Ein Windstoß bläst dem Octavier eine sanfte Briese ins Gesicht.
Naja... zum ersten, zum zweiten, und zum... "10.000SZ!"
Ein Windstoß bläst dem Octavier eine sanfte Briese ins Gesicht.
Naja... zum ersten, zum zweiten, und zum... "10.000SZ!"
Lucius Flavius Serenus, stolzer Besitzer der neusten Ausgabe von „Sklave Gaius ist der Beste“, seine Leibsklavin Dido, Papas Leibsklave Hannibal, Kampfhund Nero und einige breitschultrige Sklaven als Gepäckträger für die absoluten Noteinkäufe, die man auf dem Markt immer wieder machen musste um seine patrizische Existenz zu erhalten, hatten der Versteigerung von weiter hinten zugeschaut.
Serenus war sehr schlecht gelaunt, was zum Leidwesen von Hannibal bedeutete, dass auch dessen Leibsklavin Dido und der Hund schlecht gelaunt waren. Serenus hatte diese Woche wieder keinen kleinen Löwen auf dem Tiermarkt erstehen können. Hannibal hatte ihn zum Glück überzeugen können, dass die Giraffe schon zu groß für die Villa war und Bären (als dritte Kaufoption) absolut unnütze Tiere waren, da sie einen halbjährigen Winterschlaf hielten und dann auch nicht aufwachten. Den Göttern sei Dank konnte man 11 Jahre alten Kindern manches noch erzählen, was einem ein Erwachsener nicht mehr abgekauft hätte. Hannibal hätte allerdings zu gerne das Gesicht des Ianitors der Villa Flavia gesehen, wenn sie mit einer 3 Schritt großen Giraffe vor der Porta gestanden hätten. Umgekehrt hatte sich Serenus aber auch nicht für Hannibals Vorschlag für eine Schildkröte oder einen neuen Hamster begeistern lassen. Offensichtlich waren solche Haustiere mit 11 Jahren absolut "unkühl".
Erfahrungsgemäß besserte sich Serenus Laune meistens auf den Sklavenversteigerungen recht schnell wieder. Auch wenn er selten bis zum Ende mitbot. Heute war er dagegen in Kauflaune und der flavische Name und ein Abdruck des Siegelringes in einer Wachstafel waren so gut, als ob Onkel Flavius Gracchus oder Tante Claudia Antonia mit einen riesigen Sack voller Goldmünzen neben Serenus gestanden hätten.
Serenus signalisierte Hannibal, dass er mitzubieten gedachte. Dann gab er dem riesigen Molosserhund einen Wink und der Hund schob sich knurrend und bellend durch die Zuschauermenge, was schnell für einen schmalen Korridor sorgte durch den Serenus, Dido und der wieselflinke Hannibal zum Podest gelangten, bevor sich die Menge hinter ihnen wieder versammelte. Die breitschultrigen Leibwächter hatten erst einmal das Nachsehen, aber inmitten vieler Senatoren und beschützt durch Hannibal und den Hund bestand wenig Gefahr für Leib und Leben, zumindest für Serenus. Dieser wandte sich an den Sklavenhändler.
„Die Gens Flavia bestätigt das Gebot von 2000 Sesterzen und erhöht um 10 Sesterzen und 1 ptolemäische Silberdrachme.“
Serenus hatte diese etwa 200 Jahre alte Münze gestern in der Bibliothek der Villa Flavia neben einer Kline gefunden. Und niemand hatte sie bislang in der Villa als "verloren" gemeldet. Ha, das Angebot musste erst mal einer der Anwesenden toppen. Es war sicher sehr schwer den Wert einer solch „antiken“ Münze einzuschätzen.
„Allerdings wünschen wir endlich mal nähere Auskünfte hinsichtlich der linguistischen und habtischen Fertigkeiten des Sklaven. Er soll mal was zweisprachig vortragen oder singen. Kann er jonglieren oder einen Handstand machen? Er soll mal seine Muskeln anspannen. Arme hoch und drehen reicht mir nicht. Wo bitte hat er denn das „kinderlieb“ unter Beweis gestellt? Wer war denn sein Vorbesitzer? Und warum will er ihn loswerden? Wie viele Vorbesitzer hat er denn gehabt? Und er soll sich mal ganz ausziehen und seine Zähne zeigen. Sonderlich gut genährt scheint er mir ja nicht zu sein. Deine Sklaven standen schon mal besser im Futter. Du fütterst die doch wohl hoffentlich nicht mit Spinat und Gerstenbrei um deine Kosten zu drücken?“
Serenus war beim Sklavenkauf weitaus pingeliger als der Rest seiner Familie. Aber er hatte von Oma Flavia Agrippina gelernt, dass ein fauler Apfel eine ganze Kiste voller Äpfel faulen lassen konnte. Andererseits galt für ihn der Grundsatz: Wer viel bezahlt, darf die Ware auch ordentlich prüfen. Zwar waren für serenus ein paar Tausend Sesterzen nicht viel, denn zahlen würde Onkel Gracchus oder sein Papa, aber es gab Prinzipien und dan die hielt man sich als anspruchsvoller Käufer. Nun wartete er auf die Schauspieleinlage des Sklavenhändlers, die immer wieder sehenswert war, und die Beweise der Fertigkeiten des Sklaven.
Nebenbei fragte er sich wer der alte Senator mit den vielen Falten im Gesicht war, der eben 2000 Sesterzen geboten hatte.
Der Senator mit den Falten um den Augen erhöhte.
"3000 Sesterzen!"
Es wurde Zeit, dass man das ganze Verfahren etwas beschleunigte.
"Und Tranquillus! Stell den Burschen mal etwas weiter nach vorne. Wir haben in der Tat noch nicht viel von ihm gesehen. Und für das Geld, kann man das durchaus erwarten!"
fügte er hinzu.
Eine kleine Gasse bildete sich in der Mitte der Menge. Verursacht wurde sie von einem räudigen Köter. Titus hasste Hunde. Er hasste, sie nicht nur, er hasste sie. Und zwar abgrundtief. Allein deswegen schon verzog sich sein Mund zu einer Grimasse, wenn auch nur flüchtig, bis er sich wieder im Griff hatte und die weltmännische Miene aufsetzte, die er bei Versteigerungen brauchte.
Er beugte sich ein wenig vor, stützte die Hände auf den Oberschenkeln ab und musterte den schrecklich kleinen Knirps vor der Bühne genauer, ganz so, als sei er der Sklave und nicht ein Bieter. "Soso, die gens Flavia, sagst du?" wiederholte Titus und schmunzelte breit, während er sich aufrichtete. Die Worte des Kleinen gereichten ihm dann allerdings doch noch zum Staunen, und Titus hob staunend eine Braue. "Hör mal, Jungchen, lass die Geschäfte besser echte Männer abwickeln, hm? Warum gehst du nicht zu deiner Mama und spielst ein wenig mit deinen Murmeln?" gab Titus zurück und wandte sich dann ab, den Jungen fortan ignorierend. Die waren verrückt, die Römer. Schickten einfach so ihre Bälger los, um sowas Essentielles wie Sklaven einzukaufen. Schon seltsam. Kurz darauf erhellte sich Titus' Miene wieder.
"AaaaaaHA, dreitausend Sesterzen, meine Herren, meine Damen! Dreitausend sind geboten, dreitausend für den bärtigen Senator dort drüben. Dreitausend zum Ersten.....dreißig aurei zum Zweiten...." Noch einmal sah sich Titus herausfordernd um, aber bieten wollte scheinends doch keiner mehr. Daher... "...und dreitausend zum Dritten! Verkauft an den Senator in der zweiten Reihe." rief er und deutete auf Decimus Meridius. "Wenn du bitte nach vorn kommen würdest, Senator?" sagte er zu Meridius gewandt, und er fuhr fort, als dieser zugegen war. "Dreißig aurei, Senator. Ein guter Preis für einen guten Sklaven. Selbstverständlich erst zahlbar, wenn ich dir das Bürschlein liefere. Oder möchtest du ihn jetzt gleich mitnehmen? Soll er gemarkt werden?" fragte Titus.
Für den Sklaven wurden keine weiteren Gebote abgegeben, so dass Meridius den Zuschlag erhielt. Gerade noch rechtzeitig, hatte er sich doch vorgenommen, keinesfalls mehr als diese Summe auszugeben. Zufrieden lächelnd ging er also zu Tranquillus nach vorne und brachte das Geschäft unter Dach und Fach.
"Liefer den Sklaven in die Casa Decima Mercator. Dort werde ich Dir dann das Geld übergeben. Alles weitere regeln wir dann ebenfalls dort."
Ob er ihn marken würde oder nicht, konnte er in der Casa immer noch entscheiden. Wo er jetzt jedoch vorne stand, nutze er diesen Fakt sich den Sklaven etwas genauer anzusehen. Wie es schien, war an ihm nichts auszusetzen. Wie tüchtig er jedoch letzten Endes sein würde, würde sich erst im Lauf der Zeit erweisen.
"Sehr wohl, Senator", erwiderte Titus und verbeugte sich tief. "Du kannst heute nach Geschäftsschluss mit der Lieferung rechnen." Damit war soweit auch alles gesagt, und Titus strich sich über seinen Bart und begann nur wenige Minuten später damit, den nächsten Sklaven anzupreisen, einen schmächtigen Numidier, von dem er sich lediglich erhoffte, die Haltungskosten wieder hereinzubekommen.
Sias verhielt sich ruhig. Teilnahmslos, so als ob er das alles aus einer unbeteiligten, dritten Perspektive beobachten würde, stand der junge Grieche da und sah über die Köpfe hinweg irgendwo in die Leere. Als die ersten Gebote gefallen waren, nahmen Sias Augen doch, kaum merklich Ausdruck an und richteten sich auf die Bietenden. Besonders zwei der Römer schienen sich für ihn zu interessieren, sie überboten sich mehrfach. Sias sah kurz zu dem Sklavenhändler, der nur wenige Schritte von ihm entfernt stand. Tranquillus war wohl zufrieden mit dem verlauf der Auktion, dann jedoch, nur wenige Sekunden lang, verhärtete sich sein kaufmännisches Lächeln zu einer Maske. Der junge Grieche sah zu den Umstehenden, um die Ursache für die vorübergehende Regung auszumachen.
Einige der Zusammengelaufenen waren zurückgewichen, als in Begleitung einiger Sklaven ein hünenhafter Hund erschien. Erst nachdem Sias genauer hingesehen hatte, erkannte einen kleinen Jungen als deren Besitzer.
Der Sklavenhändler nahm den Kleinen ebenso wenig ernst, wie die meisten hier, wahrscheinlich war der Junge der Sohn irgendeines wichtigen Mannes, der sich nun wichtig machen wollte, etwas was er sich auf Papas Kosten leisten konnte.
Nun, aber nicht er war es, der das letzte Gebot gab, sondern der dunkle, imposante Römer, der seinen jüngeren Bekannten offenbar ausgestochen hatte. Sias betrachtete seinen neuen Besitzer. Der Mann war von hohem Rang, ein Senator, wenn er sich nicht sehr irrte, eigentlich war es fast schon unwahrscheinlich, dass dieser selbst hier erschienen war und nicht über einen Mittelsmann Sklaven einkaufen ließ. Entweder sprach das für seine Arroganz oder gerade dagegen. Sias würde bald Gelegenheit haben, das herauszufinden. Sias wurde von zwei Handlangern des Händlers sogleich von der Bühne geschleift, damit das nächste, bargelegte Menschenleben darauf Platz finden konnte. Die gute Nachricht, dass er nicht gebranntmarkt werden würde, nahm er nur mit einem müden Zucken seines Mundwinkels auf. Tranquillus bestätigte Sias, dass es sich bei dem Römer um einen Senator handelte.
Der junge Grieche sah noch einmal zu dem Mann, der nun seine Zukunft darstellen würde, wurde dann aber weiter nach hinten geschubst, wo er für die „Lieferung“ bereit gemacht werden sollte.
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