Seiana war zwar inzwischen einigermaßen gewöhnt, als Auctrix teils bevorzugt behandelt zu werden, und sie war inzwischen auch an den Punkt gekommen, an dem sie es in vielen Momenten als selbstverständlich ansah – allerdings galt das nicht notwendigerweise im Haus des Consuls. Dass sie hier nicht lange warten musste, freute sie tatsächlich, gerade weil sie sich bewusst ein wenig länger Zeit eingeplant hatte, da man bei einer Salutatio nie genau wissen konnte, wie lange es dauern mochte. „Salve, Consul“, erwiderte sie seinen Gruß und lächelte flüchtig auf seine Frage hin. „Deine Klientin sein zu können, wäre sicher verlockend – aber nein, ich bin derzeit nicht auf der Suche nach einem Patron.“ Zumindest im Moment nicht. Vielleicht mochte sich das irgendwann einmal wieder ändern, und sicherlich hatte es ihr in der Vergangenheit Vorteile gebracht, in Aurelius Corvinus einen Patron gefunden zu haben. Sie bezweifelte, ob sie anderenfalls tatsächlich Auctrix geworden wäre, immerhin war er es erst gewesen, der sie als seine Nachfolgerin vorgeschlagen hatte. Dennoch fühlte sie sich derzeit wohler ohne Patron, nicht nur, weil es für Frauen eher ungewöhnlich war – was für nun ausgerechnet sie nicht unbedingt ein Argument war –, sondern weil sie augenblicklich keinen brauchte. Sie hätte das Patronat mit dem Aurelier freilich nicht gelöst deshalb, aber nach seinem Tod hatte sie beschlossen, es zunächst dabei beruhen zu lassen.
„Ich bin hier, weil ich gerne eine Gesetzesänderung anstoßen möchte. Ich weiß, dass du nicht mehr lange im Amt bist – aber vielleicht kannst du mich dennoch hierbei unterstützen und den Antrag, der mir vorschwebt, im Senat zur Diskussion stellen. Sofern du mit mir einer Meinung bist, selbstverständlich.“