Der Schatten des Krieges oder: Ein Dorf in Parthia

  • - Prolog -


    Warm glänzte das braunrote Fell der Ziege, die langsam an einem Weg entlang trottete, den man noch nicht mal mit Recht so nennen konnte. Mehr eine Ahnung von einem Pfad war dieser. Die großen Steine zur Seite gerollt, damit auch mal ein Wagen – gezogen von einem Ochsen oder Mauleseln – hier entlang poltern konnte. Als ob die Ziege alle Zeit der Welt hatte – wer wollte sie auch stören? - graste sie die dornigen Büsche hier ab, denn hier wurde sie nicht von den Hacken vertrieben, die die Männer nur wenige Schritte von ihr entfernt durch die Luft schwangen, um den Boden auf die kommende Saat vorzubereiten. Hoch und runter sauste die Hacke, wirbelte einmal über breite Schultern hinweg und bohrte sich tief in den erdigen Grund, der von einigen Steinen durchzogen war. Immer mal wieder bückte sich der Mann, der die Hacke schwang, zog einen besonders großen Stein hervor und warf ihn auf einen Haufen hinter sich, zupfte ab und an etwas von der dornigen Masse aus dem Boden, die sich in der Zeit, in der das Land brach lag und sich von der letzten Ernte noch erholte, über den Boden ausgebreitet hatte. Die Sonne schien in das Gesicht des Mannes, auf seinen Rücken und seine Schultern hinab, mit einem Seufzen auf den Lippen richtete er sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.


    Seine Augen streiften über den Bach hinweg, der an dem Feld sich vorbei schlängelte und sich in dem kleinen Fluß am Rande seines Dorfes mit all dem Wasser vereinte, das aus dem Osten kam, irgendwo entsprungen aus Felsen, wo sich das Wasser mit Macht einen Weg aus den Tiefen bis an die Oberfläche der Welt gebahnt hatte und nun auch diesen Menschen von dem guten Naß gab, was ihre Felder fruchtbar machte und ihnen das Leben ermöglichte, selbst wenn ihr Dorf nicht direkt am Euphrat lag oder in den besonders fruchtbaren Tälern von Parthia. Ein Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht als der Parther zu den Häusern sah, die von einem natürlich entstandenen Wall, von Steinen und dornigen Hecken umgeben war, was die Tiere oftmals davon abhielt sich ihre Ziegen zu erjagen oder die Schafe zu erbeuten, aber nicht immer. Der Mann, Kamran war sein Name, hatte schon Nächte erlebt, wo die gestreiften Hyänen oder die Wölfe der Gegend besonders dreist waren und ein Mal meinte er sogar, daß eine seiner Ziegen von einem Bären gerißen wurde, der nahe an das Dorf - des Winters wegen - gekommen war. Gut ein Dutzend Häuser und Katen standen in dem Dorf und von den Truppen des Shah waren die Männer hier auch verschont worden, die in andere Dörfer gekommen waren und die Söhne aus den Armen ihrer Mütter gerißen haben, die Väter den Kindern genommen haben und die Brüder den Schwestern, damit sie in dem Krieg gegen die Römer kämpften.


    Kamran trat zu einem Eimer, in dem eine Schöpfkelle aus Holz schwamm und nahm einen tiefen Schluck. Der Wind strich über den Boden hinweg, ließ etwas von der Erde auffliegen und spielte damit, so daß sich die Krumen in einem Wirbel in die Luft hoben und dann achtlos auf die Erde fallen gelaßen wurden. Der Luftstrom bauschte die Hose von Kamran auf, aus Schafswolle gesponnen, gewebt und genäht, zerrte an dem wollweißen Kittel, den er darüber trug und spielte mit seinen schulterlangen Haaren, die er sich zwar zurück gebunden hatte, aber von denen sich bei der Arbeit einige Strähnen gelöst hatten. Gerade wollte sich Kamran umwenden, um weiter sein Stück Erde zu bearbeiten, wie die anderen Männer des Dorfes, die sich an diesem Tage dort versammelt hatten, als ein Ruf die Luft durch schnitt:


    „Seht! Da kommt wer!“
    , rief ein Junge, der auf der Schwelle stand, zum Manne zu werden. Kamran wandte seinen Kopf um und in die Richtung, die der Junge – Farshid – deutete. Staub war zu sehen, noch ein gutes Stück vom Dorf entfernt. Kamran kniff die Augen zusammen, dann wandte er sich zu Farshid, packte ihn am Arm.
    „Lauf, sag' Aarman Bescheid!“
    Kamram gab dem Jungen einen leichten Stoß, damit dieser los lief. Farshid rannte eilig in Richtung des Dorfes. Ein älterer Mann trat an die Seite von Kamran und versuchte ebenfalls zu erkennen, was auf sie zu kam.
    „Die Männer des Shah? Kommen sie nun doch?“
    Kamran zuckte ratlos mit der Schulter.
    „Egal, wir gehen besser auch zurück. Und egal, ob Shah, Räuber oder Römer...wir laßen uns gewiß nicht als Opfer oder Schlachtvieh benutzen!“
    Der Ältere nickte zustimmend. Die Männer mit den Hacken drehten sich um und ließen das Feld brach zurück, während sie zum Dorf zurück gingen. Nur der Eimer mit Wasser blieb am Rande des Weges stehen. Die Kelle schwappte hin und her, als der Wind an ihrem Henkel spielte.




    SimOff: Jeder ist dazu eingeladen, nein, sogar darum gebeten, selber an Beschreibungen und Personen mitzuwirken, ebenso an Handlung und ähnlichem, wenn er gerne mag.

  • - Der Hauptteil -


    Kniehoch stand das Gras, golden wogte es im Sonnenlicht, ließ den Wind durch die Ähren spielen und raschelte leise bei jedem Schritt den Marcus durch das Gras tat; die Halme unter seinen Soldatenstiefeln zerbrachen und knickten, das Schuhwerk zertrampelte die Gräser mit den Nägeln an seinen Sohlen, ohne daß der Träger einen Blick auf die goldenen Schafte warf, die in einem harmonischen Reigen sich einem Wellenmeer gleichend vor ihnen ausbreitete, in zahlreichen braunen Tönen sich in der jahrezeitlichen Färbung zeigend. Marcus beschirmte seine Augen, die von der Sonne geblendet wurden und spähte nach vorne, wo er noch eine Staubwolke ausmachen konnte; dort, wo die drei Reiter verschwunden waren, die ihnen voraus ritten, um nach der Ortschaft Ausschau zu halten, die es in dieser Gegend angeblich geben sollte. Die Zweige von hohen Tamarisken reihten sich in den Tanz der Gräser mit ein, schaukelten heftig nach links und rechts. Stieg hinter den Gipfeln einiger Zypressen und den hohen Tamarisken nicht Rauch in den Himmel? Das würde auf ein Dorf oder eine Siedlung schließen laßen. Ein zufriedener Ausdruck huschte über Marcus Gesicht, denn ungerne wollte er ohne Ergebnisse und insbesondere ohne die durchaus dringend benötigten Vorräte zur Legion zurück stoßen, schließlich waren er und der kleine Trupp an Männern, diverse Männer aus verschiedenen centuriae*, aus geschickt worden, um die maue Lage etwas aufzubessern und das kam Marcus natürlich gerade recht, denn ein anständiges Mahl hatte er schon seit langer Zeit nicht mehr gehabt.


    Marcus schritt weiter aus in dem hohen Gras, folgte der Spur, die die Hufen der Pferde im Erdreich hinter laßen hatten. Ein Rascheln ließ Marcus aufhorchen, etwas bewegte sich im Gras. Braunes Fell huschte durch die Halme und richtete sich auf als es den Männern gewahr wurde. Ein Tier, so groß wie ein Kaninchen, recht fett für ein solches Getier – ein Klippschliefer – erspähte mit den dunklen Knopfaugen die Männer, doch ehe Marcus auch nur einen Schritt machen konnte, um die fette Beute für den Kochtopf zu ergattern oder die Männer dazu anzuhalten, das Tier zu jagen, verschwand es bereits unter den Wurzeln einer Zypresse in der Nähe. Marcus zuckte mit der Schulter und lief weiter den Spuren der Reiter hinter her. Zwischen dem Gras zirpten so manche Zikaden, die verstummten als die Männer an ihnen vorbei kamen.


    Der Schatten der Zypressen spendete Marcus einige Schritte lang Schatten vor der gleißenden Sonne, die zwar nicht erbarmungslos, aber doch ganz schön warm für marschierende Männer herunter strahlte. Zwei Wägen folgten ihnen, denn schließlich mußten sie die Vorräte auch irgendwo verstauen können, ansonsten trug Marcus nur seine rote centuriotunica am Leibe, die Rüstung, samt subarmalium – weswegen Marcus ganz schön ins Schwitzen kam beim Marschieren! - Waffen, Schild und poscaschlauch an seiner Seite. Grade bogen sie auf einen Weg, einen Pfad mehr, der kaum von der übrigen Landschaft unterschieden werden konnte, als sich vor Marcus Augen eine Siedlung auftat, die Häuser noch in weiterer Ferne erblickend blieb Marcus stehen und hob die Hand, damit es ihm die Soldaten gleich taten. Marcus drehte sich um, um einige Worte an die Männer zu richten, während er darauf wartete, daß die Reiter zurück kamen.


    „Wir sind zwar im Krieg, aber wenn sich Menschen dort nicht gegen uns wehren, dann haben wir auch keinen Grund, ihnen etwas zu Leide zu tun, verstanden? Ich will also kein Morden und Brandschatzen dort sehen - wenn die Bauern...oder Unfreien, wie auch immer, dort die Vorräte raus rücken! Wenn sie sich wehren...dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben...“
    , fügte Marcus mit einem Schulterzucken an und wandte sich um, um in Richtung des Dorfes zu spähen.




    *Der Spielmöglichkeit wegen!

  • Miles Cossus Percennius Verus


    Verus bekam den Befehl, bei dieser Mission Teilzunehmen. Centurio Artorius hielt wohl sehr viel von ihm oder er glaubte, dass es ihm gut tun könnte, wenn er mal mit erfahrenen Soldaten der ersten Cohorte zusammen eine Mission bestritt. Cossus war noch recht jung und bisher hatten sie in diesem Krieg kaum gekämpft und dienten meistens als Reserve.


    Er war ein wenig aufgeregt, doch wollte er sich dies natürlich nicht anmerken lassen. Nachdem sie nun von weiten eine Dorfsahen, gab ihnen der Centurio neue Befehle. Nun hatte er endlich mal die Gelegenheit, eventuell mal zu Brandschatzen, da wurde es ihnen auch schon verboten, wenn die Bürger dieses Dorfes ihnen freiwillig Nahrung überliesen.




  • [Blockierte Grafik: http://img443.imageshack.us/img443/921/soeldnerfuehrerca1.jpg| Xvásak


    Den Sogden sagte man im Allgemeinen einen Hang zum Verrat nach. Xvásak war Sogde, und er sah sich nicht im geringsten als Verräter. Auch nicht als Deserteur. Er war einfach nur schon lang genug in dem Geschäft, um zu wissen dass Ruhm und Ehre niemanden satt machten. Zusammen mit seinem Bruder führte er eine Rotte von Söldnern, kampferprobte Eisenfresser aus den verschiedensten Ecken des parthischen Grossreiches, die sich ihre Narben im Laufe der Jahre in Gefechten von Hyrkanien bis zum Indus zugezogen hatten. Sie waren mit dem Satrapen Surenas geritten, aber das hatte ihnen bisher wenig eingebracht - bei Edessa hatten sie tatenlos zugesehen wie die Armee von Osroëne von den Römern geschlagen wurde, am Chaboras hatten sie zwar gesiegt und ganz gut Beute machen können, vor allem Sklaven, doch dann hatte der Satrap sein Heer wieder zurückgepfiffen und sich nach Dura zurückgezogen anstatt den Römern den Rest zu geben. Xvásak missbilligte diese Taktik, ausserdem fehlte ihm und seinen Männern die Geduld sich auf unbestimmt Zeit in der Stadt zu verschanzen. Deshalb hatten sie sich eines Nachts verabschiedet ohne auf Wiedersehen zu sagen, um ihr Glück weiter im Süden zu versuchen, in einem der ewigen Grenzkonflikte zwischen den nabatäischen Adeligen, oder indem sie den schwerbepackten Karawanen die trotz des Krieges von der Hauptstadt nach Palmyra zogen die Last etwas erleichterten...
    Dummerweise hatte einer der Generäle des Satrapen ihren Abschied tatsächlich als Desertieren interpretiert! Man hatte sie verfolgt, sie hatten sich der Verfolger entledigt, dabei aber auch Federn lassen müssen. Avíl, ein alter Haudegen der von Anfang an in ihrer Truppe dabeigewesen war, hatte es dabei schwer erwischt. Vor zwei Tagen war das gewesen, jetzt hatte er Wundfieber bekommen, redete wirres Zeug, ächzte und schien jeden Moment die Brücke der Seelen überschreiten zu wollen.
    Aus diesem Grund hatten sie hier halt gemacht, in diesem gottverlassenen Dorf im tiefsten Mesopotamien. Einer der jüngeren Rekruten stammte aus der Gegend, er hatte mit dem Dorfvorsteher in einem schier unverständlichen Dialekt lange palavert, so waren sie zu einem Arrangement gekommen. Sie hatten nicht marodiert, und sich mitsamt der Pferde einfach in einer grossen Scheune einquartiert.


    Durch die groben Bretterwände drang das Licht in den weiten, halbdunklen Innenraum, es malte schmale Streifen auf den strohbedeckten Boden, und strahlte die Staubkörnchen an, die langsam durch die Luft schwebten. Auf einer Decke ausgestreckt lag Avíl im Sterben, er murmelte leise vor sich hin, sah hin und wieder mit weitaufgerissenen Augen um sich. Ein Freund kühlte ihm die schweissige Stirn und redete ihm gut zu, der Rest der Rotte wartete, ruhte sich aus nach dem harten Ritt. Ein paar schliefen, auf dem Boden ausgestreckt, die Köpfe auf den Satteltaschen. Die Pferde standen im hinteren Teil, zermahlten das Stroh mit den Zähnen und schlugen träge mit den Schweifen. Eine Fliege surrte um Xvásak herum, ein lästiges, hartnäckiges Ding. Er zog den Dolch aus dem Gürtel und begann sich einen runzeligen Maschansker (noch aus Edessa) zu schälen, löste spiralförmig die Schale von der Frucht, sah immer mal wieder zwischen den Brettern hindurch hinaus. Sein Bruder war im Dorf unterwegs, wollte was zu essen auftreiben, ausserdem hatte er die Trossjungen ausgeschickt, die nach Verfolgern Ausschau halten sollten. Und einer von denen kam jetzt angelaufen, brach aufgeregt in die Ruhe in der Scheune hinein.
    "Savaran Salar, es kommt etwas!", sprudelte der Junge schnell hervor, "Die Bauern kommen vom Feld gelaufen, ich habe eine Staubwolke gesehen und Eisen in der Sonne glänzen!"
    "Auf Männer, zu den Waffen!", kommandierte Xvásak auf der Stelle, und winkte dem Jungen ihn die Schnallen des Panzerhemdes zu schliessen. "Ihr sattelt die Pferde, Du berichtest meinen Bruder, ihr geht raus und späht die Lage aus! Auf, los!"
    Ob der Satrap sie noch weiter verfolgen liess? Wäre ganz schön unversöhnlich. Sie mussten auf jeden Fall wissen was sich da näherte, um zu entscheiden ob das Heil wiederum in einer schnellen Verabschiedung lag - oder ob sich da vielleicht ein lohnendes Ziel bot.

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  • Ich spähte zu dem Dorf. Wie eine Insel lag es vor uns, umgeben von seinem Wall, in dem Meer goldener Gräser, und der Pfad erinnerte mich an einem Steg, den wir überqueren mussten, um dorthin zu gelangen. Die mahnenden Worte des Centurios noch im Ohr marschierte ich mit den anderen auf das Dorf zu. Wir hatten inzwischen mehr denn je Grund die Parther zu hassen, an ihnen Rache nehmen zu wollen, und mich erfüllte der Gedanke irgendwelchen Fellachen die Speicher zu leeren mittlerweile eigentlich weniger mit einem schlechten Gewissen als mit der Vorfreude endlich mal wieder was richtiges zwischen die Zähne zu bekommen. Der Pfad war übersät mit dem Spuren von Hufen, von Pferden und vor allem Ziegen. Grinsend meinte ich zu meinem Nebenmann:
    "Heute abend gibt es Ziegenbraten."
    Wir kamen an ein paar Feldern vorbei, die von kleinen Mauern aus aufgetürmten Steinen voneinander abgegrenzt waren. Die Erde war an einigen Stellen frisch umgegraben, und ein Wassereimer mit einer Kelle darin stand ein wenig verloren neben dem Pfad. Ich schöpfte mir etwas heraus, wollte nach dem Marsch in der prallen Sonne einen Schluck trinken, aber dann erinnerte ich mich an die vergifteten Brunnen und Wasserlöcher, liess die Kelle wieder sinken und begnügte mich doch lieber mit dem letzten Rest aus meinem Wasserschlauch.
    Der Wind raschelte in den Gräsern. In einem Gestrüpp in der Nähe nahm ich aus den Augenwinkeln plötzlich eine Bewegung war, dann traf mich auch schon ein Stein, und prallte mit einem metallischen Klirren von meiner Lorica ab - harmlos, aber ich fuhr trotzdem zusammen, wirbelte herum und sah noch wie ein Kind, mit mageren Beinen und wehendem schmutzigem Kittel, zum Dorf zurückhastete. Verdammtes Gör. Irgendwie beschlich mich eine dunkle Ahnung, dass die Leute hier ihr Vorräte nicht so einfach rausrücken würden. Wir hielten auf einen Durchgang in dem Wall von Erde und Dornen zu. Hundegebell ertönte von der anderen Seite, erst nur von einem Tier, dann fielen andere mit ein, kläfften, knurrten und verbellten uns wie wild.

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  • [Blockierte Grafik: http://img409.imageshack.us/img409/473/arikzv1.jpg| Arik Khingyr


    Bellend war das Lachen von Arik. Mit einem Fußtritt beförderte er den Mann vor sich auf den Boden, dessen Tunika vor Dreck erstarrt schien, kaum noch die rote Farbe hatte von vor einigen Wochen. Kinn und Wangen des Geschundenen waren mit einem verwahrlosten Bart überwuchert, eine schlecht verheilte Wunde zierte das Gesicht jenes Erbarmungswürdigen, der auch sonst einen herunter gekommenen und ausgemergelten Eindruck machte. Nur die Augen, die glühten voller Haß als Arik ihn mit einem Fußtritt vor dem Haufen von Holz auf den Boden beförderte. Grau wie Stahl bohrten sich die Augen in Arik, der ungerührt ein Messer, einen Gnadengeber-Dolch, aus seinem Gürtel zog. Die Sonne spiegelte sich auf dem Metall wieder, feiner Aderungen zeigten sich in der Legierung des Dolches, und noch mehr Scharten, die von Kämpfen und Morden zeugten, aber auch, daß sich Arik durchaus zu wehren wußte. Schließlich war er kein Bauernlump, nein, ein sogdischer Haudegen und Säbelheld. Es war wieder warm an jenem Tag und Arik ungeduldig weiter zu kommen, weg von dem unsäglichen Krieg mit den Römern, die ihm wenig Stechereien und mehr Ärger eingebracht hatte. Ärger, den sich Arik überall und schnell einzog, und er mußte einige Male schon vor Häschern des Gesetzes – welcher König oder Herrscher sie auch immer erlaßen hatte! - fliehen. Nicht immer zum Vergnügen seines Bruders.


    „Habe ich Dir gesagt, daß Du eine Pause machen kannst, Du Esel?“
    „Verfluchter...“
    Heiser raunte der Mann das Wort, wurde jedoch gleich von der tiefen Stimme des Arik unterbrochen.
    „Zum Donnerwetter! Habe ich Dir das Sprechen erlaubt?“


    Der Mann verstummte. Gleichwohl er nicht verstand, was Arik von sich gab. Nicht einen Herzschlag ließ der Mann Arik aus den Augen, als er sich erhob und einen der Holzscheite ergriff, den die Bauern in sorgfältiger Arbeit aus einem der Bäume am Dorfrand geschlagen hatten. Bodenlose Feindschaft sprach aus der Haltung des Namenlosen. Seine Augen flackerten zu einer Axt, die im Holzblock steckte, ein grobes und unscharfes Ding, aber robust und gut genug, damit Schädel einzuschlagen. Arik wischte sich über die Stirn und zog seine Tuchmütze zurecht.


    „Vergiß' es, Römer! Bist' eh tot, ehe Du das Beil nur erreichst!“
    Genervt rollte Arik mit den Augen.
    „Tot...aus...Ende...Tartaros...verstanden?“
    , brachte er mühsam auf Griechisch hervor.


    Stumm schwelgte es zwischen den beiden Männern. Ein unausgesprochener Kampf, einer, der einen mit Messern und Eisen einleitete und der zum Tod von einem der Beiden führen konnte. Schritte durchbrachen das Ringen mit den Augen.


    „Savaran Arik!“
    Den Rest, ein widerwärtiges Kauderwelsch in Ariks Ohren, verstand er nicht, aber die Anrede genügte ihm, um Zorn in sich zu verspüren und den Römer für einen Augenblick lang zu vergeßen.
    „Savaran Salar für Dich. Noch bin ich kein einfacher Reiter, bei meiner Treu! Außerdem ist das wohl keine angemeßene Anrede für einen Edelmann, Bauer!“


    Freilich war Arik kein Edelmann von Geburt, aber mächtig stolz auf sich und sein Handwerk, das ihm - seiner Meinung nach - solch eine Bezeichnung bescherte. Verblüfft blinzelte der Bauer, ein älterer Mann mit brauner Pergamenthaut, buschigen weißen Haaren und einer von der Arbeit gekrümmten Statur, die ihm etwas unterwürfiges verlieh. Gleichwohl war Aarman einer der Ältesten des Dorfes und mit gewitzter Bauernschläue ausgestattet. Dennoch war der Krieg auch etwas, was ihn in mancher Hinsicht überforderte, auch die Antwort von Arik, die in seinen Ohren ebenso unverständlich war. Der junge Rikul kam in dem Augenblick angerannt, geschickt von seinem Bruder.


    „Savaran Salar, es sind Männer unterwegs...Staubwolke, Eisen....Euer Bruder, Euer Gnaden, sagt, wie sollen kämpfen....“


    Rikul zuckte mit der Schulter. Aus den Augenwinkeln bemerkte Arik, daß der Römer zusammen zuckte als er die Antwort von Rikul vernahm. Mißtrauisch musterte er den Römer, der wohl das sogdische Wort für Römer verstanden hatte. Arik nutzte es oft genug, um ihn zu drangsalieren, ein ausgesprochenes Vergnügen, was sich Arik leistete. Alle anderen Sklaven hatte Arik zu Geld gemacht, aber den Römer, den hatte er behalten, da er ihm eine breite Narbe an der Schulter verdankte, die immer noch schmerzte. Ein Grinsen huschte über die breiten Gesichtszüge von Arik.


    „Bei meiner Ehre, endlich.“


    Arik hatte sich gelangweilt und fliehen lag ihm nicht. Er wollte lieber kämpfen und es war ihm egal, gegen wen. Ob Männer des Shah oder Römer oder sonstiges Halunkenpack, er würde gegen alle seinen Säbel schwingen.


    „Sag dem Alten da, er soll die Ankommenden...ach, was soll's..sag ihm nichts...soll er selber sehen, wo er lang kommt..“


    Arik wandte sich um und gab dem Römer einen Stoß, damit dieser voran lief. Mit breitbeinigen Schritten marschierte Arik zu der Scheune zurück, stieß das Tor auf und trat hinein. Der Geruch nach Schmutz, dreckigen Kleidern, einer verfaulenden Wunde und Schweiß stieg Arik in die Nase, es roch nach Krieg, es war vertraut und heimatlich. Es war Arik anzusehen, er freute sich auf den bevorstehenden Kampf. Grinsend nickte er seinem Bruder zu und trat zu seinem Roß, um ihm den Sattel auf den Rücken zu werfen. Waffen wurden gezogen, Rüstungen angelegt, sie würden ausziehen zu einem weiteren Stechen.

  • Die Tage könnten besser für Marcus sein, selbst wenn es nun hieß, daß sie nach Hause ziehen würden, zurück in die Heimat, und somit dieses götterverfluchte Land hinter sich zu bringen, das ihnen zwar große Siege beschert hatte, aber letztendlich einen bitteren und tragischen Verlust eingebracht. Marcus Gesichtszüge waren wenig gemildert von dem warmen Schein der Sonne, noch sonderlich beeindruckt von dem Gemurre, was einige Soldaten von sich gaben. Ja, Marcus hätte auch gerne seiner Wut freien Lauf gelaßen und sich an den Parthern gerächt, aber an den Parthern, die den Pfeil geschoßen hatten, an denen, die diesen Feinden zuflucht gewährten und sie hinter den Mauern verschanzt hatten, doch die Stunde war vorbei. Entschloßen die notwendigen Vorräte zu bekommen marschierte Marcus auf das Dorf, auf das Gestrüpp und die Steinhaufen zu, die die kleine Siedlung umgaben. Der Wagen polterte, die Schritte wirbelten Sand auf, Marcus mußte einige Male husten, dann schon ließ er den Wall hinter sich, einen Blick auf die Soldaten hinter sich werfen. Eine kleiner Trupp guter Männer, die er heraus gesucht hatte, zumindest schätzte Marcus sie so ein.


    Marcus ließ seine Augen über das Dorf schweifen, Katen mehr, die sich zu einer Siedlung zusammen gerottet hatten, zwei große Scheunen, ein Haus ohne Fenster mit Strohdach, nicht sonderlich viel versprechend, aber ein lautes Meckern von weiter hinten, und ähnliche Tiergeräusche, ließen Marcus aufhorchen. Vielleicht war hier doch mehr zu finden als räudige Köter und alte Männer und arme Bauern, die ihnen gerade, in einer Fünfergruppe, entgegen kamen. Ein älterer Mann in einer groben Wollhose und Kittel ging einige Schritte voraus, man sah ihm einen etwas unbehaglichen Blick an, mit der er die Soldaten der Prima musterte. Marcus sah ihn einen Moment grimmig an und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, es wurde jedoch nur eine Grimasse daraus. Marcus richtete sich auf und hielt seine Hand an dem Griff seines gladius.


    „Könnt ihr mich verstehen?“


    , fragte Marcus auf Latein. Und erntete verständnislose Mienen bei den Bauern. Schon suchte Marcus nach dem griechischen Vokabular dieser Frage...und suchte...suchte noch länger, scheiterte jedoch. Sein Griechisch war einfach zu lausig dafür. Und er wollte weder nach Lupanaren, lupae, Rennbahnen oder Gladiatorenkämpfe fragen, ebenso suchte er keine taberna. Und da erschöpfte sich Marcus Konversation auf Griechisch bereits. Marcus wandte sich um und fixierte die jungen Soldaten hinter sich, Serapio und Percennius Verus.


    „Spricht einer von euch Griechisch? Wenn ja, dann sagt ihnen, daß wir ihre Vorräte haben wollen, dann geschieht ihnen auch nichts.“

  • "Jawohl Centurio."
    Mit sowas hatte ich ja schon Übung. Schmissig trat ich einen Schritt vor und blickte dem gebeugten Bauersmann vor mir streng ins Gesicht. Wettergegerbt war es, tiefgebräunt, und von einem Netz unzähliger Falten durchzogen, wie die Wadis und Höhenzüge auf dem Antlitz dieses ausgedörrten Landstriches.
    ~"Wo sind eure Vorräte?"~, fragte ich barsch auf Griechisch, ~"Euer Getreide? Wir wollen nur die Vorräte, rückt sie heraus und euch wird nichts passieren. Gebt uns euer Korn, dann tun wir euch nichts!"~
    (Die Ziegen würden wir natürlich auch nicht verschmähen, aber eines nach dem anderen.) Ich begleitete dieses Ansinnen, für alle Fälle, auch mit deutlichen Gesten, führte die Hand zum Mund zum Zeichen für "Essen", deute auf mein Gegenüber, machte die Geste des "Gebens", dann auf uns und unsere Gladii, mit einer beschwichtigenden Geste, bedeutete dem Mann zuletzt wie wir wieder davon gehen würden. Hoffentlich war das klar genug, und hoffentlich waren die Leute hier schlau genug uns zu geben was wir wollten.
    Hinter uns rumpelten die beiden Wägen auf den staubigen Dorfplatz. Ausser den fünf Fellachen die uns entgegen gekommen waren, zeigte sich keine Menschenseele, aber ich hatte das Gefühl, dass sich aus jedem der dunklen Fensterschlitze in den Katen Augen auf uns gerichtet hatten, und uns feindselig fixierten. Wir standen uns gegenüber. Die Sonne erfüllte alles mit ihrem grellem Licht. Die Gesichter der Bauern waren verschlossen, verstockt. Ein Windstoss trieb einen Bausch trockener Gräser über den Platz hinweg, wirbelte ihn mal hierhin, mal dorthin. Die Hand auf den Griff des Gladius gelegt, die Haltung aufrecht und angespannt, wartete ich auf die Erwiderung dieser Leute.

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  • [Blockierte Grafik: http://img504.imageshack.us/img504/5331/aarmantc9.jpg| Aarman


    Wie ein knorriger alter Baum, gebeugt von Wind und Wetter und den Widrigkeiten eines Lebens, das von Morgens bis Abends von harter Arbeit erfüllt war, stand der alte Aarman vor den Soldaten. Sie wollten nur die Vorräte? Verkniffen huschten seine Augen, in denen die Furcht stand, jedoch auch eine gewisse Gerissenheit, über die waffenstarrenden Gestalten der Soldaten. Zweifellos würden diese herzlosen Bastarde sie allesamt abschlachten wenn sich ein Anlass böte, vielleicht auch einfach so. Und zweifellos würde der Hunger weniger schnell aber ebenso verheerend über das Dorf kommen, wenn sie den Römern ihre Vorräte, ihr Korn, darunter die neue Saat, in den Rachen warfen. Zwei grosse leere Wägen folgten den Fremden, darin war mehr als genug Platz alles fortzubringen.
    Aarman senkte den Blick, seine ledrigen Hände verknoteten sich nervös. Dann sprach er ein paar Worte zu den Männern die mit ihm gekommen waren und verbeugte sich demütig vor dem Hauptmann mit dem roten Helmbusch. Er hatte sich entschieden. Buckelnd, den Blick unterwürfig zu Boden gerichtet führte er die Soldaten hin zu dem runden, fensterlosen Gebäude. Es war solide gebaut, auf einem Sockel aus Lehm, und eine feste Türe mit einem ordentlichen Schloss schützte es gegen Raubtiere und Räuber. Unter einem Vordach lag aufgeschichtet ein hoher Stapel Holz und Reisig.
    Aarman zögerte jetzt doch. Nochmal sah er zu den Römern. Harte Gesichter, klirrende Panzer, ungeduldige Hände auf scharfen Waffen. Sein verwittertes Gesicht verzog sich furchtsam, und seine Finger zitterten, als er unter seinen groben Kittel griff und einen Schlüssel an einem langen Band hervorzog. Den Allerhöchsten leise murmelnd um Beistand anflehend, steckte er den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Türe.

  • [Blockierte Grafik: http://img443.imageshack.us/img443/921/soeldnerfuehrerca1.jpg| Xvásak


    "Arik."
    Xvásak nickte seinem Bruder und Compagnon zu, und lächelte süffisant, als der den Gefangenen vor sich her in die Scheune stiess. Manchmal war sein Bruder wie ein grosses Kind, er spielte zu gerne mit der Beute, und der Sklave mit den grauen Augen war in letzter Zeit sein liebstes Spielzeug gewesen.
    Zwei der Männer die er zum Spähen ausgesandt hatte kehrten zurück, berichteten von dem Trupp der sich näherte. Römer. Zahlenmässig in etwa ebenbürtig. Und nur drei Reiter.
    "Römer", wiederholte Xvásak, schnitt sich ein Stück von der fein säuberlich geschälten Frucht ab, kaute und legte dabei sinnend die Fingerspitzen aufeinander. Die Fliege umsurrte ihn noch immer. "Hmm...."
    Lohnte das? Wenn sie sie überraschen konnten bestimmt. Doch zum Überlegen, und zum Ersinnen ausgeklügelter, hochkomplexer Pläne (Xvásaks Leidenschaft) war wenig Zeit. Schon erklang in der Ferne das Stampfen der genagelten Sandalen, das Klimpern der Rüstungen.
    "Bei meiner Ehre", murmelte der Savaran Salar, "dass die immer so einen Radau veranstalten... Pssst! Still Männer! Pferde ruhighalten und abwarten."
    Sein Blick, stechend wie Ekbatana-Stahl, brachte einen schwatzenden Söldner zum Schweigen und zum Erbleichen.
    "Und stopft dem Sklaven das Maul.", zischte er noch, worauf grobe Pranken dem Mann einen Knebel verpassten und ihn wieder an einen Stützbalken der Scheune fesselten.


    Xvásak spähte durch ein Astloch hinaus, besah sich kalt den Aufmarsch auf dem Dorfplatz. Dann wandte er sich an die Männer, zeichnete mit kurzen Worten den Plan, sah dabei zu seinem Bruder zu sehen ob der auch zustimmte. Aber wenn es ans Hauen und Stechen ging, da war Arik eigentlich immer einverstanden.
    "Aufsitzen. Wir brechen überraschend hervor. Eine Salve Pfeile nur - Du und Du ihr nehmt den Hauptmann aufs Korn - dann mitten rein..." - ein blutrünstiges Grinsen blitzte zwischen seinem schwarzen Bart auf, und er zwirbelte ihn sich unternehmungslustig mit zwei Fingern - " ...wir kommen über sie wie die Heerscharen Arimans! - Was willst Du, Bauernlümmel?!"
    Einer der Dörfler hatte sich in die Scheune gestohlen, er redete weinerlich auf die beiden Anführer ein, rang jammervoll die Hände und warf sich ihnen dann längelang zu Füssen.
    "Er bittet um Hilfe", dolmetschte der junge Shilkari, der aus der Gegend stammte und den Dialekt der Einheimischen sprach, "er sagt die Römer werden alle ihre Vorräte nehmen, und sie werden Hungers sterben, oder sie werden die Frauen rauben und die Männer massakrieren, oder beides, er sagt der ewige Segen Ahura Mazdas wird Euch gewiss sein wenn ihr kämpft und dieses unschuldige Dorf beschützt."
    Der Savaran Salar lachte trocken auf.
    "Na. Wenn das so ist, da bleibt uns ja nur noch eines übrig... - dass wir uns schlagen. Meiner Treu, sag dem Burschen er soll unbesorgt sein. Wir werden kämpfen..."
    Er tauschte ein feistes Grinsen mit seinem Bruder. "...aber nicht umsonst" besagte es.
    Möglichst leise sassen die Männer auf. Leder knarrte, Metall schabte, Hufe trafen gedämpft auf Stroh, Pfeile wurden auf die Sehne gelegt, und die beiden Trossjungen standen bereit, die Scheunentore schlagartig aufzuwerfen...

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Scharf zeichneten sich die Schatten der Männer im Lichte des Tages auf dem braunen und trockenen Boden dieses Landstrichs ab. Lang gezogen waren die Formen der Silhouetten. Der dunkle Zwilling von Aristides berührte die Füße des Bauers vor ihm. Die knechtische Haltung, der subalterne Ausdruck auf dem Gesicht – so es Marcus interpretierte – mißfiel Marcus. Mit einem abschätzigen Blick bedachte Marcus den Bauern, während Serapio das Wort ergriff. Guter Junge, denn mit dem Griechischen wäre Marcus in arge Not geraten. Selbst wenn Marcus nur teils verstand, was Serapio zu dem Bauern sagte, zeigte er eine gewichtige Miene und nickte, um Serapios Worte zu unterstreichen, was auch immer jener gesagt hatte. Das Zögern und die Unbehaglichkeit bemerkte Marcus durchaus an dem alten Bauern, den Wind und Wetter im Laufe der Jahre sehr gezeichnet hatten. Marcus Augen verschmälerten sich, aber einige Herzschläge lang würde er ihnen Zeit geben. Aber letztendlich mußten sich die Bauern ihnen fügen. Was sollten sie sonst schon tun? Mit Stöcken und Steinen gegen einen Trupp kampferfahrener Römer vor gehen. Der Gedanke amüsierte ihn, sein Mundwinkel zuckte einen Herzschlag lang.


    Ein schwarzer krabbelnder Fleck lenkte Marcus Augen von der hageren Gestalt des Bauern ab. Er verfolgte einen schwarzen, glänzenden Käfer, der halb so groß wie sein Handteller war und in der Sonne matt glänzte. Mit seinen filigranen Beinen trippelte er auf ein Haus zu und verschwand unter einem flachen weißen Stein, der am Rande lag. Über rauhen und unverputzten Lehm wanderte Marcus mit seinem Blick hinauf. Ein großes Stück Leder war in einem Mauerloch, was als Fenster diente, eingespannt. Ein Zipfel schob sich zur Seite und ein Junge, von vielleicht fünf Jahren, zeigte seinen wuscheligen Kopf und spähte mit großen, runden Augen zu Marcus. Der Junge hob seine Hand und winkte ihm zu. Halb den Kopf zu Aristides gewandt, rief der Junge etwas in das Haus. Noch ehe er auf den Jungen reagieren konnte, erschien schon ein weiterer dunkelhaariger Schopf am Fenster. Einige Herzschläge lang erheischte Marcus den Blick auf eine Frau, die ihre schwarzen Flechten nach hinten gebunden trug, und von der Sonne gebräunt war. Noch einen Atemzug lang sah sie zu ihm herüber. Marcus grinste verhalten und zwinkerte ihr zu. Sie erwiderte das nur mit einem kalten und verächtlichen Ausdruck auf ihrem apfelförmigen Gesicht und zog den Jungen zurück in das Haus.


    Das Leder seines Gürtels ächzte leise, als Marcus fester um den Knauf seines gladius griff. Mit einem flüchtigen Lächeln auf den Lippen dachte er über darüber nach, ob es sich nicht doch noch lohnen würde, den einen oder anderen Sklaven von hier mitzunehmen. Natürlich dachte er an die Bauern als zukünftige Sklaven. Ah, endlich hatte sich der Bauer wohl entschieden. Ohne zu zögern – schließlich hatte er nur einfältiges Bauernpack vor sich – folgte Marcus dem Winken des Dorfältesten. Prüfend musterte er das Lehmhaus, worin wohl die Vorräte des Dorfes gelagert wurden. Er beobachtete die knorrigen Hände, die den Schlüssel in das Schloss steckten und dann öffnete sich die Holztür. Schauerlich knarrte das Holz und gab ein lautes Quietschen von sich. Würziger Duft stieg ihm in die Nase und Licht fiel in das Haus hinein. Stangen waren dort angebracht. Eine Kuhle in der Mitte zeigte Aschereste, die auf getürmt waren, und – Marcus lief bereits das Wasser im Munde zusammen – an einer der Stangen hingen große Fleischstücke, die wohl in dem Haus geräuchert wurden. Das sah doch mal gut aus und versprach gute Kost für die Soldaten zu werden. Womöglich konnte er sogar für sich – eventuell auch seine Männer – den ein oder anderen Schinken abzweigen. Gute gelaunt hob Marcus die Hand, deutete dabei den Soldaten an seiner Seite ihm in das Haus zu folgen.


    „Bei Mars! Hervorragend. Das sieht doch vortrefflich aus. Dann heißt es mal einsammeln, Männer!“


    Ohne zu zögern trat er in das Haus hinein. Seine Füße traten durch Asche. Dunkle Flocken wurden aufgewirbelt; mit einer Hand strich er über einen der Schinken und ging zum Ende der Stangenreihe. Dort hing ein besonders großes Stück an einem eisernen Hacken. Marcus hob die Hände, um das Fleischstück herunter zu nehmen.

  • [Blockierte Grafik: http://img525.imageshack.us/img525/3039/valenushq6.jpg| Gnaeus Velius Valenus


    Staub wirbelte auf als die Hufen über den Pfad entlang preschten. Die Sonne glänzte warm auf dem rotbraunen Fell von Velius Valenus' Reittier, der mit seinen zwei Mitsoldaten, drei Reiter der Prima, die Gegend auskundschaftete. Mit einer Hand an den ledernen Zügeln lenkte Velius, der die beiden anderen Reiter kommandierte, sein Pferd durch das Knie hohe goldene Gras und auf den Fluß zu. Sein Roß schnaubte und schüttelte die Mähne hin und her, denn heute hatte Valenus die Mähne nicht geflochten, das tat er nur, wenn er sein Roß für Paraden oder Appelle her richtete. Sein alter Freund – Tempestas – begleitete ihn schon seit sieben Jahren, eine halbe Ewigkeit schien das für Reiter und Roß zu sein. Prüfend sah Valenus zu den Dorf zurück, aber die Männer der Fußtruppen schienen alles unter Kontrolle zu haben. Einen Augenblick lang sah er zu, wie einige der Soldaten in einem Lehmhaus verschwanden, dann drehte sich Valenus wieder um und lenkte sein Pferd weiter und an den Rand des Flußes. Matschig war das Ufer, braunes Schilf wuchs hier, vom Winter gezeichnet und die Köpfe in den breiten Fluß hängen laßend.


    Sogleich zerrte sein Pferd an den Zügeln, um seinen Kopf in das kühle Nass zu strecken. Valenus ließ sein Pferd gewähren und im Fluße saufen, schließlich hatten sie wohl kaum hier mit Schwierigkeiten zu rechnen. Ein Dorf wie so viele Andere auf dem Weg, die er nun schon in all den letzten Monaten gesehen hatte. Er betrachtete die karge Baumlandschaft um sich herum, die Felder, die noch brach lagen und darauf warteten bestellt zu werden, und schweifte mit seinen Gedanken bereits in die Heimat und weg von hier. Seine Schwester würde bestimmt immer noch die kleine Wäscherei in Rom führen. Ob sein Neffe es endlich zu etwas gebracht hatte? Valenus seufzte, denn die zwei Söhne seiner kleinen Schwester waren beide ein Taugenichts und seine Schwester nur mit ihnen gestraft. So in Gedanken versunken sah er längere Zeit auf sie, ohne sie wirklich zu bemerken. Erst langsam dämmerte ihm, was er da erblickte.


    „Bei Mars! Bona Dea!!“


    Valenus spähte ein zweites Mal in den Matsch. Es konnte kein Zweifel bestehen. Hufspuren, viele Hufen zeichneten sich in dem feuchten braunen Grund ab. Mit einer herrischen Gestik lenkte er sein Pferd von dem Wasser weg und ließ ihn einige Schritte die Hufspuren verfolgen, die einen Bogen machten und dann den Hang hinauf stiegen. Er folgte dem mit seinen Augen und sah direkt zu dem Dorf. Valenus – ein erfahrener Soldat – brauchte nicht lange, um sich im Klaren zu sein, daß wohl kaum die Bauern eine Schar von Reittieren hatten; und daß die Pferde geritten wurden, das erkannte Valenus schon einige Herzschläge zuvor. Schließlich war er ein eques.


    „Sabula! Tarius!“


    Valenus drückte seine Fersen in die Seite des Pferdes und ließ sein Roß schnell den Hang hinauf hechten. Direkt auf eine große Scheune zu. Das Pferd spitzte seine Ohren, weitete seine Nüstern und gab ein vernehmliches Wiehern von sich. Ehe Valenus ein ärgerliches Murmeln verlauten ließ, vernahm er eine Antwort - aus dem Stall. Valenus runzelte die Stirn und zügelte sein Pferd. Es war, als ob er zwischen den nicht ganz abschließenden Brettern des Stalls Bewegungen ausmachen konnte. Mit einer Hand winkte er Sabula heran, einen blutjungen Reiter, der noch grün hinter den Ohren war, aber ein Naturtalent auf dem Rücken eines Pferdes.


    „Reite zum centurio! In dem Stall scheint sich Besuch zu tummeln!“


    Sabula nickte und wollte sein Pferd in die Richtung der Fußsoldaten treiben.

  • Forsch verschwand der Centurio in dem Gebäude. Ich folgte ihm etwas weniger resolut, denn der halbdunkle Innenraum, fast nur erhellt von dem Steg von Licht, der von der geöffneten Türe her hineinfiel, erinnerte mich ungut an die Geschehnisse als wir in Edessa auf Nahrungssuche gewesen waren. Die Hand auf dem Gladiusknauf trat ich über die Schwelle, vorbei an dem triefäugigen alten Bauern der die quitschende Türe geöffnet hatte, und mit mir die Kameraden denen der Centurio bedeutet hatte ihm zu folgen. Etwa die Hälfte war das, die anderen warteten draussen.
    Keine fanatischen Partisanen zeichneten sich zwischen den russgeschwärzten Wänden ab, nur Fleisch und Schinken hing da und schien auf uns hungrige Soldaten zu warten. Es roch gut nach Holzrauch und geräuchertem Speck. Ich nahm eine Hinterkeule, die ganz mit Gewürzen umhüllt war, vom Haken, und atmete genüsslich tief ein. So viel war es nun auch nicht was man hier mitnehmen konnte, aber in kleine Würfel geschnitten, mit etwas angebratener Zwiebel und Rosmarin würde auch ein kleines Stück davon dem Puls endlich mal wieder einen etwas interessanteren Geschmack verleihen. Muskat wäre auch gut, dazu, oder... ja genau, getrocknete Berberitzen.


    Ein Wiehern drang an mein Ohr. Dann noch eines. Einen Atemzug später Waffengeklirr, und ein Alarmruf, der in einem langgezogenen Schrei endete.... Ich fuhr herum, zur Türe, und sah gerade noch wie der alte Fellache, mit verschlagener Grimasse, schwungvoll die Türe zu warf. RUMS machte es, und schlagartig wurde es ziemlich dunkel.
    Bona Dea! Ich sprang sofort zur Türe, um sie wieder zu öffnen - stiess dabei gegen einen Kameraden der wohl das selbe im Sinn hatte - aber schon erklang ein Knirschen, als sich der Schlüssel, wie geradeeben, wieder im Schloss drehte. Wir warfen uns beide dagegen, prallten mit den Schultern gegen das solide Holz, das locker standhielt. Erschrocken verharrte ich. Von draussen drang, gedämpft durch die Mauern, Hufgetrappel herein. Und dann stieg mir so ein brandiger Geruch in die Nase...

  • [Blockierte Grafik: http://img409.imageshack.us/img409/473/arikzv1.jpg| Arik Khingyr


    Die Schenkel fest an das Roß gepresst, die Zügel eisern in der Hand und bereit nach draußen zu reiten. Arik spürte die Muskeln seines Roßes unter sich arbeiten, hörte das leise Stampfen der Hufen auf dem erdigen Grund. Die Begierde nach draußen und in eine Stecherei zu reiten übertrug sich auf sein Pferd. Die Sonne drang durch die schiefen Bretter in die Scheune, malte lange gelbe Flecken auf dem Boden und spiegelte sich auf der blank gezogenen Waffe wieder, die Arik in der breiten Faust hielt. Einer ihrer Mitbrüder von der Schlägerschar spähte durch eine Lücke hindurch, um das Feld, auf dem sie sich schlagen wollten, zu observieren. Dicke Schmeißfliegen summten in der Luft, angelockt von dem Dung der Tiere, dem Schweiß der Männer und dem Gestank, den der Verletzte ausdünstete. Die Fliegen dröhnten mit ihren grün schillernden Flügeln und setzten sich auf die Rundungen der Pferde, die mit ihren Schweifen nach den kleinen Plagegeistern schlugen, die Insekten berührten immer wieder die Männer, die, angespannt und aufmerksam, sie nur träge mit der Hand zur Seite fegten. Ohne ein Blick auf das Getier zu werfen, hob Arik seine Hand und fing einer dieser dicken Brummer in seiner hohlen Hand. Es summte und brummte in seiner Faust. Arik verspürte eine marginales Kitzeln an der Innenseite der Hand, die von den vielen Waffengängen und der Arbeit Schwielen und viel Hornhaut trug. Langsam drückte Arik die Faust fester zusammen. Das Surren in seiner Pranke hörte auf, er öffnete seine Faust und ließ das tote Insekt auf den Boden herunter fallen.


    Ein Wiehern ertönte von Draußen. Sein Roß hob seinen Kopf und trompetete zurück, Arik seufzte und rollte mit den Augen, sah dabei entschuldigend zu seinem Bruder, aber so sehr Arik das Kämpfen liebte, so sehr war sein Pferd hinter Stuten her- und somit gegen etwaige Rivalen. Kein Vertun, kein Zaudern, Arik hob die Hand, Skorab, der Held der griechischen Galeeren und ein gewiefter Messerstecher, stieß die Scheunentore auf. Schon galoppierte Arik voran und hinaus in die strahlende Sonne, den langen Säbel nach oben gereckt und ein tiefes und freudiges Lachen auf den Lippen, das sich aus dem tiefen Inneren seines Selbst über die Kehle nach außen gebahnt hatte. Wild und mit großer Freude preschte Arik voran und direkt auf den römischen Reiter zu, der sein Pferd zu ihnen herum gerißen hatte und sein Schwert zog, um sich gegen Arik zu verteidigen. Da war doch etwas wie ein Plan gewesen? Sein Bruder, so schlau wie immer, hatte es gut ausgetüftelt, aber in dem Moment wo Arik mit seinem Säbel auf dem Römer herunter schlug, war die Taktik vergeßen. Auch die anderen der Schar stürzten sich in den Kampf, gegen die überraschten Römer, die sich vor dem Räucherhaus umdrehten.

  • Würzig drang der Duft von geräuchertem Fleisch in Marcus' Nase, verlockend baumelte der Schinken direkt vor seiner Nase, beleuchtet von dem schmalen Streifen Sonne, die durch die offenen Tür hinein fiel. Ein genüßliches Lächeln breitete sich auf Marcus Gesicht aus. Hm!, dachte er sich und seine Hand zuckte zu seinem pugio, den er gleich darauf heraus zog. Es war doch schließlich seine Pflicht, den Schinken zu kosten. Am Ende war er noch vergiftet und seine Soldaten würde es übel ergehen, man kannte doch die Tücke der Parther. Schon hob Marcus den Dolch, schnitt ein Stück von dem Fleisch ab und steckte ihn sich in den Mund. Oh, war der herrlich, ein Götterschmaus erschien das Fleisch auf Marcus' Zunge zu zergehen, nach all den Wochen der Entbehrung, die sie nun durchmachen mußten, so tief im Feindesland und fern von freundlichen Nachschublinien. Nein, mit einem Bißen war noch lange nicht geklärt, ob der Schinken wirklich vergiftet war oder nicht. Gänzlich selbstlos schnitt sich Marcus darum noch etwas von dem Schinken ab und ließ das Stück in seinem Mund verschwinden. Salzig und fleischig zerging auch dieses in seinem Mund, das Fleisch ließ ein markantes Gewürz erschmecken, was zum ersten Mal Marcus' Gaumen berührte und er somit schwer erkennen konnte. Noch ganz versunken in dem weltlichen Genuß merkte er nicht, wie sich die Tür immer mehr dem Haus näherte und plötzlich zuschlug.


    Auf ein Mal war es zappenduster um sie herum, Marcus verschluckte sich an dem Stück Fleisch und fing an heftig zu husten, während er das Poltern hörte als sich die Männer gegen die – wie sich nun heraus stellte – solide Tür warfen. Marcus wirbelte herum, ein Knistern ertönte in seiner Nähe und der Rauch kitzelte seine Nase. Von draußen vernahm er die Rufe der anderen Soldaten und ein kräftiges: „Eine Reihe bilden! Schilde hoch!“ Irritiert zog er seine Augenbrauen zusammen, denn das Hufgeklapper konnte schwer von den Bauern kommen. Schon knisterte es im Gebälk des Rauchhauses und dichte Rauchschwaden zogen in das dunkle Innere. Flammen züngelten über das Reetdach, um munter von Ast zu Ast zu springen, in dem Reigen, das die Römer in seinem Gedärm zu ersticken und zu verbrennen. Marcus Konfusion verflog schon nach wenigen Herzschlägen, auch als der Rauch beißend in seine Lungen eindrang und in ihm kratzte. Schnell trat er zu der Tür und schob einen der Soldaten zur Seite und meinte zu Serapio – den er im Moment nur als Schemen ausmachte.


    „Auf Drei - gemeinsam gegen die Tür werfen. Eins, zwei...“
    Marcus ging einen Schritt zurück - um etwas Anlauf zu haben - und rief:
    „Drei!“
    Dann donnerte er gegen die Tür, die ihm stand hielt.
    „Noch einmal! Eins, zwei, drei!“
    Erneut schlug Marcus mit der Schulter dagegen. Metall schabte über Holz, die Tür erzitterte.
    „Noch mal! Eins...zwei...“
    Das Feuer fraß sich rasend schnell durch das Dach und füllte das Haus bereits mit den brennenden Schwaden.

  • [Blockierte Grafik: http://img443.imageshack.us/img443/921/soeldnerfuehrerca1.jpg]| Xvásak


    Und wieder einmal ging einer seiner schönen Pläne in Kampfeslust und Blutgier unter... wie so oft. Xvásak führte die Hand gen Stirn, schloss einen Moment lang in tiefer Resignation die Augen. Bei Zurwán, was könnte er doch alles erreichen mit einer Truppe disziplinierter, kühl wägender Krieger! Statt dessen hatte er einen wilden Haufen von tollkühnen, aber kaum zu kontrollierenden Eisenfressern... und sein Bruder war der allerschlimmste!
    Einen kehligen Fluch murmelnd spornte auch Xvásak sein Pferd. Immerhin schossen einige der Söldner erst mal ihre Pfeile auf den Trupp der Römer, aber vereinzelt, nicht als koordinierte Salve, bevor die wilde Horde - Schwert voran, drauf und dran, Arik vorneweg - auf den Feind zubrauste. Eine Wolke von Staub begleitete sie.
    Den Reitersäbel schwingend preschte Xvásak zwischen den armseligen Katen hindurch. Steine spritzen unter dem Hufen auf, ein paar Hühner flitzten gackernd und federstiebend davon. Der Dorfplatz lag vor ihnen, mitten drauf die beiden Wägen, vor dem runden Haus die Römer, die sich in einer Reihe formiert hatten... es waren weniger geworden. Wo war der Rest, wo war ihr Hauptmann? Xvásaks Augen waren schmale Schlitze. Dann erkannte er, dass Rauch aufstieg, vom Dach des Räucherhauses, und er sah den alten Dorfvorsteher, der gerade, weit ausholend, eine brennende Fackel da hinaufschleuderte, dann die Beine in die Hand nahm. Ein paar von dem Bauerngesindel rotteten sich ausserdem gerade mit Hacken, Äxten und Spiessen am Rande des Platzes zusammen. Gar nicht schlecht. Offenbar wollten die Bauern heute mal Römer räuchern.
    "Sogdien, greif an!"
    Der Schlachtruf hallte über den Platz, wurde von rauhen Kehlen aufnommen, verschmolz zu einem blutrünstigen Gebrüll, als sie auf den Feind trafen und der Kampf entbrannte. Den ersten ritt Xvásak nieder, der Aufprall riss den Mann zu Boden und sein Pferd trampelte einfach über ihn hinweg, dann sah er sich einem gewandteren Feind entgegen, der sich duckte, und die wuchtigen Schläge des Reitersäbels mit seinem Schild abwehrte, während die Römer bis an die Wand des Hauses zurückwichen, die ihnen Rückendeckung gab. Holz splitterte, Klingen klirrten, und einer der Wägen schlingerte auf einmal los als die Zugtiere durchgingen - eines hatte einen Pfeil in der blutigen Flanke - und wild über den Platz jagten.

  • Rauch war um uns, dichter schwarzer Qualm, und das Dach über unseren Köpfen brannte wie Zunder, lichterloh! Glühende Bündel von Stroh fielen herab, Funken rieselten auf uns, brennende Fetzen trudelten durch die Luft. Ich hustete, wich einen glimmenden Brocken aus und spürte den metallischen Geschmack der Furcht, der Panik die mir die Eingeweide zusammenschnürte. Wir sassen wie die Ratten in der Falle, wir würden elend verbrennen, vom Feuer verzehrt werden wie die Kameraden in der Waberlohe am Chaboras! Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich meinen Centurio an, aber als er dann Befehle gab leistete ich ganz automatisch Folge. Auf drei! Ich warf mich zugleich mit ihm gegen die Türe, mit aller Kraft, und nochmal und nochmal, bemerkte zwar den Schmerz in meiner Schulter, nahm ihn aber nicht wirklich war. Wir mussten hier raus! Das Holz der Türe krachte und erbebte, hielt aber noch immer stand. Draussen war Gebrüll und Waffenlärm. Über uns krachte es im Gebälk, die Flammen knisterten und ein Balken knackte, sackte dann ein Stück herunter, als ob gleich der ganze Dachstuhl herunterbrechen würde.
    Verzweifelt blickte ich mich nach etwas um, irgendwas um die Tür aufzubrechen. Gladius? Fleischerhaken... Schinken... Reisig... nein... ein Schürhaken! Ich schnappte mir das schwere, grobgeschmiedete Ding, das halb in der Asche der Feuergrube drin lag. Etwas versengte mich an der Wade, auch das merkte ich kaum. Ich stürzte zur Türe zurück und keuchte, kratzig in dem Qualm: "Zum - Aufbrechen - Centurio", dann setzte ich den Schürhaken am Türspalt an, wie ein Brecheisen, erst rutschte ich ab, mit meinen fahrigen Händen, aber dann fand ich eine Stelle wo er Halt hatte, und versuchte, mit Hilfe natürlich, die Türe auf diese Weise ein Stück aufzuhebeln.
    Der Schweiss lief mir übers Gesicht, vor Angst und vor Hitze.
    Wir müssen hier raus!!!

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/282/scatori8.jpg] | Servius Salassus Scato



    Die spröden Handfesseln brannten auf seine Handgelenken, schabten über bereits wunde Stellen an der geschundenen Haut entlang, dennoch drückte Scato sie fester an die Holzkante des Tierverschlages. Dort hatte ihn einer der Söldner hinein gestoßen, hastig, da sie sich für einen Kampf bereit gemacht hatten. Das Holz war an vielen Stellen brüchig und rau, und die letzte Hoffnung für Scato doch noch zu entkommen. Immer wieder ließ er das Seil schnell über die unebene Kante hinweg gleiten. Hoch und runter, runter und hinauf! Von weiter hinten im Stall hörte er das Stöhnen des Verletzten, eine Ziege meckerte und zerrte ebenfalls an einem Strick, die Insekten summten um ihn herum und eine Spinne kroch über das Stroh, glitt mit ihren acht Beinen an dem Holz entlang und verharrte einige Zoll von Scato entfernt. Faser für Faser brach das Seil auf, draußen ertönte Lärm eines Kampfes. Rufe, Schreie, das Klirren von Waffen, es war altbekannt in den Ohren von Salassus. Schließlich war es so weit, das Seil hing nur noch an einer einzigen Faser zusammen, mit aller Kraft zog Scato daran und riß es entzwei, hastig knotete er das Seil an seinen Füßen auf und erhob sich. Es schwindelte einige Herzschläge um ihn herum, er warf einen Blick zu dem Verletzten, der jedoch in ganz anderen Sphären wandelte und von den irdischen Leiden kaum noch etwas wahrnahm. Schon lief Scato zu dem offen stehenden Scheunenausgang und stürzte nach draußen, um diesem Söldnerpack zu entfliehen.



    [Blockierte Grafik: http://img525.imageshack.us/img525/3039/valenushq6.jpg| Gnaeus Velius Valenus


    Einem dieser Wirbelwinde gleichend stürzte die Reiterschar aus der Scheune. Ähnlich wie die Wolken, die in der Wüste wie aus dem Nichts auftauchten, obwohl eben noch der Himmel klar und blau war, doch schon im nächsten Augenblick waren Mensch und Tier in dem dichten Sandgestöber eingehüllt, der sie nicht mehr entkommen laßen wollte. Hastig riß Valenus sein Schwert heraus, das deutlich länger als das der Fußsoldaten war, und konnte es im letzten Moment hoch wirbeln als einer der Unbekannten ihn angriff. Sein Pferd machte einen Satz zur Seite, doch mit dem Schenkeldruck lenkte Valenus sein Roß zurück, stieß mit seinem runden Schild zu, lenkte mit seinem Schwert einen weiteren Hieb ab und fluchte leise, nicht eher die Gefahr erkannt zu haben, die nun über sie herein brandete, unaufhaltsam und eindeutig gefährlicher als das Bauernpack. Stumm und verbissen kämpfte Valenus, gleichwohl sein Gegner immer wieder kräftige Laute von sich gab, in einer fremden Sprache, aber Valenus war es gleich gültig, er sparte sich seine Kraft. Dennoch offenbarte Valenus eine Lücke in seiner Verteidigung, der fremde Reiter sah sie und nutzte sie. Das Metall drang zwischen Valenus Rüstung hindurch und in sein Fleisch. Der Römer keuchte heftig und verlor in dem Augenblick seine Waffe, die ihm aus der kraftlosen Hand glitt. Ein Schlag an seiner Schulter und Valenus rutschte halb den Sattel hinunter. Er hörte das Galoppieren und sah noch, wie der Söldner davon stob und seinen Kameraden in die Stecherei folgte. Mit Mühe hielt sich Valenus am Sattel fest und flüsterte leise den Namen seines Pferdes, das einige Herzschläge lang unruhig auf und ab tänzelte und dann in Richtung des Flußes trabte.

  • [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/282/scatori8.jpg] | Servius Salassus Scato


    Die Sonne blendete Scato einige Atemzüge lang, er blinzelte und taumelte an einer der Koten vorbei, ein Hund kläffte und er hörte das Klappern von Hufen. Mit der Hand an der Lehmmauer der Kaluppe gestützt orientierte sich Scato. Der Kampfeslärm kam von der Mitte des Dorfes, er sah auch Rauch von dort aufsteigen. Gerade wollte er sich in eine andere Richtung abwenden, um vor den Söldnern zu fliehen, aber auch - wie er meinte – wohl den parthischen Truppen, die das nur sein konnten. Drei Schritte konnte er machen als jemand, der immer wieder seinen Kopf nach hinten wandte, gegen ihn rannte und zu Boden fiel. Mit Tränensäcken umrandete Augen starrten zu Scato hoch, der Bauersmann rappelte sich hastig auf und wich einige Schritte zurück, wobei er etwas in seiner Sprache murmelte und eilends zwischen anderen Hütten verschwand. Scato stierte ihm verwirrt hinter her und wollte weiter gehen als seine Füße auf etwas Hartes traten, das sich in seine dünnen Sohlen hinein bohrte. Scato sah nach unten und erblickte einen Schlüssel. Verwundert hob er ihn hoch als ein Wiehern hinter ihm ertönte. Scato drehte sich um und sah ein Pferd vorbei laufen, in Richtung des Flusses. Einen verletzten Reiter, der immer mehr an dem Pferd herunter rutschte. Der ehemalige Gefangene stutzte, dann öffnete sich sein Mund und er entließ ein Dankesruf an die Götter. Römer! Römische Soldaten. Scato war nicht töricht genug anzunehmen, sie wären wegen ihm hier, aber die Götter hatten es dennoch gut mit ihm gemeint. Scato nahm nun seinerseits die Beine in die Hand und rannte - so schnell es seine verbleibenden Kräfte erlaubten – auf die Dorfmitte zu. Und was er dort sah, vermochte nicht seinen Optimismus zu schüren. Römische Legionäre, die mit den Söldnern kämpften und zudem noch von Bauersleuten angegangen wurden. Außerdem ein Haus, was bereits in Brand stand. Aus dem Dach loderten große Flammenzungen hervor, eine Feuersbrut, die ihren schwarzen Rauch in den Himmel spuckte. Einer der römischen Soldaten rüttelte an der Tür zu dem Haus und versuchte wohl sie zu öffnen. Wie auch von Innen heftige Schläge zu hören waren und Rufe. Scato stutzte und sah auf den Schlüssel in seiner Hand.


    [Blockierte Grafik: http://img409.imageshack.us/img409/473/arikzv1.jpg| Arik Khingyr


    Das Blut des Römers tropfte noch an seinem Schwert entlang, der Rausch des Kampfes pochte in den Ohren von Arik, dessen Blut völlig in Wallung geraten war. Die Hufen klapperten laut als er seinem Bruder und Mitbrüdern in den Kampf gefolgt war. Die armseligen Häuser der Bauern zogen an ihm vorbei und schon hatte er die Römer ausgemacht. Ein lautes Grölen auf den Lippen und immer wieder ein „Hej! Hej!“ ausrufend, mit dem er sein Pferd antrieb, preschte Arik mitten in die Soldaten hinein, die sich erstaunlich schnell organisiert und bereits eine Schildreihe formiert hatten, ein Speer verfehlte Arik nur knapp, zischte an seinem Ohr vorbei. Neben ihm brach einer der Pferde eines anderen Haudegen zusammen. Schon waren zwei dieser römischen Soldaten über seinem Mitbruder und stachen auf ihn ein. Wütend knurrte Arik und ließ seinen Säbel todbringend auf einen der Fußsoldaten herunter sausen. Ein Hieb, noch ein weiterer, drei, vier, fünf, er stach und stach, stieß durch Rüstungen, an Schilden vorbei und traf erneut auf Fleisch. Dabei bemerkte Arik nicht, daß sein Gefangener an den Reihen vorbei lief. Auch den Ruf, mit dem sich der Soldat gegenüber den Mitrömern zu erkennen gab, vernahm Arik nicht, der leise murmelnd – er konnte im Kampf nicht still sein – sich weiter schlug. So nahm er auch nicht Notiz davon, daß Scato den Schlüssel in das Schloß steckte und herum drehte.

  • Rums! Heftig schlug Marcus gegen die Tür, sinnlos, unersprießlich, die Tür erzitterte zwar und Marcus hatte das Gefühl, er hätte es beinahe geschafft und die Tür würde unter der Wucht seines Körpergewichtes aufbrechen, doch vergebens. Mit jedem Atemzug drang der stickige Rauch in seine Lungen. Ah, ein Eisen! Marcus nickte zufrieden als Serapio dieses in der Dunkelheit und all dem stickigen Rauch fand. Die Tränen schoßen Marcus ins Gesicht und mit jedem Atemzug wurde die Luft schwerer, machte ihn benommener und schwächte ihn. Er griff mit an das Eisen, um die Tür auf zu stemmen. Immer mal wieder glitt er an dem Metall ab, sein Griff war auch nicht mehr kräftig genug. Brennende Zweige fielen herunter, an einer Stelle brach das Dach bereits ein und Funken stoben auf, brannten sich in Marcus Nacken, der heftig einatmete, einen Schwall von Rauch ein sog und einen Hustenanfall bekam. Gerade in dem Moment rutschte er ab und taumelte zur Seite. Ein anderer Soldat hastete an seinen Platz, um weiter die Tür zu bearbeiten, während es vor seinen Augen zu tanzen und zu gleißen begann. Von draußen waren laute Rufe zu vernehmen, doch sie drangen nicht bis an seinen Ohren heran. Erst als er ein lautes Schaben hörte und die Tür mit einem Mal auf schwang, schien die Wirklichkeit, die sich unendlich zu dehnen schien, an ihn heran zu kommen. Der erste Soldat stürzte bereits aus dem nun lichterloh brennenden Haus, andere folgten ihm. Marcus sah sich um und bückte sich, um einen der Soldaten, der bereits gestürzt auf dem Boden lag, am Arm hinter sich her zu ziehen. Mühsam schleppte sich er – mit dem Soldaten – nach draußen und brach vor der Hütte schier zusammen. Keuchend und hustend stützte sich Marcus mit allen Vieren auf den Boden ab. Sein Gesicht war geschwärzt, seine Augenbrauen versenkt und sein Hals und seine Lungen schienen - ebenso wie das Rauchhaus - zu brennen.


    Um ihn herum tobte es und vor ihm kämpften die römischen Soldaten. Marcus hob seinen Kopf an und sah die Misere. Reiter, die gegen die Römer kämpften, sich gegen die zwei übrig gebliebenen Reiter der Prima schlugen und ein paar Bauern mit ihrer Geräteschaft, die nun als Waffen dienten. Unter großer Kraftanstrengung erhob sich Marcus und zog sein gladius aus der Schwertscheide hervor, um sich ebenfalls in den Kampf zu stürzen. Mit seinem Schwert stieß er in das weiche Fleisch eines der Pferde – Ariks Roß – das Pferd brach zusammen und der Reiter konnte sich gerade noch gewandt vom Rücken schwingen, ehe er unter dem Gewicht des Pferdes begraben wurde. Marcus schlug mit seiner Waffe zu. Ein Brüllen neben ihm, ein Kamerad wurde getroffen. Nur wenige Herzschläge konnten vergangen sein und doch hatte Marcus das Gefühl die Zeit schien sich in die Endlosigkeit zu dehnen, gefüllt mit Stichen, Hieben und Schreien. Marcus spürte einen Hieb in seinem Gesicht, schmeckte das Blut auf seiner Zunge, jener unverwechselbare metallische Geschmack. Er taumelte einen Augenblick, aber ließ sich nicht lange davon aufhalten. Zustechen, parieren, zustechen, die Attacke anführen, den Gegner nicht zur Ruhe kommen lassen, auf die Deckung achten, zustechen. All das, was er seinen probati stets eingebläut hatte. Marcus rammte die Waffe einem der fremden Kämpfer in die Brust, tief, bis zu seiner Parierstange bohrte sich er sich mit seinem Schwert durch den anderen Körper, als ob er durch weiche Butter glitt.


    Gerade wollte er das Schwert heraus reißen als er einen brennenden Schmerz spürte. Erstaunt sah er an sich herunter und drei grobe Spitzen an seiner Seite heraus ragen, von einer Heugabel. Er blickte auf und in das triumphierende Gesicht eines Jünglings, kaum zwanzig Lenze alt, der die Mistgabel zurück riß. Marcus wankte, spürte das warme Naß seines Lebensodems an seinem Torso herunter tropfen, dann fiel er. Mitten in die feindlichen Linien hinein, eine Lücke in den römischen Reihen reißend. Die Gegner waren über ihn, er spürte noch einen heftigen Schlag, ein Pferd, was über ihn kam und Hufen, die über ihn traten, ein weiterer gewaltiger Schmerz, dann wurde es zappenduster um ihn herum.

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