Taverne "Zum schiefen Balken"

  • Sie hatte angenommen, dass Serapio sich auch setzen würde, doch stattdessen ging er zum Fenster hinüber. Er stand dort und sie folgte ihm mit ihrem Blick. Die Lampe und der Wein standen neben ihr, doch zog dies nicht ihr Interesse auf sich. Der Hauptaugenmerk lag woanders.
    "Das kann man wohl so sagen, zumindest wenn man du es so willst. Ich würde eher sagen, dass ich mich spezialisiert habe. Du hast eher die Karriere von uns beiden gemacht. Dein Weg führte dich nicht tiefer in das Dunkel. DU hast den Weg hinaus genommen und bist jetzt auf der guten Seite. Herzlichen Glückwunsch noch dazu."
    Kurz sah sie von ihm weg ehe sich ihr Blick wieder auf ihn richtete und sie so bemerken musste wie er sie seinerseits musterte. Es war ihr irgendwie unangenehm. Sie hatte nicht das Gefühl, dass er sie aus dem selben Grund wie andere Männer musterte. Es war eher ein abschätzendes Gefühl, der Blick sah so gänzlich anders aus. War es Bedauern oder Wut oder ein Widerwille, der da in seinem Blick zum Ausdruck kam? Sie kannte ihn zu wenig um das beurteilen zu können, aber irgendetwas davon war es.



    Ihr Kopf legte sich schräg als sie seine Frage hörte. Ob sie gut war? Die Frage hatte ihr noch keiner gestellt. Bisher hatte sie es bewiesen oder nicht. Aber selbst beurteilen musste sie ihre Fähigkeiten nie.
    "Diese Einschätzung überlasse ich lieber meinen Auftraggebern. Du kannst es zum beispiel gern tun, wenn ich dir die Ergebnisse präsentiert habe. Entweder man hat Erfolg oder nicht. Man kann nur so gut sein wie seine Fähigkeiten es sind und hoffen, dass sie einen nie im Stich lassen. Findest du nicht auch? Hat denn jemand behauptet, dass ich so gut bin? Das hat dann wohl derjenige gesagt, den du nach mir gefragt hast. Oder viel mehr deinen Mann, den du geschickt hattest. "


    Sie griff nach der Rolle und dem Beutel und legte beides auf den Tisch. Dann öffnete sie den Beutel und holte die Kette hervor, welche sie auf dem feinen Stoff auf dem Tische zeigte und holte die Blätter hervor sowie eine Karte, welche sie mitgenommen hatte.
    "Du wirst schon hier herrüber kommen müssen und es dir anschauen. Einige Schriften in denen ich verdächtige Worte fand sowie eine Karte. Sie sah passend aus. Ein Weg in die Unterwelt Romas."

  • Jetzt verspottete sie mich. Oder? Sehnte sie sich womöglich auch nach einem anständigen Leben? Ich konnte es nicht wirklich deuten, ihre Worte, den Ausdruck ihres halb abgewandten Gesichtes, dessen Konturen vom Licht der Lampe scharf gegen die Dunkelheit des Raumes abgegrenzt wurden. Man konnte uns Urbaner wohl kaum ernsthaft als die "gute Seite" bezeichnen. Nicht mal ich hätte das so genannt, dafür wusste ich zu gut, das viele von den Kameraden Schmiergelder nahmen, oder einfach gerne Leute zusammenstauchten, oder wie übel es einem im Carcer der Castra ergehen konnte. Aber war das ein Wunder, bei den Zuständen hier in Rom, wo man, kaum dass man einen Schritt weg von den sauberen grossen Strassen und Foren machte, mitten in einem Morast stand, wo die alltägliche Gewalt und auch das Verbrechen wuchsen und gediehen? Es gab auch viele gute Männer unter den Urbanern, aufrechte Römer, ebenso tapfer wie die Männer von der Prima, und überhaupt, ohne die Stadtkohorten, die taten was sie konnten, und wenigstens (meistens) die schlimmsten Auswüchse verhinderten, wäre alles noch viel schlimmer gewesen, dessen war ich mir sicher... Ich presste die Lippen zusammen, und sagte möglichst ausdruckslos:
    "Danke."
    Von meiner Frage liess Celeste sich nicht provozieren, sie antwortete ganz ernsthaft und ruhig. Ich konnte ihr da nicht widersprechen und nickte leicht. "Naja", gab ich aber zu bedenken, "irgendwann macht jeder aber mal einen Fehler. - Du hast schon einen gewissen Ruf, also nicht Du, Celeste, aber es ist kein Geheimnis, dass Scopas angeblich jemanden sehr fähiges vermitteln kann."
    Meine Stimme klang fast respektvoll, als ich das sagte, das ärgerte mich, und ich setzte kühl hinzu: "Dann will ich mich mal selbst überzeugen", und trat an den Tisch heran.
    Ein Weg in die Unterwelt Romas... Das war ja mal hochinteressant!! Man munkelte doch, diese Leute würden sich in Katakomben treffen, um ihre lichtscheuen Riten abzuhalten! Ich beugte mich über den Tisch, stützte die Hände auf die Platte, und betrachtete die Karte ganz begierig, als wollte ich sie mit den Augen verschlingen. Ja, ich hatte Feuer gefangen, setzte mich nun doch auf den Hocker, hob die Kette ins Licht, und fragte: "Aus wessen Haus stammen diese Dinge?"
    Schriftstück um Schriftstück nahm ich zur Hand, um sie - jedenfalls solange Celeste mir nicht Einhalt gebot - voll brennender Neugier zu überfliegen.

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    Klient - Decima Lucilla

  • "Er schützt seine Leute und gibt daher keine Namen bekannt und um mich zu schützen, versuche ich es ebenso zu halten. Ist nur manchmal etwas schwer. Zwar sind Namen nur Schall und Rauch, aber kann man sich da sicher sein? Nein, ich denke nicht. Man lernt. Damals war ich neu im Geschäft, aber heute sieht es etwas anders aus."
    Ihr Lächeln wurde bitter. Sie zeigte es deutlich. Fehler hatte sie gemacht. Nicht wenige und sie hatte durchaus dafür schon ihre Strafe erhalten.
    "Entweder man lernt aus ihnen und lässt es sein oder man lernt aus ihnen und macht weiter. Einen anderen Weg gibt es nicht. Ich gehe den letzteren. So lange es geht."
    MIt einem prüfenden Blick verfolgte sie sein tun als er sich an den tisch setzte und ihren Fang begutachtete. Es dauerte nicht sehr lange bis sie ihm die Papiere aus der Hand nahm und die Kette ebenfalls.
    "Das Kreuz stammt aus dem Hause des Petronius, die Karte und diese beiden Schriften aus dem Haus der Witwe, die du mir motiert hattest und die restlichen aus dem Hause des Fischers. Du kannst es dir gern weiter ansehen wenn du mir gesagt hast, ob du zufrieden bist und ob ich heute etwas für meinen Ruf getan habe. Wenn ich schon mit meinem Feind zusammenarbeite, dann muss ich auch wissen obs in Ordnung geht."
    Zumindest schien es interessant zu sein so wie er es las, aber ob es wirklich das Richtige war, würde sich erst später herausstellen. Bis zu seiner Antwort blieb ihre Hand auf den Papieren liegen und wieder sah sie ihn an. Neugierig, fragend aber auch abwartend war er. Aber es lag auch noch etwas anderes darin. Man konnte es nicht beschreiben, es war nicht wirklich feindseelig, aber war es wirklich freundlich? Eher undeutbar. Doch warum, das konnte man nicht erklären.

  • Als sie lächelte, auf diese bittere Art, sah sie gar nicht mehr so süss und unbedarft aus wie sonst. Da konnte ich mir durchaus vorstellen, dass sie sich in der Unterwelt hatte bewähren müssen, und harte Zeiten hinter sich hatte. Ihr so lange es geht klang in dem halbdunklen Raum nach, und ich muss zugeben, es berührte mich... Sie machte sich wohl keine Illusionen, aber trotzdem ging sie den einmal eingeschlagenen Weg weiter, das war eigensinnig, und irgendwie auch traurig... Es berührte mich, mehr als es das hätte tun sollen, immerhin war sie eine Diebin, Einbrecherin und was weiss ich, und unter anderem Umständen - also wenn ich nicht so dringend ihre Dienste gebraucht hätte, weil ich einer ungleich verworfeneren Gruppierung auf der Spur war! - dann hätte ich sie wohl oder übel festnehmen müssen. Eine zwiespältige Angelegenheit, keine Frage.


    Sie liess mir nicht lange Zeit, ihre Beute durchzusehen. Mein Blick wanderte von dem Kreuz - aus der Casa Petronia, wenn ein römischer Bürger mit drinsteckte wurde es natürlich besonders interessant - zur Karte, zu den verschiedenen Schriften, dann sah ich auf und begegnete ihren Augen. Wieder hätte ich nicht sagen können, was darin stand. Ein seltsamer Blick war das. Celeste war, oder schien, in mancher Hinsicht erstaunlich offen, in anderer voller Rätsel. Ich bin nicht Dein Feind wollte ich sagen, aber das wäre auch nicht ganz wahr gewesen.
    "Ich... tue nur meine Pflicht. - Die Sachen sehen interessant aus, ja ich bin soweit zufrieden."
    Womit ich nicht zufrieden war, das war dass sie meine Identität kannte, aber das würde ich ihr natürlich nicht auf die Nase binden, und ausserdem wusste ich nun ja auch ihren Namen, und wie sie aussah. Ihrem Blick erwidernd überlegte ich, wie ich sie beschreiben würde, falls ich einmal in die Situation käme, ihr meine Männer auf den Hals hetzen zu müssen. Welche Farbe hatten ihre Augen... in dem schwachen Licht schwer zu sagen. Ich beugte mich ein wenig weiter nach vorne, um genauer zu sehen.


    "Du hast mir einen Dienst erwiesen", sagte ich dann, und, mit einer Handbewegung zu ihrer Beute: "Diese Leute sind gefährlich, sonst hätte ich nicht zu solchen Mitteln gegriffen. Dein Lohn steht Dir zu. Hier..." - ich klappte meine Ledertasche auf, holte einen Beutel, prall mit Denarii gefüllt, heraus, und stellte ihn vor ihr auf den Tisch - "...der Rest der vereinbahrten Summe. Und für die gute, prompte Arbeit, lege ich noch etwas drauf."
    Das tat ich auch, und stellte einen weiteren Beutel daneben, der noch mal die selbe Summe enthielt. Eigentlich fand ich es sogar fair, sie für gute Arbeit anständig zu bezahlen, auch wenn es alles aus meiner eigenen Tasche kam, das Budget des PU war nämlich schon längst verbraucht. Übertrieben fand ich den Lohn keinesfalls, andererseits waren zwei der Ziele für einen Profi wohl kaum eine Herausforderung gewesen.
    "Ich erwarte natürlich, dass Du über diese Sache Stillschweigen bewahrst. So wie auch ich kein Wort über Dich verlieren werde."
    Grosse Sätze, im Schein einer flackernden Öllampe gesprochen. Mit Genugtuung nahm ich wahr, dass meine Stimme kühl und fest klang - El Cachetero selbst hätte das nicht schöner sagen können - auch wenn dieser Punkt mir Kopfschmerzen, oder viel eher Bauchgrimmen bereitete. Aufregung schlägt bei mir schnell mal auf den Magen.

  • 'Ich tue nur meine Pflicht,' hörte sie ihn sagen. Es klang seltsam in ihren Ohren. Erneut legte sie den Kopf etwas schräg und sah ihn fragend an. Es war kein oberflächliches Mustern sondern der Versuch mehr zu sehen als jemand auf dem ersten Blick von sich Preis geben wollte. Ein Versteckspiel auf beiden Seiten. Die Frage war wohl wer es gekonnter spielte. Der Vertreter des Rechts und der Ordnung oder sie als Vertreter der Gegenseite, Repräsentantin des Verwerflichen, des Bösen. Eine Symbiose dennoch. Ohne Menschen wie Celeste würde es die Cohortes in dieser Art nicht geben und wäre Celestes Berufung ohne die Gefahr erwischt zu werden wirklich noch so lukrativ? Beantworten konnte sie die Frage nicht, aber es war ein Gedankengang, dem man durchaus folgen konnte, wenn man dies denn wünschte.
    "Es freut mich, dass ich dir bei der Bekämpfung dieser Gruppe helfen konnte. Wenigstens etwas Gutes getan, das ein wenig Gleichgewicht schafft."
    Ein Lächeln, ein ehrliches Lächeln stahl sich in das Gesicht der blonden Frau und ließ sie wieder wesentlich freundlicher wirken als noch vor Kurzem. Als sich Serapio nach vorn beugte, blieb sie ungerüht sitzen und sah ihn weiter an. Sie hatte nichts zu verstecken. Nicht im Moment.
    "Es ist meine Aufgabe Dienste zu erweisen und diese natürlich zur Zufriedenheit meiner Auftraggeber zu erledigen wobei ich ehrlich sagen muss, dass es eine neue Erfahrung."
    Celeste ließ offen was sie genau meinte. Sie ging ohnehin daovn aus, dass er genau wusste, das sie auf die Seite des Auftraggebers anspielte. Das war ja eher ein seltener Auftraggeber. Seine Männer jedoch schickte ernicht zu diesen gefährlichen Leuten. Wobei der Petronier alles andere als gefährlich wirkte. Eher sogar freundlich und höflich und viel zu nett für diese Welt. Seine Worte irritierten da doch ein wenig den Geist der Keltin. Na ja, das war sie ja eigentlich nicht, aber Amneris hatte ihr diesen Titel gegeben und nun wurde sie ihn nicht mehr los.
    "Du bezahlst mehr als vereinbart war? Ich habe zu danken."
    Ihr Blick ging zu den beiden Beuteln. Diese wurden aber nicht von ihr geöffnet sondern nur mit Blicken abgeschätzt. An anderer Stelle hätte sie schon nachgezählt. In diesem besonderen Fall ging sie davon aus, dass es richtig sein würde und stimmte. Jemandem zu vertauen fiel ihr schwer, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie dies in diesem speziellen Fall und Moment tun konnte. Warum, das konnte sie selbst nicht verstehen.
    "Es liegt in meinem Interesse hierüber nicht zu sprechen. Es tut meinem Ruf auch nicht wirklich gut, wenn man herausbekommt, dass ich für dich gearbeitet habe. Du musst dir also keine Gedanken machen. Sollten wir uns auf der Straße einmal über den Weg laufen, kann ich gern so tun als würde ich dich nicht kennen. Ganz wie du willst. Dir liegt es fern mich zu diskreditieren und dir damit zu schaden und mir liegt es fern dich zu diskreditieren und mit zu schaden. Das muss für dich eine eigenartige Siuation sein, oder? Du paktierst mit dem Bösen und musst ihm auch noch vertrauen. Fällt es dir schwer?"
    Es war ihr voller Ernst als sie die Frage stellte und kein Hohn oder ein ketzerischer Unterton schwang in ihrer Stimme mit. Sie fragte wirklich aus Neugierde wie er wohl damit umgehen würde. Eine alltägliche Sache war das ja nicht gerade.

  • "Für mich ist es auch eine neue Erfahrung", gab ich mit einem schiefen Lächeln zu. Dann wunderte ich mich, dass sie das Geld nicht nachzählte, und es kränkte mich ein wenig - wirkte ich denn so harmlos und unbedarft, dass sie mir nicht mal den Versuch, sie zu übervorteilen zutraute?
    Ich griff nach der Beute, stapelte die Schriftstücke, rollte die Karte sorgfältig zusammen, wickelte die Schnur des Kreuzanhängers zusammen, und verstaute alles in meiner Tasche. Es erleichterte mich sehr zu hören, wie Celeste die Sache darstellte, das klang sehr vernünftig, ich hatte - auch wenn ich natürlich nicht sicher sein konnte, auch wenn es vielleicht naiv war - doch den Eindruck, dass sie wirklich schweigen würde, und damit war ich meine grösste Sorge los.
    "Gut, dann sind wir uns ja einig. Keinem von uns würde es gut bekommen, den anderen übers Ohr zu hauen.", wiederholte ich noch mal kühl die Essenz des Gesagten, mit einem stählernen Unterton, der besagen sollte dass ich in dem Fall gar nicht so harmlos und nett sein würde. Also, ich hoffte jedenfalls, dass es stählern rüberkam.


    Damit war das Geschäftliche ja soweit erledigt. Ich verschloss die Schnallen an meiner Ledertasche, und lehnte mich, jetzt um einiges entspannter, auf dem Hocker zurück, bis mein Rücken sich bequem an die Wand stützte. Ruhig bedachte ich Celestes Frage. Das Gute, das Böse, das Gleichgewicht... hm... ich fand es merkwürdig, das so zu bezeichnen. Aber ein spannendes Thema war es allemal, und bevor ich mich versah geriet ich ins Plaudern.
    "Ja, es ist besser wenn wir uns nicht kennen, falls wir uns noch einmal begegnen sollten. - Ähm. Hältst Du Dich wirklich für das Böse, Celeste?" Ich musterte sie skeptisch. "Hast Du schon mal jemanden umgebracht?"
    Kaum hatte ich das gefragt, hob ich schon abwehrend die Hand. "Entschuldige, ist ja kein Verhör... Ich will damit sagen, wer klaut ist deswegen doch noch lange nicht 'böse', es gibt viele Gründe warum jemand abrutschen und auf so einen Weg geraten kann, und es gibt wahrlich schlimmere Verbrechen. Aber in Ordnung ist es trotzdem nicht, es ist zu recht verboten, und wer erwischt wird muss nun mal die Konsequenzen tragen, so sehe ich das."
    Ich rieb mir das Kinn - das leicht stoppelige Gefühl missfiel mir, morgen musste ich unbedingt wieder zum Barbier - und meinte dann schulterzuckend: "Sicher ist es eigenartig, aber das hier ist eben ein besonderer Fall, der besondere Maßnahmen erfordert. Im Krieg habe ich, im Rahmen meiner Pflicht, Dinge getan, die mir wesentlich mehr gegen den Strich gegangen sind."
    Wenn es um Sektierer-Verschwörer und staatsfeindliche Umtriebe ging, wenn Feinde von Innen das Imperium bedrohten, da durfte man eben nicht zimperlich sein, ebensowenig wie wenn man gegen den Parther im Osten zog, und ich verspürte wirklich keinen Funken von schlechtem Gewissen, dass ich Celeste angeheuert hatte. (Ausserdem ging es auch um meine Karriere, ich wollte schliesslich vor dem mächtigen, einflussreichen Praefectus Urbi nicht mit leeren Händen dastehen.)
    "Wie bist Du auf diesen Weg geraten, Celeste, wenn ich fragen darf?", erkundigte ich mich dann, in höflichem Tonfall, ich wollte nicht aufdringlich sein aber es interessierte mich ehrlich. "Ist ja schon ungewöhnlich für eine junge Frau."

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    Klient - Decima Lucilla

  • Von seinen Gedanken wusste sie nichts. Sie konnte sie ja nicht hören oder sehen und so konnte sie nichts zu ihrer Verteidigung sagen als sie ihn wohl mit ihrem Verhalten beleidigte. Da er es auch nicht zeigte, musste er wohl einfach damit leben. Celeste hätte ihm bestätigt, dass sie ihn sicher nicht für harmlos hielt, aber für ehrlich.


    Es dauerte nicht lang bis ihre besorgten Sachen den Weg in seine Taschen gefunden hatten und vom Tisch verschwunden waren. Ihr Blick glitt währenddessen durch den Raum. Nackte und kalte Wände, Dreck wo man genauer hinsah. Ein unwirtlicher Raum und irgendwie doch wieder passend. Das Licht der Öllampen flackerte etwas und warf skurile Schatten an die Wand. Die Gedanken begannen zu wandern bis sie durch seine Stimme zurückgeholt wurde.
    “Wir sind uns einig. Ich bin auch nicht daran interessiert Auftraggeber übers Ohr zu hauen. So bekommt man keine neuen Aufträge und wer weiß, vielleicht benötigst du meine Dienste ja irgendwann wieder. Wäre dich schade wenn du dich an wen anderen wenden würdest wo du mich doch nun kennst.“
    Das Zwinkern in ihrer Stimme und die unterschwellige Herausforderung war für ein geneigtes Ohr durchaus erkennbar. So es denn wollte. Seine Kälte in der Stimme mochte eine seiner Maschen sein, beeindruckte sie nur wenig. Es gab viele, die so versuchten glaubwürdiger zu werden, zu zeigen was sie doch für Männer waren. Doch dies zeigte manchmal nur all zu deutlich, dass sie auch ganz anders konnten, wenn sie wollten. Scheinbar brauchte er aber diese Art der Bestätigung und so nahm sie es hin und nickte nur.
    Nachdem sie sich aufrecht hingesetzt hatte und ihm direkt in die Augen sah, begann sie wieder zu sprechen.
    “Kein Problem, ich werde dich vergessen, wenn ich dieses Zimmer verlassen habe. Für böse halte ich mich persönlich nicht, das tun andere für mich. Ich nehme nur Gedanken auf.“
    Die nächste Frage überraschte sie es schon. Warum wollte er dies wissen? War es nicht im Moment unerheblich oder würde er alles was sie sich versprochen hatten dann nichtig werden und er würde sie hier auf der Stelle verhaften? Die wahre Antwort würde keine Auswirkung haben, sie musste die Frage ja nicht bejahen.
    “Siehs positiv oder nicht, aber ich habe keinen umgebracht. Ich töte nicht. Das verstößt gegen meine Prinzipien. Ich entwende Dinge, besorge sie und gebe sie weiter, aber ich nehme kein Leben.
    Ihr Blick hatte sie bis eben nicht von seinem Gesicht abgewandt. Das tat sie erst nachdem sie die Antwort gegeben hatte. Nachdenklich musterte sie den Tisch und schwieg einen Moment. Sie dachte nach, fragte sich was der Mann wohl damit sagen wollte.
    “Du willst damit sagen, dass es auch die Farbe grau für dich gibt und nicht nur alles schwarz und weiß ist? Vermischt du da nicht etwas? Legal ist es nicht, also kann man nicht gut sein. Wie würdest du es denn sonst bezeichnen wollen. Konsequenzen trägt jeder. Der eine mehr, der andere weniger. Menschen können ihr ganzes Leben über schreckliche Dinge getan haben und finden erst im Tod ihr Ende. Wer weiß schon wie es ausgehen wird. Aber wenn ich nicht gut bin und auch nicht böse. Was bin ich denn dann?“
    Im Rahmen einer Pflicht. Hatte sie nicht auch eine? Es fing damals an, dass sie sich und ihre Schwester durchbringen musste. Sie hatte die geschickteren Finger. Danach versuchten es gemeinsam und Luciana hatte dabei ihre besonderen Vorlieben, Nie im Leben hätte sie dagegen rebelliert und nun war es zu spät um den Weg hinaus zu finden.
    “Auf den Weg geraten? Es war eine Notwendigkeit. Ich hatte bis vor einiger Zeit noch meine Schwester an meiner Seite. Wir mussten früh ohne Eltern auskommen und konnten unserer Pflegefamilie nicht sehr lange zur Last fallen. Wir entdeckten bald, dass ich ein besonderes Geschick habe und schnell und Finger fertig bin. So begann es. Wir kamen nach Rom und schauten was wir hier erreichen konnten. Meine Schwester übertrieb es und sie musste dafür bezahlen.. Ich bin allein hier geblieben und habe mich spezialisiert. Es war aus einer Not heraus und nun sitze ich hier und spreche mir dir über meine Vergangenheit. Aber für eine Frau ungewöhnlich? Es gibt andere und nicht wenig Frauen. Nimm doch mal mich. Zutrauen würdest du es mir auf den ersten Blick nicht, oder? Vielleicht genau aus dem Grund?“
    Dann schwieg sie wieder und wartete seine Antwort ab.

  • "Ja, es kann gut sein, dass ich noch einmal auf Dich zurückkomme", stimmte ich mit einem Nicken zu. Mir war so, als ließe sie gerade ihren Charme spielen - bestimmt war der für gewöhnlich hilfreich, um Aufträge an Land zu ziehen, oder ihren Geschäftspartnern das Hirn zu vernebeln, aber mich liess er kalt, und da war ich auch ganz froh drum.
    Wie wir da so sassen, war es einer dieser seltenen Momente, die wie losgelöst vom Fluss der Geschehnisse durch die Zeit treiben - unter gewöhnlichen Umständen hätten wir niemals in aller Ruhe so ein Gespräch miteinander führen können, aber dieses schäbige Zimmer, der fleckige Tisch im Schein der Öllampe, war in dieser Nacht eine Insel, auf der wir beide, weitab von dem was normal war, alltäglich oder angebracht, unsere Gedanken austauschen konnten. Ich mag solche Momente, sie haben etwas befreiendes, ja, inspirierendes.
    Natürlich sagte sie, sie habe nie getötet - ich hätte auch nicht erwartet dass sie mir gegenüber etwas anderes behauptete, aber ich fand doch, das es glaubwürdig klang, und besonders das mit den Prinzipien gefiel mir.
    "Gaunerehre, wie man so sagt", kommentierte ich, erfreut, da es zu dem passte worauf ich hinauswollte. "Hm, Grau, ja so könnte man wohl sagen. Was Du bist - ich schätze, Du bist einfach eine Frau, die versucht über die Runden zu kommen.... Wirklich schlimm sind die Mörder, und Brandstifter, und die, die ohne Skrupel andere ins Verderben stürzen..."
    Mir kam sogar der Gedanke, dass "gut und böse" mit "legal und illegal" nur wenig zu tun hatten, das das vollkommen verschiedene Kategorien waren. Immerhin gingen viele der grausamsten Taten von angesehenen römischen Bürgern aus - Kaiser die Proskriptionslisten schrieben, Prokonsule, die die Provinzen auspressten, Latifundienbesitzer, die ihre Sklaven zu Tode schunden... Soldaten wie wir, die armen Fellachen, die das Pech hatten in Mesopotamien zu wohnen, ihre Vorräte wegnahmen....
    Aber das kam mir auch in so einem besonderen Moment nicht über die Lippen. Zum Hades, solche Gedanken führten doch nur wieder zu Zweifeln an meinem Tun und Hadern mit mir selbst. Wie mein Centurio Flavius zu sagen pflegte: Nicht grübeln! Oder wie der Primus Pilus es ausdrückte: Ich tue meine Pflicht, nichts anderes zählt.


    Hinfort, Grübelei, hinfort, Zwiespalt - ich griff nach dem Wein und trank, obwohl er mehr wie schlechte Posca schmeckte, einen tiefen Schluck, während ich aufmerksam Celeste zuhörte. Sie erzählte recht offen von ihrem Werdegang, der wirklich nicht soo ungewöhnlich klang. Bloss dass solche Frauen für gewöhnlich eher ihren Körper anboten als ihr diebisches Geschick. Früh die Eltern verloren, nach Rom gekommen, hatte sich durchschlagen müssen, hatte ihre Schwester verloren - ich machte ein mitfühlendes Gesicht als sie das erzählte - und stahl aus der Not heraus. Ob ich ihr das zutrauen würde? Ich musterte sie wieder. Klar war ich überrascht gewesen, geradezu verblüfft als Redivivus sie mir beschrieben hatte, aber ich zog es vor so zu tun, als wäre ich mit allen Wassern gewaschen und antwortete grinsend:
    "Ich würde Dir alles zutrauen, Celeste, wenn ich das raffinierte Funkeln in Deinen Augen sehe."
    Alles? Mein Blick fiel auf den Weinbecher, den ich gerade wieder zum Mund führen wollte, und mir fiel auf, dass der Wein eine ganze Zeit lang in ihrer Reichweite gestanden hatte, und ich nicht wirklich drauf geachtet hatte, und sie gut die Möglichkeit gehabt hätte, mir da etwas hineinzumischen... "Das Gesöff rollt einem die Zehennägel auf", beschwerte ich mich darum, und stellte den Becher wieder zurück.


    "Ich frage mich wirklich, wie lange das gut gehen kann,", meinte ich dann wieder ernst, "selbst wenn man sehr fähig ist, irgendwann geht doch etwas schief. Ich sehe das ja ständig. Neulich erst haben wir Drubius Cleptus verhaftet, und der war ein Meister seines Faches. Und selbst wenn man nicht geschnappt wird, ist das Milieu brutal und man muss ständig auf der Hut sein, um nicht mit einem Messer im Rücken in der Gosse zu landen... Gerade für eine Frau wie Dich muss es doch sehr gefährlich sein."
    Ich runzelte die Stirn, fragte mich ob Scopas sie wohl beschützte, verkündete dann voll Optimismus:
    "Es gibt immer einen anderen Weg, wenn man nur wirklich will. Was hält Dich davon ab, Dir eine andere, eine anständige Arbeit zu suchen? Zum Beispiel...hm... als Scriba! Du bist klug, hast eine schöne Handschrift, eine gute Orthographie, Du wärst sicherlich als Scriba sehr erfolgreich!"

  • Gaunerehre? Nun musste sie wirklich schmunzeln. Ob man hier wirklich von Ehre sprechen konnte? Sie hatte dies Wort in dieser Form noch nicht gehört und musste einen Moment darüber nachdenken. Ein Gauner hatte Ehre. Eigentlich fast etwas, das sich gegenseitig ausschloss. Wenn jemand wirklich Ehrgefühl hatte, dann würde er doch wohl eher weniger hier auf dieser Seite stehen, die Celeste gerade in diesem Moment vertrat. Er beschrieb das Wirt zusammenfassend einfach nur jenen Teil, der manchen zu Eigen war sie daran erinnerte sich an ihre Prinzipien zu erinnern? Das wohl eher. Es war ein Wort, das ihr gefiel. Ein Wortspiel und sie würde es sich merken.


    Serapios Beschreibung von jenen, die seiner Meinung nach wirklich schlimm waren, gab ihr erneut zu denken auf. Er war ein Soldat gewesen und passte nicht jene Beschreibung auf auf die Männer, die im Felde standen und dort andere Männer nieder metzelten? Gab es da nicht einen Unterschied zwischen jenen, die ihr Land verteidigten, weil es angegriffen wurde und jenen, die in andere Länder eindrangen und es in Besitz nehmen wollten? Sind sie dann nicht auch Schurken und und Mörder und sogar Brandstifter wenn sie die Häuser nieder brannten, welche sie auf ihrem Wege fanden? Im Grunde schienen die beiden sich hier nicht wirklich zu unterscheiden. Nur einer hatte den Auftrag erhalten und die andere diesen Weg für sich gewählt. Sollte man nicht darüber auch einmal nachdenken? War es nicht ganz und gar so, dass die Legionäre sogar plünderten, wenn sie konnten und so Menschen noch schlimmer ins Verderben stürzten als sie es schon durch die Ermordung des Vaters und/ oder des Mannes getan hatten. Waren die Anklagen Serapios wirklich in dieser Form berechtigt? Dies sollte aber nicht Thema dieser Unterhaltung werden und vermutlich hätten diese Anklagen auch keine Angriffsfläche gefunden. Man baute ein Schutzschild um sich auf, wenn man Dinge tat, denen man sich nicht rühmen wollte. Man erklärt sie für sich selbst als in Ordnung, als gut. Zu Anfang hatte sie dies auch getan, wenn sie gegen die Erziehung ihrer Eltern anderer Leute Dinge an sich nahm und sie für sich selbst zu verwenden oder um sich etwas zu kaufen verkaufte. Ein Krieg konnte schreckliche Bilder in Männern erzeugen und vermutlich schützten sie sich vor den Schäden dieser Bilder genauso wie es Celeste früher nach ihren Diebstählen getan hatte. Man beruhigte das Gewissen.
    “Ich denke, dass jeder unterschiedlich das schwarz und weiß und das grau sieht. Es kommt immer darauf an wie sehr es ihn betrifft und was ihm geschehen ist. Eine wirkliche Matritze passt doch auf niemanden.“
    Mit einem breiten Schmunzeln legte sie ihren Kopf schräg. Auf er deinen Seite amüsierte sie diese Aussage, auf der anderen aber erstaunte es sie auch. Er würde ihr alles zutrauen? Das Funkeln, das er ihr nachsagte, war ihr noch nicht aufgefallen und dass er das daran festmachte, fand sie ungewöhnlich. Sicher ging sie nicht immer ganz konventionelle Wege, aber so,.
    “Da traust du mir mehr zu als ich es tue. Für mich gibt es Tabus, auch wenn man es vermutlich kaum glauben mag, aber sie sind klar definiert und ich werde sie anrühren. Man könnte fast sagen, dass du mir mit deinen Worten großes Unrecht tust.“
    Sie lächelte wieder um die Worte nicht so ernst klingen zu lassen, wie sie vielleicht rüber gekommen waren. Das war so nicht ihre Absicht gewesen, aber sie wollte dennoch deutlich machen, dass seine Vermutung nicht ganz richtig war. Im Grunde hätte es ihr egal sein können, aber hier wollte sie es dennoch geklärt haben. Sie war kein Freund, eher ein Kontrahent, aber kein Feind. Ein Gegenspieler in den Gassen Roms.
    Scheinbar traute er ihr nicht. Sogar eigentlich ziemlich offensichtlich. Er nahm den Becher und trank etwas daraus, wollte es wieder tun und hielt daraufhin ein. Schließlich stand der Becher wieder auf dem Tisch. Seine Worte waren ein netter Versuch, aber schafften es dennoch nicht ihr Ziel zu erreichen. Ihr Blick wurde für einen Moment ernst und ohne ihren Blick von ihm zu nehmen, griff sie nach dem Wein, seinem Weinbecher, und trank daraus einen für sie schon großen Schluck. Daraufhin tat sie das gleiche noch einmal mit ihrem Becher. Sie wollte ihn nicht bloßstellen und tat daher so als hätte sie von beiden gekostet, aber sie hoffte, dass sie ihm so gezeigt hatte, dass sie keine Absichten hatte. Eine gewisse Menschenkenntnis sollte man gerade ihr zutrauen, die sie ja davon lebte das Verhalten richtig einschätzen zu können und natürlich auch deuten konnte.
    “Ich finde er schmeckt ganz typisch für diese Unterkünfte. Wie sieht es denn aus wenn es einem die Zehennägel aufrollt?“
    Aufgrund der Vorstellung musste sie lachen.
    “Drubius war ein arroganter Schnösel, der meinte alles zu können und sich alles zu leisten. Er ist überheblich geworden, dadurch unvorsichtig und schließlich ist gefallen. Selbst Schuld. Er wollte zu viel auf einmal. Du hast recht wenn du sagst, dass das Milieu brutal ist. Aber ist das deine Aufgabe nicht auch?“
    Sie hoffte, dass er darüber mal nachdenken würde. Das Messer konnte ihm auch in den Rücken gerammt werden und dann war es sein Ende.
    “Ich habe nicht die Kraft wie du, aber dennoch weiß ich mich zu wehren. Mein Schutz ist es, dass man mich für ungefährlich hält. Im Grunde bin ich das auch, aber ich kann mich auch wehren. Man mag es nicht vermuten, aber so leicht bekommt man nicht unter. So lange man sich an die Regeln hält, kann man gut leben und auch ohne Verfolgungswahn nachts durch die Gassen gehen. Den Vorteil hast du nicht. Es hat doch etwas Gutes an sich.
    Dass sie diesen Vorteil hatte,weil sie wusste wo sie wann sein musste, das war ihr Geheimnis und das einiger weniger anderer. Roma konnte man so und so kennen.
    “Ich ein Scriba? Nein, das wäre nichts für mich. Ich kann es mir zumindest nicht vorstellen? Mal ganz davon abgesehen....wer würde mich denn als Scriba nehmen? Die Freiheiten, die ich jetzt habe, kann mir auch keiner geben. Vielleicht vor einigen Jahren wäre es noch eine Alternative gewesen, aber da konnte ich noch nicht schreiben. Ich habe meinen Weg, die anderen sind nichts für mich, nicht mehr.“
    Der Zweifel galt nicht der Arbeit an und für sich. Sondern eher sich selbst und ihrer Willenskraft dem jetzigen Leben zu entsagen und ein Neues zu beginnen.

  • Oh je, ich hatte sie nicht kränken wollen, mit meiner Bemerkung, nur necken. Aber da zeigte sich mal wieder, dass ich, was den Umgang mit Frauen angeht, völlig aus der Übung bin. Verlegen winkte ich ab und murmelte etwas von "....nur gescherzt."
    Meine Bedenken mit dem Wein hatte sie offenbar auch durchschaut, und entkräftete sie, indem sie von beiden Bechern trank. Obwohl sie es mit Humor nahm, war mir das unangenehm, und ich spürte wie mir die Hitze in die Wangen stieg - hoffentlich verbarg es mein iberischer Teint. Ich zuckte mit den Schultern, grinste betreten als sie lachte, und spülte die aufkommende Verlegenheit schnell mit einem weiteren Schluck runter. Der zweite schmeckte dann auch nicht mehr ganz so schlecht wie der erste.


    "Redet sich das nicht jeder ein, dass es bloss die anderen trifft, wenn man nur vorsichtig ist, oder maßvoll? Aber Du musst nur einmal im falschen Moment Pech haben, und schon bist Du geliefert... Dagegen ist niemand gefeit", warf ich ein, und meinte das natürlich im Bezug auf Celeste. Dass es auch auf mich zutreffen könnte... ja, das wusste ich schon, aber das war doch was ganz anderes!
    "Ja klar ist meine Aufgabe manchmal auch gefährlich, aber irgend jemand muss das tun! Und ich bin stolz, als Soldat dem Kaiser zu dienen, und meinen Teil dazu beizutragen, dass die Bürger Roms so sicher und friedlich wie möglich leben können." Das brachte ich klangvoll, und im Brutton der Überzeugung vor, daran glaubte ich fest.


    Von meiner Idee sich was Anständiges zu suchen schien Celeste weit weniger begeistert als ich selbst, aber ich gab noch lange nicht auf und redete weiter enthusiastisch auf sie ein:
    "Oh ich bin sicher, auch wenn Du es Dir auf Anhieb nicht vorstellen kannst, Du würdest das fabelhaft hinkriegen. Wer sich, wie Du, in solch harten Verhältnissen durchgeschlagen hat, der schafft das allemal! Natürlich ist es eine Umstellung, man muss sich daran gewöhnen früh aufzustehen, und weniger Geld auf einmal zu verdienen und so weiter, aber dafür ist man diese ständige Anspannung los, muss nicht immer auf seinen Rücken achten und sich verstellen... Ja, und vor allem ist es ein ganz anderes Gefühl wenn man auf das was man tut stolz sein kann, wirklich ein ganz neues, wunderbares Lebensgefühl!"
    Ach wie wäre das schön, wenn man alle Verbrecher Roms von dieser Erkenntnis überzeugen könnte. Ich strahlte Celeste voll missionarischem Eifer an :D und überlegte :
    "Ich könnte mich umhören wenn Du willst, nach jemandem der noch eine Scriba sucht! Vielleicht könnte sogar mein Onkel noch jemanden gebrauchen, er ist Senator und hat immer viel Schreibarbeit. Und meine Tante Lucilla kennt alle Welt, sie weiss ganz sicher jemanden, der Dich einstellen würde. Du solltest es wenigstens einmal versuchen, Celeste! Oder denkst Du, dass vielleicht eine andere Anstellung besser zu Dir passen würde?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Wie erhofft, verbarg das süd-westliche Aussehen wirklich die aufsteigende Hitze und Celeste dachte, dass sie ihn einfach durch ihr Tun überzeugt hatte. Nachdem sie nun doch etwas vom Wein getrunken hatte, was sie eigentlich nicht wollte, trank sei noch einen Schluck. Der vergorene Weinsaft stieg ihr sehr schnell zu Kopf wenn sie nicht aufpasste und auf den nüchternen Magen noch schneller als sonst schon. Aber nun hatte sie angefangen und der Weinbecher wanderte wie von selbst an ihre Lippen und sie trank noch etwas davon. Dann ab sie die Antwort.
    “Sicher redet sich das jeder ein. Man will nie glauben, dass man irgendwann einmal erwischt werden könnte. Diesen falschen Moment hatte ich schon. Wo wir gerade so offen reden, werde ich dir davon auch erzählen. Ich war da noch sehr jung, wurde los geschickt eine Uniform zu besorgen. Nicht irgendeine, es musst eine ganz bestimmte sein. Das Ende war einfach. Der Einbruch in das Wohnhaus des Praetorianers ging schief und ich kam in den Carcer. Ich half ihm einige Dinge in Erfahrung zu bringen und er ließ mich frei. Diese Fehler von damals passieren mir nicht mehr. Von diesem Einsatz habe ich auch etwas gelernt. Ich werde mir meine Auftraggeber ab sofort genauer anschauen. Ich denke nicht, dass es gut ist, wenn mich alle von irgendwelchen Treffen kennen. Das ist doch nicht gut für mich.“
    Es war schwer zu sagen ob der Wein ihre Zunge schon lockerte oder ob es der einfache Wunsch war darüber einfach mal zu sprechen. Bisher wusste es ja keiner und über was sie hier bisher alles gesprochen hatten, da tat dies auch nicht mehr zur Sache.
    „Gesprochen wie jemand, der das lange genug einstudiert hat um es wirklich zu glauben. Ich möchte auch nicht sagen, dass du darauf nicht stolz sein kannst, aber tust du wirklich immer das Richtige? Ist es immer richtig Menschen einzusperren, die wegen ihres Hungers stehlen? Roma ist eine sehr gemischte Stadt. Reichtum und Armut dicht an dicht und was ist da einfacher als sich das zu nehmen was andere zu viel haben. DU kannst sicher verstehen, dass ich meine Sichtweise, meinen Berufsstand verteidige. Du tust es genauso mit deinem. Du hast recht wenn du sagst, dass es unrecht ist, ich finde es gut, dass du dich mit deinen Aufgaben so identifizieren kannst und für sie lebst.“
    Es amüsierte sie in der Tat etwas wie Serapio versuchte sie weiterhin auf die gute Seite zu ziehen. Allerdings merkte sie auch gerade wieder, dass er so überhaupt nichts von ihrer Arbeit wusste. Sie ließ es aber einfach so im Raum stehen. Es war müßig ihm zu erklären, dass sie als Taschendiebin natürlich die Zeit am Morgen nutzte um sich die Geldbeutel anderer zu schnappen, die sich auf dem Weg zum Markt befanden. Nachts war sie unterwegs und besorgte gewünschte Informationen und Gegenstände. Zwischendrin musste sie auch ein wenig schlafen und sich auch noch um die persönlichen Bedürfnisse Amneris kümmern. Sie selbst war ja auch beschäftigt und hatte ihre Aufgaben. Man konnte fast meinen, dass sie nur wenig Zeit für sich hatten. Allerdings gingen sie sich hin und wieder auch aus dem Weg. Sie waren eben nicht immer einer Meinung und das dominierte dann schon die Beziehung an manchen Tagen. Warum sollte sie aber das alles erklären. Das war ihr dann doch zu viel.
    “Du meinst wirklich, dass ich als Scriba taugen würde? Ich bin mir da einfach nicht so sicher. Ich wüsste auch nichts anderes was ich machen sollte. Als ehemalige Diebin oder Frau ohne Referenzen. Mal angenommen ich würde deinem Vorschlag folgen, einem Senator möchte ich jedoch nicht dienen.“
    Einem einfachen Römer vielleicht noch, aber einem Politiker, einem von jenen die für so vieles in dieser Stadt zuständig sind? Nein, das nie und nimmer.

  • Für welche Art von Coup könnte man wohl eine Praetorianeruniform brauchen... überlegte ich und lauschte gebannt wie Celeste von ihren Erlebnissen erzählte. Sehr interessant fand ich natürlich, dass sie schon für die, oder für einen, Praetorianer gearbeitet hatte, und dass sie deren Carcer von innen hatte kennenlernen müssen. Ich nickte ernst. Wenn sie danach trotzdem weitergemacht hatte, dann schien sie ganz schön hart im Nehmen zu sein... oder vielleicht hatte sie einfach keine Alternative gehabt.
    "Einstudiert?!", fuhr ich auf - denn es ärgerte mich immer sehr, wenn jemand an dem Ansehen des Soldatentums rüttelte - und erklärte, nachdrücklich gestikulierend: "Ich meine das ernst! - Die Gesetze mögen hart sein, und ja, manchmal trifft es leider die falschen, aber sie müssen trotzdem durchgesetzt werden! Sicher, es ist interessant über diese Schwarz-Weiss-Sache zu diskutieren, aber in der Praxis gilt nun mal: Dura lex sed lex. Was ist denn die Alternative? Chaos und Gewalt."
    Bei dem Thema konnte ich mir wirklich den Kopf heissreden. Gerade weil ich erst spät zu dieser Einsicht gelang war, vertrat ich sie nun um so vehementer. Um mich abzukühlen leerte ich schwungvoll meinen Becher.


    "Ja doch! Hm... naja Du könntest... zum Beispiel für mich arbeiten?"
    War das jetzt nicht ein bisschen plötzlich? War das nicht ein bisschen riskant? Ach nein, stärker als diese Bedenken war mein flammender Eifer, dieser Frau zu helfen, sich aus dem Sumpf des Verbrechens zu befreien!
    "Als Scriba personalis. Ich habe ja auch Papyruskram, den ich nicht gerne erledige, ich hatte mich sogar schon nach einem Sklaven dafür umgesehen. Hm... vielleicht könntest Du für mich auch ein bisschen die Augen offenhalten, bei bestimmten Ermittlungen in Bereichen wo Du Dich auskennst..."
    Das war jetzt vage, aber es war ja auch noch eine neue Idee. So eine hübsche Scriba zu haben, das wäre schon schick... ich sah nur ein Problem darin, dass ich sie schwerlich in die Castra mitnehmen konnte. Oder vielleicht doch? Und für Spitzeldienste wäre Celeste auch sehr geeignet. Falls man ihr trauen konnte... Nachdenklich rieb ich mir über die Wange mit dem Schmiß.
    "Bist Du denn irgendjemandem verpflichtet, in dem Milieu, oder kannst Du einfach gehen wenn Du willst? - Und ich müsste mich natürlich darauf verlassen können, dass Du, wenn Du für mich arbeitest, keine weiteren Straftaten begehst."
    Forschend blickte ich ihr in die Augen, versuchte zu ergründen ob sie es wohl ernst meinte. Und dann kam mir noch eine völlig andere Idee in den Sinn, wie Celeste mir sehr behilflich sein könnte, eine Idee die durch ihre Botschaft inspiriert war, und die mich innerlich breit grinsen liess.

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  • Sie konnte nicht anders als zu ein wenig zu lächeln als Serapio sich so darüber echauffierte, dass sie seine Worte nicht ganz ernst nehmen konnte. Natürlich wehrte das Schmunzeln nur kurz und sie sah ihn wieder ernst an. Der Vortrag, der jetzt auf sie einhagelte, schmeckte ihr gar nicht und für einen Moment dachte sie darüber nach zu gehen und ihn weiter vortragen zu lassen. Das würde vermutlich nur einen gekränkten jungen Mann zurücklassen und sie würde sich auch nicht wirklich besser fühlen. Also atmete sie innerlich tief durch und blieb so ruhig sie konnte.
    “Serapio, deine Einstellung mag für dich gut und richtig sein und für viele andere auch. Allerdings solltest du auch einsehen, dass es welche gibt, die anderer Meinung sind. Es gibt genug Kriege, die auf Grund solcher Ansichten ausgebrochen sind. Es hat jeder seine Meinung und man sollte so aufgeschlossen sein, dass man sie anderen auch lässt. Du hast diene Erfüllung gefunden und das freut mich für dich. Es gibt wenige, die solches Glück erfahren. Allerdings solltest du mit Kritik anderer auch umgehen können und ich habe dich für deine Ansichten nicht verwünscht, ich habe sie gut gefunden. Genauso wie ich es auch jetzt sage.“


    Celeste war stolz darüber gewesen, dass sie bisher behaupten konnte von nichts so leicht überrascht zu werden. Allerdings war heute scheinbar ein Tag wo sie dies gleich mehrfach negieren musste.
    “Ich soll für dich arbeiten? Für dich Schriften aufsetzen und nebenher auch noch ein wenig Informationen besorgen.“
    Nun konnte sie nicht anders als zu lachen. Diesen Moment genoss und sie kostete ihn auch für einige Augenblicke aus. Sie lachte und trank danach ein wenig vom Wein. So konnte man auch Menschen an sich binden. Außerdem schlug er eine Fliege mit zwei Klappen. Nachdem sie sich beruhigt hatte war sie bereit auch dem Rest zu lauschen. Sie sollte also nicht weiter stehlen und nur für ihn da sein. Der Witz war auch wieder recht gut. Das würde sie wohl nie können, oder vielleicht doch? Interessant war auch, dass er dachte, dass sie jemandem verpflichtet war. Die Frage war durchaus berechtigt und sie lebte hier im Luxus im Gegensatz anderer. Sie konnte sich aussuchen was sie machen wollte, andere nicht.
    “Seitdem ich allein bin, bin ich nur mir verpflichtet und niemandem anderes. Ich arbeite für mich allein und werde gefragt was ich machen will. Euer Auftrag klang sehr interessant. Sonst würde ich hier nicht sitzen. Aber ich will ehrlich zu dir sein. Ich kann dein Angebot jetzt nicht annehmen und auch nicht ausschlagen. Ich möchte darüber nachdenken. Du wirst verstehen, dass ich über mein Leben nicht mal so eben entscheiden kann.“
    Außerdem musste so etwas wohl überlegt sein, oder etwa nicht?

  • Eine nebulöse Vorahnung sagte mir: wenn wir beide es wirklich länger miteinander zu tun bekommen würden, dann würde das auf noch viele weitere ausgiebige Wortgefechte hinauslaufen. Die Aussicht gefiel mir, ich diskutierte gern über die Götter und die Welt, kam aber in letzter Zeit so selten dazu, und möglicherweise war ich wirklich ein ganz klein bisschen einseitig geworden in meinen Ansichten. Ich krauste die Nase, und runzelte die Stirn, als Celeste mir das deutlich zu verstehen gab. Hm... Anscheinend fand sie meine Ansichten gut, teilte sie aber nicht. Ich wiederum teilte nicht ihre Ansicht, dass aus meiner Ansicht Kriege entstehen würden, aber weil es mir für den Moment zu kompliziert war, dies alles zu ergründen, beschränkte ich mich auf ein skeptisches "Mhm."
    Sagt man nicht, die Erkenntnis des Guten sei ein entscheidender Schritt auf dem Weg hin zu einem guten Leben? Diese Voraussetzung war scheinbar bei Celeste gegeben, sonst hätte ich auch nicht so unverdrossen versucht sie herumzukriegen!
    Ich nickte, lächelte freundlich als sie über meinen Vorschlag lachte, und wartete einfach ab was sie dazu zu sagen hatte.
    "Das ist gut", kommentierte ich den Umstand, dass sie niemandem verpflichtet war. "Ja natürlich, lass es Dir durch den Kopf gehen. Es ist nur ein Vorschlag."


    Ich selbst sollte wohl auch noch etwas darüber nachdenken, bevor ich die Dinge überstürzte. Gerade eben hatte ich noch gesagt, wir sollten uns nicht kennen, jetzt wollte ich sie bereits rekrutieren... dieses Treffen war wirklich unvorhersehbar verlaufen. Da es sich jetzt dem Ende zuneigte, stand ich auf, strich mir die Lacerna über die Schulter zurück, und trat zu dem Bett in der Ecke. Mit nichtssagender Miene beugte ich mich über das uneinladende Lager, in dem sicherlich jede Menge Wanzen hausten, griff nach der Decke und zerwühlte sie.
    "Was hältst Du davon, wenn wir uns in drei Tagen wieder treffen?", fragte ich dann, überlegte einen Moment was wohl ein geeigneter Treffpunkt wäre, und schlug schliesslich vor: "In den Horti Lolliani vielleicht, am Nymphaeum? Zur Hora duodecima, passt Dir das?"

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  • Obwohl es nur drei Buchstaben waren, konnte man den unterschwelligen Ton sehr wohl heraus hören. Aber auch sie war froh darüber das nicht mehr ausdiskutieren zu müssen. Wenn sie wirklich dem Angebot folgte, würde sie sicher viele Möglichkeiten dafür haben. Sehr viele und sie würde sie nutzen. Dies konnte man durchaus als kleine Drohung verstehen ;)
    “Ich werde darüber nachdenken, dessen sei dir gewiss.
    Sie hatte einige Gedanken dazu. Diese waren noch widersprüchlich, aber es würde wohl auf den Entschluss hinauslaufen, der sich immer mehr in ihrem Kopf zusammenbraute. Dann beobachtete sie wie, Serapio sich nun um das Lager kümmerte. Er hatte wirklich Geist fürs Detail. Sie hatten Absichten vorgetäuscht und er tat alles dafür, dass sie es auch gut spielen konnten. Das hatte sie nicht erwartet. Das hatte wirklich stille Anerkennung verdient.
    “In drei Tagen. Ich denke, das geht in Ordnung. Das ist ausreichend Zeit um sich alles genau zu überlegen. Die Gärten kenne ich auch. Ich werde da sein. Wenn du erlaubst werde ich nun zu erst gehen. Du kannst deines Wegs in wenigen Augenblicken gehen. Bis in Drei Tagen Serapio. Vale und lebe wohl bis dahin.“
    Mit diesen Worten zog sie sich den Umhang fest um die Schultern und setzte die Kapuze auf. Viel war nicht mehr von ihr zu erkennen. Die Nacht würde ihr Freund sein und die dunkle Kleidung tat ihr übriges dazu. Sie konnte sich der Nacht anpassen und darin verschwinden. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, war sie auch schnell die Stufen hinunter und bald darauf ein Teil der dunklen Gassen Romas.

  • "Bis dann, vale", verabschiedete ich mich, sah Celeste hinterher, als sie flink aufbrach, und fragte mich, ob ich sie jemals wieder zu Gesicht bekommen würde. Mal sehen.
    Ich wartete noch ein wenig, ging in dem Zimmer auf und ab, das mir jetzt besonders scheusslich, desssen Atmosphäre mir besonders bedrückend vorkam. Schliesslich machte auch ich mich auf, verliess die Taverne und trat in die Dunkelheit hinaus. Mit angespannten Sinnen und griffbereitem Pugio ging ich durch die schmalen Gassen, wich vorsichtig einer Gruppe von Gestalten aus, die so aussahen als wäre mit ihnen nicht gut Kirschen essen, und atmete auf, als ich wieder die breite, gepflegte Via Tiburtina erreichte. Schnellen Schrittes kehrte ich zur Castra zurück, begierig darauf, mir die Beute genauer anzusehen.

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