Surprise, surprise... oder: Ein Aelier und eine Decima auf Abwegen

  • Seiana lächelte unvermindert weiter. Dass das Gedicht nicht von ihm war, fand sie nicht so schlimm, wer wusste schon, was dann daraus geworden wäre – sie kannte ihn inzwischen gut genug um zu wissen, dass so etwas nicht unbedingt zu seinen Stärken gehörte. Aber dass er es überhaupt versucht hatte, und dass er sich hatte helfen lassen von jemandem, um eines zu haben… „Ich brauch kein Gedicht. Ehrlich nicht“, grinste sie. „Aber ich find’s toll, dass du es versucht hast. Dass du dir solche Gedanken gemacht hast.“ Er wollte sie. Nicht ‚nur’ eine Frau, die aus einer angesehen Familie stammte und einigermaßen umgänglich war. Sonst würden sie auch nicht hier im Schlamm sitzen, sondern vermutlich irgendwo anders. Und es wäre… anders, wenn es hierbei hauptsächlich um eine politisch und traditionell möglichst vorteilhafte Verbindung gehen würde. Offizieller. Steifer. Nicht so verspielt und lustig, dass die Leute, die an dem Gerüst und dem Schlammbecken vorbei kamen, nicht anders konnten als gucken.


    Dass die Menschen guckten, mochte vielleicht auch daran liegen, dass sie sich schon wieder küssten. „Mh, Briefe?“ meinte sie dann, auf die Briefe bezogen. „Bin gespannt was sie schreiben.“ Caius – Seiana grinste schon wieder, als ihr auffiel, wie schnell sie schon in Gedanken begann, ihn Caius zu nennen – stand inzwischen auf und reichte ihr eine Hand, und sie ergriff sie und ließ sich mit Schwung hochziehen, was dem Schlamm ein lautes Plopp entlockte. „Ans Eheregister? Äh, ja, klar, gern, auf jeden Fall!“ Da war wohl einiges zu klären jetzt, und das Eheregister war dabei nur eins von vielen. „Oh, und Faustus muss ich auch gleich schreiben. Und Meridius.“ Sie stockte kurz und sah ihn an. „Was, äh, wie wollen wir das überhaupt machen? Ich meine, mit der Hochzeit dann und so…“ Nun machte sich erneut Aufregung breit in ihr, aber sie schob sie beiseite. „Egal. Das hat Zeit. Erst feiern wir, was meinst du? Sollen wir hier weiter machen, oder willst du woanders hin?“

  • Caius' Mund klappte erneut auf, doch schloss er ihn wieder, ohne zu widersprechen. Die weiteren Worte rauschten nur so an ihm vorbei. Fast hatte er den Eindruck, dass Seiana das extra machte. Weil er ein Mann war uns sie eine Frau, und er deswegen nicht so schnell folgen konnte. Also sagte er nichts und ließ sie erst einmal zu Ende quasseln.


    »Na los, das hier packen wir noch. Das wird unsere erste gemeinsame Hürde, mh?« Er drückte Seianas schlammige Hand kurz ein wenig fester und grinste sie an, dann war er es, der sich diesmal zuerst vorwagte. Schritt um Schritt zog er sich über das Seil, bis er schließlich den Punkt überquert hatte, an dem sie beide zuvor runtergeplumpst waren. Diesmal passierte er ihn und erreichte kurz darauf die erste Plattform. Unterdessen antwortete er auf Seianas Frage.


    »Mit der Hochzeit und so, ja, also... Zuerst mal die Verlobung, die feiern wir nicht, würde ich sagen. Ich meine, wegen so einer kleinen Feier alle einzuladen macht doch keinen Sinn, oder? Und nach Rom fahren lohnt sich auch nicht dafür, was meinst du, da machen wir lieber hier eine schön gemptliche kleine Fete und laden ein paar Freunde ein - du hast doch inzwischen Freunde hier? Naja, und bei der Hochzeit da müssen wir halt mal schauen dann. Ich bin ja nicht so davon überzeugt, in Rom so richtig auf die Ka..*hust*...chel zu hauen, mit den vielen steifen Würdenträgern und so, aber die Familie kann man ja auch nicht außen vor lassen, also sollte es schon Rom sein.... Oder? Ich bin ja schließlich nicht Vespa und vergess die Hälfte der Leute einfach, das geht ja nicht. Hah, angekommen!« :D

  • Während sie sich unterhielten, bewegten sie sich erneut auf den Anfang zu und erklommen die erste Plattform, und Seiana lachte fröhlich, als Archias – Caius, daran musste sie sich noch gewöhnen – von der ersten Hürde sprach und sich dann daran machte, erneut hinüber zu balancieren. Sie selbst hatte nicht wirklich die Wahl, ob sie nun mitkam oder nicht, hielt er doch immer noch ihre Hand und zog sie einfach mit sich – aber diesmal achtete sie darauf, nicht nach unten zu sehen, sondern konzentrierte sich auf Caius vor ihr. Was er ihr leicht machte, immerhin redete er ungerührt weiter.


    „Ja… also…“ Selbst zu reden, während sie gleichzeitig balancierte, stellte sich als etwas schwieriger heraus. „Die Verlobung…“ Ihre Hand krampfte sich kurz um die Caius’, als sie aus dem Tritt kam und etwas wankte, aber mit seiner Hilfe fing sie sich gleich wieder. „Ich würde… sagen…“ Sie konnte das nicht wirklich, und da Caius ohnehin schon weitersprach, hielt sie den Mund und wartete, bis sie endlich die Plattform erreicht hatten und sie freier sprechen konnte. „In Ordnung, noch mal von vorn.“ Sie grinste ihn an. „Ich würd auch sagen, dass wir die Verlobung klein feiern. Nur wir. Was Freunde betrifft… Also, hm, nein, eigentlich… nicht wirklich jemanden, den ich einladen würde, muss ich gestehen. Ich war viel mit Elena unterwegs, hab aber wenig Leute wirklich kennen gelernt. Aber das ändert sich hoffentlich, wenn ich erst mal im Museion anfange.“ Sie hob die Hand und strich über seine Wange, vorgeblich um den Schlamm zu entfernen. „Und die Hochzeit… ach, ich weiß nicht. Steife Würdenträger brauch ich auch nicht. Aber ich möchte meine Familie dabei haben, und deine auch, und da ist Rom dann doch der beste Ort für die Feier, finde ich. Und…“ Eine Hochzeit in wirklich kleinem Rahmen würde sich kaum verwirklichen lassen, wenn sie gleichzeitig die Familien dabei haben wollten. Und sie ihren Patron. Fragend sah Seiana ihn an. „Mh, vielleicht fällt uns was ein. Vielleicht sollten wir in die Einladung schreiben: steife Würdenträger unerwünscht.“ Sie lachte.

  • »Wie? ich bin ja schwer enttäuscht«, begann Caius, und seine Mundwinkel schickten sich an, den Ohrläppchen Guten Tag zu sagen.
    »Du als F r a u kannst nicht reden und gehen auf einmal? Na das ist ja eine mittelschwere Katastrophe!« Immerhin hieß es doch, dass die Frauen zu multi...mutli...multiplen Sachen fähig waren und die Männer nicht. Aber er hatte eben problemlos reden und balancieren können. Bedeutete das nun, dass er einen weibischen Touch hatte? Caius blinzelte und zuckte mit den Schultern.


    »Auch gut. Ich hätte sonst mal die Präfektengattin und ihre Freundin gefragt und Iunia Axilla und den Wirt aus dem Kapleion. Aber das muss ja nicht sein. Dann machen wir uns einfach einen schönen Abend und schicken dann den Brief nach Rom, was meinst du?« Caius drückte Seianas Hand und lächelte sie an. Plötzlich war alles viel einfacher. Lag vielleicht daran, dass man nicht mehr um den heißen Brei herumreden musste.
    »Hmmm. Ja, na gut. Die Senatoren dürfen ja eh nicht nach Alexandrien, auch wenn ich glaube, dass Valerian da vielleicht eine Ausnahme machen würde, wenn ein Verwandter heiratet... Aber das finden wir lieber nicht heraus. Ist ja nichts dabei, nach Rom zu reisen....« Trotzdem wurde Caius schon jetzt ganz anders, wenn er an das schwankende Schiff dachte.


    »Wie? Meinst du echt? Ich glaube, das führt zu...Komplikationen... Aber wir sollten uns mal überlegen, wer dann alles kommen soll. Abgesehen von den Familien, meine ich. Ach - du hast nicht zufällig einen Priester in der Familie?« Caius verzog die Nase seitlich, als Seiana ihm den Schlamm aus dem Gesicht wischte, und schnaufte.

  • Seiana guckte gespielt empört. „Also entschuldige mal, wenn ich auf so einem schwankenden, dünnen Seil stehe, da hab ich genug damit zu tun, mich auf meine Füße zu konzentrieren…“ Das kam erst über ihre Lippen, als sie auf der sicheren Plattform angekommen war, während gleichzeitig ihre Finger sich einen Weg zu seiner Seite suchten und ihn kitzelten. „Gern“, grinste sie dann anschließend. „Also, wenn du möchtest, können wir gerne ein paar Bekannte einladen. Aber mir wär lieber, wenn wir die Verlobung klein feiern. Bei der Hochzeit werden genug Leute da sein, schätz ich…“ Sie taxierte mit einem abwägenden Blick die weiteren Möglichkeiten von hier aus. Vielleicht hätten sie sich nicht erneut auf dieses Konstrukt wagen sollen, denn jetzt blieb ihr gar nichts anderes übrig, als wenigstens ein weiteres Mal noch über eines dieser Seile zu balancieren. Und damit es bei einem Mal blieb, müsste sie zurückgehen, und ein Rückzug kam für sie eigentlich nicht in Frage, schon allein, weil Archias – Caius – sich dann höchstwahrscheinlich über sie lustig machen würde.


    Caius lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Nein, ich denke es ist schon besser, in Rom zu feiern. Am Ende müssten wir noch allen die Anreise und hier die Unterkunft bezahlen, wenn wir darauf bestehen.“ Sie grinste schelmisch. „Das mit den Würdenträgern war ein Scherz, ich glaub auch nicht, dass wir das wirklich schreiben können… Aber wir können ja dann sehen, wen wir alles einladen. Einen Priester in der Familie habe ich nicht, und ich kenn auch keinen… Ich könnte höchstens meinen Patron fragen, ob er jemanden empfehlen kann für die Zeremonie.“ Wieder wurde ihr Blick auf die Seile gelenkt. „Hm. Wo sollen wir als nächstes lang?“ Sie würde es bevorzugen, den Weg zu wählen, der am sichersten erschien, aber sie war sich nicht ganz so sicher, ob er das genauso sah.

  • »Ahja. Schon klar.« Caius grinste nur - entweder auf Seianas unglaubwürdige Ausrede hin oder wegen der kitzelnden Finger an seiner Seite, so genau war das nicht feststellbar. Er schob sie allerdings weg, ehe er weitersprach.
    »Gut, dann gehen wir heute Abend einfach nur essen mit den anderen vier und schenken uns das übrigen Brimborium. In Ordnung?« Ihm kam das sogar sehr gelegen.


    »Wie? Glaubst du etwa nicht, dass ich das lönnte?« fragte er Seiana leicht empört.
    »Also, hör mal, ich bin vielleicht nur bei der Post, aber ich bin kein fußlahmer tabellarius, sondern ein Präfekt. Nämlich der Präfekt, so, und da verdient man nämlich schon mal gar nicht schlecht!« Er schnaubte gekünstelt.
    »Aber Rom ist wohl doch besser, da hast du recht. Hm. Bei mir ist leider auch niemand Priester, abgesehen von Valerianus natürlich, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, dass er überhaupt kommen wird. Wenn du also deinen Patron mal fragen möchtest, kannst du das ruhig machen. Der hat ja die richtigen Beziehungen, wenn ich mich recht erinnere. Oder?«


    Daraufhin lenkte Seiana seine Aufmerksamkeit wieder auf den Parcours. Caius sah ein wenig ratlos drein. Gleich drei Wege standen von hier aus zur Auswahl. Der linke führte über viele weitere Seile, über die regelmäßig gepolsterte Pendel schwangen, und andere Plattformen, der mittlere beinhaltete sich drehende Fässer über einem weiteren Schlammloch und der rechte Weg beinhaltete drehende Fässer, Pendel und schmale Balken. So gesehen hatten sie eh verloren, wohin sie sich auch wenden würden.
    »Mir egal, entscheide du.«

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