Änderung des § 100 Codex Iuridicalis zur Wahlfälschung

  • Zu Beginn der Senatssitzung dieses Tages, bei der erneut der Consul Aelius Quarto den Vorsitz führte, ergriff dieser das Wort.


    “Senat von Rom, verehrtes Kollegium: Vor meiner Wahl zum Consul habe ich angekündigt, für den Fall das ich gewählt werde, verschiedene Änderungsanträge zum geltenden Recht einbringen zu wollen.
    Das will ich nun tun und mit dem Gesetz beginnen, dass mir damals als Beispiel für die Notwendigkeit dieser Absicht gedient hat, mit dem § 100 Wahlfälschung, Codex Iuridicialis, Pars Tertia – Strafgesetzteil, Subpars Secunda – Besonderer Teil, Delikte bei Wahlen und Volksabstimmungen.


    Sein Wortlaut stellt sich zurzeit folgendermaßen dar:
    (1) Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Monaten oder mit Geldstrafe von 500 bis 800 Sz. bestraft.
    (2) Als Wahl im Sinne des Codex gelten die Wahlen zum Cursus Honorum und die Wahlen zum Vorsitzenden des Senates, der Provinzcurien und der Factiones.


    Gewiss werdet ihr mir zustimmen, wenn ich sage, dass vor allem Absatz (2) seinen ursprünglichen Sinn verloren hat. Der Senat wählt keinen Vorsitzenden mehr in der Art, wie er es getan hat als dieser Absatz geschaffen wurde. Princeps Senatus, also Vorsitzender des Senats, sind heute abwechselnd die gewählten Consuln. Eine eigenständige Wahl zum Senatsvorsitz gibt es nicht mehr.
    Auch haben die Factiones ihre frühere, politische Bedeutung verloren und damit auch die Wahlen zu ihren Vorsitzenden.


    Bevor ich fortfahre. Möchte sich dazu jemand äußern?“

  • Bei juristischen Themen war Durus selbstverständlich wie üblich ganz vorn dabei. So lauschte er Aelius Quarto interessiert über das Wahlrechtsgesetz, das er selbst vor einiger Zeit angeschnitten hatte. Nun ging es also um die nachgeordneten Gesetze - endlich!


    "Es ist die Frage, ob nicht auch kommunale Wahlen wie die der Duumviri und Magistraten in den Städten Italias und den Provinzen dazu gehört. Auch für diese Stellen sollte das Gesetz etwas regeln."


    bemerkte er an angebrachter Stelle. Außerdem hatte er noch andere Ideen, aber zu diesen wollte er später kommen.

  • “Oh ja, ich bin ganz deiner Meinung, Senator Tiberius Durus. Ich bin auch dafür, zwar das Eine, was ich genannt habe, zu streichen, dafür aber das Andere, dass was du genannt hast, hinzuzufügen.
    Außerdem erscheint mir die Strafandrohung in Absatz (1) unbefriedigend. Ich sage es offen und ehrlich: Ich halte die Freiheitsstrafe grundsätzlich für unrömisch. Sie mag berechtigt sein, wenn eine Geldbuße nicht gezahlt wird oder wenn jemand seine Schulden nicht begleicht. Ansonsten aber, davon bin ich überzeugt, ist das Gefängnis ein Ort der Verwahrung, nicht aber der Strafe. Darum schlage ich vor, diesen Passus aus dem Gesetz zu streichen. Stattdessen könnten wir die Aberkennung des passiven Wahlrechts als Strafe im Gesetz verankern. Das, so meine ich, ist bei diesem Straftatbestand eine durchaus abschreckende Drohung.“

  • Dass dies genau die Sache war, die er selbst ebenfalls hätte anbringen wollen, daher nickte Durus bestätigend. Auf Aelius Quarto war doch immer Verlass! Eine Sache jedoch musste er doch hinzufügen.


    "Für einen Senator könnte dies eine angemessene Strafe sein. Für jemanden, der jedoch ohnehin nicht gewählt werden kann, weil er beispielsweise nicht über genügend Ansehen verfügt, wäre eine solche Strafe allerdings bedeutungslos. Daher würde ich vorschlagen, diesen Verlust entweder noch mit einer Geldstrafe verbinden. Und zwar eine wesentlich höhere als die maximal 800 Sesterzen, die das Gesetz zur Zeit vorschreibt."


    Durus war definitiv ein Freund harter Gesetze, denn sie mussten schließlich auch abschrecken! Und die Gesetze waren zu einer Zeit gemacht worden, als der Sesterz noch wesentlich mehr Geld wert gewesen war.

  • "Vielleicht möchte jemand die Wahlen so manipulieren, dass ein für ihn günstigerer Kandidat gewinnt - zwar mögen die Götter verhüten, dass jemand in diesem Staat Macht erhält, der in gewissen Abhängigkeiten steht, dennoch sollte man dem sicherheitshalber ein sicheres Riegel vorschieben."


    erwiderte Durus. Er dachte unter anderem an verschiedene Klienten-Patron-Dinge oder schier die Erpressbar- oder Empfänglichkeit für Bestechungen. So etwas sollte schon vorgekommen sein...

  • Durus überlegte. Er hatte sich noch keine genauen Pläne gemacht, wie er dieses Thema betrachten sollte, doch da es wohl eine mögliche Tätergruppe in den höheren Klassen gab, musste es vermutlich viel sein. Daher sagte er


    "Ich denke, derartige Manipulationen liegen eher im Interesse finanziell pontenterer Schichten, daher sollte man die Strafe an derartigen Einkommensverhältnissen messen. Man könnte also getrost 1000 Sesterzen als untere Grenze ansetzen, nach oben sehe ich im Grunde keine Grenzen bis hin zur Einziehung des gesamten Vermögens. Es handelt sich hierbei schließlich um eine der schwerwiegendsten Straftaten. Vielleicht sollte man die genaue Summe eher in das Ermessen des Praetors legen.


    Früher hat eine solche Straftat das Exil nach sich gezogen. Man kann heute also durchaus eine schmerzende Strafe fordern."


    Tullius Cicero hatte eine der Gesetze gegen Ambitus durchgebracht, die allerdings später wieder gelockert wurden und nach Augustus von Iulianus zu einer lächerlichen Strafe verfallen waren...

  • Der inhaltlichen Angelegenheit konnte Macer sofort zustimmen, so dass er sich bisher nicht zu einer Wortmeldung genötigt sah. Erst bei der Höhe der Strafe wich seine Meinung nennenswert ab.


    "Ich halte 1000 Sesterze für recht gering", warf er daher ein. "Zumindest wenn wir die Wahlen zum Cursus Honorum im Blick haben. Gerade wenn wir von einflussreichen Männern sprechen, die nicht gewählt werden können, dann sollten wir vor allem an jene denken, die nicht im Ordo Senatorius sind, aber trotzdem beste Kontakte haben - und darunter sind gewiss viele, für die 1000 Sesterze nicht mal ein halber Monatsverdienst ist." Ob er damit vor allem an Ritter dachte, die für einen Sprung in den Ordo Senatorius zu alt waren oder an Freigelassene einflussreicher Herren ließ er mit dieser Formulierung ganz bewusst offen. Jeder konnte sich sein Feindbild herauspicken, wenn er wollte. "Bei einer Wahl zum Duumvir sieht das vielleicht anders aus, aber das könnte man ja eben präziser angeben."

  • “Ich stimme euch zu. Die Höhe einer Geldbuße sollte die Art der Wahl, nicht zu vergessen die schwere der Schuld, vor allem aber auch das Vermögen und die Stellung des Verurteilten berücksichtigen. Das sehe ich genau so. Denn für einen Mann mit geringem Vermögen mag eine vergleichsweise kleine Summe eine ebenso harte Strafe sein wie eine große für einen reichen Mann. Aber wir sollten diese Beurteilung im Einzelfall den Gerichten überlassen und deshalb in bewährter weise eine Spanne im Gesetz verankern, in der sich die Buße bewegen muss.
    Eine Untergrenze von 1000 Sesterzen, ja, dass erscheint auch mir angemessen. Als Obergrenze: Was sagt ihr zu einem zehnfachen dieser Summe? 10.000 Sesterzen? Das ist ein durchaus stattliches Vermögen, finde ich. Auch wenn ich natürlich weiß, dass es Männer gibt, für die es ein Leichtes wäre sie aufzubringen. Aber das sind nur wenige.“

  • Durus strich sich nachdenklich übers Kinn. Seine Meinung wurde ganz offensichtlich von den übrigen Senatoren unterstützt und der Vorschlag des Aelius Quarto wirkte ziemlich vernünftig auf ihn. 10 000 Sesterzen waren auch für einen Senatoren kein Pappenstiel - vielmehr war es sogar so viel, wie man für einen Senatoren-Census benötigte! Es konnte also schlimmstenfalls den Ruin für einen Mann bedeuten und das war genau das, was Durus für ein solches Gesetz forderte. Daher bekundete er seine Zustimmung.


    "Ich halte 10 000 Sesterzen als Obergrenze ebenfalls für angemessen."

  • “Also lautet der Vorschlag für das Strafmaß, eine Buße in Höhe von 1.000 bis 10.000 Sesterzen und dazu, nach Ermessen der Richter, die befristete Aberkennung des passiven Wahlrechts.
    Andere Vorschläge, Ergänzungen, Anmerkungen oder Widerspruch?“

  • "Wird der 'befristete Verlust des passiven Wahlrechts' genauer geklärt? Oder wird dies ganz in das Ermessen des Praetors gelegt?"


    fragte Durus, denn diese Formulierung kam ihm doch ziemlich schwammig vor.

  • Auch hier dachte Macer in die andere Richtung und meldete sich noch einmal zu Wort, auch wenn sein letzter Kommentar eher ungehört verhallt war. "Brauchen wir denn eine Höchstgrenze?" fragte er. "Könnte die Strafe nicht auch ein lebenslanger Verlust des passiven Wahlrechts sein? Oder wäre das als juristische Spitzfindigkeit auch befristet, weil mit dem Zeitpunkt des Todes endend?"

  • “Aber Senator Purgitius Macer, mit dem Tod endet doch in jedem Fall das Wahlrecht, ob passiv oder aktiv. Insofern kann man ein Strafmaß, dass erst mit dem Tod des Verurteilten endet, wohl kaum als befristet bezeichnen, meine ich.“

  • "Das würde ich auch meinen", stimmte Macer zu. "Und genau deswegen wollte ich diesen Punkt ansprechen, denn ein lebenslanger Verlust des passiven Wahlrechts wäre mit einer Befristung demnach nicht abgedeckt und ich wüsste nicht, warum wir als Strafe in besonders schweren Fällen keinen unbefristeten Verlust gestatten sollten."

  • "Dem stimme ich zu."


    schaltete sich auch Durus wieder ein und fuhr direkt fort.


    "Ich schlage eine 'bis zu'-Formulierung vor. Damit hat der Praetor einen Spielraum, den er die Tat je nach Schwere des Vergehens ausschöpfen kann."

  • “Ich bitte zu bedenken, dass dieser Straftatbestand in die Kategorie der Vergehen fällt, die vor dem Iudicium Minor verhandelt werden. Natürlich ist eine solche Tat verwerflich und verabscheuungswürdig, aber das es sich um ein Vergehen handelt, und nicht etwa um ein Schwerverbrechen, sollte trotzdem im Strafmaß berücksichtigt werden, meine ich. Darum halte ich eine zeitliche Obergrenze durchaus für sinnvoll.
    Wir können aber – vielleicht ist das ein guter Kompromiss – im Gesetz verankern, dass im Wiederholungsfall eine unbefristete Aberkennung des passiven Wahlrechts verhängt werden kann.“

  • Darüber, in welche Kategorie der Straftatbestand der Wahlfälschung fiel, hatte Macer sich noch überhaupt keine Gedanken gemacht. Langsam kratzte er sich am Kopf. "Ist eine Wahlfälschung nicht als Vergehen ohnehin zu gering eingestuft?", fragte er dann. "So wie wir die Folgen gerade diskutiert haben, wäre eine höhere Einstufung vielleicht ratsam."

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