Bekritzelte Wand

  • Kleinigkeit – jemanden, der sein Geld so sorglos ausgab, hatte der Bithynier noch nie getroffen. Seine Herrschaften und deren gesellschaftliche Kreise, ja, die waren noch verschwenderischer, weil die ja auch das Geld dazu hatten. Aber die Leute, mit denen er meistens außerhalb des Hauses zutun hatte, die wussten, wie lange sie für die Münzen in ihrer Geldbörse gearbeitet hatten, und mit einem völlig anderen Bewusstsein als dieser Mann hier trennten sie sie dementsprechend von ihnen.
    Sermo dagegen gehörte in ganz andere Schichten, im Vergleich zu oben genannten, und konnte es sich leisten, mal eben so „Ist doch eine Kleinigkeit.“ zu sagen. Doch vielleicht war Sermo ja auch zusätzlich noch ein Angeber?
    Phaeneas nahm nun seinerseits die Bestätigung der von ihm zitierten Worte nur hin. Hm, es schien fast wie ein Umkreisen, wie sie nun jeweils vorsichtig antworteten, immer bemüht, nichts zu konkretes zu sagen.
    „Und was hast du alles studiert?“, fragte Phaeneas rein der Höflichkeit halber, weniger aus Interesse. Spätestens jetzt wurde ihm vollends vor Augen geführt, dass Sermos Vorbildung sich allein schon stark von der der meisten unterschied. Bei all dem war dem Bithynier vollauf klar, dass er selbst schlicht nur Lesen und Schreiben gelernt hatte und seine restliche Bildung war Lebenserfahrung – die anderer und seine eigene.
    Der Beruf entsprach dem Bild, das sich ihm von Sermo zeigte, ebenfalls, ehrenvoll, in der Tat. Aber Phaeneas nickte wieder nur. „Schwer zu erraten, dass ich in einen großen Sklavenhaushalt gehöre, dürfte es nicht sein“, führte er stattdessen über seine eigene „berufliche“ Situation aus. „Als Haussklave geboren, als Haussklave gestorben, wird man eines Tages von mir sagen“, plauderte er weiterhin mit relativ neutraler Stimme. „Denn wie unterschiedlich das, was ich mein Leben lang getan habe, auch sein mag, alles spielt sich in diesem Rahmen ab.“ Mit dem ‚lang‘ implizierte er gleichzeitig unbewusst, dass er seine noch nicht wirklich übermäßig vielen Jahre als relativ langwierig empfand.

  • Ja, war Sermo denn ein Angeber? Die Frage hätte er wohl selbst nicht so recht beantworten können. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber dieser Gedanke wurde unterbrochen von der nächsten Frage. "Meinen Schwerpunkt habe ich auf Themengebiete gelegt, die mir in der Politik von Nutzen sein können. Da wären die Rhetorik, Grammatik und Dialektik, die Lehre von den Staatsformen. Überdies wurde ich an das Finanzwesen herangeführt, habe eine Zeit lang bei einem Kaufmann Unterricht im Händlertun erhalten und habe außerdem das Attische zu sprechen und zu schreiben gelernt. Zudem konnte ich gewisse Einblicke in unser Rechtssystem erlangen, die jedoch noch der Ausweitung bedürfen." Der verdünnte Wein wurde endlich gebracht und Sermo schenkte zwei Becher ein. "Zum Wohl," prostete er Phaeneas zu, trank einen Schluck und stutzte dann, als ihm ein Gedanke kam. "Du, ich erzähle dir hier was von meinen Studien...aber weißt du überhaupt wovon ich spreche? Gewiss, du bist Haussklave. Ich nehme mir einfach mal heraus zu behaupten, dass du eine gewisse Bildung genießen konntest." Die Faust ausgestreckt, zählte er langsam an den Fingern ab und erwartete zu jedem Punkt mit fragender Miene ein Nicken oder ein Kopfschütteln. "Du hast Lesen und Schreiben gelernt...auf Lateinisch. Ja? Du bist offenbar schon gereist, hast also ein gewisses Geographieverständnis? Und selbst wenn du 'nur' Haussklave sein solltest, bist du vermutlich wissender als viele Bürger des Reiches..." Dann kam er auch endlich zum Punkt. "Aber du intervenierst bitte, wenn ich in Redefluss verfalle und du nicht mitkommen solltest, in Ordnung?" Jetzt lehnte er sich wieder zurück und wartete eine Antwort auf seine Worte ab. Irgendwie merkwürdig, sich mit diesem Mann zu unterhalten. Merkwürdig auch, dass Sermo dessen Alter nicht richtig einzuschätzen vermochte. Phaeneas wirkte immer so neutral, so ohne Meinung, ohne Emotion. Irgendwie seltsam wie der Quintilier fand.

  • Bei allen Göttern und Göttinnen. Was Sermo da aufzählte, ließ Phaeneas erst einmal leicht sprachlos zurück. Die meisten Leute einer Gesellschaftsschicht, in die sein Gegenüber sowieso nicht gehörte, waren froh, so lesen und schreiben zu können, dass es für das Notwendige reichte. „Du ... du hast also vor, in die Politik zu gehen?“, fasste er – noch etwas erschlagen - zusammen.


    Sobald Sermo die Becher gefüllt hatte, nahm der Bithynier sich einen davon. „Prosit. – Es möge nützen“, erwiderte er den Spruch seines Gegenübers und nahm ebenfalls einen Schluck, wenn auch einen sehr kleinen. Der meiste Wein war ihm zu wenig stark verdünnt; wenn er später dieses Lokal verließ, würde sein Becher immer noch nicht vollends geleert sein.
    Als Sermo stutzte, fixierten ihn Phaeneas‘ Augen wieder, verfolgten aufmerksam, was da kam. Auf seine Sorge hin lachte der Bithynier kurz. Es wirkte nicht sonderlich fröhlich. „Wovon grob du erzählst, weiß ich natürlich, aber ich bin ehrlich gesagt ganz froh, nicht übermäßig genau zu wissen, was sich im Detail hinter diesen Begriffen verbirgt.“
    Eine gewisse Bildung. Wieder hätte Phaeneas fast gelacht, aber diesmal behielt er seine Amüsiertheit für sich. Mit genau dieser belustigten Haltung erwartete er Sermos Vermutungen zu seiner Bildung. „Ja, auf Lateinisch“, nickte er. Gereist, ja, in Italien auf und ab und einmal war er nach Germania gebracht und von dort wieder zurückkutschiert worden. „Geographieverständnis nicht wirklich“, warf er deshalb ein. Auf den letzten Punkt hin führte er aus: „Was heißt hier ‚nur‘ Haussklave, Haussklave ist nicht gleich Haussklave. Das mag bei Feld- oder Mienen- oder Bergwerkssklaven so sein. Aber vom Latrinenputzer bis hin zum Vertrauten des Herrn arbeiten alle im Haus und sind in Folge dessen Haussklaven. Außerdem“, fügte er noch an, „habe ich es als wesentlich wichtiger erlebt, über das Leben an sich Bescheid zu wissen.“
    Sermos Bitte hatte sich inzwischen schon längst als angebracht erwiesen. „Sicherlich“, bestätigte der Bithynier. „Ich werde mich melden, sollte es dazu kommen.“ In Ordnung. Wie seltsam das klang. Ordentlich. War die Welt in Ordnung? Er wusste es nicht. „Spätestens in der Politik wirst du von so einem Redefluss ganz klar profitieren“, grinste Phaeneas breit. Aber auch das wirkte wieder stark ironisch.

  • Seine Vermutung wurde bestätigt, als der Sklave Sermos Worte gewohnt belustigt kommentierte. Er hörte sich wahrlich an, als wolle er Sermo verspotten, doch insgeheim sprach aus ihm wohl nur die Verbitterung, dass er als Sklave nicht hatte wählen können, ob er sich solchen Studien nicht auch hätte hingeben wollen. Der Quintilier unterbrach sein Gegenüber nicht, sondern hörte ihm zu und wog die Worte ab. Phaeneas' Meinung wurde gestützt nicht von Argumenten des Gelernten. Vielmehr hatte der junge Mann einen Erfahrungsschatz gesammelt, wie er selbst klar machte. "Es verbirgt sich eine gigantische Wissensfülle hinter diesen Begriffen. Allein die Rhetorik verlangt einem Menschen viel Lernaufwand ab. Der Lehrer lässt einen Texte von berühmten Oratoren durchkauen, analysiert sie und erläutert dir dabei gleichzeitig die Redekunst ansich." Durchkauen. Ja, wo blieb eigentlich die Suppe? "Geographieverständnis allerdings birgt keine sonderlich großen Geheimnisse. Solange du nicht Landvermesser werden möchtest oder Kartierer, reicht doch eine ungefähre Ahnung, dass im Norden die germanischen und gallischen Provinzen liegen, im Westen das sonnige Hispania, im Süden das sandige Africa und im Osten beziehungsweise Südosten die Graecii, Asia und Aegyptus. Alles darüber hinaus ist für einen Durchschnittsrömer zu viel, für einen Sklaven womöglich sowieso, der nie in seinem Leben auch nur das Haus seines Herrn verlassen durfte. Aber du sagtest ja bereits, dass die Götter dich schon vor die Tore Roms führten."


    Auf seine Wortwahl bezüglich Haussklaven schien Phaeneas nicht sonderlich glücklich zu sein. Daher schob Sermo hier eine Erklärung ein. "Entschuldige, ich bin in meinem Wissen bezüglich des Sklavendaseins, insbesondere dessen der so genannten Haussklaven nicht sonderlich bewandert. Bin ich doch ein freier Mann, der immer seinen eigenen Willen durchsetzen konnte und niemals anderen - zumindest nicht als unfreier - dienen musste. Und selbst habe ich auch noch keinen eigenen Haussklaven besessen." Ein weiterer Schluck Wein, da kam die Linsensuppe. Den beiden wurden zwei Schalen mit Holzlöffeln hingestellt. Die Suppe dampfte und duftete verführerisch. "Wohl bekomm's," wünschte er und versenkte sein Essgeschirr vorsichtig in der heißen Flüssigkeit. Die Suppe war dick und genau das richtige, um Hunger zu stillen und doch nicht voll zu machen. Zuletzt wollte er die Frage nach seinem weiteren Berufsweg beantworten. "Ja, ich habe die Politik als Ziel vor Augen. Eines Tages dem Senat beisitzen, Rednern contra geben, selbst mitreißende Reden schwingen, etwas bewegen..." Ein möglicherweise leicht sarkastischer Unterton hatte sich in Sermos Stimme eingeschlichen, worüber er selbst schmunzeln musste. Er sah auf und grinste über Phaeneas' Worte. "Ja ja, die Wortfluten eines Senators sind wohl seine stärkste Waffe. Oder seine größte Schwäche, sofern er sie nicht mit dem nötigen Elan und erforderlichem Wissen über die Materie untermauern kann. Ich glaube, dass im Senat so mancher Mann in Purpur herumschleicht, der dort höchstens als Statist von nöten sein könnte."

  • Phaeneas‘ „Gastgeber“ konnte nicht nur reden, er konnte auch lauschen. Eine gute Eigenschaft, wie der Sklave erlebt hatte, nur wer gut zuhörte, konnte auch gut sprechen – und antworten. Aus dieser Erkenntnis heraus hatte er auch zum Nutzen der von Sermo ausführlich dargelegten Rhetorik eine Gegenthese, die wieder aus bloßer praktischer Erfahrung resultierte: „Wir alle wachsen von Sprechern umgeben auf. Und es reicht, durch das Leben zu lernen, welche Methoden von anderen angewandt werden, um etwas zu erreichen.“ Es war bezeichnend, dass Phaeneas anderen die agierende Rolle überließ. „Solange man versteht, durchschaut, was sie sagen, wie sie verschleiern, beschönigen und übergehen, ist man gegen jegliche rhetorischen Kunstgriffe immun. Und dazu muss man nur stets mit wachen Ohren zuhören.“
    Vorsichtig trank er noch einmal von seinem Wein. „ ... und vor die Haustüre meines Herrn ebenfalls, wie du siehst“, bemerkte Phaeneas am Rande. „Na ja, die vornehmeren Kreise Roms fliehen im Sommer vor der Hitze der Hauptstadt und alle politisch Aktiven landen von selbst früher oder später in verschiedenen Provinzen des Reiches. Insoweit sind fast alle Haussklaven weitgereist“, führte der Bithynier aus, eben in der Art, in der man über seinen Alltag erzählte. „Aber die wenigsten sehen natürlich etwas von den Orten, an denen sie sich aufhalten“, bestätigte er Sermo, indem er wieder auf das Haus des Herrn zurückkam.


    Er entschuldigte sich. Sermo entschuldigte sich. Damit würde Phaeneas nie klarkommen, niemals im Leben, dass ihn jemand, der – zumindest rein rechtlich – klar über ihm stand, um Verziehung bat. Niemals würde der Bithynier die dahinter stehende Logik verstehen können. Und er wollte es auch gar nicht.
    Was Phaeneas gänzlich belustigte, er aber natürlich strikt versteckte, war, wie Sermo das „zumindest nicht als Unfreier dienen“ betonte. Es gefiel dem Sklaven, auf unerklärliche Weise, und es zeigte vor allem, dass sein Gegenüber realistisch war – nicht wenige ließen sich von ihrer persönlichen Freiheit zu der dummen Annahme verleiten, tatsächlich ihr eigener Herr zu sein. Und Phaeneas mochte solche Naivität nicht sonderlich.
    Wenn der Bithynier bei dem, was der ihm gegenübersitzende Mann dann jedoch sagte, schon seine Suppe gehabt hätte, hätte er sich gehörig verschluckt. „Du willst in den Senat und hast noch keinen einzigen Sklaven besessen?! Herrje!“ Phaeneas lehnte sich zurück, auf seinem Gesicht ein absolut unverständiges Lächeln, in etwa so als hätte man ihm eröffnet, die Sonne sei nur eine optische Täuschung, und er müsste diese Erkenntnis erst noch verarbeiten.
    Als dann das bestellte Essen kam, schüttelte der Bithynier noch ein letztes Mal über die seltsame Welt den Lockenkopf und widmete sich der heißen Suppe. „Guten Appetit“, erwiderte er – ein ‚Lass es dir schmecken.‘ wäre zu persönlich gewesen. Der Sarkasmus, der in Sermos Worten mitschwang, ließ seine Äußerungen über die Politik noch intensiver in Phaeneas‘ Ohren hallen. „Was bewegen?“, schob er also nur, wie beiläufig, ein.
    „Wer weiß, vielleicht sehen sich diese Leute auch als Statisten?“, fügte er - noch ein wenig, sehr seicht scherzhaft – an. „Nein“ – Scherz beiseite – , „dadurch, dass viele den Purpurstreifen schon vom Vater vererbt bekommen und sie ihr Weg von selbst in die Politik führt, sind dort genug dabei, die ihre Zeit im Senat nur absitzen.“ Dieses In-die-Oberschicht-hineingeboren-werden und sämtliche zugehörigen Pflichten dazuzubekommen erlebte Phaeneas ebenfalls seit Kindesbeinen an.

  • Oha. Dieser Sklave hatte weit mehr im Kopf als man glauben mochte. Da stellte er doch glatt eine Theorie auf, die Sermos Idee des Lernens und Erlernens direkt entgegenstand. Mit verhaltener Skepsis ging er näher auf diesen Gedanken ein. "Aber um ein guter Redner zu werden - zumindest nach deiner These - muss man auch Umgang mit eben solchen pflegen. Folglich können die Rhetorik nur solche beherrschen lernen, die im Umfeld gebildeter Persönlichkeiten aufwachsen oder zumindest längere Zeit in ihren Kreisen wandeln." Er trank einen Schluck Wein. "Und das ist dem größten Prozentsatz selbstverständlich nicht möglich. Ich behaupte, es ist mindestens beides notwendig: Gute Auffassungsgabe gekoppelt mit wachen Ohren. Und Ehrgeiz, Fleiß und die nötige Geduld, um der Sprachgewandtheit habhaft zu werden. Denn wer stets nur zuhört, wird den Moment seiner Rede einfach überhören." Bei dem Gedanken musste Sermo schmunzeln. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild eines Senators, der in den Reihen der ehrenwerten patres conscripti herumsaß, aufmerksam jedoch, jedes Wort in sich aufsog und jede Geste interpretierte. Doch irgendwann steht er auf und streicht sich durch den weißen Bart, der bis zum Boden reicht und merkt, dass er noch immer läppischer Quaestor ist. Dass er es nicht weit gebracht hat, weil er gerne zuhörte. Welch ein witziges Dilemma.
    "Und hast du mehr von den besuchten Orten gesehen als 'die wenigsten'?" fragte Sermo dann, seinen Gedankengang abrupt störend.


    Was ihn allerdings ebenfalls störte war die Reaktion des Sklaven auf sein 'Geständnis', noch keinen eigenen Haussklaven besessen zu haben. Der flippte ja richtig aus! Jetzt schoben sich Sermo Augenbrauen erst recht in die Höhe, überrascht und irritiert zugleich. "Ich...nun..." Baff. Jetzt hatte dieser unbedeutende, unfreie, popelige Bithynier auch noch aus dem Konzept gebracht. Ruckartig lehnte der Quintilier sich vor, streckte den Zeigefinger aus, wollte scharfe Worte erwidern. Doch seine Gedanken schwirrten nur umher, fragten nach dem Grund: Warum hatte er denn eigentlich keinen Haussklaven besessen? Scheiße, jetzt musste er doch irgendetwas sagen! Ärgerlich knirschte er mit den Zähnen und zog den Finger wieder zurück. "Verflucht nochmal!" stieß er hervor und bedachte den Sklaven dann mit einem anerkennenden Blick. "Nun, Phaeneas. Warum habe ich keinen einzigen Haussklaven besessen? Stelle dir diese Frage und gib mir eine adäquate Antwort. Viel Auswahl hast du sowieso nicht." Der Kerl meinte wohl genau bescheid zu wissen. Aber so nicht, mein Freund! Nicht mit Quintilius Sermo! Es hatte bisher eben keinen Grund gegeben, einen eigenen Sklaven zu besitzen. Wozu Geld ausgeben...ach! Das konnte er diesem Wurm auch noch erklären, wenn er gleich danach fragte. Oder auch nicht. Wär auch nicht schade drum.


    Die Suppe war nicht mehr ganz heiß, aber schmeckte dennoch sehr gut. Ein einfaches Mahl, doch für Sermos Bedürfnisse völlig ausreichend. Er verschwendete nichts grundlos und lebte ohnehin gern schlicht - manchereiner mochte es spartanisch nennen - und so unkompliziert wie möglich. So konnte er seine Gedanken auf die wirklich komplizierten Angelegenheiten des Lebens lenken. Zum Beispiel statistische Senatoren in der Curia Iulia. "Ich bin ebenfalls in meinen Stand hineingeboren." Er tippte vielsagend auf den schmalen Streifen, der ihn als Mitglied des Ordo Equester auszeichnete. "Allerdings sehe ich darin eher eine Pflicht zu vollem Einsatz und Engagement, als ein Privileg, das ein gesichertes Einkommen und eine steile Karriere sichert. Manchmal kann ich nicht glauben, dass Rom ein derartiges Imperium schaffen konnte, wenn man diese Faulheit betrachtet, die sich wie ein Geschwür ausbreitet." Wie Sermo erst jetzt bemerkte, hatte er sich wohl gerade zu einer ziemlich direkten Meinungsäußerung über die Herren Senatoren hinreißen lassen. Und das gegenüber einem Sklaven aus dem Haushalt eines ebensolchen Senators. Möglichst souverän versuchte er seine Worte vergessen zu machen, indem er weitersprach, jetzt wieder deutlich im Plauderton. "Ich jedenfalls werde kein Statist sein. Und ich habe ohnehin noch einen weiten Weg dorthin vor mir. So ist das eben, wenn einem nicht alles in den Schoß geworfen wird." Und er lächelte, als er noch anfügte: "Aber dir brauche ich das wohl kaum zu erklären." Er griff erneut zum Wein. "Die Wege der Parzen sind eben unergründlich."

  • „Das kommt darauf an, in welcher Gesellschaftsschicht man sich bewegt bzw. in welche Kreise man gelangen will. In ... einfacheren Kreisen kann man auch mit entsprechend weniger rhetorischer Bildung bestehen. Wenn man Karriere machen will, dann hast du recht, dann braucht man einen Lehrer und Fleiß und Ehrgeiz und alles, was dazu gehört.“ Auf Sermos in der Tat sehr anschauliche Schlussbemerkung ging Phaeneas nicht ein, denn die fiel seiner Differenzierung zum Opfer.
    „Na ja, das kam jeweils darauf an, auf meine Position im jeweiligen Haushalt und auf die Großzügigkeit des Herrn. Aus Städten herausgekommen bin ich natürlich meistens nur bei einem Aufbruch in eine andere Stadt. Und zum einen gibt es Aufgaben, die bedingen es, das Haus zu verlassen, und dabei sieht man eben ganz automatisch. Zum anderen gehören für manche Herrschaften Haussklaven ganz klar ins Haus. Aber manche gewährend ihren Sklaven ganz selbstverständlich Ausgang – wenn es sich denn mit den eigenen Pflichten verträgt. Weil sie wissen, dass ihre Sklaven wieder zu ihnen zurückgehen. Mal habe ich von den Städten also viel gesehen, mal gar nichts.“


    Phaeneas rechnete ja mit wirklich allem, wenn er mit anderen – erst recht Freien – zu tun hatte, aber das war so ziemlich das Verrückteste, was man ihm je erzählt hatte. Noch immer konnte er nicht fassen, was Sermo ihm da gerade eben allen Ernstes eröffnet hatte.
    Entsprechend überrascht war der Bithynier auch, dass sein Gegenüber auf seine Reaktion auf dessen höchsteigene Äußerung hin so sprachlos zurückblieb. Als der sich auch noch so plötzlich bewegte und mit dem Zeigefinger auf Phaeneas deutete, erschrak der launen- und missfallensgewöhnte Sklave innerlich. Doch dann kam doch nicht, was Sermo eigentlich spontan hatte tun wollen – was auch immer es gewesen wäre. Der Bithynier war ziemlich überfordert, mit dem sichtlich mitgenommenen, hin- und hergerissenen Mann vor ihm. Er hatte absolut keine Ahnung, was er davon halten sollte.
    Heftige Reaktionen bedeuteten Unbeherrschtheit und Unbeherrschtheit bedeutete Schwäche. Das war die lebens- und gesundheitsrettendste Lektion, die ein Sklave lernen musste. Und das war das einzige, was Phaeneas dazu einfiel. Aber das nützte ihm hier momentan nichts.
    Hörbar vorsichtiger ging er auf Sermos Fragestellung ein: „Ich weiß es nicht, warum sich jemand keine Haussklaven zulegt, erst recht nicht, wenn er ein Ritter ist und dementsprechend das Geld dazu hat. Ich kenne niemanden in bzw. über deinem Stand, der auf die Hilfe von Dienern verzichten wollen würde. Sklaven bringen doch nur Vorteile – wenn man sie unterhalten kann – und absolut gar keine Nachteile. Auf Reisen kann man sie mitnehmen, man kann sie zu Hause abstellen, man muss keine Rücksicht nehmen, sie binden nicht in irgendeiner Form. Es gibt doch nichts unkomplizierteres als Unfreie. Ich habe wirklich nicht den Schimmer einer Ahnung, warum du keine Haussklaven besitzt.“
    Besonders wohl war Phaeneas bei der Aussicht darauf, was dieser Teil des Gesprächs wohl noch bringen mochte, nicht. Wenn Sermo jetzt schon kaum gewusst hatte, wie er reagieren sollte, dann bestand die Gefahr, dass sich das in naher Zukunft auch nicht ändern würde. Nichts hatte der Bithynier mehr fürchten gelernt, als die Gegenwart von innerlich aufgewühlten und in Folge dessen unkontrollierten Leuten.


    Entsprechend schwer fiel es ihm im Moment zu essen. Eine unklare Situation erforderte seine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration und Essbares lenkte da nur ab. Außerdem schien sich bei akuter Sorge im Bauch sogar die Kaumuskulatur zu weigern, etwas in den Magen zu befördern. Deutlich zu gut erinnerte sich der Bithynier an die vor Jahren mit Gelassenheit erfolgte großzügige Aufforderung, sich die Trauben schmecken zu lassen, seine Unfähigkeit dazu sowie die Schwierigkeit, sie überhaupt hinunterzubringen. Wenn man die Maus in der Falle war, hatte man auch vom köstlichsten Speckduft nichts mehr.
    Trotzdem versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen.
    „Wieso?“, erwiderte er auf Sermos Kommentar zur geschwürartigen Faulheit. „Früher war doch alles anders – besser, zumindest wenn du dir die Schwärmreien über die Vorfahren anhörst.“ Es war mehr eine satirische Bemerkung.
    „Du scheinst zu haben, was anderen fehlt, nämlich Ehrgeiz. Vielen Senatorensöhnen zumindest scheint es nicht darum zu gehen, es zu etwas zu bringen, als vielmehr ihr Leben zu genießen. Na ja, ich kann es irgendwo verstehen, warum sich nicht auf seinem Reichtum ausruhen, wenn man ohnehin schon mehr hat, als die meisten je erträumen können. Die paar Herausforderungen, die da noch bleiben, kann man auch ruhig auf später aufschieben - oder ganz sein lassen.“ So ging der Sklave weiterhin auf das von Sermo hinter ihm gelassene Thema ein.
    Es wirkte jovial, wie der andere lächelte, als er Phaeneas direkt in seinen Worten erwähnte. Deshalb ließ der sich nur auf die Sache mit den Parzen ein: „In der Tat. Das sind sie ...“ Schließlich konnte sich der Bithynier kein bisschen auch nur annähernd erklären, warum es ihm – seit er Lucianus gehörte – so gut ging. Eigentlich durfte es laut seinem eigenen Weltbild nicht sein. Nicht für so lange Zeit.

  • Direkt darunter befand sich groß an der Mauer:



    WÄHLT


    HERIUS CLAUDIUS MENECRATES


    ZUM AEDILIS CURULIS!


    ES GIBT KEINEN BESSEREN!


  • Bürger Roms!


    Nach den Tagen voller Trist und Plackerei, voller Gram der Götter und voller Unsicherheit ist die Zeit gekommen, in der Spiele und Opfer die Götter milde stimmen sollen und in der wir selbst wieder Sicherheit und Ruhe sowie Vergnügen finden.


    Zur besonderen Ehre Carmentas,
    wie es die Götter wünschten,
    veranstaltet der


    Aedil H. Claudius Menecrates


    zwischen den Tagen der Carmentalia
    vom ANTE DIEM III ID IAN DCCCLXI A.U.C. (11.1.2011/108 n.Chr.)
    bis ANTE DIEM XVIII KAL FEB DCCCLXI A.U.C. (15.1.2011/108 n.Chr.)


    SPIELE

    der besonderen Klasse.


    [Blockierte Grafik: http://img132.imageshack.us/img132/5684/quadrigagut.gif]



    Seid geladen, alle die Beine haben, gleich welchen Standes,
    zur
    Eröffnungsveranstaltung mit Opferung und Gladiatoren- sowie Volksspeisung im Amphitheatrum Novum
    am
    ANTE DIEM III ID IAN DCCCLXI A.U.C. (11.1.2011/108 n.Chr.)


    zu
    Gladiatorenkämpfen im Amphitheatrum Novum am
    PRIDIE ID IAN DCCCLXI A.U.C. (12.1.2011/108 n.Chr.)


    zu
    einer Damnatio ad Bestias im Amphitheatrum Novum
    am
    ID IAN DCCCLXI A.U.C. (13.1.2011/108 n.Chr.)


    und zu
    großen Wagenrennen - alle Factiones sind hiermit herzlich eingeladen - im Circus Maximus
    am
    ANTE DIEM XVIII KAL FEB DCCCLXI A.U.C. (15.1.2011/108 n.Chr.).


    Notwendige Vorläufe finden im Circus Maximus
    am
    ANTE DIEM XIX KAL FEB DCCCLXI A.U.C. (14.1.2011/108 n.Chr.) statt.


    Eilt herbei! Erlebt Hysterie und Begeisterung! Feuert eure Helden an und feiert mit mir die ruhmreichen Sieger.
    Factiones schickt eure besten Lenker und Gespanne!



    Zu Ehren Roms!
    Zu Ehren der Götter!
    Zu Ehren unseres Imperators!






    Sim-Off:

    Jede Factio darf 2 Gespanne mit bekannter Regelung stellen.
    Anmeldeschluss ist Montag, 10.01. um 22:00 Uhr.
    Die Setzdaten bitte per PN an mich.

  • Auf der Suche nach Hilfe für die Spiele, im Auftrag von Menecrates, durchstreifte ich die Stadt. Alle die ich ansprach zeigten kein besonderes Interesse. Sie wollten lieber zuschauen.
    Schließlich landete ich an einer Wand, welche zum teil beschrieben, zum Teil mit Zetteln oder Plakaten versehen war. Aufmerksam studierte ich was dort alles geschrieben war. Vor dem Aushang mit der Verkündung von Menecrates blieb ich dann stehen. Vielleicht war das die Lösung meines Problems. Ich sollte auch einen Aushang hier anbringen.

  • Vor dem Aushang des menecrates blieb ein Mann stehen. Ich erkannte ihn und ging auf ihn zu.
    "Linos" sprach ich ihn an" ich warte auf Dich. Aber noch nicht so lange. "


    Ich bin Silvius Atticus.

  • "Salve Silvius Atticus" begrüßte ich den Römer, denn offensichtlich war er kein Sklave. "Was kann ich für dich tun?" Seltsam woher kannte der mich nur?

  • Linos war mir aufgefallen als er von seinem Herrn gerufen wurde. Aus einem nicht erklärbaren Grund hatte ich mir das Gesicht, die Statur und den Namen eingeprägt. Und jetzt stand ich ihm gegenüber. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich habe Linos aber sofort wieder erkannt. Er kennt mich nicht. Deshalb hat er sich bestimmt gewundert daß ich ihn mit seinem Namen angesprochen hab.

  • Ein Lächeln unterdrückend, schaute ich mir den ein wenig älteren Mann genauer an. Das war ja interessant man kannte nicht nur meinen Namen sondern auch mich. Gespannt wartete ich darauf zu erfahren, was er von mir wollte.

  • Es war finstere Nacht als eine kleine Gruppe in der Stadt an dutzenden Wänden das Selbe Bild hinterließ. Als es vollbracht war prangte in der ganzen Stadt vom Aventin bis den Quirinal hinauf das Bild das den Präfekten mit einer Krone zeigte der Valerianus mit Schierling vergiftet. Keiner der sich am nächsten Morgen durch die Stadt bewegen würde könnte die Augen davor verschließen können. Grade die Zugängen zum Forum Romanum waren mit den Bildern eingedeckt worden. Das keiner der Bilderzeicher erwischt worden war, war auch dem zuschulden das sie alle Aufpasser hatten die im Notfall alarmiert hätten. Noch vor dem Morgengrauen waren alle wieder verschwunden und keiner hatte sie gesehen oder bemerkt.


  • Zwar nicht in der Subura, aber in einer anderen der Straßen der Stadt, die zum Forum führten, entdeckte Macer eine der Zeichnungen, als er gemeinsam mit einem anderen Senator die Stadt durchquerte. Kurz blieben die beiden Männer stehen, dann gingen sie weiter. "Interessant, interessant", murmelte Macer.

  • Schon längere Zeit prangte ein Graffiti an einer Mauer am Rand der Subura. Es zitierte den Lieblingsspruch eines Paedagogus. Ein paar genervte Schüler hatten es spät Abends hinterlassen. Irgendwann entdeckten es die Schatten aus dem vergessenen Reich. Und fanden Verwendung für ihre eigenen Zwecke. Später kam irgendjemand. Korrigierte die Grammatik. Und fügte seinen Anteil hinzu.





    Sim-Off:

    *Was Jupiter erlaubt ist, ist einem Ochsen noch lange nicht erlaubt.

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