Exercitatio artem parat - Training mit der Hasta

  • ~ Übung macht den Meister


    Früh am Morgen war es, die ersten Sonnenstrahlen tasteten gerade zögerlich nach den Hügeln der ewigen Stadt, als ich einen Trupp Soldaten hinaus auf den Exerzierplatz führte.
    "Consistite!", befahl ich, und wandte mich den Männern zu. Es waren vor allem die Neuankömmlinge von der Prima, da sich heute alles um die Hasta drehen würde - eine Waffe mit der wir denkbar wenig Erfahrung hatten - aber auch einige Männer von der vierten Centurie der ersten Cohorte, die schon länger bei den Urbanern waren, und denen dieses Extratraining auch nicht schaden konnte, sowie eine Handvoll Probati die diese Waffe ganz neu kennenlernen würden.*
    "Zum Warmwerden vier Runden um den Platz. Milites, ad dextram! Cursim!"
    Ich trabte selber mit. Der Sand stob auf unter den genagelten Sohlen, die Rüstungen klirrten im Takt, und der Dauerlauf vertrieb das letzte Bisschen Schläfrigkeit aus mir.
    "Schneller! Das ist kein Marktbummel hier!", fuhr ich einen Miles an, der es arg gemächlich angehen liess. "Auf! Laevum, laevum, laevum...!"
    Gleichzeitig zu brüllen und zu rennen, war allerdings auf die Dauer nicht ratsam. Ich war schon ziemlich ausser Atem, als ich nach der letzten Runde Halt machen liess.
    "Liegestütz! Dreissig! Age!", führte ich das Aufwärmprogramm fort, und stürzte mich selber eifrig in den Sand um die möglichst vorbildlich zu vollführen.
    "In aciem dirigite!", befahl ich anschliessend, und stolzierte mit dem Optiostab, dem Zeichen meiner Würde, die Reihe entlang. Hier und dort fand mein kritisches Auge auch noch was auszusetzen, vor allem bei den Rekruten, was ich dann durch ein energisches Antippen mit dem Optiostab korrigierte. Mit strenger Miene natürlich, dabei machte mir das richtig Spass.


    Sim-Off:

    *D.h. jeder der mag kann hier mitschreiben. :)


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  • Lupus, der wie immer nur seine Weise Tunika trug, ging über den Platz um zum Valetudinarium zu gelangen, als er sah wie seine Kollegen liefen, rannte er die restlichen Runden mit. Dabei bemerkte er das der neuen Princeps Prior das Träning leitete. Da er von der Legio kam, würde er wohl kaum mehr Arbeit für ihn bereiten, da er doch sicher wusste wie man die Verletzungsgefahr gering halten kann beim Träning. Er schlug nach dem Laufen die Richtung des Valetudinarium.

  • Auch Tychicus, Probatus, und deshalb noch völlig unerfahren mit der hasta, hatte den Exerzierplatz an diesem Tag für ein Training mit ebendieser Waffe betreten.
    Während er die Aufwärmübungen durchführte, widmete er sich jedoch ebenfalls dem zweiten Grund, weshalb er so motiviert hier erschienen war - die Leute von der Legio Prima.
    Bis jetzt hatte nur nebenbei mitbekommen, dass eine Gruppe Neuer von der Legion zu den Cohortes Urbanae gestoßen war und hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich ein Bild von dieser Truppe zu machen. Heute morgen beäugte er interessiert - aber natürlich ganz nebenbei ( :D) - die Miltes und den Princeps Prior aus Mantua.
    Schnell stellte er fest, dass dies offensichtlich keine Anfänger waren, im Gegenteil. Ihre Bewegungen und ihr Auftreten waren routiniert und selbstbewusst.
    Später wurde Tychicus klar, dass die meisten dieser Männer wahrschieinlich sogar auf dem Feldzug in Parthia von der Partie gewesen waren und sein Respekt wuchst nur weiter...
    Vorerst jedoch widmete der Redivier sich unvoreingenommen den Aufwärmübungen und reihte sich dann in die Formation der anderen Miltes und Probati ein, um auf die weiteren Anweisungen des Princeps Prior zu warten.

  • Alles stand in Reih und Glied. Zufrieden stiess ich den Optiostab in den Sand, und ging zu einem Waffenständer, der dort am Rande des Campus aufgebaut war. Hölzerne Übungswaffen harrten dort ihres Einsatzes, aber auch eine Hasta mit echter, scharfer Spitze, die ich nun zur Hand nahm.
    "Die Hasta", begann ich dann vor den Soldaten zu dozieren, "war früher, zu Zeiten der Republik, eine Legionärswaffe" - ich hob das Anschauungsobjekt in meiner Rechten - "und zwar wurde sie, wie der Name schon sagt, in den Manipeln der Hastati getragen. Heute wird sie noch bei den Auxilliaren verwendet, und von Legionären an Strassenposten. Und von uns natürlich. - Diese hier ist, wie ihr sehen könnt, etwa zweieinhalb Gradi lang, mit einer Spitze die zwei Handbreit misst, beidseitig geschliffen."
    Ich blickte die Reihe der Soldaten, entlang, von denen manche so einen abwesenden Ausdruck im Gesicht hatten. Kam das von dem winzigen bisschen Theorie? Oder von dem frühen Morgen? Vielleicht sollte ich mal eine Frage stellen.
    "Wer kann mir sagen wie die Kampfweise damit ist, im Unterschied zum Pilum?"
    Ein Murmeln an Ende der Reihe liess mich den Kopf wenden. Mein Kamerad Luscius Silio meinte gerade leise was zu seinem Nebenmann, breit dabei grinsend.
    "Miles Luscius!" bellte ich. "Was gibt es da zu quatschen? - Eine Runde extra!"
    Ich gab mich streng, auch wenn es mir nicht leicht fiel, gerade bei den alten Kameraden, die mich noch als Grünschnabel kannten. Sollten die mich ruhig verfluchen - ich hatte mir die Worte meines über alles verehrten Praefectus Castrorum hinter die Ohren geschrieben.
    Silio verstummte und sah mich gekränkt an. "Ja Optio." Mit mürrischer Miene trabte er los, um ein weiteres Mal den grossen Campus zu umrunden.
    "Ähm" - wo war ich gewesen? Ach, die Frage. Ich deutete auffordernd auf den nächstbesten, einen Rekruten wenn ich mich recht erinnerte. ;)
    "Probatus?"

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  • Tychicus konnte beinahe ein Zusammenzucken nicht verhindert. Er war gemeint! Aber zum Glück hatten sie vor kurzem noch ähnliche Theorie bei seiner Grundausbildung gehabt.
    Er trat also vor und antwortete:
    "Im Gegensatz zum Pilum, das als Wurfspeer vor dem Nahkampf verwendet wird, ist die Hasta eine Nahkampfwaffe, um den Gegner durch Zustoßen zu attackieren und gleichzeitig von sich fernzuhalten, oder aber feindlichen Reitern damit zuzusetzen."

  • "Genau so ist es", lobte ich. Hm, wenn schon die Probati hier so auf Zack waren, dann konnte ich mir das Theorie-Frage-und-Antwort-Spiel eigentlich sparen. Etwas anderes missfiel mir wiederum - eine Kleinigkeit, aber sind nicht die Kleinigkeiten die Grundlage der Disziplin?! Ist nicht Akkuratesse, Korrektheit bis ins Detail, strikte Befolgung der militärischen Formen ein Stützpfeiler der Ordnung, die unsere Legionen gross gemacht hat? Mögen diese Dinge auch von unwissenden Zivilisten als übertrieben, penibel, ja kleinlich abgetan werden, mag ich selber auch vor langer Zeit einmal hoffärtig darüber gespottet haben - inzwischen wusste ich es besser.
    "Du hast trotzdem etwas vergessen, Probatus." Ich verschränkte die Arme hinter dem Rücken, so dass ich die Hasta jetzt waagrecht hielt, und musterte den Mann scharf. "Wenn Du mit einem Vorgesetzten sprichst, hast Du ihn stets mit Rang anzureden. Oder mit Rang und Gentilnomen. Verstanden, Probatus?"

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  • Tychicus errötete leicht, als er von seinem Vorgesetzten zurechtgewiesen wurde. Er hatte tatsächlich einfach alle Formen von Höflichkeit und Disziplin vergessen, als er so überraschen aufgerufen worden war.
    Deswegen bemühte er sich jetzt, salutierte zackig und antwortete:
    "Jawohl, Princeps Prior Decimus!"

  • Das schmissige Salutieren des Rekruten, das vertrieb gleich meinen Gedanken daran, ihn noch irgendwie zusammenzustauchen. Ein wohlgefälliges Lächeln zuckte kurz um meine Mundwinkel, dann verzog ich sie wieder zu der wir-sind-hier-nicht-zum-Spass-Miene, die besser zum Exerzierplatz passte. Ich nickte knapp, befand das damit ausreichend geklärt und wandte ich mich wieder der Allgemeinheit zu.
    "Dazu ist zu sagen, dass man natürlich auch eine Hasta werfen kann, es ist bloss nicht effizient. Im Nahkampf gegen feindliche Kavallerie ist sie dagegen sehr praktisch."
    Mein Blick ging in die Ferne, über den Sand des Platzes hinweg, der vor meinem inneren Auge dem Sand der partischen Ödnis wich, über dem die Hitze flirrte, während zwei gewaltige Armeen sich aufeinander zu bewegten.
    "Vor Edessa", erzählte ich denen die nicht dabeigewesen waren, "da hatten wir eine Cohorte britannischer Hasta-Träger unter den Auxiliaren. Halbwilde, bemalte Männer, die den anstürmenden Panzerreitern im letzten Moment mit einem einzigen Kriegsschrei entgegengerannt sind, und den Pferden die Bäuche aufgeschlitzt haben..."
    Nur hätten wir mehr von der Sorte haben sollen. - Das schrille, schmerzerfüllte Wiehern dieser monströsen Pferde klang mir in den Ohren... die Hufe wirbelten und zuckten... später dann die Kadaver, aufgetrieben in der Gluthitze, das Wimmeln der Fliegen, die nackten Hälse der Geier, die grosse Brocken von Aas herunterwürgten...
    Ich blinzelte, verscheuchte das, es gehörte nicht hierher, und versuchte mich wieder ins hier und jetzt zurückzurufen.
    "Ähm. Wobei die Reiterabwehr der Legionäre aus einem Pilum-starrenden doppeltem Schildwall besteht", fügte ich der Vollständigkeit halber hinzu. Ich hatte mir ein Handbuch für die Ausbildung hier besorgt, und war ganz überrascht, dass darin die Reiterabwehr kaum erwähnt wurde. Was wenn der Erzfeind im Osten eines Tages hier vor der Türe stünde, mit seinen schwergepanzerten Reiterhorden?! Man musste doch auf alles vorbereitet sein.


    Zurück zur Hasta. Gerade näherte sich der Kollege, der Experte, der uns heute die Lektionen erteilen würde - Trebius Venno, ein hagerer alter Knochen, der nur aus vortretenden Sehnen, tiefeingegrabenen Falten und einem prominenten Adamsapfel zu bestehen schien. Sowie einem stechenden Adlerblick.
    "Salve Princeps Prior Trebius", grüsste ich, und
    "Salve Princeps Prior Decimus", schnarrte er zurück. Ganz schön sperrig dieser Titel, (wenn auch schick, er klang so ein bisschen nach Centurio fand ich) - 'Optio' ging doch viel leichter von der Zunge.
    "Die Männer - und ich - sind bereit für das Hastatraining."
    Trebius nahm das mit einem abgehackten Nicken zur Kenntnis, und ratterte los:
    "Dann auf ihr müder Haufen, los, los, schnappt euch die Übungswaffen hier und dann da rüber zu den Pfählen!"
    Ich schloss mich an, da ich das Training ebenso nötig hatte wie die anderen Neu-Urbaner, nahm mir eine der hölzernen Lanzen, deren Spitzen stumpf aber beschwert waren, und stellte mich einem schartigen Übungspfahl gegenüber. Schon hagelte es Befehle.
    "Am Schwerpunkt fassen! In die Grundstellung! Einhändig führen! Arm anwinkeln, Hasta rechts eng am Körper halten! Und Stoss! Und Stoss! Mehr Wucht! Und den Körper leicht dabei drehen!"

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  • Wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen stoben die jungen Probati und Milites um Tychicus herum auseinander, als der neu hinzugekommene Princeps Prior sie mit Anweisungen überschüttete.
    Auch der Rediviver beeilte sich, zu dem Vorrat von Übungswaffen zu kommen, um sich eine Hasta zu nehmen und damit vor einem noch freien Übungspfahl aufzustellen.
    Als er sah, dass Minidius Calvena, sein Freund von der Grundausbildung, am Pfahl neben ihm stand, lächelte er ihm zu und sie wünschten sich - möglichst unauffälig, um die Aufmerksamkeit des Ausbilders nicht auf sich zuziehen - einen guten Morgen und viel Glück für den Tag.


    Dann versuchte Tychicus, die Anweisungen des Princeps Prior zu befolgen... Arm am Körper angewinkelt...Hasta am Schwerpunkt gegriffen...in die Ausgangsstellung... und dann einen kräftigen Stoß, den Oberkörper dabei leicht mitdrehen, um noch mehr Wucht in den Stoß zu legen.
    Tychicus war froh, dass ihm der Umgang mit Waffen schon nicht mehr so viel Mühe machte, wie am ersten Tag seiner Grundausbildung, als er nach wenig Training mit dem Gladius seinen Arm schon nicht mehr gespürt hatte. Heute konnte er hoffen, das Training vielleicht einigermaßen schmerzfrei zu überstehen...

  • Und Stoss, und Stoss.... Hart traf die Lanze auf den Pfahl. Ich fasste nach, der Schwerpunkt lag hier anders als beim Pilum, holte Schwung aus der leichten Drehung, und führte die Stösse gegen den unbelebten Feind, ungelenk zuerst, dann klarer und schneller. Diese Waffe war mir sympathisch, alleine schon deswegen weil man sie nicht warf.
    "Und jetzt die Scuta dazu!", bellte Trebius nach einer Weile, und liess uns mit dem zusätzlichen Gewicht noch eine ganze Weile lang die Pfähle beharken, wobei er hin und her ging und die Soldaten freigiebig mit kleinen aufmunternden Kommentaren bedachte:
    "Scutum höher du Schwächling! - Mehr Wucht hab ich gesagt! Taube Nuss! - Auf den Torso zielen, auf den Torso du Trottel! - Hornochse! Nicht den Hintermann aufspiessen!"
    Wenigstens wurde ich davon verschont. Die Sonne stieg höher während wir da auf die Pfähle eindroschen.
    "Der zweite Stoss", erklärte Trebius schliesslich, "geht von oben seitlich schräg nach unten. Über den Schild hinweg. So!"
    Er zerrte einem Soldaten den rechten Arm empor und demonstrierte die Bewegung. Wer sich aber davon eine Atempause erhoffte wurde enttäuscht, denn schon schnarrte Trebius wieder über den Platz: "Scuta sursum! Hasta sursum! Supra Ictus! Supra Ictus! Latus Ictus! Supra Ictus!", er liess uns den Stoss von oben üben und immer wieder mit dem seitlichen abwechseln. Das Knallen von Holz auf Holz und Splittern von Spänen erklang überall um mich herum, das Scheppern der Rüstungen, dazu das Keuchen der Soldaten. Der Schweiss lief mir übers Gesicht, die ungewohnte Bewegung machte den Arm schwer, und so langsam kam ich mir vor als wäre ich wieder in der Grundausbildung.

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  • Als Tychicus an seinem ersten Tag in Roma fest daran geglaubt hatte, heißer als damals könne das Wetter nicht werden - auch im warmen Italia nicht - hatte er sich schwer getäuscht.


    Heute schien sogar die Bezeichnung Gluthitze untertrieben...
    Oder lag es nicht am Wetter sondern an ihm selbst? überlegte Tychicus, während ihm der Schweiß in Strömen über das Gesicht lief. Vielleicht hatte er noch nicht genug Kondition, vielleicht hatte er isch noch nicht an das warmen Klima gewöhnt - er konnte es nicht mit Gewissheit sagen.


    Der Stoß von oben stellte sich als noch kraftzehrender heraus als der gerade, in Ellbogenhöhe geführte Angriff. Wie war gewesen? Das Training schmerzfrei überstehen? Über diese zu Beginn des Tages in ihm aufgekeimte Hoffnung konnte Tychicus inzwischen nur noch innerlich lachen. Die Hasta wog in seiner Hand so viel, als sei sie aus Gusseisen oder Blei und nicht aus Holz gefertigt. Mit zusammengebissen Zähnen musste der Rediviver hinnehmen, dass seine Angriffe zunehmend kraftloser wurden.


    Die Milites um ihn herum, die sich in monatelangem Training eine starke Kondition erarbeitet hatten, hackten mit ihren Lanzen immer noch mit nicht nachlassender kraft auf ihre Übungspfähle ein.
    Nun erwies eben doch, dass Tychicus erst wenige Tage beim Militär war.
    Er setzte viel Hoffnung darin, dass der Ausbilder ihnen bald eine Pause zugestehen würde... ansonsten... darüber versuchte er gar nicht erst nachzudenken.


    Einfach weiteratmen, weiterstoßen, weitermachen, konzentrieren!
    So musste es sein. Die Erschöpfung ignorieren.. weitermachen... nur an den Pfahl vor sich und die Hasta in seiner Hand denken... weitermachen...

  • "Milites! Genug.", befahl Trebius schliesslich, nachdem wir lange an den Pfählen geübt hatten, "Paare bilden! Und dann will ich saubere Zweikämpfe sehen, kein Gerangel, kein Gefuchtel. Klare Stösse. Age!"
    Froh über die Abwechslung trat ich von dem Pfahl zurück, den ich jetzt ein paar Dutzend Mal getötet haben musste, reckte und streckte verstohlen meinen rechten Arm und wischte mir den Schweiss von der Stirn. Über dem Sand des Platzes waberte die Luft, und verzerrte die Linien der Umrandung. Die Sonne stach vom Himmel. Viele der Rekruten schienen schon fix und fertig zu sein, als die Soldaten sich nun jeweils zu zweit einander gegenüber aufstellten. Aber das war ja normal, und musste auch so sein.
    Ich stellte mich Silio gegenüber, der mich ziemlich verkniffen anstarrte. Mochte an dem grellen Sonnenlicht liegen, oder an der Strafrunde vorhin. Das rechte Bein ein Stück zurück, das linke vor, das Scutum angehoben und die Hasta... - schon griff Silio mich an, mit einem geraden Stoss der sehr wuchtig auf meinen Schild prallte, dann seitlich abglitt und meine Lorica noch streifte. Er schien wirklich sauer zu sein. Ich konterte mit einem Stoss von oben herab, schrabbte über seinen Schildrand hinweg, er drehte sich und wich der hölzernen Lanze aus, sprang dann vor, um mir mit dem Schildbuckel eine zu verpassen. Leicht in die Knie gehend, schmetterte ich mein Scutum schräg dagegen - mit einem lauten Krachen und Scheppern stiessen die Schilde aufeinander. Es warf mich ein Stück zurück, aber ich fing mich und setzte wieder nach, in diesem plötzlich so verbissenen Übungsgeplänkel.

  • Erleichtert nuttze Tychicus die Pause, die nach der ersten Übung entstand, um wieder zu Atem zu kommen.


    Als Zweikmapf-Duo fand er sich mit seinem Freund Calvena zusammen. Sie grinsten sich noch einmal zu - dann ersetzten sie ihre Freundschaft zeitweilig durch die Rivalität, die fast automatisch in solchen Zweikampfsituationen entsteht. Wenn man nicht Acht gibt schlagen sich sogar die besten Freunde bei solcher Gelegenheit die Köpfe ein.
    Das hatte Tychicus natürlich nicht vor, aber er genoss die Gelegenheit in der Hinsicht, dass er einmal gegen ein lebendes Ziel kämpfen konnte und nicht nur gegen einen langweiligen Holzpfahl.


    Beide Männer gingen in die Ausgangsstellung - und dann ging es auch schon los. Tychicus hatte den eher schmächtigen Minidier bereits zuvor beim Training beobachtet und festgestellt, dass dieser zwar nicht der Kräftigste war, aber dafür umso flinker.


    In den folgenden Minuten geriet Tychicus mehrmals in ernste Bedrängnis, als Calvena seine Angriffe mit blitzschnellen Kontern beantwortete.
    Jedesmal konnte der Rediviver nur im letzten Moment den Schild hochreißen um zu verhindern, dass sein Freund ihn mit voller Wucht traf.
    Doch auch Tychicus landete zahlreiche erfolgreiche Angriffe, indem er seinen Gegner immer mehr bedrängte und - wenn dieser langsam verzweifelte - den entscheidenden Stoß führte. Damit trieb er Calvena mehrmals so in die Defensive, dass noch nicht einmal der flinke Minidier ihm etwas entgegenzusetzen hatte.

  • Ob das hier noch unter 'klare saubere Stösse und kein Gerangel' fiel, bezweifelte ich. Wutentbrannt schwang Silio die Hasta gegen mich, bedrängte mich unablässig, so dass ich ganz schön ins Schwitzen kam. Ich wich aus, sprang hoch als er mich mit einem kreativ geführten Schlag von den Beinen holen wollte, kassierte einen kräftigen Stoss in die Rippen, der meine Rüstung laut scheppern und mich ächzen und nach Luft schnappen liess.
    Schon hob ich die Hand um Silio zu signalisieren dass er meinetwegen gewonnen hatte, aber er achtete überhaupt nicht darauf, kam weiter auf mich zu, und da passierte etwas seltsames.


    Zuerst schien alles sich zu verlangsamen... Die gleissende Sonne stach mir in die Augen, Sand war in der Luft, aufgewirbelt von den Füssen der Kämpfenden, dumpf klang ihr Stampfen in meinen Ohren, und dumpf das Pochen meines Herzen... die Töne verzerrten sich, schrill klirrte Metall aufeinander, und ich hörte wieder die Trommeln! Das Dröhnen, das Grollen wie Gewitter und grosse hungrige Raubtiere, diese Töne die direkt aus der Unterwelt selbst stammen mussten, und dazu das Stampfen der Pferde, als die Kataphraktoi auf uns zukammen! Die Lanze vor mir, hochgeschwungen um tödlich auf mich hinabzustossen warf einen scharfumrandeten Schatten auf dem zerwühlten Boden, der blutgetränkt vom Kampf war... meine Kehle schnürte sich zusammen, und mein Herz begann zu rasen. Ohne zu zögern - jenseits von Vernunft oder klarem Denken - schnellte ich mich vor, unterlief den feindlichen Stoss, und versetzte dem Gegner einen brutalen Hieb mit dem Schild, der ihn heftig unter dem Kinn traf, so dass er zurückwich, schwankte....


    Blut tropfte zu Boden. Silio hielt sich das Kinn und fluchte.
    Silio?
    In meinen Ohren rauschte es, der Campus drehte sich um mich, etwas schien mich zu würgen. Dann nahmen die Dinge um mich herum unvermittelt wieder normale Geschwindigkeit an, und ihre normale Erscheinung. Ich stützte mich auf meinen Schild, atmete tief ein und aus, starrte meinen Kameraden erschrocken an.
    "Erraticus!" zischte Silio. "Was sollte denn das?"
    "Ich... entschuldige! Ich..." Verzweifelt rang ich um meine Fassung, durfte mir hier doch keine Blösse geben. Eine Platzwunde zeigte sich an Silios Kinn, die ordentlich blutete.
    "Geh ins Valetudinarium Miles Luscius und lass das versorgen."
    "Ja Princeps Prior", gab Silio frostig zurück und zog ab.
    Verdammt. Betreten sah ich ihm hinterher. Die Kriegstrommeln, die Schlacht... eben war das für mich absolut wirklich gewesen! Meine Hände waren kalt, meine Knie waren noch ganz weich. Was zum Hades war das?! Es machte mir Angst.


    Die Zweikämpfe hatten den meisten neuen Elan gegeben. Ich ging an der Reihe der Kämpfenden entlang, sah den Rekruten den ich zuvor zurechtgewiesen hatte, der sich wacker gegen einen flinken Kameraden schlug, und gesellte mich zu Trebius. Die Sonne stand mittlerweile im Zenit, und es wurde immer noch heisser, so dass auch mein Kollege schliesslich meinte:
    "Dann machen wir mal so langsam Pause, oder Princeps Prior Decimus?"
    "Ganz meine Meinung, Princeps Prior Trebius." Ich räusperte mich, und erhob die Stimme um bis zu allen durchzudringen.
    "Militees! Das reicht fürs Allererste. Zum Abkühlen noch zwei lockere Runden um den Platz..." - einer der Rekruten, hochrot im Gesicht und völlig ausser Puste, wollte schon den Schild von sich werfen - "...aber mit Scutum und Hasta.", fügte ich streng hinzu. "Age."


    Danach liessen wir die Männer abtreten, zur wohlverdienten Mittagspause. Auch ich ging erst mal zum Brunnen und trank in vollen Zügen, dann begab ich mich an einen schattigen Platz und grübelte düster darüber nach, was da vorhin eigentlich passiert war.
    Am Nachmittag ging das Training weiter, und auch in den folgenden Tagen und Wochen wurde das Gelernte vertieft, erweitert und immer wieder geübt, solange bis die Hasta (hoffentlich) jedem der Männer zu einer vertrauten Waffe geworden war, die draussen in den Strassen der Stadt zu mehr als nur zur Zierde diente.

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