Triclinium | Io Saturnalia – cena pro servis oder: Ein ganz traditionelles Saturnalienfest

  • Briganticas erster Gang:


    Serenus betrachte das bescheidene Angebot an Leckereien und ersten Häppchen der Platte, welche nur schwerlich mit den bekannten Kreationen und optischen Aufbereitungen vergangener Jahre mithalten konnten. Dieses Saturnalienfest war ja wohl ein schlechter Witz. Zuerst keine Freien, dann so eine Vorspeisenplatte. Er hoffte ja immer noch, daß Hannibal zu guter Letzt doch noch alles heimlich für seinen Vater organisiert hatte und es nach diesen ersten Pleiten einen fulminanten Abschluss durch Hannibals Bestellungen und einen externen Bringdienst gab.


    Insofern entschied er sich zu höflicher Mäßigung nachdem Dido sich ihren Teller vollgepackt hatte. Ein Stück Brot, ein paar grüne Oliven und einen Klecks Quark mit riesigen Kräuterstücken. Als ob man den Quark über die ungehackten Kräuter geschüttet hatte. Die Würstchen oder war es schwarze Dekoration mied er lieber vorsorglich. Nun ja, bei Oliven Natur konnte man ja nichts falsch machen, der Quark hatte nie Salz oder Pfeffer gesehen, wie es Serenus schien. Aber dafür war das Brot ausgezeichnet. So gut was es sonst eigentlich nie in der Villa. Vermutlich hatte man einen neuen Lieferanten, denn seinem Vater traute er eine solche kulinarische Backleistung nicht zu.



    Aristides Gang:


    Ah, die obligatorischen Eier! Allerdings schien ein Berserker mit einem Messer beim Schneiden gewütet haben. Statt ordentlicher Viertel und Hälften gab es ganze Eier und 1/32 Eier und 1/64 Eier ???


    Und vor allem was suchten Würstchen auf der Eierplatte. Ein Skandal !!! Und keiner nahm Anstoß daran. Was war denn hier los? Serenus war einen schnellen Blick in die Runde. Und sein Vater schien ihn gar nicht zu beachten als er in den Raum kam. Dafür um so mehr die claudische Natter. Vermutlich hatte sie alle Anwesenden außer ihm verhext. Nun gut, als angehender Sacerdos in spe kannte sich Serenus auch mit Fluchtechniken aus. Er würde nach dem Essen gegen die Natter aktiv werden. Oder morgen, je nachdem was es noch zu Essen gab.


    Serenus suchte sich zwei perfekte Eierhälften heraus und träufelte dezent etwas Garum darauf. Beherzt führte er eine Hälfte zum Mund und registrierte zu seiner Erleichterung, daß zumindest das Garum wohl nicht selbst zubereitet worden war. Die restlichen Saucen mied er lieber vorsorglich.


    Es war an der Zeit die Gänge mit etwas Konversation zu überbrücken, damit dieses Desaster nicht so lange dauerte.


    „Cassander! Wie geht es eigentlich Onkel Furianus? Macht seine Genesung Fortschritte? War er schon zur Kur? Und was hat er denn genau?“

  • Aristides' Befürchtung ob der in Flammen aufgehenden Küche mochte nicht gar so abwegig sein, denn obgleich auch das Opfer an die Götter stets ein Feuer inkludierte, so hatte sich auch hierbei Gracchus niemals selbst um dessen Beherrschung gekümmert, sondern stets dies einem Sklaven oder Kulthelfer überlassen -, so dass es ein überaus glücklicher Umstand mochte sein, dass der Pontifex nicht auf die Idee war gekommen, Holz in das Herdfeuer nachzulegen, sondern stattdessen untätig dabei zusah, wie die Flammen an Kraft verloren. Dies war gar in doppelter Hinsicht ein Glücksfall für die im Triclinium wartenden Hausbewohner, bewahrten die allmählich erlöschenden Flammen doch das Zucchinipüree davor, als gänzlich angebratene Masse am Boden des Topfes zu enden. Ein wenig hatte Gracchus bisweilen das Gefühl, weder die Freigelassene, noch sein Vetter trauten ihm sonderlich komplexe Aufgaben der Nahrungszubereitung zu, obgleich er selbst befand, dass bisherig er sich nicht hatte schlecht geschlagen in der Küchenschlacht, auch wenn er wohl musste zugeben, dass er nicht für solcherlei Arbeit war geschaffen, was jedoch nicht weiter verwunderte und zu verschmerzen war, immerhin war er Flavier und kein Sklave. Das Herumrühren in einem Kochtopf indes war eine überaus fatigante Angelegenheit, deren Tristesse Gracchus nutzte, sich einen Becher puren Weines zu genehmigen, welchen er ob der anstrengenden Tätigkeiten, die hinter ihm lagen, und der durch das Herdfeuer herrührenden Wärme in einem Zuge leerte. Da die Flüssigkeit der Kehle überaus angenehm und der Geschmack zudem annehmbar war, füllte er gleich hernach noch einmal den Becher - immerhin waren die Saturnalien auch ein Fest ausgiebigen Weingenusses, und um nicht mehr als das Goutieren ging es in seinem Falle -, und ließ noch einige Schluck daraus in seinen Magen hinabfließen, welcher bis dahin beinahe leer war, sah man von einigen Eierstücken ab, welche ihm in ihrem Zuschnitte derart waren verunglückt, dass sie keinen Platz auf den Platten für in das Triclinium hatten gefunden. Hernach beschloss er, dass die Zucchini nun zur Genüge hatte gekocht, denn obgleich einige Stücke - Teile der Schale - sich noch nicht hatten in die zähflüssige Masse eingliedern wollen, so war der Brei am Boden des Topfes doch bereits knusprig. Der erste Versuch, den Topf vom Herdfeuer zu nehmen, endete damit, dass Gracchus sich die Finger verbrannte - er hatte an diesem Tage wahrlich schon mehr Narben davon getragen, denn in seinem gesamten Leben zuvor -, doch da er durchaus in der Lage war, aus seinen Fehlern zu lernen und sich im zweiten Versuche einen Lappen zu Hilfe nahm, schaffte er es, das Püree in eine große, tönerne Schale umzuschütten, wobei er ebenfalls sorgsam die Kruste aus dem Topf kratzte. Den leeren Topf stellte er zurück auf den Herd und garnierte in der Vorstellung 'viele Kräuter führen zu viel Geschmack' das kulinarische Kunstwerk noch einmal mit einigen Kräutern, welche er schon während des Kochens stetig hatte untergerührt - in Ermangelung anwesender Helfer hatte er die Auswahl nach Geruch und Geschmacksproben selbst getroffen. Hernach wischte er sich mit dem Handrücken über die Stirne, auf welcher sich bereits kleine Tropfen sammelten, und machte sich sodann - nicht ohne an der Türe die Filzkappe wieder auf seinem Kopf zu platzieren - auf den Weg, mit der Schüssel das Triclinium zu suchen. Da Gracchus den direkten Weg aus dem Sklaventrakt zurück in die patrizischen Gefilde nicht kannte, umrundete er Bridhe auf einem Umweg und begegnete ihr darob nicht, bis dass er über das Atrium auch den Speiseraum fand.
    "Io Saturnalia!"
    platzte er in das Triclinium, die dampfende Schüssel ehrfürchtig vor sich balancierend wie eine Schale voller Opfergaben.
    "I'h hoffe, es mundet den ehrenwerten Damen und Herren, und bringe den letzten Teil der Vorspeise, cucurbitas more Flaviano."
    Mit den cucurbitas more Alexandrino hatte das Gericht kaum mehr Ähnlichkeit, darob war ein neuer Name allfällig tatsächlich angebracht.
    "Serenus! Wel'h eine Freude, di'h zu sehen. Ah, und Lucullus, mein lieber Bruder, ist au'h da! Bona Saturnalia, bona Saturnalia! Habt ihr bereits einen rex bibendi gekürt?"
    Sein Blick schweifte über ihm unbekannte Sklaven und blieb an seiner Gemahlin hängen. Geschwind trat er um den Tisch herum, verbeugte sich vor Antonia und schöpfte ihr einen großen Löffel des Zucchinipürees auf den Teller - kleine Schalenklümpchen und angebratene Kruste dümpelten in einer Masse, welche beinah bis zur Unkenntlichkeit war zerkocht und die ob Gracchus' fragwürdigen Geschmacks an überaus kuriosen Würz-Kombinationen mit einer überaus fragwürdigen Gewürzmischung war garniert worden.
    "Bona Saturnalia, meine Liebe. Au'h das simpelste Gewand vermag ni'ht deine Anmut zu verdecken"
    , hauchte er ihr ins Ohr und schöpfte ihr übermütig hernach einen weiteren Löffel des Pürrees auf den Teller - stets war er in Sorge ob Antonias geradezu schmächtiger Statur -, ehedem er in seiner Pflicht als Bediensteter sie schon wieder verließ, zwischen Epicharis und Cassim trat.
    "Bona Saturnalia! Ein wenig cucurbitas more Flaviano?"
    Es machte Gracchus durchaus ein wenig stolz, dass er nun nicht nur dem fertigen Gericht konnte einen Namen zuordnen, sondern gleichsam auch dem rohen Gemüsestück in seiner natürlichen Form - kein Mann war je weise genug, als dass er eine Erfahrung konnte ausschlagen, mochte sie auch noch so gering sein.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Zitat

    Original von Flavia Celerina
    "Keine Sorge! Im Stall steht das Original. Mein Onkel wäre sicher nicht entzückt gewesen, hätte ich das Pferd mit ins Triclinium gebracht. Der neue schwarze Hengst im Stall, stammt aus meinem Gestüt. Sein Name ist Sirius. Er steht zu deiner Verfügung, in deiner freien Zeit. Vielleicht möchtest du ja schon morgen mit ihm ausreiten." Ich zwinkerte ihm zu. Damit hatte er mit Sicherheit nicht gerechnet. Aber angesichts dessen, daß er sich beinahe für mich hätte töten lassen und da ich ihm ja auch voll und ganz vertraute, hatte er ein solches Geschenk verdient.


    Einen Moment lang drehte Chimerion das hölzerne Pferd in den Händen hin und her, bis die Erkenntnis langsam in seinen Kopf sickerte. Ein eigenes Pferd, zu seiner freien Verfügung? Ihm stockte der Atem und er wollte etwas sagen, konnte seine Herrin aber nur mit großen Augen anschauen.
    Plötzlich meldete sich eine Stimme in ihm, die er schon lange zu verdrängen suchte. Er könnte sie einfach fragen, ob sie... Doch er verwarf den Gedanken wieder. Statt dessen fand er seine Stimme wieder.
    "Vielen Dank, Herrin.... dieses Geschenk kann ich fast nicht annehmen, ich meine... es hat mindestens den Wert von 20 Sklaven," stammelte er, doch seine Augen leuchteten vor Freude.
    Er beschloss, sich bei ihr erkenntlich zu zeigen, bei der nächsten Gelegenheit, die sich ihm bot.


    In seine Gedanken platzte plötzlich der Hausherr hinein, der große Flavius Gracchus, von dem Chimerion schon gehört hatte, mit einer Filzkappe auf dem Kopf und einem Topf voller Essen, ins Triclinium. Der Inhalt des Topfes duftete verlockend und um seine Gerührtheit zu überdecken, blickte Chimerion erwartungsvoll zu Gracchus.

  • Die Freude über das Erscheinen ihres Gatten, verbunden mit seinem Kompliment, wurde recht schnell von Selbigem wieder getrübt.
    Sie hatte die Hand bereits halb abwehrend erhoben, aus ihrer Kehle drangen die ersten Silben eines ‚Nein, danke‘, doch der Gatte war schneller und schöpfte etwas, das man – dessen war Antonia sich sicher – nicht einmal den Sklaven vorsetzen würde, auf ihren bislang jungfräulichen Teller. Als befände sich ein besonders interessantes Versuchsobjekt vor ihr auf einem Seziertisch betrachtete die Patrizierin den Mischmasch, der sich aromatisch auf ihrem Teller verbreitete. Vielleicht hatte sie Gracchus doch ein wenig überschätzt? Doch nein, gewiss hatte das nicht er.. andererseits..
    Noch ein Löffel. Als wäre nicht bereits mehr als ausreichend Pampe vorhanden, schöpfte ihr Gemahl einmal mehr das unidentifizierbare.. Zeug in die Schale. Ob er sie sekkieren wollte? Fragend hob sie den Blick, riss ihn von der trüben Masse los, um ein bösartiges Glitzern in Gracchus‘ Augen zu suchen. Sie fand, wie sie glaubte, eine Art kindlicher Freude, ähnlich dem Blicke Minors, wenn sich ein neues Spielzeug fand, das ursprünglich nicht als solches Vorgesehen war. “D.. anke.“, brachte sie endlich hervor, bemüht darum ein begeistertes Gesicht zu machen. Vielleicht hätte sie doch besser etwas von Aristides probieren sollen. Seis drum, es war zu spät und der Teller randvoll. Wie wurde sie das nur wieder los?
    Vorsichtig senkte sie den Kopf, um prüfend am Brei zu riechen. Unmöglich für sie genauere Bestandteile herauszufiltern. Irgendetwas schwamm auf jeden Fall darin. Eine düstere Vorahnung ergriff Besitz von ihr: Im Laufe des Abends würde sie herausfinden was darin schwamm.

  • Scheinbar war das Gespann, dem die erste Bedienung zuteil wurde – Chimerion, samt Herrin – zufrieden, oder vielleicht glaubte Marcus das auch, denn er hatte wieder die Hände an der Eier- und Würstchenplatte und schob seinen nicht gerade Fliegengewichtkörper weiter durch den Raum. Das Eintreffen von Gracchus' Gemahlin fiel Marcus freilich auch auf, er grüßte mit einem lächelnden, wenn auch etwas fahrigem Io Saturnalia zurück, ehe er weiter im Programm voran schritt. Irgendwie war das Servieren eine komplizierte Kunst, denn die Gäste standen oder lagen auf ihren Klinen einfach im Weg, immer wieder mußte er sich um den Tisch schlängeln, an einer Kline vorbei und wäre fast gegen den Halter der Öllampen gerannt, sein Ellbogen stieß dagegen und Marcus hatte seine arge Not, nicht zum einen die Platte mit den Eiern zu verlieren- diese neigte sich schon gefährlich zur Schräge und ein paar der Eier rutschten auch schon zum Rand – und zum anderen wollte er nicht den Halter umwerfen, die Öllampen über den Raum schleudern und einige Klinen in Brand setzen, das wäre wirklich sonst ein grandioser Einstieg in seine Saturnalien-Servier-Karriere – nicht, daß er sich da auch große Chancen einräumte, was Karrieren anging, war Marcus von je her eher eine Niete! Einige Eier mußten als Kollateralschaden leider doch dran glauben, sie rutschten herunter und landeten vor Marcus' Füßen. Wiederum konnte er das Malheur noch minimieren, indem er wenigstens mit der Schulter den Ständer aufhielt; grummelnd starrte er auf die Eier und beschloß, sie einfach liegen zu laßen, gerade in dem Augenblick vernahm er Gracchus' Stimme und vernahm einen Namen eindringlich und herausstechend: Serenus. Verdutzt sah sich Marcus – der den ganzen Tag in der Küche gewerkt hatte und von der Ankunft seines Sohnes noch gar nicht erfahren hatte – um und entdeckte tatsächlich seinen Jungen auf den zweiten Blick; und wie groß Serenus geworden war. Marcus setzte die Platte auf den Tisch und trat zu dem Jungen.
    „Serenus, mein Sohn, mein Stolz, Du bist ja wieder zurück gekommen.“
    Warum wußte Marcus das immer als Letzter? Egal. Marcus zog den Jungen hoch, egal ob er wollte oder nicht, darauf hatten noch nie Eltern Rücksicht genommen und würden das wohl auch Jahrhunderte später noch nicht tun, er drückte Serenus fest an sich und wuschelte ihm ein Mal durch die stets etwas zu langen Haare.
    „Mein Junge, meine Güte, willst Du in den Himmel sprießen? Seit wann bist Du in Rom?“
    Schon vergaß Marcus für den Moment seine Pflichten als Diener des Abends.

  • Cassander ließ sich auf eine der freien Klinen fallen und schnappte sich kurzerhand von allem etwas, bevor er auf die Frage des jungen Flaviers antwortete.


    "Ach, gar nicht gut. Viele dachten schon, er würde die Reise nach Achaia nicht überleben, aber siehe da, er weilt noch unter uns!
    Naja, was er hat, weiß niemand so recht. Die Ärzte beraten sich immer flüsternd, also bestimmt nichts harmloses. Jedenfalls kann er schon feste Speisen zu sich nehmen und fängt wieder an, selbst Briefe zu verfassen. Ich bin also guter Dinge!"
    , dann pflückte er sich schnell ein paar Trauben und fuhr fort:"Zur Kur? Sein ganzes Leben ist eine Kur. Naja, an seiner Stelle würde ich mich auch nicht beklagen, wird er doch von hinten bis nach vorne voll umsorgt."


    Ja, das musste schön sein. Einfach so tun, als ob man krank wäre und schon flitzten alle um dich herum. Aber dafür musste man zuerst adlig, reich und berühmt sein und davon war Cassander weit entfernt.

  • Endlich gab es was zu futtern. Darin war Dido unschlagbar. Und was erst mal im Bauch war konnte ihr keiner von den anderen Sklaven wegnehmen. Bei Dominus Serenus Mahlzeiten, die sie gemeinsam in seinem Cubiculum einnahmen, gab es immer genug für sie, aber sie erinnerte sich nur zu gut an die Zeit der Abwesenheit ihres Dominus. Da hatte es nie genug für sie gegeben. Die anderen Sklaven hatten sich immer die Bäuche vollgefressen, aber sie bekam nur wenig. In dieser Zeit hatte Dido für sich auch eine Esstechnik perfektioniert, welche sie sich von den gefangenen Feldhamstern im Garten der Villa abgeschaut hatte. Zuerst die Backen voll stopfen, dann kauen und schlucken.
    Mit der Geschwindigkeit einer zubeißenden Schlange war sie an der Platte von Brigantica und füllte sich ihren Teller. Zuerst schnappte sie sich ein ordentliches Stück Brot, welches genau betrachtet dann auch das einzige Essen auf dem Teller blieb. Die Oliven, die Feigen im Speckmantel und die Sardellenröllchen schienen von der Platte auf Didos Teller zu hüpfen um einen Wimpernschlag später in ihren Backen zu verschwinden. Die Oliven wanderten in die linke Backe, die Feigen in die rechte Backe. Darüber kam als Schicht ein Stück Brot auf jeder Seite. Dann wurden beide Backen mit den Sardellenröllchen aufgefüllt. Im Ergebnis sah sie wie ein übergroßer Hamster aus. Erst danach füllte sie den Teller erneut und begann erstmals mit dem genüsslichen Kauen.
    Und schon gab es Eier. Damit füllte Dido schnell ihren Teller, der bis auf ein kleines Stück Brot schon wieder leer war. Bei den Saucen und der Eiermenge war Dido weniger bescheiden als ihr Dominus. Einige Saucen rochen sehr experimentell, was ihre Neugierde weckte. Ein ganzes Ei, ein halbes Ei, ein Viertel Ei verschwanden gleichzeitig mit verschiedenen Saucen ertränkt in ihrem Mund und Bauch. Ui, hups, die rote Sauce war vielleicht scharf. Schnell ein weiteres Stück Brot und einen Becher Honogwasser gegen die Schärfe. Und dann erst dieser leckere Knoblauchquark mit ganzen Knoblauchzehen. Dido gestikulierte mit vollen Backen kauend ihrem Dominus dezent ihr ein weiteres Fladenbrot zu reichen.
    Dann kam der inoffizielle Hausherr Flavius Grachus herein, welcher aber von fast allen Sklaven als Hausherr angesehen wurde. Und der löffelte den Gästen einen undefinierbaren Brei auf die Telleren. Der Name ließ vermuten, daß es ein Kürbisbrei oder Melonenbrei war, obgleich Dido Lauchstücke darin zu entdecken glaubte. Der Brei roch essbar, war aber erst mal etwas lasch im Geschmack. Durch 4 Löffel dieser hadesscharfen Sauce für die Eier bekam der Eintopf den richtigen Pepp.

  • Ich wußte, mit diesem Geschenk hatte ich meinem Sklaven einen Herzenswunsch erfüllt. So etwas, wie gefühlte Freiheit, war es. Auch wenn sie nicht ganz echt war, so gestand ich ihm aber doch die Möglichkeit zu, sie wenigstens für einige Stunden zu spüren. Insgeheim war dies auch noch eine Möglichkeit, ihn noch fester an mich zu binden.
    Ich wollte noch etwas entgegnen, da trat Aristides, bewaffnet mit einer Patte an unsere Kline heran und schichtete einige der, auf der Platte befindlichen Eier auf meinen und Chimerions Teller.
    "Oh, Marcus! Ja danke! Respekt, hast du das etwa alles selbst gemacht?" Ich besah die Eier auf meinem Teller, die ehrlich gesagt recht untalentiert in viel zu dicke und unförmige Scheiben geschnitten waren. Wären Sklaven dafür verantwortlich gewesen, hätten sie wohl mit Schlägen rechnen müssen! "Ja, ich bin sehr froh, wieder unter euch weilen zu dürfen." Dann folgten auch noch einige Würstchen, die auf meinem Teller Zuflucht suchten. Offenbar waren sie auf der Flucht vor dem Herd gewesen. Doch ganz hatten sie es nicht geschafft, denn sie waren bereits leicht verbrannt. Eines wußte ich, dieses Mahl ruinierte nicht nur meine Figur!


    Nun war auch Antonia noch zur rechten Zeit eingetroffen. Sie lächelte mir freundlich zu und auch ich erwiderte ein Lächeln. An den nächsten Tagen wollte ich sie fragen, ob sie mir wohl den gleichen Dienst erweisen wollte, den sie auch Epicharis zu ihrer Hochzeit erwiesen hatte.
    Kurz darauf kam auch Manius aus der Küche mit einer dampfenden Schüssel in Händen. Ich hatte noch immer mit den Eiern und den Würstchen zu kämpfen, ganz zu schweigen von den Pflaumen im Speckmantel und den Oliven. Doch schien es, als bliebe mir an diesem Abend nichts erspart. So erntete auch ich etwas von dem mysteriösen cucurbitas more Flaviano. Wardas tatsächlich Kürbis oder doch etwas anderes?


    "Nun, weißt du Chimerion, das war es mir wert!" entgegnete ich schließlich lächelnd meinem Sklaven.

  • Serenus winkte bei Cassanders Worten ab.


    "Ach, dann ist es ja halb so wild. Onkel Furianus ist zäh und stark, so schnell lässt der sich nicht beerben. Und solange Ärzte leise miteinander tuscheln ist es in der Regel nichts Ernstes. Vermutlich tun sie nur so geheimnisvoll, damit sie ihn weiter finanziell schröpfen können. Das ist mit Medici immer so eine Sache. Sie müssen ja nicht wirklich eine Leistung erbringen. Wird der Patient gesund, dann war es ihr Verdienst. Stirbt er, weil sie nichts tun können, dann war es der Wille der Götter, auch wenn sie gepfuscht haben. Während meiner Studienzeit in Achaea habe ich einen Tierarzt kennen gelernt. Dessen Spezialgebiet waren Rennkamele. Der hat selbst totkranke Tiere nicht nur wieder auf die Beine gebracht, sondern auch noch lebend auf den ersten Plätzen über die Ziellinie. Der Mann ist es gewohnt Erfolge zu erzielen, da ihn die Buchmacher sonst auf fatale Weise zur Rechenschaft ziehen würden. So einen Medicus braucht Onkel Furianus. Er sollte mal seine Leibärzte auswechseln. Du wirst sehen wie schnell die plötzlich ihre Behandlungen intensivieren und Erfolge erzielen. Ist es eher ein Leiden, wo die Säfte im Ungleichgewicht sind oder einfach nur eine depressive Phase, die so oft erfolgreiche Politiker überkommt, wenn sie schon alles erreicht haben und die vielen Sesterzen und Ländereien keine Freude mehr bereiten? Obwohl er war ja noch nicht Consul. Eigentlich könnte er sich mal aufraffen und diesen Aeliern zeigen, daß wir Flavier noch da sind und unsere Dolche gewetzt haben. Onkel Furianus als Consul, Onkel Gracchus als Pontifex und die Flavier zeigen mal wieder Farbe. Ach ja, ist er eigentlich immer noch Princeps dieser Verlierer-Factio Purpurea? Russata sage ich Dir, Cassander. Das ist der kommende Rennstall. Das haben selbst Papa und Onkel Gracchus eingesehen."


    Serenus entschied sich für drei weitere Oliven und ein Stückchen gewürzter Schafskäse als sein Vater ihn endlich entdeckte und hoch zog. Der Teller drohte ihm zu entgleiten, wurde jedoch geistesgegenwärtig von Dido gefangen und nebenbei nach Hamsterart geleert.


    "Seit knapp zwei Tagen, Papa, allerdings habe ich fast nur ausgepackt und eingeräumt. Und Dienst an der Porta gehabt. Nun ja, ich hoffe ich wachse noch etwas. Jetzt bleibe ich erst mal in Roma und werde Sacerdos. Politik hat noch Zeit, aber das ist ein Thema für eine andere Gelegenheit."


    Serenus betrachtete seinen Vater. Bei Bacchus, war der aber dick geworden. Offensichtlich wollte die claudische Natter ihn wie eine Mastgans tot mästen. Da galt es Gegenmaßnahmen zu ergreifen: Diät, Gymnastik und viel Bewegung. Morgen würde er Oma informieren.


    Irgendwann im Verlauf des Gesprächs bekam auch Serenus einen Teller gereicht auf den Onkel Gracchus eine undefinierbare Pampe löffelte, die noch schlimmer aussah als manche Spinat- und Gerstenbrei-Kreation. Serenus entschied sich zu einer spontanen Diät, der "Alles außer dieser Pampe Diät".


    "Den rex bibendi haben wir noch nicht gekürt. Ich würde Dido oder mich selbst vorschlagen, sofern wir alle von Wein auf Honigwasser umsteigen. Bei den Mischverhältnissen von Honigwasser und Fruchtsäften kennen wir beide uns hervorragend aus."


    Obgleich Serenus bereits 15 Jahre alt war hielt er sich von alkoholischen Getränken fast immer fern. Nur Versager tranken um ihre fehlende Genialität und Leistung zu kompensieren. Immer einen klaren Kopf behalten. Das waren die Worte seines Faustkampflehrers gewesen und mit der Einstellung hatte der Mann 187 Siege errungen.

  • Cassander zuckte kurz mit den Schultern und warf die nun vollends abgezupfte Rispe zur Seite.


    "Deinen Opportunismus kann ich nicht teilen, aber wie gesagt, es geht ihm schon ein klein wenig besser und wir alle hoffen auf eine baldige Genesung. Anscheinend hat es doch was mit den Säften auf sich, wobei ich dir auch in der Hinsicht zustimmen muss, dass ihm als Proconsul oft langweillig war. Vielleicht ist es auch eine Mischung aus Beiden, wobei nicht festzustellen ist, was nun die Ursache war. Jedenfalls ist ein Ungleichgewicht der Säfte eindeutig, die Lethargie, die ihn seitdem befallen hat, war vielleicht eine Folgeerscheinung...oder doch der Auslöser. Ach, frag´mich da nicht, ich bin kein Quacksalber.", schließlich war er einst Kaufmann gewesen, bis ihn seine Spielsucht und naja, daran wollte er lieber nicht denken.


    Statt dessen angelte er sich zwei Feigen und begann sie zu schälen.


    "Ob er überhaupt noch Lust auf ein Amt hätte, kann ich dir nicht sagen. Gut, als Consul würde er endlich aus dem Schatten seines Vaters treten können, aber das wäre wohl der einzige Grund.
    Außerdem hat ihm diese miese Kampagne gegen ihn übel zugesetzt. Du weißt ja, erst die Geschichte mit der imaginären Privatarmee in Hispania und nun auch noch diese Hunde von der Acta, die ihm Postenklüngelei vorwerfen. Bei den Göttern, wer tut das schon nicht? Und dass er selbst verdiente Beamte ausgezeichnet hat, wie es jeder Feldherr oder Statthalter zu tun pflegt, haben die miesen Schweine unter den Tisch fallen lassen und nur darauf geschaut, dass er geehrt wurde. Aber so ist das eben, ein beliebter Mann gewinnt nicht nur Simpathien und Freunde, sondern viel mehr an Hass und Feinden.
    Und dieser dreckige Germanicus, sein Erzfeind dort im Senat, hatte da bestimmt seine Finger drin."
    , und eigentlich verwunderte ihn schon stets die Tatsache, dass Furianus keine Auftragsmörder auf diesen Germanicus anzusetzen gedachte. Dabei war es doch so leicht.
    Aber vor seiner Erkrankung hatte er ihn ein paar Flüche aufschreiben und dann in der Erde begraben gesehen. Vielleicht war das ja der Anfang zu einem weiteren Schritt.


    Dann sah er den, welcher Arestides genannt wurde und lächelte eben jenem, sowie dessen neuer Gattin, freundlich zu. Das musste sie ja sein, alle anderen konnte er anderweitig zuordnen.


    "Und der Senator entschuldigt sich außerordentlich bei seinem Onkel Aristides und dessen bezaubernder Gemahlin für seine Verfehlung hinsichtlich der Hochzeit. Er war leider schwer krank und seine Rechte Hand, die leider nicht ich bin, hatte es versäumt die notwendigen Glückwünsche, eine Absage und die Hochzeitsgeschenke an euch zu richten. Aber das können wir ja alles nachholen, ich bin mit seinem Schiff hier.", welches wiederum voll beladen in Ostia gelöscht wurde und die Hochzeitsgeschenke, Saturnalienpräsente und Anderweitiges war wohl schon auf dem Weg.

  • Was denn immer alle mit seinen Eiern hatten, Marcus fand, daß sie doch der gelungenste Teil von der Vorspeise waren, doch ein Blick auf die – etwas zu dunklen Würstchen – zeigte ihm schon, daß der Rest eben doch sehr ungelungen war, nun ja, der gute Wille zählte, meinte er doch und nickte auf Celerinas Frage hin, nachdem er seinen Sohnemann wieder aus der Umarmung und sonstige väterlichen Gesten entließ. Er deutete auf Bridhe und auf Gracchus:
    „Ja, das haben wir alles zu Dritt erschaffen.“
    , verkündete er nicht ohne einen gewißen Stolz, jetzt, nachdem die Panik abgeflaut war und die Essen langsam in Gang kam, war das morgendliche Entsetzen doch deutlich besser geworden. Aber der Wortwechsel von Cassander und Serenus entging Marcus dann doch nicht, dem er mit halben Ohr gelauscht hatte: Furianus war erkrankt; besorgt runzelte Marcus seine Stirn, denn er hielt doch sehr viel von seinem Neffen, war er doch schließlich auch sein einziger Neffe und der Sohn seines einzigen Bruders, somit von der Familie am Nächsten stehend – und da Marcus sich nicht für alt hielt, hielt er freilich seinen Neffen doch noch für sehr jung, welche Tragödie, wenn er ebenfalls wie Milo jung sterben würde. Marcus voriger Frohgemut schwand schlagartig, zumal es ihn an den Tod seines Ziehbruders und Neffens erinnerte und seine Mundwinkel herunter drückte, wie von einem schweren Stein gezogen. Betrübt guckte Marcus zu dem Sklaven, der jetzt das Wort auch an ihn richtete.
    „Aber das macht doch nichts; es ist doch tausend Mal wichtiger, daß Furianus wieder gesund wird und mit Kraft strotzend wieder nach Rom zurück kehren kann, alles andere ist dann nur noch secundarius...secundand...ähm..nein....also unwichtig dagegen.“
    , erklärte Marcus mit vollen und ehrlichem Ernst, ein Opfer für Furianus wäre vielleicht ganz gut, er würde später damit noch mit Gracchus einige Worte wechseln.


    Erstaunt guckte er wiederum seinen Sohnemann an; der war schon zwei Tage in der villa? Ja, warum sagte ihm keiner das, aber in den letzten beiden Tagen war es auch wirklich drunter und drüber gegangen wegen der Saturnalien, die Marcus zu organisieren hatte und zum großen Teil daran gescheitert war. Und sacerdos wollte sein Junge werden; hach ja, er hatte auch die Begabung dafür, wohlwollend und sehr stolz auf seinen Sohn lächelte Marcus und nickte.
    „Dann wirst Du sicherlich sehr viel von Gracchus lernen können, mein Junge!“
    Irgendetwas kitzelte in seiner Nase, es roch verbrannt, irritiert sah sich Marcus im Raum um, ob vielleicht doch noch eine Öllampe herunter gefallen war und nun etwas in Brand gesetzt hatte, aber nein, das war nicht der Fall. Außerdem roch es nach...verbrannter Ente, genau, Marcus riß die Augen auf und murmelte ein: „Entschuldigt mich bitte kurz!“ und eilte prompt und eilig nach draußen, Richtung Küche.

  • Nicht nur um nicht von Furianus´ Sklaven entdeckt zu werden auch der strenge Geruch nach verbranntem Fleisch machte meinen Rückzug in die Küche notwendig. Dicke Rauchschwaden quollen aus dem Ofen. Das waren denkbar schlechte Vorzeichen! Ich rannte zum Ofen, um zu retten, was zu retten war. Es offenbarte sich mir ein Bild des Grauens. Die Ente war längst über eine gesunde Bräune hinaus gediehen. Das war nicht mehr braun, das war bereits schwarz! Vollkommen verkohlt! Nicht mehr zu genießen!


    Oh nein! Das darf doch nicht wahr sein!


    Seufzend drehte ich mich um, als sich der kleine Diarmuid sich bemerkbar nachte. Der Kleine hatte den Nachmittag und den herannahenden Abend nur geschlafen, nachdem er die letzte Nacht zum Tag gemacht hatte. Jetzt wurde er wach und es war zu erwarten, dass er auch Hunger hatte. Der Glückliche, er war nicht auf die verbrannte Ente angewiesen. Ich stillte ihn immer noch. Der Ente war sowieso nicht mehr zu helfen, aber meinem Kind.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl und stillte den Kleinen, während die schwarze Ente auf der Anrichte liegen blieb.

  • Hätte Marcus ihn gekannt, so wäre sicherlich ein Trauermarsch in seinen Gedanken geblasen worden, als er das arme Tier so auf der Anrichte sah, mit der Hand durch den Rauch wedelnd kam er auch in die Küche und starrte auf das schwarze Geflügelteil, dann zu Bridhe; irgendwie hatte er scheinbar doch kein Talten für das Kochen, die Zeiten in der Legion, als er dem noch nachgegangen war, waren einfach zu lange her und als Zenturio hatte er sich bekochen laßen, einer der Annehmlichkeiten, Marcus seufzte bedauernd und nahm ein Messer, um zu sehen, ob noch etwas zu Retten war, er warf Bridhe dabei kurz einen Blick zu.
    „Alles in Ordnung bei Dir?“
    , fragte er auch in Hinsicht auf ihr Kind, den ganzen Tag arbeiten und ihm aushelfen, und dann noch den Kleinen haben, war bestimmt nicht einfach, überhaupt, da es Aquilius' Sohn war, hatte dieser auch eine etwas beßere Behandlung verdient, als man es sonst vielleicht einem Kind einer – ehemaligen – Sklavin zugestehen würde.
    „Hast Du eigentlich ein Kindermädchen für den Kleinen? Oder brauchst Du sonst etwas, Bridhe?“
    , fragte er, während er langsam die schwarze Haut abpellte und darunter nach noch eßbarem Fleisch suchte.

  • Ganz in mich versunken, hatte ich mich zurückgezogen, um für mein Kind da zu sein. Ich empfand das Stillen nicht als notwendiges Übel, wie es so manche Frauen machten. Für mich war es die intensivste Art mit meinem Kind verbunden zu sein. Ich konnte mich dabei ganz entspannen und das merkte der kleine Diarmuid auch, so wie er jede meiner Empfindungen nachvollziehen konnte.
    Als sich Schritte näherten, bemerkte ich dies zunächst nicht. Ich summte eine Melodie vor mich hin, die mir früher meine eigene Mutter auch immer vorgesungen hatte. Diarmuid sollte soviel wie möglich von der Kultur seiner Mutter erfahren, das hatte ich mir fest vorgenommen. Er würde noch früh genug all das römische lernen müssen, wenn er in dieser Welt bestehen wollte.
    Angelockt vom üblen Gestank der verkohlten Ente war auch Aristides in der Küche eingetroffen. Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein schwarzer Tag. .Doch keimte in ihm noch die Hoffnung, etwas von dem Fleisch retten zu können. Er versuchte das verbrannte weg zu schneiden. Dabei streift mich kurzzeitig sein Blick. Obwohl ich den Drang verspürte, in seiner Gegenwart aufstehen zu müssen, zwang ich mich, sitzen zu bleiben. Dieses Verhalten war einfach noch in mir drin, dieses Gefühl, minderwertig zu sein.
    Was mich beinahe sprachlos werden ließ, war seine Erkundigung, ob bei mir alles in Ordnung sei. Bisher hatte sich daran noch niemand gestört, ob es mir gut oder schlecht ging. Das spielte bei einer Sklavin auch keine zu bedeutende Rolle.


    Äh, ja. Diarmuid ist aufgewacht. Ich glaube, er hat keine Schmerzen mehr. Er hat einfach nur Hunger.


    Wohl aus dem Unterbewussten heraus, hatte ich den Namen, dem ich meinem Kind insgeheim gegeben hatte, genannt. Offiziell hieß der Kleine ja nach seinem Vater. Doch Aquilius war fort und hatte uns zurückgelassen. Vielleicht war es auch besser so, wenn er sich nicht in die Erziehung seines Sohnes einmischte. Ich stellte mir vor, dass es für Diarmuid eines Tages nicht leicht werden würde, wenn er sich für eine Welt entscheiden musste. Doch bis dahin würde noch viel Zeit vergehen.


    Dass an diesem Tag so einiges anders lief, als sonst, wusste ich ja bereits. Mir war aber auch klar, dass bereits in wenigen Tagen das Theater wieder vorüber sein würde und man jeden wieder auf seinen Stand zurückstutzen würde, wo er hingehörte. Aber Aristides Frage schien über diese Zweit hinausgehen zu wollen. Die Frage nach einem Kindermädchen hatte mir niemals jemand gestellt. Nicht einmal Aquilius. Was wahrscheinlich auch daran gelegen hatte, dass ich sie vehement verneint hätte, da ich Kindermädchen mit Kind wegnehmen gleichgesetzt hätte. Niemals hätte ich es zugelassen, meinen Sohn aus den Händen zu geben, selbst wenn man mir mit einer furchtbaren Strafe gedroht hätte.


    Ein Kindermädchen. Nein, danke. Ich glaube, das brauche ich nicht.


    Kaum hatte ich das gesagt, glaubte ich, ihn vor den Kopf gestoßen zu haben. Seine Frage geschah aus lauter Höflichkeit heraus und wahrscheinlich stand auch echtes Interesse dahinter.


    Aber Diarmuid, ich meine der kleine Caius bräuchte vielleicht neue Sachen, zum anziehen, warf ich schließlich ein, um ihn nicht zu kränken. Es entsprach aber schon der Wahrheit. Der Kleine wuchs so schnell, so dass die meisten Sachen bereit viel zu klein waren. Außerdem krabbelte er bereits schon fleißig, woraus man schließen konnte, dass er auch bald laufen lernen würde.

  • Tatsächlich, es fand sich noch helleres Fleisch unter der schwarzen Kruste, Marcus schnitt etwas von dem natürlich braunem Geflügelfleisch ab und steckte es sich in den Mund, gut, einem anspruchsvollen Koch würde es nicht mehr genügen, einem Gourmetlucullus aus alter Zeit natürlich auch nicht, denn man schmeckte den leichten Brandgeschmack auch im noch nicht verbrannten Teil des Fleisches durch, aber es war noch genießbar und mit reichlich an Fischsauce ließ sich das sicherlich verbergen; weswegen Marcus nach einem bemalten Tonteller griff und anfing, die Ente zu tranchieren, das konnte er wirklich noch sehr gut aus seiner Militärzeit, wo damals schon die Ente seine Leibspeise gewesen war; erstaunt sah Marcus zwischenzeitlich zu Bridhe, wie hatte sie den Kleinen genannt?
    „Deeer-moot? Nennst Du ihn so?“
    Schwang da ein Hauch von Mißbilligung mit? Womöglich, denn Marcus konnte es nicht gut heißen, wenn der Sohn seines Vetters nicht römisch aufwuchs, aber er konnte es wiederum der Freigelaßenen nicht übel nehmen, da er sie auch dahin gehend verstand, weswegen er gleich darauf schief lächelte, zumal er seine Schwierigkeiten mit der Aussprache haben würde, er würde seinen Neffen wohl immer nur Caius nennen können; er nickte auf ihre Antwort hin, aber als frühere Sklavin war sie es bestimmt gewöhnt, viel zu arbeiten, eine Römerin hätte sofort sich ein Kindermädchen genommen, soviel stand für ihn fest.
    „Neue Sachen zum Anziehen? Natürlich, er kann alles haben, was er braucht, schließlich ist er ein kleiner Flavius, hm?“
    Marcus spähte auf den Kleinen hinab, der zwar nie ein Patrizier sein würde, aber immerhin ein römischer Bürger, was er jedoch nicht verstand, war, daß Aquilius sich wohl nicht um seinen Sohn zu kümmern schien, aber Marcus war in dieser Hinsicht schon immer anders gestrickt, da ihm seine Kinder sehr am Herzen gelegen haben und er es bei einem Bastardkind nicht anders sehen würde, selbst wenn dieser eben niemals ein patrizischer Flavier sein und offiziell anerkannt werden könnte.
    „Besorge für Caius, was Du brauchst, und wenn Dir etwas fehlt, dann tue es genauso, Du kannst die Rechnung an mich schicken laßen, hm? Und kann ich Dir sonst irgendwie helfen?“
    Stück für Stück der Ente landete auf dem Tonteller und schon kamen die Knochen zum Vorschein.
    „Ansonsten...hast Du Deinen Sohn schon in die Bürgerlisten eintragen laßen? Er hat das Anrecht auf das römische Bürgerrecht!“
    Vielleicht wußte Bridhe das ja nicht, aber es war schließlich wichtig für die Zukunft des Kindes, das Recht sich der Legion anzuschließen, das Recht einige Posten zu erhalten, die nur Bürgern offen standen und vieles mehr, wie die Brotspeisung.

  • Ich verstand einfach nicht, weshalb er noch an der verbrannten Ente herumdokterte. Er glaubte doch wohl nicht im Ernst, sie sei noch genießbar! Auch wenn noch helles Fleisch unter der dicken verkohlten Kruste hervor kam, schmeckte es dennoch verbrannt. Niemand wollte so etwas essen! Wahrscheinlich nicht einmal die Sklaven, die nur zu solchen Anlässen in diesen Genuss kamen.


    Das willst du doch nicht noch anbieten?


    Die Frage quoll einfach aus mir heraus. Ich hatte dabei nicht berücksichtigt, mit wem ich sprach. In seinen Ohren musste es vorwurfsvoll und anmaßend klingen. Hätte ich Diarmuid nicht noch gestillt, wäre ich nicht tatenlos sitzen geblieben. Ich wäre aufgesprungen und hätte ihm den Teller aus der Hand genommen. Wenn diese Ente draußen auf den Tisch kam, dann blamierten wir uns endgültig!


    Laß uns schnell nach einer Alternative suchen. Warte mal! Ich habe gesehen, es sind noch Miesmuscheln übrig. Was hältst du von Miesmuscheln?


    Das war ein gewagter Vergleich! Miesmuscheln waren alles andere als eine Alternative zu Entenbraten, aber sie ließen sich schnell zubereiten und ich liebte Muscheln, obwohl sie mir letztlich zum Verhängnis geworden waren.


    [Blockierte Grafik: http://img7.imageshack.us/img7/2113/diarmuidyc7.jpg]


    Diarmuid war endlich satt. Er lächelte zufrieden und gluckste fiedel. Ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn und legte ihn auf seine Decke. Dann schloss ich meine Tunika und kam Aristides zur Hilfe.


    Diarmiud ist der Name meines Vaters. Deswegen habe ich ihn so genannt. erklärte ich. Wenigstens so hatte ich eine Verbindung zu meiner geliebten Heimat, die ich so vermisste. Aus seinem schiefen Lächeln entnahm ich, er nahm es mir nicht übel, wenn ich das Kind so nannte. Er jedoch tat sich schwer dabei, den Namen richtig auszusprechen.
    Sein Angebot, alles auf seine Rechnung kaufen zu können, machte mich verlegen. Womit hatte ich das nur verdient? War es, weil ich hier zurückgelassen worden war und niemanden mehr hatte? Er hatte keinen Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben.


    Danke vielmals! Wie kann ich mich dafür revanchieren?


    Ich wollte nichts geschenkt haben, auch wenn ich nichts hatte, aber meinen Stolz hatte ich mir noch erhalten. Das gleiche galt für mein Kind. Ich wollte, dass er das wusste.
    Aber er hatte noch mehr nützliche Informationen für mich. Ich hatte keine Ahnung von den Formalitäten, die ich für den kleinen Diarmuid zu erledigen hatte. Das war das erste, was ich darüber hörte!


    Nein, das wusste ich nicht. Wo gibt es diese Bürgerliste?


    Zwischendurch stibitzte ich mir ein Stücken von dem Fleisch und probierte es, verzog aber gleich den Mund. Dabei war ich wirklich nicht zimperlich, was dies anbetraf. Wer einmal in den Genuss von Athalus´ Sklavenkost kam, war abgehärtet bis an sein Lebensende. Auch wenn Ente so gut wie nie auf meinem Speiseplan stand, wusste ich, dass das hier ungenießbar war.


    Ich glaube, das wollen nicht mal mehr die Hunde fressen! Was ist jetzt mit den Miesmuscheln? Soll ich sie holen?


    Die waren allemal besser, als die verbrannte Ente.

  • Dam, dam, dadam, daadadamdamdam, so oder mit einem ähnlichen Trauermarsch wanderte die Ente nach dem vernichtenden Urteil der erfahrensten Köchin des Raumes – natürlich Bridhe, wer denn sonst? - in die Kiste für den Kompost – natürlich wußte Marcus nicht, daß Fleisch da auch nicht hinein gehörte! Traurig sah er den dunklen Resten nach, warf jedoch auch die Knochen und die schwarze Haut dazu, da war eindeutig nichts mehr zu machen. Und Muscheln klangen doch gar nicht so übel, Marcus mochte Muscheln auch sehr gerne, selbst wenn Ente eher seine Leibspeise war!
    „Das ist eine gute Idee!“
    , erwiderte er deswegen und überlegte, was man noch dazu auftragen konnte, ah, die Speisen, die Gracchus noch am Mittag zubereitet hatte, wo er nicht viel Schneiden, sondern nur Zusammenlegen mußte, feine Pasteten, die noch von einem Händler geliefert worden waren, und ähnliche Dinge, sahen doch gar nicht so übel aus und würden wenigstens etwas von dem Mahl retten. Marcus drappierte die Speisen noch mal zurecht, warf noch ein paar der zerschnittenen Kräuter darüber – das sah doch schon mal recht professionell aus! - und nickte langsam.
    „Dein Vater, hmh, ja, verständlich, dann trägt der Sohn den Namen seines Großvaters und seines Vaters, dann wird mal bestimmt ein ganz großer Mann aus ihm werden!“
    , meinte Marcus mit einem Anflug von einem Grinsen – wobei das auch keine Ironie war, Marcus war dafür eigentlich viel zu...ja...gutmütig, um solche taktischen Wortklaubereien zu beginnen.
    „Du mußt Dich dafür nicht revanchieren, Bridhe, Du bist die Klientin von Aquilius und die Mutter seines Kindes, damit obliegt es auch uns – als die Familie von Aquilius – sich auch um Dich zu kümmern, wenn er nicht mehr dazu...naja...in der Lage ist.“
    Im Stich gelaßen hatte Aquilius seine Freigelaßene und das konnte Marcus wirklich nicht gutheißen.
    „Wenn Du möchtest, kann ich mit Dir zu der Bürgerliste gehen, aber vielleicht besprechen wird das später, ich glaub, die Trommeln da drinnen schon mit ihren Löffeln!“
    , meinte Marcus grinsend und griff nach der Platte, zustimmend nickend, was die Miesmuscheln anging. Mit Bridhe macht er sich darum auf den Weg hinein in den Speisesaal, um weiter dem saturnalischen Feiern nachzugehen, seiner Rolle als Herr zu den Saturnalien – nämlich dann bedienend – gerecht zu werden. Was noch geschah, das obliegt der Phantasie eines Jeden! Ob noch etwas geschah? Wer weiß? Vielleicht wird das eines Tages gelüftet werden...




    SimOff: Des mangelnden Interesses wegen beende ich das hier mal. Danke an alle, die gekommen sind und insbesondere an Bridhe, die tapfer mit mir ausgehalten hat ;)

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