[Tempel] Isis und Mater Magna

  • Phryne setzte sich zurecht.


    Wie du sicher weißt, verehrter Claudius Atticus, bin ich dem Kult unserer Großen Mutter aufs Innigste verbunden. Ich unterstütze das Collegium mit allem was mir zu Verfügung steht. Schon oft habe ich in den ekstatischen Momenten der Feste, während der Tänze zum Rhythmus der heiligen Instrumente, die Nähe der Göttin ganz deutlich gespürt. Ja, eingie Male glaubte ich sogar zu fühlen, wie sie von meinem Körper Besitz ergriff und mich zu ihrem Werkzeug machte.


    Ein Glänzen erschien in ihren Augen, ihre Hände gestikulierten. Nun richtete sie ihre grünen Augen auf den Gallus.


    Ich möchte mich ganz in den Dienst der Großen Mutter stellen. Würdest du mich im Kult der Magna Mater ausbilden? Würdest du mich anleiten ihr zu dienen?


  • Der Gallus lächelte. Er hatte bereits erwartet, dass sich der Neuzugang im Collegium nicht mir der Rolle der spendablen Gönnerin zufrieden geben würde. Phryne war klug und ehrgeizig. Eine Rolle im lokalen Cultus Deorum war sicherlich ganz nach ihrem Geschmack. Und auch er hatte gesehen, dass sie bei den Mysterienfeiern wie ergriffen wirkte. Die Göttin schien tatsächlich von ihr Besitz ergriffen zu haben. Eine solche göttliche Gunstgewährung sollte nicht ungenutz bleiben.


    Ich hatte schon so etwas vermutet, Phryne. Da du bereits in Rom Mitglied des Collegiums warst, bringst du einiges an Vorkenntnissen mit. Ich würde mich freuen, dich in den Kult der Großen Mutter auszubilden oder zumindest die Wissenslücken zu schließen. Sei willkommen als Discipula.


    Er streckte beide Arme aus und fasste Phrynes herzlich.


    Wir sollten das mit einem Becher Wein besiegeln, meinst du nicht?


    Mit diesen Worten griff der alte Gallus hinter sich und zauberte eine Kanne Wein und Becher hervor. Gänzlich ungemischt reichte er Phryne den Becher zum Anstoßen.

  • Phryne lächelte ebenfalls und stieß mit dem Gallus auf ihre Zukunft im Kult der Magna Mater an. Sie leerten noch den ein oder anderen Becher, sprachen über die Unterschiede zwischen dem Kultverein in Rom und dem in Mogontiacum, tauschten Anekdoten aus und ließen den Abend erst sehr spät ausklingen.


    Am Arm ihres Sklaven Glaucus trat Phryne ein wenig unsicher auf den Beinen den Heimweg an.

  • Wie vereinbart traf sich Phyne am Nachmittag vor den Treffen des Collegiums zum Unterricht in den tieferen Weihen des Kybelekultes mit dem Gallus. Claudius Atticus war ein strenger Lehrer. Phryne musste bei jedem Treffen penibel mitschreiben und die Notizen anschließend feinsäuberlich auf Papyrus übertragen.


    Atticus legte die Hände in den Schoß und begann die erste Lektion.


    Heute wollen wir darüber sprechen, dass unsere Magna Mater ursprünglich eine Berggöttin war. Was weißt du darüber, Phryne?


    Die Libertina sah von ihrer Tabula auf.


    Nun, ich weiß, dass man sie Mater Idaia oder Große Mutter vom Berg Ida nennt.


    Der Gallus nickte bedächtig.


    Das ist aber noch lang nicht alles. Welche Namen hatte sie zudem noch, die darauf hinweisen, dass sie eine Berggöttin war?


    Phryne runzelte die Stirn. Ob der Name Kybele etwas mit den Bergen zu tun hatte?


    Ich weiss es nicht, verehrter Gallus.


    Der Gallus holte aus. Er erzählte davon, dass Kybele in Phrygien "Matar Kubile", Mutter vom Berg Kubi genannt wurde und dass es zahllose lokale Berggöttinnen in dieser Region gab, die alle letztendlich identisch mit der Magna Mater waren. Phryne notierte: Kybele Dindymene, Sipylene und Lobrine.
    Schließlich erklärte Atticus auch noch, dass sich der Name Kybeles von Kuba herleite, das soviel wie Grab, Höhle oder Felsloch bedeutete. So gab es auch zahlreiche Höhlenheiligtümer Kybeles. Natürlich war nicht ohne Grund ein Stein das Symbol der Göttin, ein Meteorit, den man dann während der punischen Kriege nach Rom brachte.


    Phryne schrieb und schrieb. Als sie endlich den Stilus beseite legen durfte, lächelte der Gallus.


    Das reicht für heute. Das nächste Mal wirst du mir das Gelernte referieren. Jetzt wollen wir die anderen begrüßen.


    Sie standen auf und gingen in den Gemeinschaftsraum hinüber, in dem die wöchentliche Versammlung stattfand.

  • Zur nächsten Lehrstunde brachte Phryne ihre Aufzeichnungen mit. Claudius Atticus, der strenge Gallus, erwartete sie bereits. Die Anwärterin auf das Amt als Priesterin der Kybele referierte das Gelernte und wartete auf die nächste Lektion. Der Gallus schwieg zunächst sehr lange. Phryne glaubte schon, dass er sie vergessen hatte, als er doch noch zu sprechen anfing.


    Sag mir weshalb die Menschen die Magna Mater verehren? Worum bitten sie Kybele und wofür fürchten sie die Große Mutter?


    Die Freigelassene wollte gleich anfangen, ihr Wissen kund zu tun, doch dann kam sie ins Grübeln. Ja, wofür verehrte man die Große Mutter? Phryne lief rot an.


    Nun, sie ist die Magna Mater... also man bittet sie um Fruchtbarkeit und ... und gute Ernten und um die Fruchtbarkeit der Tiere und...
    Wofür fürchtete man Kybele? Phryne fürchtete die Große Mutter nicht wirklich. Sie begegnete ihr ehrfurchtsvoll. Ihre Macht war so groß, so umfassend. Leise fuhr sie fort.


    Man fürchtet sie als diejenige die Raserei bringen kann, den ekstatischen Wahnsinn und vielleicht als Kriegsgöttin?


    Claudius Atticus nickte zunächst. Doch dann hob er mahned den Zeigefinger.


    Die Magna Mater steht für Fruchtbarkeit und Macht, sie ist die Mutter allen Daseins und entscheidet über Werden und Vergehen. Sie ist Gebärererin und Schöpferin und Todesgöttin in einem. Machtvolle Herrin über die Leben und Tod, für Mensch, Tier und Pflanze, für den Bauern wie den Krieger. Deshalb ist sie auch Heilergöttin.


    Er blickte starr vor sich hin. Als er sprach schien er in Trance zu sein.


    Wir sehen in ihr die Herrin der Tiere, die Löwenmutter, die Pantherfrau, die Mutter der Rinder und Vögel. Auch die Fische sind ihre Tiere. Sie ist die Göttin die Pflanze und Tier Leben schenkt und es auch wieder nimmt.


    Plötzlich schien Atticus wieder aus seinem entrückten Zustand zu erwachen.


    Wer ist Attis und was zeigt uns das Mysterium seiner Entmannung, seines Todes?

  • Phryne schrieb fleißig mit. Doch dann kam der Gallus auf ein zentrales Thema des Kultes zu sprechen.
    Nun wurde es anspruchsvoll. Was sollte die Entmannung des Attis bedeuten? Welche Symbolik steckte hinter seinem Tod im Rausch der Ekstase? Die Freigelassene zögerte, stotterte, fing zweimal an bevor sie zu einer Antwort fand.


    Die Entmannung... ja, also ... die Selbstkastration... oder äh... ja... also ich denke, sie bedeutet, dass Attis der Magna Mater das Wichtigste und Wertvollste geben will, das er hat. Seine Fruchtbarkeit.


    Der Gallus runzelte die Stirn. Er schwieg zunächst wieder. Phryne wurde unsicher. War ihre Antwort falsch?


    Natürlich geht es um Fruchtbarkeit, denn Kybele ist die Magna Mater. Wer ist denn Attis? Was ist er, Phryne?


    Die rotblonde Schauspielerin fühlte sich in die Enge getrieben. Sie wurde nervös. Was wollte Atticus hören?


    Attis ist ein Hirte. Oder nicht?


    Nun lächelte der Gallus.


    Ja so ist es. Man nennt ihn auch den "Kornhalm". Er steht für den Tod der Vegetation und die Pause der Fruchtbarkeit der Erde im Winter, in der Ruhezeit der Natur. Er stirbt an den Folgen seiner im Wahnsinn der Ekstase an sich selbst vollzogenen Entmannung. Kybele vergräbt die Genitalien und daraus sprießen im Frühjahr Veilchen. Deshalb feiern wir das Frühlingsfest des Attis. Wir sehen den Tod und die Wiedergeburt der Natur in dieser mythologischen Geschichte.
    Erstaunt hörte Phryne Claudius Atticus zu. So hatte sie es noch nie erklärt bekommen. Jetzt verstand sie den Hintergrund der kultischen Entmannung.

  • Bereits eine Woche später saß Phryne wieder bei dem Gallus in der Kammer uns hörte aufmerksam zu. In dieser Unterrichtsstunde ging es um Bestandteile der Kultfeiern, ihre Herkunft und ihre Bedeutung. Phryne lernte in Pessinus, einer Stadt zwischen Phrygien und Galatien am Fluss Gallos eine mächtige Priestersippe den Kult der Kybele hochhielt. Diese Priesterkönige nannten sich Galloi. Der Oberpriester des Kultgeschehens dort wurde "Attis" genannt, wie der Kultheros.


    Sich nachdenklich am Bart kraulend fragte der Gallus seine Anwärterin auf die Priesterschaft.


    Was kannst du mir zu den Kultfesten und den Tänzen sagen, Phryne?


    Die Schauspielerin dachte nach. Sie erinnerte sich an die Kulttänze in Rom.


    Die Tänzer heißen Kureten oder Korybanten. Ich glaube es bedeutet "Wirbeltänzer". Ist das richtig?


    Der Gallus nickte.


    Ja, das stimmt. Sie tanzen eigentlich einen Waffentanz mit viel Gebrüll und wilden Gesten. Er ist erschreckend für Kultfremde, nicht wahr? Diesen Tanz nennt man Enoplia oder Prulis. Dort verehrte man den scharzen Meteoritenstein als Abbild der Göttin. Weißt du wie er heißt? Und wie hießt das Kultbild in Ephesos?


    Agalma, heißt der Meteorit und das Kultbild in Ephesos wird Xoanon genannt.


    Phrynes Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Zufrieden nickte der Gallus. Und auf die weitere Frage welche Kultbestandteile zu dem langlebigen und noch immer andauernden Kult in Pessinus gehörten, antwortete Phryne.


    Der Tanz der Kureten, die Prozession mit der Götterstatue, die Reinigung der Göttin und das Festmahl. Und... feiert man dort auch die Heilige Hochzeit?


    Selbstverständlich! Wie immer im Frühjahr um Fruchtbarkeit des Landes zu gewährleisten. Sie ist sehr sehr wichtig Phryne.


    Der Gallus sah seine Priesteranwärterin lange an. Phryne war die ideale Verkörperung der Göttin. Sie würde den Ritus des Hieros Gamos zu einem wahren Spektakel machen.

  • Erneut saßen der Gallus und die Anwärterin auf das Priesterinnenamt der Kybele beisammen. Phryne lauschte den Erläuterungen zu den offiziellen Festen, wie den "Hilaria" - dem Frühlingsfest. Da sie selbst schon mehrere dieser Feste, zunächst in Rom und im vergangenen Frühjahr auch in Mogontiacum, mitgefeiert hatte und das letzte Mal sogar im Mittelpunkt der Feierlichkeiten gestanden hatte, lächelte sie wissend und konnte alle Fragen des Priesters richtig beantworten. Schließlich kam der Gallus auf eine Besonderheit des Kybele-Kultes zu sprechen.


    Wie du weißt, dürfen nur Eingeweihte alle Riten und Geheimnisse unserer Kultgemeinschaft kennen. Das Mysterium der Kybele und des Attis ist nichts für die Ohren eines Banausen. Das Herz eines Anwärters muss geprüft werden. Was gehört zu den Initiationsriten in den Kult der Großen Mutter und wie nennen sich die Mitglieder der Kultgemeinde?


    Phryne dachte nach. Sie hatte selbst die Initiation erlebt.


    Die Kultmitglieder der Großen Mutter heißen Fanatici. Nach einer Zeit der Unterweisung in der Kultlegende und den Festgebräuchen wird der Myste, der Einweihungswillige geprüft. Er fastet, bereitet sich vor und kauft einen Stier für das Blutopfer. Am Tag der Prüfung wird der Myste mit den anderen Mitgliedern der Kultgemeinde von der Außenwelt abgesondert. Musik und Tänze versetzen alle in Stimmung tiefen religiösen Empfindens, in einen entrückten Zustand. Es folgt das Opfer des Stiers, das gemeinsame Mal aus dem Tympanon, der Trank aus der Zimbel, dann das Tragen der Stierhoden in dem Kernos. Und zuletzt der Abstieg in das Brautgemach, den Thalamos. Dort kommt es zur Vereinigung mit der Großen Mutter, zum Hieros Gamos.


    Der Gallus nickte. Sehr richtig. Was empfängt den durch die Große Mutter persönlich Initiierten wenn er aus der Tiefe des Brautgemachs zurückkehrt? Und welche Worte spricht der Myste?


    Die Priesteranwärterin lächelte. Noch gut erinnerte sie sich an ihre Initiation.


    Dem Mysten wird ein Kranz aufs Haupt gesetzt und Milch zum Trinken gereicht. Alle beglückwünschen ihn oder sie. Dann spricht der Myste diesen Satz: „Vom Tympanon habe ich gegessen, aus der Zymbel hab ich getrunken, den Kernos habe ich getragen, in das Gemach bin ich hinabgestiegen, ich bin ein Myste des Attis.“

  • Wie immer hatte Phryne einen großen Korb mit Lebensmitteln und Wein gepackt für das gemeinsame Mahl der Kultgemeinschaft. Sie klopfte an die Tür des Hauses, in dem der Gallus wohnte und die Treffen veranstaltet wurden. Ein Mitglied der Kultgemeinschaft öffnete. Die Frau musterte Kaeso mit misstrauischem aber auch neugierigen Blick. Sie war eine Sklavin im Hause eines angesehenen Weinhändlers.


    Wen bringst du denn da mit?


    Phryne schob Kaeso an der Frau vorbei ins Innere des Gebäudes.


    Das hier ist Kaeso, angehender Heiler und ein Freund von mir. Er interessiert sich für die Geheimnisse der Großen Mutter. Außerdem garantiert er meine Sicherheit. Ich bin nämlich überfallen worden.


    Die dunkelhaarige Frau hob die Augenbrauen.


    Bei der Großen Mutter, wie schrecklich! Tretet ein! Erzähl uns allen davon. Wir sind schon vollzählig.


    Sie betraten den Versammlungsraum. Der Gallus saß der Versammlung vor. Wie immer war der Raum mit frischen Blumen, Zweigen und bunten Bändern geschmückt. Die Kultmitglieder saßen und lagen auf Decken und Kissen. Auf niedrigen Tischchen oder bunten Teppichen waren diverse Speisen angerichtet und Becher mit gemischtem Wein wurden herumgereicht. Mehrere Kultmitglieder spielten die Trommel, den Tympanon oder die Zimbel. Man sang fröhliche oder melancholische Lieder. Als der Gallus den Neuankömmling sah, richtete er sich mühsam auf.


    Sieh an, wen bringst du uns da, Phryne?


    Die Schauspielerin wiederholte Kaesos Vorstellung, wie sie diese bereits an der Tür vorgenommen hatte. Dann fragte sie


    Ist es recht, wenn Kaeso an unserem Treffen teilnimmt?


    Der Gallus nickte. Er breitete freundlich die Arme aus.


    Nur zu. Setz dich Kaeso. Fühle dich wie zuhause in den Armen der Großen Mutter Kybele aufgenommen. Sie gewährt allen Menschen, egal welcher Herkunft und welchen Standes Zugang zu ihren Mysterien. Durch sie und ihre Wunder überwinden wir die Angst vor dem Tod. Nimm von den dargereichten Speisen, tanze und singe mit uns.

  • Mit merkwürdigen Gefühlen begleitete ich meine Göttin zu ihrem Treffen. Ich war glücklich und stolz, dass ich sie begleiten durfte. Ebenso war ich Neugierig darauf mehr von dem Kult zu erfahren. Es gab dann aber noch die Besorgnis um ihr körperliches Wohl. Jederzeit rechnete ich mit einem Überfall dieses Gurox, der mir absolut unzurechnungsfähig erschien. Was wäre wenn er uns auf dem Weg zum Treffen zusammen sehen würde. Ich glaubte er wäre fähig uns umzubringen. Phryne weil sie es wagte in Begleitung mit einem anderen aus zu gehen und mich, weil ich es wagte sie zu begleiten.


    Erleichtert atmete ich auf, als ich hörte wie sich hinter uns die Eingangstüre schloss. Jetzt erst konnte ich mich richtig freuen und alles Neue aufnehmen.
    Wie ein staunendes Kind betrachtete und beobachtete ich alles. Es war so ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte, obwohl ich keine Vorstellung hatte.
    Alles wirkte so freundlich, friedlich, farbenfroh und voller Frische. Dazu die Musik und der Gesang. Das war eine Welt die mir gänzlich unbekannt war. Es weckte Lebensfreude in mir und verbannte, die Ängste und den Schmerz der letzten Tage.
    Dankbar sah ich die Wollkommens Geste des Mannes und fühlte mich so gleich in den Armen der Großen Mutter Kybele aufgenommen. Auch wenn meine Füße sich noch nie bei einem Tanze bewegt hatte und ich noch nie ein Lied gesungen hatte, verspürte ich Lust dies aus zu probieren. War mir aber nicht sicher ob Schmerzen mich daran hindern würden.
    Verlegen lächelnd kam scheu von mir: „Ich danke für die freundliche Aufnahme und hoffe, dass ich dem hier würdig bin.“

  • Es wurde ein schöner Abend. Phryne konnte bald ihre Sorgen und Nöte vergessen. Bis zu dem Punkt wo der Gallus die Anwesenden um ihre Bitten an die Göttin und die Dankgebete bat. Nun sah Phryne Kaeso an. Sie stand auf und hob ein schönes Blumengesteck heraus, das sie für die Göttin gekauft hatte.


    Große Mutter, ich bitte dich um Gerechtigkeit. Mir und meinem Freund Kaeso hier, ist großes Unrecht geschehen, ist Gewalt angetan und angedroht worden. Wir wurden entführt und gedemütigt. Da wir jedoch keine Beweise und keine Rechtsvertreter haben, um die Bösewichte anzuzeigen, bitten wir dich, Kybele darum, diesen Kerlen das Handwerk zu legen. Du alleine besitzt die Macht uns zu helfen. Wenn du uns hilfst, große Mutter gelobe ich dir eine Dankesfeier wie sie Mogontiacum noch nicht gesehen hat. Zu deinen Ehren!


    Phryne sank in die Knie und legte sich schließlich flach auf den Boden. Das Gesicht in den Lehmboden gedrückt bat sie in stillem Gebet um den Beistand der Göttin, bis der Gallus sie an der Schulter berührte und aufstehen ließ.


    Wir alle wollen ein Lied anstimmen mit dem wir die Große Mutter um Hilfe für euch bitten. Der gemeinschaftliche Gesang verstärkt dein Gebet und trägt es durch den Äther zu Kybele.


    Es blieb nicht bei dem einen Lied. Viele Lieder wurden gesungen, Tänze vollführt und einige Karaffen Wein geleert.

  • Was für ein Erlebnis. Trotz der Erlebnisse der letzten Tage, merkte ich wie ich mich langsam entspannte und eine gewisse innere Ruhe in mir einkehrte.
    Menschen in solch einer großen Gemeinschaft, in einer gelösten Stimmung zusammen zu erleben war für mich etwas sehr einprägsames.


    Als Phryne sich erhob, war ich verunsichert, ich war mit ihr gegangen um ihr bei zu stehen, nun wusste ich nicht wie ich mich verhalten sollte. Nach einem kurzen Zögern stand ich auf und stellte mich neben sie, um es ihr gleich zu machen.
    Ich spürte wie mich ihre Bitte auch dahin führte, in Gedanken mit der großen Mutter zu sprechen und um Hilfe zu bitten.
    Voller Hoffnung und Zuversicht trat ich mit meiner Göttin den Heimweg an, nicht ohne dem Gallus zu versichern, ich würde gerne Mitglied dieser Gemeinschaft werden.

  • Mit Kaeso im Schlepptau erschien Phryne wie üblich zum Treffen des Kultvereines. Der Junge hatte die letzte Nacht bei ihr und mit ihr geschlafen. Erneut hatte sie alle Register gezogen, um ihrem süßen Adonis eine unvergessliche Liebesnacht zu bereiten. Er sollte nur wissen was er an ihr hatte, damit er nicht vergass, wie glücklich sie ihn machen konnte und wie dankbar er ihr dafür sein durfte. Sie hatte alles aus ihm herausgeholt und seine glückliche Erschöpfung in vollen Zügen genossen.


    Nun standen beide mit einem großen Korb voller leckerer Speisen vor dem Gallus. Die übrigen Fanatici waren noch nicht erschienen, so dass Phryne und Kaeso in Ruhe mit dem Gallus sprechen konnten. Die angehende Priesterin nutzte ihr Vertrauensverhältnis und setzte an.


    Werter, hochverehrter Gallus. Ich bringe erneut meinen Freund Kaeso mit. Er hat den Weg zur Großen Mutter gefunden. Sie hat ihn und mich in Gefahr beschützt und schließlich sogar reich beschenkt. Und nun, wo er einen neuen Lebensabschnitt beginnen wird, möchte er ein paar Tage der Göttin Kybele dienen und im Gebet mit ihr verbringen. Sie möge ihm Kraft geben für die bevorstehenden Aufgaben.



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    Gallus


    Der Gallus lächelte und nickte. Er war sich nicht sicher, wie Phryne die Anspielung mit dem "reich beschenkt" meinte. Sprach sie von der Liebe, die beide verband? Denn Kaeso war seine Verliebtheit deutlich anzusehen oder sprach sie von einer Frucht der Liebe? Er wollte bei Gelegenheit einen der beiden danach ausfragen. Doch nun wandte er sich dem jungen Kaeso zu.


    So? Du möchtest den Dienst bei der Großen Mutter nutzen, um deine Hingabe an sie zu vertiefen? Das finde ich sehr gut. Meist schenkt Kybele den Mysten, die sich ganz ihr verschreiben, Träume und Gesichte, die zu tiefer Erkenntnis führen können. Ich kann dir nicht viel Komfort bieten, doch du kannst dein Lager in unserem Versammlungsraum aufschlagen. Tagsüber darfst du mir helfen, den Tempel zu reinigen, Die Bittsteller zu empfangen, zu reinigen und die Opfer vorzubereiten. Leider wirst du auch den Müll und Dreck wegzuräumen müssen, den die Gläubigen hierlassen.


    Er verzog das Gesicht. Das Tempelareal der Kybele und der Isis war hochfrequentiert und die Gläubigen brachten nicht nur Gaben und Geldspenden sondern auch jede Menge Unrat.


    Bist du dazu bereit? Dann will ich dir gerne Obdach gewähren.

  • Auf dem Weg zum Tempel, wurde mir klar wie schwach ich eigentlich war. Ich hatte mir so vorgenommen vor den Tagen der Kontemplation den Verlockungen meiner Göttin zu widerstehen. Die Nachricht von der Vaterschaft hatte meine Entscheidung zunächst auch bestärkt, da mir bewusst wurde als was mich Phryne sah, als zu arm und unbedeutenden und als williges Spielzeug und Bettwärmer wenn ihr danach war. Mein schwacher Versuch ihren Liebesfesseln zu entkommen war gescheitert, dennoch ich liebte sie, scheinbar bis zur Selbstaufgabe.


    Im Tempel angekommen, meinte ich zu erspüren, hier würde ich Hilfe bekommen und mehr über mich selber erfahren. Dank Phrynes Fürsprache war Gallus, der Priester bereit mich für kleine Arbeitsdienste im Tempelareal der Kybele mich ein paar Tage auf zu nehmen.
    Ein wenig Sorge machte mir allerdings der nachdenkliche und forschende Blick des freundlichen Priesters, denn ich wusste ihn nicht zu deuten.

  • Zufrieden stellte Phryne fest, dass der Gallus wie erwartet Kaeso Obdach gewährte. Als sie sich an diesem Abend, nach einer erbaulichen Kultfeier von Kaeso verabschiedete, nahm sie den jungen Mann noch Beiseite.


    Es freut mich, Kaeso, dass du hier die Gelegenheit hast, ein wenig zu dir zu finden und einige Tage der Ruhe und spirituellen Erfüllung zu erfahren. Aus dieser Ruhe und Abgeschiedenheit würde ich dich dann gerne zur Saturnalienfeier bei dem Alenpraefect Iunius Seneca entführen. Möchtest du mich zu diesem ausgelassenen Fest begleiten?

  • Zum Zweiten mal hatte ich hier eine wohltuende und erbauliche Kultfeier erlebt. In ihrem Nachklang kam meine Göttin zu mir, heute würde sie sich hier von mir verabschieden und ich konnte sie in Ruhe gehen lassen. Die Bestie war gefangen und konnte ihr nichts mehr anhaben.
    Was die Zukunft mir bringen würde lag noch im dunkeln und wirklich glücklich, wenn ich an das Kind dachte würde sie mich nicht machen. Vielleicht aber fand ich hier eine Lösung.
    Mein Gesichtsausdruck hatte sich bestimmt gerade in Bruchteilen von Sekunden mehrmals geändert, von Verwunderung, Verlegenheit bis zur Scham, weil ich dies nicht von meiner Göttin erwartete hätte, bis hin zur Freude. Beglückt ergriff ich ihre Hände, sie in die Arme zu nehmen um sie zu küssen, wagte ich jetzt nicht, „du ahnst nicht welch eine Freude du mir damit antun wirst.“ Mein Herz hämmerte vor Freude, sie fand mich würdig sie zu begleiten.
    Ich durfte mich an ihrer Seite in der Öffentlichkeit zeigen. Ein Hoffnungsschimmer tat sich am Horizont auf.


    Natürlich half ich noch eine ganze Weile die gröbste Ordnung wieder her zu stellen. Der Rest, würde ein Teil meiner Aufgaben am nächsten Tag sein. Meine Gedanken fanden sich aber während der Arbeit und auch noch lange in der Nacht, bei meiner Liebesgöttin.

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    Gallus


    Der erste Morgen begann früh für den neuen Mysten. Der alte Gallus, Claudius Atticus, stand mit dem ersten Hahnenschrei auf. Wie die meisten alten Leute brauchte er nicht viel Schlaf. Er klopfte an die Tür des Versammlungsraumes in dem sich der junge Kaeso für die Nacht auf einer einfachen Schilfmatte unter einer Wolldecke zusammengerollt hatte und trat dann ein.


    Eos tanzt bereits über den Himmel, Kaeso. Es ist an der Zeit aufzustehen, um der Großen Mutter und ihrem Gefährten Attis zu huldigen. Sei so gut und hole Wasser aus dem Brunnen, der sich zwischen den beiden Tempeln befindet. Es ist heiliges Wasser. Vergiss nicht ein Dankgebet zu sprechen.


    Der alte Priester deutete auf zwei Holzeimer die bereits an Seilen von einem Joch baumelten. Mit diesem würde Kaeso das Wasser holen können.


    Danach sieh zu ob du von den Isis-Priestern ein wenig Brot bekommen kannst. Sie bekommen jeden Tag eine Lieferung und geben mir davon ab. Es sind auch noch Reste vom Kultmahl gestern übrig. Nach dem Morgenmahl treffen wir uns vor dem Tempel zur rituellen Reinigung. Du kannst dies hier anziehen.


    Er deutete auf eine einfache, weiße und bodenlange Tunika. Dann drehte sich der Gallus um und verschwand.

  • Es war noch sehr früh, früher als ich erwartet hatte, als der Gallus mich weckte.
    Nicht, das ich ein Langschläfer war, eher im Gegenteil, ich liebte die frühen Morgenstunden, doch heute hatte ich das Gefühl gerade erst eingeschlafen zu sein. Außerdem spürte ich wie sehr ich jetzt gewohnt war in einem Bett zu nächtigen.
    Verschlafen nickte ich, um Gallus damit zu bestätigen, dass ich ihn verstanden hatte. Eilig zog ich die Tunika an, faltete meine zusammen und strich über in Erinnerung an Alpina darüber, denn sie war ein Geschenk von ihr gewesen.
    Eilig machte ich mich zum Brunnen auf, holte das Wasser herauf und dankte der Mutter in einem kurzen Gebet dafür, ehe ich zurück zum Tempel zurückkehrte.
    Dem Isis Priester musste ich erst erklären wer ich war und was ich wollte, doch sie gaben mir etwas von ihrem frischen Brot für uns ab.
    Schweigend nahm ich mein Morgenmahl zu mir, in Gedanken schon bei der rituellen Reinigung, denn ich hatte keine Vorstellung wie diese vor sich ging.


  • Der Gallus holte Kaeso nach seinem Frühstück ab. Sie traten auf die Rückseite des Tempels. Dort befand sich ein kleines Gebäude in dem die Kultgeräte aufbewahrt wurden. Der Priester der Kybele trat in das Innere des Gebäudes und holte mehrere Gegenstände hervor. Eine Patera, eine Räucherschale mit Handgriff, eine Waschschüssel und eine kleine Tonflasche. Zwei kratzige alte Handtücher, zwei Stoffbahnen für den Lendenschurz und zwei bunte Gewänder lagen ebenfalls bereit.


    Zieh dich aus, Junge!


    befahl der Gallus und legte selbst seine Tunika ab. Dürr und mit hängender, faltiger Haut stand er nackt vor Kaeso. Und das bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Der Kennerblick konnte den Kastraten erkennen. Wie es sich für einen echten Priester der Kybele gehörte, hatte sich Claudius Atticus einst in mystischer Trance selbst entmannt.


    Der Priester wartete bis Kaeso sich ebenfalls entkleidet hatte. Mit einem Lächeln in den Mundwinkeln beobachtete der alte Mann wie der Junge fror. Sein Blick hatte etwas Anzügliches. Allerdings nur einen kurzen Augenblick, dann hatte sich der Priester wieder im Griff. Er schüttete Wasser aus dem Brunnen in die Waschschüssel und begann sich mit dem kalten Wasser von Kopf bis Fuß zu waschen. Am Schluss goss er sich den Rest mit einem beherzten Schwung über den kahlen Schädel.
    Nachdem er die Schüssel erneut mit Wasser gefüllt hatte, nahm der Gallus eines der Handtücher und rubbelte sich trocken.


    Nun bist du dran, Kaeso.


    Er selbst griff nach der Tonflasche, goss sich duftendes Öl in die Hand und rieb sich damit ein. Seine alten aber wachen Augen beobachteten jede Bewegung des Mysten. Man konnte erkennen, dass Atticus gefiel was er beobachtete. Kombiniert mit der Öleinreibung konnte Kaeso erkennen wie sich sein alter, faltiger Freund vor Genuss aufzurichtete. Dann zog der Alte einen frischen Lendenschurz und das sehr feminin wirkende goldgelbe Gewand mit vielen Falten, Borten und Troddeln an.

  • Das hatte ich jetzt nicht gerade erwartet. Im letzten Winter, meinem ersten hier in Germanien, hatte ich es schon als sehr kalt empfunden, doch jetzt nackt, den Gallus beobachtend, damit mir keine seiner Bewegungen entging, wusste ich was frieren hieß. Was wenn es in den nächsten Tagen noch kälter würde?


    Mit jedem Schub des kalten Wassers das meinen Körper berührte, nach der Aufforderung ich wäre dran, hielt ich kurz den Atem an, spürte wie sich dabei meine Bauchmuskeln zusammen zogen und ich vorsichtig nach Luft schnappte und wieder aus atmete.
    Sorgfältig wusch ich mich, mir den Rest des Wassers über den Kopf zu schütten , kostete dann schon ein wenig Überwindung. Wusste ich doch, dass meine Haare länger zum trocknen brauchten, hier draußen ganz bestimmt.
    Trotz der Aufmerksamkeit die ich meiner Reinigung widmete entging es mir nicht ganz, wie Gallus mich betrachtete. Bestimmt fragt er sich woher die Narben auf dem Rücken stammten? Vielleicht denkt er, ich wäre ein entlaufener Sklave.
    Doch die Kälte lenkte mich schnell ab und ich ölte mich rasch ein um mir Lendenschurz und Gewand an zu legen.
    Ein Blick auf den Priester machte mir dann klar wie ungewohnt ich jetzt aussah. Ich wusste um mein Aussehen und hatte schon viele anzügliche Bemerkungen über mein äußeres gehört. Oft hatte ich mir mehr von dem grobschlächtigen meines Vaters gewünscht. Mit diesem Gewand würde ich die Lüsternheit manches Mannes wecken und den Spott anderer.
    Verunsichert fragte ich mich, ob ich die richtige Wahl getroffen hatte.

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