• Der decurio war von Axillas Ausstrahlung fasziniert. Aber dennoch schien sie von einer Krankheit, die noch nicht lange zurücklag, gezeichnet. Vorsichtig, nicht etwa aus Neugier, sondern beinahe aus Sorge, fand er es für richtig, sich anfangs nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen statt sie mit Fragen und Erinnerungen zu quälen. Seiner Meinung nach war der Grund, der ihn in die domus Iulia führte, fürs Erste zweitrangig. Ene kleine Konversation vorher würde bestimmt nicht schaden.


    "Ich bin bei der Legionsreiterei hier in Nicopolis stationiert. Aber verzeih`, wenn ich so direkt frage. Du siehst sehr schlecht aus. Ich möchte dich unter diesen Umständen nicht belästigen und würde es durchaus verstehen, wenn es dir ein anderes Mal lieber wäre."


    Daß er gerne wiederkommen würde, behielt er für sich.


    Gebannt sah der decurio in die grünen Augen der schönen Frau.

  • „Du siehst sehr schlecht aus“ gehörte nun nicht unbedingt zu den Sätzen, die eine Frau gerne hörte. Axilla bildete da auch keine Ausnahme. Sie stockte verunsichert und sah ein wenig betroffen kurz zu Boden, bis ihr wieder einfiel, dass er wohl sah, dass sie krank gewesen war und nicht ihr Aussehen als solches gemeint hatte. Axilla fand sich selbst zwar nicht hübsch – welche Frau tat das schon? – aber hässlich war sie ja auch nicht.
    “Ähm, nein, du hast doch sicher viel zu tun, da musst du nicht extra wegen mir wiederkommen. Ich war nur letzte Woche ein bisschen krank.“ Die Untertreibung des Jahrhunderts, aber Axilla wollte ja nicht schwach erscheinen. “Steckt mir wohl noch ein wenig in den Knochen. Aber mir geht es gut. Wirklich, ich bin schon wieder gesund. Bin nur in den Regen gekommen und hab mich erkältet. Klingt fast verrückt, wo es hier so selten regnet und so warm ist, aber so wars.“
    Axilla zuckte leicht die Schultern und plapperte einfach ein wenig weiter, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
    “Und in Tarraco, wo es jede zweite Woche regnete, war ich immer gesund wie ein Pferd. Schon seltsam, oder?“
    Ihr Sklave kam mit den Getränken wieder. Er schenkte sowohl seiner Herrin als auch dem Gast aus einem Tonkrug einen Becher süßen Saft ein und trat dann mitsamt dem Krug in den Hintergrund, damit er bei Bedarf nachschenken konnte, aber ansonsten beim Gespräch nicht störte.
    Axilla nahm auch schon gleich einen kleinen Schluck und lächelte Cursor schüchtern an. Hoffentlich hielt er sie nicht für einfältig, weil sie so viel redete.

  • Der decurio nippte höflich an seinem Getränk. Fast wie in Gedanken sah er seine Gastgeberin an.


    "Nun gut", meinte er ,


    "wenn es dir wirklich wieder gut geht, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als zu dem zu kommen, weswegen ich hier bin.


    Wie du sicher weißt, ist es im Hafen zu Tumulten mit Toten und Verletzten gekommen. Ein Schiff der Mittelmeerflotte wurde fast in Brand gesteckt.


    Wir haben nun die Aufgabe in Alexandria für Ruhe und Ordnung zu Sorgen und die Aufrührer und Brandstifter zu finden und festzunehmen.


    Im Auftrag des praefectus der LEG XXII habe ich dich hierzu zu befragen. Wärest du dazu bereit?"


    Der decurio hörte nicht zu was er sagte, da er das, was er gerne gesagt hätte, nicht zu hören war.

  • “Oh…“ war das erste, was Axilla dazu einfiel. Also doch das am Hafen. Sie drehte etwas verlegen ihren Becher in den Händen und ging ein paar Schritte zum nächsten Korbsessel. Das würde wohl ein längeres Gespräch werden und auch ein ernsteres, da wollte sie lieber sitzen.
    “Vom praefectus legionis der 22igsten also? Das ist doch Terentius Cyprianus, richtig? Sollte das nicht eigentlich der Statthalter untersuchen lassen, Germanicus Corvus?“ versuchte Axilla erstmal ein wenig auszuweichen. Dass der Terentier das alles untersuchte, würde Urgulania sicher interessieren. Allerdings musste sie ihr dnn gegenüber ja auch zugeben, dass sie da am Hafen gewesen war. Schwierige Situation.
    Also tat Axilla das, was sie immer machte, wenn ihr ein Thema nicht so ganz behagte, und sie wich ein wenig aus. Ganz das Thema zu wechseln war hier wohl etwas fehl am Platz, auch wenn die Versuchung dazu sehr groß war.
    Sie setzte sich also in ihren Korbsessel und zog instinktiv die Knie an, merkte dann aber, wie sie dasaß und nahm sie wieder runter, um vornehm und gerade dazusitzen. Cursor schenkte sie ein entschuldigendes Lächeln und bemerkte dann noch eine kleine Unaufmerksamkeit von ihr.
    “Oh, wo bleiben nur meine Manieren? Setz dich doch, bitte!“ wies sie ihm mit einer Handbewegung die Kline direkt vis-a-vis zu ihr an. Sie sollte ihre Verplantheit vielleicht besser in den Griff bekommen. Da war der Decimer so nett zu ihr und erkundigte sich nach ihrem Befinden, anstatt einfach seinen Befehl auszuführen, und sie war so ein Trampel. Sie bekam fast ein schlechtes Gewissen.

  • Die Unbefangenheit, mit der Axilla Platz nahm und die einen gewissen Reiz nicht entbehrte, entging dem decurio genau so wenig wie das verspätete Angebot, sich zu setzen. Er hatte heute nunmal seinen guten Tag.


    Trotzdem war ihm war die ganze Angelegenheit zuwider. Er war Soldat und bei der Reiterei. Und die Reiterei war die Elite einer Legion. Alles in allem: er fühlte sich in seiner Haut sehr unwohl. Auf der einen Seite dieses hübsche Wesen, auf der anderen dieser Auftrag!


    Fieberhaft dachte er darüber nach, wie er sie, auf welche Art auch immer, schützen konnte. So ging er lediglich auf ihren Fragen ein.


    "Du hast recht. Appius Terentius Cyprianus ist praefectus der LEG XXII. Ob nun er oder der Statthalter irgendwelche Untgersuchungen anordnen, darüber steht mir kein Urteil zu. Ich bin Soldat und habe Befehle auszuführen und nicht über sie nachzudenken geschweige denn sie zu kommentieren."


    Wenn nur diese grünen Augen nicht wären! ging es ihm durch den Kopf.

  • “Natürlich…. Disziplin und Ordnung, nicht?“
    Axilla kannte die Gründe, warum man Befehle nicht in Frage stellte, nur zu gut. Ihr Vater hatte ihr viel beigebracht, was ein Mädchen nun nicht üblicherweise wusste, dabei eben auch die Gründe, warum die römische Legion so erfolgreich war im Vergleich mit anderen Armeen.
    Sie lächelte ein wenig entschuldigend. “Mein Vater war auch beim Militär. Tribun…“
    Ihr Blick wurde kurz etwas glasig, als schweife er in weite Ferne, ehe sie noch mal etwas verlegen Cursor zulächelte. Axillas Vater war sicher nicht für dieses Gespräch geeignet. Vor allem, da sie sich nicht so gerne erinnerte, weil dann der Schmerz so nah war. Also fragte sie lieber schnell weiter, um dem Decimer keine Gelegenheit zu geben, darauf einzugehen.
    “Und du bist schon lange hier stationiert, oder bist du mit dem Präfekten mitgekommen?“
    Das war ja gerade mal ein halbes Jahr her, dass Cyprianus gekommen war, und einige Kommandanten nahmen gerne einen Teil ihrer Offiziere mit sich. Ein Decurio war nun zwar nicht die höchste Ebene des Militärs, aber immerhin besser als ein einfacher Legionarius oder Eques. Außerdem lenkte die frage noch weiter ab und brachte das Gespräch weg von den Dingen, die Axilla am liebsten vergessen würde.

  • Der decurio hatte Axillas schmerzliche Reaktion bemerkt, als sie die Andeutung über ihren Vater machte. Obwohl ihn berufsbedingt sehr interessierte, wo jener stationiert und bei welcher Einheit er diente, besaß er jedoch so viel Taktgefühl, sie nicht mit weiteren Fragen, die dazu geeignet waren, einen Anklang an Neugier seinerseits aufkommen zu lassen, zu quälen.


    Leicht amüsiert ging er auf ihre geschickte Umgehung seiner noch unbeantworteten Frage ein. Er hatte Zeit und die wollte er so lange wie möglich mit ihr verbingen. Höflich antwortete er ...


    "Ich trat in Nicopolis in die LEG XXII ein als Decimus Germanicus Corvus praefectus dieser legio und in Personalunion zugleich praefectus Alexandriae et Aegypti war."


    ... und ließ keinen Blick von seiner Gastgeberin.

  • Er schaute sie die ganze Zeit an. Axilla bemerkte das wohl, und war deshalb ein bisschen verunsichert. Sah sie wirklich so schlecht aus? Sie war ja noch nicht lange wieder auf den Beinen, vielleicht sah sie wirklich noch krank aus. Oder fand er sie wirklich hässlich?
    Nervös kaute sie sich ein wenig auf der Unterlippe herum, merkte aber schnell, dass Cursor das ja auch sehen konnte und das vielleicht auch nicht gerade gewandt wirken mochte. Entschuldigend lächelte sie ihm zu und versteckte sich dann halb hinter ihrem Becher, indem sie einen großen Schluck nahm, als sie ihm zuhörte.
    Er hatte ganz blaue Augen, die ihren Bewegungen zu folgen schienen. Er sah nicht wirklich angewidert dabei aus, aber was war es dann? Hatte sie irgendwo einen Fleck? Axilla widerstand dem Drang, an sich runterzuschauen und nachzusehen, wenn auch nur knapp. Sie wollte ja auch nicht, dass er merkte, dass sie es gemerkt hatte. Er wollte aber auch nicht, dass er merkte, dass sie es bemerkt hatte, aber so tat, als hätte sie nichts bemerkt. Ihre Gedanken fingen irgendwie an, sich im Kreis zu drehen, und sie schüttelte kurz leicht den Kopf, um das Chaos zu beseitigen.
    “Oh, das ist ja dann doch schon sehr lange. Ich bin erst seit einem Jahr hier. Also, ungefähr. Ein bisschen weniger ist es, glaub ich. Komisch, dass wir uns noch nie über den Weg gelaufen sind.
    Wobei… die Wachen am Tor, das sind legionarii und keine equetes, oder? Sonst seh ich ja auch nicht so viele Militärs in Alexandria, und nach Nikopolis durfte ich ja nie. Silanus… ähm, also mein Cousin Iunius Silanus, war da zwar tribunus augusticlavus, aber er meinte, das wär kein Ort für ein Mädchen, ihn zu besuchen.“
    Womit er vermutlich auch Recht gehabt hatte.
    Axilla plapperte einfach vor sich hin, um ihre Nervosität zu überspielen und schaute immer wieder unauffällig, ob Cursor noch schaute. Jedes Mal fühlte sie sich wieder etwas mehr erwischt und schaute immer unauffälliger dann weg, bis sich schließlich sogar eine sanfte Röte auf ihren Wangen spiegelte und sie den Blick ziemlich interessiert auf ihrem Becher behielt.
    Sie könnte sich selbst wirklich ohrfeigen. Der Decurio würde sie doch sicher für ein einfältiges Huhn halten, ganz sicher. Oder….?
    Sie schaute noch einmal auf, in seine Augen, und biss sich dabei etwas verlegen wieder auf die Unterlippe. Nein, das konnte nicht sein. Sie sah heute wirklich fürchterlich aus! Nein, das war es sicher nicht.

  • Der decurio sah Axilla unverwandt an. Es gefiel ihm ihm, wie sie redete, wie sie sich bewegte; alles in allem: es gab nichts, was ihm an ihr nicht gefiel.


    Es störte ihn keineswegs, daß sie vom einem zum anderen kam, er sah sie nur an und hörte ihr zu. Ginge es nach ihm, so müßte die Zeit jetzt stehen bleiben.


    Bei der Nennung des Namens von Silanus horchte Cursor auf.


    "Iunius Silanus ist dein Cousin? Ich lernte ihn während meiner Grundausbildung in der legio kennen. Er war aber nicht lange bei der Truppe, nicht wahr? "


    Und dann war da auf einmal wieder diese andere Stimme. Hör` auf mit deinen Betrachtungen, denk` lieber an deinen Auftrag, hinterher ist für noch vieles Zeit.


    Der decurio besann sich seines Auftrags. Mit fast starrem Blick sah er seine Gastgeberin an.


    "So schön es ist mit dir zu plauschen, Axilla, und wie sehr ich es bedauere, dies zu beenden indem ich meine Pflicht erfülle, aber ich muß dich nach den Vorkommnissen im Hafen befragen. Könntest oder würdest du mir hierzu einige Fragen beantworten? Andererseits hätte ich vollstes Verständnis dafür, wenn du dich an infolge deiner Krankheit an nichts oder sehr wenig erinnern würdest."


    Ob Axilla die Brücke betreten würde?

  • “Ähm, ja, er ist mein Cousin. Aber wie lang er genau nun in Nikopolis war, weiß ich gar nicht. Aber bestimmt über ein halbes Jahr. Naja, so lange ist das ja auch nicht...“
    Vor allem nicht gemessen an der doch recht langen Dienstzeit, die ein Soldat üblicherweise zu leisten hatte. Und ein wenig war Axilla schon verwirrt, dass der Decimer das nicht wusste. Immerhin war das hier ja eigentlich technisch gesehen das Haus von Silanus, und wenn sie hier wohnte und denselben Gensnamen trug, lag nahe, dass sie verwandt waren.
    Aber vielleicht war er nur auch etwas verwirrt? Wobei sich Axilla die Worte Verwirrung und Soldat nicht wirklich in einem Satz vorstellen konnte. Für sie war ein Soldat auch trotz der ganzen Ereignisse immernoch eine Person, zu der man aufschauen konnte und die wusste, was zu tun war. Dieses Bild war einfach ganz tief in ihr, das konnte nicht so einfach erschüttert werden.


    Doch dann kam der Decurio wieder auf seinen Auftrag zu sprechen. Dass er gleich Verständnis wegen ihrer Krankheit einräumte, machte Axilla ein wenig stutzig. Normalerweise hätte er doch eher etwas gegenteiliges sagen sollen, dass sie sich auf jeden Fall erinnern sollte oder so etwas? Immerhin war es wohl sein Auftrag, sie zu verhören. Warum also war er so nett?
    “Ich weiß nicht so recht. Woher weißt du überhaupt... also, ich meine... dass ich da am Hafen war?“
    Wenn er es wusste, könnte Urgulania es auch wissen. Und das bedeutete möglichen Ärger, den sich Axilla gerne ersparen würde.
    Aber andererseits konnte sie auch nicht lügen. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit waren zwei Grundtugenden, nur durch sie verstand man, was Respekt wirklich bedeutete. So hatte sie es gelernt, und ein Feigling wollte sie nicht sein. Nicht so offensichtlich zumindest. Das kam ihr doch falsch vor. Sie würde zu dem stehen, was sie getan hatte – immerhin war es ja auch nichts verwerfliches oder verbotenes gewesen.
    “Und ich weiß ja noch gar nicht, was du wissen willst, da kann ich ja nicht wissen, ob ich mich erinnere?“
    Nein, er war nun die ganze Zeit so nett und höflich zu ihr gewesen, da wollte sie es wenigstens versuchen. “Nicht, dass du noch Ärger kriegst, weil ich es nichtmal versuchen wollte.“

  • Der decurio fand, daß es an der Zeit war, seinen Auftrag auszuführen. Wahrscheinlich hatte er schon viel zu lange mit seiner schönen Gastgeberin geplaudert. Und ob der praefectus für diese Art der Befragung Verständnis zeigen würde war fraglich.


    Cursor war fest entschlossen, die Befragung hinter sich zu bringen und beantwortete ihre Frage ...


    Zitat

    Original von Iunia Axilla
    “Ich weiß nicht so recht. Woher weißt du überhaupt... also, ich meine... dass ich da am Hafen war?“


    vielleicht etwas zu ausführlich, aber er fand, daß er ihr das schuldig war, ...


    "Der praefectus benannte dich als Zeugin. Folglich mußt du im Hafen gewesen sein. Woher er das wußte, erwähnte er nicht. Wie dem auch sei. Mein Auftrag lautet, wie ich bereits gesagt habe, dich zu den Vorgängen im Hafen, bei denen es zu Tumulten mit Toten und Verletzten kam und ein Schiff unserer Mittelmeerflotte beinahe in Brand gesteckt wurde, zu befragen.


    Kannst du dich an etwas erinnern, das uns weiterhelfen könnte? Hast du etwas Auffälliges bemerkt? Sind dir Personen aufgefallen, die sich in irgendeiner Weise verdächtig benahmen?"

  • Der Präfekt? Meinte er nun Corvus oder Cyprianus? Nun, er war Soldat, da meinte er sicher seinen Legionspräfekten, und nicht den praefectus aegypti. Warum der hier auch nicht einfach Legat heißen konnte, wie überall anders auch?
    Aber da stellte sich die Frage, woher wusste Terentius Cyprianus davon? Axilla war ja im allgemeinen nicht paranoid veranlagt, insgesamt ging sie sehr sorglos – um nicht zu sagen gedankenlos – durch die Gegend, aber nun fragte sie sich schon kurz, ob der Präfekt ihre Familie wohl beobachten ließ. Vielleicht hatte Urgulania ja recht mit dem, was sie vermutete?
    Doch dann fiel ihr eine viel bessere Erklärung ein. Der Soldat, der sie unter seinen Schutz gestellt hatte! Der hatte bestimmt gemeldet, dass sie bei dem Schiff gewesen war. Alte Petze, aber als Soldat war es wohl seine Pflicht gewesen. Und sie wusste noch nichtmal seinen Namen, den hatte sie schon wieder vergessen. Axilla vergaß gerne Namen, vor allem, wenn sie sie nur einmal kurz und dann nie wieder hörte.


    “Ähm, ich weiß nicht. Was wäre denn etwas Auffälliges?
    Da waren halt ein paar Männer, hauptsächlich Packer für Schiffsladungen und sowas. Die haben gemault und ein paar Steine geworfen. Aber eigentlich hätten die von der Classis damit ja fertig werden müssen. Keine Ahnung, wie die das geschafft haben. Also, die Männer zu entwaffnen. Ich meine, das waren ja auch nicht viele, vielleicht zwanzig Leute oder so. Also die Steinewerfer.
    Aber dann… ähm…“

    Axilla schuate etwas ertappt zu Boden. Dann war Marcus Achilleos in die nun bewaffneten Hafenarbeiter hineingestürmt und hatte zu kämpfen angefangen. Aber das konnte sie ja so nicht erzählen! Auch wenn es wahr war. Aber das war ja ein Freund der Familie, er war sogar hier zum Essen gewesen. Da konnte sie ihm doch nicht so in den Rücken fallen? Auch wenn es nicht richtig war, was er getan hatte. Zumindest fand Axilla es nicht richtig. Das war kein anständiger Kampf gewesen, das war ein Abschlachten gewesen. Und auch, wenn man sowas zur Demoralisierung eines Feindes auch mal als Soldat tun musste, wie die Iunia durchaus verstand, so galt diese Regel hier doch nicht. Die Alexandriner waren nicht die Feinde, und Marcus Achilleos war kein Soldat des Imperiums. Folglich hatte er dazu nicht das Recht gehabt.
    Aber dennoch war er Gast ihres Hauses gewesen. Axilla meinte, zu ahnen, dass er und Urgulania sich gern hatten, vielleicht sogar mehr. Natürlich noch im anständigen und sittlichen Rahmen. Da konnte sie das nicht einfach erzählen.
    “Ähm.. also… so genau hab ich das ja auch alles gar nicht sehen können, und dann bin ich ja auch schon in die Taue gestoßen worden und dann kam ja auch schon die Legion und die Angreifer, die bis dahin nicht schon abgehauen sind, sind dann geflüchtet.“


    Vielleicht etwas wirr und durcheinander, aber der Decurio würde ja wohl fragen, wenn er twas genauer wissen wollte.

  • Der decurio hatte Axilla aufmerksam zugehört. Mit vielen Worten hatte sie wenig gesagt. Instinktiv fühlte er, daß sie etwas wußte; seiner Vermutung nach auf alle Fälle mehr als das. Sie war eine Frau --- und Frauen, das wußte er aus Erfahrungen, verbargen oft um zu schützen. Warum also sollte nicht auch sie irgendjemanden zu schützen versuchen?


    Ungläubig sah er Axilla an. Aber wenn sie nichts wußte, nichts mehr wußte oder wissen wollte, warum auch nicht?!


    "Deinen Angaben nach zu schließen, warst du im Hafen ..."


    der decurio konnte ein Lächeln nicht verbergen


    "... und hast nichts gehört und nichts gesehen, zumindest nichts, was weiterhelfen könnte, die Aufrüher und Brandstifter aussfindig zu machen."


    ... und dann versuchte der decurio aus den grünen Augen seiner schönen Gastgeberin zu lesen.

  • Er sah sie immer noch an. Axilla hatte es aufgegeben, unauffällig wegzusehen und sah ihn stattdessen jetzt auch einfach offen an. Sie erwischte sich dabei, dass sie sich mehr fragte, ob er sie wohl hübsch fand, als wirklich an die Sache am Hafen zu denken. Dabei sollte sie ja eigentlich viel eher darauf aufpassen, was sie so sagte, immerhin war es wichtig. Außerdem war Cursor Decurio, da war es eigentlich egal, ob er sie anschaute, weil er sie hübsch fand oder nicht. Er würde wohl noch eine ganze Weile lang Soldat sein, also sollte sie in die Richtung als anständiges Mädchen gar nicht weiterdenken.


    Das Problem war nur, Axilla wusste, dass sie nicht unbedingt anständig war…



    “Nun, der, der die Fackel geworfen hat, der ist schon tot. Der ist da am Hafen gestorben. Wer damit angefangen hat, das hab ich nicht gesehen, ich hab das erst gemerkt, als die Leute sich schon vor dem Schiff versammelt haben. Das waren hauptsächlich irgendwelche Packer und Arbeiter.“
    Hatte sie das nicht schon gesagt? Sie wollte sich ja auch nicht dauernd nur wiederholen.
    Etwas verlegen kratzte sich Axilla am Arm. Sie würde viel lieber über irgendwas anderes sprechen als über den tag am Hafen. Allerdings wusste sie nicht, worüber sie mit Decimus Cursor sonst hätte sprechen können.
    “Ich hoffe, du kriegst keine Schwierigkeiten, wenn da nichts bei rauskommt, weil ich mich nicht so erinnere?“
    Sie wollte ja auch nicht, dass er Probleme bekam, denn er konnte da ja auch nichts dafür.

  • Der decurio schwieg und sah Axilla nur an. Er merkte, daß sich das Gespräch und somit auch das Zusammensein mit seiner hübschen Gastgeberin unwillkürlich dem Ende zuneigte.


    Er hätte noch so vieles zu sagen gehabt. Aber wahrscheinlich war es so besser! Besser, daß es nicht ausgesprochen wurde. Besser für ihn als auch für Axilla, die er womöglich nur in Verlegenheit gebracht hätte,
    auf seine Fragen einzugehen.


    Der decurio drehte seinen Becher in der Hand. Er ließ sich nicht anmerken, was es in ihm vorging.


    "Da du dich nicht erinnern kannst ist es folglich niemanden möglich, dir auf irgendeine Art Schwierigkeiten zu bereiten. So steht es auch mir nicht zu dich noch länger zu belästigen. Das, was mir noch bleibt ist, dir für deine Freundlichkeit zu danken, mit der du mich empfangen hast und deine Bereitschaft mir zu helfen. Gestatte mir, mich von dir zu verabschieden."


    Der decurio stand auf.

  • Ihr Schwierigkeiten bereiten? Sie hatte das eigentlich eher andersherum gedacht, dass er einem wütenden Tribun oder eben seinem Präfekten entgegentreten musste und keine Ergebnisse vorzuweisen hatte. Dass sie selber wegen dem Tag am Hafen von öffentlicher Seite Probleme bekommen könnte, daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Da hatte sie viel eher Angst gehabt, Urgulania könnte etwas wissen und ihr die Hölle heiß machen, weil sie so leichtsinnig gewesen war.
    Trotzdem war sie nicht froh, dass der Decurio jetzt schon ging. Es war schön gewesen, ihn dazuhaben. Irgendwie zumindest. Axilla mochte einfach Soldaten.


    “Oh, du belästigst mich ganz und gar nicht.“
    Axilla stand langsam auf und sah den Decurio kurz einfach nur stumm an, bis ihr einfiel, dass sie vielleicht ein bisschen mehr sagen sollte.
    “Es war mir eine Freude, dich meinen Gast zu nennen, auch wenn der Umstand, wie es dazu kam, etwas unglücklich war.“
    Ja, das klang richtig gut! Gastgeben war vielleicht doch gar nicht so schwer, wenn man sich ein wenig anstrengte. Zumindest lief Cursor nicht wütend raus, also konnte sie sich nicht zu trampelig angestellt haben.
    “Ich habe mich auf jeden Fall gefreut, dich kennen zu lernen. Vale, Decimus Cursor.“
    Mit dem Abschluss war sie nicht wirklich zufrieden, aber sie konnte ihn ja schlecht noch mal einladen. Wie würde das denn aussehen? Vor allem, da er ja Soldat war.

  • Noch einmal sog sich der Blick des decurio an Axillas grünen Augen fest. Er ertappte sich dabei, wie er insgeheim noch hoffte, sie würde ihn aus irgendeinem Grund zum Verbleiben auffordern.


    Das Vale seiner Gastgeberin ernüchterte ihn wieder.


    Er nahm Haltung an und grüßte bewußt militärisch.


    "Vale, Iunia Axilla" und fügte leise hinzu


    "und nochmals vielen Dank."


    Er verließ das tablinum und wandte sich schnellen Schrittes der porta zu.

  • Sofort war Axilla eiligen Schrittes ins Tablinum gerannt, als ihr der Sklave gesagt hatte, dass Merula da war und von Leucos ins Tablinum geführt wurde. Das Buch, das sie eigentlich grade gelesen hatte, lag vor lauter Hektik am Ende im Hausgang und wurde von einem eifrigen Sklaven wieder zurück geräumt.
    Im Tablinum war sie noch vor dem alten Griechen, so dass sie sehen konnte, wie Merula hereinkam. Das also war ihr Cousin? Sie hatte ihn, soweit sie wusste, nur einmal gesehen, als sie vielleicht fünf Jahre alt war. Und seit damals waren sie beide “etwas“ älter geworden. So schaute sie ihn im ersten Moment mit einer Mischung aus Neugier und Unsicherheit gespannt an, als er eintrat.
    “Merula?“, fragte sie etwas schüchtern lächelnd. Auch wenn er ja so angekündigt worden war und folglich niemand anderes sein konnte.

  • Merula trug immer noch das freundlich-amüsierte Lächeln im Gesicht, als er das Tablinum erreichte. Und beim Anblick seiner Cousine verschwand jenes nicht etwa, sondern wurde noch ein wenig breiter.
    Er trat auf Axilla zu, blieb aber ein bis zwei Schritte vor der jungen Frau stehen, wie es sich für einen Gast in einem fremden Haus gehörte.
    Sie musste ein paar Jahre jünger sein als er selbst und so verwunderte es Merula nicht, dass von dem Mädchen Axilla, dem er in Hispania vor vielen Jahren begegnet war, in seinem Gedächtnis kein Bild mehr präsent war.
    "Eben der bin ich. Die Amsel hat ihr Nest verlassen und ist in den Süden gezogen", nahm er Anspielung auf sein ungewöhnliches Cognomen.
    "Aber nenn mich doch bitte Lucius." Auch wenn sie sich kaum kannten, erschien ihm der Gebrauch seines Vornamens passender.
    "Und du bist also Axilla?" stellte er fest. "Ich hoffe, ich habe dich mit meinem Besuch nicht überfallen."

  • Er lächelte, als er sie sah. Axilla war ganz aufgeregt, als er auf sie zukam, versuchte aber, nach außen so ruhig zu wirken, wie eine Römerin das wohl tun sollte. Was natürlich aufgrund des allzu erwartungsfrohen Grinsen in ihrem Gesicht gründlich misslang, aber immerhin versuchte sie es.
    “Lucius...“ versuchte sie seinen Namen, wobei sie aber nicht ganz umhin kam, an einen anderen Lucius Iunius zu denken, und vielleicht etwas Sehnsucht so in ihrer Stimme mitschwang.
    Auch wenn Merula sich doch ein wenig blumig ausdrückte, konnte Axilla nicht ganz so damenhaft an sich halten, als er sie schließlich fragte, ob sie sie sei. Sie nickte übereifrig wie ein Kind und überwand die letzten beiden Schritte zwischen ihnen und gab ihm zur Begrüßung gleich einmal ungefragt einen Kuss auf die Wange, ehe sie auch anfing, wild zu plappern.
    “Es ist so schön, dich wiederzusehen. Ich konnte es fast gar nicht glauben, als plötzlich der Bote vor der Tür stand und gesagt hast, du wärst nun hier in Alexandria. Warum hast du nicht geschrieben, dass du kommst? Wir hätten dir doch ein Zimmer eingerichtet!
    Oh, oder magst du lieber im Gasthaus schlafen? Ich meine, das ist ja gleich um die Ecke zum Cursus Publicus dann. Aber... ich meine, wir haben so viel Platz hier. Es sind ja nur noch Urgulania und ich da, und, also, wenn du länger bleibst, willst du dann nicht hier in Basileia wohnen?
    Und seid wann bist du in Ägypten? Warst du nicht in Misenum Priester? Bist du hier dann jetzt auch noch im Cultus, oder bist du jetzt Stationarius? Dein Bote hat mich ein wenig verwirrt. Ich dachte, Aelius Archias ist hier in der Post. Ist er gegangen, ohne auf Wiedersehen zu sagen?“

    Als sie ihn bei ihren letzten Worten fragend ansah, merkte sie erst, wie sie ihn zugequasselt hatte, und ihre Wangen überzog eine leichte Röte.
    “Oh, entschuldige, da rede ich und rede ich, und lass dich gar nicht antworten. Und zu trinken hab ich dir auch nichts angeboten, wo es doch schon wieder so heiß ist heute. Ich bin nur so aufgeregt, dich zu sehen!
    Magst du etwas trinken? Wir haben einen sehr schmackhaften Fruchtsaft heute frisch gepresst, der ist gut gegen die Hitze.“

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