf und war über mich selbst überrascht! Das konnte doch nich sein, oder? Vor´n Paar Wochen noch, wär mir so´n Stoff noch 10 passus am Allerwertesten vorbeigegangen! Und jetzt? Irgendwas stimmte nich mit mir! Ich mußte ganz schön verwirrt aus der Wäsche geguckt haben!

  • Ursus mußte lachen, als sie so trocken feststellte, daß der Händler garantiert einen zu hohen Preis verlangt hatte. "Naja, jeder Händler nennt doch erst einmal einen überhöhten Preis. Dann kann man schön handeln, am Ende zahlt der Kunde immer noch zuviel, aber beide fühlen sich gut dabei, weil beide glauben, ein gutes Geschäft gemacht zu haben." Mit großen Schritten ging er voran und merkte erst gar nicht, wie ihre Aufmerksamkeit von einem Tuchhändler besonders angezogen wurde. Erst als sie darum bat, gucken zu dürfen, blieb er stehen.


    "Du hast wirklich eine Begabung, das beste - und teuerste - herauszufinden. Das ist Seide." Er wickelte ein Stück von einem Ballen ab, ohne sich an den strafenden Blicken der Händlerin zu stören, und hielt Caelyn den dunkelgrünen Stoff an. "Nein, noch nicht ganz Deine Farbe würde ich sagen." Er legte den Stoff zurück. "Welchen würdest Du wählen?" Er wußte selbst nicht, was ihn ritt, daß er sie fragte. Er hatte eigentlich nicht die Absicht, ihr so etwas zu kaufen. Aber wenigstens schauen konnten sie ja mal.


    Jetzt war er neugierig, was Caelyn wählen würde. Daß sie einen ausgezeichneten Geschmack hatte, wußte er ja. Deshalb nahm er sie ja mit. Deshalb machte er sich die Mühe, sich selbst zum Schneider zu begeben, der sonst eigentlich ins Haus kam. Sie sollte das gesamte Angebot des Schneiders sichten können, ohne auf seine Vorauswahl beschränkt zu sein.


    Warum sie allerdings so verwirrt dreinschaute, verstand er nicht. Vielleicht hatte sie irgendetwas falsch verstanden?

  • Aha! Seide nannte man den Stoff also! Hatte ich noch nie gehört. Ab und an hatte ich ma so´n Paar reiche Zimtzicken mit solchen Stoffen rumstolzieren gesehn. Nee, so was brauchte man doch nich! So´ne schöne Leinentunika tat´s doch auch! Außerdem war´n solche Fummel doch irre teuer! Und genau, ich hatte mich nich geirrt! Ursus bestätigte mir das. Tja, ich hatte eben ´n Näschen für teuren Krempel!
    Noch erstaunter war ich allerdings, als er so´nen grünen Seidenstoff an mich hielt. Naja, das dunkelgrün war echt nich der Brüller! Da fand ich den türkisfarbenen Stoff viel schöner! Völlig überzeugt deutete ich auf den Stoff."Den da! Der türkisfarbene is schön!" Einen Augenblick zögerte ich und meinte dann "Ach nee, so was brauch ich ja eh nich! Gehn wir am besten weiter!"
    Ich wollte mich schon von den Stoffen abwenden und war bereit, weiter zu gehen. Warum sollte ich mich auch mit Sachen beschätigen, die ich eh nie brauchen, geschweige denn jemals haben würde. das war doch nur verplemperte Zeit.
    Warum er mir allerdings den Stoff angehalten hatte, kapierte ich immer noch nich! Wollte er mich damit ködern, oder was sollte das?

  • Dafür, daß sie so etwas nicht brauchte, wußte sie aber ganz genau, was ihr gefiel. Ursus schmunzelte und nickte. "Stimmt, so etwas brauchst Du nicht." Doch der Schalk blitzte aus seinen Augen. Wenn sie sich heute gut führte... nun, dann konnte man durchaus darüber nachdenken. Sie war eine schöne Frau und das konnte man ruhig mal unterstreichen. Doch das brauchte sie jetzt noch nicht zu wissen. Erst einmal abwarten, wie der heutige Tag sich so entwickelte.


    "Aber hübsch ist der Stoff, ganz ohne Zweifel. Du hast wirklich einen erlesenen Geschmack." Sie kamen an einem Stand mit kleinen Statuen und anderen Kunstgegenständen aus aller Welt. Sicher waren da viele Dinge dabei, die Caelyn noch niemals gesehen hatte. Und andere, die vielleicht sogar aus ihrer Heimat stammten. "Hast Du schon mal solche Tiere gesehen?" Er hielt die Statue einer Giraffe hoch. Und die eines Löwen. Vielleicht sollte er sie einmal zu den Spielen mitnehmen? Sie sollte doch zumindest alles einmal gesehen haben.


    "Interessierst Du Dich für so etwas? Oder eher nicht?" Er blickte Caelyn prüfend an. Nun gehörte sie ihm eigentlich schon recht lange und trotzdem hatte er das Gefühl, sie kaum zu kennen.

  • Endlich gingen wir weiter. Jetzt blieb er an so´nem Stand mit lauter Krimskrams stehen. Da gab´s allerhand Zeug, was man nich unbedingt zum Leben brauchte, aber was ganz nett ausschaute, naja teilweise. Er hielt mir Figuren von eigenartigen Tieren entgegen, die ich noch nie gesehen hatte! Also ehrlich! Entweder war der Kerl, der das Zeug gemacht hatte, besoffen gewesen oder ich konnte mir auch nich helfen! "Nö, hab ich noch nicht gesehen. Das sieht aus wie´ne Kuh mit ´nem viel zu langem Hals! Un das andere sieht aus, wie ´ne Katze mit ´nem viel zu großem Kopf. Sag mal, du willst doch so was nich kaufen! Der Typ, der das gemacht hat, hat doch überhaupt keine Ahnung!" Aber sicher würde er mich gleich aufklären und ich wüßte dann , dass der Künstler doch kein Alkoholproblem hatte.
    Ob ich mich für so was interessierte? "Meinst du für Tiere, oder was? Mhm, ja. Pferde find ich schön und Hunde und Katzen mag ich." Früher als Mama noch lebte hatten wir´nen Hund. Mit dem spielte ich immer. Der verjagte immer alle Katzen aus der Nachbarschaft. Irgendwann is er dann gestorben. Wir haben ihn dann im Garten vergraben, mein Bruder und ich.
    Aber ma auf´nem Perd zu reiten, war ja schon immer mein großer Traum gewesen. Früher hatte ich ma ´nen kleinen bronzenen Anhänger an ´nem Lederbändchen in Form eines Pferdchens. Epona, die Pferdegöttin, war eben meine Lieblingsgöttin.
    Wie es der Zufall wollte, entdeckte ich unter dem ganzen Krempel eben so einen kleinen bronzenen Anhänger in Form eines Pferdes. Ein formvollendetes keltisches Kleinod, so wie man es in meiner Heimat herstellte.
    Völlig ergriffen davon, hob ich es auf und wog es in meinen Händen. Meine Augen waren bei einem solchen Anblick feucht geworden. Es war, als ob jemand die Zeit zurück gedreht hätte.

  • "Nun, es gibt solche Tiere. Sie stammen aus Africa. Es gibt einen Markt, auf dem sie auch angeboten werden. Für die Circus-Spiele." Ursus legte die Figuren schmunzelnd zurück. Nein, er hatte ohnehin nicht vorgehabt, so etwas zu kaufen. Er hatte nur wissen wollen, ob sie derlei Tiere schon einmal gesehen hatte. Pferde, Hunde und Katzen also mochte sie. Soso. Eigentlich hatte er die Frage allgemeiner und nicht nur auf Tiere bezogen gemeint. Doch es war später noch Zeit, auf die Frage zurückzukommen.


    Schon wollte er weitergehen, als sie ein Bronzefigürchen aufnahm, das ein Pferd darstellte. Eine keltische Darstellung, wie sogar Ursus erkannte. Und ihre feuchten Augen waren ebenfalls nicht zu übersehen. Ganz ergriffen und in Gedanken versunken sah sie nun aus. An was sie wohl denken mochte? Nach dem, was sie erzählt hatte, war ihr bisheriges Leben doch nicht unbedingt schön gewesen. Wonach hatte sie dann Sehnsucht? War es einfach die Heimat?


    Er kannte das ja durchaus von sich selbst. Er hatte in der Fremde immer Sehnsucht nach Rom und seiner Familie gehabt. Und auch wenn zumindest die Rückkehr zur zweiterer eine Enttäuschung gewesen war, so hatte er sein Heimweh nie nur auf Rom selbst zurückgeführt. Er hatte hier immer ein sorgenfreies, angenehmes Leben geführt. Da war es doch klar, daß man sich dahin zurücksehnte. Doch bei ihr lag die Sache ganz anders.


    Was wäre er für ein Mensch, wenn er sich von diesem sehnsuchtsvollen Ausdruck nicht erweichen lassen würde? Er winkte den Händler heran und trat mit ihm ein paar Schritte beiseite, um leise die Verhandlung über den Preis zu führen, während sie noch ganz entrückt dastand. Ein paar Münzen wechselten den Besitzer. Ursus erhielt noch ein zu dem Anhänger passendes Lederband von dem Händler. Dann trat er zu Caelyn zurück. "Hier, binde es Dir um", sagte er sanft und reichte ihr das Lederbändchen.

  • Seine Erklärung über dies komischen Tiere, hörte ich nur mit einem Ohr mit, denn das Pferdchen hatte mich in seinen Bann gezogen. Ganz andächtig sah ich es mir von allen Seiten an. Die Erinnerungen aus viel besseren Zeiten kamen in mir hoch. Ein soches Pferdchen hatte ich von meinem Großvater an meinem fünften oder sechsten Geburtstag geschenkt bekommen. Ich hatte ihm immer in den Ohren gelegen, er solle mir doch ein Pferd kaufen. Das hatte er dann auch gemacht. Allerdings keines aus Fleisch und Blut, sondern aus Bronze. Damals hatte ich mich ziemlich veralbert gefühlt, doch das Bronzepferdchen war mein Lieblingsstück und ich hütete es, wie meinen Augapfel. Besonders nachdem mein Großvater gestorben war. Er hatte mir immer gesagt, ich müsse besonders darauf acht geben, denn es würde mir allzeit Glück bescheren. Naja, mit dem Glück, war das so´ne Sache!
    Als man mich beim Klauen erwischt hatte und diese Mistkerle mich an den nächstbesten Sklavenhändler verscherbelt hatten, hatte man mir das Pferdchen abgenommen. Das war so ziemlich das Schlimmstwe, was ich erlebt hatte.
    Eigentlich wollte ich es schon wieder weg legen, denn ich hatte bemerkt, daß Ursus weitergehen wollte. Doch als er plötzlich auf mich zu kam, mir das Lederbändchen entgegen hielt und sagte, ich könne es mir umbinden, war ich echt sprachlos und das sollte was heißen! So als ob ich nicht richtig gehört hatte, fragte ich noch mal nach. "Was? Umbinden? Aber es gehört mir doch nicht!" Doch dann sah ich, wie er seinen Geldbeutel wegpackte und ich begriff. Fassungslos war ich. Am liebsten hätte ich geheult. Nicht vor Schmerz, nein vor lauter Glück.

  • Ursus lächelte. "Doch, es gehört Dir", sagte er schlicht und nahm ihr das Pferdchen einfach wieder aus der Hand, fädelte es auf das Lederband und band es ihr dann um den Hals. "So, oder etwas länger?", fragte er leise, wo bei seine Lippen ihrem Ohr ganz nahe waren. Sicher konnte sie seinen warmen Atem spüren.


    Sie schien irgendwie völlig bewegungsunfähig. Noch immer... oder noch mehr? ... schimmerten Tränen in ihren Augen. Es mußte sie an irgend etwas erinnert haben. An was wohl? Für einen Moment fragte er sich, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte. Hatte er sie am Ende verletzt, statt ihr eine Freude zu machen? Es war wirklich nicht festzustellen, ob sie vor Schmerz oder vor Glück Tränen in den Augen hatte. Daß sie nichts sagte, half auch nicht unbedingt, dies festzustellen.


    "Oder... möchtest Du es am Ende gar nicht haben?", fragte er vorsichtig nach. Schließlich hatte er nicht vorgehabt, ihr weh zu tun. Prüfend betrachtete er ihre Miene.

  • Im wahrsten Sinne war ich wie angewachsen. Er band mir das Lederbändchen um und als seine Lippen mir etwas ins Ohr flüsterten und sein warmer Atem meine Haut berührte, fühlte ich mich, wie gelähmt. Dieses Gribbeln und dieses seltsame Gefühl hatte ich noch nie erlebt. Noch nie hatte ich einen Mann so nahe an mich kommen lassen. Ich fühlte mich auf einmal so unsicher, hilflos und schwach, weil ich nicht wußte, wie ich mit diesem niegekannten Gefühl umgehen sollte. Im Grunde war ich doch noch ein Mädchen und hatte derlei Situationen immer vermiede. Irgendwelche Jungs, die mir zu nahe kommen wollten, hatte ich immer erfolgreich mit meinen Fäusten in die Flucht geschlagen.
    "So ist es gut" antwortete ich langsam. Mein verwirrter Blick traf sein Gesicht. Er hatte mich an meiner verwundbarsten Stelle getroffen und jetzt auch noch diese Nähe! Ich fühlte mich auf eine bestimmte Weise recht unbehaglich, doch irgendwie auch wieder nicht. Ich war mir so unschlüssig was ich tun sollte.
    "Doch ich möchte es." sagte ich schließlich und es war so, als sei ein wenig der Unsicherheit verloren gegangen. Sogar ein zaghaftes Lächeln war über meine Lippen gekommen.

  • Ursus kam gar nicht auf die Idee, daß seine körperliche Nähe nun etwas mit ihrer Verwirrung zu tun haben könnte. Sie war ja auch vorher schon verwirrt und fassungslos gewesen, daher war diese neue Verwirrung für ihn nicht wirklich erkennbar. Doch ihr Lächeln, das war eindeutig. Sie freute sich doch über das kleine Geschenk und für einen Moment war sie gar nicht so kratzbürstig wie sonst.


    "Dann gehört es Dir", sagte Ursus schlicht und erwiderte das Lächeln. "Komm, gehen wir weiter." Er tat einen Schritt und schon war die extreme Nähe wieder aufgehoben. Vielleicht hätte er das nicht getan, wenn er gewußt hätte, was er damit ausgelöst hatte. Vielleicht hätte er dann die Möglichkeit genutzt, ihr klarzumachen, daß seine Nähe nichts schlimmes war.


    "Und? Möchtest Du diese Tiere mal sehen? Die aus africa?" Er blickte sie fragend an. Vielleicht würde das ja ihre Verwirrung ein wenig lösen. Daß so ein kleines Ding aus Bronze so etwas anrichten könnte, hätte er ja auch nicht gedacht. Aber anscheinend war es so. Vielleicht würde sie ihm ja eines Tages erklären, was es für sie bedeutete.

  • Diese unbehagliche Situation löste sich aber dann doch von selbst auf, als Ursus wieder einen Schritt zurück trat und weiter gehen wollte. Offenbar hatte er nichts davon mitbekommen, was er in mir ausgelöst hatte. Das was ich soeben erlebt hatte, würde mich sicherlich auch noch weiterhin beschäftigen, doch im Augenblick wollte ich meine Aufmerksamkeit wieder ganz unserem eigentlichen Unterfangen widmen.
    "Dankeschön" sagte ich lächelnd und ja, die Kratzbürste hatte ich tatsächlich, wenigstens für den Augenblick, weggepackt.
    Wir machten die ersten Schritte und wieder kam er auf diese komischen Tiere zu sprechen, die er mir als Figuren gezeigt hatte und von denen ich nicht geglaubt hatte, dass es sie tatsächlich geben könnte. "Du meinst, es gibt tatsächlich so´ne Kuh mit ´nem ewig langen Hals? Na klar, öhm, ja die würde ich gern sehen. Gibt es die auch hier?" Aus einem unerfindlichen Grund versuchte ich jetzt noch mehr auf meine Ausdrucksweise zu achten. So etwas hatte ich vorher nie getan. Es war mir immer Wurscht gewesen, was die Anderen über mich und meine Sprache dachten. Ich war eben ein Gossenkind gewesen und in der Gosse sprach man eben nicht wie feine Leute es taten. Das wäre auch sicher mein Tod gewesen. Meine Gleichgültigkeit diesbezüglich hatte wohl seinen Höhepunkt an den Saturnalien gefunden, denn während des Festes bei den Flaviern, hatte ich mich wahrlich peinlich und absolut ungezogen benommen. Im Nachhinein hatte es mir ja auch wieder leid getan. Warum es mir hier in seiner Gegenwart plötzlich nicht mehr Wurscht war, war auch so ein Mysterium, das ich auch noch zu ergründen hatte.

  • "Bitte schön", lächelte er, während sie ihren Weg durch die Gänge zwischen den vielfältigen Ständen fortsetzten. Er blickte sie prüfend von der Seite an. Sie war heute definitiv anders als sonst. Vielleicht hatte sie wirklich einmal heraus gemußt aus dem Haus. Sie gehörte anscheinend zu den Menschen, die hin und wieder mal nach draußen mußten, die unter die Menschen gehörten und das pulsierende Leben in der Stadt genossen. Er konnte das gut verstehen, war er doch selbst so ein Mensch.


    Daß sie sich plötzlich um eine bessere Sprache bemühte, fiel ihm ebenfalls auf. Eben noch beim Händler war es fürchterlich gewesen mit ihr. Wenn auch das schon besser war als ganz am Anfang. Doch jetzt sprach sie wirklich gut, verbesserte sich zwischendurch sogar. Er freute sich darüber und das war ihm auch anzusehen. "Ja, solche Tiere gibt es wirklich. Sie sind sehr groß und haben eigentlich gar keine Ähnlichkeit mit einer Kuh. Dafür müssen wir ein Stück laufen, doch es lohnt sich wirklich. Sonst bekommt man so etwas nur im Circus zu sehen."


    Sie kamen zwar jetzt etwas weit vom Weg zum Schneider ab, doch das war Ursus im Augenblick gleichgültig. Sie hatten Zeit und er hatte Lust, ihr die Wunder Roms zu zeigen, das Staunen in ihren Augen zu lesen und auch die Freude.

  • Meine Augen wußten gar nicht mehr, wo sie noch überall hinschauen sollten. Ich war überwältigt von der Vielfalt der exotischtischsten Waren, Düfte und Farben. Da konnte ein Prvinznest, wie Augustodunum es war, nicht mehr mithalten!
    Mir fiel auf, wie er mich ab und an so von der Seite ansah, doch ich tat so, als würde ich es nicht bemerken. Irgendwann trafen sich dann doch unsere Blicke und wir tauschten uns gegenseitig ein Lächeln aus. Ich hatte so das Gefühl unser Weg führte uns immer weiter weg von diesem Schneider, zu dem wir ja eigentlich unterwegs waren. Doch ich sah, wie es im sichtlich Spaß zu machen schien, mir alles mögliche zu zeigen. Ich war dagenen natürlich nicht abgeneigt, denn ich hatte mich riesig darauf gefreut, endlich mal wieder raus auf die Straße zu kommen. Von dieser Stadt hatte ich ja auch noch nicht allzuviel zu sehen bekommen.


    Es schien also, heute ein richtig großartiger Tag zu werden und ich konnte es kaum noch erwarten, endlich diese fremdartigen Tiere aus Africa zu sehen. So richtig konnte ich mir sie immer noch nicht vorstellen! Ich hatte zwar schon von Tigern und Löwen gehört, hatte aber noch nie welche zu Gesicht bekommen.
    Er erwähnt den Circus. So etwas gab es nicht in meiner Heimatstadt. Wohl gab es dort eine kleine Arena, in der ab und an ein Paar Gladiatoren gegeneinander kämpften, doch so etwas wie Tierhatzen kannte man dort nicht. Ich persönlich fand die Vorstellung, dass zwei Menschen bis zum Tod gegeneinander kämpfen mußten, als sehr furchtbar und grausam. Gegen einen Zweikampf zwischen zwei Männern, die aus freien Stücken gegeneinander kämpften, weil sie was zu bereinigen hatten, hatte ich nichts, das war ja noch in Ordnung. Doch diese Gladiatoren waren zumeist Sklaven.
    "Wie ist das so im Circus? Ich meine, müssen da auch Menschen gegen Tiere kämpfen?"

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