[Officium] Tribunus Cohortis Praetoriae - Cohors V - Artorius Avitus

Decius wartete ab, während der Tribun ein Schriftstück entgegen nahm und sich mit diesem auseinandersetzte. Als ihm dann eine neue Aufgabe aufs Auge gedrückt wurde, hörte er aufmerksam zu und nahm das Schreiben in Empfang.

"Ich werde alles notwendige veranlassen. Soll ich dafür sorgen dass dieses Schreiben von einem Meldereiter nach Mantua gebracht wird um die Ankunft meiner Centurie vorzubereiten?"

Nach Mantua also, Gefangenenüberführung. Das würde sich vorzüglich als kleine Marschübung inszenieren lassen, so hätte das ganze auch noch einen Ausbildungswert.

"Nein..."
sagte Avitus.
"Das mach ich schon"
Hätte er gewusst, dass der Centurio dem "Ausflug" etwas in Richtung Ausbildungswert abgewinnen wollte, hätte er ein kleines Wort des Lobs ausgesprochen. So aber blieb es dabei.
"Wenn sonst nichts ist, nehme deinen Dienst wieder auf, centurio"

Decius nickte und reichte das Schriftstück wieder an den Tribun. Der gehörte anscheinend tatsächlich zu der Art von hohem Offizier der sich selbst um die Angelegenheiten zu kümmern gedachte und nicht alles an untere Ränge zu delegieren gedachte - das machte ihn gleich sympathischer. Was aber nicht hieß dass er sofort das volle Vertrauen der Centurionen gewonnen hätte. Wie bei den meisten militärischen Einheiten wurden neue Vorgesetzte zunächst mit Misstrauen bedacht, das Vertrauen der Soldaten mussten sie sich auf die eine oder andere Weise verdienen.

"Wie du wünschst. Der Gefangenentransport wird zu deiner Zufriedenheit durchgeführt werden."

Er salutierte knapp und wandte sich dann um, verließ das Officium um sich zu seiner Stube zu begeben.

Decius hatte sich einige Wachtafeln unter den Arm geklemmt und erschien so vor der Tür des Officiums seines Tribuns. Er klopfte an und wartete darauf, dass er heirengerufen wurde.

Und er klopfte, da er sich nicht sicher war ob der Tribun ihn auch gehört hatte, noch einmal an.

"Herein"
erklang es aus dem Innern des Officiums.

Decius öffnete die Türe, trat in das Officium und schloß sie hinter sich wieder. Dann salutierte er zunächst einmal.

"Salve, Tribunus Artorius. Ich komme mit den üblichen Zustandslisten der I. Centurie, und darüber hianus habe ich diesmal auch ein paar Beförderungsvorschläge."

Dabei deutete er auf einige Wachstafeln, die er in der Hand hielt.

"Gut gut"
Avitus deutete auf einen Stuhl. Da es wohl ein Gespräch werden würde, bei dem mehr als zwei Wort gewechselt werden würden, sah er keinen Sinn darin, den Centurio stehen zu lassen. Außerdem musste er so nicht dauern aufschauen, wenn er was sagen würde.
"Setz dich nur, Caecilius Decius. Fangen wir mit den Zustandslisten an"
Das Beste zum Schluß, hieß es doch.

Mit einem dankbaren Nicken setzte Decius sich auf den Stuhl und reichte dem Tribunen anschließend eine der Wachstafeln.

"Mehr als 2/3 der Centurie sind einsatzbereit. Klagen gibt es keine Nennenswerten, auch wenn die Männer sich vom neuen Kaiser eher... mäßig anerkannt fühlen. Ansonsten lässt sich sagen dass die Barracken wieder einmal renoviert werden müssten."

Avitus warf einen Blick auf die Liste. Natürlich war ihm nict entgangen, was Decius im Hinblick auf die Moral der Männer gesagt hatte.
"Die Männer sollen sich gedulden..."
sagte er. Einerseits konnte Avitus es Valerian nicht verübeln, dass er der Garde wohl offenbar nur wenig Beachtung geschenkt hatte. Andererseits wusste er, dass man mit der Garde, wie mit dem Feuer, nicht spielte und dass sich Praetorianer nicht lange in Geduld üben konnten.
"Was die Barracken angeht... walte deines Amtes. Ich muss mich hier auf euch centuriones, auf eure Selbstständigkeit verlassen können. Fühlt euch nicht gezwungen, bei solchen, wie soll ich sagen, regelmäßig auftauchenden Notwendigkeiten gezwungen, auf eine Genehmigung oder ähnliches zu warten. Bringt die Gebäude auf Vordermann, erstattet Bericht und gut ist"

Er legte die Tafel zu den anderen vier, die ihm bereits vorlagen. Eine stand noch aus, aber der Centurio würde wohl bald aufkreuzen. Anschließend konnte er einen Bericht bei Crassus erstatten, auf den dieser schon so lange wartete.
"Gut"
63 Mann einsatzbereit zu haben, war eine normale, wenn nicht gar eine gute Quote. Oft genug mussten sich Centurionen mit kaum mehr als der Hälfte ihrer Soldaten begnügen.
"Also dann, Caecilius. Schieß los. Wer hat sich in deinen Augen verdient gemacht?"

Decius vernahm den Kommentar des Tribuns zur Moral der Männer schweigend und sagte nichts weiter dazu. Aber wer wurde am Ende für die etwas gewöhnungsbedürftigen Ansichten der Männer verantwortlich gemacht? Deren Hauptmänner, die sich darum bemühten ihre Mannschaften auf Trab zu halten und ihnen klar zu machen wo ihre Loyalitäten zu liegen hatten. Jedoch, auch unter den Centurionen kannte er einige deren Loyalitäten eher dem Praefecten denn dem Kaiser galten.

Als der Tribun die Vorgehensweise die Barracken betreffend erläuterte, wollte Decius schon etwas erwidern, verkniff es sich dann jedoch. Wo er nun selbstständig den Mörtel herholen sollte war ihm ein Rätsel, und außerdem hatte er damit gerechnet dass vielelicht noch andere Barracken renoviert werden mussten so dass man das ganze in einem Aufwasch von einigen wenigen Centurien hätte erledigen können. Zumindest hätte der Tribun sich an den Princeps wenden können, aber vielleicht sollte Decius das besser selbst machen. Ein Tribun ließ sich von so etwas wohl schwer belästigen.

Schließlich kam es zu den Beförderungen, und da hatte Decius konkrete Vorstellungen.

"Da wäre mein Optio, Iullus Egilius Evander zu nennen. Er leistet mehr als gute Arbeit und hätte sich eine Erhebung in die Reihen der Centurionen verdient. Als seinen Nachfolger schlage ich Miles Lucius Quintilius Valerian vor, auch er lässt eine Befähigung zu höherem Erkennen.
Schlussendlich kann ich einen neuen Scriba gebrauchen, für diesen Posten habe ich Miles Quintus Duccius Eburnus im Blick. Wenn er sich als solcher nicht zu dumm anstellt, könnte er in absehbarer Zeit neuer Tesserarius der Centurie werden. Mein bisheriger Tesserarius, Gaius Vedius Firmus, wird seine Dienstzeit bald beendet haben."

Hätte Decius etwas auf Avitus' Bemerkung hinsichtlich der Barracken erwiedert, hätte die Antwort Avitus sicher etwas erstaunt. Normalerweise waren Einheiten in der Lage, Felder zu bestellen, Werkstätten zu betreiben und alles mögliche zu bauen, Strassen, Gebäude, Aquädukte. Da dürften die Baracken sicherlich kein Problem sein, zumal die Praetorianer für so etwas über einen kompetenten und erfahrenen Verwaltungschef samt Stab verfügten, der die Logistik bewerkstelligen konnte.

Doch da keine Bemerkung fiel...

Was die Beförderungsvorschläge anging, nickte er wohlwollend. In solchen Angelegenheiten musste er und durfte er den Centurionen vertrauen. Solange ihm selbst niemand auffiel, stand ihm nur das Urteil der Centurionen zur Verfügung und solange ihm nicht zu Ohren kam, dass diese bestochen wurden - und mit ihm nicht teilten! - hatte er eigentlich keinen Grund, ihre Urteile in Frage zu stellen.
"Ich vertraue deiner Beurteilung in dieser Angelegenheit"
sagte er.
"Was die Beförderung deines optio angeht, kennst du die Prozedur. Der Kaiser muss zustimmen"
Wobei kaum davon auszugehen war, dass das ein Problem werden würde.
"Was Duccius Eburnus angeht, so entscheidest ohnehin du, wer denn dein scriba werden soll. Wenn du den Mann für geeignet hälst, soll es so sein. Und was miles Quintilius angeht..."
Avitus hielt kurz inne.
"Auch hier wirst du wissen, wer dich vertreten können wird. Und da keine anderen Kandidaten anstehen..."
Also weder andere verdiente Gardisten noch Söhne hochrangiger Senatoren, ganz zu schweigen von Überfliegern
"Dürfte nichts dagegen sprechen. Doch erläutere mir vorher etwas näher, warum genau du miles Quintilius für befähigt hältst, deinen jetzigen optio zu ersetzen"
Avitus erwartete natürlich keine Heldensage, aber ein paar Eckdaten wären nicht schlecht. Er hatte Valerian schon kennengelernt und fragte daher nicht nur aus dienstlichen Gründen - es war eine Sache, jemanden zu einem Scriba zu ernennen und eine andere, aus jemandem einen Optio zu machen - sondern aus privaten ebenso. Ohnehin wollte er sich noch mit Valerian bezüglich Severus unterhalten und da war es gut, wenn er etwas mehr über ihn wüsste.

"Nun, der Mann lässt erkennen, dass er als einfacher Miles unterfordert ist. Meiner Einschätzung nach kann er Verantwortung übernehmen; er hat ein gutes Verhältnis zu seinen Kameraden und versieht seinen Dienst sehr gewissenhaft. Als Optio brauche ich jemanden der mit den Männern klar kommt, ohne dass die ihren Respekt zu ihm verlieren - unter meiner Leitung wird er genau dies bewerkstelligen, und ohne mich nun in zu ausgreifende Voraussagen zu versteigen könnte ich mir vorstellen dass er eine Tages einen guten Centurio abgäbe."

"Ich verstehe"
Ein vielversprechender Kandidat also.
"Nun denn, ich werde dein Anliegen, deinen optio betreffend, mit der administratio imperatoris abklären und gebe dir dann bescheid. Da aber nicht davon auszugehen ist, dass dem nicht entsprochen wird, lasse doch in der Zwischenzeit die Beförderungsurkunden für die beiden milites anfertigen und mir zur Unterschrift vorlegen"
Er hielt kurz inne, da ihm etwas einfiel und fragte dann
"Es sei denn, du hast bereits vorgesorgt?"
Man konnte ja nie wissen.

Mit einem schmunzeln zog Decius die Urkunden hervor, die er vor diesem Gespräch bereits in seiner Schreibstube angefertigt hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass seine Vorschläge abgelehnt wurden, und wäre dieser unwahrscheinliche Fall dennoch eingetreten - nun, so hätte er eben eine Urkunde umsonst ausgefüllt.

"Ich habe vorgesorgt, Tribunus." kommentierte er trocken. Zu dem Prozedere seinen Optio betreffend sagte er nichts, sowohl der Tribun als auch er wussten dass auch diese Sache kaum mehr als eine Formalität war.

Der Caecilier war also ein Mann, auf den Verlass war.
"Sehr gut"
sagte Avitus. Er signierte die Dokumente und reichte sie zurück an den Centurio.
"Ich werde dir morgen früh wegen deinem optio bescheid geben. Anschließend kannst du die Beförderungen bekannt geben"

Und Decius nahm die Urkunden in Empfang, wartete bis die TInte getrocknet war um sie anschließend einzustecken.

"Gut. Das wäre dann von meiner Seite auch alles gewesen, Tribunus."

"Überbringe den milites beizeiten meine Glückwünsche, Caecilius"
sagte Avius noch.
"Wenn das alles, war, kannst du abtreten. Vale, centurio"