Tiberius Decimus Crassus

  • Verus klopfte rythmisch an. Er hatte einige Dinge mit seinem Sohn zu besprechen, bevor das Verhältnis zu ihm ganz einschlief. Schließlich war Serrana verschwunden und Verus dachte, dass ihr Bruder nicht ganz unschuldig daran war.


    "Tiberius," rief er leicht gereizt. Er war noch recht mitgenommen, vorallem von dem plötzlichen Verschwinden seiner Tochter. "Wir müssen reden!"

  • Tiberius war gerade von Misenum zurückgekommen, als er sich in seinem Cubiculum etwas ausruhte. Umso ungelegener kam da sein Vater, auch wenn Crassus nichts dagegen hatte sich mit ihm auszusprechen. Er ließ ihn ein und setzte sich dann wieder auf sein Bett.


    "Ja?"

  • Verus trat heftigen Schrittes ein. Er schloss die Tür hinter sich und blieb in der Mitte des Raumes stehen.


    "Sohn," sagte er förmlich. "Deine Schwester hat uns verlassen. Sie ist weg und ich weiß nicht genau, wo sie ist. Sie sagte Achaia. Das heißt viel Gegend und keine genaue Lokalisation von ihr."
    Verus atmete heftig ein und aus. Ihm stand die Belastung im Gesicht.

  • Etwas ungläubig runzelte Tiberius die Stirn. Serrana war gegangen und hatte ihm kein Wort gesagt? Das konnte nicht sein.


    "Sie ist gegangen?"


    Es folgte ein Moment der Pause.


    "Hat sie gesagt warum? Wenn sie zurück nach Achaia ist, dann sicherlich nach Athen. Wo sonst sollte sie etwas zum leben haben."

  • Verus kannte natürlich ihre Worte, doch so recht konnte er sie nicht glauben. "Ich weiß es nicht," sprach er also.


    "Athen? Dann werden wir sofort aufbrechen und sie suchen! Bist du bei mir, Tiberius?"


    Verus wäre bereit alles aufzugeben, nur um seine Tochter wieder in seine Arme zu nehmen. Wenn sein Sohn ihn nun nicht aufhalten würde, wäre Verus weg.

  • "Halt! Warte, Vater."


    Tiberius musste hier wohl einiges zurechtbringen.


    "Du...wir...sollten jetzt nicht überstürzt handeln. Erstens haben wir beide, vor allem du, in Rom Pflichten, denen wir nachkommen müssen. Zweitens hat Serrana bestimmt ihre Gründe, warum sie gegangen ist. Wahrscheinlich würde sie sich nur bedrängt fühlen, wenn du ihr folgst. Sie wird alleine zurechtkommen und sich sicher melden, wenn sie angekommen ist", versuchte Crassus seinen Vater erst einmal zu beruhigen.

  • Verus brach zusammen. Es war ihm alles zu viel. Sein Körper fiel platt auf den Marmor. Er schloss seine Augen. Seine Atmung flachte auf.


    Verus riss die Augen nach einigen Momenten erneut auf. "Wir müssen doch...," sprach er.


    Ihm wurde bewusst, dass er seine Tochter verloren hatte und er nichts mehr tun konnte. Seine Pflichten hatten, wie so oft, Vorrang. Militärisch war hier nichts zu lösen. Seine Tochter war weg.

  • Tiberius hatte nicht erwartet, dass sein Vater so sehr darunter leiden würde, dass er gleich zusammenbrechen würde. So war es jedoch und Crassus versuchte so schnell wie möglich zu reagieren. Er half seinem Vater auf und trug ihm zum Bett. Der Decimus legte ihn aufs Bett und reichte ihm erstmal ein Glas Wasser.

  • Verus atmete schwer. Mühsam nahm er das Wasser mit seinen zittrigen Händen entgegen.


    "Ich habe alles für Rom getan," sagte er mit er schwacher Stimme. "Dennoch nehmen mir die Götter alles! Alles! Ich habe gekämpft, geblutet und geopfert, wie werde ich belohnt? Meine Tochter verlässt mich! Du hasst mich!"
    Verus griff sich an die Brust. Er stöhnte schwer. "Mein Herz!" Sein Herz begann zu stechen. Das Wasser fiel klirrend zu Boden.

  • Tiberius konnte nicht ahnen, dass es so ernst war. Er stürmte aus dem Zimmer und rief nach Hilfe. Crassus konnte recht schnell eine Hausdame, die auch medizinische Hilfe leisten konnte, ausfindig machen. Sie folgte ihm zurück ins Cubiculum und ließ sich am Bett nieder.


    "Beruhigt euch, Herr. Atmet tief durch!"

  • Verus rang nach Luft. Er neigte momentan zur Schnappatmung.


    "Ich...," keuchte er. "Kann...nicht...atmen..."


    Sein Herz setzte kurz aus und setzte dann wieder in. Seine Atmung beruhigte sich langsam, dennoch röchelte er immer noch nach Luft.

  • "Mein Sohn," sprach er. "Versprich' mir eines..."


    Er hustete. "Mache nicht die gleichen Fehler, wie ich. Gebe nicht alles für fadenscheinige Ideale auf. Bedenke immer, dass du so lebst, dass du frei bleibst."

  • Tiberius verstand im ersten Moment nicht wirklich was sein Vater damit meinte oder anprangerte, jedoch war dies nicht der Moment unnötige Erklärungen zu verlangen. Er nahm Verus Worte mit einem Nicken zur Kenntnis.


    "Natürlich, Vater."

  • "Ich bin müde," sprach er und schloss seine Augen. Friedlich schlummerte er ein. Seine Atmung setzte sich ruhig fort. Es hatte ihn sehr mitgenommen und er brauchte einen Moment der Ruhe. Nach einigen Minuten der Müdigkeit, öffnete Verus seine Augen erneut.


    Er rollte sich vom Bett und stand wankend auf.


    "Mein Sohn," sagte er mit einem wehleidigen Lächeln. "Ich bin stolz auf dich. Ich liebe dich." Dies wollte Verus seinem Sohn schon lange mitteilen, jetzt war der Zeitpunkt. Vielleicht lebte Verus nicht mehr lange und diese Worte mussten gesprochen werden.

  • Während sich Titus allmählich daran machte sich auszuruhen, erkannte Tiberius erst, dass er seinen Vater noch nie wirklich kennen gelernt hatte. Er war viel anders als Tiberius immer dachte.


    "Ich bin auch stolz auf dich, Vater und froh, dein Sohn zu sein."


    Dann verließ Crassus das Cubiculum. Sein Vater brauchte jetzt Ruhe und die würde ihm Tiberius geben.

  • Verus folgte seinem Sohn grinsend.


    "Mein Sohn, das ist dein Zimmer. Ich werde mich in meinem Raum ausruhen," rief er ihm hinterher und ging mit einem freundlichen Lächeln an ihm vorbei. Verus würde sich in seinem Cubiculum ausruhen. Er war froh, diese Dinge mit seinem Sohn besprochen zu haben.

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