Insula Angularis | habitatio Aeliana

  • Als Lanassa damit herausbrach, dass sie sie mit ihrem Leben schützen würde, erstarrte Seiana – was auch gut so war, sonst hätte sie sich vermutlich heillos in den verschiedenen Stoffbahnen verheddert. „Das… hrm.“ Sie räusperte sich. Sie wusste, theoretisch, dass ein Leibwächter – gleich ob männlich oder weiblich – dafür da war. Genau aus diesem Grund legte man sich einen Leibwächter zu. Aber sie hatte bisher noch nie einen gehabt. Es war das erste Mal, dass ein Mensch so etwas zu ihr sagte, und Lanassas Stimme war noch dazu anzuhören, dass sie wirklich ernst meinte, was sie da sagte.


    Seiana schwieg zunächst und ließ sich von der Sklavin dabei helfen, den Stoff zurecht zu rücken, was diese mit kundigen Händen in kürzester Zeit schaffte – während die Decima sich verwirrt fragte, wie sie das geschafft hatte. Hoffentlich war das Ausziehen von dem Ding leichter als das Anziehen. Die Verwirrung währte allerdings nur den Bruchteil eines Augenblicks, dann hatte sie sich wieder im Griff und lächelte Lanassa an, die allerdings ihren Blick schon wieder gesenkt hatte. Nach einem winzigen Zögern ergriff Seiana ihre Hand und drückte sie kurz. „Ich hoffe, dass es nicht so weit kommen wird.“ Ihr linker Mundwinkel hob sich noch etwas weiter, während sie die Hand der anderen gleich wieder losließ, die Arme hob und dann eine halbe Drehung machte. „Was meinst du? Passt das?“ Dann fiel ihr etwas ein. Die wichtigsten Dinge waren Lanassa bereits zur Verfügung gestellt worden, wie zum Beispiel ein Kamm und weiteres. Und etwas an Kleidung hatte sie mitgebracht, aber Seiana hatte sich bis jetzt noch keinen Überblick darüber verschafft, von welcher Qualität diese waren. „Hast du eigentlich ein paar feinere Tuniken? Und gibt es sonst irgendwas, das dir fehlt?“

  • Wenn Caius ein Hemd getragen hätte, wäre ihm nun gewiss der Kragen zu eng geworden. So aber schob er den Zeigefinger nur unter die Tunika und verschaffte sich ein wenig mehr imaginäre Luft.
    »Naja, ähm. Ich meine, mein Vetter ist tot...und so..« begann er hilflos und bekam augenblicklich einen Satz roter Ohren.
    »Und gleich gibt es auch Essen...« Caius hatte nicht den Mumm, Seiana bei diesen billigen Ausreden anzusehen. Er ließ ein wenig die Schultern hängen, blinzelte und trank dann erneut einen Schluck.
    »Ähm, ja, Pläne... Also, ich wollte schon noch eine Weile hierbleiben. Ich meine, ich habe Quarto ja geschrieben, und ich hoffe wirklich, dass eine Antwort nicht wieder ein halbes Jahr braucht bis sie hier ist... Ich kann's dir jetzt also noch nicht sagen. Ich mein, man muss ja auch gewissen...hm, Wege einhalten. Und so.« Wenn Firas nicht bald auftauchte und verkündete, dass das Essen fertig war, würde Caius sich noch um Kopf und Kragen reden.

  • Sein Vetter war tot. Das hatte er erwähnt. Genauso wie er erwähnt hatte, dass er ihn kaum gekannt hatte. Eigentlich gar nicht, war sein Wortlaut gewesen. Seiana presste die Zähne aufeinander, während sie sich gleichzeitig bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Einen winzigen Moment hatte sie gedacht, er würde sie fragen, aber das war wohl eher ein Wunschtraum gewesen. Und während sie auf ihre Hände hinabsah, die in ihrem Schoß lagen, fragte sie sich zum wiederholten Mal, ob er vielleicht das Interesse verloren und nur nicht den Mumm hatte, ihr das zu sagen. „Ja. Ähm. Vielleicht sollte ich mal nachsehen. Also, wegen dem Essen. Wie weit es ist.“ Elena war auch noch nicht da, und diesem Moment verfluchte Seiana ihre Sklavin dafür. Jetzt wäre der perfekte Augenblick für sie gewesen hereinzuplatzen. Aber sie kam nicht. Und Seiana rührte sich nicht, trotz ihrer Worte. Stattdessen griff sie nur wieder nach ihrem Weinbecher und trank erneut.


    Aber, immerhin, er hatte vor noch eine Weile hier zu bleiben. Sie hatte schon fast befürchtet, er würde ihr nun eröffnen, dass seine Rückkehr nach Rom entschiedene Sache war – ohne sie zu fragen. Was sie definitiv in ein Dilemma gebracht hätte. „Oh, ich denke schon, dass er eher antworten wird, diesmal. Ich hoffe es. Also für dich. Hrm.“ Seianas Finger krampften sich kurz in den Stoff ihrer Tunika, bevor sie sich zwang, ihre Hände wieder zu lockern. Vielleicht sollte sie doch nach Firas und dem Essen sehen. Oder, noch besser, nach Elena. In diesem Augenblick jedoch erklang ein Geräusch von draußen, und gleich darauf betrat besagte Sklavin die Wohnung. Seiana sah erleichtert auf, in Richtung der Tür, hoffte auf Ablenkung – aber Elena schien gar nicht daran zu denken, dass ihre Herrin sie möglicherweise brauchen könnte. Sie steckte nur kurz den Kopf herein und warf ein „Salve“ in die Runde, dann verschwand sie auch schon wieder, mit den Worten „Ich seh mal, was das Essen macht.“ Und ließ Seiana etwas hilflos zurück. „Was… hm. Was könntest du dir denn… vorstellen? Also, anschließend, ich meine, als nächsten Posten? Egal ob jetzt hier oder in Rom.“

  • Als Ilìas nach einiger Zeit und mehrmaligem Klopfen die Türe aufgemacht wurde, stand eine Frau vor ihm, die aussah als wäre sie eine Sklavin. Sie frage ihn danach was er hier wollte.


    "Salve! Das ist doch nicht schlimm. Ich habe einen Brief für Decima Seiana."

  • An Decima Seiana
    Habitatio Aeliana
    Alexandria
    Aegyptus


    Grüss Dich Schwesterherz,


    was, das warst wirklich Du, mit dem Artikel in der Acta??! Bona Dea, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich doch nie im Leben die Kameraden derart mobilisiert! Ich glaube Dir ja, dass Du es nicht böse gemeint hast, aber Du musst verstehen, für uns war es wirklich sehr kränkend das zu lesen. Nach allem was wir geleistet haben, und den Opfern die wir gebracht haben. Das alles ist kein einziges Mal richtig gewürdigt worden. Es gibt kein Denkmal für die Gefallenen, und wir Überlebenden haben nicht ein einziges Mal eine Geste der Anerkennung bekommen, nicht mal ein Donativum. Das ist schon sehr ernüchternd, man darf den Kopf hinhalten für das Imperium, kommt nach Hause und wird bloss bekrittelt. Schliesslich war es nicht unsere Schuld, dass die Praetorianer den Kaiser nicht gut genug geschützt haben. Oder wahrscheinlich kann man nicht mal der Garde was anlasten, die Bogenschützen der Parther sind einfach zu gut.
    Klar war die Schlagzeile in der Imago plump, aber für mich war das ein 'Willkommen zurück', bei dem mir warm ums Herz wurde, während die Reaktion der Acta auf unseren Leserbrief ja wohl absolut unzulänglich war! Sonst werden lang und breit auch die allerschwachsinnigsten Briefe abgedruckt, aber unseren Protest hat man um den aussagekräftigsten Teil, nämlich die vielen, vielen Unterschriften aller Dienstgrade vom Miles bis zum Legatus, beschnitten. Das fand ich damals wirklich blöd, und kann mich heute immer noch drüber aufregen! Unter Lucilla hätte es das nicht gegeben. Aber das soll jetzt nicht gegen Dich gerichtet sein, ich denke es ist sowieso schwer, als Zivilist über militärische Dinge zu berichten, ich glaube Dir, dass es anders gemeint war, und sowieso kann ich Dir eh nicht wirklich böse sein. Naja, und ich hoffe Du bist mir auch nicht böse. So mit Abstand betrachtet ist es fast komisch, dass ausgerechnet Du den Artikel geschrieben hast, und ich den Leserbrief.


    Ja... was Du sonst noch geschrieben hast, ist mir viel im Kopf herumgegangen. Ich weiss nicht so recht was ich dazu sagen soll. Natürlich klingt das phänomenal, was Du von Ägypten erzählst, und Deine Beschreibungen haben wirklich mein Fernweh geweckt. Ich bin auch ganz begeistert davon, und stolz, dass Du Dich an so einer berühmten Bildungsstätte wie dem Museion betätigen wirst. (Manchmal träume ich ja selbst noch davon, alles hinzuwerfen, und doch noch nach Alexandria zu gehen, und dort Flötenspiel und Philosophie zu studieren... aber ich träume nur, ich werde es natürlich nicht tun. Ich stehe nun mal im Dienste des Kaisers und habe meine Pflicht zu tun.) Sicher bist Du eine sehr gute Lehrerin, mir kam schon bei dem Cursus Continuus der Gedanke, dass Du so etwas doch auch mal machen solltest.
    Das heisst also, Du willst wirklich in Alexandria bleiben... Ich kann nicht behaupten, dass ich das nicht verstehen könnte, was Du mir als Deine Beweggründe genannt hast. Und, naja, ich fürchte ich habe kein Recht, Dir Vorwürfe zu machen. Nachdem ich meinen letzten Brief abgeschickt hatte, fand ich manche Worte dann doch zu harsch. Also, es tut mir leid, ich weiss dass ich kein Recht habe, Dir gegenüber den Moralprediger zu geben.
    Und jetzt kommt das 'aber'. Aber ich weiss, wie schnell man abrutschen kann! Gut, Du bist vernünftiger als ich, also wirst Du wohl nicht die selben Fehler machen wie ich, aber trotzdem... Du willst frei sein, Dich ausleben, Du sagst, es ist Dir egal was die Leute sagen, aber wir leben nun mal nicht alleine auf der Welt, sondern eingebunden in eine Gesellschaft, wo der Ruf sehr wichtig ist, und wo man sich mit einer unbedachten Tat - wie zum Beispiel als unverheiratete Frau bei irgendeinem Mann zu wohnen - schnell mal die Zukunft ruinieren kann.
    Ausserdem machst Du Dich damit weniger 'wertvoll' für jeden Mann, denn wir wollen nicht das, was wir leicht bekommen können. Was einem in den Schoß fällt, bleibt nicht lange interessant. Sollte Dein Aelier ernsthafte Absichten haben, muss er auf jeden Fall erst mal bei mir anfragen. Onkel Meridius ist nicht da, Onkel Livianus noch immer verschollen, und auch wenn Du sui iuris bist, bin ich schliesslich Dein Bruder und es gehört sich so.
    Und unbedingt musst Du Dir einen Leibwächter zulegen, gerade bei den ganze Reisen in riskante Gebiete, die du da geplant hast! Ich sende Dir hier etwas Geld dafür mit, und ich bestehe absolut darauf, dass Du es annimmst, und Dir damit einen kräftigen, zuverlässigen Sklaven kaufst, das dient dann zu meiner Beruhigung, also ist es purer Eigennutz von mir, ergo kannst Du das Geld ruhig nehmen, zurücknehmen werde ich es nämlich nicht. Basta.


    Was die Familie angeht, so gibt es mehrere gute Neuigkeiten. Von Appius habe ich einen Brief aus Germanien bekommen. Er ist wie geplant zur Secunda gekommen, und schreibt von seiner harten Ausbildung, aber auch dass es ihm gutgeht, und dass er diese schreckliche Sache mit seiner Freundin langsam verwindet.
    Tante Lucilla hat einen Sohn zur Welt gebracht! Caius Germanicus Cossus heisst er, und ist gesund und munter. Ich habe ihn noch nicht zu Gesicht bekommen, da sie immer noch auf dem Land bei Grosstante Drusilla sind, aber ich glaube, dass es Lucilla bestimmt schon bald in die Stadt zurückziehen wird.
    Dann ist noch etwas sehr überraschendes passiert. Zwei Zwillingsgeschwister, Flavus und Flava sind hier aufgetaucht, sie kommen aus Britannien und sind die Kinder von Livianus! Ihre Geschichte klingt erst mal unglaublich, aber die Ähnlichkeit mit ihrem Vater bestätigt sie. Livianus weiss nichts von ihnen, denn ihre Mutter ist bei der Geburt gestorben, er stand damals in Germanien im Felde, und die Grosseltern, bei denen die beiden aufgewachsen sind, haben ihm die Existenz der beiden einfach verheimlicht! Verrückt, oder, was für Geschichten das Leben manchmal hervorbringt.
    Beim Equus October bin ich mitgefahren, das war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Onkel Meridius hat mir seinen Segen gegeben, und ich bin mit einem todschicken goldenen Gespann gestartet. Du kannst Dir nicht vorstellen, was das für ein Gefühl ist, über die Bahn zu jagen, umtost vom Gebrüll der Menge. Die Konkurrenz war aber ganz schön tückisch. Dreimal darfst Du raten, wie es ausgegangen ist.


    Ich muss nochmal auf das Thema Freiheit und so weiter zurückkommen... Es fällt mir schwer, meine Gedanken dazu in eine niederschreibbare Form zu bringen. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass wir Geschwister - wir alle! - so sehr den Drang haben, eigene Wege zu gehen. Mittlerweile bin ich wieder "eingeschert", und Appius ja auch. Ich bin da in meinem Inneren aber immer noch zwiespältig, manchmal kommt es mir vor, als hätte ich mir eine Maske aufgesetzt, die nun mehr und mehr mit meinem Gesicht verwächst. Ich glaube an das was ich tue, ich bin gerne Centurio, und ich möchte meiner Familie Ehre machen... aber ich muss auch viel von mir selbst verleugnen, das ist der Preis dafür, und manchmal fällt mir das schwer, dann schlafe ich schlecht, und träume beängstigende Dinge. Es gibt sogar manche "Träume", die mich in den Tag hinein verfolgen, Sachen vom Feldzug. Ich meine nicht, wie gewöhnliche Tagträume, sondern viel realer. Oder eigentlich vollkommen 'real' in dem Moment, danach erkenne ich erst, dass es nur ein Hirngespinst war. Der Feldzug hängt mir nach, das was ich erlebt habe, und was ich im Rahmen meiner Pflicht getan habe. Aber das klingt jetzt dramatischer als es ist, ich habe das im Griff und bin sicher, dass es sich mit der Zeit wieder legen wird. Ich bin halt einfach von meinem Wesen her nicht jemand, den es kalt lässt zu töten. (Es ist so merkwürdig, an manche Dinge erinnere ich mich in allen Details, als wären sie tief eingraviert in meinen Kopf, andere sind nebulös geworden, so das sich mir überhaupt nicht mehr sicher bin, was da wirklich passiert ist.)
    Was ich eigentlich sagen wollte - ich glaube Freiheit hat ihren Preis, aber Anpassung genauso. Vielleicht ist es möglich, ganz man selbst zu sein, ohne dabei die anderen vor den Kopf zu stossen... oder eine Balance zu finden, bei der es einem doch gut geht, und man mit sich selbst im Reinen ist... ich hoffe dass das möglich ist, und eigentlich traue ich es vor allen anderen Dir zu, das hinzukriegen. Und mach Dir keine Vorwürfe, wegen der Gedanken an unsere Eltern! Es ist, wie es ist, Gedanken ändern nichts daran. Du warst diejenige, die bei Mutter geblieben ist, Du hast die Stellung gehalten und alles für sie getan, während ich weggegangen bin, obwohl ich wusste, dass es nicht gut um ihre Gesundheit stand. Du hast Dir wirklich nichts vorzuwerfen. Mutter war nun mal sehr streng. Sie hat uns geliebt und wir haben sie geliebt, und ich will nicht schlecht über sie reden, sie hatte gewiss ihre Gründe und sie hatte in vielen Dingen im Prinzip recht... aber es hat uns doch allen förmlich die Luft abgeschnürt! Es ist nicht verwerflich, wenn man erleichtert ist, wieder atmen zu können. So sehe ich das jedenfalls.


    Vale meine liebe Schwester! Halt mich auf dem Laufenden!


    Dein Faustus

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    Caius Aelius Archias

    Provincia Alexandria et Aegyptus
    ~~~~~
    Alexandria
    ~~~~~
    Cursus Publicus Aegyptus


    ____________________________________________


    Salve, Caius Aelius Archias!


    Es ist eine traurige Angelegenheit, dir das Ableben Deines Verwandten Publius Aelius Pulcher ins Gedächtnis rufen zu müssen. Obwohl ich weiß, dass ich Dir damit absolut keinen Trost zu spenden vermag, sei Dir bitte meines tiefsten Mitgefühls über diesen tragischen Verlust versichert. Meine Aufgabe als Decemvir litibus iucandis ist es, das Erbe Deines verstorbenen Verwandten an die rechtmäßigen Erben zu verteilen, so wie es das Gesetz fordert.


    Da Du als Erbe in Frage kommst, bitte ich Dich um eine kurze Mitteilung, ob Du Dein Erbe antreten möchtest. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, sich in Zeiten der Trauer mit solchen Fragen auseinander setzen zu müssen. Trotzdem bitte ich Dich um eine schnelle Antwort, welche bitte bis zum ANTE DIEM XIV KAL FEB DCCCLIX A.U.C. (19.1.2009/106 n.Chr.) bei mir eingehen sollte. Sollte keine Antwort mich ereilen, habe ich keine andere Wahl, als Deinen Erbteil der Staatskasse zuführen zu lassen.


    Mögen die Götter Deinen Verwandten sicher in Eylsio begleiten.



    Vale,


    Tiberius Aurelius Avianus




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  • An
    Caius Aelius Archias
    Insula Angularis
    Alexandria, pars Neapolis (Broucheion), Aegyptus


    Salve Caius Aelius Archias, mein lieber Vetter zweiten Grades!


    In Deinem letzten Brief hast Du geschrieben, wie gerne Du zur Beerdigung Deines Vetters Pulcher gekommen wärst. Leider hatte die Verbrennung schon stattgefunden, als Dein Brief hier eintraf. Es ist eben unmöglich, von jenseits des Meeres rechtzeitig bei einer Bestattung zu erscheinen.
    Ob Vespa Dir Gram ist, nein, dass weiß ich nicht. Aber ihre Hochzeit war denkwürdig und sehr schön. Du kennst vielleicht ihren Ehemann, Prudentius Balbus? Er war bei den Cohortes Praetoriae und dient nun als gestrenger Procurator a libellis am Kaiserhof.
    Eine Karriere dort würde Dir ebenfalls gefallen? Ich werde sehen, ob ich da etwas für dich tun kann. Aber wie du schon selbst sehr richtig erkannt hast, müsste der Imperator Caesar Augustus Dich zuerst einmal zum Eques erheben, bevor solche Gedanken wirklich Sinn ergeben. Ich werde es ihm vorschlagen, aber Du wirst das nötige Vermögen benötigen, dass diese Erhebung erfordert. Hast Du das?
    Die Pflicht lastet schwer auf des Kaisers Schultern, aber er schultert sie. Die Acta schreibt wenig über ihn? Sie schreibt in letzter Zeit überhaupt wenig, wie ich finde.
    Du scheinst Dich ja sehr gut mit Germanicus Corvus, dem Statthalter von Aegyptus, zu verstehen. Es ist immer von Vorteil, wenn man sich die mächtigen Männer einer Provinz zu Freunden macht. Ich sehe schon, Du hast das nötige Geschick für eine politische Karriere.
    Sehr erfreut lese ich von Deinem Werben um das Decima-Mädchen. Sie hält die familiären Traditionen hoch? Das ist gut! Eine treue und keusche Frau ist viel wert. Wenn ich da etwas tun kann, vielleicht mit einem guten Wort, dann lass es mich bitte wissen. Senator Decimus Meridius werde ich jedoch nicht so bald aufsuchen können, denn er ist kürzlich tatsächlich aufgebrochen, nach Syria, oder Iudaea, wie ich glaube, gehört zu haben.
    Ich wünsche Dir das Beste und der Götter Segen.


    gez. Lucius Aelius Quarto



    ROMA - ANTE DIEM IX KAL IAN DCCCLIX A.U.C.
    (24.12.2008/105 n.Chr.)

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    Elena wischte sich in einer flüchtigen Handbewegung eine Strähne aus der Stirn und hinter das Ohr, während sie den jungen Mann anlächelte. Aus seinem Kommentar konnte sie nicht genau entnehmen, wie lange sie ihn hatte warten lassen, aber immerhin, er sagte, dass es nicht schlimm war, und er wirkte, als ob er das auch so meinte. Dennoch beschloss sie, ihn zu fragen, ob er vielleicht etwas zu trinken wollte. Sie war sich nahezu sicher, dass sie ihn hatte warten lassen, und da war es nur höflich, wenn sie ihm etwas anbot. Vor allem bei den Temperaturen, die draußen herrschten. In Elena reifte die Überzeugung, dass niemand wirklich ahnen konnte, was Hitze bedeutete, solange er nicht in Alexandria gewesen war – und Tarraco hatte im Sommer einiges zu bieten. Aber hier war es sogar im Winter noch warm. Also trat sie ein Stück zur Seite und hielt ihm mit einem freundlichen Lächeln die Tür auf. „Möchtest du kurz herein kommen? Decima Seiana ist im Wohnzimmer, du kannst ihr den Brief selbst geben, während ich dir etwas zu trinken hole. Vorausgesetzt du hast etwas Zeit.“

  • Ilías sah der Frau an wie verlegen sie war, dass er etwas warten musste. Doch als er sagte, dass es nicht so lange war, war sie etwas erlichtet und bot ihm an herein zu kommen und Seiana den Brief persönlich zu übergeben, während die Frau Ilías etwas zu trinken bingen wollte. Da es draußen heiß war und sein Hals sehr trocken, dazu kam noch, dass es quasi eine Entschuldigung für da Warten war, konnte er nicht nein sagen.


    "Da ich etwas Zeit habe, gerne."


    Dann ging er durch die Tür, die die Frau ihm aufhielt und folgte ihr in das Wohnzimmer.

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    Elena lächelte erfreut, als der junge Mann ihre Einladung annahm, und ließ ihn eintreten, um ihn dann durch den kleinen Gang zum Wohnzimmer zu führen. „Se…Herrin“, verbesserte sie sich rasch, „…“ Sie stockte und sah, schon wieder leicht verlegen, zu dem Mann hinüber. „Entschuldige, wie ist dein Name?“ Anschließend wiederholte sie den Namen laut und fügte hinzu: „hat einen Brief für dich. Was kann ich dir zu trinken bringen?“ fragte sie dann, erneut in seine Richtung gewandt, um anschließend das Gewünschte zu holen.


    Seiana unterdessen hob ihren dunklen Schopf von den zahlreichen Papyri, die auf dem Tisch vor ihr ausgebreitet waren, und sah zunächst etwas verwirrt zu ihrer Sklavin, stand dann aber sofort auf und kam mit einem Lächeln auf den Griechen zu. „Salve. Was für einen Brief hast du für mich?“

  • Caius sagte nichts, sondern ließ Seiana einfach machen. Aber sie hatte sich wohl umentschieden, denn sie blieb doch sitzen. Eine vertrackte Situation, in die er sich da wieder hineinmanövriert hatte! Immer passierte ihm sowas. Und wie kam er da nun raus?


    Glücklicherweise erschien da nun Elena, steckte ihren Kopf ins Zimmer und verschwand sogleich wieder. Katander tat es ihr gleich, sagte aber nichts, sondern grinste nur breit, und als er wenig später in der Küche bei Elena angelangt war, konnte man einen spitzen, belustigten Aufschrei hören. Caius vermutete, dass Katanders Finger daran schuld waren und er sie in den Hintern gezwickt hatte. Er grinste Seiana an, war aber im nächsten Moment wieder ernst, weil ihre Frage das erforderte.
    »Was? Öhm. Das kommt darauf an. Wenn alles so bleibt wie es ist, dann...vielleicht was in der Verwaltung? Wobei ich ehrlich gesagt lieber nicht möchte, dass alles so bleibt, sondern... Naja, du weißt ja, ich möchte eques werden. Da hat man viel mehr Möglichkeiten. Und man muss nicht im Senat sitzen und so tun, als sei man ungeheuer wichtig... Jeder weiß doch, dass die Ritter die wirklichen Macher sind.« Caius zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck.
    »Und sonst...also, wenn Valerian mich berücksichtigt... Ich werde das machen, was er möchte. Da stellt man keine Fragen, sondern macht es einfach. Und wenn er mich ins Illyricum versetzt. Obwohl Ägypten da natürlich schöner wäre, allein schon wenn ich an die Überfahrt denke... Mensch, riecht das hier gut. Hoffentlich sind die bald durch mit dem Kochen, ich hab Kohldampf!«


    Seiana und Caius bewegten sich nun also allmählich in weniger kritische Gesprächsthemen hinein. Auch das halb verkohlte Essen (Firas hatte gekocht und wohl ein neues Rezept ausprobiert) bot genügend Anlass für allerlei stichelnde Anspielungen in Bezug auf seine durchschnittlichen Kochkünste und Spekulationen darüber, wer wohl zuerst vom Stuhl kippen würde. Später am Abend wurden Brettspiele hervor geholt, und als es bereits nach Mitternacht war, ließ Caius Seiana ziehen (in die Wohnung der alten Dame eins drüber) und ging zu Bett.

  • »Seiana?« Caius hatte den Kopf zur Küchentür hereingesteckt.
    »Hast du einen Moment Zeit? Ich bräuchte mal deine Unterschrift... Für einen neuen Waschbottich«, witzelte er und kam dann hinein, um breit grinsend (und nachdem er den Tisch mit seinem Ärmel abgewischt hatte) ein Blatt Pergament und eine mit Tinte vollgesogene Feder auf selbigen legte.



    An
    Das Eheregister Roms
    Regia des CD zu Rom
    ITALIAIA



    Seid gegrüßt,


    hiermit bitten wir
    - Caius Aelius Archias et Decima Seiana -
    darum, unser Verlöbis zu registrieren.


    Gez. Caius Aelius Archias,
    Sohn des Decimus Aelius Calvaster und der Acilia Caenis,
    sui iuris


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    ____________________________________


    Gez. Decima Seiana,
    Tochter des Lucius Decimus Silanus und der Decima Anteiana Cara,
    sui iuris



    ____________________________________


    Vale.



    [Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.de/~harm/ImperiumRomanum/Gens%20Aelia/SiegelAeliaPapyrus.gif]


    ALEXANDRIA, ID IAN DCCCLIX A.U.C. (11.1.2009/106 n.Chr.)


  • Seiana war gerade in der Küche, in der Hoffnung, vor dem Essen etwas naschen zu können – bei Elena kam es immer darauf an, welchen Tag man bei ihr erwischte, manchmal hatte sie überhaupt nichts dagegen, manchmal standen die Chancen gut, auch wenn sie sie etwas zappeln ließ, manchmal konnte sie richtig sauer werden. Letzteres wollte Seiana nicht riskieren, schon allein weil sie keine Lust hatte, sich eine Taktik zurecht zu legen, die zum gewünschten Erfolg hätte führen können, also hatte sie einen Moment abgepasst, in dem die Sklavin nach oben gegangen war. Als plötzlich Caius den Kopf zur Tür hereinsteckte, zuckte sie also kurz zusammen, weil sie im ersten Augenblick befürchtet hatte, Elena könne hereinkommen. Gleich darauf schmunzelte sie erleichtert und zog ihre Hand zusammen mit einem Keks aus der Dose, in der sie gerade noch gesteckt hatte. „Einen neuen Waschbottich? Kommt ja gar nicht Frage, für so was geb ich doch meine Unterschrift nicht her“, feixte sie zurück, dann ging sie zu dem Tisch hinüber, den er provisorisch säuberte, um anschließend ein Pergament darauf hinzulegen. Seiana überflog das Schriftstück kurz und grinste dann erneut. „Ah, der Waschbottich. Sag das doch gleich.“ Sie nahm die Feder in die Hand und begann, schwungvoll ihren Namen zu schreiben.



    An
    Das Eheregister Roms
    Regia des CD zu Rom
    ITALIA



    Seid gegrüßt,


    hiermit bitten wir
    - Caius Aelius Archias et Decima Seiana -
    darum, unser Verlöbis zu registrieren.


    Gez. Caius Aelius Archias,
    Sohn des Decimus Aelius Calvaster und der Acilia Caenis,
    sui iuris


    [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/4277/caaunterschrift2qx2.gif]
    ____________________________________


    Gez. Decima Seiana,
    Tochter des Lucius Decimus Silanus und der Decima Anteiana Cara,
    sui iuris



    [Blockierte Grafik: http://img442.imageshack.us/img442/8797/seianaunterschriftkj1.png]
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    Vale.



    [Blockierte Grafik: http://www.sai.uni-heidelberg.de/~harm/ImperiumRomanum/Gens%20Aelia/SiegelAeliaPapyrus.gif]


    ALEXANDRIA, ID IAN DCCCLIX A.U.C. (11.1.2009/106 n.Chr.)


  • Ilías folgte der Sklavin zu Seiana. Die Sklavin wollte nur noch eben seinen Namen wissen und stellte Ilías schließlich Decima Seiana vor. Wie gesagt wollte ihm die Sklavin etwas zu trinken bringen.


    "Ein Becher mit Wasser bitte."


    Als Seiana auf hin zukam erwiderte er den Gruß und übereichte ihr den Brief.


    An Decima Seiana
    Alexandria
    Aegyptus
    (Bitte den Brief in der Mansio des CP aufbewahren, damit sie ihn selber abholen kann)



    Liebe Seiana,


    Dein Brief hatte schon eine richtige Odyssee hinter sich, bevor ich ihn zu Gesicht bekam. Ich bin nämlich nicht mehr in Mantua, sondern jetzt in Rom, bei den Stadtkohorten. Mein Centurio hat sich versetzen lassen und mich mitgenommen. Hätte nie gedacht dass ich mal Urbaner werde, es ist auch ganz anders als bei der Prima, und so ganz glücklich bin ich damit nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich passe da nicht dazu. Aber in Rom zu sein ist natürlich schön, in Mantua ist ja gar nichts los, am Ende müsste ich da noch Strassen bauen oder so. Ausserdem bin ich mittlerweile Optio, was hier bei den Stadtkohorten aber Princeps Prior heisst.


    Und Du, erlebst Abenteuer im Ägypten? Ich bin froh dass Du eine gute Überfahrt hattest, und natürlich beneide ich Dich glühend, Schwesterherz. Es muss phantastisch sein, das alles, von dem man schon so viel gehört hat, mit eigenen Augen zu sehen. Aber ich muss sagen, auch auf die Gefahr hin dass ich mich wie Grosstante Drusilla anhöre: Du bist echt leichtsinnig! Ich wusste ja dass Du nach Aegypten willst, aber ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass Du einfach alleine, ohne männliche Begleitung Dich aufmachst. Du brauchst doch Schutz und Begleitung, auf so einer weiten Reise in eine völlig fremde Provinz! Wie ich hier erfahren habe, hast Du ja nicht mal einen Sklaven mitgenommen, nur Elena. Da war ich echt erschüttert! Seiana, das ist doch total fahrlässig! Ich weiss ja, dass Du gut darin bist Dinge zu regeln und allein zurechtzukommen und alles, aber trotzdem, Du bist nun mal kein Mann.


    Und ganz abgesehen von der Gefahr auf der Reise und in der fremdem Provinz - denkst Du gar nicht an Deinen Ruf??? Wenn in Rom bekannt wird, dass Du, eine unverheiratete, unverlobte junge Frau, einem fremden Mann einfach alleine nach Ägypten hinterhergereist bist, dann kannst Du das vergessen noch eine Dir angemessene Verbindung zu finden! Denk mal was Mutter dazu gesagt hätte!
    Ich verstehe ja schon was Du sagst, dass Du ihn kennenlernen willst um zu entscheiden ob er zu Dir passt oder nicht, aber die Leute werden sich wer weiss was ausmalen, die sind nun mal prüde und zerreissen sich gerne die Mäuler. Du sagst doch, dass Du Dir noch nicht sicher bist, also ob er der Richtige ist, da verstehe ich wirklich nicht wie Du trotzdem alles auf eine Karte setzen kannst... Der Name blendet natürlich erstmal, aber Du kommst ja auch nicht gerade aus einer Familie die sich verstecken muss. Zudem hat unsere Familie sich alles selbst und aus eigener Kraft erarbeitet. Ist er überhaupt ein richtiger Aelier? Den Namen gibt es ja auch bei Freigelassenenfamilien. Seiana, es freut mich ja zu hören dass es Dir gut geht und dass Du viel erlebst, aber ich mach mir echt Sorgen seitdem ich Deinen Brief gelesen habe, und ich hoffe wirklich, dass dieser Mann das Risiko wert ist, das Du für ihn aufnimmst.
    Ich wünschte ich wäre nicht durch den Dienst an Rom gebunden... Wann kommst Du denn wieder zurück, schon noch vor den Herbststürmen, oder?


    Soviel dazu. Appius und Caius haben noch nichts von sich hören lassen. Grüss mir bitte Elena ganz herzlich. Klar weiss ich noch wie unbefangen sie immer schon war, das ist echt eine Gabe, die sie da hat, da würde ich mir manchmal auch gerne eine Scheibe davon abschneiden. Naja, ich bin froh dass wenigstens sie bei Dir ist.
    Ausserdem hast Du mir keine Adresse mitgeteilt, wo wohnst Du denn? Ich schicke das jetzt einfach mal an die Mansio, und hoffe, dass Du dann da vorbeischaust.
    Hab übrigens gesehen dass Du jetzt für die Acta schreibst, das finde ich klasse, und die letzte Ausgabe hat mir gut gefallen. Vor allem die Fluch-Sammlung (perfekt für den Exerzierplatz, weisst Du, ich bilde ja jetzt auch Probati aus, und wenn man da nicht sowas einfliessen lässt wird man gleich für ein Weichei gehalten... - naja, nein, ganz so schlimm ist es dann doch nicht) und das wunderschön traurige Gedicht.
    Eigentlich wollte ich nie wieder die Acta lesen, nachdem die damals so abfällig über die Prima geschrieben haben. Da könnte ich mich jetzt noch drüber aufregen, das war sowas von unpatriotisch! Aber jetzt bist Du ja bei der Acta, und vielleicht kannst Du ein Auge darauf haben, dass da nicht nochmal so ungute Gedanken über das Imperium ausgesät werden.


    Liebe Seiana, ich bin gespannt was Du in der Zwischenzeit noch alles erlebt hast, und ich hoffe es geht Dir immer noch gut. Warst Du auf dem Pharos, und am Museion und bist auf Kamelen geritten? Ach, und hast Du das Serapeion besucht? Einmal in meinem Leben möchte ich das auch mit eigenen Augen sehen. Bringst Du mir ein Serapis-Amulett von dort mit? Das wäre lieb! Ich habe meines, das ich so lange getragen habe, leider verloren.
    Pass auf Dich auf! Und komm bald wieder. Ich drücke Dich ganz fest!


    Dein Faustus


    PS. Ich will unbedingt beim Equus October-Rennen mitmachen, hoffentlich erlaubt Onkel Meridius es mir. Drück mir die Daumen!

  • Scheinbar hatte Caius sie bei irgendetwas Verbotenem ertappt. Er grinste hintergründig und fand, dass Seiana einfach zum Anbeißen aussah, wenn sie ein schlechtes Gewissen hatte. Dann erkannte er, was sie da in der Hand hatte, und sah überrascht aus.


    »Woah. Du hast Kekse? Wir haben Kekse? Wieso sagt mir das keiner?« Er näherte sich Seiana, griff sich ihre Kekshand und steckte ihn sich mit samt den noch daran haftenden Fingern in den Mund. Dann grinste er krümelig.
    »Mmmh. Mhass mbhu mieh mhelba mbebaggn?« fragte er sie und kaute genüsslich. Das Herunterschlucken erwies sich als ein wenig schwierig, weil der Keks doch eher keksig und nicht plätzchenhaft war. So suchte er mit den Augen nach einem Becher, fand auch prompt einen halbvollen und spülte die letzten Reste damit hinunter.
    »Bisschen trocken. Aber sonst gut«, befand er nachdenklich und stellte den Wasserbecher zurück. Seiana schrieb gerade ihren Namen.
    »Perfekt«, bemerkte er und kassierte das Pergament gleich wieder ein.
    »Hast du deiner Familie eigentlich schon geschrieben?«


  • An
    Caius Aelius Archias
    Alexandria
    Provincia Alexandria et Aegyptus


    Mein lieber Cousin!


    Ich danke dir für dieses wunderschöne Geschenk und deine Wünsche. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Ebenso freut es mich zu erfahren, dass es dir gut geht. Ich bedauere es zu tiefst erst jetzt die Möglichkeit zu haben dir diese Zeilen zu schreiben und ebenso erfahren zu müssen, dass bisher keine Antworten auf deine Briefe an die Familie folgten.


    Ich weiß nich in wie fern es schon an deine Ohren gedrungen ist, mein Mann, Prudentius Balbus, dient der Garde nun nicht mehr. Er ist zur Verwaltung am Kaiserhof gewechselt und versieht nun seine Arbeit dort. Es war ein Versprechen an mich welches er nun eingelöst hatte. Allerdings hast du natürlich recht und ich wohne nun in seinem Domus.


    Der Familie geht es ebenfalls gut. Paulina ist weiterhin mit ihrem Mann in Germania. Onkel Quarto hat sehr viel zu tun als Consul und Berater seines Bruders. Es scheint aber so als würde das genau die Arbeit sein, die ihn ausfüllt und ihm Spaß macht. Er sieht sehr gut aus.


    Ist denn noch immer alles bestens in Alexandria. Was tust du die ganze Zeit dort und ist es wirklich so eine schöne Stadt wie man sagt? Mir war es leider bisher noch nicht vergönnt Alexandria zu besuchen und zu besichtigen.


    Es würde mich sehr freuen, wenn es dir deine Zeit einmal erlaubt und du uns besuchen kommen würdest. Die Familie, wennauch für kurze Zeit, einmal gemeinsam in Roma zu treffen, wäre wirklich ein schöner Augenblick. Wir sind sehr verstreut im Imperium und es ist wohl ein Wunschgedanke ein Familientreffen organisieren zu können, aber ich würde es gern einmal probieren.


    Hier enden allerdings meine Zeilen schon. Ich hoffe bald wieder ein paar Zeilen von dir lesen zu können.


    Dich begleiten alle meine guten Wünsche und mögen die Götter immer schützend über dich wachen.


    Deine Vespa

  • An
    Caius Aelius Archias
    Habitatio Aeliana
    Alexandria
    Aegyptus



    F. Decimus Serapio grüsst C. Aelius Archias,


    Tatsächlich, es verwundert mich sehr, einen Brief von Dir zu erhalten, in dem Du von einer Verlobung sprichst, denn ich kann mich an keinen Brief erinnern, in dem Du Dich des Einverständnisses von Seianas nächsten männlichen Verwandten versichert hättest. Auch wenn meine Schwester sui iuris ist, gebieten es Respekt und Anstand, vorher um die Zustimmung der Familie zu einer Verbindung zu ersuchen, und gerade von einem Mitglied Deiner honorablen Gens hätte ich solch eine grobe Missachtung von Brauch und guter Sitte nicht erwartet.


    Zudem solltest ausgerechnet Du nicht vorgeben, den Ruf meiner Schwester zu schützen, ich weiss sehr wohl, dass Du sie verleitet hast, zu Beginn ihres Aufenthaltes bei Dir zu wohnen. Ist Dir überhaupt bewusst, was das für den Leumund einer jungen, schönen, unverheirateten Frau bedeutet? Alleine dafür sollte ich Dir ein paar Knochen brechen, und ich freue mich auch schon sehr auf unser Kennenlernen, wo ich das endlich nachholen kann.


    F. Decimus Serapio
    Centurio IV Cen I Coh CU

  • An
    Decima Seiana
    Habitatio Aeliana
    Alexandria
    Aegyptus



    Liebe Seiana,


    ich habe einen nassforschen Brief von Deinem Aelier bekommen, in dem er mir verkündet, dass ihr euch verlobt habt? Ist das wahr? Ich bin echt sauer, dass er vorher nicht wie es sich gehört beim Pater Familias, oder bei mir, der ich immerhin Dein Bruder bin, um Deine Hand angehalten hat. Er erweist unserer Familie eine grosse Respektlosigkeit, indem er sich so über die Gepflogenheiten hinwegsetzt. Mir scheint, Diesem Postangestellten ist sein Nomen gentile zu Kopf gestiegen. Willst Du den wirklich heiraten???
    Was kann er Dir schon bieten ausser einem Namen, der nicht sein Verdienst ist? Und gedient hat er auch nicht, oder? Ein echter Römer sollte gedient haben.


    Seiana, Du bist doch eine feinsinnige, kluge, gebildete, kultivierte Frau, was findest Du nur an so einem Mann ohne Manieren? Entschuldige bitte, dass ich das jetzt frage, aber ich muss das fragen, denn ich verstehe nicht, dass Du Dich so überstürzt in diese Verbindung begibst... Bist Du etwa schwanger von ihm?
    Ich stehe zu Dir Seiana, was auch passiert, das sollst Du wissen.


    Dein Faustus

  • „Na klar haben wir Kekse.“ Seiana grinste frech. „Du musst nur wissen wo. Aber deine Sklaven kennen sich in der Küche offenbar nicht halb so gut aus wie meine. Oder du hast nicht so einen guten Draht zu ihnen. Hast du Katander mal wieder zu viel schleppen lassen?“ neckte sie ihn. Dass Caius’ Leibsklave gelegentlich seine Marotten hatte – genauso wie Elena – war bekannt. Dass er seinem Herrn nicht jede seiner Marotten durchgehen ließ, ohne sich wenigstens in irgendeiner Form zu revanchieren, auch. Dann kam ein überraschter Aufschrei über ihre Lippen, als Caius plötzlich nach ihrer Hand griff und sich den Keks in den Mund schob. Und ihre Finger gleich mit. „Hey!“ Lachend zog sie ihre Hand zurück und hob ihre Finger gleich darauf wieder, um ihm ein paar Kekskrümel von den Lippen zu wischen. „Wiewas? Was meinst du? Ach, ob ich… Seh ich so aus als ob ich backen könnte? Nein, die sind… weiß nicht… entweder gekauft, oder Elena hat sie gemacht. Oder Firas?“ Grübelnd sah sie in den Kekstopf hinein, nachdem sie den Brief unterschrieben hatte. Dann sah sie ihn entschuldigend an. „Nein, ich bin noch nicht dazu gekommen. Ich weiß nicht, ich will einfach… ich will dass sie sich freuen. Ich würd ihnen das eigentlich am liebsten selbst sagen, weißt du? Ich mag den Gedanken gar nicht, das in einem Brief zu sagen.“ Sie seufzte lautlos. Genauer gesagt hasste sie diesen Gedanken. Sie mochte Alexandria, sie mochte es hier zu sein, aber in Momenten wie diesen wünschte sie sich, ihre Familie wäre nicht so furchtbar weit weg. „Aber ich weiß schon, dass ich bald schreiben muss. Ich hab den Brief an meinen Bruder auch schon angefangen, am besten schreib ich ihn heut noch fertig, dann kannst du ihn morgen früh mitnehmen.“

  • »Die wollten sicher die Kekse für sich«, behauptete Caius misstrauisch und schnappte sich gleich noch einmal die Dose, um sich einen Keks herauszuholen und in den Mund zu stecken und dann auch Seiana wieder einen zu geben.
    »Scho. Nuschollnschemal meggan«, knusperte er. Die Frage nach dem Schleppen verstand er nicht, deswegen entschloss er sich, nicht weiter darauf einzugehen.
    »Und ja, du schaust so aus. Außerdem hast du doch diese gute Erziehung genossen, und da muss Frau doch auch backen können, oder nicht?« Er grinste und zog sich einen Stuhl zurück, um sich darauf zu setzen. Die Rolle für das Eheregister legte er erstmal wieder auf den Tisch, neben die Krümel, die er eben dort hinterlassen hatte. Dann setzte er dazu an, ein wenig betreten auf selbige zu schauen.


    »Ähm. Hrm. Äh, weißt du....ich hab gedacht, du erzählst es zumindest deinen Brüdern gleich...« begann er und sah Seiana dabei ein wenig zerknirscht an.
    »Denn....also..... Tja... ich dachte mir, es wär vielleicht nicht schlecht, wenn ich deinem Lieblingsbruder einen Brief schicke und mich mal vorstelle. Sozusagen. Und bei der Gelegenheit hab ich auch geschrieben, dass ich dich gefragt hab und du ja gesagt hast.« Caius zog einerseits eine mitleidheischende Grimasse, andererseits zwei Briefe aus der Tasche.
    »Ich nehme an, das ist die Antwort, und für dich hab ich auch einen dabei«, präsentierte er dann Seiana ihren Brief von Serapio.
    »Ist heut am nachmittag ganz frisch angekommen.« Seinen hatte er noch nicht aufgemacht, aber während er sprach, pulte er bereits am Siegel herum.
    »Sicher freut er sich für dich«, vermutete der optimistische Caius, dann brach er mit einem Krack das decimianische Siegel und entrollte den Papyrus. In hüpfendem Reigen sprang sein Blick von Wort zu Wort und von Zeilenende zu Zeilenanfang. Und während er zu Beginn des Briefs noch erwartungsvoll gegrinst hatte, wich dieser Ausdruck nach und nach einem Entsetzen, das sehr deutlich machte, dass Caius nicht eben davon angetan war, zu lesen, was er eben las.
    »Äh...« Er hustete trocken ein paar Krümel aus und las rasch weiter.

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