• Nachdem für die Renovierung grünes Licht gegeben worden war, rückten die Handwerker am kommenden Tag an. Crispus hatte einen Steinmetz aus Italia engagiert, der sich auf Thermen spezialisiert hatte - Willigis hatte ihm bereits vorher erklärt, dass er für diese Sache wohl nicht der beste Mann war. So musste eben jemand anderes den Lohn für die Arbeiten einstreichen. Und mit diesem Steinmetz (er hieß Titus Sextilius Canuleianus) besichtigte Crispus nun die Thermae Iuliani.


    Inzwischen hatte der Petronier solche Baustellenbegehungen schon häufiger durchgeführt (während er sich als Soldat meist erfolgreich um diese Baukoordinationen gedrückt hatte) und wusste einigermaßen, wann er zu schweigen hatte und wann er etwas drängen musste. Und so ließ er Canuleianus vorerst gewähren. Obwohl das Wasser für die Renovierung aus dem Bad gelassen worden war, konnte man nicht verhindern, dass die Wärme, die die Wände und Böden abstrahlte, für eine gewisse Hitze sorgten. Zumindest war das nicht die Betriebstemperatur des Heißbades, was jedoch nicht bedeutete, dass Crispus nicht auch so der Schweiß auf der Stirn stand. Canuleianus hingegen schien das weniger zu stören - als Italiker war er vermutlich höhere Temperaturen gewohnt. Voll konzentriert kletterte er stattdessen in das leere Becken und begutachtete die Risse im Marmor. Dann kam er wieder heraus, sah sich das ganze von oben an, ging etwas umher und analysierte so alles sehr genau. Dann verlor Crispus doch ein wenig die Geduld und fragte


    "Wie sieht es aus, Sextilius?"


    "Hm, is' ned so schlimm. Däd sag'n, dassmer nur die zwa Bladdn ausdausch'n müss'n. Un ich dengg' die ko ich okaff'n - hald ned zum Einkaufbreis."


    Der Nachteil an Sextilius Canuleianus war, dass er einen sehr breiten, italischen Dialekt sprach, der es selbst für Crispus als Muttersprachler schwierig machte, ihn korrekt zu verstehen. In Verbindung mit den Gesten konnte sich dann jedoch grob vorstellen, was der Steinmetz meinte: Offensichtlich wollte er die Marmorplatten kaufen (zumindest war dies die einzige Interpretation von 'okaffn', die Sinn ergab) und das ganze würde doch etwas billiger werden. Das war soweit schonmal sehr gut - Geld war nicht gerade das, was bei Crispus locker saß! Daher nickte er knapp. Im Anschluss sprachen die beiden über den Preis, wobei es Crispus hier doch nicht schaffte, ohne nachzufragen durchzukommen. Doch schließlich waren alle Formalitäten geklärt - Sextilius konnte mit der Renovierung beginnen!

  • | Titus Sextilius Canuleianus


    Sim-Off:

    Ich mach schonmal weiter, auch wenn es weiterhin möglich ist, wegen des Marmors etc. zu verhandeln


    Am Tage nach der Baustellenbegehung mit dem Magistratus konnte Canuleianus endlich mit der eigentlichen Arbeit beginnen. Er war nicht allein wegen diesem Job aus Italia gekommen, sondern weil er gehört hatte, dass in den Provinzen ein wesentlich größerer Bedarf an neuen Thermenanlagen bestand, es aber wenige Spezialisten gab. Seine Gesellen waren beispielsweise heute früh von einer Villa Rustica gekommen, deren Eigentümer (ein germanischer Häuptling) nun stolzer Besitzer eines hauseigenen Bades war. Bisher hatte es sich in jedem Fall gelohnt, der Heimatstadt den Rücken zuzukehren, nachdem er den Betrieb von seinem ehemaligen Meister geerbt hatte (da keine leiblichen Söhne existierten).


    Und da dies nicht die erste Reparatur einer Thermenanlage war, die unterdessen weiterbetrieben wurde, hatte Canuleianus als erstes dafür gesorgt, dass die Hypokausten in seinem Abschnitt verschlossen wurden, sodass es nicht ganz so heiß wurde beim Arbeiten. Diese Aufgabe oblag traditionell dem neuen germanischen Lehrjungen, den er aufgenommen hatte (weil er der kleinste war). Da diese Aufgabe überaus unangenehm war (nämlich das Klettern auf glühend heißen Ziegeln durch eine enge und rauchige Dunkelheit), hatte er den Rest des Tages frei. Es würde nun zwar noch ein wenig dauern, bis alles abkühlte, doch solange schafften die Gesellen das Werkzeug herbei, um den Mörtel an den Fugen der Marmorplatten zu entfernen.


    Und tatsächlich war es am Abend des ersten Tages soweit, dass die erste Marmorplatte, die Risse aufwies. Der Steinmetz hatte allerdings keine Ahnung, wie jemand es geschafft hatte, ein ganzes Stück des Steines abzubrechen - wahrscheinlich hatte er seine Badesandale irgendwie in einen kleinen Riss bekommen und sie dann nass werden lassen (was in einem Bad kaum schwierig war). Von den Steinbrüchen her kannte man die gewaltige Kraft, die aufgeschwemmtes Holz entwickelte. In jedem Fall würde die Platte zerteilt zweifelsohne noch für kleine Hausbadeanlagen verwendet werden können. Und sicherlich ließ sie sich von der Stadt billig abkaufen, denn diese Beamten kannten selten den wahren Wert von Baumaterialien.




  • Tage später besuchte Petronius Crispus die Thermen. Obwohl das Heißbad zur Zeit nicht benutzt werden konnte, war es immerhin möglich, ein paar Runden zu schwimmen (und das auch im Winter). Doch da sich der Magistrat schon längere Zeit nicht mehr um die Baustelle gekümmert hatte, beschloss er, einmal vorbeizusehen. Natürlich war es nicht schwierig, den Bademeister zu überzeugen, dass er befugt war, den abgesperrten Bereich des Bades zu betreten. So erschien er nackt und nur mit Holzsandalen bekleidet im Caldarium. Der Raum war ohne das Heizen inzwischen wesentlich kühler als das Tepidarium, weshalb Crispus ziemlich fröstelte, als er eintrat. Ausnahmsweise mussten ihn seine Holzsandalen nun vor der Kälte der Steinplatten schützen. Rasch verschränkte er die Arme vor der Brust, um möglichst Wärme abzugeben.


    Es dauerte nicht lange, bis er Canuleianus gefunden hatte, der gerade damit beschäftigt war, seine Gesellen dabei zu beaufsichtigen, wie sie eine der Marmorplatten, die früher die Beckenwand gebildet hatten, mit einer Säge durchzuschneiden (scheinbar entfernten sie den kaputten Teil des Marmors). Unterdessen schleppten zwei andere schweißüberströhmt eine neue Platte durch den Raum.


    "Na, wie läuft's?"


    fragte der Magistratus den Steinmetz, welcher mit den Schultern zuckte und meinte


    "Naja, bassd scho'! Bald sim'ma feddich!"


    Wieder einmal musste der Petronier nachdenken, was Canuleianus gesagt hatte, doch es klang optimistisch, somit ging er davon aus, dass sie im Zeitplan blieben. Noch ein wenig blickte er sich um, dann wurde es ihm jedoch zu kalt und er kehrte zum funktionierenden Bade zurück.

  • | Titus Sextilius Canuleianus


    Am folgenden Tag war es endlich so weit: Die neue Beckenwand konnte eingepasst werden! Lange hatten die Beckenbauer gemessen, der Meister selbst hatte Hand angelegt und die Marmorplatte so behauen, dass sie perfekt in das bestehende Becken passte. Nun folgte die schwierigste Arbeit: Das gute Stück musste langsam und vorsichtig an seinen Platz gebracht werden: Wenn es den Gesellen, die es an Seilen hinunter ließen, auskam, konnte es wieder hässliche Kratzer geben, die zu deutlichen Abschlägen bei der Bezahlung führten. Daher war Canuleianus besonders angespannt.


    "Obacht! Machd'se ned kabudd!"


    rief er, als die Platte mit einem spitzen Kreischen an der Kante der angrenzenden Beckenwand entlangschrammte. Sofort sprang jemand herbei und schob die neue Wand ein wenig beiseite, sodass es wieder ruhiger hinab ging. Viel Schweiß und Anstrengung später setzte die Wand mit einem Klopfen auf den Beckenboden auf. Der Sextilier atmete erleichtert auf, denn damit war die schwierigste Arbeit geschafft. Nun musste nur noch alles anständig verfugt werden, dann waren sie fertig!




  • Endlich war der Tag gekommen: Sextilius Canuleianus hatte dem Magistratus melden lassen, dass er fertig war. Aus diesem Grund kam der Petronier persönlich vorbei, um das neue Becken zu prüfen. So erschien er gemeinsam mit seinem Stab aus Vigiles, Scribae und sogar seinem Accensus in den Thermen. Im Gegensatz zu seinen letzten Besuchen hatte er sich heute in seine Toga gehüllt, sodass er einen äußerst magistratischen Eindruck machte. Nur seine Füße steckten in den Holzsandalen, die im Caldarium üblich waren.


    Im Heißbad angekommen, erwarteten ihn bereits der Meister selbst, aber auch die Gesellen und Lehrlinge, sowie der Bademeister. Die Handwerker wirkten stolz und als Crispus das Becken umrundete und ansah, war er ebenfalls erstaunt: Es war kaum zu erkennen, welche der Wände ausgetauscht worden war! Da hatte Canuleianus wirklich einen unglaublich ähnlichen Marmor gefunden und eingebaut! So blieb dem Petronier nichts, als anerkennend zu nicken.


    "Sehr gut, Sextilius! Das ist jedes As wert, das wir zahlen!"


    Der Steinmetz grinste schief, dann erwiderte er


    "Mir däd'n uns a über an Bonus freia!"


    Zwar wusste Crispus mit den meisten Worten, die er vernahm, wenig anzufangen, doch Bonus sagte ihm natürlich etwas - und darüber ließ sich bei ihm ganz sicher nicht reden! Er hatte ein festes Budget, hatte einen Preis ausgehandelt und diesen auch offiziell bestätigen lassen - nun war er auch nicht bereit, etwas draufzuzahlen. Abgesehen davon musste er sich auch keine Mühe machen, den Steinmetz zu halten, denn es war doch sehr unwahrscheinlich, dass er noch einmal Bedarf an einem Beckenbauer haben würde.


    "Tut mir leid - das ist in unserer Kasse nicht vorgesehen!"


    erwiderte er daher und übte sich darin, ein wenig zu schauspielern, indem er ein betrübtes Gesicht machte. Es gelang ihm nicht besonders gut, doch zumindest genügte es, um Canuleianus' Hoffnungen endgültig zu zerschlagen.


    "Aber ich kann dich weiterempfehlen!"


    fügte Crispus an, da er sich fast ein wenig schäbig vorkam, solch eine Arbeit nicht extra zu honorieren. Doch der Steinmetz winkte ab - wahrscheinlich war sein Ruf ohnehin gut genug (sonst hätte Crispus ihn ja auch nicht gefunden!). Nun fehlte im Grunde nur noch der Duumvir, der sich für diese Veranstaltung angesagt hatte.

  • Witjon hatte die Nachricht seines Magistratus mit Freuden gelesen und erschien auch bald in den Thermen. Er hatte sich ebenfalls angemessen gekleidet und seine Schuhe gegen Sandalen gewechselt, ebenso wie der kleine Stab, der ihm - unnötigerweise, wie Witjon fand - immer so eifrig hinterherlief. Im Caldarium angekommen begrüßte er die anwesenden freundlich und zeigte sich natürlich von seiner besten Seite.
    "Salvete. Ich freue mich, dieses Werk eines außerordentlichen Steinmetzes wie dir, Canuleianus betrachten zu dürfen. Du hast deinem Namen alle Ehre gemacht."
    Die Beckenwand war wirklich gut erneuert worden. Lächelnd wandte sich Witjon Crispus zu.
    "Petronius, du scheinst einen guten Riecher für gute Handwerker zu haben. Gute Arbeit!"
    Die Worte klangen nicht halb so freundlich wie die an den Handwerker gerichteten. Witjon konnte diesen Petronier immer noch nicht recht einschätzen und ihn zu mögen fiel ihm ohnehin viel zu schwer.
    "Gut, kommen wir zum Grund unserer aller Anwesenheit in diesem Thermen. Die Einweihung."
    Erwartungsvoll rastete der Blick des Duumvirn auf seinem Magistratus. Mal sehen, was der sich ausgedacht hatte.

  • Als Marsus erschien, hatten Crispus und der Handwerker ihr Gespräch bereits beendet. Der Duumvir wirkte gut gelaunt und begrüßte Canuleianus überschwänglich. Bei Crispus hingegen wirkte er etwas zurückhaltender, was dem Petronier jedoch nicht unrecht war - sie waren Collegae, keine Freunde! Trotzdem freute er sich natürlich über das Lob, auch wenn es seiner Meinung nach aus dem Mund eines Jungspundes stammte.


    "Ja, fangen wir an!"


    bestätigte er und blickte sich um: Die Handwerker waren da, der Bademeister, der Duumvir und verschiedene Bedienstete der Magistrate. Also alle, die er erwartet hatte. Er räusperte sich, denn er hatte sich ein paar Worte zurechtgelegt.


    "Wir haben uns hier versammelt, um...also um dieses Becken einzuweihen. Sextilius Canuleianus hat es zusammen mit seinen Männern renoviert und wie wir sehen, ist es ganz gut geworden."


    Irgendwie war ihm seine kurze Ansprache beim Ausdenken besser vorgekommen - jetzt wirkte sie irgendwie übertrieben (er trug sie ja doch nur seinen Mitarbeitern und ein paar einfachen Männern aus der Plebs vor). Daher beschloss er, das ganze etwas abzukürzen:


    "Aber lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, wir sollten einfach ausprobieren, ob sie auch wirklich gut ist - Wasser Marsch!"


    Er sah zum Bademeister, der seinen Gehilfen losschickte. Eine Weile standen alle schweigend um das Becken, dann gluckerte es jedoch im Boden und schließlich ströhmte Wasser in das Heißbecken. Es war lauter, als Crispus erwartet hatte.


    "Jaja, des dauert a' biss'l!"


    bemerkte Canuleianus, was der Magistratus jedoch nicht verstand: Er hatte sogar Probleme, ihn bei Stille zu verstand. Dennoch nickte er und lächelte in Richtung des Beckenbauers. Dann sah er wieder auf das Becken, in dem der Wasserspiegel sehr langsam, aber doch merklich stieg.

  • Nach einer schieren Unendlichkeit, in der Crispus wie versteinert dagestanden war und die anderen angeschwiegen hatte, war das Becken soweit gefüllt, dass man notfalls darin untertauchen konnte.


    "So, ich denke, es gebürt uns, das erste Bad in diesem Becken zu nehmen!"


    Er blickte Marsus und Canuleianus auffordernd an. Dann ergriff er selbst seine Toga und löste sie. Es war ohnehin warm und die Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Die gewaltige Stoffbahn wurde an einen seiner Amtsdiener weitergegeben, dann folgte die Tunica und das Untergewand, das er im Winter zu tragen pflegte. Canuleianus, der nur eine Tunica trug, war schneller nackt und wartete.


    Schließlich stand auch Crispus nackt da. Langsam ging er zum Becken, stets darauf bedacht, dass Marsus in etwa auf seiner Höhe blieb. Dann glitten Crispus und Canuleianus gemeinsam ins Wasser - und hoffentlich auch Marsus.

  • Endlich war dieses Becken vollgelaufen! Witjon tat es dem Petronius gleich und entledigte sich seiner Kleidung, dann trat er neben den Architekten und seinen Magistratus. Die Luft war warm und sehr feucht und auch Witjon rannen Schweißperlen von der Stirn. Zeitgleich mit den anderen beiden ließ er dann seinen Körper in das heiße Wasser hinab. Ein leichtes Seufzen war zu hören, als die Hitze seinen Körper umspülte und augenblicklich entspannte er sich. Nach einer gewissen Zeit des stillen Herumsitzens und Genießens wandte Witjon sich dem Petronier zu.
    "Sag Petronius, wie geht es deinem Sohn? Macht er sich gut in der Schola?"
    Auch wenn gerade eine ganze Bagage an Amtsdienern und Handwerkern um sie herum standen, wollte Witjon doch mal wieder ein bisschen den privaten Kontakt zu dem Mann pflegen, den er sonst nur im Beruf traf. Canuleianus hatte mittlerweile seinen Kopf auf den Beckenrand gelegt und die Augen geschlossen.

  • Als Crispus im Wasser angekommen war, entfuhr ihm ein Seufzen - die Wärme beruhigte ihn auf der Stelle und ein Blick zu Canuleianus und Marsus zeigte ihm, dass es den anderen ebenso ging. Es war wirklich gut, dass es wieder ein intaktes Bad gab. Plötzlich sprach ihn Marsus an. Und das auf eine Weise, die er nicht gewohnt war: Er erkundigte sich nach einer privaten Angelegenheit! Es verwirrte ihn zuerst einen Augenblick, dann räusperte er sich und meinte


    "Ähm, gut. Er kann sogar diese Mathematik!"


    Natürlich gab er sich nicht die Blöße, seinen Sohn als schlechten Schüler zu offenbahren - und da kam es gerade recht, dass er sich daran erinnerte, dass Lucius sich in dieser nutzlosen Philosophie der Zahlen auskannte! Dass er selbst dafür wenig Verständnis hatte, musste ja nicht jeder wissen!


    In diesem Augenblick öffnete Canuleianus die Augen und blickte zu seinen Gesellen. Dann winkte er sie heran. Crispus, der dies bemerkte, nickte und die Gesellen rissen sich die Kleider herunter. Und dann nahmen sie Anlauf und...PLATSCH! Eine Welle ging durch das Becken und traf Crispus und Marsus. Hustend versuchte der alte Petronier, seine Luftröhre von dem Wasser, das er geschluckt hatte, zu befreien. Unterdessen verteilte der Handwerksmeister bereits Ohrfeigen und murmelte ein


    "'Tschuldigung!"


    Inzwischen hatte der Hustenreiz aufgehört und das Wasser sich beruhigt. Crispus schüttelte den Kopf, um das Wasser, das an ihm herabtropfte, aus seinen spärlichen Haaren zu bekommen. Dann fragte er


    "Und du? Bist du schon verlobt?"


    Er wusste, dass Marsus unverheiratet war - also war es sinnlos, nach etwaigen Kindern zu fragen!

  • "Mathematik, ja das ist wichtPLATSCH! Witjon bekam einen Schwall Wasser ins Gesicht und rutschte vor Schreck unter die Wasseroberfläche. Prustend kam er wieder hoch und versuchte seine Nase vom reinigenden Element zu befreien, das ganz ein merkwürdiges Kribbeln in seinen Atemwegen hinterließ. Mit halb zugekniffenen Augen winkte er die Entschuldigung des Architekten ab und strafte die Gehilfen mit einem bitterbösen Blick. Die Wellen legten sich und Witjon fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, das nun kreuz und quer abstand und tropfte wo es nur konnte. Dann stellte Crispus seine Gegenfrage.
    Baff. Das war der junge Duumvir. Dieses Thema hatte er durchaus nicht erwartet, zumal erst vor wenigen Tagen Aquilia spurlos verschwunden war und er immer noch nicht ganz über sie hinweg war. Ein Moment verdutzten Schweigens folgte, bis Witjon realisierte, dass er fragend angeschaut wurde.
    "Äh...verlobt? Ich...nein, noch nicht. Wie kommst du darauf?" Verflucht, das hatte ihn völlig unerwartet getroffen!

  • Seine prompte Antwort fiel möglicherweise ein wenig vulgär aus, doch er bemerkte es gar nicht.


    "Naja, ein Mann deiner Bedeutung und deines Alters...ich denke, dass sich die Töchter aller Decurionen sämtliche Finger nach dir abschlecken..."


    Er hatte nicht erwartet, dass Marsus nicht verlobt war und wusste nichts von dieser Aquilia - seine Frage hatte tatsächlich ganz harmlos sein sollen! Doch scheinbar war der Duumvir völlig überrascht und fühlte sich ertappt!

  • Reiß dich zusammen, Mann!
    "Nunja, die Frauen...also natürlich gibt es da ein paar Damen, denen ich offenbar gefalle. Aber du stellst mich ja geradezu als Frauenmagnet dar."
    Puh, gerade noch gerettet! Witjon grinste leicht und überging die etwas platte Ausdrucksweise seines Magistraten. Immerhin war der ja vorher Soldat gewesen, da musste man solch eine Ausdrucksweise wohl entschuldigen. (:P)
    Dann fügte er noch hinzu:
    "Bisher hat sich eben noch keine geeignete Verbindung herausgestellt. Immerhin habe ich auch eine gewisse Verantwortung meiner Familie gegenüber."

  • Crispus nickte langsam. Offensichtlich war es auch bei den Germanen der oberen Schichten wichtig, sich passende Ehepartner auszuwählen - und gerade als Duumvir musste man schon gut differenzieren, denn für Liebe war in diesen Schichten wenig Platz. Eigentlich war Crispus froh, dass er Heila noch zu seinen Zeiten als junger Optio kennen gelernt hatte, denn damals war die Tochter eines Handwerkers wohl gerade richtig gewesen. Heute hätte er sie vermutlich auch nicht ehelichen dürfen...ach, er vermisste Heila!


    "Naja, das stimmt. Aber du bist ja noch jung, du hast Zeit."


    fügte er dann an. Ja, die Jugend seines Duumvirn war wohl sein größter Mangel...


    "Wie alt bist du eigentlich inzwischen? Hast du schon deinen Geburtstag gefeiert?"


    Als Marsus das Amt angetreten hatte, war er jedenfalls unter 20 gewesen, soweit sich der alte Petronier erinnerte. Das genaue Alter war ihm hingegen entfallen...

  • Witjon meinte einen leichten Ansatz von Wehmut in Crispus' Miene erkennen zu können, doch der verflog schnell wieder.
    "Ich zähle noch zwanzig Winter. Am PRIDIE ID MAI DCCCXXXVIII A.U.C. (14.5.1988/85 n.Chr.) bin ich zur Welt gekommen, es ist also nicht mehr allzu lange hin bis ich das einundzwanzigste Lebensjahr erreiche."
    Er musste unweigerlich schmunzeln, als er sich bei dem Gedanken erwischte wie alt er mittlerweile schon geworden war. Die Frage nach Crispus' Alter behielt Witjon wohlweislich bei sich, am Ende verärgerte er den alten Sturkopf noch, mit dem er sich doch gerade außergewöhnlich nett unterhielt.

  • Dann war er also erst zwanzig Lenze alt gewesen - Crispus seufzte. Zum einen, weil er es bedauerte, dass er selbst nicht mehr so jung war, zum andern, weil ihm solche eine Karriere nicht möglich gewesen war. Er hatte sich hinaufkämpfen müssen!


    "Und, was hast du für weitere Pläne in diesem Jahr?"


    fragte er schließlich etwas allgemeiner - bisher war der Duumvir schließlich durch keine überragend-besonderen Tätigkeiten in Erscheinung getreten (mit Ausnahme des Saturnalia-Festes vielleicht, das Crispus wirklich gefallen hatte).

  • "Ich werde mich vermutlich noch einmal als Duumvir zur Wahl stellen. Mir hat diese Amtszeit wirklich gut gefallen und möchte mich noch einmal der Stadt zur Verfügung stellen. Und du, wirst du als Duumvir kandidieren?"
    Witjon musste wirklich zugeben, dass die Arbeit mit dem Magistratus langsam aber sicher recht gut funktionierte, auch wenn die beiden sich zu Beginn noch nicht so recht über den Weg getraut hatten. Irgendwie würde es ihn sogar freuen, den alten Griesgram als Amtskollegen begrüßen zu dürfen.

  • Crispus blickte nachdenklich an die Decke des Bades, wo sich hübsche Malereien von der Apotheosis des Kaisers Iulianus befanden (auch sie waren relativ neu). Er hatte eigentlich nicht geplant, direkt das Duumvirat anzustreben und die Aussicht, dass Marsus es ebenfalls bekleiden wollte und als zweimaliger Duumvir dann im Rang über ihm stehen würde, obwohl er nur halb so alt war, erleichterte seine Entscheidung um einiges....


    "Ich denke, ich kümmere mich erst einmal wieder um meine Geschäfte - die habe ich in letzter Zeit ein bisschen vernachlässigt bei dem ganzen Stress."


    erwiderte er daher. Eigentlich war dieser Duccius Marsus ja ganz nett - nur war er eben eindeutig ein ganzes Stück zu jung, um mit ihm zu arbeiten! Crispus war schon bei der Armee aufgefallen, dass die Rekruten ihm immer mehr auf die Nerven gegangen waren, sodass er ganz froh gewesen war, als er Primus Pilus wurde und damit eine Einheit aus Veteranen befehligte, anstatt sich mit dem jungen Gemüse herumzuärgern.

  • "Das heißt, du wirst nicht kandidieren?" fragte Witjon nun ehrlich betroffen. Er hatte eigentlich mit einem weitergehenden Engagement des ehemaligen Primus Pilus in der Stadtverwaltung gerechnet und schaute jetzt erstmal etwas überrascht. Sein Blick folgte dem des Petroniers zur Decke, während seine Schneidezähne nachdenklich seine Unterlippe malträtierten.
    "Schade eigentlich. Aber gut, das ist natürlich deine Entscheidung. Lass dir nur gesagt sein, dass ich dich als Mitglied der Curia sehr schätze und hoffe, dass man auch weiterhin irgendwie zusammenarbeiten wird. Dann werde ich mich wohl bald allein mit Vedia Tusciliana und Gavius Laelianus herumschlagen müssen."
    Er schmunzelte den Petronier aufmunternd an und lehnte sich noch ein Stück gemütlicher zurück, um die Decke weiter zu betrachten. So langsam würde er zurück in seine Amtsstube gehen müssen, immerhin war das was sie hier taten eigentlich auch nur Arbeit...in einem gewissen Sinne, denn die Einweihung des Bades musste ja von irgendwem durchgeführt werden. (:D)

  • "Genau."


    bestätigte Crispus und seufzte. Die Komplimente, die Marsus ihm dann mitteilte, freuten ihn - offensichtlich blickte der junge Mann doch irgendwie zu ihm auf. Von den anderen Magistraten wusste er nicht, ob sie kandidierten, doch im Grunde war es auch egal, denn wenn Marsus seine erste Kandidatur aus dem Stand gewonnen hatte, würde er die zweite mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls positiv absolvieren. Damit würde er jedoch dank seiner vorherigen Amtszeit der erste Duumvir sein und damit über mehr Machtfülle verfügen.


    Einen Augenblick verharrte Crispus noch, dann erhob er sich. Das Wasser tropfte von seinem Körper ins Becken, während er bemerkte


    "So, dann hätten wir also die Einweihung auch geschafft. Ich denke, ich muss dann auch 'mal wieder an die Arbeit! Es gab noch Beschwerden, dass die Straße nach Vicus Novus ein paar Schäden hat!"


    Jaja, die Arbeit wartete ständig und im Grunde war es gut, dass das ganze bald vorüber war.

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