cubiculum | Flavia Celerina

  • Chimerion ignorierte ihre Blässe gekonnt und wiegte den Kopf hin und her. "Ich kannte einen Mann in Germanien, dessen Frau.... Nein, eher geliebte, denn Soldaten dürfen nicht heiraten, nun, dessen Geliebte stammt aus Iudaea und sie kannte wohl einige der Christianer recht gut und ihre Lehre. Sie erzählte einmal in meinem Beisein, was ihr Gott dieser.... Iesos oder so gesagt hat. Und es klang schon komisch. Daher kenne ich diese Menschen. Ansonsten hatte ich nichts mit ihnen zu tun. Ich habe gehört, dass ihr Römer nicht sehr begeistert seid von dieser Gottheit?" Der Reaktion von Celerina nach mussten diese Christianer heimtückische Heiden sein, wenn sogar die Römer diese Gottheit fürchteten.
    Dann überlegte er seine persönliche Situation und musste ihr zustimmen.
    "Herrin, ich kenne das Leben der Soldaten, das hart und entbehrungsreich ist und das Leben der Bauern, die das Land bestellen, und nicht einer von ihnen lebt so gut wie ich hier. Du hast mich nie schlecht behandelt oder mir Unrecht getan... Zumindest nur so, wie man einem Sklaven kein Unrecht tun kann. Ich bin eigentlich recht glücklich hier, auch wenn ich nicht selbst über mein Leben entscheiden kann." Ein Lächeln lief über sein Gesicht.
    Er war beinahe gerührt, als ihm Clerina anbot, ihr Vertrauter zu sein, eine hohe Auszeichnung für einen Sklaven.
    "Nun, ich werde mein bestes tun, damit niemand merkt, was ich weiß... Außerdem, wem sollte ich es denn sagen? Wenn jemand von außen zusieht, wird er denken, dass ich nur ein gehorsamer Sklave bin." Sein Lächeln entblößte diesmal seine weißen Zähne und er machte es sich ein wenig gemütlicher.


    "Ich bleibe gerne bei dir... und würde auch auf dem Boden schlafen. Aber sag mir doch bitte, warum hast du ein solches Interesse an einem Sklaven wie mir?"

  • Angespannt hörte ich mir an, was mein Sklave erzählte. Wenigstens war er kein Anhänger dieser Sekte. Oder war er es doch und verschwieg es mir nur? Das Problem mit Sklaven war, man konnte ihnen doch nicht immer alles glauben, was sie erzählten. Niemals würde er offen zugeben, daß er sich dieser Sekte zugehörig fühlte.
    "Sie beten ihren gekreuzigten Gott an und ich hörte, sie seinen Kannibalen, denn sie essen von seinem Leib! Stell dir nur vor, wie widerwärtig!" Der Ekel schüttelte mich. Wie man nur zu so etwas fähig sein konnte! Nein, Chimerion war nicht einer von diesen Fehlgeleiteten. Was war Chimerion eigentlich? Richtig überzeugend klang es ja nicht, als er meinte, er sei glücklich bei mir und wieder kam diese Phrase, auch wenn er nicht selbst über sein Leben entscheiden konnte. Ich schüttelte nur den Kopf. "Ist es dir denn so wichtig, selbst über dein Leben zu entscheiden? Sag mir, was würdest du tun, wenn du frei wärest und mittellos? Wenn du in der Gosse leben müßtest?" Wenn er wohl nicht zum Sklaven gemacht worden wäre, wie wäre dann sein Leben verlaufen? Ach, es war mühsam, sich solche Fragen zu stellen! Am besten, man dachte darüber nicht nach. Auch für Chimerion war dies wohl besser. Solche Fragen pflegten Sklaven nur auf dumme Gedanken zu bringen. Das mußte ich nicht auch noch herausfordern.


    Offenbar hatte ich ihn mit meinem Angebot erreicht, so wie er mich nun ansah, konnte ich davon ausgehen. "Ja, so wird es sein!", antwortete ich und erwiderte sein Lächeln. Langsam wurde ich müde und ich wollte nun gerne zur Ruhe kommen. In seiner Gegenwart fühlte ich mich geborgen. So konnte ich einschlafen, hätte er mir nicht noch eine Frage gestellt.
    "Warum ich an dir Interesse habe? Wie soll ich diese Frage verstehen? Nun Chimerion, wäre mir ein anderer Sklave angeboten worden, hätte ich diesen wahrscheinlich erworben. Sagen wir es so, das Schicksal hat uns zueinander geführt, was auch sonst." Wieder war die Celerina ans Licht geraten, die er nicht mochte, die falsche Celerina, wie er es nannte. "Nein, einem anderen Sklaven könnte ich vielleicht nicht dieses Vertrauen entgegenbringen, wie ich es bei dir tue. Ich möchte, daß du mich fortan immer begleiten sollst, wohin ich auch gehe und daß du mir eine Stütze sein wirst, wenn ich im Haus meines zukünftigen Gemahls leben werde. Dort wirst du mir unersetzlich sein, Chimerion."

  • Auch Chimerion hatte davon gehört, dass diese Christianer Menschenfleisch essen würden, aber er hatte noch eine solche Feierlichkeit mitbekommen, immer nur davon gehört. Bei dem Gedanken an das Essen von Menschen schüttelte er angeekelt den Kopf.
    "Das ist ja wirklich widerlich und barbarisch... Aber ich hörte, dass es immer mehr werden," meinte er nachdenklich. Wenn aber immer mehr Menschen gegessen wurden, würde dann nicht der Kaiser eingreifen müssen und sein Volk beschützen? Am Ende kamen sie noch auf die Idee, Celerina zu verspeisen. Er würde in naher Zukunft wachsamer sein müssen.
    Chimerion zuckte die Schultern bei der Frage nach seinem Leben, wenn er arm wäre. "Ich würde wahrscheinlich im Sumpf der Subura versuchen, mein Leben zu fristen, aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, müsste ich wohl kämpfen, um überhaupt eine Arbeit zu bekommen. Du hast recht, im Grunde kann ich es nicht besser haben,"meinte er, "zumindest nicht in Rom."


    Dann lächelte er sie an, er fühlte sich geehrt, ihr Vertrauen errungen zu haben. Es gab ihm das Gefühl, doch ein Mensch zu sein und kein Gegenstand oder Tier, das man einfach verkauft oder wegwirft, weil es langweilig geworden ist. Andererseits hatte er aber auch schon gesehen, wie seine Herrin mit der Katze redete.
    Deshalb beschloss er, den goldenen Mittelweg zu wählen und sich so gut es ging mit der Situation anzufreunden.
    "Ich werde dir wie ein Schatten folgen, Herrin, nur nicht so auffällig. Wenn jemand etwas von dir will, dann muss er erst an mir vorbei."

  • Es schüttelte mich alleine schon bei der Vorstellung, was diese Sektierer so alles trieben. Und es stimmte, was Chimerion da sagte, es wurden immer mehr! War die Welt denn verrückt geworden?
    "Ja, ich hörte, besonders Sklaven schließen sich ihnen an. Was findet ihr nur an diesem Chrestos, oder wie immer er auch heißen mag?", fragte ich auf einmal und konnte den leicht arroganten Unterton nicht unterbinden. Natürlich wußte ich, Chimerion war keiner von ihnen und sicher würde er auch so schnell keiner von ihnen werden. Aber es interessierte mich schon, was an dessen Leuten so besonders war.


    Er schätzte sein Leben in Freiheit ganz realistisch ein und mußte schließlich wie ein Kind, welches aus seiner Unwissenheit heraus etwas behauptet hatte, zugeben, daß es Unrecht hatte. "Na, siehst du! Dein Platz ist hier, bei mir und nicht in einem Schmutzloch in der Subura. Und solange du aufrichtig bist, wirst du alle diese Annehmlichkeiten, die du bei mir hast, auch behalten können." Gönnerhaft lächelte ich ihm zu.
    "Nichts anderes habe ich von dir erwartet, Chimerion!"


    Ich spürte, wie mich die Müdigkeit schleichend überkam. Es war sehr spät geworden. Aber trotz allem war es ein außergewöhnlicher Abend geworden. "Ich bin müde, lösche die Lichter und dann… nun, das bleibt dir überlassen." Ich wollte ihm noch eine letzte Chance geben, falls er es sich doch anders überlegt hatte und die Nacht doch lieber in der Sklavenunterkunft zubringen wollte.

  • Chimerion nickte bedächtig und auch der Unterton war ihm nicht entgangen. Was musste das wohl für eine Religion sein, die selbst den Sklaven offen stand?
    "Nun, sie glauben wohl, dass sie dadurch weiterleben oder so und dass alle Gläubigen nach dem Tode auferstehen und an einen besseren Ort kommen, ohne Herren und Knechte... So habe ich es zumindest noch in Erinnerung. Allerdings ist das schon komisch, nur einen einzigen Gott zu verehren," meinte er kopfschüttelnd.


    Dann sah er, dass Celerina müde war und eigentlich um diese Zeit schon schlief. Er beschloss, weitere philosophische Themen auf einen anderen Tag zu verschieben und erhob sich. Er löschte alle Lichter im Raum bis auf das direkt neben dem Bett. Dann löste er den Gürtel seiner Tunika und streifte sich das Kleidungsstück über den Kopf. Nur noch im Lendentuch setzte er sich auf das Bett und sah seine Herrin fragend an.
    "Wenn ich gehen soll, dann sag es, ansonsten bleibe ich heute Nacht bei dir und wärme dich", entgegnete er mit einem Lächeln.

  • Unterschwellig machte ich mir doch Sorgen, da mein Sklave in diesen Dingen so viel wusste. Wenn diese Christianer den Sklaven auf ein Leben in Freiheit Hoffnung machten, dann war es wirklich nicht verwunderlich, dass so viele ihnen folgten.
    "Das ist doch alles Mumpitz! Ich hoffe, du fällst auf solche Dummheiten von diesen Scharlatanen nicht herein!" Ich hatte keine Lust mehr, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Vielmehr war ich müde.
    Ich sah Chimerion nach, wie er die Lichter löschte und nur noch das, welches mir am nächsten stand, brennen ließ. Dann begann er sich, von der Tunika, die er trug, zu befreien. Während ich ihm so zusah, mußte ich feststellen, dass es vielleicht mit meiner Müdigkeit doch nicht so weit her war.
    "Nein, bleib bei mir!", antwortete ich und deutete auf den Platz neben mir.

  • Chimerion streckte abwehrend die Hände von sich. "Nein, ich habe meine eigenen Götter, richtige Götter, nicht irgendwelche erfundenen. Mein Glaube ist völlig anders und es wird mit in der Unterwelt nicht schlecht ergehen...." Dann zuckte er die Schulter und legte sich zu seiner Herrin. Er bedeckte die Beine mit einer der vielen Decken und schmiegte sich zu ihr.
    Das Licht flackerte und warf bizarre Schatten auf seinen muskulösen Körper.
    "Meinst du das Training hat sich schon gelohnt?" fragte er und blickte an sich herunter. Er war wieder in sehr guter Verfassung, was vielleicht auch am Essen lag, das man in der Villa Flavia sogar ganz gut essen konnte. Das tägliche Training tat sein übriges.

  • Ich wollte ihm Glauben schenken. Protestierte er doch so vehement gegen diese Sektierer. Doch sollte ich eines Tages eines ihrer Zeichen bei ihm entdecken, dann gnadeten ihm die Götter! Im Hause einer Familie, die so sehr verbunden war mit dem Dienst an den Göttern, konnten keine Anhänger dieser Christianer geduldet werden. Aber dies sollte mich nun nicht mehr beschäftigen.


    Noch immer beobachtete ich ihn, auch als er sich neben mich legte. Dieses Bett mußte um ein Vielfaches angenehmer und komfortabler gewesen sein, wie seine in der Sklavenunterkunft. Ab und an hatte ich mir bereits überlegt, ihn vor der Tür meines cubiculums nächtigen zu lassen, so wie es für Leibwächter üblich war. Doch dann hatte ich den Gedanken wieder verworfen. Was sollte mir hier im Hause meiner Familie denn schon geschehen?


    Ich spürte nun Chimerions warmen Körper ganz dicht neben meinem. Meine Augen glitten an ihm herab. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für schön geformte Körper und dieser hier zählte dazu. Ich wollte ihm auch in Zukunft Gelegenheit dazu geben, ihn so zu erhalten, wie ich ihn mochte. Mit einer gezielten Leibesertüchtigung war das zu bewerkstelligen.
    "Wir werden sehen!" antwortete ich leise auf seine Frage und strich dabei sanft mit meiner Hand über die feste Haut seines Armes. Dann zog ich ihn langsam zu mir her.

  • Ein Sklave kam vorbei und hinterließ den Brief, sollte Celerina mal wieder in der villa sein.



    Mein liebe Celerina,


    ich werde Rom und der villa Flavia den Rücken zuwenden, wahrscheinlich sogar für immer. Selbst wenn mir jeder von der Familie sehr fehlen wird. Dein Weg wird Dich auch in ein ganze anderes und neues Leben bei Deinem Ehemann führen und ich hoffe sehr und bete zu den Göttern, daß es ein glücklicher für Dich wird. Sollte Dich Corvinus jedoch unglücklich machen, dann schreibe mir sofort, denn ich werde ihm dann jeden einzelnen Knochen im Leib persönlich brechen. Liebe Celerina, ich wünsche Dir alles Gute und daß Dich der Segen der Parzen immer eilen mag. Mögen die Götter über Dich wachen, meine Liebe.


    Dein
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