Allabendliches Essen im Kreise der Familie

  • "Schmackhafter als du ist er auf jeden Fall", ätzte Audaod beleidigt zurück, als Eldrid sich so über ihn lustig machte. Er hatte immerhin noch Träume.


    "Und Alrik ist überhaupt noch gar nicht Senator", sagte er dann weiter. "Der muss erstmal zum Senator erhoben werden, das hat nämlich dieser Vescularius nicht gemacht. Und warum sollte ich nicht Senator werden, wenn Alrik es schon ist? Vater ist ja auch Duumvir von Mogontiacum geworden, obwohl das schon andere Duccii gewesen sind!" Trotz. Das war jene Emotion, die Audaod in diesem Moment beherrschte. Mit grimmigem Stirnrunzeln fixierte er Eldrid, deren blödes Grinsen ihn arg nervte.

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.png Eldrid grinste nur wissend, sagte aber nichts mehr zum Thema Schmackhaftigkeit. Was aber auch nichts ausmachte, weil Audaod generell gerade angefressen zu sein schien von ihrer Reaktion. Und er ließ sich so viel besser frotzeln wenn es um etwas ging, das auch etwas bedeutete... wie beispielsweise, von er träumte. Eldrid war eigentlich nicht gemein, und sie überschritt nie gewisse Grenzen – aber es ließ sich eben auch nicht leugnen, dass sie zwei Brüder hatte. Und noch eine rotzfreche Schwester. Auf den Mund gefallen war sie sicher nicht, auch wenn sie unter ihren Geschwistern noch die Vernünftigste war – oder es zumindest lange Zeit gewesen war, bis Hadamar in der Legion etwas Vernunft eingeprügelt worden war.


    „Aber es ist nur noch ne Frage der Zeit, bis er Senator wird. Und du, Kleiner, hast gerade so geklungen als wärst du dann der erste Wolfrikssohn, der jemals einen Fuß nach Rom setzt...“ Ein weiterer Löffel Eintopf wanderte in ihren Mund. „Dabei hast du noch nicht mal dein Sax bekommen.“

  • "Ach, was weißt du schon davon?", gab Audaod patzig zurück. Kurz wirkte er, als wolle er gar nichts mehr dazu sagen. Dann jedoch nahm er Brust-raus-Bauch-rein-Haltung an und erklärte: "Ich, Kleine, werde jedenfalls der erste Wolfrikssohn sein, der Consul wird. HA! Ich überhole Alrik einfach im Cursus Honorum." So klang jugendliche Selbstsicherheit. Oder Selbstüberschätzung.


    "Und mein Sax bekomme ich schon noch, du wirst schon sehen. Lang dauert's nicht mehr, ich bin ja schon fünfzehn Sommer alt. Bald bin ich ein Mann und dann kannst du was erleben!" Was genau er damit nun sagen wollte, wusste Audaod selbst nicht so genau, aber es klang jedenfalls nach einer Herausforderung. Challenge accepted?

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.png Eldrid zog nur eine Augenbraue hoch, als Audaod meinte, sie blöd anmachen zu müssen. Dass er sie Kleine nannte, wo sie doch ein paar Jährchen älter war als er, fand sie schon etwas dreist... aber über so was stand sie ganz eindeutig drüber. Anstand also beleidigt zu sein, grinste sie nur umso genüsslicher und nahm sich den Rest dessen vor, was ihr Vetter so von sich gegeben hatte. „Consul also, ja? Warum so bescheiden? Nimm dir doch gleich vor Kaiser zu werden, ich mein, wenn du dir schon große Ziele setzt, warum dann nicht gleich nach dem höchsten greifen?“ Sie stützte einen Ellbogen auf den Tisch legte ihr Kinn in die Handfläche – und grinste noch breiter, als Audaod nun einen mehr als doppeldeutigen Kommentar vom Stapel ließ. „Was genau soll ich erleben, wenn du erst mal ein Mann bist?“ Das wollte sie jetzt sehen, wie ihr Vetter sich da raus wand.

  • Albin selbst hatte das Gerede der jungen Leute nur mit halben Ohr verfolgt, saß er doch am anderen Ende des Tischs und drückte gerade ob der Kälte hartgewordenen Schmalz auf ein Brot, dass er mit germanischer Beharrlichkeit auf der Stulle verteilte. Das Geschnatter der Jungen zu ignorieren hatte er sich schon vor langer Zeit angewöhnt, doch als der Ton schärfer wurde horchte er auf... und bekam gerade noch mit, wie Audaod und Eldrid Narreteien austauschten, die sich wohl nur hormonüberflutete Kindsköppe an ebensolche werfen konnten.
    Schon wollte er einfach nur den Kopf schütteln und sich die Stulle zwischen die Kiefer schieben, als Eldrid noch einen oben drauf setzte und sogar für einen alten Mann wie Albin offensichtlich den jungen Audaod mit Zweideutigkeiten provozierte, hielt die Hand kurz vor dem Mund inne und Albins Blick wanderte misstrauisch zwischen Streithenne und -hahn hin und her...

  • "Bei Tyr, soll ich etwa der nächste Usurpator sein?", gab Audaod kurzzeitig erschrocken ob dieser Idee zurück. Aber ihm war ja klar, dass Eldrid ihn damit nur verspotten wollte, weshalb er daraufhin nur ärgerlicher wurde. "Du wärst jedenfalls die erste auf meiner Proskriptionsliste", grinste er hämisch und hätte in einem Anflug von Albernheit beinahe die Zunge rausgestreckt.


    Auf ihre Rückfrage hin wollte Audaod schon ganz clever kontern, als ihm Albins Starren auffiel. Der Alte war in seiner Bewegung erstarrt und erwartete offensichtlich genauso gespannt wie Eldrid seine Antwort. Was zum...? Audaod rief sich seine Worte in Erinnerung und schlagartig wurde ihm - erst jetzt! - die Doppeldeutigkeit seiner Worte bewusst.


    "Äh...", stammelte er deshalb erstmal im Versuch, die Situation irgendwie zu retten, ohn sich völlig lächerlich zu machen. "Das..." ...war doch gar nicht so gemeint! "Ich mein doch nur, dass..." Was, Audaod? Was meinst du? "...ich als Mann in Rom was werden kann, verdammte Axt!" Grandios. Dass er dieses Wortgefecht durch eigene Leistung verloren hatte, musste Audaod sich in diesem Moment wohl bereits eingestehen. Sein Ärger hatte sich urplötzlich in Scham verwandelt und seine Wangen schienen auf einmal zu glühen wie die Feuer in Witjons Werkzeugschmiede.

  • Witjon hatte sich noch einige Zeit mit Leif über den Fortgang des Krieges unterhalten. Als sein Sohn und Eldrid jedoch immer energischer diskutierten, lenkte ihn das schließlich doch so sehr ab, dass er und Leif sich gänzlich den beiden zuwandten. Das Wortgefecht entwickelte sich allerdings nicht unbedingt zu Audaods Vorteil, worüber Witjon grinsen musste. Das versuchte er möglichst hinter seinem Bierbecher zu verstecken, aber die beiden jungen Leute waren sowieso viel zu sehr mit sich beschäftigt, um die Reaktionen der anderen am Tisch zu registrieren.
    Bis Audaod letztlich Albins Miene bemerkte und ins Stammeln geriet. Witjon sagte lieber nichts. Sein Sohn musste sich gerade eine Niederlage gegen ein Weib einstehen. Besser er gewöhnte sich dran, dass duccische Frauen scharfe Zähne und gewetzte Krallen besaßen...
    "Noch viel zu lernen er hat, der junge Wolfrikssohn", raunte er Albin zu. Und versteckte sein Grinsen dann schnell wieder hinter dem Becher.

  • "Ahjo.", brummte Albin kopfschüttelnd, als der junge Audaod sich heillos verzettelte und den Rückzug antrat bevor die Schlacht überhaupt ernsthaft losgebrochen war, "Wenn de Jung et net emo hinkrich, sine Rut oppn Desch zu leje wenn sine Bas lui neckt, sei ik schwatt fö lui. Wi sull datt blot wern, wenn lui ma vehirotet is? To use tiet wör datt niet so jeloofn.. Audaod, pakk di ma anne Klötn! Do hess do witte, or? Zeich de Wieb mo, watt in ju steckt.. suns ens noch as Rich vonne Pantoffels!", zog der alte Mann in breitem Dialekt der Amisia vom Leder und wies den jungen Mann zurecht. Natürlich wusste er selbst, dass die Wolfrikstöchter ein spezieller Fall waren... aber das hier gerade war ja geradezu handzahm! Das durfte man auf keinen Fall dulden!

  • Bislang hatte sich Dagwin im kleinen Kreis des allabendlichen Abendessens zurückgehalten, stillschweigend gegessen und nur den Worten Witjons, Audaods, Eldrids und Albinds gelauscht.
    Die Nachricht über Alriks, Hadamars und Sönkes Wohlergehen und dem Sieg bei Vicetia ließ die Familie aufatmen. Eine wichtige Schlacht im Kampf gegen den Usurpator war geschlagen worden. Jetzt marschierten die Rebellen gen Rom, um den falschen Kaiser zu stürzen und den rechtmäßigen Kaiser an dessen Stelle einzusetzen. Dagwin war sich ziemlich sicher, dass dabei eigentlich nichts mehr schief gehen konnte. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass seine germanisch-stämmige Familie im römischen Reich über die Jahre Fuß gefasst hatte und ihre Loyalität zum Kaiser erwies, in dem sie an der Seite der Rebellen gegen den Usurpator zog.. egal ob im Heer oder in der Heerfühung.. die Duccier waren mitten drin.
    Während er noch in den Gedanken daran verharrte, hatte Audaod, der neben ihm saß, die Aufmerksamkeit der Runde auf sich gezogen.
    Ein witziges Bild muss das gewesen sein: Zwei Burschen selben Blutes und doch so verschieden. Audaod schien große und von höchster Selbstsicherheit getränkte Pläne zu haben, die er anscheinend gerne offen bekundete. Sowohl Witjon als auch Eldrid und Albin hatten ihm und seinen Plänen ganz schön auf den Zahn gefühlt, sodass ihm seine vorlaute Klappe schon bald unangenehm schien.
    Nachdem Witjon und Albin das Thema dem Ende entgegen gelenkt hatten, setzte sich Dagwin auf und schon seinen leeren Teller in Richtung Tischmitte.



    Seine Augen wandte er fast ausschließlich auf Witjon. "Ich möchte wie du und Alrik in die Politik." stellte er als seine ersten Worte des Abends in die Runde. Eigentlich gab es auch nicht mehr zu sagen, er erhoffte sich nun, dass Witjon ihm eine Richtung vorgeben könnte, einen ersten Schritt, wie er am besten seinen langen Weg zu den politischen Ämtern antreten könnte. Wohin dieser Weg letztendlich führen würde, wussten weder er noch die Götter, ganz im Gegensatz seinem Vetter Audaod, der sich seiner Sache schon ziemlich sicher zu sein schien.


    Den noch vor einigen Jahren so energievollen und freudigen Jungen gab es nicht mehr. Er hatte sowohl die elementare Schulausbildung als sich auch weiterführend in Grammatik und sonstigem geschult und während dieser Zeit gelernt, dass das reale Leben knallhart war. Von seinen Schulkameraden gemobbt und ausgegrenzt hatte er die Jahre in der Schule abgesessen und sich nur auf sich und seine Zukunft konzentriert. Er hatte gelernt die Ellenbogen auszufahren und für sich selber zu sorgen - denn Hilfe gab es nicht. Aus dem Jungen von damals war ein junger Mann geworden, der mit seinem 15. Lebensjahr schon fast in sich gekehrt wirkte, da die kindliche Flamme seiner Neugierde erloschen war. Er hatte nur eins vor Augen: Sich nicht vom Weg abdrängen zu lassen und seinen Verwandten nachzueifern, allen voran Witjon und Alrik.

  • Witjon grinste breit und noch viel breiter. Albin wusste offensichtlich genau, wie sich ein junger männlicher Nachkomme des ehrwürdigen Wolfrik - und auch ein alter männlicher Nachkomme des selben - zu verhalten hatte. Gerade gegenüber den häufig schwierigen weiblichen Nachkommen des ehrwürdigen Wolfrik. Pantoffelrich, darüber hätte Witjon beinahe laut gelacht, wenn Dagwin nicht mit einer komplett anderen Schose um die Ecke gerollt kam.


    "In die Politik, sagst du?" Witjon horchte auf. Dass da auf einmal derartiges aus dem Munde des neuerdings eher ruhigen Dagwin kam, überraschte ihn. Es war eine positive Überraschung, denn Witjon schätzte es, wenn seine Verwandten klare Ziele vor Augen hatten. Anders als beispielsweise sein Sohn, der zwar große Träume, aber sich eben leider keine klaren - oder scheinbar realisierbaren - Ziele gesetzt hatte.


    "Und was genau schwebt dir da wohl vor, in der Politik? Soll es eher sowas sein wie bei mir, oder eher wie bei Alrik?"

  • Irgendwie kam es Dagwin so vor, als hätte er mit seinen Worten die heitere Stimmung beeinträchtigt. Witjon schien überrascht, was den jungen Germanen auf der einen Seite freute aber zugleich auf der anderen Seite auch überraschte. Hatte man ihm so etwas nicht zu getraut? Verwunderlich war es eigentlich nicht.. lebten weder sein Vater, der bedauerlicher Weise schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilte, noch sein Onkel, der mit seiner Frau auf ein Landgut gezogen war, mit ihm unter diesem Dach. Er wohnte lediglich mit Verwandten aus der Sippe Wolfriks zusammen, die er eigentlich gar nicht kannte, als er vor ein paar Jahren dieses Haus betrat. Auch Castor, der lange Zeit fast wie ein Vater für ihn gewesen war, war nicht hier. Vielleicht war neben seiner Schulzeit das fehlen einer Bezugsperson auch ein Grund, wieso Dagwins Persönlichkeit sich so verändert hatte.


    "Eher so wie bei dir.." fing er zu erklären. ".. also ich möchte nicht weg von hier." stellte er an diesem Punkt klar. Auch wenn es ihn sehr reizte Rom zu sehen, ein Wunsch, den er sich als kleiner Junge liebend gern als sofort erfüllt ersehnt hätte, wollte er erstmal aus Mogontiacum nicht weg. Er hatte ja über die Jahre hier schon kaum Fuß fassen können und hier waren immerhin weit aus mehr als doppelt so viele Verwandte wie in Rom. Fragend schaute er in Witjons Richtung, er würde den Burschen schon unter die Vittiche nehmen.

  • Witjon nickte. Die Kommunalpolitik sollte es also sein. "In Ordnung. Dann ist dein erstes Ziel die Vicomagistratur. Wenn du als Magister des Vicus Apollinensis kandidieren willst, brauchst du vorher allerdings etwas Erfahrung." Er kratzte sich kurz am Kinn, während er ein paar Überlegungen anstellte.


    "Du musst ein Tirocinium Fori machen. Da fällt mir als erstes Faustus Domitius Massula ein. Der ist ein Kollege von mir in der Freya Mercurioque, hat einen Sitz im Ordo Decurionum und ist Princeps Praetorii bei der Provinzverwaltung. Bei dem würdest du alles Notwendige lernen, um mit einer gewissen Grunderfahrung in die Verwaltung unserer Civitas einzusteigen..."

  • Es war sehr beruhigend zu hören, dass Witjon anscheinend schon einen Plan und somit eine Reihenfolge vor Augen hatte, die Dagwin befolgen sollte. Der Vicus des Bezirks Apollinensis zu sein würde für den jungen Germanen eine große Verantwortung sein, welche ettliche wichtige Aufgaben mit sich bringen würde, bei denen ihm sicher keiner mehr helfen konnte. Er wäre dann auf sich alleine gestellt! Daher kam es ihm auch ganz Recht, als Witjon davon sprach erst einmal etwas Erfahrung zu sammeln.
    Er schlug ein Tirocinium Fori bei Fautus Domitius Massula vor, der sowohl einer seiner Kollegen in der Freya Mercurioque war und einen Sitz im Ordo Decurionum hatte, als auch das Amt des Princeps Praetorii bei der Provinzverwaltung inne hatte. Es vielen also wichtige Begriffe, die Dagwin versuchte nebenbei richtig einzuordnen, während er den Worten seines Verwandten weiter folgte.


    Nach einer kurzen Pause, in denen der junge Germane alles sortierte, nickte er "Einem so wichtigen Mann über die Schulter zu schauen wird für mich von großem Nutzen sein.. denke ich." Er kannte den Mann ja nicht, vielleicht war er ja gar kein so guter Lehrer wie der gute alte Meister Xanthos, bei dem er sowohl seine elementare als auch vertiefende Schulausbildung absolviert hatte.
    Durch seine Schulzeit geprägt war er eigentlich gewöhnt die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, da man sich auf sich selbst immer verlassen konnte, auf andere hingegen nicht. Doch um den Einstieg in seine politische Laufbahn zu finden, musste ihm sein Verwandter einfach unter die Arme greifen.
    "Wann wirst du mich ihm vorstellen?" fragte er ohne drängend zu wirken.

  • Dagmar war mit ihren Kindern Sevilla und Secundus in Mogontiacum eingetroffen und diesen Anlass nutzte man heute, um beim gemeinsamen Abendessen einen guten Wein zum ansonsten einfachen aber reichlichen Mahl zu kredenzen. Witjon führte gerade Dagmar herein. Sevilla und Secundus belagerten gerade Albin, während Marga und Lanthilda Brot, Gemüse, Käse sowie Schinken und Wurst auftischten. Octavena war ebenfalls schon da, die sich langsam an die Umstände in der Casa Duccia gewöhnte, wenn es mit der Sprachbarriere auch noch so seine Schwierigkeiten gab. Zwar sprachen alle Hausbewohner Latein, aber besonders die älteren Kaliber unter ihnen hatten einen starken germanischen Akzent und unterhielten sich untereinander lieber in ihrem Heimatdialekt, was es Witjons frisch anvermählter Ehefrau natürlich nicht leichter machte.


    "Octavena, schau wer wieder in die Casa einzieht", wandte Witjon sich gut gelaunt an die junge Petronia. In ihrer Gegenwart sprach er freilich Latein. "Darf ich vorstellen? Meine...äh...Großbase, Dagmar. Beziehungsweise Duccia Venusia. Dagmar, das ist meine reizende Frau, Petronia Octavena."

  • Natürlich war Dagmar Witjon gefolgt. Da er ihr Zimmer schon verlassen hatte ehe sie zu einer Antwort ansetzen konnte, betrachtete sie das Thema mit Roma für den Moment pausiert. Natürlich beruhigte es sie, dass es der Familie gut ging und sie sich einen Senator in Roma leisten konnten, aber da sie wieder hier war, wollte sie gern ein wenig mehr wissen. Aber gut, für den Augenblick vertrieb sie gern die schweren Gedanken. In all den Jahren hatte sie das Abschalten ihrer alten Gewohnheiten einfach nicht lernen können.


    Als sie den Raum betrat, stürzte sie sofort auf Marga zu und umarmte die alte Frau sehr herzlich. Auch sie war ein guter Geist und hat sie so lange Jahre treu begleitet. Dann begrüßte sie auch Lanthilta. Als Witjon sie dann seiner Frau vorstellte, ging Dagmar auf sie zu und begrüßte sie nach germanischer Art sehr herzlich in dem sie Octavena herzlich umarmte.
    "Es feut mich sehr dich in dieser Familie begrüßen zu können. Dieses Haus kann weibliche Bewohner immer gut gebrauchen."
    Wenn sie daran dachte, dass die weibliche Seite hier nicht selten in der Unterzahl war. Eine weibliche Hand hatte diesem Haus nie schlecht getan.
    "Konntest du dich schon ein wenig einleben?"

  • Octavena hatte nie gedacht, dass ihr Leben in der Casa Duccia ihr genauso gefallen wie sie frustrieren würde. Gefallen deswegen, weil es ihr trotz aller kultureller Unterschiede doch recht leicht gefallen war, sich an die Abläufe hier zu gewöhnen, auch wenn sie sich zu Beginn schwer getan hatte, sich zu den ihr zum Teil bekannten, römischen Namen auch noch die Germanischen zu merken.
    Frustrierend auf der anderen Seite, weil sie immer darauf angewiesen war, dass die Familienmitglieder mit ihr Latein redeten oder alles für sie übersetzten. Nicht, dass das nicht alles schon ging, aber trotzdem ärgerte es Octavena im Stillen, dass sie in der Hinsicht auf die Freundlichkeit anderer angewiesen war.
    Aber dass eine Duccierin mit ihren Kindern aus Roma angekommen war, das war eine der Informationen, die sie bei allen sprachlichen Problemen auch schon vor dem Abendessen mitbekommen hatte. Als Witjon schließlich gefolgt von einer Frau den Raum betrat, sah sich Octavena neugierig nach den beiden um. Eigentlich hatte sie die Nacht zuvor schlecht geschlafen und war schon den ganzen Tag eher müde und mäßig gelaunt gewesen, aber die Neuankömmlinge weckten dann doch ihr Interesse.


    Eigentlich hatte sie mit einer freundlichen, aber doch eher distanzierten Begrüßung gerechnet, auch wenn sie über eine weitere Frau im Haus natürlich nicht traurig war, und so riss sie erst einmal überrascht die Augen auf, als Dagmar sie kurzerhand umarmte.
    "Äh... ja, danke", erwiderte sie etwas überrumpelt, "Freut mich auch, dich kennen zu lernen."
    Doch dann lächelte sie freundlich. Immerhin war sie nicht unsympathisch. "Mehr oder weniger. Vieles ist ungewohnt, aber ich komme zurecht", gab sie gelassen zurück, "Aber wenn ich mich nicht irre, kommst du gerade aus Roma, oder? Ich hoffe, du hattest eine gute Reise?"

  • Venusia merkte, dass sie das neue Familienmitglied etwas überrumpelt hatte und zog sich sofort rücksichtsvoll ein wenig zurück. In letzter Zeit hatte sie zu wenig mit fremden Leuten zu tun gehabt und vergessen, dass nicht jeder gern umarmt wurde oder es einfach gewöhnungsbedürftig war.
    "Du wirst dich sicher bald eingewöhnt haben. Dieses Haus wird schnell das Heim für jeden. Das wird sich während meinr Abwesenheit sicher nicht geändert haben."
    Sie lächelte freundlich. Es war schon immer das Heim für viele Menschen gewesen egal ob Germane oder Römer. Es war immer voller Leben. Das hatte sie so schrecklich vermisst. In Roma und Aegyptus war das alles so anders gewesen.
    "Ja, du hast Recht. Ich komme aus Roma. Ich habe einen kleinen Abstecher über Hispania gemacht. Die Reise war ganz angenehm. Ich habe es mir schlimmer vorgestellt wenn ich ehrlich bin. Dennoch bin ich etwas geschafft. Solch Reisen sind immer schrecklich Kräfte zehrend."


    Dann kamen die Kinder angelaufen und stürmten zum Tisch. Da alles noch so neu für sie war, ließ sie ihnen diese Tobereien im Moment durchgegen. Aber bald schon würde sie solch Benehmen unterbinden wenn sie es nicht von selbst ließen.
    "Ich glaube wir sollten mit dem Essen beginnen. Die Kinder sind sonst verhungert wenn sie noch länger warten müssen."
    Ihr Blick war ganz warm wenn sie von den beiden Rabauken sprach. Sie waren ihr Stolz.
    "Mama, ich habe Hunger. Können wir endlich essen?"
    "Du hast doch immer Hunger und außerdem hat Marga dir schon das größere Stück gegeben. Du Vielfraß."
    "Sevilla, Secundus, benehmt euch doch ein wenig. Was sollen denn unsere Verwandten von uns denken?"
    "Aber Mama. Secundus bekommt immer mehr. Er ist nun mal ein Vielfraß."
    "Wir setzen uns ja schon."
    Dann nahm auch sie Platz und setzte ihre beiden Racker rechts und links neben sich damit sie auch im Griff hatte.

  • "Natürlich hat sich das nicht geändert", warf Witjon gespielt entrüstet in den Wortwechsel zwischen Octavena und Dagmar ein. Sonst hörte er erstmal weiter zu. Unterdessen fiel ihm gleich auf, dass die beiden Frauen auf den ersten Blick schonmal recht gut miteinander auszukommen schienen. Dass dieser Eindruck sich im Laufe der Zeit hoffentlich bewahrheiten würde, bedeutete Witjon viel. Dagmar hatte seit jeher einen hohen Stellenwert in seiner Sippe und es war unerlässlich, dass seine neue Frau und sie gut miteinander konnten. Die andere Möglichkeit bedeutete nur Stunk und Ärger und das konnte Witjon nun wahrlich nicht gebrauchen.


    "Ja, lasst uns anfangen", stimmte er Dagmars Vorschlag, mit dem Essen zu beginnen, letztlich zu. Während sie sich setzten - Octavena hatte schon seit dem Tag nach der Hochzeit den Stammplatz neben ihrem Gatten sicher - schmunzelte Witjon über Dagmar Blagen. Die beiden Kurzen hatten einen beinahe unwiderstehlichen Charme, das musste man ihnen lassen. Kein Wunder, dass ihre Mutter auch nicht umhin konnte, nach dieser langen Reise Milde walten zu lassen.


    Ein hörbares Räuspern beendete das hin und her. "So sehr ihr auch Hunger leidet, zuvor wollen wir den Göttern unseren Dank sagen für diese Mahlzeit, ja? Denn wer die Götter nicht ehrt, der ist ihres Segens nicht wert." Witjon sah die Kinder mit wohlwollender Strenge an, woraufhin er einen Moment der Stille provozierte, indem er selbst kein Wort mehr sagte. Als jener Moment eingetreten war, sprach er ein kurzes Dankgebet: "Wir bitten, ihr Götter, seid unserm Haus steter Gast, tagein, tagaus, und helft, dass wir der Gaben wert, die eure Güte uns beschert."
    Die Worte sprach Witjon auf Ubisch. Er hatte sie schon am ersten Abend für Octavena übersetzt und fuhr seitdem stetig damit fort, auch andere Sprüche oder kurze Sätze im Dialekt seines Stammes in den Alltag einfließen zu lassen, um seiner Frau beim Lernen behilflich zu sein. Witjons nächster Blick gald erneut den Kindern, die voller Spannung dem Beginn des Essens entgegen fiebern mussten. Und so erfüllte er ihnen den Wunsch und erklärte: "Na dann...das Abendessen ist eröffnet. Lasst es euch schmecken!"

  • Die Erwähnung ihrer Heimat weckte auf der Stelle alte Erinnerungen an ihre eigene Reise nach Mogontiacum in Octavena und sie nickte verständnisvoll. So etwas war nicht wirklich ein Zuckerschlecken. Wahrscheinlich erst recht nicht, wenn man auch noch zwei Kinder dabei hatte. "Na ja, ich glaube, man ist immer froh, wenn man einfach an seinem Ziel angekommen ist. Eine Reise ist dann einfach doch immer nicht ohne."


    Octavena musste bei dem Gedanken ein wenig schief lächeln, dass zwei hungrige Kinder genug waren, um die Erwachsenen dazu zu bewegen, ihr Gespräch fürs erste sein zu lassen, um zum Essen überzugehen. Sie ließ sich neben ihrem Mann nieder, der erst einmal für Stille sorgte ehe er ein kurzes Gebet sprach, wobei Octavena zufrieden mit sich selbst feststellte, dass sie sich das gemerkt und auch verstanden hatte.

  • Die Kinder kannten dieses Ritual natürlich und wussten sich währenddessen sogar zu benehmen. Artig saßen sie da und sprachen des Gebet ganz leise mit. Nach diesem kurzen Moment der Ruhe schlugen sie wieder zu. Sie plapperten und erzählten und versuchten das von nicht all zu langen Essenspausen unterbrechen zu lassen.
    "Wir haben ganz hohe Berge gesehen,"berichtete Secundus stolz und zeigte dabei mit seinen Händen wie hoch die Berge waren.
    "Und wir sind ganz lange gefahren bis wir hierher kamen. Mama hat erzählt, dass einige von uns noch von weiter weg herkommen."
    "Mama war sogar in Britannia. Das ist noch vieeel weiter im Norden."
    "Wo kommt ihr denn her?"
    Die Kinder waren sehr wissbegierig und Dagmar machte sich immer die Mühe diesen Wissendurst zu stillen wenn sie das konnte. Alles wusste sie ja auch nicht oder konnte es auch nicht erklären. Auch wenn sie das gern gewollt hätte.
    "Kinder, das könnt ihr doch noch alles im Laufe der Zeit fragen." Sie lächelte die Kinder an und sah dann in die Runde.
    "Aber wenn wir gerade Fragen stellen. Wie geht es Mogontiacum und der Provinz?"
    Nebenher aß sie natürlich. Nicht nur, dass es das beste Essen seit Wochen war, es war das Beste seit Jahren. Noch ein Punkt mehr auf ihrer "Ich weiß, dass ich zu Hause bin wenn"- Liste.
    "Wir müssen Marga erzählen, wie gut ihr Essen schmeckt."
    "Und sie fragen ob sie noch mehr von diesem eingelegten Obst haben. Das schmeckte auch gut."
    Während sie also alle aßen und sich versuchten zu unterhalten, machten die beiden Geister sich das auch noch aus. Von den Erzählungen ihrer Mutter kannten sie die meisten Bewohner dieses Hauses bereits und es fielen ihnen nie schwer mit femden Leuten Kontakt zu knüpfen wenn Ihre Mutter nichts dagegen hatte.

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