Triclinium | Io Saturnalia – cena pro servis oder: Ein ganz traditionelles Saturnalienfest



  • Hora für hora war verstrichen an einem von jenen Saturnalientagen, die ganz dem goldenen Zeitalter gewidmet waren, einer alten Erinnerung an eine Zeit, in der es allen Menschen gut ging, gleich unter gleich sich tummelten und zwischen den Menschen keine Unterschiede gemacht wurden; nicht so in ihren eisernen und harten Zeiten, in denen die Welt nun mal unter all den sozialen und auch sonstigen Ungerechtigkeiten zu ersticken drohte. Die Tage waren auch in Rom schon kürzer geworden, so daß die Sonne im Angesicht eifriger oder auch chaotischer Vorbereitung sich gnadenlos dem Horizont näherte und mit den Strahlen schon über die Hügelkämme hin weg leckte. Es würde nicht mehr lange dauern, und die Scheibe Sols würde hinter den Hügeln im Westen versinken, jeglichen Schein nehmend und eine Dunkelheit zurück laßend, die nur durch Prometheus’ Gabe noch verscheucht werden konnte, dem Schein vieler feuriggefüllter Öllampen und Fackeln. Doch an jenem späten Nachmittag waren keine Sklaven bereit, die von Zimmer zu Zimmer zogen, um die Öllampen zu entzünden, keine sklavischen Hände, die die villa zu einem beschaulichen Ort für die abendliche Dunkelheit machte, denn heute waren Saturnalien und kein Sklave mußte an diesem Tage noch arbeiten. Ein Klient eilte an deren statt durch die Gänge, hielt einen Holzspan an die Flamme seiner kleinen Öllampe, um Stück für Stück die Lichter in der villa zu erleuchten. Im triclinium brannte schon länger das Licht, die Tische waren bereit und die Klinen auf die Zahl der erwarteten Gäste aufgestockt worden, die Gäste, die niemand anderes als die Sklaven der villa Flavia waren. Selbst wenn es nur einige wenige Sklaven waren, die heute hier versammelt waren und genauso verlesen, wie so manch ein Gast, der in die Räumlichkeiten seinen Weg an den übrigen Tagen des Jahres fand.


    Blumengirlanden – aus dem flavischen Garten entwendet und etwas dilettantisch geflochten – schmückten die Fresken und die Reliefs des Speisezimmers der villa. Der Knabe, der die Öllampen hielt und aus Metall geformt war, hatte seine leuchtenden Lichter schon erhalten und würde der Einzige sein, der klaglos und still an diesem Abend seine Arbeit verrichten würde. Die guten Teller standen bereit, silberne Pokale, die den guten Tropfen für die Sklaven erhalten sollten, glänzten im Lichte des Lampenscheins. In der Küche wurde noch eifrig rumort, irgendwo von dort war ein deftiges Fluchen zu hören, ein Rumpeln, ein Schmerzenslaut, eifriges Getümmel. Doch während im Hintergrund noch die letzten verplanten Arbeiten vollführt und hektisch gearbeitet wurde, so war der Speiseraum schon für den Abend bereit – selbst wenn ein geübtes Auge sofort erkannte, daß heute weder Sklaven, noch sonstige geübte Hände am Werk gewesen waren – und es bedurfte nur noch der Gäste, um jenen traditionellen Saturnalienabend beginnen zu können.

  • Zufrieden stellte Serenus fest, dass die Fußbodenheizung in der Villa auf höchstem Befeuerungsgrad lief. Es war angenehm warm, was auch ideal war um später einigen Verwandten seine Saturnalienmitbringsel zu präsentieren.
    Zufrieden stellte Serenus fest, dass Hannibal und Dido, trotz des Rollentausches den die Saturnalien mit sich brachten, für ihn einige kleine Kisten und Päckchen, sowie eine sehr große Kistekiste, in einer Ecke des Raumes plaziert hatten. Letztere hatten sich ein paar Sklaven zusammen getragen, denn sie hatte das Format eines Sarges und war somit unhandlich, auch wenn ihr Inhalt leicht zu sein schien. Und ein anderes Geschenk wartete zugedeckt im Garten.


    Dem Anlass entsprechend trug Serenus eine einfach geschnittene safrangelbe Tunika, kombiniert mit einem indigoblauen Ledergürtel und halbhohen blauen Lederstiefeln mit Halbmond aus Elfenbein und Goldriemen.
    Normalerweise sollte man sich gemäß den Traditionen in schlichte Gewänder hüllen oder die Kleidung der Sklaven tragen. Serenus war hier im Gegensatz zu seinen Onkeln ganz klar im Vorteil. Zum einen hatte er kaum schlichte Sachen. Und Kindersklaven in seinem Alter gab es auch sicher nicht viele hier in der Villa in Roma. Während die Sklaven der Onkels im Haus meistens die universelle Sklaventunika der Gens Flavia trugen, legte Serenus nach Rücksprache mit seiner Oma bei seiner Leibsklavin Dido stets Wert auf ein repräsentatives Aussehen. Er lief ja außerhalb der Villa auch nicht wie ein gerupftes Huhn herum. Didos Kleidung stand in ihrer Ausführung und Wert meistens einer jungen Patrizierin oder gehobenen Civis in nichts nach und war oft erst auf den genauen Blick als Sklavin im Status zu erkennen. Außerdem hätte Serenus mit Palla und Stola sicher sonderbar ausgesehen. Sah Dido gut aus, durfte auch Serenus gut aussehen.


    Aufgrund seiner Gewandung war er auch deutlich früher fertig gewesen als Dido, welche sich noch in den fachkundigen Händen von Tante Antonias zweiter Tonstrix und drei weiterer Sklavinnen befand, welche seiner Tante normalerweise beim Anziehen zur Hand gingen. Serenus hatte angefragt und auch das sehr seltene Wort „Bitte“ mal benutzt. Und da Tante Antonia schlaue Sklavinnen hatte wussten sie dieser „Bitte“ umgehend nachzukommen, denn das Jahr hatte ja ein paar Tage mehr als nur die Saturnalien. Die Tonstrix schien besonders schlau zu sein, denn sie hatte mit keinem Wort angeregt, dass Serenus mal wieder dringend zu ihr gemusst hätte. Sein Haar hatte mal wieder eine gewisse Länge deutlich überschritten. Aber kurze Haare waren noch nie Serenus Ding gewesen.

    Dagegen hatte Serenus den Sklavinnen von Flavia Epicharis, der Bösen, anonym über einen Sklaven seines Vertrauens ausrichten lassen, dass sie mit einer Auspeitschung durch ein hochrangiges Mitglied der Gens Flavia rechnen konnten, wenn sie ihrer Domina Epicharis an den Saturnalien irgendwie zur Hand gehen würden, denn dies war eine sehr traditionelle Gens und auf solche Dinge legte man großen Wert.


    Wie es schien war er der Erste. Er gab seinen Hunden Anweisung artig Sitz an der Säule zu machen, wo normalerweise auch immer Sciurus stand. Dann ließ er sich auf eine Kliene nieder und widmete sich der neusten Ausgabe von „Sklave Gaius ist der Beste“. Nebenbei wartete er auf die restliche Verwandtschaft.


    Und da Serenus nun einmal trotz allem ein Patrizier war der mit seinen 15 Jahren schon etliche Modetrends seiner Umwelt erlebt hatte und auszublenden verstand, überging er mit seiner ihm angeborenen und anerzogenen Gravitas den Umstand, dass die Schmückung des Raumes und die Tischgedecke reichlich unbeholfen wirkten. Ganz sicher der neuste Modetrend oder ein weibliches Familienmitglied, welches sich hier in Sklavenarbeit geübt hatte. Was zählte das schon, wo doch der Inhalt von „Sklave Gaius ist der Beste“ gerade so spannend war.

  • Der Parther hatte zwar immer noch nicht verstanden, wieso an diesem Tag alles Kopf stand, aber wenn es darum ging, einmal nicht eine der Küchenmägde beglücken zu müssen, nur um an ein anständiges Stück Fleisch zu erhalten, sollte es ihm recht sein.
    Von den anderen Sklaven hatte er erfahren, es gebe heute ein Festessen im Triclinum. An dem die Sklaven von ihren Herren bedient wurden. Seltsame Sitte, dacht er. Aber da er ja davon profitieren würde, konnte es ihm nur recht und billig sein!


    Er hatte vorher ein Bad genommen, sich rasiert, seine beste Tunika angezogen und sich mit einem Duft unbestimmter Herkunft eingehüllt und war selbstzufrieden zum Triclinum geschlendert. Dort wo üblicherweise nur diese arroganten Römer zu speisen pflegten, herrschte noch Stille.
    Nur das Rascheln von Papyrus war zu hören. Cassim kannte den Jungen nicht, der dort auf einer der Klinen saß und las. Ein Sklave wahrscheinlich, so wie er jetzt einer war und der bereits Erfahrung mit diesem seltsamen Fest gesammelt hatte. Sonst hätte er wohl nicht so selbstgefällig dort gesessen und gelesen, ohne Angst haben zu müssen, gleich von einem der Römer vertrieben zu werden.
    "Guten Abend! Sind wir die Ersten? Wir kennen uns noch nicht! Cassim ist mein Name." Er nahm neben dem Jungen Platz und wartete, was jetzt geschah.

  • Serenus blickte von seiner Lektüre auf und musterte den Eingetretenen, welcher sich neben ihn setzte ebenso, wie es die beiden Kampfhunde von ihrer Säule aus taten.


    Zunächst einmal nahm er zur Kenntnis, daß das Latein des Mannes einen gewissen Dialekt hatte und er somit vermutlich kein Römer war, zumindest schon mal nicht aus Baiae und Roma stammte.


    Dann äußerte der Mann, daß er ihn nicht kannte. Das bedeute er mußte wohl ein Sklave oder ein Freigelassener sein, denn Klienten waren auf den Feiern nie geladen. Die bekam man ja das ganze Jahr als Patron zu sehen. Und er war damit noch nicht soooo lange in der Villa, denn das wäre die einzige Entschuldigung dafür, daß er ihn, Serenus, nicht kannte.


    Cassim? Das hörte sich Aramaeisch oder Iudaeisch an. Da die Zahl der Freigelassenen in der Gens Flavia sich an einer Hand abzählen ließ, lag die Chance sehr gut, daß es sich um einen Sklaven handelte. Vermutlich ein Lustsklave von Celerina, denn man hatte ihn für den heutigen Abend zumindest rasiert und mit irgendeiner Duftessenz eingerieben. Roch er da etwa die "Tugend der Vesta", das seine Tante Leontia hin und wieder aufgetragen hatte. Möglich, was diese Duftessenzen anging hatte Serenus im Gegensatz zu seiner Leibsklavin Dido oder Hannibal nicht so die feine Nase. Die trafen für ihn meistens eine Auswahl nach dem Baden.


    "Salve! Nun, sofern der Rest von den Göttern jetzt nicht unsichtbar gemacht wurde, so sind wir die Ersten. Wir kennen uns in der Tat nicht, was nicht verwunderlich ist, denn bis auf sehr wenige Leibsklaven merke ich mir nicht die Gesichter unserer Sklaven. Mein Name ist Flavius Serenus, Sohn des Flavius Aristides, Neffe des Pontifex Flavius Gracchus und des Senators Flavius Felix. Und zu wem gehörst du? Ich vermute man hat dich angeschafft, als ich abwesend war und mich meinen Studien im Ausland widmete."

  • Er nahm die Blicke des Jungen auf sich wahr. Auch er musterte ihn und versuchte herauszufinden, welcher Lektüre er sich zugewandt hatte, bevor er ins Triclinum gekommen war. Einen ganzen Beutel voller Drachmen für seine Gedanken, dachte der Parther! Er konnte sich nicht entsinnen, den Jungen schon einmal gesehen zu haben. Doch eine gewisse Ähnlichkeit zu einem Bewohner des Hauses war unverkennbar, bloß wer? Das wollte Cassim nicht einfallen. Jedoch musste er sich nicht lange auf die Folter spannen. Der Junge kam von selbst mit der Sprache heraus und bereits bei seinen ersten Silben war dem Parther klar, dass es sich bei ihm um keinen gewöhnlichen Sklaven handeln konnte. Nein, es handelte sich bei ihm um gar keinen Sklaven! Die Arroganz, die mit jedem Wort aus ihm sprudelte und schließlich die Nennung seines Names, der seines Vaters und letztendlich auch der seiner Onkel, ließ keinen Zweifel mehr offen.
    Der Parther hob leicht seine Augenbrauen an. Seine Mundwinkel zuckten. "So, Flavius Serenus ist dein Name! Angenehm! Ich gehöre demnach zu deinem Vater! Was liest du denn da Schönes?" erkundigte er sich bei dem Jungen.
    "Ach ja, Flavius Serenus, wärest du vielleicht so freundlich, mir einen Becher Wein zu besorgen?" War echt prima, Sklave zu sein! Jedenfalls an den Saturnalien! :D

  • „So, du gehörst meinem Vater. Woher stammst du Cassim? Dein Lateindialekt lässt den Schluss zu, dass du nicht aus Italia kommst. Und was sind deine normalen Aufgaben? Seit wann gehörst du ihm denn? Bei meiner Lektüre handelt es sich um etwas heitere Trivialliteratur bis der Rest endlich eintrifft. Ich frage mich ohnehin wo die alle bleiben. Na ja, dass es bei Tante Antonia länger dauert ist nicht ungewohnt. Wahrscheinlich kann sie sich nicht entscheiden, welche Sandalen am Besten zur restlichen Gewandung passen.


    Und was deinen Becher Wein angeht, so steht doch alles auf dem Tisch. Bedien dich oder warte bis einer der Freien auftaucht, die uns Flavier und die Sklaven an den Saturnalien bedienen, weil ihr Sklaven da ja eine Sonderstellung habt. Aber sicher haben dich die anderen Sklaven genauestens instruiert, wie weit eure Sonderrechte reichen und welcher Flavier ein sehr gutes Namens- und Gesichtergedächtnis bis nach den Saturnalien hat, Cassim.“

  • Dass der Junge überraschend eingetroffen war, hatte Epicharis mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Es war wohl ihr Glück gewesen, dass er nicht schon zur Hochzeit plötzlich aufgetaucht war und sie mit einem neuerlichen Schauergeschenk bedacht hatte. Dafür war ihr die tote Ratte auf dem Silbertablett zu ihrer Verlobung noch allzu deutlich im Gedächtnis geblieben. Auch, wenn sie sich sagte, dass der Junge damals gar nicht gewusst hatte, was er da tat. Sie hatte noch eine ganze Weile allein vor dem Schminktisch gesessen, unschlüssig darüber, was sie zu ihm sagen sollte. Im Grunde war sie nun seine Stiefmutter. Und egal was er tun würde, sie würde sich ganz gewiss nicht klein kriegen lassen! Zumindest vorgenommen hatte sie sich das.


    Als die Frage nach der Gewandung geklärt war und Epicharis sich in ihre blutrote Tunika gekleidet hatte - heute musste sie es selbst machen, schließlich waren die Saturnalien-, stand sie wieder vor dem Spiegel. Sie legte sich eine goldene Kette mit Rubinen um den Hals, dann kontrollierte sie die goldenen Fibeln auf ihren Sitz und klipste sich noch baumelnde Ohrringe an. Solchermaßen zufriedengestellt, erneuerte sie noch einmal die rote Tünche auf ihren Lippen, dann verließ sie ihre Gemächer. Die Villa war still heute, die meisten Sklaven bereits ausgeflogen. Nirgendwo hörte man geschäftiges Tun, von der Küche einmal abgesehen. Aus ihr drang auch hin und wieder ein Fluch, der Epicharis amüsiert schmunzeln ließ. Sie wusste, wer da fluchte, klirrte und schepperte. Dennoch lenkte sie ihre Schritte nicht zur Hilfe, sondern ging ins Triclinium. Und als sie es erreichte, wünschte sie sich in die Küche: Serenus und dieser Kriegssklave saßen dort.


    Diesen Cassim hatte sie schon das ein oder andere Mal gesehen, sich aber nie mit ihm unterhalten. Nordwin hatte ihn als seltsam deklariert. Und sie wusste zwar, dass er ihrem Mann gehörte, aber nicht, was sie von ihm halten sollte. Und Serenus... Das Bildnis einer toten Ratte manifestierte sich, als sie über die Schwelle trat und sich unwohl zu fühlen begann. Auch, wenn der Junge damals schließlich in jugendlichem Leichtsinn gehandelt hatte. Und Unwissend. Cassim verlangte eben nach Wein. Sie zauberte ein neutrales Lächeln auf ihre Lippen. "Salvete." Und griff nach Bechern und Krug, um sich und dem Sklaven einzuschenken. Wortlos reichte sie ihm den Becher, setzte sich dann selbst auf den Rand einer Liege. "Frohes Saturnalienfest", wünschte sie beiden und nippte am Wein. Da fiel ihr ein, dass sie nichts für den Jungen hatte... "Es kommen leider keine Freien, Serenus", teilte sie ihm mit, verriet aber nicht den Grund. Ihrem Mann wollte sie nicht in den Rücken fallen.

  • Serenus musterte die eintretende Flavia Epicharis, den Feind, die böse Hexe, die Büchse der Pandorra. Und sicher war es kein Zufall, daß dieses Schlangengezücht keinen Herzschlag verschwendet hatte hier aufzutauchen. Das war eine klare Kampfansage, aber Serenus war gewappnet und hatte daher auch seine Saturnaliengeschenke für die böse Stiefmutter mit großer Aufmerksamkeit ausgewählt.


    Serenus zauberte ein freudiges Lächeln auf sein Gesicht, welches auch seine Augen erreichte. Schließlich hatte er endlose Stunden "Theaterunterricht, diplomatische Gesichtsausdrücke und Körpersprache" während seinen Studien belegt. Das machte sich jetzt bezahlt. Parallel zum strahlenden Lächeln schaffte es auch aufrichtige Freude in seine Stimme. Das war vielleicht eine elende Überei gewesen bis er das gemeistert hatte. Oma Agrippina oder Onkel Gracchus und Onkel Senator Felix als ausgebildete und erfahrene Politiker hätte er damit sicher nicht täuschen können, aber für diese Natter sollte es 1000 Mal reichen.


    "Ich wünsche Dir auch ein frohes Saturnalienfest, werte "Mutter". Wie ich sehe geht es Dir ausgezeichnet. Ich muß sagen, es steht Dir ausgezeichnet, daß du 15 oder 20 Pfund an Gewicht zugenommen hast. Ich bin mir sicher, daß wir uns in der nächsten Zeit ausgezeichnet unterhalten werden, auch wenn meine religiösen Aufgaben mich in den nächsten Monaten sicher viel in Anspruch nehmen werden.


    Aber was bitte soll das heißen: Es kommen leider keine Freien? Wir hatten immer Freie, die uns bedienen. Wer hatte denn diese schwachsinnige Idee, daß es keine Freien gaben soll? Oder arbeiten heute doch die Sklaven?"

  • Es schien sich alles zum Guten gewendet zu haben. Dem Jungen hatte der Aufenthalt auf dem Land scheinbar sehr gut getan. Das Lächeln, das Epicharis entgegenstrahlte, war echt. So ein süßes Lausbubenlächeln konnte selbst Serenus nicht vortäuschen. Eine kleine Gerölllawine purzelte vom flavischen Herzen, gleichzeitig lächelte Epicharis ihrem Stiefsohn zurück. Er hatte sie sogar Mutter genannt. Sie musste sich beherrschen, schnappte zitternd nach Atem - der ihr dann stockte und im Halse stecken blieb. Zwanzig Pfund? Sie blinzelte Serenus an, verkniff sich mit Mühe einen Blick an sich herunter. Und alle soeben gehegten Gedanken wurden im Geiste revidiert. Er hatte sich scheinbar nicht geändert. Weder in seinem Charakter noch bezüglich der Sichtweise Epicharis betreffend. Sie wusste, dass sie immer noch in die gleichen Tuniken passte wie vor einem Jahr.


    Sie überlegte, doch nicht lange. Ein Flavius Serenus war nicht der einzige, der in Rafinessen vielerlei Art geschult worden war. Epicharis gab sich keine Mühe, ein unechtes Lächeln echt wirken zu lassen. Sie sah Serenus ein wenig traurig an. Und sie erwiderte nichts auf dessen als Kompliment verpackte Stichelei. Damit, so wusste sie, konnte man den Leuten am ehesten den Wind aus den Segeln nehmen, auch wenn ihr durchaus eine garstige Anspielung auf seinen Kleinwuchs auf der Zunge lag. Immerhin machten die meisten Jungen erst kurz vor dem Ablegen der Bulla einen Sprung nach oben. Serenus war nur wenig gewachsen seit ihrem letzten Aufeinandertreffen, fand sie. "Das soll heißen, dass wir auf uns gestellt sind. Dein Vater und dein Onkel bereiten die Vorspeise zu. Wir waren in diesem Jahr schlichtweg zu spät dran, es gibt keine unbeschäftigten Freien mehr." Das sollte als Erklärung genügen, selbst für Serenus. Beinahe demonstrativ nippte sie ein weiteres Mal an ihrem Weinbecher, wobei die Ohrringe leise klingelten, dann wandte sie sich an Cassim. "Du heißt Cassim, nicht wahr?"

  • Der Parther machte gute Miene zum bösen Spiel. Er überlegte, ob er jetzt Angst haben müsste vor diesem Dreikäsehoch, entschied sich aber dagegen. Dieser Knabe konnte ihm gar nichts wollen. Nicht mehr lange und er war für immer von hier weg. Wenn alles nach Plan lief, morgen schon!
    Ungerührt des Hinweises, der Wein stünde vor im auf dem Tisch, verharrte Cassim in seiner bequemen Lage auf der Kline. Der Junge hatte allem Anschein nach noch nicht die neueste Neuigkeit erfahren. Die wenigen Sklaven, die über den Tag hinweg in der Villa verblieben waren, hatten es, einen Lauffeuer gleich, verbreitet. Es waren keine Freien gekommen, die die anfallenden Arbeiten erledigen sollten. Das hatte für reichlich Gesprächsstoff gesorgt, dem sich selbst Cassim nicht entziehen konnte.
    Er war im Begriff, auf die süffisante Rede des Knaben kontern, als ein weiterer Gast erschien. Eine Römerin. Um genau zu sein, die neue Frau des Römers. Bisher hatte er sie nur flüchtig gesehen und weder geahnt, welch eine Schöheit sie war, noch auch nur ein einziges Wort mit ihr gewechselt. Es war anzunehmen, dass sich dieses nun bald änderte.
    Das hatte er dem Römer gar nicht zugetraut, dass es ihm gelungen war, sich eine solche anmutige Schönheit zur Frau erwählen. Aber diese Römerin war noch für einige weitere Überraschungen gut. Noch bevor sie sich setzte, kam sie Cassims Bitte nach und schenkte ihm, Wein ein. "Hab Dank vielmals, du zarte Blume Italias!" antwortete er grinsend und deutete eine Verbeugung an.
    Doch damit war es noch lange nicht getan. Mit voller Genugtuung verfolgte er amüsiert den nun folgenden Wortwechsel zwischen den beiden, während er zwischen durch an seinem Wein nippte. Jetzt fehlte nur noch ein Schälchen mit Nüssen oder frittierten Panthernasen. :D
    "So ist es!" antwortete er auf ihre Frage. "Mein Name ist Cassim, der Parther und du musst Epicharis sein, wenn ich mich nicht irre." Bei Römerinnen im Allgemeinen, war es weitaus weniger schwierig, charmant zu sein.

  • "Wie? Was heißt zu spät? Also der Sklave, der hier bei der Reservierung der Freien Mist gebaut hat, der kann sich jetzt schon auf auf eine Kreuzigung freuen. Und Papa und mein Onkel bereiten das Essen zu? Sind die Delikatessen nicht vor- und zubereitet worden und es fehlen nur Freie beim Bedienen?"


    Serenus überlegte einen Moment, dann wechselte er von Latein in ein sehr formelles und vornehmes Griechisch von dem er annahm, daß der Sklave es nicht verstand.


    "Papa und Onkel Gracchus haben vom Kochen doch gar keine Ahnung. Onkel Gracchus weiß doch ohne Sciurus mit Sicherheit nicht mal wo die Küche ist. Und Papa ist ohne Hannibal aufgeschmissen. Bei Bacchus! Ich glaube ich verschwinde direkt nach dem Verteilen der Saturnaliengeschenke und laufe mit den Jungs und Dido rüber zu meinem Freund Cornelius Cicero und lade mich bei der Gens Cornelia mal ein. Die Götter mögen uns behüten, daß Cicero nicht aus dieselbe Idee kommt und uns besucht. Wir wären blamiert."


    Serenus stand auf und sah sich genötigt selbst ein gescheites Mischungsverhältnis für sein Honigwasser auszutesten, als Glyphus, der alte und halbblinde Stallbursche den Kopf in den Raum streckte.


    "Dominus! Das Saturnaliengeschenk für Dominus Flavius habe ich wunschgemäß in Bestform in die Bibliothek gestellt und es wartet dort. Ein ganz liebes Tier. Ein hervorragender Kauf, auch wenn es auf seinen Namen nicht reagiert. Vermutlich liegt es an unserer Aussprache, denn taub ist das Tier nicht. Ich werde später nach im sehen, wenn ich wieder aus der Stadt zurück bin. Oder ich spreche die Tage mal mit einem Parther unter den Haussklaven, wenn ich ihn zu Gesicht bekomme. Das kriegen wir hin oder ich habe meinen Beruf verfehlt."


    Der Sklave verneigte sich artig und entfernte sich. Serenus Blick wechselte ein paar Mal zwischen Glyphus und dem Parther hin und her. Er seufzte. Glyphus hatte Ohren wie ein Luchs, verstand sein Handwerk wie kein Zweiter, aber vermutlich wäre er über Serenus drüber gefallen, wenn sich dieser ihm leise genähert hätte, weil er ihn übersehen hätte.



    edit- heute verstecken sich Schreibfehler gut.

  • Mit den ersten Zeichen eines Dreitagebartes, einem Zweitagebart, erschien Hannibal in einer schlichten Tunika gekleidet in dem Speisezimmer der Flavier. Wenn er auch seinen Herren und dessen Familie in letzter Zeit gemieden hatte, so würde er sich den heutigen Tag sicherlich nicht entgehen lassen. Denn frei von Rachsucht und Gehässigkeit war Hannibal nicht. Und er freute sich darauf, seinem Herrn den einen oder anderen kleinen Seitenhieb zu verpassen. Ehe er sich mit den anderen beiden Sklaven hoffentlich auf und davon machen würde. Aber eben erst am nächsten Tag. Scheinbar gut gelaunt und etwas zu lässig schlenderte der Sklave auf die schon versammelte Gesellschaft zu. Höflich neigte er bei Epicharis den Kopf, denn er schätzte die junge Herrin durchaus. Er fand sowieso, dass sie für seinen Herrn eindeutig zu gut war. "Salve Herrin." Serenus bekam ein freundliches Lächeln, was er sich trotz der Differenzen mit Aristides nicht vom Gesicht pressen musste. "Serenus." Cassim nickte Hannibal nur kurz zu. Ganz so, als ob er nicht wirklich näher mit ihm bekannt war. Schliesslich sollte die Konspiration nicht gleich bekannt werden in der Villa.


    Hannibal sah sich in dem Raum um. Der Raumschmuck sah wirklich unmeisterlich aus. Es zuckte um seine Mundwinkel. "Dann sind die Gerüchte wohl wahr. Dein Vater, Serenus, scheint wohl etwas mit der Organisation der Feierlichkeit überfordert gewesen zu sein." Nur mit Mühe unterdrückte Hannibal das gehässige Grinsen. Er wusste es sowieso. Wenn es um solche Dinge ging, dann war sein Herr nun mal auf ihn angewiesen. Wie es sich wieder mal deutlich zeigte. Sollte er doch in seinem Bratensaft schmoren. Hannibal würde nie wieder etwas in dieser Hinsicht tun und Aristides sich selber überlassen. "Weisst Du, wer noch kommen will?", fragte er nun doch Cassim.

  • In jedem Jahr die Pflichtveranstaltung zu besuchen, war müßig. Aber die Verwandten sahen es nunmal nicht gern, wenn jemand wie ich seine Füße unter den familieren Tisch schob ohne am jährlichen Ende auch ein Stück der saturnalen Last zu tragen. Meine Kleidung war die Einfachste, die noch zwischen den edlen und jenen für einen besonderen Anlass zu finden war. Ich mußte damit rechnen die Speisekarte auf den Latz zu bekommen, wenn ich ohne wirkliche Begabung servieren sollte. An der Küche kam ich auch schon vorbei, aber das laute Fluchen und Wehen verhinderte gleich, das ich dort eintrat und vielleicht sehen mußte, wie ein schmerzverzerrtes Gesicht die Verbrennungen auf der Hand mit kalten Wasser zu kühlen versuchte. Nein wer immer dieses Fest erfunden hatte, konnte nur sadistisch veranlagt sein.


    Mit einem intressierten Blick nahm ich die vorhandenen Anwesenden auf und grüßte alle zusammen mit einem beherzten: "Salvete" Ohne großartige Begeisterung blieb ich stehen. Denn die Kissen wurden bereits von den Sklaven beschmutzt. Ob sie wußten, das ihnen nach dem Fest ein stressiger Alltag drohte und all diese dreckigen Dinge nicht durch unsere, sondern durch Ihre Hände wieder Glanz erhielten? Na ich wollte das mal nicht so pessimistisch sehen und hoffte einfach darauf, das die 'Köche' nicht zuviel des guten Weins oder Wassers im Essen verwanden. Im schlimmsten Fall wurde nämlich bestimmt noch Jemand gesucht, der den Pisstopf halten sollte und für diese Aufgabe war meine leicht ekelnde Seele nicht geschaffen. :no:

  • Serenus hatte ein zufriedenstellendes Mischungsverhältnis für sein Honigwasser gefunden, als Hannibal herein kam. Immer noch auf Griechisch wandte er sich an Hannibal.


    „Salve Hannibal. Willst du auch ein Honigwasser haben? Dann sind wir wohl verloren, was den heutigen Abend angeht, sofern du nicht alles für ihn organisiert hast. Und das lässt auch nicht viel Hoffnung auf ein Festessen zu. Ich gehe dann später mit Dido meinen Freund Cornelius Cicero besuchen. Es werden sich ja sicher neben den Jungs ein paar Leibwächter finden lassen, die uns dorthin bringen.“


    Dann betrat sein Onkel Lucullus den Raum und Serenus wechselte wieder ins Lateinische, während er seinem Onkel freudig entgegen kam.


    „Salve Onkel Lucullus! Wie geht es Dir? Schön, daß du kommen konntest. Du siehst noch etwas blass um die Nase aus, aber ich denke es freuen sich alle, daß deine Leibärzte und die vielen Opfer an Apollo dich wieder auf die Beine gebracht haben. Stütz dich ruhig auf mich und lass mich dich zu einer bequemen kline direkt neben meiner werten „Mutter“ führen.“


    Onkel Lucullus war der Dauerkranke der Familie, welchen die Götter mit permanentem Siechtum gestraft hatten. Aber er war ein verdammt zäher Hund, der sämtlichen Todesgöttern, insbesondere Pluto, jedes Mal auf´s Neue die Stirn bot und überlebte. Serenus war stolz auf seinen Onkel, denn solcher Kämpfergeist zeichnete echte Flavier aus. Niemals aufgeben! Die meisten Römer fürchteten sich vor Krankheit, aber Serenus kannte die Prophezeiungen der Sibylle und wusste, daß er, Serenus, nicht an einer Krankheit sterben würde! Und vielleicht hatte er ja Glück und Onkel Lucullus steckte die claudische Natter Epicharis mit einer schlimmen Krankheit an, die sie langsam dahin raffte.

  • Ich hatte lange darüber nachgedacht, ob ich an der cena teilnehmen sollte. Meine Wunden quälten mich noch immer und selbst meine ägyptische Kosmetik vermöchte es nicht, sie vollständig zu verbergen. Alleine wegen meinem Sklaven nahm ich die Strapaze auf mich, die damit verbunden war. Es sollte auch eine Rückkehr in mein altes Leben darstellen. Ich konnte mich nicht ewig in meinen Räumen vor der Welt verstecken.
    Auf dem Weg zum triclinum vernahm ich schon einige Stimmen. Ein Anzeichen dafür, daß ich nicht die Erste war.
    "Salvete ! Epicharis, Lucullus, Serenus, lieber Junge, wie schön euch zu sehen." Ich mir sehr viele Mühe, um überzeugend zu wirken. Wer mich allerdings genau beobachtete, konnte deutlich an meinen Augen sehen, meine Lebensfreude hatte einen harten Schlag erfahren. Daran konnte das gezwungene Lächeln auch nicht viel ändern. Den beiden anwesenden Sklaven nickte ich freundlich zu. Einer der beiden war dieser Parther, der mich vor meiner Entführung auf ganz unverschämte Weise beleidigt hatte. Doch mein Groll gegen ihn war längst vergessen. Meine Erlebnisse hatten vieles unwichtig und bedeutungslos erscheinen lassen. Ich hatte gelernt, daß es wichtigeres im Leben gab.
    Ich nahm neben Epicharis Platz und tat das, was ich bereits in den letzten Tagen in meinem cubiculum getan hatte. Ich starrte ins Nichts.

  • Dem Parther wurde es warm ums Herz, als der Junge Stück für Stück feststellen musste, wie die Dinge an diesem Abend lagen. Um nichts in der Welt wollte er auf diesen Abend verzichten! Selbst als er ins Griechische wechselte, was Cassim keinerlei Schwierigkeiten bereitete, war Griechisch doch so etwas, wie seine zweite Muttersprache, wirkte er amüsiert darüber, was der Junge von sich gab. "Du hast wenig Vertrauen auf die Geschicke deines Vaters und deines Onkels! Manchmal ist der Mensch zu Dingen fähig, die man niemals von ihm vermutet hätte," antwortete der Parther auf Griechisch. Wie er unschwer feststellen konnte, war dies nur der Beginn eines amüsanten Abends. Kurze Zeit später erschien der alte Stallbursche, den Cassim schon einige Male gesehen hatte. Bereits bei seiner ersten Begegnung mit ihm, hatte er feststellen müssen, dass dieses Vergnügen nur einseitig war. Der Mann war blind wie ein Maulwurf! Jetzt da er erschienen war, sprach er von einem seltsamen Geschenk. Etwas lebendiges, wie ihm schien, was er, Cassim, sich morgen einmal anschauen sollte, sobald der Stallbursch ihn gefunden hatte. Serenus´ Blick wanderte von dem Stallburschen zu ihm. Zunehmend fiel es Cassim schwerer, nicht los zu prusten und in lautes Gelächter zu verfallen.
    Mit dem Erscheinen Hannibals hatte er damit aber keine Schwierigkeiten mehr. Der Sklave betrat den Raum, nickte ihm nur flüchtig zu, so als ob er ihn gar nicht kenne. Cassim tat es ihm gleich. Nur kurz sprang sein Blick auf ihn, um sich dann ganz schnell wieder etwas unverfänglicherem zu widmen. Selbst Hannibals Bemerkung konnte er nichts entgegenbringen, so gerne er es auch getan hätte. So kurz vor dem Ziel wollte er durch nichts Aufsehen erregen. Erst seine Nachfrage, wer noch kommen würde, brachte den Sklaven wieder in sein Blickfeld. "Ich weiß nicht." Cassim zuckte mit den Schultern. "Dieser Langhaarige, ich kenne gar nicht seinen Namen. Der wollte noch kommen."
    Kaum hatte er Hannibal geantwortet, erschien ein weiterer Römer auf der Bildfläche, mit dem der Parther gar nichts anfangen konnte. Durch die vielsagenden Bemerkungen des Serenus erfuhr Cassim nicht nur den Namen jenes Mannes, sondern konnte sich auch über dessen Gesundheitszustand ein Bild machen. Er gehörte auch zu jenen schwächlichen degenerierten Römern, die es in dieser Stadt zu Hauf gab. Ein Wunder nur, wie auf solchen Schultern ein Imperium wie dieses lasten konnte. Der Mann machte einen bemitleidenswerten Eindruck. Aber Mitleid empfand Cassim nicht, eher war es Abscheu.
    Doch das Ende der Kuriositäten dieses Abends war noch lange nicht in Sicht. Ein weiteres Familienmitglied erschien. Diesmal war es eine Frau oder vielmehr der Schatten einer solchen. Es war die Flavia, deren Katze er gerettet hatte, die ihm Tage später einigen Ärger eingebrockt hatte und die man bis vor einigen Tagen noch für tot gehalten hatte. Bedauerlich, dass sie noch am Leben war, echote es in Cassim.
    Sie sah recht mitgenommen aus und obwohl sie ihm scheinbar freundlich zunickte, konnte er ihr nichts entgegenbringen. Das war alles nur gespielt, dachte der Parther, genauso wie dieser Abend reines Theater war.

  • Epicharis hatte ebenfalls wenig Probleme, dem Sprachenwechsel zu folgen. Viel eher verwunderte sie , dass Cassim ihr mit einem Kompliment für den Wein dankte. Sie sah ihn ein wenig überrascht an, überdeckte dann aber ihre Überraschung mit einem Lächeln. Sie hatte schon davon gehört, dass viele der Parther eine flinke Zunge hatten und ausgesprochen gut waren, was das Verteilen von Komplimenten anbelangte. "Ja, ich bin Epicharis", erwiderte sie allerdings lediglich, auch wenn das erfreute Lächeln deutlich zeigte, dass es ihr - wie wohl jeder Frau - gefiel, wenn man ihr Komplimente machte. Sofern sie nicht der Art wie die Serenus' waren. "Du zähmst einen Falken, habe ich gehört? Salve, Hannibal", wandte sie sich zunächst an Cassim, dann an Hannibal. Sie musterte ihn ein wenig genauer als sie es sonst getan hätte. Nach dem Gespräch mit Aristides war ihr ein wenig anders zumute, wenn er in ihrer Nähe war, und unterbewusst achtete sie darauf, nie allein mit ihm zu sein. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass er jemanden getötet hatte! Und doch überlegte sie hin und her, ob sie ihn nicht zur Rede stellen sollte. Sicherlich war Aristides viel zu weich gewesen mit ihm...


    Hannibal entlarvte auch sogleich Aristides als Übeltäter, doch wider Erwarten hackte Serenus nicht auf seinem Vater herum, sondern nahm die Angelegenheit eher gelassen hin. Epicharis hätte etwas anderes erwartet, doch wer wusste schon, was in dem kindlichen Kopf vorging? In jenem Moment trat Gracchus' Bruder ein. Epicharis hatte es als äußerst unhöflich empfunden, dass er nicht zur Hochzeit erschienen war, Siechentum hin oder her. Nicht einmal einen Gruß oder eine Absage hatte er geschickt, und das, wo sein Vetter doch geheiratet hatte! So grüßte sie ihn lediglich mit einem für ihre Verhältnisse recht kühlen "Salve, Lucullus", wobei sie bewusst seinen Cognomen wählte und nicht die familiäre Anrede.


    Lange musste sie sich nicht überlegen, wie sie sich weiter verhalten sollte, und auch Serenus' Stichelei - denn die hörte sie sehr wohl aus seinem Angebot heraus, neben der Mutter Platz zu nehmen - schenkte sie keine Aufmerksamkeit, denn Celerina trat ein, bahnte sich mühsam einen Weg zu Epicharis' Liege und setzte sich neben sie. Epicharis' Brauen wanderten nach oben, und sie rückte ein wenig näher und legte Celerina eine Hand auf die Schulter. "Io Saturnalia, Celerina! Schön, dass du schon da bist."

  • Dido betrat den Raum, wobei man sie jedoch erst auf den 2. Blick erkannte. Die Mitarbeiter der Schneiderei Dolcus und Giganticus, welche ausschließlich für Patrizier und die kaiserliche Familie arbeiteten, standen nicht umsonst in dem Ruf Wunder auf Bestellung zu wirken.
    Sie trug einen zweifarbig gewebten, knielangen Chition, welcher auf der Innenseite goldbraun und auf der Außenseite moosgrün war. Ihre Füße steckten in braunen Hirschledersandalen von Belmonda, welche bis zu den Knie geschnürt waren. Der edelsteinbesetzte Gürtel war auf die dezente edelsteinbesetzte Saphirkette abgestimmt worden. Der Schmuck hatte Dominus Serenus Mutter gehört. Er hatte ihn aus einer kleinen Kiste voll Schmuck ausgesucht, die er in seinem Zimmer hatte und wie einen Schatz hütete. Es war ihm lieber wenn Dido etwas davon trug, als wenn seine Stiefmutter ihn trug, wie er betont hatte.

    Die Farben harmonisierten im Licht des Raumes und mit Didos bedächtigen Bewegungen. Und betonten die ersten weiblichen Rundungen von Dido, wie sie vor einem Spiegel der Tonstrix festgestellt hatte.


    Die zweite Tronstrix von Claudia Antonia hatte nicht nur ihre Haare gebändigt und zu einer adretten Frisur geformt, sondern auch dezent Schminke zum Einsatz gebracht. Mit der Schminke ließen sich sicher gute Bilder an die Wände malen.


    Der mißmutige Blick, den sie ihrem Doninus aber zuwarf, machte deutlich, dass sie es nicht sonderlich mochte so herausgeputzt zu werden. Allerdings hatte ihr Dominus angedeutet, dass er noch einen Gast erwartete unter dessen Augen sie bestehen musste. Dido war jetzt schon Angst und Bange als sie den Namen erfahren hatte, aber ihr Dominus gedachte sich als Fels in der Brandung vor sie zu stellen. Vor allem nach all den niederen Arbeiten die sie in der Zeit seiner Abwesenheit erdulden musste. Natürlich hatte sie sofort wieder aus den engen und stinkenden Sklavenunterkünften in den geräumigen Wandschrank einziehen dürfen, der ein Nebenzimmer des Zimmers ihres Dominus darstellte.
    Und ihr Dominus hatte zugesagt, dass er sich Hannibal noch vornehmen würde, denn er wäre als oberster Sklave seines Vaters dafür zuständig gewesen, dass man sie zu anderen Arbeiten eingesetzt hatte. Sie hatte es immer gewusst. Hannibal konnte sie nicht leiden, er hasste sie, weil Sciurus sie mochte.


    Sie nickte den Anwesenden artig zu und saß schwupps neben ihrem Dominus und hatte dessen Becher mit Honigwasser grinsend in der Hand.

  • Chimerion hatte vergeblich versucht, seine Haarpracht ein wenig zu bändigen, doch selbst mehrfaches waschen und einsalben hatte nicht wirklich viel an seiner Frisur verändert. Er hatte seinen Bart gestutzt und noch mehr duftendes Öl genommen, um auch ja gut zu riechen. Es war seine erste Saturnalienfeier in Rom und er war gespannt, wie seine Herrin und die anderen Römer sich benehmen würden. Er hatte seine schlichte weiße Tunika gegen eine hellblaue getauscht, das einzige Kleidungsstück, das er hatte, um es bei solchen Veranstaltungen zu tragen.


    Als er das Triclinum betrat, waren schon zahlreiche Menschen anwesend, einschließlich seiner Herrin Celerina, die schön herausgeputzt bei Tische saß und gedankenverloren vor sich hinstarrte.
    "Guten Abend", begrüßte er die anwesenden Gäste, "Io Saturnalia". Dabei nickte er jedem von ihnen zu. Auf Cassim ruhte sein Blick ein wenig länger, dieser war ihm Gespräch mit einem kleinen Jungen, den Chimerion schon öfters im Haus herumstromern gesehen hatte. Um sich nicht anmerken zu lassen, dass er Cassim näher kannte, wandte er schnell den Kopf und und ging zu seiner Herrin. Er setzte sich neben sie und lächelte. Ihr Gesicht wies immer noch Spuren auf von ihrer Folter, aber wenigstens war sie am Leben-
    "Wie geht es dir, Celerina," flüsterte er ihr zu, um sie nicht zu erschrecken.

  • Zitat

    Original von Flavia Epicharis
    Epicharis hatte ebenfalls wenig Probleme, dem Sprachenwechsel zu folgen. Viel eher verwunderte sie , dass Cassim ihr mit einem Kompliment für den Wein dankte. Sie sah ihn ein wenig überrascht an, überdeckte dann aber ihre Überraschung mit einem Lächeln. Sie hatte schon davon gehört, dass viele der Parther eine flinke Zunge hatten und ausgesprochen gut waren, was das Verteilen von Komplimenten anbelangte. "Ja, ich bin Epicharis", erwiderte sie allerdings lediglich, auch wenn das erfreute Lächeln deutlich zeigte, dass es ihr - wie wohl jeder Frau - gefiel, wenn man ihr Komplimente machte. Sofern sie nicht der Art wie die Serenus' waren. "Du zähmst einen Falken, habe ich gehört? Salve, Hannibal", wandte sie sich zunächst an Cassim, dann an Hannibal.


    Wie fast jede Frau, war auch die Römerin von seinen Koplimenten angetan. Es fiel ihm aber auch nicht sonderlich schwer, bei dieser Schönheit charmant zu sein. Der Römer hatte in der Tat ein glückliches Händchen mit der Wahl seines Weibes bewiesen. Auch was ihre Bildung betraf, war sie exzellent ausgestattet.


    Cassims Arbeit mit dem Falken hatte bislang bei den unterschiedlichsten Menschen Eindruck geschunden. Auch Epicharis sprach ihn darauf an. Diese Tiere mussten gerade bei Frauen eine besondere Wirkung hervorrufen. "Ja, das tue ich. Wenn du möchtest, kann ich ihn dir gerne einmal vorführen." Wie schade, dazu würde es nicht mehr kommen, dachte Cassim vergnügt. Doch dann kam ihm so ein Gedanke. Wie wäre es, wenn sie die Römerin als Geisel mitnehmen würden. Es musste ihm nur gelingen, sie zu der Falkenvoliere zu locken. Eine Geisel konnte durchaus nützlich sein. Allerdings konnte sie auch kostbare Zeit rauben und ihr Verschwinden würde den Zorn des Römers nur noch mehr schüren, der sowieso schon durch ihre Flucht entfacht würde. Er verwarf den Gedanken gleich wieder. Stattdessen wurde er auf ein blondes Mädchen aufmerksam, das den Raum betrat und sich neben Serenus setzte. War das Hannibals Tochter, von der er einmal gesprochen hatte? Er wollte dieser Frage nicht weiter nachgehen, um kein Aufsehen zu erregen. Auch Chimerions Eintreffen schenkte er wenig bis gar keine Beachtung.

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