lustratio senatorum - De Zoch kütt!

  • Tief in sich selbst zurück gezogen - denn längstens war sowohl das Verlangen, als auch die Kraft zu weiteren Worten ihm verlustig gegangen - überwand Gracchus die letzten Schritte, bis dass endlich - vorerst - die Last von seiner Schulter abfiel. Sein Herz pochte dröhnend in seinen Ohren, schlug - wie es ihm schien - völlig aus dem Takt geraten, unregelmäßig in seiner Brust und drohte seinen Körper zu zerreißen, wenn nicht vorher seine Muskeln diese Aufgabe würden übernehmen, welche sich schmerzhaft in seinen Waden und seiner Schulter bäumten und zerrten, spannten und rissen, oder aber seine Gelenke, welche sicherlich längst aus ihren Fassungen waren gesprungen, dabei Knochen und Sehnen hatten bersten lassen. War es so, zu sterben? Mitnichten konnte der Tod so grauenvoll sein, und während ein gewisses Maß an körperlicher Anstrengung - etwa die Tänze der Salier - dazu gereichte, den Körper in Wallung zu versetzen, so sah Gracchus längst an diesem Tage die einzige Möglichkeit, dem Körper zu entkommen, ihn mit dem Geiste zu verlassen. Als darob die flavischen Sklaven herbei eilten, war kaum noch er ansprechbar. Ein halber Tag noch, noch einmal die gesamte Strecke, noch einmal die Qual, noch einmal und hernach das Opfer. Wie hatte Rom nur je so grausam sein können? Wieder und wieder rief er sich das Bildnis der Virgo Vestalis Maxima vor Augen, welche in ihrem eigenen Blute auf den Stufen des Tempels der Vesta lag. Rom war grausam. Am Ende des Tages würden sie auf den Stufen vor dem kapitolinischen Tempel liegen, in ihrem eigenen Blut. Es gab keine andere Wahl. Dies war Rom. Er war ein Teil dessen. Bis zum bitteren Ende.

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  • Zitat

    Original von Decima Lucilla


    So schnell konnte er gar nicht schaun, stand schon ein Sessel neben ihm . Etwas verwirrt blickte er drein, dann erst bemerkte er seine neueste Errungenschaft unter seinen Klienten 8). Decima Lucilla wars, die ihn versorgen wollte, was ihn zum Lächeln brachte. Ach ja, es geht schon. Ist halt kein gemütlicher Spaziergang. schmunzelte er und setzte sich auf den dargebotenen Stuhl, nicht ohne ein erleichtertes Aufseufzen.


    Du hast einen Masseur mitgebracht? Dich haben die Götter geschickt. Meine Schulter könnte sowas wirklich gut gebrauchen. Es ist doch kein nubischer? fragte er skeptisch. Der nubische Stil konnte bei ihm wahre Wunder bewirken, allerdings fühlte er sich nach so einer Massage immer völlig kaputt, besser ging es ihm immer erst nach mehreren Stunden und diese Zeit hatte er natürlich in diesem Moment nicht.

  • Lucilla notiert sich im Hinterkopf, dass sie einen Bonus bei Hungi gut hat und sich die Salutatio für die nächsten drei Monate sparen kann - könnte, wenn sie wolle, doch wer sollte das schon wollen?


    "Öhm." gibt sie auf die Frage ihres Patrons ganz wortgewandt von sich. "Nein, kein nubischer Masseur, er kommt aus Arabien oder so. Unten links auf der Landkarte. Du entschuldigst mich, ich muss nochmal nach meinem Mann sehen."
    Schon wuselt Lucilla wieder fort, aber auch Hungi ist mit seinem Team bestens versorgt.

  • Den Senatoren wurde angenehm lange Pause gelassen, um sich von den Strapazen der ersten Hälfte des Weges zu erholen. Macer konnte zwar nicht behaupten, schon wieder fit und voller Tatkraft zu sein, aber sein Atem hatte sich etwas beruhigt und das drückende Gefühl auf der Schulter verteilte sich langsam und wurde zu einem allgemeinen Unwohlgefühl im Schulterbereich. Noch einmal ließ er die Schultern kreisen und versuchte, die Füße ein wenig zu entlasten, die sich sicher bald schon wieder ärgerlich bemerkbar machen würden. Anders als bei den Schultern, bei denen auf der zweiten Hälfte die andere Seite belastet wurde, konnte er die Füße schließlich nicht auswechseln.

  • Durus rann der Schweiß über die Stirn, obschon das Wetter gar nicht übermäßig warm war. Seine Schulter brannte, die Toga war verrutscht, auch die Gelenke schmerzten. Dennoch stierte der Tiberier trotzig geradeaus, auf den Nacken von Octavius Victor. Vor sich sah er, dass ein älterer Senator - dick und sicher kaum beweglich - einen hochroten Kopf bekam. Er würde sich sicher auswechseln lassen.
    Dann hielten sie endlich auf den Esquilin zu. Durus reckte den Kopf, um die Sklaven zu suchen, die hier auf ihn warten sollten, um ihn in seiner Pause zu pflegen. Dann musste er jedoch tonlos aufstöhnen. Seine Schulter war sicher wundgerieben. So hatte sie noch nie geschmerzt - nicht einmal, als er in seiner Jugend einen Ringkampf gegen Antipater, einen damals sehr erfolgreichen Ringer aus dem Gymnasion von Alexandria, verloren hatte und dabei die Schulter ausgeränkt bekommen hatte. Glücklicherweise gab es gute Ärzte in Alexandria...
    Aber Durus` Gedanken waren schnell wieder beim Hier und Jetzt. Endlos langsam bewegte sich die Prozession auf den Halteplatz zu. Beinahe wollte er schon seinen Vordermann anhalten, ein wenig schneller zu gehen.


    Dann endlich waren sie angekommen. Ächzend setzten die Senatoren ihre Tragen ab. Der nächste Griff des Tiberiers ging an seine Schulter. Vorsichtig zog er die Toga herunter und entblößte seine Schulter: Sie war knallrot, dort, wo die Stange aufgelegen hatte, war ein wenig Haut abgerieben worden. Schmerzhaft verzog er das Gesicht. Er konnte nur froh sein, dass die zweite Hälfte des Weges von der anderen Schulter getragen werden musste.


    Endlich eilten auch seine Sklaven herbei und gaben ihm Wasser aus einem Schlauch, einer brachte ihm einen Klappstuhl. Nicht seine Sella Curulis - ein bequemes Holzding mit Lehne. Dort ließ sich der Tiberier nieder. Capsarius betrachtete seine Schulter und holte dann eine Salbe aus seiner Tasche, mit der er die wunde Stelle vorsichtig einrieb. Massieren war sinnlos: Nur die Berührung schmerzte. So kühlte er die wunde Schulter, entspannte sich und ließ sich die noch heile Schulter massieren. Zusätzlich verlangte er Tücher, mit denen er die Schulter nun unter der Tunica auspolsterte.


    Doch die Pause dauerte viel zu kurz. Schon machte man sich zur zweiten Runde bereit!

  • Weit früher noch als den meisten der Senatoren dies agreabel war, forderte der Rex Sacrorum jene auf, die Opfertiere erneut auf ihre Schultern zu laden, so dass die Entsühnung ihren Fortgang konnte nehmen. Mochten die Schultern, auf welchen die Tiere lasteten auch nicht gar so schmerzen - da die Männer die Seiten wechselten und nun je auf der bisher unbelasteten Schulter die Rinder trugen - so setzte doch kaum ein Senator noch leichten Gemütes seine Schritte, nur einig wenige, welche sich ohnehin von Beginn an nur zu halber Runde hatten bereit erklärt und nun jenen Platz einnahmen, welchen ein anderer für sie hatte mit Erleichterung frei gemacht. Zwei dagegen setzten keinen Schritt mehr vor den anderen, alte Männer, welche die Pflicht ernst genommen, ihren Beitrag zur Entsühnung zu leisten, deren Leiber jedoch die Strapaze nicht hatten ausgehalten. Senator Carteius ließ so sich von Sklaven in einer eilends herbeigeschafften offenen Sänfte dem Zuge hernach tragen, Senator Rubellius dagegen war zu Beginn der Unterbrechung in tiefe, geistige Dämmerung gefallen und bis zu ihrem Ende nicht ansprechbar, so dass sein schlaffer Körper zu seinem Haus wurde gebracht, welches glücklicherweise oben auf dem Esquilin lag, so dass jener Weg kein weiter war.


    Während am Wegesrand die Zuschauer weiterhin aufgelegt waren zu jubeln, die Götter beim Vorüberziehen der Rinder um Verzeihung zu bitten und den Senatoren aufmunternde Worte zuwarfen, während die Spielleute des Cultus Deorum den Zug mit ihren Klängen begleiteten, während die Blumenkinder weiter in frohem Reigen Blüten auf die Straße streuten und jene mit den Weihrauchschwenkern den graufarbenen, rauchigen Dunst um die Rinder herum verteilten, zogen die ersten Männer des Staates zumeist in angestrengtem Schnaufen, leisem Stöhnen oder kontemplativem Schweigen weiter den Weg um das pomerium entlang, dem Kapitolshügel entgegen, an dessen Fuße noch einmal ein letzter Kraftakt würde liegen - die Steigung den Hügel hinauf.

  • Bereits waren sie wieder eine Weile auf ihrem Wege entlang der Grenzen des pomerium, als allmählich der rotfarbene Ochse begann, seine Nüstern zu blähen und den Kopf träge in die Höhe empor zu recken, dabei Geräusche von sich gebend, welche nicht mehr ganz ein Stöhnen, doch längstens nicht ein Ochsen-typisches Grunzen waren.
    "Dius Fidus! Das Vieh bewegt sich! Heda, mit dem Weihrauch, komm näher heran, der Ochse wacht auf!"
    Panisch winkte Senator Sulpicius dem zuständigen Helfer des Cultus Deorum, so dass dieser sich eilte heran zu spurten und dem Ochsen eine Schale mit glühenden Kohlen vor die Nase hielt und eine wohl duftende Räucherung darüber verteilte.
    "Nicht tief einatmen, die Herren Senatoren, das könnte sonst zu einem Malheur führen."
    Träge schwankte der große Kopf des Rindes, um bald darauf in Starre zurück zu versinken. Doch kurz darauf brach erneut Unruhe um den roten Ochsen aus.
    "Oh nein! Oh nein! Oh nein! Bitte nicht, oh nein! Ohhh ... ich glaube, es gab hier ein anderes Malheur!"
    "Ein Malheur welcher Art?"
    "Haltet die Bahre gerade! Haltet die Bahre gerade! Nein, bleibt stehen, vorsichtig, bleibt stehen! Aber haltet die Bahre gerade!"
    "Was ist denn los, Maevius?"
    Allmählich stoppte der rote Ochse, respektive jene Männer, welche um ihn herum ihn auf ihren Schultern trugen. Mit der freien Hand wischte Gracchus sich über die Stirn, denn obgleich die Temperaturen äußerst angenehm waren, so lief ihm bereits wieder der Schweiß aus allen Poren.
    "Ohhh .... nein, nein, Tiberius nicht strecken, nicht strecken! Octavius einen digitus höher!"
    "Maevius, wenn du nicht gleich sagst, was los ist, kannst du den Ochsen alleine weiter tragen!"
    "Er hat sich erleichtert! Als er aufwachte! Bitte, bewegt euch nicht, der Tiber ist nichts dagegen und es bewegt sich auf mich zu! Macula, du musst ein wenig nachlassen, damit es in die Mitte fließt. Wenn wir dann ganz langsam tiefer gehen, wird es hinten hinaus abfließen."
    Der Körper des Senator Sulpicius vor Gracchus begann in feinen Schwingungen zu beben, als jener grunzend ein Lachen zu unterdrücken suchte.
    "Ohh ... haltet das Vieh ruhig! Nicht bewegen! Oh nein, oh nein! Macula tiefer! Tiefer!"
    Die Bewegung der Bahre drückte auf alle Schultern hinab, von hinten wurden Rufe laut, weshalb es voraus nicht weiter gehe.
    "Und jetzt Tiberius und Orfius, langsam tiefer, langsam! Octavius, Flavius, ebenfalls etwas tiefer, ja, ... oh ... tiefer ... ja ... ohhh ..."
    Ein wohliges Aufseufzen Maevius' begleitete das Plätschern der ungustiösen Flüssigkeit die Bahre hinab auf das Pflaster der römischen Straße. Das Dahinrieseln der Tropfen erinnerte Gracchus daran, dass er während der Unterbrechung allfällig ein wenig zu viel Wasser zu sich hatte genommen, was längstens nicht gesamt durch die Poren der Haut nach Außen wurde transpiriert, doch immerhin brachte die Konzentration darauf die Gedanken von den übrigen Schmerzen im Leibe ab.
    "Das war knapp. Gut, es kann weiter gehen."
    Langsam setzte der rote Ochse sich wieder in Bewegung, einen nassen Fleck auf der Straße hinter sich lassend.

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  • Sim-Off:

    @Onkel Graccus: Wisse, dass ich meinen Vorschlag des pieselnden Ochsen, aus Sicht des kritischen Lesers und anspruchvollen Familienmitgliedes, als angenehm umgesetzt empfinde.



    Serenus, Dido, Hannibal, Kampfhund Nero, etliche weitere Sklaven des flavischen Haushaltes und unzählige Klienten der Flavier standen natürlich auch am Wegesrand um Onkel Gracchus anzufeuern und zu motivieren. Serenus als routinierter Ziegen- und Ponyrennwagenlenker wusste natürlich um den Motivationsfaktor von jubelnden Anhängern. Und so warteten sie auf den vorbeikommenden Opfer-Senatoren-Zug.


    Das Warten war auch nicht so unangenehm, denn mobile Strassenhändler hatten sich sofort dem patrizischen Haushalt angenommen und mit Speisen und kühlen Getränken versorgt. Und in Verbindung mit Sklaven, die einem Luft zufächelten ließ es sich echt aushalten. Und da kamen ja auch schon die Senatoren.


    So ein Ochse oder ein Stier oder eine rot angemalte Kuh schien recht schwer zu sein, auch wenn viele Senatoren immer mit trugen. Das Tier war erst einmal nicht so deutlich zu sehen, da ab und an ein Vertreter des Cultus Deorum mit Weihrauch das Tier einnebelte.
    Onkel Gracchus hatte sich entweder öffentlich zur Russata bekannt oder war in echt schlechter Form. Sein Kopf war so rot, wie die marsrote Tunika von Serenus, welche mit seinen gelben Sandalen aus Giraffenleder und dem kurzen, grünen Umhang harmonierte. Obwohl Letzterer heute bei dem angenehmen Wetter eigentlich gar nicht notwendig war. Aber Hannibal, die alte Glucke, hatte bei ihm und Dido auf Umhänge mit Kapuze bestanden.


    Jetzt waren sie da. Serenus begann seinen Onkel zu motivieren.


    „Vorwärts Onkel Gracchus! Du schaffst das! Du siehst gut aus, viel besser als die anderen Senatoren. Die schwächeln deutlich mehr. Und das jetzt schon, wo ihr gerade mal die Hälfte der Strecke geschafft habt. Es ist nicht mehr weit. Auf dem zweiten Drittel wartet Sciurus mit einem großen Becher gekühltem Honigwasser und einem feuchten Schwamm auf dich. Und der 2. Teil ist viel einfacher und man kann von hier aus sogar schon das Capitol sehen. Du brauchst also deine Reserven nicht mehr zurück zu halten. Das letzte Stückchen geht es sogar mit leichtem Gefälle abwärts, bevor der Capitol kommt. Da mach noch mal etwas Tempo, so daß du den Capitol locker im Endspurt schaffst. Immer in Bewegung bleiben, Onkel Gracchus. Zuerst setzt man den linken Fuß auf, dann den rechten Fuß und dann wiederholt man das Ganze. Das sieht gut aus. Nur weiter so.“


    Serenus beendete seine Anfeuerung, denn nun gingen die umstehenden Sklaven und Klienten seiner Onkels in Jubelrufe über. Serenus gönnte sich also einige Schlücke gekühlten Honigwassers.


    GLUCK! GLUCK! GLUCK! Lecker! Ah, schmeckt gut. :D

  • Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Sicher ist Iuno schuld an der Misere. Es sind ja immer die Weiber, die schuld sind. grummelte er fast unhörbar zu sich selbst...


    Fast unhörbar? Für sterbliche Ohren vielleicht, doch IUNO, die oberste Göttin, die hörte alles (wenn sie es so wollte). Und sie hörte auch diese Bemerkung (weil sie es so wollte).


    "Ich bin schuld? ICH BIN SCHULD??? Na warte, du kleines Togamännchen..."


    Welche Strafe sollte sie diesem anmaßendem Sterblichen geben? Seine Ehe zerstören? Nein, der Mann war ja verwitwet. Eine neue furchtbare Ehe einleiten? Wie langweilig und dauerte zudem zu lange. Nein, es musste etwas schmerzhaftes sein, etwas, das sofort eintreten sollte.


    So wartete sie, bis alle Senatoren wieder auf dem Weg waren und sich abmühten und verpasste dem hochmütigen Senator einen eingeklemmten Nerv im Rücken.

  • Die Pause war natürlich viel zu kurz gewesen und Hungi graute vor der zweiten Hälfte des Weges. Das Tragen eines solchen Viehs ging halt doch sehr an die Substanz und der Allerjüngste war er auch nicht mehr, wenn auch noch im besten Mannesalter. Aber alles Hadern mit der Situation half ja doch nix, er mußte auch den zweiten Teil mitmachen.


    Viele Momente später befand er sich mit seinen Leidensgenossen wieder auf dem Weg. Seine Mutter hatte ihm immer gesagt, daß einem die zweite Hälfte eines Wegen nicht mehr so lang vorkommt wie die erste. In diesem Moment bezweifelte er dies stark. Oder hatte sie damals den Unterschied zwischen dem Weg von Haus weg und der Rückkehr gemeint? Das konnte er akkurat nicht beantworten. Aber so richtig nachdenken konnte er eh nicht mehr, er merkte, wie er schön langsam in ein Stadium der geistigen Teilnahmslosigkeit absank, was er immer tat, wenn er sich über eine längere Zeit körperlich anstrengte, wie eben jetzt, und aus welcher ihn schon besondere Vorkommnisse rausreissen musste. Wie der Schmerz, der ihn überraschend heimsuchte. Von einem Moment zum anderen spürte er einen intensiven, scharfen Schmerz mit einer seltsamen Mischung aus Ziehen und Brennen an seinem Schulterblatt, der ihn laut aufbrüllen ließ und zusammenstauchte. Nur mit Mühe konnte er ein Stürzen verhindern, doch seiner Gruppe fehlte jetzt eine Stütze.

  • Zäh zog sich der zweite Abschnitt der Strecke dahin. Einen Schritt setzte Macer vor den nächsten und längst hatte er dabei einen dumpfen Rhytmus gefunden, bei dem er von der Welt um ihn herum nicht mehr ganz so viel mit bekam. Von den anderen Senatoren an derselben Trage war auch kaum noch etwas zu hören und vermutlich stapften sie ebenso stumpf vor sich hin. Wenn sie dabei die Geschwindigkeit einfach so hielten, war Macer das recht. Es gab nichts besseres, als gleichmäßig vorwärts zu kommen.


    Leider war es ihnen nicht vergönnt, eine längere Strecke auf diese Weise hinter sich zu bringen. Mal stockte es vor ihnen, weil eine Trage ins Schwanken geraten war und mal wurde die Straße stärker ansteigend oder abfallend, so dass sie ihre Schritte anpassen mussten. Und plötzlich ertönte neben Macer, auf der anderen Seite der Trage ein lautes Brüllen und auch ihre Trage begann zu schwanken. Jemand rief den Namen von Hungaricus und zwei weitere Stimmen forderten zeitgleich zum Anhalten auf. Macer stoppte wie die anderen und versuchte, den Kopf zu wenden. Tatsächlich schien es Senator Hungaricus nicht allzu gut zu gehen. Dem Senator hinter ihm auch nicht, denn auf dessen Schulter lastete plötzlich das doppelte Gewicht.


    "Absetzen?! Hungaricus, was ist los?" Macer fragte sich, ob es überhaupt eine Planung gab für den Fall, dass jemand auf der Strecke ausfiel. Die Trage mit einem Mann weniger weiter zu befördern würde aufgrund der ungleichen Verteilung der Last kaum erfolgreich sein.

  • Auch Durus ergriff wieder die Last, die irgendein unwürdiger Mörder ihm aufgebürdet hatte. In Gedanken verfluchte er diesen Burschen und beschloss - sollte man jemals herausfinden, wer es gewesen war - dafür zu sorgen, dass er einen langsamen und qualvollen Tod erlebte.


    Mitten in diesen schönen Gedanken wurde Durus von Maevius wieder in die Realität zurückkatapultiert. Solange er es noch konnte, reckte er sich, um die Ursache dieses "Malheurs" zu finden, doch sofort musste er in die Grundstellung zurückkehren. Und dann roch er es auch schon. Widerlich! Womit hatten sie das verdient?


    Doch er hatte keine Zeit für weiteres Selbstmitleid, denn die Bewegungen, die es jetzt auszuführen galt, waren überaus konzentrationsbedürftig. Neben dem korrekten Heben musste er außerdem dafür sorgen, dass die ekelhafte Brühe auf dem Brett nicht auf ihn zukam!


    Doch dann endlich hatten sie es geschafft und die Exkremente platschten auf die Straße. Zwar stank es immer noch penetrant nach Tier, aber Durus tröstete sich, dass es auch viel früher hätte passieren können - dann erinnerte er sich, dass er diese Selbstvertröstungen hasste.


    "Ihr Götter! Warum?"


    murmelte er vor sich hin, während die Schulter wieder begann, trotz aller Polsterung einen leisen Schmerz in den Körper zu senden und sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten...

  • Obgleich wohl die meisten Senatoren glaubten, das Schlimmste des Weges - da es der überwiegende Teil davon gewesen war - bereits hinter sich zu haben, so lag das schwerste Stück noch vor ihnen, der Weg hinauf auf die Kuppe des Kapitols. Über ihnen thronte bereits der Tempel der kapitolinischen Trias, doch kaum einem war noch danach, den Kopf zu heben und zur göttlichen Erhabenheit empor zu blicken, selbst von würdevollem Schreiten war kaum mehr noch etwas übrig, um jedes der Rinder herum war Stöhnen und Ächzen zu vernehmen, verkniffene, gequälte, Schmerz erfüllte Gesichter zu sehen, Schweiß rann über die Stirne, die Nacken der patres conscripti, während sie sich Schritt um Schritt mit der schweren Last auf den Schultern den Hügel hinauf plagten. Hektisch eilten Helfer des Cultus Deorum zwischen den Rindern umher, nun weniger, um nach den Opfertieren zu sehen, sondern mehr, um im Notfall für einen zusammenbrechenden Senator einzuspringen, denn würde nun ein Rind kippen, konnte dies den gesamten Zug zu Fall bringen. Obgleich jedoch so mancher der Herren im aufrechten Gang den Eindruck vermittelte, als würde eher er auf allen Vieren bereits kriechen oder gar schon auf dem Zahnfleisch rutschen, so schafften schlussendlich mit der Aussicht des nahen Ziels vor Augen alle Senatores es bis vor den Tempel der kapitolinischen Trias und mit ihnen zehn Rinder, welche an diesem Tage um das pomerium der Stadt herum gekommen waren ohne einen einzigen Schritt zu tun.


    Vorsichtig, um nicht im letzten Augenblicke die Sühne zu ruinieren, wurden die Tiere zu Boden gelassen, und als wären sie es, welche den schwersten Teil dieser Aufgabe hatten übernommen - doch diesen Tages wollte niemand wohl den Tod zugunsten des Staates mit dem Gang vergleichen, ebenso wie kaum Rinder mit Senatoren -, trugen sogleich Bedienstete des Cultus Deorum dafür Sorge, dass die Tiere ein wenig erfrischt wurden und aus ihrer glückseligen Dämmerung erwachten. Zwar sollten auch bei der eigentlichen Opferung sie nicht gänzlich klar im Kopfe sein, doch zumindest am Altar auf eigenen Beinen stehen, dies mussten sie noch schaffen.


  • Es dauerte ein wenig, bis alle Rinder zur Schlachtung bereit waren, so dass auch den Senatoren etwas Zeit gegeben war, sich ein wenig zu erfrischen, bevor der Herold wie bereits zu Beginn des Tages - vielen schien dies bereits eine halbe, wenn nicht gar ganze Ewigkeit her - seine Stimme erhob und die Anwesenden aufforderte zu schweigen - ein wenig überflüssig war dies, denn ohnehin war kaum einem der Senatoren nach Gespräch zumute.
    "Favete linguis!"
    dröhnte darob seine Stimme über den weiten Platz, womöglich über den tarpeischen Felsen hinaus noch über das Forum hin.


    Fabius Antistes, der Rex Sacrorum, hatte sich auf die Stufen des kapitolinischen Tempels begeben und überblickte die zehn aufgereihten Rinder. Als er seine rechte Hand hob, streuten an den aufgestellten Altären junge ministri Hände voller Räucherung über die Kohlebecken und eine dichte Nebelwand erhob sich kurz zwischen den Senatoren und dem Tempel, wurde jedoch vom stetig über den Hügel ziehenden Wind alsbald wieder mit hinfort genommen. Aus den Nebelfetzen heraus erhob sich die Stimme des Rex Sacrorum.
    "Götter des Imperium Romanum! Unsterbliche Ewige, endlos umfassende di immortales, gewährt uns die Gunst Eurer Aufmerksamkeit! Di consentes, Schirmherren unseres Volkes, Wahrer unseres Lebens, Euch gebührt unsere Sühne, wie den allgegenwärtigen Göttern, Überirdischen und Unterirdischen und all jenen in allen Welten dazwischen. Seht herab auf unsere Demut, seht herab auf die Anstrengung, die zu Eurem Wohle unternommen wurde! Jene Männer, welche den Staat Rom und sein Volk vertreten, bitten für den Staat Rom und sein Volk um Eure Vergebeng! Gewährt diesem Staate und seinem Volk, gewährt uns, unsterbliche Ewige, Eure Gunst und Euer Wohlwollen, verzeiht den begangenen Frevel und nehmt unsere Sühne, nehmt unsere Gaben im Gegenzug an. Diese zehn Rinder in all euren Farben, unter Aufwendung aller Kraft getragen auf den Schultern derjenigen Männer, welche Rom repräsentieren, um den heiligen Bezirk, Euer divines Heim herum, für Euch, Göttliche, jeden einzelnen, gemeinsam."
    Während er sprach, wurden die Rinder durch hochrangige Priester mit mola salsa den Göttern, jedem einzelnen und allen gemeinsam, geweiht, die auf ihren Rücken liegenden Wolldecken wurden mit der begleitenden Geste des Opfermessers, welches von Kopf bis zum Schwanzansatz über den Rücken wurde gezogen, entfernt und neben jedes Rind trat ein Victimarius mit einem Opferbeil in der Hand, zur anderen Seite ein Popa mit einem malleus, dem Opferhammer - gerade rechtzeitig, denn einer der weißen Ochsen begann langsam zu schwanken und den Anschein zu erwecken als würde all dies er nicht mehr sonderlich lange mitmachen.


    "Age!"
    donnerte die Aufforderung Fabius Antistes' über das Kapitol hinweg, und zehn Hämmer rauschten auf zehn Rinderschädel hinab, berührten zehn Rinderschädel und ließen in zehn Rinderschädeln mehr oder minder in gleichem Moment die Lichter ausgehen, während zehn Äxte von anderer Seite her nur Herzschläge später in zehn Rinderkehlen einschlugen, noch ehe die dazugehörigen zehn Rinder gänzlich zu Boden gesunken waren. Neun Rinder kippten zum Tempel hin, eines zu den Senatoren - es war dies einer der weißen Ochsen. Dickflüssig und rotfarben rann das Blut aus den großen Leibern über das Pflaster, während schon die Schlachter an den Rindern sich zu schaffen machten, um ihre Bäuche aufzuschlitzen und die vitalia daraus hervor zu holen. Obgleich bei ein oder zwei kleineren Makeln durchaus ein oder auch zwei Augen würden zugedrückt werden können, so hoffte Fabius Antistes, dass sich kein auffälliger Makel würde finden, denn eine schwarze Leber oder schlimmer noch ein schwarzes Herz - wobei Fabius bezweifelte, dass allzu viele Senatoren zu diesem Zeitpunkt auf die Entfernung noch den Unterschied zwischen einem frischen Herz und einer frischen Leber würden ausmachen können - würde kaum unbemerkt bleiben.




  • Er war nicht der Mann Roms, der es genoss, wenn durchtrennte Sehnen, gebrochene Knochen oder offene Wunden beschaut werden mußten. Nein ehrlich geschrieben, war es eher so, das Avarus diesen Moment immer inneren Gedanken folgte und kein Auge dafür vergab. Heute war das Anders. Egal wo er hinschaute, floss üppig Blut in dicken Strömen und kein Winkel nach vorn blieb dem weinenden Auge vorbehalten. Die Seele wurde zusehens von diesem sakralen Anblick belastet. Einzigst die Strapazen des 'Schleppens' übertönten diese Schmerzen noch.


    'Darauf einen Dujardin' hörte er Stimmen in seinem Kopf sagen. Das er es dringend nötig hatte für Ausgleich zu den Schmerzen zu sorgen, würde ihm spätestens am nächsten Tag bewußt werden. Er war nicht mehr der Jüngste, auch wenn man sagte: Man ist immer so jung, wie man sich fühlt. Solche Aktionen zeigten ihm, das er Rom schon viel Zeit seines Lebens gewidmet hatte.


    Der Senator schnaufte aus. Wahrlich war es eine schwere Last gewesen. So hoffte er, das diese Rinder wirklich alle rein waren. Seine Schultern würden diese Geiselung nicht noch einmal durchhalten.

  • Genau so hatten sie sich früher bei der Legio gefühlt, bei den Übungsmärschen, wenn es auf die letzte Meile ging. Völlig ausgepumpt, den Schweiß im Gesicht, so dass er in die Augen rann und man kaum gucken konnte. Die Finger ebenfalls verschwitzt, so dass man ihn nicht einmal wegwischen konnte. Mehrfach winkte Macer einen Helfer mit einem Wasserbeutel heran, um sich etwas von dessen Inhalt ins Gesicht zu spritzen. Immerhin konnte er als Curator Aquarum darauf vertrauen, dass genug Wasser zur Verfügung stand.


    Nach dem Sturz von Hungaricus waren sie langsamer voran gekommen, aber das Ziel kam immerhin näher. Vorsichtig stemmten sich die Männer in den Hang hinauf zum Capitol, damit das Gewicht nach Möglichkeit nicht nur auf den Schultern der beiden letzten Männer lastete. Trotzdem waren es diese beiden, die am Schlußanstieg am meisten zu kämpfen hatten und Macer war froh, nicht zu diesen zu gehören. Eigentlich hätte man die Trägergruppen vorher wechseln müssen und die Kleinen auf alle Tragen vorne und die Großen auf alle Tragen hinten verteilen müssen. Das hätte es leichter gemacht.


    Vor dem Tempel angekommen, war Macer froh, dass jetzt der Cultus Deorum wieder übernahm. Er atmete schwer und die Wolken an Weihrauch, die über den Platz waberten, machten es nicht leichter, die nötige Luft zu bekommen. Selten hatte er so wie jetzt das bedürfnis verspürt, sich einfach auf den Boden zu legen und Arme und Beine auszustrecken.

  • Serenus beobachtete das Schauspiel wie viele andere Leute auch. Nur, dass man ihm, Hannibal und Dido dank aufmerksamer Klienten der Gens Flavia bessere Plätze in der ersten Reihe reserviert hatte. Zwischen den Kindern hockte der Molosserkampfhund Nero, welcher durch den Blutgeruch infolge des gewaltigen Opferfestes etwas angespannt war. Daher hielt ihn Serenus an dem einen Ohr fest, Dido am anderen Ohr und Hannibal hatte die Leine kurz in der Hand. Obgleich es fraglich war, dass die Drei den Hund würden halten können, wenn das riesige Tier zugedröhnt losrennen würde.


    Serenus schüttelte leicht den Kopf vor Missfallen beim Anblick der Senatoren. Es war gut, dass das Imperium keine Republik mehr war. Die Senatoren sahen alle total fertig aus, mit denen war kein Krieg mehr zu gewinnen. Selbst sein Onkel Gracchus war hinüber. Total verweichlicht, was stellte Tante Antonia mit dem nur an? Vielleicht sollte sein Vater nach seiner Rückkehr aus Parthien seinen Onkel mal etwas drillen wie man es in der Legio mit Legionären tat. Onkel Gracchus gab gerade kein gutes Bild für die Gens Flavia ab, aber immerhin hielt er sich besser als die ganzen plebeischen Senatoren, die nur jammerten und ächzten und keuchten.

  • Auf einem im Schatten liegenden Gesims saß trotz des hellen Tages ein kleines Käuzchen und beobachtete den Zug der Senatoren mit ihrer schweren Last. Wie sie sich abmühten, schwitzten und fluchten, sich plagten, unvorsichtig die Finger einklemmten und mit hochrotem Kopf nach Luft rangen, dass alles war ein herrliches Spektakel. Grimmige Freude erfüllte das Käuzchen bei diesem Anblick, denn hier saß, in Gestalt einer ihm dienenden Kreatur, der Herr der Unterwelt – Pluto.


    Er beobachtete sie genau, während diese ebenso hochmütigen wie schwere Arbeit nicht gewohnten Sterblichen in einer langen Prozession unter ihm entlang zogen, und er war zufrieden, soweit dieses Gefühl in seinem schwarzen Herzen überhaupt einen Platz hatte.
    Aber als alle Senatoren keuchend und jappsend an ihm vorbei gekommen waren, da vermisste er einen unter ihnen.


    Mit einem zornigen, zischenden Schrei flog das Käuzchen auf und war im nächsten Augenblick zwischen den Dächern der Stadt verschwunden. Pluto würde den Drückeberger finden und heimsuchen.

  • Den "sanften", "unaufdringlichen" Geruch von Schwefel in der Nase ließ Iuno daran erinnern, dass sie dem Gott der Unterwelt ein Aqua Colonia besorgen wollte. Aber wenigstens war er gerade weg, so musste sie seinen Gestank nicht aushalten. Geruch des Todes... den man nicht abwaschen könne... so ein Blödsinn.


    Mit Zufriedenheit blickte sie über die erschöpfte Senatorenschar, Mitleid hatte sie keines, die Herren würden sich bald erholen und wenn nicht, so fiel es auch nicht in ihren Bereich. Daher ließ sie die Senatoren sprichwörtlich links liegen und wandte ihre Aufmerksamkeit auf die Opferhandlung. Rein aus Spaß an der Freude versteckte sie da und dort kleinere Knötchen, doch nichts weltbewegendes. Sie war zufriedengestellt.

  • Die tanzenden Salier hatten sich bei ihrer Prozession immer besser angestellt. Kräftige Männer, die mit Waffen umzugehen wussten, die in Formation schreiten konnten und bei denen die Muskeln vor Kraft zitterten und nicht vor Schwäche, das alles war Mars deutlich lieber als dieser Haufen keuchender Männer. Hier und dort war einer dabei, der seine Sache gut und aufrecht machte, aber alle anderen fand Mars eher peinlich. Entsprechend gelangweilt schaute er auch dem Opfer zu.

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