Was bisher hier geschah...

  • [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Wieder einmal stand das entwürdigende Ritual an, das der alte Crispus im Hof des Hauses veranstaltete. Lucius hasste die Trainingseinheiten, die sein Vater seit neuestem mit ihm und Armin veranstaltete. Das lag jedoch vor allem daran, dass er stets gegen den drei Jahre älteren Sklaven antreten musste, dem er körperlich in keinster Weise ebenbürtig war. So war er beim Ringen immer wieder im Staub gelegen. Beim ersten Mal hatte er geglaubt, dass sein Vater eine fixe Idee gehabt hatte, die er ebenso schnell vergessen würde. Doch er hatte sich geirrt: Jeden zweiten Tag musste Lucius nach der Schule antreten, ebenso Armin, dem dies ebenso auf die Nerven ging wie Lucius. Zwei Wochen lang hatten sie dann gerungen, der alte Crispus hatte sie angeschrieen wie Rekruten, ihnen aber auch die ein oder andere Technik beigebracht, sodass der junge Petronius nun immerhin gewisse Chancen gegen den ebenfalls körperlich überlegenen Caius aus der Schule hatte. Zu Hause jedoch fraß er Staub - immer wieder. Und anstatt ihn zu ermuntern, hatte sein Vater nichts besseres zu tun, als ihn dann auch noch anzuschreien oder gar zu verhöhnen! Wenn er zu Weinen begann, konnte er auch nur mit Schlägen rechnen! Lucius hasste seinen Vater - und dennoch war er von dem Wunsch beseelt, seine Erwartung endlich auch einmal erfüllen zu können! Er wollte es ihm zeigen, wollte beweisen, dass er auch ein ganzer Römer war!


    Am Vortag aber war etwas geschehen, was Lucius überrascht hatte: Er hatte herausgefunden, was Armin immer so schrieb, warum er ständig so lange in der Stadt blieb und auch sonst völlig abwesend war: Er hatte ein Mädchen! Lucius fand Mädchen dumm, sie redeten dauernd, kicherten, sodass er das Gefühl hatte, sie lachten ihn aus und steckten immer ihre Köpfe zusammen! Doch Armin scheinbar nicht - Lucius hatte ihn genau gesehen: Zusammen mit diesem Mädchen war er in einer schattigen Nische der Basilica gestanden und zum Abschied hatte das Mädchen Armin auf den Mund geküsst!


    Langsam trat er an den Sklaven heran, der wie üblich auf der Steinbank im Hof saß, eine Tabula auf dem Schoß und die Stirn nachdenklich in Falten gelegt. Ohne etwas zu sagen lehnte er sich vor und schaute auf die Tafel, woraufhin Armin diese sofort an seinen Leib zog und den Jungen feindselig anstarrte.


    "Hey, das geht dich nix an!"


    "Warum, was schreibst du denn so tolles?"


    fragte Lucius mit leicht spöttischem Unterton. Er freute sich bereits, sein Wissen zu offenbaren. Da würde Armin aber schauen! So fragte er ironisch


    "Was schreibst du denn da? Schreibst du wieder deiner Knutsch-Freundin?"


    Zuerst hatte es so ausgesehen, als wolle Armin ihn einfach wegschubsen, doch beim letzten Wort erstarrte er. Doch nur für einen Augenblick, denn dann setzte er ein überlegenes Grinsen auf, was Lucius ein wenig ärgerte.


    "Du spinnst, Lucius! Geh spielen!"


    "Ich hab' euch gesehen! In der Basilica - ihr habt ja richtig herumgeknutscht!"


    Nun konnte Armin seine Überraschung nicht mehr verbergen. Etwas entgeistert blickte er Lucius an, ließ sogar seine Tabula sinken. Mit einem genüsslichen Grinsen fügte Lucius jedoch noch an


    "Wenn das Papa erfährt..."


    Es war wohl nicht schwierig sich auszumalen, was der alte Petronier zu so einem Techtelmechtel sagen würde. Er war stets darauf bedacht, alles innerhalb der Domus zu kontrollieren. Und eine solche Beziehung würde ihm zweifelsohne als nutzlos erscheinen, sodass sie wohl sehr schnell unterbunden sein würde. Dazu würde Armin sicherlich eine ordentliche Tracht Prügel bekommen!


    Und tatsächlich wirkte es. Armin wurde sichtlich nervös...oder sogar ängstlich? Was immer es war, es war eine Regung bei seinem Gegenüber, die Lucius gefiel. Sie verlieh ihm das Gefühl von Macht - noch nie hatte jemand vor ihm Angst gehabt! Doch dann erhielt seine Freude einen Dämpfer, denn Armin schien plötzlich zornig zu werden.


    "Das glaubt der Alte dir doch nie! Wahrscheinlich kriegst du noch ein paar Schläge!"


    Lucius hatte schon befürchtet, dass Armin ihn schlagen würde, doch dieser Einwand war natürlich auch berechtigt. Er hatte tatsächlich manchmal das Gefühl, dass sein Vater Armin ihm vorzog und jenem mehr glaubte als ihm. Rasch überlegte er, dann kam ihm etwas und seine Hochstimmung kehrte zurück!


    "Ich hab's genau geseh'n! Ich weiß sogar, wie sie aussieht! Und Papa kann ja 'mal bei ihr fragen..."


    Dies war ein kleiner Bluff, denn Lucius wusste zwar, wie sie aussah, doch nicht, wer sie war und wohin sie gehörte. Aber das konnte Armin ja nicht wissen und die ängstliche Reaktion, die seine Bemerkung auslöste, zeigte ihm, dass Armin den Köder geschluckt hatte. Nun zappelte er am Haken!


    "Aber er wird mich verprügeln und einsperren, Lucius! Bitte, sag's ihm nicht!"


    Voller Genuss sah Lucius die Angst in den Augen seines Gegenübers. Es schien fast so, als würde er jeden Augenblick anfangen zu weinen. Und Lucius kannte dieses Gefühl - allzu oft hatte er es im Angesicht seines Vaters, von Xanthippus oder auch Caius...doch diesmal stand er auf der anderen Seite! Und das gefiel ihm! Mit ironischem Bedauern, das er so oft bei Caius gesehen hatte, antwortete er daher


    "Aber ich muss es ihm sagen! Er ist mein Vater und du gehörst ihm! Ich würde ihn ja anlügen, wenn ich es verheimliche!"


    Diese Worte verfehlten ebenfalls ihre Wirkung nicht, denn Armin schien noch ängstlicher zu werden und ergriff zitternd Lucius' Arme.


    "Aber der Herr von Lynn wird sie auch verprügeln oder schlimmer! Tu's für sie!"


    Das Wohlgefühl in Lucius verbesserte sich weiter. Jetzt wusste er auch noch, dass sie eine Sklavin war und Lynn hieß. Er brauchte also nicht mehr zu bluffen - damit würde er sicherlich herausfinden, wo sie wohnte!


    "Davon hab' ich auch nix! Ich kenne sie nicht 'mal!"


    "Bitte, sie ist so lieb und...und...bitte, du kriegst alles, was du willst!"


    Armin wurde nun immer nervöser und ängstlicher, seine Augen waren bereits ganz glasig - gleich würde er zu weinen beginnen! Einen Augenblick lang spielte Lucius mit dem Gedanken, es bis zum Letzten auszureitzen, ihn vielleicht sogar wirklich zu verpetzen - es wäre eine schöne Genugtuung, endlich jemanden anderes als sich selbst leiden zu sehen! Doch dann besann er sich - er hatte ja einen Plan und den musste er umsetzen!


    "Hmmm...na guut. Ich sag's nicht - aber nur, wenn du mich das nächste Mal beim Training gewinnen lässt! Und zwar immer!"


    Es schien, als wäre alle Angst innerhalb eines Augenblicks von Armin abgefallen, er wirkte sprichwörtlich erleichtert, völlig überrascht über Güte des Angebots! Und das wiederum ärgerte Lucius. Für ihn waren die ständigen Niederlagen absolut demütigend, daher war er davon ausgegangen, dass Armin dies ebenso empfand. Ihm war nicht klar gewesen, dass es dem Sklaven relativ egal war, ob er gewann oder verlor - zumindest beim Training. So legte er rasch nach:


    "Und ich kriege dein Messer!"




  • Wieder einmal saß Petronius Crispus gemeinsam mit Privatus in seinem Tablinium und rechnete ab. Die Officina hatte ganz gute Gewinne abgeworfen, wie er feststellte. Vielleicht sollte man sogar expandieren? Beim Steinbruch sah es düsterer aus: Wieder einmal fehlte es Willigis an Werkzeug, das sich durch den Stein ständig abnutzte. Und wieder ärgerte Crispus sich darüber, dass dieser Caecilius nur sehr unzuverlässig lieferte. Er erinnerte sich dunkel, dass man etwas von Ausschließlichkeit ausgemacht hatte, doch als Privatus den damaligen Vertrag vorgelesen hatte, musste der Petronier sich weiter ärgern: Im Grunde war nur der Preis festgelegt worden!


    "Dieser verdammte Caecilius! Warum haben wir nur keine Klausel in den Vertrag eingebaut damals? Dann wäre ich jetzt ein reicher Mann! Und so muss Willigis seine Zeit damit verplempern, nach Schmieden zu suchen! Am besten wäre es, wenn man alles selber herstellt!"


    "Nein, Herr, man müsste sich um zahlreiche Geschäftsbereiche zugleich kümmern. Du solltest dir einen neuen Anbieter suchen! Abgesehen davon benötigt man keinen Vertrag, um Werkzeug zu diesem Preis zu bekommen - es gibt Händler, die am Straßenverkauf billiger sind!"


    Crispus war schlecht gelaunt und die Verbesserung seines Sklaven, der wie üblich alles besser wusste, ärgerte ihn noch mehr. Natürlich hatte er recht, aber musste er alles immer in einem Ton sagen, der dazu führte, dass Crispus sich wie ein dummer Bauer vorkam?


    "Hm, du hast ja recht. Aber wer hat die Kapazitäten für mich?"


    fragte er daher - sicher, dass Privatus bereits einen Plan hatte. Und tatsächlich:


    "Was ist mit diesem Reatinus? Er wollte doch auch in die Societas hinein...vielleicht ist er dir entgegenkommend - er ist doch auch so etwas wie dein Freund, nicht wahr?"


    Reatinus? Natürlich, Reatinus! Wieder einmal kam der Alte sich dumm vor: Wie hatte er Reatinus vergessen können? Der hatte doch auch eine Schmiede und produzierte scheinbar passables Werkzeug! Und er war nicht auf jedes As angewiesen, da er sowieso Offizier war!


    "Na dann schreib diesem Comes einen Brief, dass der Vertrag beendet ist! Und Reatinus schreibe ich selber."


    "Es wäre unklug, den Vertrag zu kündigen, Herr. Es liegt keine Klausel vor, die ausschließt, das Werkzeug aus anderen Quellen zu beziehen. Und im Zweifel hast du dadurch stets ein Anrecht darauf, Werkzeug zu diesem Preis zu erhalten...soweit es angeboten wird."


    Einen Moment sah Crispus seinen Sklaven verdutzt an. Er hatte doch nun einen neuen Lieferanten...hoffentlich zumindest. Wofür Metellus? Aber Privatus hatte bisher immer größeres geschäftliches Geschick bewiesen als Crispus selbst, also beschloss er, seinem Sklaven zu vertrauen.


    "Na gut. Dann schreib ihm nicht. Aber ich diktiere dir meinen Brief. Also 'raus mit Stylus und Tabula!"

  • [Blockierte Grafik: http://img5.imageshack.us/img5/1010/arminlter.jpg] | Armin


    Es war wieder einmal so weit: Der Alte hatte seinen Soldaten-Tick. Irgendwie war Armin früher, als der Petronier noch Soldat gewesen war, wesentlich lieber dessen Sklave gewesen. Auch die erste Zeit hier in diesem Haus war noch in Ordnung gewesen, doch irgendwie hatte der junge Germane das Gefühl, dass er seit dem Tod von Heila durchgedreht war. Und nun war er auch noch auf den Trichter gekommen, seinen Sohn und ihn zu Soldaten auszubilden! Inzwischen konnten die beiden Jungen den Aufbau einer Legion beschreiben, die Ausrüstungsgegenstände des Legionärs aus dem Gedächtnis aufzählen, wussten wie sie einen Gegner mit bloßen Händen umbrachten (theoretisch) und konnten Strammstehen wie ein Soldat. Armin hielt all das jedoch für völlig überflüssig: Er würde doch sowieso nie Soldat werden können - er war doch ein Sklave! Und gerade jetzt nahm er es seinem Herrn besonders übel, dass dieser ihn dazu gemacht hatte. Natürlich wusste er, dass er ein Waise war. Und er wusste auch, dass er das Kind von Aufständischen war. Doch gerade das erregte seinen Ärger, was jedoch weniger an dem dämlichen Soldaten-Training, sondern vielmehr an seinem Geheimnis lag, hinter das Lucius gekommen war!


    Er hatte Lynn beim Einkaufen kennen gelernt. Sie hatten sich regelmäßig am Stand des Bäckers getroffen und irgendwann waren sie darauf gekommen, dass sie gar nicht Lesen konnte. Deshalb hatte Armin es ihr beigebracht - heimlich. Er hatte sich bereits sehr früh zu ihr hingezogen gefühlt, mit der Zeit hatte sie diese Gefühle auch erwidert. Und nun waren sie ein Paar - ebenfalls heimlich. Oft hatte Armin davon geträumt, ein freier Mann zu sein (bald würde er tatsächlich das Mannesalter erreichen) und Lynn von ihrem Herrn freizukaufen. Dann konnten sie ein gemeinsames Leben beginnen, er konnte vielleicht eine Schreibstube aufmachen! Aber daran war nicht zu denken - der Alte würde ihn vielleicht freilassen, wenn er doppelt so alt wie Morag war! Und als ob dieser Umstand und das bescheuerte, sinnlose Training nicht genug gewesen wären, war Lucius auch noch hinter seine Liebschaft gekommen. Seitdem hatte er höllische Angst, dass sein kleiner Beinahe-Bruder ihn verpetzte. Er fürchtete sich nicht vor Schlägen - das war er gewohnt und außerdem war er ein stolzer Germane! Was ihn rasend machte, war die Angst um Lynn! Und dafür tat er alles!


    Und so ließ er nun wider besseren Wissens seine Deckung fahren und tat so, als versuche er Lucius mit seinem Schwert zu treffen. Kaum hatte er das triumphierende Funkeln in den Augen seines Gegners gesehen, da spürte er auch schon das harte Holz, das sich in seine Magengrube bohrte. Der Schmerz durchfuhr den jungen Germanen wie ein Blitz und für einen Augenblick hatte er das Gefühl, sein Mittagessen würde gleich auf dem Steinboden des Hofes verteilt liegen. Dieser blöde kleine Junge hätte doch wenigstens ein bisschen abbremsen können, wenn Armin ihm schon so eine Gelegenheit bot! Doch Lucius schien es geradezu Spaß zu machen, andere zu quälen! Abgesehen half es sowieso nichts. Er ließ sein Holzschwert fallen und hielt sich den Bauch.


    Er wurde nicht etwa durch einen weiteren Angriff vonseiten Lucius' aus seiner Schmerzstarre gerissen - nein, der Stock des Alten traf ihn auf den Rücken, zugleich drang die rauhe Soldatenstimme an sein Ohr.


    "Nimm dein Schwert! Die Deckung, verdammt nochmal! Gib dir etwas Mühe, Armin!"


    Wie sehr er all das hasste! Er sollte fliehen! Weg von diesen ganzen verdammten Petroniern, zusammen mit Lynn am besten! Doch die traute sich nicht. Und irgendwie hatte sie auch Recht: Wo wollten sie denn hin? Hier in Mogontiacum wusste jeder, wem sie gehörten. Und wo wollten sie denn hin? Armin hatte sogar seine Muttersprache verlernt und sprach auch nur den hiesigen germanischen Dialekt. Und Lynn sowieso.


    Er bemühte sich seinen Schmerz herunterzuschlucken und hob sein Schwert auf. Hoffentlich stiegen ihm keine Tränen in die Augen! Er wollte diesem ganzen Mist wie ein echter Germane begegnen - grimmig und ohne ein Anzeichen von Schmerz oder Angst! Es war unwürdig, dass er sich unter Wert verkaufen musste - für heute musste es genug Triumph für Lucius sein. Er würde es sicher einsehen, dass der Alte es schnell merken würde, wenn Lucius alle Kämpfe gewann!





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Zitat

    Original von Petronia Crispina
    [...]


    Inzwischen war einige Zeit vergangen, seitdem Crispus seine Nichte "inhaftiert" hatte. Die erste Zeit war er häufiger gekommen um sie zu fragen, ob sie ihre Fehler nun endlich einsähe. Das Ritual lief im Grunde immer gleich ab: Er öffnete die Tür, blickte hinein, bekam manchmal leichte Gewissensbisse wenn er sah, wie abgerissen sie langsam aussah, schluckte das Mitgefühl jedoch herunter, fragte sie, ob sie nun endlich einsähe, warum er sie hier eingesperrt habe und ob sie sich entschuldige, sie hatte ihm giftige Worte und Blicke zugeworfen und er daraufhin wortlos die Tür. Der Trotz, der ihm hier entgegenschlug, hatte ihn jedes Mal nur wütender gemacht und so war er in letzter Zeit nicht einmal mehr täglich gekommen. Insgeheim bewunderte er sie jedoch auch, denn so viel Beharrlichkeit war ihm noch bei keinem seiner Rekruten untergekommen.


    Am heutigen Tage nun versuchte der alte Petronier es erneut, obwohl er inzwischen glaubte, dass sie es nie einsehen würde. Bei den letzten Versuchen hatte er bereits überlegt, ob er das Mädchen hinauswerfen sollte - wahrscheinlich hatte sowieso schon jeder, der Crispina kannte, bemerkt, dass sie verschwunden war!


    Langsam schob er die Tür auf und blickte in das Dunkel des verbarrikadierten Ladens.


    "Crispina?"

  • Crispina hatte aufgehört zu zählen wieviele Tage sie hier schon eingesperrt war, denn es hatte keinen Sinn. Jeder Tag zog sich dahin als würde er Wochen dauern und ihr zeitliches Gefühl war wie weggeblasen. Irgendwann waren die bescheuerten Besuche ihres Onkels immer weniger geworden. Nur Gunda brachte ihr immer wieder das Essen und das Trinken und gab ihr die Gelegenheit sich zu waschen und neu einzukleiden. Nicht einmal anständige Sachen gab man ihr zum anziehen. Die Teile sahen aus wie billigste Sklavenkleidung. So erniedrigt war sie noch nie worden und für Crispina stand fest, dass sie hier weg musste oder noch wirklich als Sklavin endete. Vielleicht war es das was er wollte. Vielleicht wollte ihr Onkel sie zu einer Sklavin machen damit er sie los wurde und sie keine Möglichkeiten mehr hatte zu ihm zurück zu gehen oder nach Rom oder zu irgendeinem Familienmitglied bei dem sie Zuflucht suchen konnte.


    Tränen konnte die junge Frau keine mehr weinen. Viele Tage hatte sie damit zugebracht zu weinen und sich Fragen zu stellen womit sie das verdient hatte. Augenringe hatten sich unter ihren Augen gebildet und noch viel blasser war sie hier in dem diesigen Licht geworden. Wirkliches Sonnenlicht hatte sie nicht mehr genießen können, schließlich ließ man sie nicht raus und behandelte sie noch schlechter als die Sklaven hier im Hause.


    Zusammengekauert saß sie in einer Ecke und dachte nach, summte leise vor sich hin. Es war wirklich ein Wunder, dass sie noch nicht verrückt geworden war, oder war sie es vielleicht doch schon und wusste es nicht?


    Das Geräusch der Tür als sie sich öffnete nahm sie kaum noch wahr. Sie dachte auch nicht daran, dass ihr Onkel mal wieder hier war um nach ihr zu sehen, doch schnell wurde sie eines Besseren belehrt. Er war es. Seine Stimme ließ sie leicht aufblicken, aber nur ein wenig. Leer war ihr Blick und das Licht welches durch die Tür fiel blendete sie so, dass sie ihre Augen etwas zusammenkniff.


    "Ja?" fragte sie als sie ihren Namen hörte. Ihre Stimme klang teilnahmslos und sie ahnte was er sie fragen wollte. Doch dieses mal würde sie einfach mitspielen damit sie endlich hier raus kam um ihre Pläne zu verfolgen.

  • Das Mädchen sah wirklich ungesund aus. Wenn er so weitermachte, dann würde sie noch verrückt werden...naja, eigentlich war sie das sowieso. Aber vielleicht nahm sich noch größeren Schaden - er hatte es schon gesehen, dass Gefangene verrückt wurden. Und mit diesem gespenstischen Summer fing alles an!


    "Du weißt, warum ich hier bin."


    meinte er nur und fuhr dann - wie üblich - fort:


    "Ich verlange, dass du dich entschuldigst und gelobst, ab jetzt gehorsam zu sein."

  • Das war eine mehr als nur dumme Frage. Natürlich wusste sie warum dieser Kauz hier war...um sie zu nerven und zu prüfen. Crispina war sich bewusst, dass wenn sie nun wieder anfing zu bocken sie niemals mehr hier aus dem Verschlag raus kam. Er würde sie bestimmt hier drinnen lassen bis sie verfault und vergessen war. Was hatte er wohl Lucius erzählt warum sie nicht mehr draussen zu sehen war? Eine interessante Frage.


    Es gab ein kratziges und schabendes Geräusch als sie ihre Füße an sich zog und die Knie anwinkelte. Immer wieder strichen ihre Finger über ihren Arm während sie ihren Onkel anblickte aus ausdruckslosen Augen. Am liebsten wären ihr die Worte Leck mich am Arsch gewesen, aber jene verkniff sie sich.


    "Es tut mir leid," brachte sie stattdessen leise hervor "Ich werde dir versprechen gehorsam zu sein und dir nicht mehr zu widersprechen und böse zu reden," meinte sie und kam sich wie ein kleines Kind vor welches etwas unartiges getan hatte und nun belehrt wurde. Crispina versuchte so demütig zu klingen wie sie nur konnte auch wenn es schwer fiel, denn fühlen tat sie im Moment irgendwie nichts mehr.

  • Sie war verängstigt und das beruhigte Crispus ein wenig - es war ein Zeichen, dass sie ihm langsam nicht mehr ganz so trotzig und tollkühn die Stirn bot. Und dann - er wollte sich schon fast umdrehen und wieder gehen, sagte sie den Satz, den er schon seit Tagen und Wochen hören wollte. Einfach so!


    "Na also! Dann geh und richte dein Zimmer wieder ein. Unser Verwandter ist wieder weg, du kannst es wieder haben!"


    Damit drehte er sich um und ging davon, die Tür offen stehen lassend. Vor lauter Überraschung vergaß er ganz, Crispina noch weitere Vorhaltungen über ihr Verhalten zu machen und ihr Befehle über die Bereinigung ihrer Schuld zu geben. Er war einfach beruhigt, dass er diese Last losgeworden war. Ab jetzt würde sicher alles besser werden!

  • Er gab sich einfach so damit zufrieden, dass sie das gesagt hatte? Nichts weiter sonst hatte sie tun müssen? Crispina hatte eher geglaubt, dass er ihr noch einen Ellen langen Vortrag halten würde um sie zu belehren und noch etwas fertig zu machen bevor er sie dann gehen ließ, aber nun hockte sie hier auf dem dreckigen Boden und starrte in die Tür in der er eben noch gestanden hatte.


    Sie war offen...sie durfte gehen, einfach so.....


    Eigentlich interessierte sie ihr Zimmer nicht mehr wirklich. Ihre Sachen waren nicht mehr drinnen und viel konnte sie ja auch nicht mitnehmen, denn sie hatte den Entschluss gefasst von hier abzuhauen und das würde sie auch machen. Crispina wusste, dass es ein sehr langer Weg war denn sie ab heute gehen würde, aber er musste gegangen werden, denn der Hass auf ihren Onkel war einfach zu groß. Größere Sorgen machte sie sich um Lucius. Am liebsten hätte sie ihn mitgenommen, aber das ging nicht, denn dann würde Crispus sie sicher umbringen.


    Ganz langsam stand die junge Frau auf und genoss das Licht welches durch die Türe reinfiel. Keiner hielt sie auf, keiner bewachte sie, endlich war sie frei nach unendlich vielen Tagen. Sie wusste gar nicht wo sie mit ihren Planungen anfangen sollte oder was sie als erstes jetzt tun musste.


    Doch eines fiel ihr ein.....ein Bad würde sie jetzt erst einmal nehmen um zu Kräften zu kommen, dann würde sie sich einige Sachen zusammensuchen und schon bald wäre sie dann weg. Crispina dachte auch darüber nach noch einmal mit Lucius zu reden, aber das würde den heimlichen Abschied nur noch schlimmer machen, also verwarf sie diesen Gedanken auf der Stelle wieder. Briefe würde sie hinterlassen, zumindest für Lucius einen in dem sie ihm sagte, dass sie weg war.


    Sie stand zwischen Tür und Angel und blickte hinauf in den blauen Himmel und atmete die staubfreie Luft ein. Irgendwann würde sie ihren Onkel dafür büßen lassen was er ihr hier angetan hatte. Vorsichtig strich sie sich einige Haarsträhnen aus ihrem schmutzigen Gesicht und tat den ersten Schritt nach draußen in die Freiheit. Es war komisch sich hier draußen so zu bewegen und sie genoss es einfach, wer wusste schon ob ihr Onkel nicht auf die Idee kam, dass er vielleicht eine Dummheit gemacht hatte und sie doch lieber wieder auf der Stelle einsperrte, denn das konnte sie sich nicht leisten noch länger hier zu versauern, sie musste hier weg so schnell wie möglich und vor allem bevor der Winter Einzug hielt.


    Als erstes begab sich Crispina ins Balneum um sich zu waschen und zu entspannen.........

  • [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Als Lucius nach Hause kam, stellte er überrascht fest, dass die Tür, hinter der Crispina eingesperrt gewesen war, offen stand. Vorsichtig schlich er sich an (sein Vater hatte ihm strengstens verboten den Riegel zu bewegen und es in einem Ton gesagt, der den kleinen Petronier sehr verängstigt hatte). Doch als er vorsichtig hineinspähte, sah er - niemanden! Crispina war weg! Wahrscheinlich geflohen! Doch wie hatte sie das gemacht? Und wohin war sie geflohen? Und was sollte er jetzt tun?


    Eine Weile stand er unschlüssig herum, dann begann er zu laufen - hin zum Tablinium seines Vaters. Er musste das melden, denn wenn sein Vater erfuhr, dass er davon gewusst hatte, würde er sicherlich schwer bestraft werden! Was passierte, wenn sein Vater Crispina wieder einfing, wollte er sich zwar gar nicht vorstellen, doch letztendlich war es ihm sein Leben doch wichtiger...außerdem - vielleicht passierte Crispina etwas, wenn sie so ganz allein da draußen war! Und vielleicht würde sein Vater ihn ja loben, weil er so pflichtbewusst gehandelt hatte!


    Aufgeregt riss er die Tür auf und erblickte seinen Vater, der überrascht aufsah. Er schien nichts zu ahnen, denn er war ehrlich überrascht, seinen Sohn in solcher Aufregung zu sehen.


    "Papa, Crispina ist weg! Die Tür...sie ist offen!"


    rief der Junge aufgeregt und wusste gar nicht, wo er zuerst anfangen sollte. Doch sein Vater teilte die Aufregung nicht, sondern sah ihn zuerst verständnislos an...und lachte dann herzhaft. Nun war es an Lucius, seinen Vater voller Unverständnis anzusehen. Was ging hier vor? War sein Vater verrückt geworden? Er musste doch wütend werden! Oder zumindest aufgeregt! Doch er...war einfach nur amüsiert! Er wollte gerade zu einer genaueren Erklärung ansetzen, damit sein Vater den Ernst der Lage doch noch verstand, doch dieser winkte ab.


    "Lucius, mein Lieber! Ganz ruhig, ich habe Crispina freigelassen! Sie hat sich entschuldigt!"


    Entschuldigt? Lucius glaubte, sich verhört zu haben! Die ganze Zeit hatte sie sich geweigert, was Lucius sehr beeindruckt hatte. Im Stillen hatte er sie dafür sogar geliebt, denn wer sonst bot seinem Vater die Stirn? Doch nun war sie doch eingeknickt, hatte aufgegeben! Er wusste gar nicht, wie ihm geschah, doch...irgendwie war er enttäuscht! Da sein Vater ihn erwartungsvoll und noch immer belustigt ansah, meinte er nur


    "Achso."


    und drehte sich um um den Raum zu verlassen. Eigentlich sollte er sich ja freuen, dass Crispina wieder frei war, doch irgendwie kam keine Freude auf. Fast hatte er sich schon wieder daran gewöhnt, allein gegen seinen Vater zu stehen - und er hatte sich behauptet! Sogar Armin fürchtete ihn! Er ließ sich auf die steinerne Bank fallen und starrte gedankenverloren auf die Grünfläche in der Mitte des Hofes.




  • Nach dem einige Tage verstrichen waren als ich mit Primus über die Societas gesprochen hatte, beschloss ich kurzerhand bei Petronius Crispus vorbeizuschauen.


    So klopfte ich an der Türe des Hauses und zupfte noch bevor mir geöffnet wurde meine Kleidung ein wenig zurecht.

  • | Morag


    An diesem Tag, der stark jedem anderen im Jahr ähnelte, war auch Morag gewöhnlich beschäftigt: Er musste Feuerholz für den Winter klein machen, wozu er ein Handbeil benutzte. Die Arbeit war ziemlich anstrengend, sodass er äußerst verschwitzt war, als er Iustus die Tür öffnete.


    Er erinnerte sich noch an den Mann und meinte:


    "Du möchtest Petronius Crispus sprechen? Ich führe Dich zu ihm!"


    Er zog die Tür ganz auf und führte den Hadrianer ins Tablinium, wo der Alte gemeinsam mit Privatus über irgendetwas zu sprechen schien. Das Gespräch wurde jedoch unterbrochen, als Morag die Tür öffnete. Crispus schien etwas überrascht, sagte jedoch vorerst nichts.





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Als ein Sklave die Türe öffnete und gleich zur Sache kam da er mich wohl erkannt hatte, nickte ich und meinte.


    So ist es!


    Dann folgte ich dem Sklaven ins Tablinium. Es schien mir das ich etwas ungelegen kam so grüßte ich und fragte dann.


    Salve Petronius Crispus. Ich hoffe ich komme nicht unpassend. Wenn doch, so komme ich gerne ein ander mal wieder.

  • ....schrieb sie einen Brief für Lucius. Crispina wollte nicht einfach gehen ohne ihm verständlich machen warum sie das tat. Sie hatte keine Ahnung von seinen Gedanken die er seit gestern hatte, ihr und sich gegenüber. Wenn sie gewusst hätte, dass er plötzlich so enttäuscht von ihr war hätte sie vielleicht doch noch einmal mit ihm gesprochen um ihm zu erklären warum sie nun klein bei gegeben hatte. Auf Ewigkeiten konnte es einfach niemand in einer solchen Gefangenschaft aushalten und Crispina hatte es jeden Tag aufs neue gespürt, dass sie es nicht mehr schaffen würde wenn sie es nicht bald beendete.


    Nur durch einige Gedanken hatte sie die Tage herumbekommen. Sie wusste, dass sie vielleicht in ihr Verderben rannte bei dem was sie vor hatte, aber sie musste es versuchen. Immer wieder hatte sie an den Artorier gedacht und immer wieder hatte sie seinen Brief gelesen. Crispina wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass dieser Mann sie nicht vergessen hatte und sie hatte sich vorgenommen irgendwie zu ihm zu gelangen, zwar hatte sie keine Ahnung wie sie es anstellen sollte, aber sie musste es versuchen und sie musste gehen....noch heute.


    Vieles hatte sie sich schon genau überlegt, denn sie würde mitten am Tag gehen. Lucius war in der Schule und ihr Onkel war unterwegs. Somit hatte sie freie Bahn und da sie nicht viel mitnahm würde es auch nicht groß auffallen, dass sie abhaute. Es würde eher danach aussehen, dass sie einfach nur einen Spaziergang machen wollte, vielleicht über den Mercatus um sich zu erholen von den endlos langen Tagen in dieser Baracke. Niemanden würde sie etwas sagen, nur Lucius würde wissen, dass sie weg war und warum und vielleicht auch wohin, aber da war sie sich nicht sicher ob sie es sagen sollte oder ob sie es ihm lieber erst schreiben sollte wenn sie da war.


    Als sie den Brief fertig hatte ging sie zu Lucius Zimmer und legte den Brief auf sein Bett auf das Kissen. Er würde ihn finden und lesen...das wusste sie.



    Mein lieber Lucius,


    bitte sei mir nicht böse wenn Du diese Zeilen gelesen hast. Ich hoffe sehr, dass Du mich verstehen wirst oder es eines Tages verstehst.
    Dein Vater und ich verstehen uns einfach nicht und ich schaffe es nicht mehr mich gegen ihn zu behaupten. Sicherlich hast Du mitbekommen, dass er mich nun seit so langer Zeit gefangen gehalten hat nur weil ich mich für etwas entschuldigen sollte. Ich sehe mich noch heute im Recht, aber das spielt keine Rolle mehr. Ich habe ihn belogen und mich bei ihm entschuldigt damit er mich wieder gehen lässt.


    Lange habe ich mir Gedanken darüber gemacht was ich machen soll und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es besser ist zu verschwinden. Ich bin hier nicht erwünscht, das war ich leider von Anfang an nicht. Es tut mir leid, dass ich Dich im Stich lasse, denn ich hätte Dich zu gerne mitgenommen, aber ich weiß, dass ich das nicht darf, denn Dein Vater würde mich sonst umbringen.


    Lieber Lucius, ich werde Dich niemals vergessen und ich werde Dir versprechen zu schreiben wenn ich dort ankomme wo ich hin möchte. Ich hoffe sehr, dass Dein Vater Dich nicht all zu schlecht und gemein behandeln wird. Mein Weg führt mich zu jemanden der mich versteht und der mich mag wie ich bin. Ich werde Dir nicht schreiben wer es ist, denn ich habe Angst, dass Dein Vater diese Zeilen liest und mich dann einfangen könnte bevor ich dort ankomme. Bitte verzeih mir mein kleiner, großer Lucius.


    Mögen die Götter Deinen Weg auf immer schützen.


    Deine Crispina




    Crispina wollte sich nicht ausmalen wie sich Lucius fühlen würde wenn er das las, aber sie konnte einfach nicht anders. In einen Beutel hatte sie die nötigsten Dinge gepackt und auch etwas wärmeres zum drüberziehen war dabei, aber nicht viel. Gekleidet war sie in ein lindgrünes Gewand mit einigen Stickereien und einer passenden Palla. Wirklich wissen was sie in der Nacht machen sollte wusste sie nicht, denn viel Geld hatte sie nicht mehr über und sie hatte auch so keine Ahnung wie sie hier wegkommen sollte. Doch sie wusste, dass viele Händler umherzogen und hoffte bei einen von diesen unterzukommen und mitgenommen zu werden. Irgendjemand würde schon den Weg nach Italien nehmen, irgendjemand....


    Ein letztes Mal atmete sie tief durch und dann verließ sie das Haus ihres Onkels.


  • Einen Moment fragte Crispus sich, ob er tatsächlich so gestört aussah, dann jedoch lächelte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann deutete er auf den Hocker vor seinem Tisch.


    "Nein, nein, nimm Platz, sprich! Was hast du für Neuigkeiten?"


    Sicherlich würde es um die Societas gehen - oder doch um die Duccier?

  • [Blockierte Grafik: http://img14.imageshack.us/img14/7499/luciusgrer.jpg]| Lucius Petronius Crispus


    Am nächsten Tag hatte Lucius seine Enttäuschung über Crispina schon wieder vergessen. Er war ihr den ganzen Tag nicht begegnet, doch heute, als er von der Schule nach Hause kam, freute er sich bereits wieder darauf. Vielleicht würden sie ja wieder gemeinsam zu Fluss gehen! Im Hof war sie allerdings nicht und so ging er zuerst in sein Zimmer, wo er seine Schulsachen einfach auf den Boden warf - Hausaufgaben hatte er schließlich keine! Dann ging er jedoch gleich wieder nach draußen um Crispina zu finden. Zuerst suchte er in der Küche - vielleicht half sie Gunda?


    Doch als er die Tür öffnete, sah er dort nur die alte Sklavin, die dabei war, das Abendessen zu kochen. Sie schien etwas gedankenverloren aus dem kleinen, vergitterten Fenster zu sehen, doch als sie Lucius hörte, wandte sie sich rasch um.


    "Ach, Lucius, du bist es! Ich dachte vielleicht käme Crispina zurück."


    "Wo ist sie denn? Ist sie nicht da?"


    fragte der Knabe verwirrt - um diese Zeit ging man doch normalerweise nicht Einkaufen!


    "Ich glaube, sie wollte in die Stadt. Sah zumindest so aus."


    Die Antwort enttäuschte Lucius ein wenig: Er hatte sich so darauf gefreut, etwas mit seiner Cousine zu unternehmen und nun war sie nicht da! Vielleicht sollte er einfach allein losziehen und sie suchen? Aber dann würde ihm vielleicht Caius auflauern...dieser Idiot gab einfach nie auf - bloß weil Lucius ihm heute zum Abschied eine ordentliche Abreibung verpasst hatte! Und jetzt hatte er wirklich keine Lust auf Schlägereien - eigentlich mochte er grundsätzlich keine Schlägereien, nur Caius zwang sie ihm immer auf!


    Mit hängenden Schultern trottete zurück zu seinem Zimmer. Vielleicht würde er ein bisschen Geometrie machen. Bei dieser Beschäftigung, dem Zeichnen gerader Linien, dem Errechnen von Winkeln und Konstruieren von Kreisen beruhigte er sich immer. Und glücklicherweise war Xanthippus ein großer Mathematiker, weshalb Lucius bei Fragen immer an ihn herantreten konnte. Das rettete ihn ein wenig, denn in Grammatik war er dafür noch immer schrecklich.


    Als er in seinem Zimmer angekommen war, wollte er gerade das Kästchen mit dem Sand hervorholen, in dem er zu konstruieren pflegte, als ihm ein gefalteteter Zettel auf seinem Bett entdeckte. Was mochte das sein? Langsam ging er näher und faltete ihn auseinander. Zwar machte ihm das Lesen noch immer Mühe, doch langsam arbeitete er sich durch den Text.


    Mein lieber Lucius,


    bitte sei mir nicht böse wenn Du diese Zeilen gelesen hast. Ich hoffe sehr, dass Du mich verstehen wirst oder es eines Tages verstehst.
    Dein Vater und ich verstehen uns einfach nicht und ich schaffe es nicht mehr mich gegen ihn zu behaupten. Sicherlich hast Du mitbekommen, dass er mich nun seit so langer Zeit gefangen gehalten hat nur weil ich mich für etwas entschuldigen sollte. Ich sehe mich noch heute im Recht, aber das spielt keine Rolle mehr. Ich habe ihn belogen und mich bei ihm entschuldigt damit er mich wieder gehen lässt.


    Lange habe ich mir Gedanken darüber gemacht was ich machen soll und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es besser ist zu verschwinden. Ich bin hier nicht erwünscht, das war ich leider von Anfang an nicht. Es tut mir leid, dass ich Dich im Stich lasse, denn ich hätte Dich zu gerne mitgenommen, aber ich weiß, dass ich das nicht darf, denn Dein Vater würde mich sonst umbringen.


    Lieber Lucius, ich werde Dich niemals vergessen und ich werde Dir versprechen zu schreiben wenn ich dort ankomme wo ich hin möchte. Ich hoffe sehr, dass Dein Vater Dich nicht all zu schlecht und gemein behandeln wird. Mein Weg führt mich zu jemanden der mich versteht und der mich mag wie ich bin. Ich werde Dir nicht schreiben wer es ist, denn ich habe Angst, dass Dein Vater diese Zeilen liest und mich dann einfangen könnte bevor ich dort ankomme. Bitte verzeih mir mein kleiner, großer Lucius.


    Mögen die Götter Deinen Weg auf immer schützen.


    Deine Crispina




    Anfangs fühlte Lucius sich ein klein wenig stolz, dass Crispina seinem Vater ins Gesicht gelogen hatte und zumindest im Geiste ungebrochen war. Doch dann ging es weiter: Sie war geflohen! Einfach weg! Während er den Brief weiterlas, begann er zu zwinkern, dann füllten sich die Augen mit Tränen. Er hatte Crispina geliebt, sie war das Symbol seines Widerstands gegen den Vater gewesen! Und nun war sie einfach geflohen! Wie konnte sie ihn hier allein lassen? Bei wem konnte er sich nun ausheulen, wenn Vater wieder besonders streng gewesen war? Wem konnte er nun seine Geheimnisse anvertrauen? Und überhaupt, wer würde nun seinem Vater zeigen, dass er nicht der uneingeschränkte Herrscher in diesem Haus war? Hatte sie ihn so wenig lieb, dass sie ihn hier im Stich ließ?


    Als er geendet hatte, waren auch seine Wangen feucht und er zerknüllte den Brief langsam in seiner Hand. Seine Gefühle begannen sich zu wandeln: Aus dem Gefühl der Trauer und Hilflosigkeit wurde etwas anderes, etwas mächtiges: Das war...das war Fahnenflucht im Angesicht des Feindes! Sein Vater hatte ihm erzählt, welche Strafe darauf stand: Der Tod! Er verachtete sie! Eine echte Römerin wäre nicht einfach davongelaufen aus ihrer Familie! Man konnte sich seinen Herrn nicht aussuchen - man musste sich damit abfinden! Hatte sein Vater nicht auch die Geschichte von dem Römer erzählt, der lieber seine Hand verloren hatte als seinen Vater zu verraten? Nein, sein Vaterland, aber das war ja egal! Sie hatte nicht nur ihn verraten, sondern auch ihre Familie! Eigentlich wollte er sie gar nicht zurück!


    Vor lauter ohnmächtiger Wut warf er den zusammengeknüllten Brief gegen die Wand, dann umklammerte er sein Kissen und begann vor ohnmächtiger Wut in das Kissen zu heulen. Er hatte ihr sein Herz geschenkt, doch sie hatte es einfach achtlos fallen lassen!





  • Das war schon mal ein Wort. Ansonsten wäre ich eben einander mal wieder gekommen. Aber so war es mir auch recht.
    So setzte ich mich also und begann.


    Es geht um die Societas. Ich habe mit Terentius Primus gesprochen. Er und seine Frau Tullia würden ihr gerne beitreten. Und nicht nur das, er bietet uns sogar seine Taverne bzw. die seiner Frau für diverse Sitzungen an.


    Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und wartete auf Crispus` Reaktion.

  • Crispus lehnte sich zurück und hörte interessiert zu. Primus und seine Frau? Was wollte er denn mit seiner Frau bei diesen Geschäften? Ach richtig, Primus war ja Soldat, wahrscheinlich diente seine Frau als Strohmann...oder besser Strohfrau. Wobei sich allerdings die Frage stellte, wie er eine Frau haben konnte...


    "Das ist schön. Dann sollten wir sie aufnehmen, wenn es der Beschluss aller ist. Also müssten wir uns noch einmal treffen - Reatinus und Vinicius sind ja nicht mehr hier, aber wir können ihnen ja schreiben. Und außerdem habe ich sowieso bemerkt, dass man eine Societas nur mit drei Mitgliedern in eine Provinz gründen kann. Wenn die beiden dabei wären, ginge das ja."


    Dann die Frage der Taverne. Eigentlich überflüssig, wie Crispus fand - jeder hatte doch ein Haus!


    "Allerdings hätte ich gesagt, dass wir uns abwechselnd in den Privathäusern der Mitglieder treffen. Aber hin und wieder ist die Taverne sicherlich auch nicht schlecht."


    kommentierte er daher.

  • Ich zuckte mit den Schultern.


    Also an mir soll es nicht liegen. Ich habe Primus meine Stimme quasi schon zugesagt. Und da er und seine Frau auch nicht so grün mit den Ducciern sind, wären sie auf alle Fälle gute Verbündete. Ich denke nicht das Vinicius Lucianus etwas dagegen hätte. Na wunderbar, was braucht der Mensch mehr.


    Lächelte ich breit.


    Ja das hab ich ihm so auch gesagt... Und er war auch fest ein klein wenig beleidigt galube ich. Aber er wird es wohl verstehen wenn wir uns reihum bei jedem mal treffen. Und wie du schon sagst, ab und an im Hinterzimmer der Taverne.


    Stimmte ich Crispus zu.


    Auf alle Fälle gibt es dort recht guten Wein. Also das würde schon einmal dafür stimmten.


    Bemerkte ich alledings noch mit einem Lächeln.

  • Crispus hoffte, dass die Frau von Primus keine allzu große Xanthippe war, denn eigentlich sollte sie ja nur als Strohfrau dienen, während die Entscheidungen von Primus getroffen wurden.


    "Ja, ich werde Reatinus schreiben - und Lucianus! Dann können wir endlich zur Gründung schreiten! Privatus hier hat eine Satzung aufgesetzt, der wir noch alle zustimmen müssten - dann wäre die Sache geritzt!"


    Er wandte sich einem Stapel mit Tabulae und begann zu suchen. Doch Privatus rasch eine Tabula hervor und reichte sie seinem Herrn, der etwas beschämt lächelte und sie Iustus hinlegte.


    Societas Commercii Mogontiaciensis


    (1) Die Societas Commercii Mogontiaciensis ist eine Gesellschaft zur Erhöhung der Gewinne seiner Socii. Tätigkeiten der Socii außerhalb der Societas werden nicht berührt.
    (2) Entscheidungen dürfen nur mit der Zustimmung aller Socii getroffen werden. Jede Handlung kann durch das Veto eines Socius unterbunden werden.
    (3) Für die Investitionen der Societas hat jeder Socius 500 Sesterzen vorzuhalten, die auf gemeinsamen Beschluss verwendet werden können.
    (4) Die Gewinne und Verluste der Socii werden entsprechend ihrem Anteil an den gesamten Einlagen geteilt. Niemand ist jedoch verpflichtet, mehr als 500 Sesterzen zu investieren.
    (5) Die Aufnahme neuer Mitglieder erfolgt nur durch einstimmigen Beschluss aller Socii. Ebenso können einzelne Socii durch einstimmigen Beschluss der übrigen Socii ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist dem ausgeschlossenen Socius jedoch auch sein Anteil am Gesellschaftskapital auszuzahlen.
    (6) Jeder Socius ist zu jeder Zeit berechtigt, seine Mitgliedschaft zu beenden und seinen Anteil am Gesellschaftskapital einzufordern.
    (7) Zur Verwaltung einzelner Geschäfte können Procuratores bestimmt werden. Diese sind allen Socii weisungsgebunden und haben, sofern sie nicht zugleich Socii sind, keinerlei Mitspracherecht innerhalb der Societas. Ihre Bestimmung erfolgt durch einstimmigen Beschluss aller Socii.
    (8) Als Vorsitzender entsprechend der Lex Communitatis § 2 (3) fungiert ein Socius res gerens. Er vertritt die Societas gegenüber dem Staat. Allgemein haften jedoch sämtliche Socii juristisch entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftskapital. Darüber hinaus besitzt der Socius res gerens keine Sonderrechte, sondern hat die übrigen Socii jederzeit über alle Entwicklungen der Societas zu informieren.


    [Blockierte Grafik: http://img372.imageshack.us/img372/5986/siegelmpctabulaxm1.gif] [FONT=cataneo bt, amaze]M Petronius Crispus[/FONT]















    "Lies es dir durch. Wenn du zufrieden bist, kannst du unter mir unterschreiben. Ich würde das Ding dann bei Primus vorbeibringen und an Reatinus und Vinicius schicken. Die können es dann auch gleich einreichen."


    erklärte er.

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