• Gallicus nickte noch einmal dankend für das Empfehlungsschreiben seines neuen Patrons. Gründe, die gegen eine Wiederaufnahme sprachen, wusste er nicht. Er war römischer Bürger und auch nicht vorbestraft.


    "Ich würde gerne sobald wie möglich nach Mantua aufbrechen, Patronus", sagte er, die ungewohnte Anrede benutzend.


    "Nun, wie gesagt möchte ich als Optio oder Signifer wieder eintreten, Patron", erwiderte der Vipsanier etwas irritiert. Oder was meinte der Annaeer sonst mit einer 'besonderen Position'?


    "Verzeih mir, Patronus. Ich werde darauf achten", entschuldigte Gallicus sich schließlich noch für sein Versäumnis.

  • Modestus nickte. Dann ging es also um einen regulären Rang und nicht um eine besondere Position als Optio Valetudinarii oder Optio Tabellarii.


    "In Ordnung."


    sagte Modestus und rief auch sogleich einen Sklaven, dem er den Brief diktierte. Dieser schrieb auf einer Wachstafel eifrig mit und nachdem er fertig war verschwand er wieder aus dem Atrium.


    "Benötigst du noch Geld für deine Reise?"


    fragte Modestus während er auf den Sklaven wartete. Es dauerte noch etwas, bis dieser mit einem bereits gesiegelten Papyrus wieder ins Atrium. Modestus unterschrieb es nur noch und reichte es dann seinem Klienten.



    An den
    Rekrutierungsoffizier oder derzeitigen Kommandeur
    der Legio I Traiana Pia Fidelis



    Salve,


    der Träger dieses Schreibens, Publius Vipsanius Gallicus, ist mein Klient und ich möchte ihn hiermit für eine Position als Unteroffizier der Legio I Prima Pia Traiana Fidelis empfehlen.
    Er diente bereits unter meinem Vetter Lucius Annaeus Florus als Nauta in der Classis Misenis bei der Marineinfantrie und hat sich stets durch seine Umsicht und seinen Gehormsam hervorgetan. Während seiner Dienstzeit wurde er unter anderem auch mit bronzenen Armillae für seine Verdienste ausgezeichnet. Nach Ablauf seiner 25 Jahre Dienst bei der Classis wurde er mit allen Ehren entlassen und erhielt das römische Bürgerrecht.
    Ich bin sicher, dass er die Aufgaben eines Optios oder eines Signifers zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erfüllen wird und empfehle ihn daher für die eben genannten Posten.



    gez. KAESO ANNAEUS MODESTUS





  • Die Frage seines neuen Patrons konnte Gallicus getrost verneinen:


    "Danke, Patronus, aber ich habe genug Geld für die Reise."


    Dann kam der Sklave wieder zurück, Modestus unterzeichnete und siegelte das Stück Papyrus und der Vipsanier nahm selbiges mit einem dankenden Nicken entgegen.


    "Noch einmal vielen Dank, Patron!", sagte er. "Selbstverständlich werde ich dir regelmäßig schreiben, wie es sich für einen treuen Klienten gehört."

  • "Gut, dann kannst du dich gleich auf den Weg machen, wenn du möchtest. Und falls es in Mantua irgendwelche Probleme gibt schreib mir."


    erklärte Modestus nun, denn zum einen hatte er auch noch andere Dinge zu erledigen und zum anderen wollte er den den Vispanier auch nicht länger im Haus behalten als nötig, denn der würde sicherlich schon darauf brennen nach Mantua zu reiten.

  • "Das werde ich tun", nickte Gallicus dem Annaeer zu.


    "Dann vale, Patronus!", verabschiedete der Vipsanier sich freundlich. "Und danke, noch einmal!"


    Auch wenn er Modestus schon gefühlte hundert Mal gedankt hatte, konnte er, ob der großen Hilfe, die er ihm geleistet hatte, trotzdem nicht davon ablassen.


    Gallicus nickte dem Patron zum Abschied zu und entfernte sich dann aus dem Atrium und danach aus der Domus Annaea.

  • ...stand sehr bald im Atrium der Casa Annaea, und wartete darauf, dass der ihn einladende Senator erschien. Er hatte, wie immer, dem Sklaven zum Abschied eine kleine Münze in die Hand gedrückt, wanderte nun gemächlichen Schrittes durch den zentralen Punkt der Casa und studierte die Inneneinrichtung während er sich den Kopf darüber zerbrach, warum er eigentlich hier war.

  • Schon nach kurzer Zeit kam Modestus ins Atrium und kam trotz seiner teuren Toge schnellen Schrittes auf den Duccier zu.


    "Salve, Titus Duccius Vala. Es freut mich, dass du es einrichten konntest. Setz dich doch ersteinmal. Nur zu. Darf ich dir etwas zu trinken anbieten, oder einen kleinen Imbiss?


    grüßte Modestus den Duccier besonders freundlich und wies auf zwei lederene Sessel, die um einen kleinen Tisch aus poliertem Zitronenholz standen.

  • "Selbstverständlich, Senator Annaeus.", nahm Vala den ihm zugespielten Ball auf, "Die Einladung war eine Überraschung, aber nicht minder eine Ehre. Wasser bitte."


    Er folgte der Einladung sich zu setzen, und strengte sich gleichzeitig an nicht allzu angespannt zu wirken. Er hasste Situationen auf die er sich nicht vorbereiten konnte, und dies war so eine.

  • Modestus bemerkte die guten Manieren, aber warf dem Duccier einen verwunderten Blick zu, als dieser nur Wasser trinken wollte. Dann hob er ein wenig die Hand und ein Sklave, der auf der anderen Seite des Atriums gewartet hatte, eilte von dannen um mit einem Tablett wiederzukommen.


    "Nun, Duccius, man hat mir zugetragen, dass deine Familie zu den Wichtigsten in Germanias zählt und du erst vor kurzem hier in Rom angekommen bist. Da kam ich nicht umhin mit dir zu sprechen. Ich hege nämlich ein persönliches Interesse für die germanische Kultur."


    erklärte Modestus mit einem freundlichen Lächeln, während der Sklave das Tablett auf dem Tisch abstellte und die silbernen Becher füllte. Der Duccier erhielt Wasser, Modestus erhielt einen guten Sabinier, der zur Hälfte mit Wasser verdünnt war.

  • Der Senator lächelte, und Vala glaubte ihm kein Wort. Im Gegenteil: hinter der Stirn des Germanen ratterte es nur so vor gedanklicher Anstrengung, auch wenn Vala sich größte Mühe gab das zu verbergen. Der Senator hatte persönliches Interesse an Germanien? Was konnte das nur bedeuten?
    Vor Valas innerem Auge formten sich mehrere Möglichkeiten zusammen:
    - der Senator zielte auf das Amt des Legaten in Germania, und wollte sich vorher schon einheimische Verbündete machen. Wäre garnichtmal so abwegig, und genauso wenig dumm.
    - er hatte von der regen Geschäftstätigkeit der Duccii gehört, und versuchte so einen Draht nach Mogontiacum zu bekommen. Auch garnicht mal so dumm.
    - er hatte wirklich nur rein unverbindliches Interesse an den Stämmen. Erschien Vala irgendwie absolut abwegig.


    "Nun...", lächelte Vala verlegen, "..du machst meine Sippe größer als sie ist. Wir führen ein paar Betriebe, bekleiden niedere Ämter und besitzen ein wenig Land. Das war es dann aber auch. Es gibt Gentes mit peregrinen Wurzeln die es weiter gebracht haben."


    Dankbar nahm er das Wasser an und nahm einen kurzen Schluck um sich Zeit zu verschaffen bevor er in die Offensive ging: "Was kann ich tun, um deinen Wissensdurst zu stillen, Senator?"

  • "Ein paar Betriebe? Nachdem was ich gehört habe, stellt ihr den wichtigsten Teil dieses Handelskonsotiums. Freya Mercurioque ist doch der Name. Etwa nicht? Sag ist Freya eine germanische Gottheit?"


    fragte Modestus genauer nach und nahm nun seinen Becher von dem Tablett und trank einen Schluck davon. Dann lies er etwas davon auf den Boden tropfen und wandte sich wieder dem Duccier zu.


    "Nun welche anderen Sippen spielen in Germania dann außer deiner Familie eine große Rolle?

  • "Nun...", begann Vala, dem es vom Senator schwer gemacht wurde die Rolle seiner Familie runter zu reden, "..eh... das Handelskonsortium Freya Mercurioque ist ja auch nur eins von mehreren im römischen Reich. Ich kann nicht leugnen, dass es recht erfolgreich seine Position auf den Märkten im Norden behauptet, aber die Konkurrenz schläft nicht. Ja, Freya ist u.. für die germanischen Stämme die Göttin der Liebe und der Ehe. Nicht zu verwechseln mit Frigg, der Gemahlin des nordischen Hauptgottes Wodan. In den germanischen Provinzen wird ihr genauso wie Iuno und Venus geopfert, viele halten sie für ein und diesselbe Gottheit. War auch dazu führt, dass Legionöre und Veteranen Freya opern, und Angehörige der Stämme Iuno oder Venus. Da Freya auch die Göttin des Handels ist, was sie in die Nähe des Mercur rückt, hat mein Vetter Lando das Konsortium eben nach diesen Göttern benannt."


    Die Frage nach den Sippen, die in Germania eine Rolle spielten ließ Vala einen Moment stocken, musste er doch aus dem Gedächtnis rezitieren welche Gentes vor kurzer oder langer Zeit das Bürgerrecht erhalten hatten, und er überspielte diesen Moment der Stille mit einem Schluck Wasser.


    "Meine Sippe hat das Bürgerrecht vor mehr als zwei Dekaden erhalten. Zu den bedeutensten peregrinstämmigen Sippen gehörigen die Faberii, die soweit ich weiß das Bürgerrecht zur Zeit der Rachefeldzüge des Tiberius erhalten haben. Sie sind vor allem in der Colonia Claudia sesshaft, und bilden dort den Kern der nicht staatsrömischen Elite. Die Tutii gehörten zu den von Caesar geschlagenen Celti und besitzen seit fünf Dekaden das Bürgerrecht. Sie gehören vor allem in der Civitas Augusta Raurica zu den Eliten. Die Herminii sind ebenfalls keltischer Abstammung und haben in Augusta Treverorum viele wichtige Positionen inne. Sie haben etwa vier Dekaden das Bürgerrecht. Alle diesen Sippen haben peregrine Wurzeln, und ohne sie geht kaum etwas in ihren Civitates. Wie du siehst, sind die Duccii weder die Regel, noch die Ausnahme.", lächelte Vala matt, während er in Gedanken versuchte sich daran zu erinnern, ob auch nur ein Mitglieder dieser teilweise sehr großen Sippen über die eigene Civitas aktiv wurde. Er wusste es nicht.

  • "Ach, dein Vetter hat das Konsortium gegründet? Ist er auch das Familienoberhaupt? Ihr Germanen habt doch auch so etwas wie einen Pater familias, oder etwa nicht?"


    fragte Modestus nun weiter und merkte sich die Namen der von dem Duccier genannten Sippen. Es war auf jeden Fall sinnvoll, die wichtigsten einheimischen Sippen und Machtträger zu kennen.


    "Natürlich. Wie ist das dann mit eurem Konsortium? Muss man mit jedem Mitglied einzeln über seine Waren verhandeln, oder habt ihr einen einzelnen Ansprechpartner? Eine Art Vertretung?"

  • "Ja, hat und ist er.", konstatierte Vala, um zugleich wieder zu relativieren, "So etwas ähnliches. In Rom hat bekommt ein Mann seine Rechte per Geburt. Bei den Stämmen verdient sich ein Mann sein Recht auf Macht und Einfluss durch seine Leistungen. Der germanischen Sippe steht ein Familienoberhaupt vor, das was ihr Patria Potestas nennt ist für die Germanen die Munt. In der Munt des Familienoberhaupts befinden seine Frau, seine Kinder, die Bediensteten des Hofs und seine Geschwister, solange diese sich selbst noch nicht Mannbar sind, oder eben unverheiratet."


    Ein Schluck Wasser gab ihm die Möglichkeit seine Kehle sprechfähig zu halten, und zu sortieren was es über die germanische Wirklichkeit zu sagen gab, bevor er fortfuhr: "Bei den Römern kann sich ein Vater entscheiden, seinen Kindern die Rechtsfreiheit zu verleihen, und sie damit freigeben. Das kann durch Willen und durch den persönlichen Tod geschehen. Bei den Germanen allerdings wird sind die Kinder des Muntwalters allerdings nicht automatisch frei, sondern müssen sich erst als fähig beweisen, für die Sippe zu sorgen und sie sicher zu führen. Das kann unter den Söhnen eines Vaters ausgefochten werden, aber die Sippe kann sich auch entscheiden einen Muntwalter zu wählen wenn sich einer der Söhne, oder gar der Bruder des ehemaligen Muntwalters, im Krieg und im Frieden als Anführer bewiesen hat. In den kleineren Sippen ist es natürlich sehr viel einfacher, weil oft keine Aspiranten miteinander konkurieren können um die Sippe nicht noch weiter zu schwächen. In größeren Sippen ist das alles aber nicht selten Grund zum Streit."


    Die Frage zum Handelskonsortium stellte Vala vor ein Problem: er hatte keine Antwort auf diese Frage. Er hatte sich nie wirklich mit den Handelsaktivitäten seines Vetters beschäftigt, und jetzt war er hoffnungslos überfragt.


    "Also..", mutmaßte er fröhlich ins blaue hinein und versuchte dabei seine Unsicherheit so gut wie möglich zu kaschieren, "..wendet man sich direkt an das Handelskonsortium an sich. Derjenige, der den jeweiligen Betrieb dann sein eigenen nennt wickelt dann das Geschäft ab."

  • Der Senator schien über das gesagte länger nachzudenken, und Vala ließ ihm die Zeit, in dem er eine neutral lächelnde Maske aufsetzte, und sich gedanklich wieder in sich selbst zurückzog, darauf wartend, dass sein Gegenüber etwas sagte.


    Sim-Off:

    Huhu! Du hast mich hierhin eingeladen, nicht ich mich. ;)

  • "Nun das ist alles sehr interessant, Duccius. Aber eine Frage habe ich noch, bevor ich deine Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen will. Sag, warum bist du nach Rom gekommen und nicht bei deiner Sippe geblieben? Zieht es dich etwa in die Politik?"


    fragte Modestus nach einer langen Zeit des Nachdenkens und sah den Duccier direkt an, um an seinem Gesichtsausdruck seine Reaktion ablesen zu können. Aber er sah kurz von ihm ab, als er mit einer kurzen Handbewegung einem Sklaven eine Anweisung gab. Dieser kam kurz darauf mit einer Handteller großen Schatulle zurück und wartete mit etwas Abstand, neben den Beiden.

  • "Das tut es, Senator.", antwortete Vala erst knapp, um dann doch etwas ausführlicher auf seine Pläne einzugehen, "Mein Vater war Quaestor des Kaisers, ich werde es ihm gleichtun. Das kann ich allerdings nur in Rom, und deshalb bin ich hier."


    Vala lächelte matt, sah er doch, wieviel Arbeit da noch vor ihm lag.

  • "Nun wir werden sehen was die Zukunft bringt, Duccius."


    sagte Modestus und lächelte leicht. Ob der Duccier überhaupt im Stande war es seinem Vater gleich zu tun, war sich noch zeigen. In den letzten Jahren hatten es seiner Erinnerung nach keinen richtig germanischen Kandidaten für den Cursus Honorum gegeben, weswegen es doch schwierig war die Stimmung des Senats für eine solche Kandidatur abzuschätzen.


    "Nun möchte ich dich aber nicht weiter von deinem Tagwerk abhalten, Duccius. Hier ist noch ein kleines Präsent für dich, um dich für deine Mühen zu entschädigen."


    sagte Modestus, nachdem er aufgestanden war und gab dem Duccier die kleine Holzschatulle. Dann ging er langsam in Richtung der Porta, um den Duccier noch heraus zu begleiten. Außerdem wollte er ihm so dezent darauf hinweisen, dass der das Präsent nicht mehr hier öffnen sollte.


    "Vale, Ducius Vala."

  • "Ich würde mich über Unterstützung deinerseits sehr freuen, Senator Annaeus.", lächelte Vala leicht, hoffte er doch, dass sich das Interesse des Annaeers an seiner Sippe auch in seinem Wahlverhalten wiederspiegeln würde.


    Der Senator führte das Gespräch auf ein schnelles Ende zu, und Vala war ob der Kürze der Unterredung recht konsterniert. Als er dann noch ein Präsent in die Hand gedrückt bekam, konnte er seine Verwirrung nichtmehr verbergen, und sah den Senator überrascht an, unterließ es jedoch, sie zum Ausdruck zu bringen. Irgendwas würde der Annaeer sich dabei gedacht haben, und irgendwann würde sich der Sinn dessen auch Vala erschließen. Stellte sich nur die Frage, wann.


    "Es war mir eine Selbstverständlichkeit, Senator. Meinen Dank hierfür..", floskelte er noch, als er zur Tür geleitet wurde, und verabschiedete sich mit einem freundlichen Nicken, "Vale bene, Senator Annaeus."

  • Zusammen betraten wir das Haus unserer Familie. Endlich wieder zu Hause! Eine schwere Last fiel von meinen Schultern. Die letzten Monate waren nicht einfach gewesen, die Reise nach Tylus beinahe schon verhängnisvoll. Doch nun waren wir wieder hier, in meinem geliebten, verhassten Rom und alles würde sich zum Guten wenden.

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