Hortus | Triste Nuptiarum

  • Es war ein sonniger Nachmittag in Rom, einige Tage nach der Vermählung von Aristides und Epicharis, über der Stadt zog ein heller, blaufarbener Himmel sich dahin, in seiner Couleur durchbrochen von weißfarbenen Wolkenschlieren, im Südwesten garniert mit dem Licht der Sonne. Im Hortus der Villa Flavia waren einige Klinen aufgestellt, von Feuerschalen umrundet, um das kleine Areal in gemütlicher Wärme zu halten, auf kleinen Tischen warteten Köstlichkeiten in kostbaren Schüsseln zum Verzehr und Becher und Kannen voller Wein standen bereit. Die Blickrichtung, welche jene auf den Klinen Platzierten würden haben, wies auf ein durch ein großes Tuch verdeckten Bereich des Gartens, hinter welchem das Hochzeitsgeschenk Antonias und Gracchus' für das frisch vermählte Paar lauerte. Das seit langem verheiratete Paar war bereits anwesend, ebenso wie Gracchus Minor, welcher warm eingepackt in den Armen seiner Mutter schlummerte, und nicht nur ob dessen lag eine beinah kindliche Freude über Gracchus Maiors Gesicht. Die Sklaven um sie herum ordneten alles in geschäftiger Eile, ein letzter Wink hier, ein Handgriff dort, so dass alsbald die Ehrengäste, Aristides und Epicharis, in den Garten konnten geführt werden. Natürlich waren auch die übrigen Familienmitglieder geladen, der Überraschung beizuwohnen, doch im Grunde bedurfte es nur der frisch Vermählten, welchen Gracchus am Tage nach der Hochzeit, dem traditionellen Übergabetermin der Geschenke, dies zu einem günstigeren Zeitpunkt hatte versprochen, ohne zu verraten, was sie würde erwarten.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Was auch immer Gracchus und Antonia geplant hatten, Epicharis hatte nicht vor, auszusehen als sei es ein ganz normaler Tag wie jeder andere auch. Nordwin hatte ihr vom Möbelrücken im Garten erzählt, wo er mit anderen Klinen zusammengepackt hatte. Und in der Küche rumorte den halben Tag schon der Koch wie toll. Nein, egal, wie sehr Gracchus es auch herunterspielen mochte, Epicharis hatte sich fein herrichten lassen. Fionas und Minnas Hilfe war dazu unerlässlich gewesen. Aristides hatte sie kurz darauf an ihrem Zimmer abgeholt. Diese getrennten Zimmer waren etwas, das sie auch noch ändern musste. Sie waren verheiratet, lebten aber wie normale Familienmitglieder zusammen. Zunächst war Epicharis gar nicht aufgestoßen, dass jeder sein eigenes Rückzugsgebiet hatte. Doch das Warten am Abend war ihr zunehmend unerträglich, wenn Aristides eingeschlafen war und sie dachte, er hätte sie vergessen. Sich selbst etwas überzuwerfen und dann in sein Zimmer zu huschen hatte zwar etwas ungemein Verbotenes, aber Nordwins anzügliches Grinsen, wenn sie am nächsten Morgen zerzaust ihr Zimmer betrat, war ihr ebenso unangenehm wie Aristides' schnelles Wegnicken. Das mit den Zimmern musste sie definitiv noch ändern. Und sie würde es.


    Nun aber verschwendete sie nicht mehr als einen kurzen Gedanken daran. Viel zu groß war die Neugier. Was sie sich wohl ausgedacht hatten? Und warum im Garten? Ihre kleine Hand in Aristides' geschmiegt, ließ sie sich von ihm hinaus führen. Als sie um einen Rosenstrauch herum gegangen waren, hastete ein Sklave zu Gracchus und kündete von den nahenden Frischvermählten. Und dann sah Epicharis das Tuch, das, gebläht vom Wind, unzählige kleine Falten schlug. Sie hatten einen Teil des Gartens abgesperrt! Einige Sklaven standen verhalten grinsend herum. Sicherlich wussten die bereits, was Aristides und sie erwartete. Epicharis' Geduldsfaden war zum zerreißen gespannt. Immer wieder blickte sie zu dem Stück Stoff hin und drückte Aristides' Hand vor Aufregung. "Salve", grüßte sie artig und schenkte den Anwesenden ein breites Lächeln. "Ihr macht es aber ganz schön spannend!"

  • Wenn eine Überraschungsfeier geplant wurde, überhaupt etwas, womit man einen anderen freudig überrumpeln wollte, und das wurde dezent getan, dann bekam Marcus es auch nie mit, wurde es in der Manier vollführt, wie ein Elephant im Porzelanladen, so daß überall Hinweise gestreut lagen, die nur auf den Sinn und Zweck des ganzen Treibens hinwiesen, ja, so bekam Marcus das auch nicht mit; er hatte ein Talent solche Dinge einfach zu ignorieren, einfach aus seiner üblichen Gedankenlosigkeit und dem Fehlen jeglichen Argwohnes, außerdem bestand es auch mit seiner natürlichen Neugier nicht allzu gut. So hatte er nicht den blaßesten Schimmer, daß da etwas in der villa vor sich ging, auch nicht, als die wirklich hippelig erscheinende, aber wie immer bildschöne Epicharis ihn drängte, nach draußen zu gehen. Er mutmaßte lediglich den Wunsch, ein wenig im hortus spazieren zu gehen und ein wenig frische Luft konnte nicht schaden.


    Schon die ersten Schritte im Garten zeugten davon, daß es wirklich keine schlechte Idee gewesen war, die Sonne strahlte angenehm, die Luft war frisch und nicht stickig, sie klärte Marcus' Sinne und er atmete tief ein und aus, sein Daumen strich sanft über den Handrücken der zierlichen und nun auch flavischen Patrizierinnenhand, gerade schenkte er ihr noch ein gutmütig-freundliches Lächeln, das sich dann in eine verdutzten Ausdruck wandelte als er der Klinen gewahr wurde. Essen unter freiem Himmel? Das hatten sie doch gerade gestern gehabt. Marcus wurde förmlich von Epicharis hinter her gezogen als er verdutzt stehen bleiben wollte und zu den anderen Familienangehörigen, er lächelte erfreut in die Runde und war wirklich froh, endlich für lange Zeit in Rom und bei der Familie bleiben zu können, sie somit alle öfters hoffentlich zu sehen.
    Salvete!“
    , grüßte Marcus, die Sympathie und Zuneigung dabei in seiner Stimme mitschwingen laßend.
    „Spannend? Aber was denn?“
    , fragte Marcus etwas verwirrt.

  • Mehr als an den Tagen zuvor bemerkte Gracchus an jenem Tage die Dissimilarität der frisch Verheirateten: Aristides, die Mitte seines Lebens umkreisend, trotz des Soldatenlebens die Gewandung um die Leibesmitte ein wenig aufgebauscht, ein Mann mit Kanten und Ecken, einem in sich ruhenden Felsen gleich, Epicharis dagegen jung, schlank und agil wie ein schwankender Grashalm im Winde, feinsinnig und filigran - und dennoch, oder gerade deswegen schienen die beiden in perfekter Weise zu harmonieren.
    "Salv'te"
    , grüßte Gracchus sie mit einem hintergründigen Lächeln, und blickte nachsichtig zu Aristides.
    "Euer Ho'hzeits..gesch'nk, Marcus. Du wirst do'h eure Ho'hzeit ni'ht b'reits vergessen hab'n?"
    Wäre es nicht die seine gewesen, allfällig hätte sein Vetter das Ereignis tatsächlich bereits wieder vergessen, allfällig im Wein der Feierlichkeit ertränkt.
    "Bitt', nehm' Platz."
    Gemeinsam mit Antonia und Gracchus Minor tat auch er eben dies auf einer der Klinen, trug eigenhändig dafür Sorge, dass seine Gemahlin bequem auf den Kissen lag, wartete, bis die Sklaven die Becher hatten mit verdünntem Wein gefüllt und wandte sodann sich zur Kline neben ihnen.
    "Ep'charis, Marcus, mit groß'r Freu..de mö'hten Antonia und i'h, und au'h Manius Minor, eu'h heute die ... Ur- und allfäll'g einz'ge Auf..führ'ng unseres Geschenk's ... ang'deihen lassen. Si'herli'h ent..sinnt ihr eu'h an Opus In..somnii, jene Tragöd'n, wel'he i'h zu ... den Mdtrn.. ver... ver..."
    Sichtlich verwirrt stockte Gracchus, seine linke Braue schob deutlich sich empor, so als wäre er selbst am meisten verwundert, dass der Feiertag sich im Nebel seines Geistes hatte verloren - was allfällig den Zuhörenden nicht einmal wäre aufgefallen, da ihm ohnehin ein noch immer großer Teil der Worte verloren ging.
    "... den Spiel'n meines Aed'..lat..es verpfli'htet ... hatte ... zu ..."
    Er bemerkte, dass er nun gänzlich den Satz hatte verloren, der Beginn ihm abhanden gekommen, das Ende im Dunkel verborgen lag und der Sinn ihm ebenfalls nicht mehr ersichtlich. Blinzelnd, kurz stockend, ging er schlussendlich darüber hinweg, da ihm ohnehin nichts anderes blieb.
    "I'h habe mir 'rlaubt, bei ... jenen ein weit'res ... Stück in Auftr'g ... zu geben, in fer..nem Ankl'ng an die Re'lität, do'h letzli'h natürli'h gänzli'h ... fikt'ös."
    Ein sublimes Lächeln zu Epicharis hin folgte, kaum sichtbar, da im nächsten Augenblicke Gracchus bereits seinem Sklaven Sciurus einen Wink gab, welcher von diesem aus seinen weiteren Verlauf hinter den Vorhang nahm. Von dort aus marschierte ein Kleinwüchsiger hervor, in Händen eine Flöte, auf welcher er eine sanfte Melodie spielte, ihm hernach folgten tanzend und springend vier Männer, schlank und drahtig, die Gesichter mit ausdruckslosen Theatermasken verhüllt. Zwei Sklaven zogen an dünnen Seilen, so dass der Vorhang sich nun hinter ihnen hob und den Blick auf eine provisorische Bühne frei gab, ein erhöhtes Podium, in dessen Hintergrund ein weiters Tuch sich spannte und die Theaterwelt begrenzte. Die Tragöden verneigten sich zu den Zuschauern hin, hernach verschwanden drei der Männer hinter dem stoffenen Horizont der vierte sprang auf die Bühne hinauf, der Zwerg verstummte in seinem Flötenspiel und beide verneigten sich erneut zu Epicharis und Aristides hin.
    "Sie wart'n nur auf eu'r Zei'hen."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Verdutzt war Epicharis' Seitenblick zu ihrem Ehemann hin, der seinerseits ebenso verwirrt war, wenn auch aus anderen Gründen. Vermutlich hatte Aristides schon wieder vergessen, dass Gracchus und Antonia darauf verwiesen hatten, das Hochzeitsgeschenk in heimeligerer Atmosphäre zu präsentieren, als sie es auf dem eigentlichen Hochzeitsfest gegeben war. Gracchus' Konter war witzig, und Epicharis verkniff sich mit Mühe ein helles Lachen. Auf diese Weise nur ein wenig schadenfroh grinsend, ließ sie sich auf einer Liege nieder und sah erwartungsvoll von Gracchus zu Antonia und dem Kleinen, zu den sich blähenden Stoffbahnen und wieder zurück.


    Sklaven schenkten Getränke ein und boten diese an, Epicharis nahm sich einen der hübschen Kelche und verfolgte aufmerksam Gracchus' kleine Rede. Wie schon bei der Opferung im Tempel am Vortag, so biss sie sich auch heute, durchzuckt von einem Schuss Mitleid, auf die Unterlippe, als Gracchus ins verbale Straucheln geriet. Zweimal verhaspelte er sich, wirkte selbst durcheinader deswegen, fand aber schließlich doch zurück zum roten Faden. Und was er mit seinen Worten offenbarte, ließ in Epicharis die Freude aufbranden. "Oh wie schön!" verlieh sie ihr Ausdruck, doch glücklicherweise verhinderte der Weinbecher in ihrer Hand, dass sie allzu hibbelig wurde.


    Schnell tauschte sie einen begeisterten Blick mit Aristides aus, wandte jedoch den Blick hastig wieder ab, als bereits die ersten Flötentöne erklangen. Ein kleiner - ein wirklich sehr kleiner - Mann spielte auf dem Instrument und ihm hintendrein zogen vier Schausteller. "Ist das nicht Kresh? Der Zweite da?" fragte Epicharis aufgeregt in die Runde, mit dem Kinn auf den zweiten Mann in der Reihe deutend und mit einem Auge bereits nach einer Möglichkeit suchend, wo sie das Getränk abstellen konnte, wenn es der Applaus erfordern würde. Damals bei den Meditrinalia hatte sie das Stück nicht mit den anderen Flaviern verfolgt, sondern mit zwei Freundinnen. Plötzlich verschwanden alle bis auf einer von der improvisierten Bühne, und Musiker und Schausteller verneigten sich. Epicharis sah mit glänzenden Augen zu Gracchus und Antonia, dann zu Aristides. Ehe er etwas sagen konnte - falls er überhaupt etwas sagen wollte, denn wie sie ihn inzwischen kannte, war er vermutlich nur halb so begeistert wie sie selbst - forderte sie die beiden auf, anzufangen. "Bitte, beginnt!"

  • [Blockierte Grafik: http://img146.imageshack.us/img146/8189/triste2re8.png]


    ~~~ ein Bühnenstück, aus dem Leben gegriffen ~~~



    Der Tragöde, welcher auf der Bühne hatte verharrt, ließ, von erneutem leisem Klang der Flöte untermalt, das Stück beginnen.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/6194/erzaehlerjz1.jpg]
    "Kein einfacher Weg ist die Ehe,
    doch viel schwieriger ist's bis dahin,
    insbesondere im Spiel mit dem Tode
    steckt viel Tragisches noch darin.


    Lasst das Auf und Ab uns begleiten
    von zweien die versprochen sich sind,
    und durch alle Wirren mit ansehen,
    ob die Ehe am Ende gelingt.
    Darum hier kurz nur die Protagonisten,
    bevor das Stück auch schon beginnt."


    So er sie vorstellte, traten die einzelnen Tragöden mit ensprechenden Masken nach vorn, nur um hernach hinter dem Vorhang wieder zu verschwinden.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/4565/verlobtersf6.jpg]
    "Der Verlobte an sich, ein Mann der Tat,
    der die Verlobte zu beeindrucken vermag."


    [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/9454/ofinajg2.jpg]
    "Die Verlobte selbst, zart, hold und rein,
    keine andere darf's für den Verlobten sein."


    [Blockierte Grafik: http://img115.imageshack.us/img115/3351/vetterak6.jpg]
    "Des Verlobten Vetter, Bote im Spiel,
    die Verlobung, dies ist sein einziges Ziel.


    Doch seht selbst, der Tag beginnt,
    den Liebenden die Zeit durch die Finger rinnt."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • ~~~ Über den Schrecken getrennter Liebe ~~~



    Die beiden Verlobten betraten die provisorische Bühne, geleitet von leisem, wehmütigen Flötenspiel des Zwergwüchsigen. Die Verlobte stand zum Publikum gewandt, jedoch ihren Verlobten blickend, welcher ihr zur Seite war, ihre Hand in der seinen hielt.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/4565/verlobtersf6.jpg]
    "Tagein, tagaus an deiner Seite,
    o dir allein gehört mein Herz,
    und jeder Augenblick in Ferne
    wird mir ein Augenblick voll Schmerz!


    Doch ruft der Kaiser auf zum Kriege,
    und ich kann nicht länger bleiben;
    zieh' aus 'gen Osten in die Ferne,
    für Ehr und Vaterland zu streiten!


    Geliebte, harre meiner Rückkehr,
    sorg' dich nicht, bleib keusch und rein.
    Denn gleich am Tag nach dem Triumphe
    sollst meine Gaia du, und ich dein Gaius sein!"


    In übermäßig betonter Geste hob die Angesprochene die freie Hand zur Stirne der Maske, die Handfläche nach vorn gedreht, seufzte tief, ehedem in ihren Strophen sie fortfuhr.


    [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/9454/ofinajg2.jpg]
    "Ach, fürchterlich trifft mich die Trennung,
    reißt in mein Herz gar tiefe Wunde!
    Doch werd' ich warten, tagein, tagaus,
    bis dass sie kommt, die frohe Kunde.


    Am nächsten Tage werd' ich warten,
    in weißem Kleid, mit Kranz im Haar,
    die Zeugen um mich still versammelt,
    und Opfergaben am Altar."


    Eine Kusshand warf die Verlobte dem Verlobten hin, der Zwerg ließ melancholisch die Flöte ausklingen, griff nach einer Trommel und schlug diese, während die Verlobte von der Bühne eilte.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Ein nicht minder vorfreudiges Lächeln wie ihr Gatte zierte an jenem Abend Antonias Gesicht. Vermutlich war sie ebenso gespannt wie Epicharis und Aristides, denn zwar wusste sie, wer das Stück geschrieben hatte und worum es in etwa ging, doch hatte ihr Gatte sich ob weiterer Details in Schweigen gehüllt.
    Manius Minor störte sich hieran weniger und wären die Eltern nicht seit seiner Geburt dazu übergegangen, jede wache Minute an seiner Seite zu verbringen, er wäre wohl gar nicht hier. Allzu unwohl fühlte er sich scheinbar trotzdem nicht, sofern man den leisen Geräuschen, die er von sich gab, trauen mochte.
    Epicharis und ihr Gemahl wurden schließlich fröhlich mit einem “Salvete.“ begrüßt, als die allzu ausführlichen Sätze Gracchus bereits ins Stolpern gerieten ließen und Antonia für einen Moment mitleidig, gar leidend den Gatten mustern ließen. Seiner guten Laune tat dies offenbar jedoch keinen Abbruch und so ging auch die Claudia wieder zu einem freundlichen Lächeln über. Ihre Verwandte – nun gleich doppelt verwandt, wie Antonia schmunzelnd feststellte – gab das Zeichen zum Beginn und so zog das Schauspiel die Aufmerksamkeit auf sich. “Kresh?“, echote sie leise auf Epicharis’ Frage und fixierte den entsprechenden Schauspieler. Da das Stück hierauf bereits begann, beließ sie es jedoch bei einem Schulterzucken als Antwort.
    Verlobter und Verlobte auf der Bühne verabschiedeten sich, was eine minimale Pause nach sich zog, die Antonia dazu nutzte, ihrem Gemahl ein Grinsen zu schenken. Es überraschte sie natürlich nicht, dass er bei der Wahl des Stückeschreibers damals wie heute ein glückliches Händchen bewiesen zu haben schien, wie es sie überhaupt selten überraschte, wenn etwas, das er tat perfekt zu funktionieren schien. Weiter wanderte ihre Blick zu Aristides und seiner Frischangetrauten hin, um deren Reaktionen zu beobachten.

  • ~~~ Über den Schrecken des Krieges ~~~


    Der Erzähler trat erneut zur Bühne, warf dem Verlobten ein hölzernes Schwert zu, welches dieser vor sich hob und damit zu marschieren begann.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/6194/erzaehlerjz1.jpg]
    "Der Krieger folgte den Legionen,
    Kämpfte tapfer jede Schlacht,
    schlug den Feind zurück bei Tage,
    schlug den Feind zurück bei Nacht.


    Mut verschafft ihm Ruhm und Ehre,
    Held von diesem, jenem Ort.
    Doch sein Herz verweilt stets in der Ferne,
    zieht es zur Verlobten fort."



    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/4565/verlobtersf6.jpg]
    Während der Erzähler der Handlung Vortrieb verschaffte, trat der Feind mit gesichtsloser Maske hinter dem Vorhang hervor und griff den Verlobten mit hölzernem Schwerte an. Wieder und wieder kämpfte jener gegen ihn, welcher alsbald zu Boden fiel, zum Bühnenrand sich rollte und dort sich erhob, um erneut als Feind in den Kampf zu stürmen. Dann jedoch, der Verlobte holte zum Schlage aus, gab sich damit eine Blöße, stach der Feind sein Schwert zwischen Rumf und den dem Publikum abgewandten Arm des Verlobten hindruch, dass für die Zuschauer es den Anschein hatte, der Leib des Römers werde durchbohrt. Die Bewegungen des Verlobten stockten, und während der Feind sein Schwert und hernach sich selbst hinter den Vorhang zurück zog, sank er langsam zu Boden, sich stöhnend die unsichtbare Wunde haltend, ein rotes Tuch aus seiner Hand wehen lassend - vergossenes Heldenblut.


    "Als des Feindes scharfe Klinge
    tief in seinen Leibe dringt,
    gilt allein ihr sein Gedanke,
    da er mit dem Tode ringt."


    Erneut trat hinter dem Vorhang ein gesichtsloser Tragöde hervor, jedoch mit einem Stirnband um den Kopf, breitete mit schneller Bewegung eine schmale Decke vor dem Verwundeten, den Anschein eines Lagers.


    "Kaum noch Atem in der Brust
    liegt sein Körper schlaff im Bett,
    der Medicus zuckt nur die Schulter,
    nur eine weit're Leiche im Lazarett."


    Der Gesichtslose zog die Schultern empor, hob hilflos die Arme und verschwand, ließ Raum für neuerlich einen gesichtslosen Akteur, eine Kette mit verschwommenen Initialen um den Hals, welcher in Händen eine Tabula und einen Griffel hielt, sich hinter den Verlobten kniete. Flink hatte derweil der Zwerg wieder nach der Flöte gegriffen.


    "Bei seinem Herrn der treue Sklave,
    und nach mehr als einem Jahr
    schreibt er geflissentlich nachhause,
    dass seinem Herrn kein Glück beschieden war."


    Von kummervollem, freudlosem Ton der Flöte begleitet, fiel der Vorhang, den ersten Akt zu beschließen.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Zunächst nur gespannt, harrte Epicharis voller Erwartung des Stückes. Auf den Prolog folgend, bei dem sie sich noch nichts Besonderes dachte, spielte sich die erste Szene auf der provisorischen Bühne ab, in deren Verlauf die Hand Epicharis' mit dem Weinbecher langsam sank und das Gefäß schlichlich abstellte, nur um darauf ergriffen sich an die Brust zu fassen. Das war ihre Geschichte, Aristides' und ihre. Sprachlos verfolgte sie den weiteren Verlauf des ersten Aktes und durchlebte Empfindungen und Gedanken noch einmal. Sie hatte darauf verzichte, Aristides genauer über das Erlebte auszufragen, denn schon beim ersten Mal hatte sie feststellen müssen, dass er nur widerwillig darüber sprach. Doch die unzähligen Narben auf seinem Körper, die sie in der Hochzeitsnacht erstmalig zu Gesicht bekommen hatte, waren mehr als genug Antwort auf jedwede Frage in dieser Richtung gewesen.


    Als der Böse dem Mann auf der Bühne das Schwert in die Brust stieß, sog Epicharis vor Spannung sie Luft ein. Aristides lag zu weit entfernt, als dass sie nach seiner Hand hätte greifen können, sonst hätte sie es vermutlich getan. Wie mutig der Krieger war, als er immer wieder angriff und sich letztendlich fort zog, in Sicherheit. "Oh", hauchte sie ergriffen, als es hieß, dass der Sklave eine schlechte Nachricht verfasste. War er nun tot, der tapfere Recke? Epicharis' Brauen zogen sich traurig zusammen. Welch eine Tragödie! Aber, dachte sie sich, wenn das Stück ihre und Aristides' Geschichte widerspiegelte, dann konnte der Soldat nicht tot sein... Sicher war es nur eine falsche Nachricht, oder sie würde falsch interpretiert werden. Der Verlobten aber würde es dennoch schlecht gehen.


    Ein Sklave war neben Epicharis getreten, um ihr eine Ausswahl kleiner Happen auf einem Tablett feilzubieten, aber sie winkte nur abgelenkt mit der Hand, sich vollauf auf das Geschehen vorn konzentrierend. Der Sklave setzte seine Arbeit allerdings fort, hielt nun Aristides das Tablett kleiner Köstlichkeiten hin.

  • Etwas schmollend trollte sich Marcus hinter seiner Ehefrau her, er mochte es nicht immer, wenn ein Scherz zu seinen Kosten ging, insbesondere, wenn er auf seine manchmal doch zu offensichtlichen Schwächen hinwies, aber das schwand wie Butter in der Sonne, insbesondere als er einen kindlichen Laut von Minor vernahm; nur mit Mühe unterdrückte Marcus den Impuls, dem Kind auf die Nase zu stupsen und seltsame debile Laute von sich zu geben. Auch Marcus ließ sich einen Becher reichen, der Wein schillerte hellrot in dem Kelch und sah schon gespannt auf die Bühne, denn es hatte selten ein Theaterstück in Marcus' Leben gegeben, was ihm gefallen hatte – die zottigen Stücke der Straßendarsteller mal abgesehen – aber das von Gracchus' Aufführung während seines Aedilats war ganz genau nach Marcus' Geschmack gewesen.
    „Kresh? Wo?“
    Marcus sah sich suchend um, noch ein Kreshstück wäre natürlich sehr amüsant und würde Marcus sicherlich gefallen. Seine Augen streiften seine frisch Vermählte und er nickte als sie das Zeichen zum Beginn gab. Schon wanderte der Kelch zu seinen Lippen und die Augen zur Bühne, in der Hoffnung ein lustiges Stück zu sehen – vielleicht dieses Mal wieder mit so aufregenden Elementen wie dem Kampf beim letzten Mal. Ein Stück über die Ehe? Aha, schnell noch ein Schluck genommen, hoffentlich endete das Stück auch gut, man sollte schließlich kein Unheil beschwören. Ohne den Blick von der Bühne abzuwenden, griff Marcus nach den Köstlichkeiten in der Schüssel und ließ es sich munden. Verlobter, der in den Krieg zog? Die Verlobte, die wartete? Irgendwie kam Marcus das doch sehr bekannt vor. Während er kaute und lauschte, dachte er darüber nach, hob die Hand und kratzte sich einen Augenblick verwirrt am Nacken. Waren sie damit realiter gemeint? Also er und Epicharis? Ei der Daus, das könnte tatsächlich hinkommen, Marcus verschluckte sich in dem Moment der Erkenntnis, hustete leise und mit vor den Mund gepressten Hand und blinzelte einige Male. Hoffentlich endete das Stück gut...


    Ein Held? Na, dann konnte er doch nicht damit gemeint sein, schließlich war er kein Held und das einzige Mal, als sie so tituliert wurden, fühlte er sich mehr veralbert durch diesen etwas pathetischen Titel. Marcus stützte sich mit dem Ellbogen auf den Kissen ab und und sah grübelnd nach vorne; dann kam jedoch schon die ersehnte Rangelei auf der Bühne, Marcus wurde aus seinen Gedanken heraus gerissen und ihm entfuhr ein:
    „Los, mach ihn nieder...“
    Wen er damit gemeint hatte, wurde nicht ganz klar, denn der Rest des Satzes wurde von einer süßen Dattel verschluckt, die ihren Weg in seinen Mund fand. Ach herrje! Jetzt hatte das Ganze doch wieder Parallelen zu seinem eigenen Leben, er warf Epicharis einen schnellen Seitenblick zu. Sie schien ganz ergriffen von der Szene zu sein, Marcus sah grübelnd auf den treuen Sklaven, nein, so hatte sich das nicht zu getragen. Aber er kam gar nicht auf den Gedanken, daß der Autor des Stückes das natürlich nicht en détail wissen konnte.

  • ~~~ Über den Schrecken des Wortes ~~~



    Der Vetter stand nun vor dem Tuchvorhang, rastlos auf und abgehend, einen Arm vor der Brust verschränkt, den anderen darauf abgewinkelt, nachdenklich die Hand am Kind. Schlussendlich schüttelte er den Kopf, wandte sich an das ausgesuchte Publikum.


    [Blockierte Grafik: http://img115.imageshack.us/img115/3351/vetterak6.jpg]
    "Welch grausame Kunde an diesem Tage,
    von Osten her mit dem Morgenrot!
    Der Vetter durch Feindeshand verwundet,
    der geliebte Vetter - tot!


    Wie nur soll ich's der Verlobten sagen,
    ihr diese Kunde überbringen,
    da um ihre Sehnsucht ich weiß,
    weiß, ihr Herz wird zerspringen?"


    Hinter dem Vetter hob der Vorhang sich empor, ließ den Blick frei auf die Verlobte, welche auf einer provisorischen Kline lag, einen goldfarbenen Kelch in ihren Händen, ab und an daran nippend. Zögernd trat der Vetter zur Verlobten hin.


    "Ach weh, künft'ge Base, welch Schicksalsschlag,
    der Verlobte kehret nicht zurück.
    Ich wollt' mein Leben für das seine geben,
    doch die Götter gewähren uns kein Glück."


    In einem tiefen Seufzen ließ die Verlobte den Becher sinken, kraftlos zu Boden kullern, ein wenig rotfarbene Flüssigkeit rann daraus über den Boden der provisorischen Bühne. Ihre Stimme war nüchtern, von Kummer und Schmerz durchzogen.


    [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/9454/ofinajg2.jpg]
    "Längst vernahm ich des Boten Worte,
    längst goss ich Vergessen mir ein,
    und wenn die Sonne sich heute senket,
    falle in endlosen Schlaf ich hinein."


    Erschrocken trat der Vetter auf sie zu, hob den Becher auf und schüttelte erneut den Kopf.


    "Ach weh, nicht du mit ihm!
    Doch ich seh', es ist bereits geschehen.
    Einziger Trost der Liebenden,
    dass im Elysium sie sich wiedersehen."


    Im neuerlich wehmütigen Klagen der Flötentöne kamen zwei Gesichtslose Tragöden hinter dem Vorhang hervor, stellten einen einfachen Hocker ab, befahlen der Verlobten mit einem Wink sich zu erheben und trugen von ihr begleitet die Kline hinter das Tuch hinfort.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Marcus versuchte eine Ähnlichkeit in der Sprachwahl des Vetters mit seinem eigenen Vetter zu suchen, gut, die Schauspieler sprachen geschwollen, schließlich war das Theater immer mit einer seltsamen Kunstsprache erfüllt, doch es fehlten die seltsamen Ausdrücke, die Marcus bei seinem realen Vetter nie verstand. Ein Zweig knackste hinter ihm und ein Blick über seine Schulter genügte, um einige Schatten im Garten zu sehen, scheinbar schauten auch einige Sklaven der villa dem Stück zu, es kam schließlich nicht oft vor, wenn sogar fast nie, daß in der villa ein Theaterstück aufgeführt wurde und das im Garten. Doch Marcus war es Recht, sollten sie ruhig zu sehen. Er widmete sofort wieder seine Aufmerksamkeit auf das Stück, kaute nervös auf einer anderen Dattel herum und hoffte weiter inständig, daß der Theaterschreiber gnädig mit ihnen gestimmt war, aber wahrscheinlich hatte Gracchus doch einen Blick darauf geworfen vorher, oder? Marcus lehnte sich in die Kissen zurück und ging einfach vom Besten aus, etwas trübsinnig ob der doch traurigen Szene griff Marcus nach seinem Becher Wein und ließ einen tiefen Schluck in seiner Kehle verschwinden.

  • ~~~ Überraschung und neuerlicher Schrecken ~~~



    Der Vetter setzte sich auf den Hocker hernieder, seufzte vernehmlich, als hinter dem Vorhang der Verlobte hervor trat, auf ihn zu.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/4565/verlobtersf6.jpg]
    "Der Feind geschlagen auf fernem Boden,
    der Krieg im Osten letztlich aus.
    Mit der Legion kehr' ich zurück,
    verwundet, doch endlich zuhaus!


    Wohlan, Vetter, welch' Freude dich zu sehen,
    denn endlich kehr' ich heim.
    Gewähre mir eine Bitte, melde der Verlobten,
    morgen schon will ich ihr Gaius sein!"


    Der Vetter sprang auf, legte die Hände um den Mund der Maske.


    [Blockierte Grafik: http://img115.imageshack.us/img115/3351/vetterak6.jpg]
    "Steht der mundus auf, dass Tote wandeln?
    Doch nein, du bist's, mit Leib und Leben!
    Oh, teurer Vetter, wir glaubten dich tot,
    die Holde hat sich ob dessen dem Tode ergeben!


    Kein Tag ist es her, dass sie entschlief,
    ich sah es mit eigenen Augen!
    Nicht verhindern konnt' ich es, doch versteh'n,
    da im Elysium längst wir dich glaubten."


    "Weh' mir, was hat die Rückkehr gebracht,
    da das Schicksal die Liebe verwehrt?
    So halte auch mich nicht, teurer Vetter,
    ich will mich stürzen ins eigene Schwert!"


    Das Schwerte gezogen entschwand der Verlobte von der Bühne.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • ~~~ Neuerliche Überraschung ~~~



    Erneut saß zweifelnd der Vetter auf seinem Hocker.


    [Blockierte Grafik: http://img115.imageshack.us/img115/3351/vetterak6.jpg]
    "O Gram, o Kummer, o Schmerz!
    O ihr Götter, welch grausames Leben!
    Da den Liebenden ihre Liebe bleibt verwehrt,
    bis dem Tode sie sich ergeben!"


    Auf leichten Füßen tänzelte die Verlobte heran, nahm den Vetter an beiden Schultern und zog ihn halb empor, umarmte ihn dabei gleichsam.


    [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/9454/ofinajg2.jpg]
    "Künftiger Vetter, welch glücklicher Tag,
    ich hörte bereits die Kunde!
    Der Verlobte kehrte vom Kriege heim,
    nicht tot, nur mit einer Wunde!"


    Derangiert löste der Vetter sich aus der Umarmung.


    "Weh mir, dem die Sinne schwinden,
    ich sah dich sterben mit eigenen Augen!
    Den Becher voll Gift noch in deiner Hand,
    nun stehst du hier, was soll ich nur glauben?"


    "Nicht Gift war's in meinem Schlummertrunk,
    nur Kräuter, um in den Schlaf zu entschwinden.
    Denn im Glauben an des Verlobten Tod,
    wie sollte ich da Ruhe noch finden?"


    "Ich Tor, ich Narr, ich sagt' es dem Vetter,
    dass ich dich sterben sah!
    Eil dich, geschwind, wir müssen ihn halten,
    sonst wird das Unglück noch wahr!"


    Die beiden eilten von der Bühne herab, welche leer zurück blieb.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Gleichwohl Marcus' Appetit sonst nicht zu mindern war und eine Köstlichkeit nach der Anderen in seinem Munde verschwand, begann die Hand immer langsamer zu den Schalen zu wandern, in denen die Gaumenfreuden aufbewahrt wurden. Und schließlich stockte es, denn das Theaterstück fesselte Marcus immer mehr, es war genau richtig für ihn, nicht zu sehr abgehoben, mit seltsam singenden Chören und unverständlichen Floskeln, in denen sich solche Leute ergingen, die glaubten, damit klüger und geistreicher zu wirken, aber dennoch poetisch, wofür Marcus nicht unempfänglich war. Er hielt eine in Honig gebackene Walnuss in der Hand und aß sie nicht. Statt dessen streckte er eine Hand aus und strich Epicharis über den Arm, dabei immer noch auf die Bühne schauend. Erschrocken stockte er als die Verlobte sich wohl umgebracht hat und atmete erleichtert auf als sie dann doch auf der Bühne erschien.
    „Ach herrje!“
    , gab Marcus von sich, was für ein Unglück, einer glaubte den Verwandten tot, der jedoch nicht tot war, der kam zurück und erfuhr, daß die Verlobte sich getötet hatte, die aber auch nicht tot war, um sich daraufhin doch den Armen von Merkur entgegen zu werfen, damit dieser ihn in die elysischen Felder brachte, wo jedoch nicht die Verlobte wartete. Wie verzwickt. Marcus stopfte sich doch die gesüßte und aufgeweichte Nuss in den Mund und kaute mechanisch.
    „Los! Beeilt euch, sich ins Schwert stürzen geht schnell.“
    , entfuhr es Marcus impulsiv – so, wie er nun mal war bei solchen Veranstaltungen.

  • Größer und größer wurden die Augen Epicharis'. Zuerst zerriss es der Verlobten das Herz - und sie fühlte sich an sich selbst errinnert. Dann kehrte der Verlobte heim und glaubte, die Verlobte tot darnieder liegend finden zu müssen. Und nun wollte er sich in sein Schwert schtürzen! "Nicht!" entfuhr es Epicharis beinahe zeitgleich wie Aristides. Den Gehalt seiner Worte erkannte sie einen Bruchteil später, und der Blick, den sie ihm daraufhin zuwarf, zeugte von missverstehen. Und dann trat die Verlobte auf die Bühne, klärte das Wirrwar auf und machte damit die Tragödie noch größer. Epicharis nagte angespannt auf ihrer Unterlippen, die Sklaven, Antonia und Gracchus vergessen, ja selbst dem fortwährenden Hineinschieben irgendwelcher Süßigkeiten zu ihre Seite schenkte sie keine Beachtung mehr. Was war das nur für ein Durcheinander. Hoffentlich war das Stück eine Tragödie mit unwahrscheinlichem guten Ausgang! Der Vetter, dachte sie sich, der war wie Gracchus. Er versuchte auch, alles richtig zu machen. Überhaupt haftete vielen Männern Roms diese Dringlichkeit an, der Welt zu zeigen, dass sie es wert waren. Was auch immer. Epicharis konzentrierte sich wieder auf das Stück, nicht aber, ohne zuvor noch den Sklaven böse anzuschauen, der Aristides die Platte mit den Leckereien fast direkt vors Gesicht hielt. Jener blickte Epicharis alarmiert an - er hatte von Fiona von dem Wechselbalg gehört, der in ihr stecken musste - und zog sich zurück. Samt Platte.

  • ~~~ Letzte Überraschung ~~~



    Langsam, das gesunkene Schwert in Händen, betrat der Verlobte die Bühne, gleitet von leisem Trommelschlag. Mittig der Bretter blieb er stehen, dem Publikum zugewandt, hielt die Klinge zu seinem Leibe hin, nurmehr zum letzten Stoße zögernd. Der Takt der Trommel wurde schneller, rasend als der Verlobte das Schwert weit von sich hielt, um endlich es in seinen Leib zu stoßen, und endete in einem lauten Schlag, als eilig Verlobte und Vetter zu ihm hin auf die Bühne stürmten.


    [Blockierte Grafik: http://img115.imageshack.us/img115/3351/vetterak6.jpg] [Blockierte Grafik: http://img253.imageshack.us/img253/9454/ofinajg2.jpg]
    "Halte ein Vetter!"
    "Geliebter, halt' ein!"
    "Sie ist am Leben, wie du!"
    "Ich bin noch immer dein!"


    Den beiden sich zuwendend ließ der Verlobte das Schwert sinken.


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/4565/verlobtersf6.jpg]
    "Wie ist dies möglich, geliebte Holde?
    Dein Anblick noch immer wie eh und je,
    unendlich Schöne, strahlende Blüte,
    ich glaubte nicht, dass ich dich wiederseh'!"


    "Ein Irrglaube nur, Trug der Sinne,
    ohne Schuld und ohne Absicht,
    doch aufgelöst zur rechten Zeit noch,
    bevor euer Glück entzweien bricht!"


    "Fort mit dem Schwert, komm' in meine Arme,
    versprich mir morgen, mein Gaius zu sein.
    So will ich die tunica recta tragen,
    und bin fortan für immer dein!"


    Der Verlobte warf das Schwert zu Boden, welches mit vernehmlichen Klacken auf den hölzernen Brettern aufschlug, breitete seine Arme aus, in welche die Verlobte sich nur allzu gerne fallen ließ.


    "Nichts tue ich lieber, nichts hält mich ab,
    mit Freude lege ich das Schwert zurück,
    morgen schon soll der Ritus sein,
    und danach nur mehr das Eheglück!"


    Die beiden Verlobten versanken in einem tiefen Kuss, der Vorhang fiel und der Zwerg spielte auf in froher Weise. Als hernach der Vorhang noch einmal sich hob, standen alle Tragöden auf der Bühne, in den Masken der beiden Verlobten, des Vetters und des Erzählers, und verneigten sich gebührend vor dem Publikum.



    ~~~ finis operis~~~

  • Eindeutig schraubte sich das Stück immer weiter in den Höhepunkt der Spannung, das Schwert, drohend schwebte es, wollte sich schon in einen Leib versenken, doch dann trafen alle drei Protagonisten aufeinander, und der Vetter und die Verlobte vermochten die sich anbahnende Tragödie aber haarscharf zu vermeiden. Gebannt griff Marcus nach einem süßen Teilchen...und griff in die Leere, seine Finger irrten noch eine Weile dort hin, wo eben noch der Nachschub gesichert war, jetzt sich aber nur das gähnende Nichts befand, doch noch immer beschlagnahmte das Stück seine ganze Aufmerksamkeit, so daß er nach einer Weile des Herumirrens aufgab und seine Hand wieder sinken ließ. Wunderbar, das Stück endete gut und in keiner Tragödie, wo sich am Ende alle gegenseitig umbrachten, litten und noch einen letzten Abgesang auf der Bühne veranstalteten, um melodramatisch sich in ihr Schwert zu stürzen. Marcus atmete erleichtert auf, natürlich hätte er es interessant gefunden, was das Stück für eine Zukunft ihnen beiden wohl aufzeigen würde, doch es endete da, wo Epicharis und er schon längst darüber hinaus war. Marcus' Wangen waren jedoch schon ganz rot geworden von der Aufregung; er hob sofort seine Hände und klatschte sie begeistert gegeneinander.
    „Bravo! Großartig!“
    , gab er lautstark von sich und wandte sich dann zu seinem Vetter und seiner Schwägerin.
    „Wundervoll, liebe Antonia, lieber Vetter, das war wirklich ein großartiges Stück. Der Autor ist wirklich begabt, ich glaube, der hat noch eine ganz große Karriere vor sich.“
    Marcus nickte bedeutungsvoll, ganz so, als ob er sich gerade zum Theaterkritiker gemausert hätte.
    „Der Autor hat Dinge aus dem echten Leben heraus gegriffen, hm?“
    , fragte Marcus, denn ganz hundertprozentig sicher war er sich immer noch nicht, wollte noch gerne die Bestätigung von Gracchus oder Antonia dazu hören.

  • Erfreut über das Urteil seines Vetters nickte Gracchus. Auch er beschied dem Autor, wie auch den Schauspielern der Theatertruppe eine gute Zukunft, weshalb er es sich schon nach den Aedilats-Spielen nicht hatte nehmen lassen, sich der weiteren Dienste opus insomniis zu versichern, gleichsam war dies bereits von Vorteil gewesen bei der Entstehung des Stückes. Nicht nur mit der Ausarbeitung des vorgegebenen Inhaltes war er rundum zufrieden, auch mit der Darstellung an sich.
    "Das Stück schmieg' si'h ... an der Real'tät entlang, ... erweit'rt diese je..do'h um ... drama..t'rg'sche El'mente"
    , beantwortete er Aristides' Frage.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!