Ein Heimkehrer oder: Der Krieg ist vorbei!

  • Lang warf die Sonne die Schatten auf den Boden, die der villa, die der Bäume, der Menschen, denn schon strebte die Himmelsscheibe dem Horizont entgegen, um hinter der Erdenscheibe – oder Kugel, je nach philosophischer Auffaßung! - zu versinken. In jenen Abendstunden näherten sich zwei Männer, mit denen wohl kaum jemand so schnell in der villa rechnen würde, sofern jemand in der villa an jenem Abend überhaupt anwesend war, dem Anwesen. Auf einem Wagen hatten sich die beiden Männer – Hannibal und Marcus – dem Stadttor genähert, denn Marcus gehörte – der Verletzung wegen – zu den Männern, die von ihrem Legat, dankenswerterweise, für die Zeit, bis sie etwas erholter waren von den Wunden, Urlaub bekommen hatten. So hatte sein Sklave, die treue Seele Hannibal, ihm einen Wagen besorgt. Nach einem Tag Aufenthalt bei seinem Onkel in Ravenna war Marcus schließlich aufgebrochen. Schon als er die Hügel der Stadt ausgemacht hatte, pochte sein Herz kräftig, sein Gesicht war - trotz der Schmerzen! - von tiefer Freude gekennzeichnet. Leider hatten sie den Wagen an der Mauer zurück laßen und nun in einem langen und sehr anstrengenden Marsch durch die Stadt irren müßen. Aber auch das hatte ein Ende und das Ziel, die villa Flavia, war nun endlich in Sicht. Marcus – durchaus erschöpft und müde von dem Humpeln mit den Krücken – lachte leise auf als er die Mauern aufragen sah, die er doch wenig bewohnt hatte, aber die dennoch in seinem Herzen sein Heim war. Schneller holte Marcus aus und brachte auch noch den letzten Weg hinter sich. Die Formalien an der Tür waren schnell erledigt, denn der ianitor erkannte Marcus nach einigen Blicken, mit denen er Marcus mißtrauisch beäugte, durchaus. So humpelte Marcus bereits in das atrium. Rosig wurden die Seerosen in dem Wasserbecken beleuchtet, von der roten Abendsonne. Marcus ließ sich auf eine Steinbank herunter sinken und stöhnte leise. Eine Krücke fiel ihm aus der Hand und polternd auf den Steinboden. Mit einer Hand – nämlich der, die nun frei war – winkte Marcus einer der Sklaven heran, die gerade durch das atrium eilten.


    „Sieh doch bitte nach, ob Gracchus im Haus ist. Oder sonst ein Flavier...und ganz besonders meinen Sohn!“


    Dann ließ Marcus sich erschöpft gegen eine Säule herunter sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen den kühlen Stein. Immer noch war er hohlwangig, blaß und sah kränklich aus. Zudem war sein Bein stark bandagiert und mit Stöcken fixiert. Unter seiner Tunika trug er auch noch einen dicken Verband, der jedoch von dem roten Stoff überdeckt wurde. Seine Rüstung trug er nicht, ebenso keine Waffen und nur eine einfache paenula. Erschöpft und ohne auf die Umgebung zu achten, harrte Marcus der Dinge, die kommen würden. Mehr, ob noch Mitglieder seiner Familie im Hause weilten. Langsam begann sein Geist davon zu schweben und Marcus schlief, an der Säule gelehnt, innerhalb weniger Herzschläge bereits ein.

  • Serenus spielte gerade im Garten, genauer gesagt holperte er in seinem extrem ramponierten Ziegenrennwagen vor den zwei Rennziegen gespannt waren über die Wege, während ein Mechanicus-Sklave daneben herlief. Normalerweise hatte der Sklave die Aufgabe in der Villa alles am Laufen zu halten, das in irgendeiner Weise mit Mechanik oder handwerklichen Reparaturen zu tun hatte. Darunter fiel in Serenus Anwesenheit auch der patrizische Fuhrpark. Und eben jener war saumäßig schlecht gelaunt, was den Sklaven das Schlimmste für ihn befürchten ließ. Flehend und keuchend wandte er sich an den jungen Dominus.


    „Dominus. Du wolltet ein Wunder und genau das habe ich getan, obgleich es eher in den Zuständigkeitsbereich der Götter fällt. Aber der Wagen wurde jetzt so oft repariert und du bist auch so gewachsen, dass sich einfach nicht mehr rausholen lässt. Ein größerer Fahrer wirkt sich in den Kurven aus und das Material wurde so oft überarbeitet, dass es einfach ermüdet ist. Ein neuer Ziegenrennwagen muß her oder der entgültige Übergang zum Ponyrennwagen. Und auch wenn du mir mit Kreuzigung drohst, beim nächsten Rennen bei Maximalbelastung fällt der Wagen auseinander.“


    Der Sklave entging aber erst einmal seinem Schicksal, denn ein Laufsklave brachte die Nachricht, dass Flavius Aristides in der Villa eingetroffen sei. Mit einem Freundenschrei brachte Serenus den Ziegenrennwagen erst einmal zum Stillstand, indem er ihn rasant in einen Zierfischteich lenkte und selber im letzten Moment absprang. Er pfiff nach seinem Kampfhund Nero und rannte ins Innere des Hauses.


    Serenus schenkte der dicken, abgewrackten Gestalt an der Säule des Atriums kaum Beachtung. Sicher ein Klient eines seiner Onkels. Die standen ja andauernd auf der Schwelle um ihre Aufwartung zu machen. In einigen Jahren würde Serenus sicher Klient von Onkel Gracchus oder Onkel Furianus sein. Oder von seinem Vater, wenn dieser endlich mal Senator sein würde. Dafür würde es nach dem Parthiafeldzug endlich Zeit, denn die Väter fast all seiner patrizischen Freunde waren Senatoren und in der letzten Zeit hatte man immer öfters hinter Serenus Rücken über dessen Vater gelästert. Das hatte zu der ein oder anderen Schlägerei geführt als Serenus es erfuhr. Er hoffte nur, dass sein Vater inzwischen ein wirklich hochrangiger Offizier mit sehr vielen Auszeichnungen geworden war. Sonst wurde es langsam peinlich für ihn.


    Serenus rannte an der Gestalt an der Säule vorbei, sein Kampfhund Nero blieb dagegen freudig mit dem Schwanz wedelnd stehen und bellte freudig, bevor er an der schlafenden Gestalt hochsprang, dieser die Vorderpfoten und damit sein Gwicht auf die Schultern legte und mehrfach mit seiner großen Waschlappenzunge durch das Gesicht schleckte.


    Serenus hatte inzwischen an der Porta erfahren, dass sein Vater bereits im Atrium sein sollte. Also stürzte er mit einem lauten „PAAAAAAAAPAAAAAAAA !!!!!“ wieder zurück, sah sich um und entdeckte dann erst in dem „heruntergekommenen und kränklichen Subjekt“ an der Säule seinen Vater wieder. Diese elenden Parther! Was waren das für Tiere? Was hatten die denn mit seinem Vater und der Legio I angestellt, wenn so ein großer Kriegsheld des Parthienfeldzuges aussah? Serenus näherte sich seinem Vater und begutachtete diesen. Sein Bein schien schwer verletzt zu sein. Eine Kriegsverletzung – voll krass! Total kühl!


    Dann rief er lautstark nach Dido und vier Sklaven und dem Medicus der Gens Flavia. Nero, Dido und er konnten seinen Vater sicher bis zu dessen Cubiculum ziehen, aber die vier Sklaven konnten ihn problemlos dorthin tragen.

  • Wie ein Vogel glitt Marcus' Geist in die Gefilde der Träume, immer tiefer segelten er in das dunkle Schwarz, was sich um ihn legte, wie ein warmer und schützender Mantel. Licht tauchte auf und Marcus sah sich in der schönen villa in Baiae stehen, auf der Terrasse, die zum Meer ging und die See zeigte, die immer wieder gegen die hohen Klippen brandete. Ein goldener Streitwagen zog über den Himmel. „Hej! Hej! Hej! Wuff! Wuff!“ , ertönte die donnernde Stimme des Wagenlenkers. Marcus beschirmte die Augen und spähte zu der Silhouette, um zu sehen, wer den Wagen mit den beiden Gänsen, die vorne angespannt waren, zog. Eine Gestalt mit einer Hundschnauze schwenkte die Peitsche, Marcus nickte zufrieden und sah auf die Himmelsscheibe, die hinter dem Wagen folgte, an einem langen Seil angebunden. Der Hund bellte zu Marcus hinab, Marcus winkte hinauf. Eine dunkelhäutige Schönheit schritt in tänzerischem Schritt heran, warf ihre Arme um seinen Hals und legte ihre Lippen auf seine Wange, dann fing sie an an seinem Gesicht herum zu lecken. Irritiert, wollte Marcus sie wegschieben, aber beharrlich leckte sie weiter. Er brummte leise und...


    ....öffnete seine Augen. Das dunkle Nixengesicht verwandelte sich in ein zottigen und breitgesichtigen Kampfhund, die Zunge schlabberte über sein Gesicht entlang, zwei schwere Pfoten lagen auf seinen Schultern und das Gewicht des Hundes schien Marcus schier zu erdrücken. Marcus brauchte zwei Atemzüge – die der Hund mit drei Mal Schlecken nutzte – ehe er erkannte, was da ihn gerade mit großer Freude angefallen hatte. Nero, der gute alte Nero, den gab es also immer noch! Marcus hob die Hand und tätschelte dem Hund den Kopf, dabei schob er den Hund jedoch – mit einem gutmütigen Grinsen auf dem Gesicht – etwas von sich weg, denn so sehr es ihn auch freute, daß der Hund ihn selbst nach der langen Zeit wieder erkannte, so befand er das Abschlecken nicht gerade als angenehm.


    „Ist gut, Nero, ist gut!“
    , murmelte Marcus und sah sich nach seinem Besitzer um. Prompt entdeckten Marcus' müden Augen seinen Sohn. Das Grinsen breitete sich zu einem glücklichen Lächeln aus. Er betrachtete seinen Sohn einen Herzschlag lang andächtig. Tatsache und Donnerwetter! Er war wirklich in die Höhe geschoßen und gut sah der Junge aus, ein bißchen dünn vielleicht, aber da würde er noch rein wachsen.
    „Lucius, mein Junge!“
    Marcus schob den Hund nun endgültig zur Seite und beugte sich vor, gerade als sein Sohn nach den Sklaven rief.
    „Komm her, mein Junge, und laß' Dich von Deinem alten Vater drücken!“


    Ohne einen Protest hinnehmen zu wollen – sofern er folgte! - zog Marcus Serenus sanft, aber bestimmt an sich heran und schloß ihn in seine Arme. Wie gut es doch war, wieder zu Hause zu sein; wie gut es war, nicht mehr im Krieg zu sein und nun endlich die Zeit für seinen Sohn und die Familie zu haben, wie es sich Marcus schon seit langem gewünscht hatte. Die Zeiten, wo er seinen Sohn alleine hatte laßen müßen, waren nun vorbei. Marcus drückte seinen Sohn fest an sich und ließ ihn erst einige Herzschläge später wieder los, wobei er es nicht unterlaßen konnte, die Hand zu heben und durch die dunkle Haarmähne seines Sohnes zu wuscheln. Stolz und voller Freude an seinen Sohn betrachtete er Serenus.


    „Komm, mein Sohn, und setze Dich!“
    Marcus klopfte auf die Bank und den freien Platz neben sich. Dabei winkte er Hannibal heran, der den besagten Korb mit sich führte, der schon eine weite Reise gemacht hatte. Eine leuchtend rote Schleife – ganz die Farbe der Russata – zierte den Korb. Von Innen war ein Grummeln und Fauchen zu vernehmen. Marcus nahm den Korb von seinem Sklaven und reichte ihn an Serenus weiter.
    „Der hier ist für Dich, Lucius!“
    Eigentlich war es eine Schnapsidee gewesen, aber Marcus wollte a. die Gunst seines Sohnes zurück kaufen und b. das freudige Gesicht seine Sohnes sehen, wenn dieser den Löwenjungen erblicken würde. Der wenige Wochen alt war, kaum größer als eine ausgewachsene Katze noch war und einen karottenfarbenen Mähnenkamm auf dem Kopf trug, das erste Zeichen einer prächtigen Mähne, sobald der Löwe ausgewachsen und so groß wie ein Kalb war. Noch war jedoch der Korb verdeckt und der Löwe tummelte sich lautstark in dem Behältnis.

  • Der Faltenwurf der Toga hatte während des Transportes mit der Sänfte ein wenig gelitten, auch in Gracchus' Stirne hatten einige Denkfalten sich eingeprägt, da er in Gedanken noch immer bei der Arbeit weilte, welche er eine Weile zuvor hatte in der Stadt zurückgelassen. Als an der Pforte Acanthus ihn darob unterrichtete, dass seinen Vetter Aristides aus Parthia nicht nur zurückgekehrt war, sondern gleichsam im Inneren der Villa wartete, vertrieb dies jedoch augenblicklich die Spuren der Konzentration aus Gracchus' Miene, während die Falten des Kleidungsstückes ohnehin mit einem Male völlig unbedeutend waren.
    "Duellona, du wirst Deinen Schrein erhalten!"
    Aristides war zurückgekehrt, was nicht nur bedeutete, dass jener den Krieg hatte überlebt, sondern gleichsam eine endlose Last von Gracchus' Schultern nahm. Dass sein Vetter weiter der Legion könnte dienen wollen, dies war fern seiner Gedanken, denn ohne Zweifel würde Aristides seiner Pflichten sich besinnen, in Rom nun die politische Karriere anstreben, wie seine Mutter von ihm dies erwartete, und damit gleichsam die Belange der Familie in ihrer Gesamtheit in die Hand nehmen, wie es stets Aufgabe und Vorrecht des ältesten Flavius der ältesten Generation im römischen Hause war, womit eben Gracchus von dieser Pflicht würde entbunden sein. Keinem anderen Manne wollte Gracchus diese Aufgabe mit mehr Freude in die Hände legen denn seinem Vetter Aristides. Seit jeher hatte den älteren Verwandten er bewundert, denn während Aquilius' Männlichkeit darin gipfelte, von einem Bette durch das nächste zu ziehen, und er ihm ohnehin viel zu nahe war, stand Aristides in Gracchus' Weltbild für die perfekte Verkörperung des römischen pater familias, der Stärke und des Durchsetzungsvermögens, des unbezwingbaren Elans, die Welt für sich in Mühelosigkeit einzunehmen, ohne Zweifel, unverzagt. Schon als junger Mann hatte Gracchus stets zu seinen Vetter empor geblickt, sich gewünscht, ein wenig mehr wie er zu sein, doch im Laufe der Jahre war er einen gänzlich anderen Weg gegangen, so dass nur wenig an ihnen similär war. Indes, im Augenblicke da Gracchus das Atrium betrat, war er vermutlich dem Vetter ähnlicher als sonst, denn die tiefe, ehrliche Freude über die Rückkehr Aristides' drängte unaufhaltsam aus seinem Inneren empor, überschwemmte ihm mit unbändiger Kraft und trieb gar ein breites Lachen auf sein Gesicht, welches dort nur mehr selten zu finden war.
    "Marcus!"
    Mit großen Schritten strebte Gracchus seinem Vetter lachend entgegen, packte den Sitzenden bei den Schultern und zog ihn mühelos auf die Beine - nach der ein wenig blamablen Darbietung während der lustratio hatte Gracchus das Training seines Körpers nicht eingestellt, denn wer konnte ahnen, wann in diesen unsicheren Zeiten eine neuerliche Sühnemaßnahmen würde vonnöten sein, gleichsam wie auch bei einer eventualiter anstehenden Flucht ein in Form gehaltener Körper dem Geist würde schneller folgen können. Er zog den Vetter an sich, löste seine Hände von dessen Schultern, um ihn in einer Umarmung einzuschließen, um nur allzu bald darauf einen Schritt zurück zu treten, beinahe ungläubig Aristides zu mustern.
    "Marcus!"
    Das freudige Lachen wollte nicht aus Gracchus' Gesicht weichen, welches beinahe ein wenig damit überfordert war.
    "Wie geht es dir? Du siehst aus wie ein Mann, welcher die ganze Welt gesehen hat."
    Die ländliche Bräune würde mit der Zeit sicherlich wieder verblassen, wie auch bei Aquilius dies der Fall gewesen war.
    "Hast du die Legion bereits verlassen oder wirst du noch einmal zurückkehren müssen? Du wirst doch in Rom bleiben?"
    Ein leiser Zweifel daran schlich sich in Gracchus' Geist, doch er wollte nicht auf ihn hören. Viel eher hörte er nun auf das leise Grummeln und Fauchen, blickte zu Serenus, dessen Anwesenheit ihm nun erst völlig wurde gewahr, und ein wenig befürchtete er den Zorn dessen Vaters ob der lange zurückliegenden Ereignisse während dessen Verlobung kurz vor dem Abzug der Legionen nach Parthia, denn immerhin war dies das letzte gewesen, was Aristides von seinem Sohn hatte gesehen.
    "Er sieht dir immer ähnlicher und er kommt auch sehr nach dir, Marcus. Du kannst wirklich stolz auf ihn sein, während deiner Abwesenheit hat er fleißig seine Studien vertieft und nachdem er mich zuvor in die Tempel geleitete, wird er mir nun während der Amtszeit als Scriba helfen. Natürlich ist er noch ein wenig jung dafür, doch seine Neugier kennt kaum Grenzen und ein junger Römer kann immerhin nicht früh genug damit anfangen, sich für den Staat nützlich zu machen."
    Mochte dies auch nicht gänzlich Aristides' Vorbild nachstreben, so würde doch ein jeder Römer auf solch einen Sohn stolz sein. Die Ereignisse der Verlobung lagen bereits zu lange zurück, als dass Aristides seinem Sohn dafür sollte zürnen, denn letztlich war auch in Rom kein Unmut ob dessen zurück geblieben, sondern einzig Sorge. Das Leben der Familie war dieser Tage eines der wichtigsten Güter, und ebenso wie Gracchus letztlich endlos erleichtert gewesen war, Serenus nach seiner Flucht bei guter Gesundheit in Aegyptus zu wissen, so war nun er endlos darob erleichtert, dass Aristides wohlauf zurückgekehrt war. Er unterdrückte den Wunsch, seinen Vetter noch einmal an sich zu drücken, um nicht den Kriegshelden vor seinem Sohn in Verlegenheit zu bringen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Serenus nickte seinem Lieblingsonkel Gracchus zu. Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf den Korb, welchen er von allen Seiten musterte. Da war etwas drin und das machte sich lautstark bemerkbar. Eine Schildkröte oder ein Hase fiel damit schon mal aus. Andererseits war der Korb nicht zu schwer für einen Bären. Serenus hatte auf dem Forum in Baiae schon mal einen kleinen Bären in Händen gehalten, aber Hannibal hatte den Kauf verhindert. Als Strafe hatte Serenus mit Hannibal eine ganze Woche lang kein Wort gesprochen. Er stellte den Korb ab, zupfte die Schleife auf und öffnete den Deckel.


    Mit großen Augen sah er einen kleinen Löwen, welcher seine Unzufriedenheit mit dem Korb lautstark den Anwesenden Kund tat.


    „Ein kleiner Löwe! Schau mal Onkel Gracchus, ein Löwe ganz für mich alleine!“


    Serenus packte freudestrahlend in den Korb und hob das Tier heraus, welches damit erst einmal nicht sonderlich einverstanden war. Quengelndes Geknurre und Gefauche war als Protest zu hören. Serenus hielt den Löwen seinem Onkel hin, damit dieser ihn auch einmal auf den Arm nehmen konnte.


    „Onkel Gracchus, das ist doch ein Prachtkerl. Das wird einmal der Schrecken der Arena. Vielen, vielen Dank Papa.“


    Der kleine Löwe schien jedoch nicht auf den Arm von Onkel Gracchus zu wollen. Seine Tatzen zuckten nach vorne, kleine Krallen fuhren aus und es folgte ein Tatzenschlag von oben nach unten über die Tunika von Flavius Gracchus, wie ein Tatzenschlag quer über die Tunika. Der Stoff der Tunika wurde aufgeschlitzt und obgleich es keine blutigen Kratzer auf der Haut seines Onkels gab, so prangte nach den Schlägen doch ein sichtbares


    L


    auf der ruinierten Tunika. Serenus drehte das fauchende und grummelnde Bündel herum und schüttelte in etwas.


    „Pfui! Pfui. Also so ein frecher Kerl. Er scheint dich zu mögen, denn sonst würde er nicht mit Dir spielen wollen, Onkel. Na das ist ja lustig. Auf deiner Tunika ist ein L zu sehen. Ich werde ihn also „Leontius“ nennen. In Gedenken an meine verstorbene Lieblingstante Leontia.“


    Serenus setzte den Löwen auf dem Boden ab, damit Nero ihn beschnuppern konnte. Der Blick des Löwen wechselte zwischen dem Hund und Serenus hin und her. Dann begann er laut zu Fauchen, schlug mit der Tatze nach Serenus Bein, welcher aber mühelos zur Seite trat, und rannte mit tappsenden Schritten durch das Atrium.


    „Er hat sicher Hunger. Hannibal, gib der Küche Bescheid, dass ich etwas verdünnte Milch und Hühnersuppe für ihn haben will. Dido, wir müssen im Garten einen Käfig bauen. Die ersten Monate wird er ja in der Villa bleiben und nach der Fütterung zeigen wir ihn zum Abendessen allen Familienmitgliedern beim Abendessen. Na komm, Leontius, jetzt gibt es gleich was Leckeres zu Essen. Dido, schnapp ihn Dir!“

  • Das letzte Sonnenlicht fiel noch in das atrium und spiegelte sich auf dem Wasserbecken wieder, wo die lieblich vor sich hin blühenden Seerosen schwammen, ein letztes Andenken, ein letztes Zeugnis von Leontias Wirken in der römischen villa hier in Rom, doch Marcus war zu müde, um diesem idyllischen Anblick große Beachtung zu schenken, zudem wußte er nicht, was Leontia noch in der villa ge- und erwirkt hatte. Schon schwand das Glitzern von der Wasseroberfläche als die Sonne sich tiefer neigte, die Säulen warfen lange Schatten über die Rosen und die Statue, die sanft das Wasser in das Becken plätschern ließ, doch Marcus spürte einfach mit jeder Faser seiner Selbst: Er war zu hause angekommen! In der Heimat! In dem domus seiner Familie! Liebevoll musterte er seinen Sohn, während dieser sich dem Geschenk widmete und hoffte, ein wenig von dem Unmut seines Sohnes damit schlichtweg zu erkaufen – ja, Marcus war nicht sonderlich einfallsreich, noch hatte er ein großes Gespür für gute Erziehung, er wollte seinen Sohn nur wieder etwas glücklicher machen, der Junge hatte es schließlich schon so schwer genug gehabt! Es war ein melodisches Lachen, das das atrium erfüllte und Marcus Aufmerksamkeit weckte; er sah von seinem Sohn fort, dem er den Korb mit dem Löwen näher hin geschoben hatte und auf seinen heran nahenden Vetter. Wie einem Echo gleichend spiegelte sich die Freude auch in Marcus' Gesicht wieder, doch er war schon ein wenig von der Herzlichkeit, mit der Gracchus ihn an diesem Abend begrüßte überrascht, aber freudig erstaunt, fest und familär umarmte Marcus auch seinen Vetter und klopfte ihn kräftig – wenn auch noch von Krankheit, Verletzung und der anstrengenden Reise erschöpft – auf den Rücken.


    „Manius, schön Dich zu sehen!“
    , erwiderte Marcus.
    „Nur die Halbe, Manius, nur die Halbe, aber das reicht mir auch im Moment!“
    , gab Marcus lachend von sich, wobei das Lachen in ein Husten sich wandelte, zudem tat sofort sein Bein weh, lange stehen konnte Marcus gewiß nicht, so klopfte er seinem Vetter nur noch einmal auf die Schulter und ließ sich mit einem leisen Ächzen auf die Bank zurück fallen, dabei wanderte eine Hand zu seinem verletzten Bein.
    „Ach, könnte beßer gehen, Manius, aber auch - bei den Göttern - sehr viel schlechter...“


    Noch ehe Marcus auf die Frage etwas erwidern konnte, hatte Serenus sein Geschenk entdeckt, den kleinen Löwen; Marcus lächelte erfreut als er das glückliche Strahlen auf dem Gesicht seines Sohnes sah, als Harmoniemensch erfreute er sich auch mehr an so etwas und konnte Streitigkeiten gar nichts abgewinnen, so etwas belegte ihn sonst viel zu sehr. Er streckte die Hand aus und wuschelte seinem Sohn über den Kopf.


    „Gern geschehen, Lucius, er wird bestimmt mal ein prächtiger Löwe und Dir noch sehr nützlich sein.“


    Wie auch immer, aber darüber machte sich Marcus im Moment noch keine wirklichen Gedanken, verblüfft blinzelte als der Löwe die Spuren auf Gracchus Gewandt hinter ließ, einige Worte der Rüge seinem Sohn gegenüber wollte Marcus aber jetzt gewiß nicht aussprechen, nicht, wo er gerade das glückliche Strahlen auf das Gesicht seines Sohnes gebracht hatte, so lächelte Marcus seinen Vetter entschuldigend an und sah seinem prächtigem Sohnemann an, der bereits den halben Haushalt auf den Kopf stellte wegen dem Löwen. Marcus lehnte sich gegen die Säule an seinem Rücken und sah zurück zu seinem Vetter.


    „Nein, noch bin ich weiterhin centurio in der Prima, Manius! Ich wurde erst mal beurlaubt, weil ich doch verletzt bin!“
    Marcus deutete auf sein Bein.
    „Außerdem weiß ich noch nicht, wann ich die Legion verlaßen werde...das ist alles sehr kompliziert, aber das können wir ja ein anderes Mal besprechen, Manius!“
    Marcus war einfach zu erschöpft für solche Grundsatzdiskussionen und Lebensentscheidungen. Er lächelte milde als Gracchus die Vorzüge seines Sohnes hervor hob und Marcus nickte zustimmend, während er Manius antwortete, wanderte Marcus Blick auch wieder zu seinem Sohn.
    „Ja, er ist ein prächtiger Junge! Ich bin sehr stolz auf ihn und ich bin mir sicher, aus ihm wird mal ein großer Mann werden, ein Bedeutenderer als es sein Vater wohl je sein wird!“
    Marcus lächelte schief, aber nicht neidisch, er wußte eben, daß sein Sohn mehr Talent und besonders mehr Grips als er hatte und darum war Marcus sehr froh und auch das erfüllte ihn mit Stolz auf seinen Sohn.
    „Er kommt ganz nach seiner Großmutter, was seine Klugheit angeht!“
    Marcus lächelte wieder milde und sah zu Gracchus.
    „Aber sag', Manius, wie geht es Dir? Und wie geht es der Familie?“

  • Ein wenig besorgt musterte Gracchus seinen Vetter als jener zu Husten begann, folgte mit seinem Blick dessen Hand zu dem verletzten Bein. Doch ehe er noch etwas konnte erwidern, hielt Serenus den kleinen Löwen ihm entgegen.
    "Ein stolzes Tier und wahrhaft adäquat für einen Patrizier,"
    entgegnete er mit einem nicht gänzlich überzeugten Lächeln, doch immerhin erfreut, dass Serenus das Tier bereits in der Arena sah und nicht etwa im Triclinum, wie es die Unsitte seiner Schwester mit ihrem ausgewachsenen Leoparden war gewesen. Da Gracchus jedoch große Tiere nicht sonderlich mochte, auch dann nicht, wenn sie noch klein waren, blockte er das durch die auffordernde Geste seines Neffen angedeutete Angebot, den Löwen zu halten, bereits mit abwehrender Gegengeste ab, noch ehe jener mit der Pranke, welche viel zu groß für das Tier schien, seine Tunika zeichnete. Instinktiv zuckte er zurück und seine rechte Augenbraue wanderte ein wenig indigniert in die Höhe, legte sich jedoch alsbald, da an diesem Tage solcherlei kaum von Bedeutung war, zudem Serenus' Namensgebung daraufhin viel zu sehr ihm einen Stich ins Herzen stieß, als dass er sich wollte über Dinge echauffieren, welche in Anbetracht des Lebens ohnehin nur marginal waren.
    "Ein äußerst gut gewählter Name,"
    kommentierte er nur die Wahl desjenigen, blickte dem Jungen, seiner Sklavin und seinen Spieltieren hernach, als der Löwe den Ton angebend dem Atrium entwich. Auch zu den Karriereplänen seines Vetters hernach nickte er nur, wollte nicht diesen drängen da er eben erst angekommen war.
    "Du solltest deine Person nicht schmälern, Marcus. Du bist der Held der Familie, wusstest du das nicht? Derjenige, welcher die Ehre der Flavia in Parthia hoch hielt, jener, welcher unseren Beitrag für dieses Reich auf seinen Schultern in die Welt hinaus trug."
    Einen Augenblick zögerte Gracchus, sann darüber nach, ob er Aristides bereits vom Tode Minervinas sollte berichten, doch er wollte ebenso wenig dies ansprechen wie sein eigenes Befinden, weswegen er neben seinem Vetter auf der Bank Platz nahm und über beides hinweg ging.
    "Nun, die Familie ... von Felix hören wir nur selten, und wenn, so berichtet er von seinen Rosen. Da jene jedoch beständig blühen und gedeihen, wird es auch um seine Salubrität nicht allzu schlecht bestellt sein. Furianus ist noch immer Proconsul in Hispania und auch jene Provinz scheint unter flavischer Hand zu blühen und zu gedeihen. Mein Bruder Lucullus krankt wie stets ein wenig, doch er hat sich auf Ländereien im Süden zurück gezogen, da das Land seine Lebensgeister ein wenig mehr zu wecken vermag denn die Stadt. Caius hat seine Magistratur beendet, er hat dabei vorzügliche Arbeit geleistet. Sein Großneffe ist aus Hispania eingetroffen, Cnaeus Lucanus, ein junger Mann welcher einen geringen Mangel an patrizischer Welterfahrung durch seinen Ehrgeiz und seine Ambitionen durchaus auszugleichen weiß. Er stand Caius während der Amtszeit als Scriba personalis zur Seite und folgte ihm nun auch zurück in den Cultus Deorum. Kurz nach ihm erreichte ebenso dessen Schwester, Celerina, die Hauptstadt. Sie alle befinden sich wohl, wie auch meine Gemahlin."
    Ein wenig sinnierend blickte Gracchus seinen Vetter an. Man konnte nicht eben behaupten, dass er wäre abgemagert, doch die lange Zeit im Krieg hatte durchaus Spuren an Aristides' Umfang hinterlassen. Zudem war er älter geworden - wie sie alle, davon abgesehen jedoch strahlte er noch immer jene Zuversicht aus, welche Gracchus an ihm hatte stets so beneidet.
    "Wie war es in Parthien? Hattest du, ... hattest du Angst, Marcus?"
    Gracchus an seiner Statt wäre von unglaublicher Furcht vor dem Kampf, dem Krieg, dem gesamten Feldzug durchdrungen gewesen, er war nicht für das Militär gemacht, war es nie und würde es nie sein. Er hatte die von seinem Vater erwartete diesbezügliche Pflicht lange von sich geschoben und letztlich einen Weg gefunden, diese Pflicht zu umgehen, ohne die Gesamtpflicht zu negieren. Es lang nicht nur an seiner Schwäche, dass er keines menschlichen Blutes angesichtig werden konnte, ohne dass ihm die Sinne schwanden, allein der Gedanke an jenes strukturierte Chaos, die Schlacht, den Tod, dies war etwas, was ihm Albträume konnte bereiten ohne dass er es je hatte erlebt.



    Sim-Off:

    /edit: ... erneut nicht mein Tag ...

  • Lange war Marcus fort gewesen, viel Zeit war in der Zwischenzeit ins Land gezogen, viel hatte sich in der Familie verändert, Gracchus war Senator, Pontifex, sprich, er hatte etwas aus sich gemacht, aber auch die Familie hatte Zuwachs erhalten, von Familienmitgliedern, von denen Marcus noch nie zuvor gehört hatte und was ihn durchaus verwirrte, schließlich glaubte er doch wenigstens die Meisten mal vom Namen vernommen zu haben, selbst wenn er ihnen noch nie in seinem Leben begegnet war. Und doch hatte Marcus das Gefühl in vertrauten Gefilden angekommen zu sein, einfach wieder zu Hause zu sein, und wenn die Familie gewachsen war, dann war das für Marcus – den Familienmenschen – mehr als erfreulich. Ein wenig schief mußte Marcus jedoch bei dem Gedanken lächeln, daß er der Held der Familie war, denn Marcus fühlte sich weder als Held, noch glaubte er, daß jemand anders außer Gracchus das so sah, aber es freute ihn, daß Gracchus wenigstens eine so gute Meinung hegte, selbst wenn es ihn auch im Grunde etwas verlegen machte. Denn sein Beitrag war doch gering gewesen, in der riesig großen Maschinerie namens Legion fiel Marcus nicht sonderlich ins Gewicht, selbst wenn er als centurio doch etwas mehr zu sagen hatte als der Groß an Soldaten. Marcus winkte darum mit einer schwachen Handbewegung ab.


    „Du übertreibst, Manius. Ein Held bin ich nicht, ich habe nur die normale Pflicht eines Soldaten getan!“


    Selbst wenn sie doch durchaus einmal den Titel Held erhalten hatten – den Marcus immer nur mit einem Grinsen erwähnen könnte! - würde sich Marcus selber nie so nennen. Doch seine Gedanken wanderten schon wieder zu der Familie zurück, daß Lucullus kränklicher Natur war, war nichts neues für Marcus, er quittierte das mit einem marginalen Nicken, Furianus' Streben schenkte Marcus ein Lächeln, was durchaus stolz war, der junge Mann machte sich wirklich gut; auch Aquilius Karriere bemerkte Marcus mit einem erfreuten Ausdruck, zu den neu eingetroffenen Verwandten vermochte er auch nur ein Nicken als Reaktion beizutragen, aber die neuen Verwandten würde er sicher noch kennen lernen, schließlich war die villa auch nur begrenzt in ihrer Größe, selbst wenn sie recht geräumig war. Die Frage von Gracchus, die überraschte ihn dann doch, und brachte ihn in Verlegenheit. Angst und Heldentum, wie Gracchus es fast in einem Atem nannte, paßte nicht ganz zusammen, denn welcher Held – selbst wenn es nur der von Circesium war ;) - verspürte Angst? Ein Hektor? Ein Achilles? Ein Herkules etwa? Marcus warf seinem Sohn einen schnellen Blick zu, aber der war schon außer Hörweite und wohl voll und ganz mit seinem Löwengeschenk beschäftigt; zögerlich sah Marcus wieder zu Gracchus zurück, Gracchus war wohl einer der wenigen Menschen, denen Marcus gegenüber auch solche Dinge anvertrauen würde. Marcus zuckte mit der Schulter und seufzte leise.


    „Wer hat nicht Angst, wenn er in den Kampf zieht? Selbst die beste Vorbereitung, das härteste Training kann nicht verhindern, daß man von einem Moment zum Anderen sein Leben laßen muß. Selbst ein Bauer kann einem den Tod bringen, auch wenn man ein lang gedienter und erfahrener Soldat ist. Und die parthischen Reiter...sie sind wirklich zum Fürchten; große, gepanzerte Ungetüme reiten sie, sie tragen seltsam geformte Helme, sind von oben bis unten gerüstet und stürzen sich auf einen wie Daimonen aus der Unterwelt; zudem hat man auch noch die Sorge um die Kameraden, die man mag und die schon gute Freunde geworden sind, die Pflicht, die Soldaten sicher zurück zu bringen...ja, ich hatte diesen Begleiter schon hin und wieder an meiner Seite, die Angst...“
    , gab Marcus schließlich zu; er hatte immer ein beklommenes Gefühl in sich verspürt, wenn der Kampf begann, bis er dann aufhörte, darüber nachzudenken und der Kampf mechanisch wurde, selbst wenn es um sein Leben ging. Nur vor Edessa, dort hatte Marcus keine Angst verspürt, aber das lag daran, daß er die Todessehnsucht in sich verspürt hatte. Marcus Augen hatten derweil die Marmorsäulen betrachtet, doch er sah nun wieder zurück zu Gracchus und zuckte abermals mit der Schulter.


    „Parthia...ja, Parthia ist ein bißchen wie Syrien, nur ein wenig exotischer und karger an manchen Stellen, aber dann wiederum grün und sehr schön. Die Menschen sind nur sehr unfreundlich...aber kein Wunder.“


    Denn immerhin waren sie eindringende Soldaten, die ihre Heimat angriffen; erschöpft blinzelte Marcus. Die lange Reise war einfach zu viel gewesen, er war hundemüde und einfach immer noch angeschlagen von seiner Verletzung, schließlich hatte er das Fieber gerade erst überstanden und immer noch von dem reichlichen Nahrungsentzug jener Tage geschwächt. Marcus langte zu seinen Krücken hinüber und versuchte auf die Beine zu kommen, was ihm schließlich auch gelang.
    „Ach, Manius, es ist gut, wieder zu Hause zu sein!“
    Marcus lächelte matt und hob doch eine Hand, um sie noch mal seinem Vetter auf die Schulter zu legen.
    „Blaß siehst Du aus, Manius. Du arbeitest bestimmt wieder zu viel! Komm', laß uns etwas essen, ich erzähl' Dir dann gerne noch von Parthia!“
    Selbst wenn Marcus müde war, eine hora würde er für seinen Vetter noch erübrigen, ehe er ins Bett fiel und dort wie ein Stein sicherlich schlafen würde. Langsam begann Marcus sich aus dem atrium weg zu bewegen und humpelnd in Richtung des triclinium sich zu bewegen...um noch einen kurzen, aber netten Abend mit seinem Vetter, samt Sohn, sofern dieser nicht sich mit dem Geschenk beschäftigte, zu verbringen und danach seine Kräfte wieder etwas zu regenerieren.

  • In ernster Schweigsamkeit harrte Gracchus neben seinem Vetter und lauschte dessen Worten über den Krieg, die Angst und Parthien. In seiner Vorstellung war auch Syrien bereits exotisch, denn außer Italia und Achaia hatte er noch nicht viel von der Welt gesehen - bereits beim Gedanken an eine Seereise wurde ihm zumeist übel und auch dem Reisen über Land konnte er nicht sonderlich viel abgewinnen, solange kein wirklich triftiger Grund für eine solche Reise gegeben war. Aristides' Worte über zu Hause schlussendlich brachten auch Gracchus in seinen Gedanken eben wieder dorthin zurück und er war dessen überzeugt, dass, um zu Hause zu schätzen, ein Mann nicht notwendigerweise eben jenes musste verlassen. Er erhob sich von der Bank und half Aristides auf, nicht gar so begierig wie jener auf das in Aussicht gestellte Mahl, sondern viel mehr darauf, den weiteren Erzählungen seines Vetters zu lauschen.
    "Blass? Nicht wirklich, du weißt doch, Marcus, dass es für einen Patrizier in Rom keine Sonne gibt. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass du mit deiner Sonnengebräunten Haut aus dem Rahmen fallen wirst."
    Ein leises Lachen folgte seinen Worten. Kaum ein Flavier hatte sich je um seine Blässe oder Bräune geschert, sie standen stets über solchen Dingen, obgleich Gracchus manches mal vermutet hatte, dass Aquilius seine durch jene merkwürdige Episode in Folge auf Arrecinas Entführung erworbene Bräune in der Öffentlichkeit manches mal ein wenig peinlich gewesen war. Aristides jedoch fehlte für solcherlei ohnehin jedes Gespür, weshalb Gracchus sich kaum deswegen in Sorge trug.
    "Ich hoffe, einer der Sklaven war so aufmerksam, bei deiner Ankunft jemanden zum Markt zu schicken. Ansonsten wirst du dich mit dem alltäglichen Abendessen begnügen müssen ... Hühner- statt Wachteleier, Stockfisch statt frischen Thunfisch, Ziegenlende statt Lammlachse, Karnickel anstatt Wildhase, Entenbrust statt Fasan, gekochte Pfirsiche statt gefüllter Datteln, dazu nur ein einfacher Setiner oder Caecuber ... Wahrlich deplorabel, dass du deine Ankunft nicht hast ankündigen lassen, wir hätten ein kleines Familienfest daraus machen können. Nun denn, wir werden sicherlich Zeit und Gelegenheit haben, dies nachzuholen. "
    Beinahe verschmitzt war Gracchus' Gesichtsausdruck nun, war für Aristides doch sicherlich jedes halbwegs anständige Mahl ein Festmahl. Gemeinsam verließen sie das Atrium.



    ~ finis ~

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

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