Elfledas und Landos Zimmer

  • Irgendetwas weckte Elfleda. Sie wusste nicht so genau, was los war, irgendwas aber hatte sie geweckt. Um Lando nicht zu wecken blieb sie noch liegen mit geöffneten Augen und lauschte. Oder sie versuchte es, denn wie immer schnarchte ihr Mann leise vor sich hin und übertönte damit, was auch immer sie gehört zu haben glaubte.
    Missmutig streckte sie ihre Füße einfach zu ihm gegen seine, was ihren Mann im Schlaf einmal missmutig grunzen und sich dann drehen ließ. So war das Schnarchen für die nächsten fünf Minuten gestoppt, und ihre Füße wurden gewärmt. Eine eindeutige Gewinnsituation.


    Der Tag war noch nicht angebrochen. In letzter Zeit wurde es immer später hell. Der Herbst hatte Einzug gehalten, mit all seinen Folgen. Die Bäume wechselten langsam ihr Laub, und es wurde verdammt kalt. Sonst war Elfleda eigentlich nicht so verfroren, aber dieser Tage wollte sie am liebsten eingemummelt in eine Decke herumlaufen. Dann sah man auch den Bauch nicht so, der sie aussehen ließ, als würde sie bei der nächsten Berührung bald platzen.
    Elfleda hatte ja nicht geglaubt, dass es bei ihr genauso schlimm sein würde wie bei ihrer Tante. Viele Mädchen blieben noch relativ dünn und der Bauch wuchs nur in den letzten vier Wochen vor der Geburt so wirklich an. Aber sie fühlte sich, als würde sie diese Kugel schon ewig vor sich hertragen, und bald würde sie wirklich platzen, wenn das Kind nicht von selbst herauszukommen gedachte. Sie hatte nachgerechnet. Dreimal. Sie hatte sogar Marga mitrechnen lassen, wie lange sie nun schon wohl schwanger war. Ausgegangen von ihrer Hochzeit war nun schon der zehnte Vollmond vorbei. 40 Wochen dauerte es normalerweise, meistens sogar etwas kürzer. Und sie war nun schon über die 41. verdammte Woche hinaus! Bald wollte sie glauben, eher ein Fohlen denn einen Menschen zu gebären.


    Mit diesen trüben Gedanken lag sie also wach und lauschte auf das, was auch immer sie geweckt hatte. Aber da war nichts. Die Tiere waren alle still, auf den Straßen lief niemand. Durchs Haus huschte auch niemand, das hätte sie als allererstes gehört. Egal, ob sie sicher aufgewachsen war, egal, ob sie hier nun schon so lange hinter dicken Steinmauern lebte. Das Wissen, dass doch jederzeit ein Feind mit gezücktem Messer das eigene Leben beenden konnte, ließ einen Menschen aufmerksam bleiben.
    Also, was hatte sie geweckt?
    Lando fing wieder an, ganz leise zu schnarchen, und Elfleda verdrehte die Augen. Nicht, dass sie das wirklich stören würde, nur im Moment brauchte sie irgendwas, über das sie sich ärgern konnte. Und da kam ihr Mann ihr natürlich grade recht, denn immerhin war er da und greifbar, und im Moment konnte er auch nicht flüchten.
    Also setzte sie sich auf – langsam und behäbig, verdammter Bauch aber auch – nahm ihr Kissen und schlug damit einmal leicht nach ihm, um ihn zu wecken. Wenn sie schon nicht schlafen konnte, sollte er gefälligst auch mit ihr wach sein. Auch wenn ein klitzekleiner Teil wusste, dass es gemein war, aber dieser Teil hatte jetzt grade mal absolut nichts zu melden.


    “Du schnarchst“, erklang die simple Erklärung. Leider fiel ihr nicht gleich etwas spitzfindiges hinterher ein, um ihn endgültig wachzumachen und ihm die Schuld an irgendwas zu geben. “Das noch ein Baum da draußen steht, grenzt an ein Wunder“, meinte sie also missmutig in Ermangelung eines besseren Grundes für ihr Wachsein.
    Verdammt, warum war sie überhaupt aufgewacht? Es war rein gar nichts, was ungewöhnlich wäre. Überhaupt nichts, weswegen sie jetzt unbedingt schon vor Sonnenaufgang so hellwach sein musste.
    “Da kann ja kein Mensch schlafen, und überhaupt...“ Vor sich hinzeternd warf sie die Decke beiseite und rollte sich aus dem Bett. “Und kalt ist es auch geworden!“, weswegen sie sich die Decke dann doch wieder schnappte und sich einwickelte.
    Sie lief ein paar Schritte zu dem Fenster und schaute durch das nur halbdurchsichtige Glas in die Dunkelheit nach draußen. Nicht, dass sie irgendetwas hätte erkennen können, aber sie schaute dennoch hindurch, als sähe sie alles.
    “Wo du jetzt wach bist...“, ja, wo er jetzt wach war... was eigentlich? Irgendwie musste sie ihn doch kurz rumscheuchen können? Irgendwas? Komm, Elfi, denk nach... “.. du könntest... könntest....“
    Ihre Hand wanderte auf den Bauch, als sie merkte, was sie geweckt hatte. Es war noch nichts wirklich schlimmes, keine großen Schmerzen, mehr so ein Stechen, als die Bauchmuskeln sich einmal krampfhaft zusammenzogen, als übten sie schon einmal für das, was gleich folgen würde.
    “... du könntest Marga vielleicht wecken?“ Jetzt klang sie gar nicht mehr sauer oder genervt oder irgendwie giftig. Elfleda empfand ihre eigene Stimme schon als unangebracht ängstlich. Immerhin wusste sie, was passieren würde. Aber irgendwie hatte sie es auf einmal gar nicht mehr so eilig.

  • Ein großes Stück Steakum, das war es, was Lando in seinem Traum gerade vorschwebte. Britannisch gebraten selbstverfreilich, das verdammte Ding musste schließlich noch muhen, wenn man es auf den Teller bekam. Aber das Ding war schüchtern, denn es entzog sich fliegend seinem Griff, was für ihn nichts besonders war, in seinen Träumen flog so allerhand durch die Gegend. Nur dass dieses Steakum nicht so wollte wie er wollte, das ärgerte ihn schon. Deshalb zog Lando auch zu Pferde und vollgerüstet dem Ding hinterher, warf Ger um Ger, und als er es schließlich getroffen und zu Boden gerissen hatte, warf er sich mit der adäquaten Portion an männlicher Gier darauf, um sich schließlich einzuverleiben, was einverleibt gehörte.
    Doch gerade, als er sein Sax in das riesige Teil stoßen wollte, zappelte es auf, und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Etwas verstört, denn bei aller abstrakter Traumwandlerei war es Lando noch nie geschehen von einem Steakum verprügelt worden zu sein, hielt Lando einen Moment inne, und schaute noch verwirrter drein, als ihm das Steakum vorwarf zu schnarchen.


    Irgendwie schien sich dann auch alles aufzulösen, und in helle Panik versetzt begriff er, dass er dabei war aufzuwachen! Das musste um jeden Preis verhindert werden! Sein Steakum! Seine Beute!
    Doch es nützte nichts... nur zu schnell fand er sich in der Realität wieder, und bekam halbschlafend mit, wie seine Frau ihn wie so oft nachts aus dem Bett gerissen hatte, um ihren Frust an ihm auszulassen. Und was wollte sie? Marga? Er sollte Marga wecken? Um diese Zeit? Nie im Leben!
    Lando liebte sein Leben, er sah garnicht ein auf Befehl seiner Frau Selbstmord zu begehen, nur weil sie mitten in der Nacht plötzlich Hunger auf Gurken mit Honig bekam.


    "Hmhmhmhhllll... warte bis zum Frühstück, Frau...", nuschelte er daher sehr genervt, und war schon wieder auf dem besten Wege weiter zu schlafen... :D

  • Hatte er gerade gesagt, sie solle damit bis zum Morgen warten? Wahrschienlich würde es bis zum Morgen noch nicht vorüber sein, aber was sollte sie seiner Meinung nach denn machen? Es sich verkneifen? Männer!
    Elfleda starrte einen Moment lang zu Lando, der sich bereits wieder einkuschelte und offenbar allen ernstes einfach weiterschlafen wollte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und zitterten einmal vor aufkommender Wut, aber sie sagte ncihts. Sie atmete einmal ruhig durch und watschelte dann so ruhig wie möglich zum Bett zurück, um sich auf die Kante zu setzen.
    “Na, wenn du meinst, du willst die Geburt alleine mit mir machen... Das ist zwar ungewöhnlich, normalerweise flüchten die Männer spätestens, wenn die Fruchtblase dann platzt.“ Ihre Stimme war geradezu unbekümmert und freundlich, auch wenn Lando den Unterton inzwischen wohl schon kennen dürfte. “Und Marga wird sicher vollstes Verständnis dafür haben, dass du das selber machen willst und sie lieber schlafen lassen wolltest. Sie ist ja auch nicht mehr die Jüngste und braucht ihren Schlaf, da wird sie dir sicher dankbar sein. Immerhin dauert es sicher noch bis Sonnenaufgang, ehe es wirklich ernst wird...“
    Elfleda legte sich wieder ins Bett und auf den Rücken und sah lächelnd zu Lando hinüber. “Aber du machst das schon, Schatz.“

  • Landos Geist hatte direkt wieder auf Autopilot ins Schlummerland gestellt, und so bekam er auch kaum mit, wie sich Elfleda neben ihn ins Bett setzte.
    Das, was sie sagte beantwortete der automatische Gesprächsbeantworter mit einem genuschelten "Ja, klar Schatz, mach ich...", während der Angerufene sich wieder auf den Weg machte, traumwandlerisch ein großes Steakum zu erschlagen.


    Irgendwann, keine Minute nachdem er wieder fest eingeschlafen war, schien der unterbewusster Gesprächsbeantworter gecheckt zu haben, wie wichtig die Nachricht war, die ihm gerade übergeben worden war, und schaltete daher auf Direktvermittlung: Lando, sich mit Speer und Messer durch ein hohes Dickicht pirschend, sah plötzlich eine träumerische Representanz seines Gesprächsbeantworters vor sich stehen: mit ernstem Blick, und kaum sicher zu identifizierenden Zügen deutete sie drohend in die Richtung, aus der Lando gerade gekommen war. Aber er wollte dort nicht hin. Er fand es toll hier. Und so pirschte er sich ein Stück weiter... an dem Gesprächsbeantworter vorbei.
    Dieser ließ sich jedoch nicht beirren, stapfte an dem im Gras kriechenden Lando vorbei, trat ihm mehr oder minder beabsichtigt auf eine Hand, und deutete mit entschlossen-unerbittlicher Miene in Richtung Rückkehr. So blieb Lando also nichts anderes übrig, als unter Protest den Rückzug anzutreten, und langsam wieder wach zu werden... wo er schlagartig begriff, was seine Frau da gerade gesagt hatte!


    Die Reaktion war prompt: Lando stand plötzlich wie die Götter ihn erschufen aufrecht im Bett, sprang mit einem gellenden Schrei von diesem herunter, und war binnen einer halben Sekunde durch die Luke, die Treppe herunter und über das Gelände in den ersten Stock gehechtet.


    Unten war noch ein lautes, in derbem ubisch (Lando hatte es nicht so mit Dialektrestriktion) gebrülltes:"MARGAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!! MAAAAAAAAAAAAAAAAAARGAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!!!!!!!!!!!! DE PÄNZ KÜTT!!!!! DE PÄNZ KÜTT!!!!! " zu hören, was wohl das halbe Haus aufgeweckt haben dürfte.

  • Marga
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    Die arme alte Marga stand fast sofort im Bett. Nun ja, so schnell ihr Alter eben eine solche Regung zu ließ. Ein Geschrei als würden die Chauken schon wieder das Dorf einnehmen wollen. Marga fiel fast sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Schließlich hatte die alte Frau seelenruhig geschlafen und nichts Schlimmes befürchtet bis dieser laute Schrei sie wirklich sehr unsanft aus dem Bette warf. Tief atmete sie durch als sie endlich zuordnen konnte wer da so laut schrie und um was es geht. Immer diese werdenden Väter. Monatelang kümmern sie sich um nichts und dann meinen sie einen Aufstand machen zu müssen. Noch einmal seufzte sie und verließ dann ihr Zimmer um nun noch bleicher zu werden als vorher. Die alte Dame in ihrem Nachtgewand mit einem Tuch um die Schultern gelegt stand einem gänzlich unbekleideten Loki gegenüber.
    "Tiberius Duccius Lando! Hast du denn bei den Götter Willen jeglichen Verstand verloren? Schau dich nur an. Wie ein Huhn ohne Kopf. Immer diese Männer. Die Frau bringt das Kind zur Welt und die Männer verlieren jedweden Verstand, den sie meinen zu besitzen. Loki. DU gehst sofort dir etwas anziehen. Dann kannst du wegen meiner den ganzen Hof zusammenbrüllen. So lange du dich in diesem Aufzug zeigst, kommst du mir nicht mehr unter die Augen. Hast du das verstanden?"
    Ihre Stimme war kräftig, ruhig aber dennoch deutlich gewesen. Lanthilta und auch die anderen waren durch den Urschrei geweckt worden. Marga bat Lanthilta sich erst einmal um den werdenden Vater zu kümmern und später zu ihr zu kommen. Marga hingegen machte sich gemütlich zur werdenden Mutter auf. Vielen Kindern hatte die alte Frau schon auf die Welt geholfen und sie wusste eines ganz genau. Bei erstgebärenden Müttern dauerte es seine Zeit und da musste man nicht in Panik verfallen.

  • Die Beziehung zwischen Marga und Loki war eine besondere. Und sie basierte auf destilierter Notwendigkeit: wäre Lando nicht irgendwie das Oberhaupt der Sippe geworden, hätte Marga ihn irgendwann einfach vor die Tür gesetzt, und wäre Marga nicht seit gefühlten Jahrtausenden inoffizielle Herrscherin der Casa Duccia, hätte Lando mit ihr wohl dasselbe gemacht. Nun war es aber so, dass Marga tatsächlich die einzige Frau in der Casa war, die genug Erfahrung mit Geburten hatte, um auch in dieser Situation einen ruhigen Kopf zu bewahren.
    Lando hatte diesen ruhigen Kopf auf jeden Fall nicht, denn wenn bei ihnen in der Heimat Geburten anstanden, hatte er sich meist mit den anderen um den werdenden Vater gekümmert, in dem sie gewürfelt und getrunken hatten. Da Lando aber jetzt selbst der Betroffene war, und wie gesagt splitterfasernackt vor Marga stand, war die Reaktion der alten Frau irgendwo nachzuvollziehen. Und wenn Marga schon Landos römischen Namen benutzte (auf der Skala der margaschen Beleidigungen noch schlimmer als 'Loki'), hatte man allen Grund, Lunte zu riechen. Lanthilda sah den werdenden Vater jedenfalls mit einem breiten Schmunzeln an, und reichte ihm mit schüttelndem Kopf eine Tunika, bevor sie hinter Marga herging.


    Sollte Lando hinterhergehen? Er wusste es nicht... er stand erst einmal ziemlich perplex im nächtlichen Atrium, und blickte hoch in den ersten Stock, wo die Treppe zum Turmzimmer war. Dort, wo bald sein Kind geboren werden würde.


    "Ich glaub, ich brauch ein Bier.", murmelte Lando mehr zu sich selbst, als zu jemandem anderes.

  • Vom Gebrüll ebenso unsanft geweckt stand bald Witjon auf der Treppe des Wohnturms. Er hatte nur eine Hose an und rieb sich verschlafen die Augen. Marga kam ihm ruhigen Schrittes entgegen, was so gar nicht zum zuvor gehörten passen wollte. "Moin Marga. Was'n los, wieso'n das Gebrüll?" Der Hausdrache winkte nur gelassen ab und marschierte an dem jungen Mann vorbei die Treppe hinauf in Richtung Dachgeschoss. "Na, frag halt den Chaoten drunten." So ließ sie den ahnungslosen Witjon stehen und verschwand in Elfedas und Landos Zimmer. Ein leiser Verdacht keimte in Witjon auf, der nach Bestätigung schrie. Er hastete die Stufen hinunter und schaute sich nach seinem Vetter um. "Loki? Loki! Mensch, was ist hier los, dass so ein Lärm veranstaltet wird?" Ein großes (und äußerst müdes) Fragezeichen stand in sein Gesicht geschrieben, als er den Herrscher des Chaos in Lanthiltas Beisein vorfand. Irgendwie wirkte der sonst so selbstbewusste Mann in diesem Moment sehr konfus.

  • Albin, mit einem fetten Grinsen im Gesicht, hatte Lando einen Krug Bier gebracht, und stand nun mit diesem wortlos herum. Anscheinend genoss er es, den Familienvorstand wie einen kopflosen Hahn im Atrium herumstromern zu sehen.
    Es dauerte auch einen Moment, bis Lando registrierte, dass Witjon ihm eine Frage gestellt hatte.


    "Ich...", begann er, entschied sich aber mittendrin für einen zünftigen Schluck Bier, "...ich werde anscheinend gerade Vater. Oder nachher. Oder bald. Wie auch immer: de Pänz kütt, Witjon!! Mein Kind kommt!!!"


    Sorgenvoll hielt er inne, und starrte herauf zur Treppe, die in das Zimmer führte, in dem in Bälde sein Spross geboren werden würde. Und Lando betete innerlich, dass Mutter, und vielleicht auch das Kind gesund durchkommen würden.

  • Wie eine Katze, die gerade realisierte, dass jemand die Sahne offen stehen gelassen hatte, schaute Elfleda ihrem Mann hinterher, wie er nackt und schreiend aus dem Zimmer lief. Na also, ging doch! Na gut, ganz so sehr hatte sie nicht vorgehabt, ihn aus dem Takt zu bringen, aber man wollte schließlich nicht meckern, wenn etwas funktionierte. So war er wenigstens wach und machte, was sie von ihm wollte. Auch wenn Elfleda vor ihrem inneren Auge schon eine Teigwalze auf seinen Kopf zusausen sah, weil er so einen Lärm veranstaltete, noch ehe die Sonne aufgegangen war.
    Die Mattiakerin lehnte sich einen Moment im Bett zurück und schloss leicht die Augen. Auch sie war müde, und sie würde jetzt wohl kaum mehr zum schlafen kommen, bis das Kind denn auf der Welt war. Und auch, wenn es wohl noch eine Weile dauerte, gab es bestimmt noch etwas, das zu tun war und was sie vergessen hatte.


    Es dauerte nicht lange, und sie hörte, wie das Haus langsam erwachte. Sie hörte auch Margas Stimme, wie sie Lando zur Ruhe mahnte, und lauschte kurz, ob sie noch mehr Stimmen hören konnte. Wäre schön, wenn die ganze Sippe daran irgendwie teilhaben würde. Noch immer fühlte sich Elfleda etwas am Rand der Familie, und diese Position gefiel ihr ganz und gar nicht. Der Mittelpunkt entsprach da schon eher ihrem Selbstverständnis, auch wenn dieser heute wohl nicht sehr glanzvoll sein würde.
    Elfleda rappelte sich wieder hoch und stand auf, machte eine der Kerzen an und ging ein wenig auf und ab, bis die Tür aufflog und sie Marga erblickte. Sie lächelte der Älteren mit einer gekonnten Mischung aus Freude und Sorge entgegen und ging dann weiter etwas auf und ab.
    “Tut mir leid, dass Lando dich so früh geweckt hat. Ich dachte eigentlich, er zieht sich davor noch an und macht es... weniger chaotisch.“ Sie konnte ja nicht ahnen, dass er wie ein aufgescheuchtes Huhn kopflos runterstürzte. Wobei... eigentlich hätte sie es sich denken können. Ihr Kerl war eben... kerlig.
    “Was meinst du, wie lange es dauert? Meine älteren Cousinen bekamen ihre Kinder immer recht zügig.“ Was in dem Fall weniger als 8 Stunden hieß. Die Frauen ihrer Sippe waren dahingehend doch sehr von den Göttern gesegnet. Und die meisten Kinder überlebten sogar die Geburt, wenn auch nicht alle dann das erste Jahr.
    Elfleda blieb in der Bewegung stehen und krümmte sich leicht, als ihr Bauch wieder kurz sich zusammenziehen zu wollen schien. Sie hielt ihre Arm um die runde Kugel ihres Bauches geschlungen, als könne sie damit dieses Gefühl eindämmen. Es dauerte ein paar Momente, dann war es wieder vorbei und Elfleda holte erstmal Luft. “Geht schon, war noch nicht so schlimm...“ meinte sie in dem Versuch, möglichst tapfer zu wirken und begab sich doch erstmal Richtung Bett.
    Wie gern hätte sie jetzt Smilla hier, oder wenigstens Elke und Emma, ihre Cousinen. Marga kannte sich zwar aus und hatte schon viele Kinder zur Welt gebracht, aber ein vertrauteres Gesicht wäre der werdenden Mutter nicht unrecht gewesen.

  • Zitat

    Lando
    ...Pänz kütt unso...


    Da machte Witjon aber große Augen. "Das ist ja großartig!" Als er jedoch Landos besorgten Gesichtsausdruck wahrnahm, wurde ihm auch bewusst wie gefährlich eine Geburt sein konnte. Der Mann musste abgelenkt werden, und zwar schnell! Daher fragte er ganz blöd mit Blick auf Landos Bier: "He, wo gibt's mehr davon? So eins könnte ich jetzt auch gebrauchen." Natürlich wusste er genau, wo es Bier im Haus gab, weshalb er seinen Vetter auch direkt in die entsprechende Richtung schob und zu reden begann. "Ich hab plötzlich auch ganz schönen Hunger. Komm, wir holen was zum Frühstück!" Ablenkung, jawohl. Nicht nur für Lando, Witjon selbst versuchte sich hier auch abzulenken. Von seiner immer noch nicht schwangeren Frau, von den Sorgen, die er hatte...und natürlich auch von seinem morgendlichen Hunger. Denn den konnte man nur durch essen besiegen! (:D)

  • Margas schiompfende Worte weckten Sontje aus einem sehr schönen Traum, der sich natürlich um Glabrio und sie drehte. Wegen einer Schimpftirade geweckt zu werden und sich dann nicht mal im Traum zu befinden war echt nicht schön! Sie sah Phelan in seinem Bett liegen, seufzte sehnsüchtig auf, darauf hoffend, dass der Traum irgendwann raue Wirklichkeit werden würde.


    Sontje lauschte den Worten, soweit sie vernehmbar waren und schlug die Bettdecke zurück. Jetzt hatte sie begriffen worum es ging. Sie rüttelte an seiner Schulter, zog ihm die Bettdecke weg. "Phelan!! Phelan!! Wach auf.. wir müssen rauf. Das Kind Elfledas kommt... Komm schon... wach endlich auf. Ach.. weisste was.. ich lauf schon mal vor..." Gesagt, getan. schnell die zersausten Haare zurückbinden und sich die Kuscheldecke überwerfen sowie die Bettsocken nicht vergessen. Schliesslich schlief sie immer barfuß! Die Tür zum Zimmer der Zwillinge liess sie hinter sich offen stehen.


    Irgendwo in nächster Nähe hörte sie Witjon und Lando palavern.. natürlich über die Geburt redend. Sontje eilte die Treppe hinauf und blieb eine Weile im Türrahmen stehen, um die Situation zu überblicken. "Elfleda!" Die werdende Mama war gerade auf dem Weg zurück ins Bett. "Komm.. ich helf dir..." sprang Sontje hinzu und schüttelte schnell die platten Kissen auf. Auf dem Bettrand sitzend zog sie sich ihre mitgebrachten Socken über die frierenden Füße und war dann bereit zu helfen.


    "Was kann ich tun? Elfleda? Marga?" Vielleicht der künftigen Mama die Hand halten? Oder die Stirn abtupfen? Leise keuchend, weil sie wieder viel zu schnell gelaufen war, griff sie vorsichtig nach Elfledas Hand und hielt sie sachte fest. "Da.. nimm... wie gehts dir? Fühlst du dich gut?" fragte sie naiv.

  • "Frühstück???", erwiderte Lando verwirrt, der nicht begriff, dass Witjon nicht der gleichen Panik verfiel, wie er es tat. Anstelle dessen führte der jüngere Duccius ihn in die Küche, die um diese Uhrzeit noch ruhig und vollkommen ungestört war. In den zwei kleinen Öfen schwelte die Glut vor sich hin, die Arbeitsflächen waren sauber und in kleineren und größeren Schalen warteten die Vorbereitungen des Vortages darauf zu Mahlzeiten des Diestages verarbeitet zu werden.


    Während Witjon sich fleissig selbst bediente, was wegen Margas Fehlen ohne weiteres möglich war, ließ Lando sich auf einen Hocker sinken, nippte an seinem Bier, und schien sich nicht entscheiden zu können, ob er jetzt euphorisch oder desolatistisch werden sollte.


    "Ich werde gerade Vater, Mann."

  • Es war so schön. Besser hätte es nicht sein können, denn Phelans freier Tag stand an. Nichts auf der Welt konnte es ihm vereiteln, da wusste er allerdings noch nicht, dass sich just in diesem Moment Landos Braten auf den Weg ins freie machte. Noch nichts ahnend schlief er tief und fest und schnarchte wie ein Bär. Gestern hatte er noch ordentlich einen gehoben, also mehr als für gewöhnlich.
    Plötzlich rüttelte irgendetwas an ihm. Es fühlte sich an, als würde er seitwärts eine Treppe herunter fallen, doch nein, nicht die Treppe wollte ihn heimsuchen, Sontje war es! Sie brabbalte was von wegen Elfleda und Kind und noch anderes Wirres zeug. Man hätte sich vielleicht denken können, dass Phelan jetzt aufspringen würde, die Hände seiner Schwester ergriff und zusammen mit ihr auf dem Bett "Ohja wie toll!!" schreiend herumhüpfen würde wie ein kleines Mädchen. Doch das einzige was er dazu zu sagen hatte war:


    "zzZZZzzZZzzzZ *schnarch*"
    Sontje hatte daraufhin einfach das Zimmer verlassen. Ein wenig später schreckte der junge Priester hoch. "Wa?" schoss es aus ihm heraus mit einem Ausdruck von Kater im Gesicht. Er begriff langsam, was da vor sich Ging im Hause der Duccier, so fühlte er sich endlich auch mal bewogen aufzustehen. Nur mit einer Leinenhose bekleidet machte er sich auf in Richtung Küche. Eieiei, dieser Anblick. Witjon tat mal wieder alles, was seiner Figur nur zu Gute kommen würde und Lando saß versunken auf einem Hocker. Ohne große Reden trat Phelan die beiden Männer heran und gähnte aus tiefster Seele.
    "Hooooooaaaaah" natürlich folgte danach das obligatorische 'ichmussmichmalrichten' und zack wanderte seine Hand in die Hose und gemütlich schaukelte er seine Glocken.
    "Was isn lo.. BOAH BIER" schaute er Lando ungefähr mit diesem Blick an ':O' und so schnell er konnte holte er sich ebenfalls einen Krug und füllte ihn mit frischen Konterbier, setzte sich neben seinen Vetter und sprach: "De Pänz kütt?" kräftig langte er ihm auf die Schulter (wohlgemerkt mit der Glockenhand), einerseits sollte es heißen: Haste gut jemacht, auf der anderen seite sollte es heißen: et wird schon en Bub werden.


    Gut das Marga nicht hier war, würde sie die drei Burschen hier sehen, bräuchte sie vor lauter Wut mindestens fünf neue Küchengeräte, nachdem sie an den Köpfen der gloreichen Drei in die Brüche gegangen wären.

  • Kaum das Elfleda saß, kam Sontje hereingeschneit. Sie wirkte so aufgeregt und aufgedreht, dass Elfleda das Gefühl nicht loswurde, das wäre ihre erste Geburt. Aber andererseits konnte sie sich das beim besten Willen nicht vorstellen. Sie hatte zwar nie danach gefragt, einfach weil ihr sowas zu abwegig erschien, aber die kleine Rothaarige wirkte so besorgt und aufgedreht, dass es die Mattiakerin ein wenig kirre machte.
    Sie selbst war schon bei zig Geburten dabei gewesen, ganz zu schweigen von den vielen Geburten beim Vieh. Da sie ja wie die meisten Frauen etwas von der Heilkunst gelernt hatte – sie sogar noch mehr als viele andere, einfach, weil sie die Kräuter fasziniert hatten – war das eben ganz normal, dass man auch mal nachschaute, wenn eine Kuh kalbte oder ein Pferd fohlte. Und wenn jemand aus der Sippe ein Kind bekam, waren natürlich die engsten Verwandten dabei anwesend, und Elfledas engste Verwandschaft war auch schon groß genug, um jedes Jahr mindestens drei Geburten mitzubekommen. So konnte sie sich also nicht einmal vorstellen, das hier könnte wirklich Sontjes erste Geburt sein.


    “Ja, alles bestens. Das dauert noch, bis es wirklich schmerzhaft wird.“
    Eigentlich wollte Elfleda ja ein wenig Mitleid erheischen und betütelt werden, aber... aber... nicht von Sontje. Nicht, dass sie was gegen die junge Frau hatte, aber das war einfach nicht dasselbe, als würde sie von Marga oder Callista – wo war die überhaupt? - ein paar liebe Worte zur Beruhigung hören. Callista war zwar lieb, aber eben auf ihre dignitas, wie sie es nannte, bedacht. Und Marga war ziemlich bärbeißig. Da hätte ein sanftes Wort viel mehr Gewicht.
    Aber bei Sontje? Sie war immer so und betütelte alles und jeden. Da war das ja nichts besonderes. Bestes Beispiel waren die Zwillingsfohlen vom Frühjahr. Elfleda hätte da das zweite kurzerhand mit einer Klinge erlöst und so das Überleben des ersten gesichert. Ein Fohlen durchzubringen bei Zwillingsfohlen war schon schwer genug, weil die immer kleiner und schwächer waren. Aber eine Stute dann auch noch mit zweien zu lassen, wo nicht sicher war, dass sie genug Milch hatte, und am Ende alle drei verlieren? Nein, da hätte bei der Mattiakerin die kalte Logik gesiegt, und sie hätte nicht einmal darüber nachgedacht. Aber weil Sontje dann wahrscheinlich sich wieder so echauffiert hätte, dass sie vor Kurzatmigkeit keine Luft bekommen hätte, hatte sie davon abgesehen, das so zu verlangen und es stillschweigend hingenommen.
    Und außerdem machte sie Elfleda grade ein wenig nervös mit ihrer Sorge. Das war nur eine kleine Vorwehe, und ja, sie war etwas wehleidig gewesen, und ja, sie hatte Angst vor der Geburt. Immerhin starb jede vierte Frau dabei. Aber so schlimm sah sie doch sicher nicht aus? Oder doch?
    Hilfesuchend blickte Elfleda zu Marga und hoffte, die brachte etwas Routine in das Ganze hier. Immer gab es in jedem Dorf eine Frau, die bei sowas kurzerhand die Leitung übernahm und alle anderen ordnete, und da traute Elfleda der erfahrenen Marga einfach am meisten zu.

  • Rodrik war fett am Schnarchen. Und am Träumen. In seiner wirren Gedankenwelt - die in der Nacht nicht viel anders war als am Tag - war er gerade in einem römischen Militärzelt und schlief dort. Ja, er träumte tatsächlich davon, dass er schlief. Das war aber einfach zu erklären: Rodrik war am Abend zuvor hammermäßig müde gewesen und hatte sich gleich nach dem Abendbrot ins Bett verdrückt. Er wollte sich nicht einmal ein Schluck Met noch gönnen oder die jungen Pferde begutachten oder sonst etwas. Nichts. Nur pennen wollte er. Also schmiss er sich auf seine Lagerstätte und träumte nach dem Einschlafen davon, dass er schlief. Und während er so schlief und träumte, dass er schlief, träumte er noch davon, dass er während des träumenden Schlafens vor dem römischen Militärzelt ein Mordsradau hörte. Und er träumte, dass einer seiner Kollegen im Zelt ihn fragte, was los sei und Rodrik murmelte etwas davon, dass es immer so ist, wenn eine Frau ein Kind warf... äh gebar. Da brüllten die Männer ja auch immer herum. Und als er im Traum das erklärt hatte, warf Rodrik sich auf die andere Seite und schnarchte weiter - diesmal nicht im Traum. Aber irgend etwas stimmte da nicht, das merkte sogar er. Zuerst war es so ein "Na Moment..."-Gefühl, so etwas unbestimmtes, nicht wirklich zuordenbares. Dann kam so ein "H??", wo er sich noch halb im Traum fragte, was wohl los sei, denn irgendetwas war ja los. Und dann schreckte er auf. Für einen kurzen Moment hellwach (also wirklich hellwach und nicht nur im Traum) war ihm absolut klar, was gerade hier geschah. Doch dieser hellwache Zustand hielt nicht lange an, denn schon im nächsten Moment sank er in sein Lager zurück. "Oh Mann... müssen die Blagen immer so früh kommen?" murmelte er, das mittlerweile laute Gewusel im Haus versuchend zu ignorieren. Selbstverständlich half es nichts, und da er schon mal wach war...


    Nach einigen Streckübungen im Lager und mehreren Gähnattacken hatte sich Rodrik aus seinem Bett schälen können. Laut hörbar zog er seinen Schnodder ein und warf sich seine Tunika über. Dann schlurfte er aus seinem Zimmer und wandte sich automatisch in jene Richtung, in der der wichtigste Raum des Hauses lag: die Küche. "Moin..." gähnte er mehr als er sagte. Es saßen schon einige andere Herren des Hauses und... Mann, Phelan soff ein Bier? Rodrik schüttelte sich. "Bäh... um diese Zeit schon ein Bier?" Er schüttelte sich wieder. Dann schaute er sich um. "Wo sindse denn alle?"

  • Als Phelan eintrudelte, und sich sofort ein Bier organisierte, entsann sich Lando, wie die Geburten in ihrem alten Dorf immer abliefen: die Frauen versteckten sich drinnen, und organisierten die letztendliche Geburt, während die Kerle draußen hockten, tranken, diskutierten, und noch mehr tranken.
    Allerdings war es hier frühester Morgen, die Sonne war noch weit entfernt davon, aufzugehen. Das einzige, was in der Küche Licht spendete, waren die Öllampen, und die Morgendämmerung. Nicht unbedingt heimelig, wenn man verstand was Lando meinte.


    "Moyn..", murmelte Lando, und nickte, als Phelan fragte, ob das Kind nun kam. Auch Rodrik gesellte sich dazu, und Albin beschäftigte sich mittlerweile damit, das Feuer in den zwei Öfen anzufachen.


    "Ja, um diese Zeit schon Bier.", meinte er dann mit kritischem Blick auf seinen halbleeren Becher, und schenkte sich noch einmal nach. Irgendwie kam es ihm etwas blöd vor, hier zu warten und zu trinken, während zwei Stockwerke weiter oben sein Kind geboren wurde. Was wahrscheinlich sogar noch eine ganze Zeit lang dauern würde...


    "Meint ihr, ich soll mal hoch, schauen was sich tut?", fragte er die anderen, bekam aber nur gezuckte Schultern zur Antwort.


    Er stellte die Frage noch dreimal, bis er sich schließlich entschloss, wieder nach oben zu stapfen. Dabei ließ er sich allerdings Zeit. Viel Zeit. Als er oben angekommen durch die zurückgeklappte Luke schaute, saß seine Frau auf dem Bett, Marga und Sontje neben ihr. Mit einem Blick, als könnte er kein Wässerchen trüben sah Lando zu seiner Frau: "Hallo, Schatz, geht's dir gut?"

  • Zwar schaute Elfleda zu Marga, aber die schien sie entweder nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen. Jedenfalls unternahm sie nichts, um Sontje irgendwie abzulenken oder sonst etwas zu machen, was die werdende Mutter irgendwie beruhigte. Offensichtlich war hier keine Hilfe zu erwarten.
    Elfleda machte also erstmal, was sie meinte, das ihr gut tun könnte, und das war, weiter aufs Bett zu rutschen und sich eine bequeme Position zu suchen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange das hier noch dauern würde. Sie hoffte nur, es war schnell vorüber, denn sie hatte keine Ahnung, ob sie sich stundenlang genug beherrschen konnte, nicht zu jammern. Und das wollte sie auf gar keinen Fall, nicht nach all der Mühe, die sie sich im letzten dreiviertel Jahr gegeben hatte, das Bild, das die anderen von ihr hatten, zu kultivieren.
    Sie wollte sich gerade etwas auf die Seite legen, um das Gewicht des Bauches von ihrem Rücken zu nehmen, als plötzlich die Tür einfach aufging und ein wohlbekannter Kopf hereinschaute.
    “Ob es mir gut geht?“ echote sie ein wenig ungläubig. “Gut? Na, was denkst du denn? Natürlich geht es mir gut! Ich könnte Bäume ausreißen, so gut geht es mir! Abgesehen davon, dass dein Kind gerade dabei ist, meinen Körper zu zerreißen, geht es mir geradezu fantastisch!“
    Was dachte er denn? Elfleda schaute mit unterdrückter Wut zu ihrem Göttergatten rüber. Was machte der nur hier? Der hatte hier nichts verloren! Sie wollte nicht, dass er jetzt hier war. Am Ende wollte er noch zuschauen! Oder sowas verrücktes machen, wie Nabelschnur durchschneiden und das Baby direkt nach der Geburt halten oder solche Verrücktheiten.
    Sie legte sich grummelnd zurück. “Gut...“ knurrte sie noch vor sich hin, nur um sich im nächsten Moment schmerzhaft zusammenzukrümmen und in das nächstbeste Kissen zu krallen, während ein hohes Fiepen scheinbar aus ihrer Kehle zu kommen schien. Aufregung war definitiv nicht gut, wenn man gerade Wehen hatte.

  • Sie zog ihre verschmähte Hand zurück und blieb mit fragender Miene auf der Bettkante hocken. "Achso.." murmelte Sontje und schämnte sich für ihr aufgedrehtes Hereinstürmen. Zu guter Letzt erschien Lando im Türrahmen. Sontje drehte sich zu ihm um und wusste nicht was sie machen sollte. Besser sie liess die werdenden Eltern alleine und wartete draußen im Flur auf Anweisungen margas, was sie holen oder bringen konnte. Sontje folgte ihren Gedanken, verliess das Zimmer der Gebärenden und hockte sich auf einen Schemel in der Nähe des Zimmers.

  • Oh oh... irgendwas in Lando BRÜLLTE Alarm. Er hatte diese Phase aus den Erzählungen anderer Männer gehört: der unvergleichliche Zorn der von Wehen gefolterten Frau auf ihren Mann, der ihr dieses Martyrium ihrer Meinung nach eingebracht hat. Dieser Zustand trat bei den meisten Frauen auf, die durch diese Geburt auch in ihrer eigenen Existenz bedroht wurden, und das durch die Fortpflanzungswut der Männer. Wüste Beschimpfungen, Drohungen, Verwünschungen und noch schlimmeres waren die Folge, und das war Grund genug, den Rückzug anzutreten.


    Zu feige war Lando dann auch, um ihr noch "viel Glück" zu wünschen, und verzog sich mit eingezogenem Kopf wieder die beiden Treppen herunter ins Atrium, wo er begann Bahnen in den steinernen Grund zu laufen, während er darauf wartete, dass sich da oben etwas tat.

  • Es dauerte noch bis weit nach Sonnenaufgang, bis die Wehen schließlich so häufig und schmerzlich kamen, dass Elfleda sich nicht mehr beherrschen konnte. Sie weinte ganz offen und griff immer wieder nach Margas Hand, einfach, um sich irgendwo festzuhalten. Die alte Germanin redete die ganze Zeit mit der Mutter, gab ihr mit klaren, ruhigen Anweisungen zu verstehen, was sie tun sollte, massierte ihr mit kräftigen Bewegungen das Kreuz, um so den Schmerz zu nehmen.
    Die Fruchtblase platzte und ergoss sich über Bettlaken und Fußboden. Da eine Geburt immer eine blutige Angelegenheit war, wurden erst einmal nur Tücher ausgelegt und Stroh, das die Nässe aufsaugen sollte. Putzen würde man, wenn es vorbei war. Aus der Küche wurde das berühmte heiße Wasser geholt, das bei Männern in Jahrhunderten wildeste Spekulationen auslösen würde, dessen Zweck aber den meisten Viehbauern ebenfalls bekannt war. Während die Wehen immer heftiger wurden, gossen die Frauen des Hauses vorsichtig immer wieder heißes Wasser über Elfledas gepeinigten Unterleib, um die Muskeln zu entspannen und so einen Teil des Schmerzes zu nehmen, sowie den Geburtskanal etwas flexibler zu machen, damit nichts riss.
    Aus der seitlichen Lage wurde eine Rückenlage, und Callista musste sich in Elfledas Rücken setzen, um sie zu stützen. Inzwischen war sie so verschwitzt, dass ihr die roten Haare in Strähnen an der Haut klebten und sie sich keine Gedanken mehr darum machte, wie sie auf die hier anwesenden Frauen wirken mochte. Sie schrie den ganzen Schmerz mit jeder Wehe heraus und es war ihr egal, ob die Männer unten etwas davon hören mochten.


    Schließlich war es so weit und das Kind hatte sich genug gesenkt. Marga fühlte noch einmal nach, ob der Muttermund sich weit genug geöffnet hatte, und meinte, es sei gut, sie könne mit dem Pressen beginnen.
    “Ich weiß nicht, ob ich das noch kann“, japste Elfleda hilflos, aber Marga duldete keinen Widerspruch. Mit sanftem Druck auf Elfledas Bauchdecke unterstützte sie die Gebährende, während Callista den Rücken stützte, Eila ihre Hand hielt und Sontje bereit stand, sollte Marga etwas benötigen. Mit drei Austreibungswehen, die sich anfühlten, als wollten sie sie wirklich zerreißen, war es geschafft. Entkräftet sank Elfleda zurück und ergab sich einen kurzen Moment der samtenen Schwärze, die sie zu umfangen schien. Ihr ganzer Körper war Schmerz und Agonie, und so wirklich bekam sie das leicht lila eingefärbte, klebrige Bündel, dem grotesk die Nabelschnur vom Bauch zu stehen schien, gar nicht mit. Erst, als ein kleiner Schrei, mehr ein lautes Quengeln, dem das Lungenvolumen für einen richtigen Schrei fehlte, die gespenstische Stille durchschnitt, schlug sie die Augen richtig auf und wollte es sehen.
    “Ist es gesund?“ fragte sie atemlos und schaute erschöpft zu Eila, die das Kind gerade einwickelte.
    Marga nickte, auch sie war etwas erschöpft. Wenn auch nichts im Vergleich zu Elfleda, die eigentlich nur der Wille, wissen zu wollen, dass es dem Kind gut ging, wach hielt. “Ja, ist es. Komm, die Nachgeburt muss noch vollständig raus, du musst noch einmal mitmachen, Elfleda.“


    Elfleda sah zu dem quengelnden Wurm, den Eila hielt, und strengte sich noch einmal kurz an, um auch dieses letzte bisschen zu schaffen. Erst danach bekam sie ihr Kind auf den geschundenen Körper gelegt. Und kaum, dass sie das kleine Lebewesen so an sich hielt und es ihren Herzschlag hören konnte, wurde auch das Kind etwas ruhiger, hörte auf zu quengeln und zu weinen und ergab sich einfach der Erschöpfung der Geburt.
    “Es ist ein Mädchen“ meinte Marga noch zu der Mutter, die ihre Augen nicht von dem kleinen Leben lassen konnte. “Ein Mädchen...“ wiederholte Elfleda zwischen Erschöpfung und Entzückung, als wäre das Wort allein schon ein Wunder. Während ihr Körper von Endorphinen überschwemmt wurde, schwand für den Augenblick der Schmerz, und sie weinte einfach, unfähig, sich irgendwie zu beherrschen. Sie war einfach nur mit ihren Kräften völlig am Ende und glücklich.
    Die erste Milch, die in Elfledas Brüste geschossen war, wurde dem kleinen Leben fast aufgezwungen, aber sie blieb drin. Als schließlich dieser wichtige Lebensbeweis und Lebenswille demonstriert war, durfte die erschöpfte Mattiakerin endlich zurücksinken. Neue Laken wurden aufgezogen und sie durfte erst einmal liegen und schlafen. Sie war ja so müde.

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