Atrium | A.F.P. et C. Aelius Archias

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    Gefolgt von Aelius Archias und dessen Sklaven betrat Cleomedes in überaus demütiger Haltung das Atrium - gegenteilig zu Acanthus war er längstens keine gefestigte Institution des Hauses und während Beschwerden über den Ianitor nur dazu führten, dass jener sich in der Küche eine Leckerei durfte abholen, führte sie in seinem Falle höchstens dazu, dass er dem Koch, einem überaus mürrischen Gesellen, zur Hand durfte gehen. So bot er denn dem Gast einen Platz auf den Klinen und gleich hernach einen gewässerten Wein an, um dessen Wartezeit zu überbrücken.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Gemächlichkeit schien hier an der Tagesordnung zu sein. Und wie geleckt das Atrium aussah! Caius sah nach rechts und links und konnte nicht genug in sich aufsaugen. In Baiae hatten die Flavier etwas bescheidener gelebt, soweit er das in seiner jugendlichen Erinnerung hatte feststellen können. Hier war nicht nur alles blitzblank gewienert, sondern schnieke und edel. Man hatte ja fast angst, irgendwas mit einem Blick zu beschädigen oder Staub zu hinterlassen, nur weil man sich setzte. Das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass Caius diese Angst hatte. Er ließ sich schwungvoll auf die Liege fallen und saß dann da, sich ringsumher anschauend.
    »Danke«, sagte er dem Sklaven mit dem Wein, nicht nur aus Höflichkeit, sondern weil er es so gewöhnt war, mit Sklaven umzugehen. Stat zu trinken, drehte er den Wein kurz zwischen den Fingern und stellte ihn dann auf einen nahen Tisch. Wann Piso wohl kam? Ob er ihn absichtlich warten lassen würde?

  • Mit einem Rumsen wurde die Tür zum Atrium aufgestoßen. Die Türschnalle der rechten Türe traf mit voller Wucht auf die Mauer auf, was ein wenig klirrte. Der linken Tür blieb das Schicksal erspart, sie berührte nur sachte ihre Mauerseite. Der Mann, der den Lärm verursacht hatte,vermittelst eines gewaltigen beidarmigen Schubses, trat mit einem dicken Grinsen in seinem Gesicht aus der Türe hervor. „Caius!“, brüllte der Mann, so laut er konnte. „Aelius!“ Seine Stimme schwoll an. „Archias!“
    Vor Glück strahlend, schritt Piso, der ebendieser Mann war, zu seinem alten Freund hin. „Mensch, Archi, dass man dich mal wieder sieht!“, jauchzte der aufgewühlte Patrizier, nun wohl ein wenig heiser, und umschloss seinen alten Freund in einer herzlichen Umarmung. „Ich hoffe doch, du hast eine gute Reise gehabt!“ Er klopfte dem armen Aelier ungestüm auf den Rücken. Man konnte Piso seine echte Freude absolut ansehen. „Welch Überraschung, ich habe nicht gedacht, dass du jetzt schon kommst.“
    Wie lange hatte er schon darauf gewartet, Archias wieder zu sehen. Jetzt war es endlich soweit!

  • Als etwas gegen die Wand flog, zuckte Caius erschrocken zusammen. Direkt darauf folgte ein Aufschrei, der ihm dann unmittelbar das Grinsen ins Gesicht trieb. Er wusste schon, warum er den Weinbecher erstmal weg gestellt hatte... Jetzt stand er auf und ging Piso entgegen, um sich gehorsam einer prüfenden Umarmung zu unterziehen. Er tat natürlich dasselbe, so dass beide Männer sich kurz knuddelten und Rückenschläge austeilten.
    »Ja, das wurde aber auch Zeit, dass du ndich mal raus traust aus deinem Kabuff«, stichelte Caius seinen langjährigen Freund, ehe er ihn losließ, um ihn anzuschauen.
    »Jösses, bist du aber schick angezogen. Ist das bei euch schnöden Patriziern jetzt so in Mode?« Ein breites Grinsen zeigte mehr als deutlich, dass auch das mehr Stichelei war als Ernst (auch wenn Caius so einige Vorurteile hatte über die Patrizier - aber Piso war eh kein echter!).
    »Uffz... Die Reise war... Naja, Schiff eben«, erzählte Caius und winkte ab.
    »Ich hätte auch nicht gedacht, dass es jetzt doch so schnell geht. Aber bei einem so guten Angebot darf man nicht zu lange warten, sonst ist es weg, weißt du?« Caius grinste kurz und zuckte mit den Schultern.
    »Ich hoffe doch, ich störe dich nicht bei irgendwas Wichtigem? Das heißt...doch, eigentlic hoffe ich, dass ich störe. Und dass ich noch ein wenig länger stören werde, weil du mir erzählst, wie es dir so geht, was du machst und so weiter. Wie steht es denn mit der Musik? Ich hab den Artikel in der Acta gelesen - herrlich!« Während Caius so redete, schlenderte er wieder auf die Sitzgruppe zu. Dort angekommen, setzte er sich auf eine Liege und schnappte sich den Weinbecher.
    »Auf dich, mein Freund. Ich hab dich wirklich vermisst!«

  • „Jawoll, da habe ich mich extra lange verschanzt, nur für dich!“, witzelte Piso zurück, während er fühlte, dass ob der deftigen Umarmung in seinem Rücken die einen oder anderen Rückenwirbel knacksten. Eine richtig schön männliche Umarmung war das, das hatte Piso vermisst.
    Als Archi sein Gewand ansprach, grinste er erst einmal. Endlich fiel es jemandem einmal auf! Er breitete seine Arme theatralisch aus. „Du kennst deinen Piso, immer vorn dabei, wenn es um Mode geht!“ Egal, wie affig sie war. Und da wunderte man sich noch über Pisos notorisch leere Taschen. „Ist das nicht so bei euch gleichermaßen schnöden Rittern?“, grinste er Archi an. „Mensch, Ritter, wer hätte das noch gedacht? Was glaubst du, was ich gestaunt habe, als mir der Ernennungsbrief untergekommen ist? Gratulation. Jetzt kann das Scheffeln beginnen.“ Jetzt hatte Piso vielleicht noch jemanden, den er potentiell anpumpen könnte. Obwohl er nie die Traute haben würde, jemanden jemals anzusandeln.
    „Schiff? Ich liebe Schiffe!“, merkte Piso an und lachte. „Du kannst dich sicher noch an unsere Bootsfahrt über die Lagune erinnern. Du warst danach so grün im Gesicht, dass wir das nie wieder gemacht haben.“ Der Anblick war allerdings köstlich gewesen.
    Er lachte. „Archi, du störst niemals. Du unterbrichst höchstens, und wenn, dann nur angenehm. Tja, dann hau ich mich mal hin.“, meinte er und warf sich auf eine Kline hinauf. „Ja, die Musik, tja... du weißt, sie war schon immer ein bisschen kontroversiell.“, meinte er. „Bei der Acta hat sie jedoch auf Anklang gefunden. Daran sieht man, die oberen Schichten haben doch noch ein wenig Gespür für Kunst. Der Pöbel, pff, der will doch nur das Blut spritzen sehen. Ich sage dir, hier in Rom dreht sich alles um Blut. Spiele, Opfer, Verbrechensbekämpfung...“, zählte er auf. „Naja, wie dem auch sei, momentan konzentriere ich mich, so als... als kreativen Ausgleich, auf die Dichtung.“, vertraute er Archias an.
    Er nahm einen Weinbecher und stieß mit ihm an. „Auf mich. Der nächste Schluck geht auf dich.“, grinste er. „Mensch, und ich erst, das sage ich dir. Wie lange bleibst du jetzt in Rom?“, fragte er.

  • Piso drehte sich wie eine Modepuppe vor Caius, und dieser legte auch gleich fachmännisch die Hand ans Kinn und sah äußerst skeptisch drein.
    »Naaajaaa... Also, am Hüftschwung musst du noch arbeiten«, kommentierte er nüchtern.
    »Ich erinnere mich noch an die Zeiten, in denen du die Kleidertruhe deiner Mutter geplündert und wie eine Miniaturmatrone herumgelaufen bist.« Na gut, so schlimm war das nun auch nicht, was er da jetzt an hatte, aber es sah definitiv teuer aus. Caius selbst war heute ziemlich einfach gekleidet - was ihm vielleicht auch den Eintritt in das flavische Haus erschwert hatte, wie ihn jetzt aufging! Er musste wieder an den Türsteher denken.
    »Du, sag mal, wer hat denn eigentlich diesen Griesgram vorne an der Tür bei euch geparkt? Dass da die Leute nicht weglaufen, ist ja alles.« So unfreundlich, wie der Kerl gewesen war.


    Die Lagune. So wunderbar grünblau das Wasser auch gewesen war, so grün war hinterher Caius gewesen. Er erinnerte sich. Und ob er das tat. Caius erinnerte sich an alle fünf Begebenheiten, zu denen er jemals ein Schiff bestiegen hatte. Nur beim ersten Mal war das freiwillig gewesen. Er schob die Erinnerungen daran lieber ganz weit weg und machte nur ein zustimmendes Geräusch.
    »Jedenfalls bin ich froh, dass Neptun mich nicht geholt hat. Das war jetzt aber fürs Erste auch die letzte Schiffskatastrophe«, fasste er nüchtern zusammen.


    »Tja also... Ich kann dir noch nicht sagen, wie lange ich hier bleibe. Aber es wird sicher schon eine ganze Weile sein. Du bist doch noch am Hof tätig? Dann sind wir bald Kollegen! Stell dir das mal vor... Wenn mir das früher jemand gesagt hätte, hätte ich ihm nicht geglaubt. Aber jetzt bin ich Ritter und hab sogar ne Stelle am Kaiserhof, Quarto sei Dank. Naja, die Ernennung fehlt noch«, fügte er hinzu und ließ vorerst offen, was er für einen neuen Posten bekleiden würde. Ein wenig Spannung schadete Piso nichts.
    :D


    »Aber wie, du dichtest jetzt?« Wenn er seine Gedichte genauso schrieb wie er musizierte, wollte Caius ganz weit weg sein, wenn er eines vortrug. Aber das konnte er seinem besten Freund ja schlecht erzählen...
    »Moment - sagtest du Spiele? Ich war schon ewig nicht mehr bei guten Spielen....«

  • Als Piso seine Piroutte vollendet hatte, blickte er Archias neugierig an. „Ach komm, das ist doch Bockmist.“, entgegnete er und lachte, es im Raum stehen lassend, ob er Archis Kommentar bezüglich seines Äußeren, oder aber sein eigenes Verhalten gemeint hatte.
    Erstaunt blickte er, als Archias wieder eine Anekdote hervorkramte. „Ach, komm schon, das war einmal! Und sie war eh nicht meine echte Mutter! Sondern meine Stiefmutter, und ich wollte sie ärgern!“ Piso hatte einige Stiefmütter gehabt, und manche hatte er so wenig leiden mögen, dass er alles daran gesetzt hatte, sie zu vergrämen. Und Archias hatte dann nur allzu oft in die selbe Kerbe geschlagen.
    „Der Typ an der Türe? Das ist Acanthus. Ein wenig grimmig, aber er hat Qualitäten. Und er kann auch anders.“, versuchte Piso den treuen Türsteher zu verteidigen. „Er kennt dich halt nicht.“ Er zuckte die Schultern. „Er ist aber ein schlauer Kerl, in Gegensatz zu eurer Flasche. Wie hieß der nochmal? Nackiputz?“, fragte er.
    Es war schon amüsant, wie Archias diese Erinnerung so gar nicht amüsierte. „Genau, du bist im Boot gekauert und hast gebetet, während ich uns zurück gerudert habe. Davon hätte man ein Gemälde machen sollen.“ Er musste noch immer grinsen.
    Was Archi aber nun sagte, erfreute ihn. „Eine Stelle am Hof? Mensch, das ist ja toll? Wo denn? Wirst du Procurator a memoria?“ Eine Stelle, die er gerne gehabt hätte, die aber das niederträchtige Walross abgeblockt hatte. „Oder gar Procurator a rationibus?“ Das wäre genial, dann wäre der Herrschaft des Miesepeters ein Ende gesetzt. „Auf jeden Fall, ich bin mir sicher, du passt dann gut zu uns. Wir sind ein Haufen von Verrückten.“, grinste Piso.
    „Und ja, ich dichte jetzt. Willst du ein bisschen hören? Ich kann es aus dem Gedächntnis.“, meinte Piso. Er war einigermaßen erpicht darauf, seinem Freund ein wenig vom Gedicht hören zu lassen.
    Und seufzte. „Mensch Meier, du kommst ein wenig zu spät. Richtig gute Spiele, die hat es gerade jetzt gegeben, die Ludi Plebei. Aber du musst sicher nicht lange warten, bis wieder Spiele drankommen.“, versicherte er ihm.

  • »Nakhti«, korrigierte Caius.
    »Und der ist schon in Ordnung, nur halt manchmal etwas langsam. Aber immer noch besser als ein ungehobelter Klotz ohne Manieren. Nakhti ist wenigstens höflich, auch wenn er nicht der Hellste ist.« Caius hob die Brauen und schnaufte gekünstelt. Die Erinnerung an besagte Bootsfahrt half da auch nicht weiter. Er seufzte.
    »Na und? eine gesunde Portion Respekt vor tiefem Wasser ist manchmal gar nicht so verkehrt«, erwiderte er, obwohl sie beide wussten, dass Caius kein schlechter Schwimmer war und es viel eher das ständige Rumgeschaukel war, das ihm zusetzte.


    »Richtig«, kommentierte er dann selbstzufrieden die erste Vermutung, den Memoriaposten betreffend.
    »Der rationibus ist etwas zu hoch für mich. Also, für die Karriereleiter. Ich kann ja nicht einfach eine Stufe überspringen«, erwiderte er dann.


    »Och. Schade. Naja, aber zu den nächsten Wagenrennen gehen wir doch dann zusammen, oder? Ich mein, natürlich werden die Blauen gewinnen, aber ein wenig anfeuern kann ja nicht schaden.« Caius grinste breit, bis er schnell überlegen musste, wie er um das Gedicht herumkommen könnte. Ihm fiel blöderweise nichts ein.
    »Äh, ja... Na dann schieß mal los!« Schlimmer als die Musik konnte es ja wohl kaum werden. Oder doch?

  • „Ist ja auch egal.“, behauptete Piso und zuckte die Schultern. „Du weißt eh, wen ich meine. Wir brauchen leider einen nicht allzu einladenden Tüsteher, denn wir haben keine Prätorianer, die darauf aufpassen, dass keine zwielichtigen Elemente an unserer Türe klopfen. Dich hat er eh rein lassen, also, mecker nicht.“ Irgendwie mochte Piso Acanthus, auch wenn der Mann nicht immer freundlich war. Zumindest hatte er Grips im Hirn und er glaubte auch nicht, dass er ein kompletter Banause war.
    „Möglicherweise stimmt das.“, meinte Piso nur knapp grinsend und schloss damit das Thema bezüglich Boote ab, er wollte seinen Freund nicht zu lange damit aufziehen. Er musste daran eh schon lange genug gelitten haben.
    Als Archias frisch-fröhlich verkündete, er würde a memoria werden, kniff Piso seine Lippen eine Sekunde lang zusammen, als ob er sich immens ärgern würde. Er missgönnte seinem Freund den Posten nicht, nur brachte dies äußerst ärgerliche Erinnerungen zurück. Seine Gesichtszüge lockerten sich wieder von einer Sekunde auf die anderen, doch sein Lächeln sah nicht mehr ganz so gelöst aus wie vorher. „Na, da gratuliere ich dir!“, meinte er. „Jetzt kann ja das Geldscheffeln beginnen.“ Eigentlich nur eine weitere Stufe des Geldscheffelns, denn Archias hatte schon vorher mehr verdient als Piso.
    „Na, sicherlich! Es wird sicher bald wieder Wagenrennen geben, und die lassen wir uns nicht entgehen! Nur, die Blauen... weiß nicht... ich denke, ich will mich einer factio anschließen, aber ob es die Veneta wird, kann ich nicht sagen. Die Weißen finde ich gut. Oder die Goldenen. Oder die Purpurnen.“ Er überlegte eine Sekunde. „Oder die Roten.“ Es war doch prima, wenn man wusste was man tat, dachte er sich, wieder mit unverwüstlicher Frohmut.
    „Nun gut, halt dich bereit!“ Mit Elan sprang Piso hoch und brachte sich in Position. Er spreizte seine Beine außeinander, warf seinen Torso insgesamt ein wenig nach hinten, seinen Kopf noch ein bisschen mehr, holte tief Luft und begann zu brüllen, bevor er in einer ganz normalen Stimme mit seinem Gedicht anfing. Künstlerisches Geschrei als Einleitung zum Meisterwerk musste drin sein.


    „Woooooooooooaaaaaaaaaaaahört, oh Freunde, die Geschichte hier,
    Die sich vor vielen Jahren zugetragen.
    Sie bringt uns Kunde, wie als Römer wir
    Die Tyrannei der Könige begraben.
    Sodass wir eine Republik nun haben –
    Welch Opfer dies jedoch getan hat Not,
    Not und Kummer, durch Lucretias Tod.


    In Ardea beginnt die traurig Mär,
    Hier sieht man Römer ge‘n die Feinde streiten.
    Formidabel schlägt der Römer Heer
    Die Feinde, Blut doch fließt auf beiden Seiten.
    Man sieht die Helden dieser alten Zeiten,
    Doch auch den, den man den Superbus nennt,
    Den Kampf scheut er, indem er hinwegrennt.


    Von Ardea, dem Kampfe, so entflieht,
    Auf Flügeln grauenhafter Gier getragen,
    Tarquinius dem Heere lust-entglüht,
    Mit Feuer nach Collatium zu jagen,
    Das lichtlos, unterdrückt droht aufzuschlagen;
    Den schönen Leib zu seh‘n in schmutz’gem Triebe,
    Lucretias, Collatinus‘ keuscher Liebe.


    Der Keuschen; dieser Keuschheit wegen musste
    Verschärfen seiner wilden Neigung Qualen,
    Als Collatinus, unvorsichtig, wusste
    Den holden Glanz mit Worten auszumalen,
    Die an dem Himmel seiner Wonne strahlen,
    Wo ihn allein zwei Erdensterne ehren,
    So glänzend schön, wie die der Himmelssphären.“


    Er brachte seine Beine wieder in eine halbwegs normale Position und blickte Archias an. „Das ist der Anfang von meinem Gedicht. Wie findest du ihn?“, fragte er.

  • Einszunull für Piso, dachte sich Caius, als der die Garde erwähnte. Es konnte aber halt nicht jeder so nett wohnen wie seine Familie! Je länger er darüber nachdachte, desto deutlicher stand ihm vor Augen, dass tatsächlich noch nie ein Bettler oder Hausierer bei ihnen in Rom vor der Türe gestanden hatte. Zumindest nicht während der kurzen Zeiten, die er immer da gewesen war und das hätte mitbekommen können.


    »Danke, danke. Aber vorher hab ich ja auch schon nicht schlecht verdient«, riss er sich hin zu sagen, freilich mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Dann aber winkte er ab.
    »Dafür lad ich dich beim nächsten Mal ein, wenn wir an einer Taverne vorbeilaufen. In Ordnung?« Da bekam der Ausdruck "armer Pi" ganz andere Bedeutung...


    »Moment - lila? Du willst echt zu den Pflaumenköppen gehen? Oder die Goldenen? Ich bitte dich! Hör mal, du hast mir doch erzählt, dass da was im Gange ist zwischen unseren Familien. Ich hab zwar keine Ahnung, was genau, aber Quarto ist der princeps der Blauen, und wäre es da nicht das Zeichen eines guten Willens, wenn du zusammen mit mir um offizielle Aufnahme bei den Blauen bittest? Ich hab das nämlich schon vor, seitdem ich in Alexandrien war. Nur damals hab ich es total versemmelt, weil Quarto ja auch nie Zeit hatte und so. Ich mein, stell dir das doch mal vor, die ganzen Groupies, die wir zusammen vernaschen könnten nach dem Rennen und so«, zeichnete sich Caius eine hübsche Gedankenwelt.
    »Und ich mein ja, gerade die Lila-Launebären und die Goldlöckchen sind ja nun echt nicht obenauf. Die Roten, naja gut. Aber auch nur, weil die ihre Pferde da kaufen, wo die Blauen kaufen. Hab ich gehört«, erklärte er und zuckte mit den Schultern.
    »Überleg mal, was das mit unserer Freundschaft anrichten könnte. Ich hab schon echte Männerfreundschaften an Pferderennen zerbrechen sehen.« Caius nickte in traurigem Bezeugen dessen.


    Kurz darauf durchzuckte ein weiterer Schrei das Atrium, und Caius fuhr zusammen. Er musste sofort an Nero denken, als Piso loslegte, versuchte dabei aber, nicht allzu kunstbanausenhaft aus der Wäsche zu schauen. Bereits am Anfang der zweiten Strophe fragte Caius sich, ob das Gedicht wohl lang war. Mit Achen und Krachen hielt er es bis zum Ende aus und blinzelte dann kunstkritisch.
    »Ähm, das war der Anfang? Bei Jupps Stein, wie lang ist denn das Gedicht?« brach es aus ihm aus, als Piso geendet hatte und wieder ordentlich dasaß.
    »Ganz extas...ekzem... exzesszionell!« kommentierte er im Anschluss jedenfalls.


    »Ich hab Seiana auch mit einem Gedicht rumgekriegt«, fügte er dann ganz stolz hinzu.
    »Also, genau genommen war das nicht von mir, aber es war meine Idee! Und es hat ja auch wunderbar geklappt. Du musst sie übrigens unbedingt mal kennenlernen! Warst du eigentlich schon bei Iunia Axilla? Die, von der ich dir geschrieben hatte? Von ihr ist nämlich das Gedicht, und das war ganz toll«, resümierte er nachdenklich und nickte dann. Axilla müsste inzwischen auch Rom längst erreicht haben, dachte er. Die Einladung in den Palast würde er nicht vergessen.
    »Ach, genau, was ist da eigentlich mit dieser anderen Schnalle, von der du mir erzählt hattest? War die doch nichts für dich?«

  • „Sicherlich nicht.“, erwiderte Piso mit einem säuerlichen Lächeln. Wenn er in seine eigenen leeren Taschen schaute, war dies doch immer ein Fanal. Der notorisch mittellose Künstler in Reinkultur war er, und irgendwie stolz darauf. „Danke, das schätze ich sehr.“, erwiderte er auf Archias‘ Angebot hin und versuchte, den leicht schadenfrohen Unterton in Archias‘ Stimme zu ignorieren. Mit vollen Hosen ist gut stinken, lautete eine alte raetische Weisheit, die er von seinem Kammermädchen gelernt hatte. Immerhin musste er keine Steuern zahlen! Das könnte er ja mal, wenn die Gelegenheit sich bot, Archi unter die Nase reiben.
    Was er mit seinen Bemerkungen zu Rennställen allerdings ausgelöst hatte, das wusste er noch gar nicht. Er stand dem Wortschwall des Archias, der abwechselnd die anderen factiones beschimpfte und die eigene in den Himmel lobte, regelrecht fassungslos gegenüber. „Groupies?“, fragte er verdattert. „Ich habe gedacht, ähm, Wagenrennen sind was für Männer... obwohl, das eine oder andere Boxenluder ist immer drinnen.“, dachte er nach. „Ich muss aber gestehen, in letzter Zeit habe ich...“ Immer gegen die Blauen gehalten, wenn es ein Rennen gab. Aber dafür würde Archi ihm den Kopf einschlagen, so wie es ausschaute. „Na ja, die Erfolge von den verschiedenen Gruppen nicht so verfolgt. Ich weiß nur, letztes Mal haben die Weißen gewonnen, und das war ganz interessant.“, meinte er. „Wir könnten ja einmal bei den nächsten Rennen zusammen gehen. Es gibt bald wieder welche. Der Consul veranstaltet sie. Tiberius Durus heisst er, sagt dir der Name was? Ich könnte dann mal für die Blauen halten, und dann sehen, wie es sich so anfühlt.“, schlug er vor. Er hatte noch niemals für die Blauen gehalten, aber Archi hatte recht – es konnte ihm ungeahnte politische Möglichkeiten eröffnen. Denn in keiner Factio waren so viele Senatoren wie bei den Blauen.
    Diese Gedanken schob er aber während des Gedichtes komplett zur Seite. Als er geendet hatte, blickte er Archi an. „Na klar war das nur der Anfang. Ein Aulus Flavius Piso macht keine halben Sachen.“, meinte er stolz. „Das war, so rein schätzometrisch, ein... ein Sechzigstel oder Siebzigstel vom ganzen Gedicht.“ Ein massives Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Aber schön, dass du es magst. Exzessionell, das Wort gefällt mir. Ein Portmanteau von Exzeptionell und exzessiv.“, klugscheisserte er.
    „Na, da siehst du, was so ein Gedicht bewirken kann! Ist sie eigentlich wieder in Rom?“, fragte er. „Ich möchte sie auf jeden Fall kennen lernen.“ Er nickte eifrig. „Bei der Iunierin war ich noch nicht, ich wusste gar nicht, dass sie schon hier in Rom ist? Aber ich muss sie kennen lernen, wenn sie so künstlerisch begabt ist, wie du sagst!“, meinte er begeistert.
    Als Archi aber den Fehler beging, wegen Serrana nachzubohren, wurde Pisos Gesichtsausdruck sehr düster. „Sag nicht Schnalle.“, merkte er, seltsam humorlos, an. „Und... es ist nichts geworden. Es hätte nie etwas werden können... ach ihr Götter...“ Piso stand ganz knapp davor, in eine elend lange Jammerarie auszubrechen. Das hatte Archias jetzt echt toll machen können.

  • Caius grinste zuversichtlich.
    »Na siehste. Die Mädels fahren doch total ab auf Wagenlenker! Sag bloß, das ist dir noch nie aufgefallen? Und irgendwer muss sie ja trösten, wenn sie dann total enttäuscht sind, dass der Wagenlenker wen anders mit aufs Zimmer nimmt.« Caius wackelte vielsagend mit den Augenbrauen und nickte.
    »Ja, ach naja, die Weißen... Die waren eigentlich noch nie sonderlich gut, da fragt man sich schon, wie die so plötzlich gewinnen konnten. Ist sicher ein Wettskandal gelaufen, den nur noch niemand aufgedackt hat«, kommentierte Caius und winkte ab.
    »Aber so machen wir das! Wir gehen dann zusammen zu den Rennen. Ich besorg dir auch was Passendes, damit du im blauen Fanblock nicht so aus der Reihe tanzt. Sowas kannst du da jedenfalls nicht anziehen. Wirst schon sehen, das wird klasse. Du und ich, ganz allein!« Abgesehen von den tausenden von Zuschauern auf den Rängen, jedenfalls. Aber es wurde wohl deutlich, was Caius damit meinte.
    »Wenn ich Quarto lieb frage, bekommen wir sicher auch super Plätze weiter vorne. Ich organisier das alles, keine Bange!« Leider hatte Caius dabei vergessen, dass Piso als Patrizier wohl ohnehin einen der besseren Plätze ergattert hätte, auch ohne seinen - Caius' - Einsatz. Trotzdem war er Feuer und Flamme.


    Caius blickte belämmert drein. Ein Siebzigstel! Er rechnete kurz durch: Wenn vier Strophen ein Siebzigstel waren, dann war das ganze Gedicht ja... viermalsiebziggleich...
    »Zweihundertachtzig! Donnerwetter, Pi, das müssen ja Berge von Papyrus sein!« entfuhr es ihm vollkommen perplex. Wie konnte man nur so wahnsinnig sein und hunderte Papyrusseiten mit so einem Schwachsinn füllen, der sich auch noch reimte? Caius' Respekt for Pisos Ausdauer stieg proportional zum Fall der Achtung vor seiner Muse. Das anschließende Grinsen konnte er ebensowenig deuten wie das, was Piso kurz darauf sagte.
    »Äh, was fürn Portemonnaie?« fragte er zusammenhanglos, dann zuckte er mit den Schultern.


    »Seiana? Oh, ja ja. Sie ist schon ein paar Wochen vor mir abgereist. Ich wusste ja nicht mal, dass es für mich auch wieder nac Rom geht, sonst hätten wir auch zusammen fahren können. He, was hältst du davon, wenn du uns hierher zum Essen einlädst und ich sie mitbringe? Oder halt: Noch besser! Ich lade euch ein, und Axilla obendrein. Na, was denkst du? Das wird sicher lustig! Oder hast du eine bessere Idee?« Große Augen sahen Caius' besten Freund treudoof und fragend an. Dann rutschten die aelischen Augenbrauen nach oben und Caius sah verdattert aus. Da war ja gar kein Grinsen mehr in Pisos Gesicht! Oha, der hatte sich scheinbar ernsthaft verguckt. Und Caius hatte eine blöde Bemerkung gemacht. Er machte ein bedröppeltes Gesicht und beugte sich vor, um Piso an der Schulter anzustupsen.
    »Tut mir leid. Ich hab nicht gedacht, dass es dich so erwischt hat«, sagte er, vom einen auf den anderen Moment ebenfalls sehr ernst geworden. Bei solchen Dingen machten Freunde keine Scherze, wenn sie sich gut kannten. Und die beiden kannten sich gut und schon eine ganze Ewigkeit.
    »Schieß los«, forderte er Piso auf, und wer Caius kannte, der wusste, dass es sich hier um die Bereitschaftssignalisierung handelte, zuzhören und darüber zu reden.
    »Warum hat das eh nie was werden können?«

  • „Tun sie das?“, fragte Piso zerstreut. Er hatte gedacht, die Ausmaße des Abfahrens korrelierten eher mit der Dicke des Purpurstreifens auf der Toga und der Geldbörse der respektiven Freier. Piso wackelte aber dennoch lustig mit seinen Augenbrauen zurück, um zu ziegen, dass er den Faden nicht verloren hatte.
    „Meinst du? Vielleicht haben sie sich errappelt. Oder einfach nur Glück gehabt.“ Sein zugegebenermassen jovialer Vorgesetzter war ja ein Weißer, und somit wollte Piso nicht allzu schlechtes über die Weißen sagen.
    „Hmm...“, meinte er nur und blickte an seiner extravaganten Kleidung herunter. „Ich bin im Besitz einer wundervollen himmelblauen Toga, mit witzigen gelben Müsterchen!“, hielt er entgegen. „Aber vielleicht... nun ja, du hast sicher an etwas Schlichteres gedacht, oder?“, fragte er. „Nun gut, dann werden wir so alleine sein, wie man es in einer Menge nur sein kann.“ Piso kannte das Gefühl, in einer großen Menge alleine zu sein, er verstand klarerweise, was Archi meinte.
    Während Archias rechnete, lächelte Piso milde. „Keine schlechte Schätzung, so etwas wird es wohl sein. Zumindest ist dies geplant. Ich habe schon einige Zeilen geschrieben, und ich berste noch immer vor Ideen.“, meinte er fröhlich. „Ein Portmanteau ist eine Zusammenziehung von zwei Wörtern. Na ja, niemand weiß, was das ist, der Begriff kommt aus dem Gallischen. Ich habe ein bisschen keltisch auf meiner großen Reise gelernt, weil mir langweilig war.“, informierte er Archias.
    Er dachte nach, als Archias das Angebot machte, und begann zu grinsen. „Mensch, das wäre echt toll. Genau, das müssen wir machen, und zwar so schnell wie möglich! Wann und wo schlägst du vor?“, fragte er. Vielleicht nicht gerade bei den Aeliern oder den Flaviern. Es sollte neutraler Boden sein.
    Doch dann kam das leidige Thema mit Serrana auf, und Archias tat etwas sehr Dummes. Er provozierte einen Jammerschwall herauf. Piso war ein Mensch, der innerhalb weniger Sekunden von wundervollen Freuden in düsterstes Trübsalblasen abgleiten konnte, und dies demonstrierte er nun vermittelst heruntergezogenen Mundwinkeln.
    „Ach, Archi, es ist ein Elend!“, begann er zu skandieren, mit einer Mischung von Erbostheit und Trauer in seiner Stimme. „Sie ist eine Plebejerin. Ich bin ein Patrizier. Deshalb hätte es nie etwas werden können. Jeder verzeiht einem Patrizier einen Seitensprung, aber... ich sage dir, ich wollte mit ihr zusammen sein bis zum Ende ihres Lebens.“ Er verkniff sich irgendwie die Tränen. „Sie verschwand aus Rom, wieder nach Griechenland. Denn sie wusste, wir hätten nie zusammen sein können. Ich glaube, sie wollte mir die Möglichkeit geben, sie zu vergessen.“ Er atmete seufzend aus. Soweit die kurze Zusammenfassung der Leiden des jungen Piso. „Doch ich kann es noch immer nicht... verstehst du mich?“ Unglücklich blickte er seinen Freund an.

  • »Kommt nicht in die Tüte. Ich besorge dir was. Wirst schon sehen«, kommentierte Caius die geblümte Togaidee. Ihm schwebte da schon so einiges vor, doch dazu anderenorts mehr. Piso würde sich schon für die richtige factio entscheiden, da war sich Caius ganz sicher. Es gab immerhin so einige Fehlgeleitete, aber bei seinem besten Freund würde er schon etwas nachhelfen, damit der sich richtig entschied (und bei diesem Gedanken grinste er ein wenig diabolisch vor sich hin).


    »Eine Zusammenziehung von zwei Wörtern? Auf solche Ideen können auch nur die Gallier kommen. Die spinnen, die Gallier!« Zur Verdeutlichung seiner Worte zeigte Caius Piso einen Vogel. Zu den noch ausstehenden zweihundertdreiundsiebzig Strophen des Gedichtes, das er kaum verstand, sagte er nichts. Es war vermutlich besser, wenn er dazu schwieg, sonstn kam Piso noch auf die Idee, hundert neue Papyri aus seinem Zimmer zu holen und ihn damit vollzuschwallen.
    »Aber haben denn die Kelten und die Gallier sprachliche Gemeinsamkeiten? Hört sich für mich fast gleich an.« Caius zuckte mit den Schultern und lehnte sich ein wenig zurück. Erst jetzt erinnerte er sich an seinen Wein und nahm einen gehörigen Hieb aus dem Becher, den er dann leer wieder auf den Tisch stellte.


    »Naja, ich werd uns alle schlecht bei Seiana oder Axilla einladen können. Die zeigen mir nen Vogel, wenn ich das einfach so vorschlage. Ich würde daher schon sagen, dass ihr alle zu mir kommt. Quarto hat mir erzählt, dass du mit ihm geredet hast. Er weiß, dass wir Freunde sind, also wird er bestimmt nichts dagegen haben, wenn ich dich einlade. Und Seiana wollte er eh mal kennenlernen, auch wenn das dann wohl kein passender Rahmen wäre. Äh.... Ich muss mir das noch mal überlegen.« Es wäre wohl denkbar schlecht, wenn Quarto dabei wäre, wenn er Axilla mit Piso verkuppeln wollte. Aber erstmal gab es da scheinbar noch ein anderes Problem, das sichCaius in seiner ganzen Tragweite auftat, als Piso sein Wehklagen beendet hatte.


    »Hast du ihr das auch gesagt?« fragte er nach, als Piso verstummt war. Caius war grottenschlecht in solchen Situationen, doch das hieß nicht, dass er sich keine Mühe gab.
    »Ja also, was du brauchst, ist Ablenkung. Ähm... Allerdings verstehe ich nicht, wieso du keine Plebejerin heiraten solltest. Ich meine, sowas wie Liebe ist heutzutage so selten, dass es sie praktisch gar nicht mehr gibt, und wenn, dann nur verboten.... Äh, aber ich meine, gerade ein patrizischer Bursche wie du sollte doch wählen können, wen er will, oder nicht?« Ein wenig verwundert sah er Piso an. Die alten Standesdünkel waren doch Schnee von gestern. Zumindest hätte er das gedacht. Und so eine Decima kam ja nicht gerade aus einem Haus ohne Einfluss... Naja, zumindest, bevor sie den Deppen in Parthien gefangen hatten und Decimus Meridius abgetaucht war. Wenn er sich das genau überlegte, dann war Seiana damit eigentlich gar keine so gute Partie mehr. Aber stören tat ihn das gar nicht.

  • „Nun gut, dann will ich dir mal vertrauen.“, machte Piso langsam, seine Worte dehnend wie das, was man später Kaugummi nennen würde, was aber damals nur in Amerika bekannt war – obwohl man dieses auch nicht kannte. Solche Vergleiche sollten also gelassen werden. „Ich bin sicher, wir werden viel Spaß miteinander haben.“, meinte er, um seinen Freund zu befriedigen.
    Wagenrennen. Hmm. Sie konnten nur besser sein als diese elenden Spiele.
    Er zuckte die Achseln, als Archi meinte, die Gallier spinnen. „Kann schon sein. Angeblich haben es ihre Frauen im Bett aber drauf.“, grinste er, schloss kurz die Augen und dachte an diese wirklich heiße Nacht mit den zwei verrückten Gallierinnen in Lugdunum nach... hmmm... aus seinen Gedanken wurde er geworfen, als Archias ihm eine Frage stellte, die rein gar ncihts mit fleischlichen Vergnügen zu tun hatte. „Öhm... gallisch ist eine keltische Sprache. Ebenso wie britannisch, norisch und galatisch. Wird aber nicht mehr viel gesprochen in Gallien. Aber diverse Wörter, und Namen, haben sich erhalten.“, informierte er seinen Freund.
    Er hörte Archias zu und nickte nachdenklich, als ihm gegenüber Archias argumentierte, wieso er nicht bei den Iuniern und den Decimern essen könnten. „Bei euch... Aeliern?“, fragte er absolut erstaunt, als Archias ebendieses anklingen ließ. „Mensch du... ach ihr Götter... das wäre wundervoll!“, meinte er. Er konnte es noch immer nicht ganz fassen. Ein Essen bei den Aeliern! Noch vor ein paar Wochen wäre das undenkbar gewesen. Aber, er glaubte es, jetzt ging etwas voran. Etwas ganz Bedeutsames. Er lächelte leicht. „Und ich werde dort schon nicht... in der Luft zerrissen... oder?“, fragte er zögerlich nach. Schließlich war er ja nur zu den Aeliern gekommen, weil Quarto damals Consul gewesen war!
    Er schüttelte nur traurig den Kopf, als er ihn fragte, ob er ihr das gesagt hatte. „Nein. Es wäre unnötig gewesen. Jeder weiß, dass dies nie funktioniert hätte.“, behauptete er.
    Doch nicht jeder schien dies zu wissen – Archias verstand nicht, wieso Piso nicht die Standesdünkel hinwegschieben konnte.
    „Weißt du, die Standesdünkel, von denen du redest, sind altmodisch. Genauso wie meine Familie. Was meinst du, wie man hier mit mir Schlitten fahren würde, käme ich mit einer Patrizierin angetanzt? Es geht nicht, wenn mir mein Leben lieb ist!“, dramatisierte er und seufzte. „Aber, ich glaube, du hast Recht. Ich brauche Ablenkung. Und zwar dringend. Wenn ich keine bekomme, vergehe ich hier noch vor Kummer.“ Nochmals seufzte er. „Wann also denkst du, sollten wir und deine zwei Freundinnen uns treffen?“, fragte er.

  • »Ja wieso nicht?« fragte er verwundert, dann grinste er breit.
    »Und ich habe auch noch einen Vorschlag: Wir könnten den Mädels dann ein bisschen den Palast zeigen, was meinst du? Seiana war noch nie da, und Axilla auch nicht. Ganz bestimmt schindet das mächtig Eindruck. Und so spät abends ist auch fast keiner mehr da«, sagte er und grinste noch breiter als eben schon.
    »In der Luft zerrissen? Ach Quatsch, jetzt mal mal keinen Pluto an die Wand! Immerhin redet Quarto schon davon, dass man sich irgendwie einigen sollte. Ich seh das ganz optimistisch. Und ich werd auch alles tun, damit unsere Familien nicht mehr mit Abscheu und Hass in den Augen voneinander sprechen.« Caius war jetzt ernst und nickte grimmig.


    Die Sache mit dem Standesdünkel verstand Caius zwar, aber schlüssig erschien ihm das trotzdem nicht.
    »Und wenn du einfach eine heiratest, aber dich insgeheim mit wem anders triffst?« fragte er und fühlte sich unangenehm an sein Techtelmechtel erinnert. Caius wirkte plötzlich verlegen und sah sich scheinbar interessiert im Atrium um. Er räusperte sich.
    »Ähm. Und...sonst so? Äh, du kennst nicht zufällig jemanden, der sich als Sekretär verdingen will? Ich bräuchte nämlich dringend einen. Diese ganze Bürokratie mit den Betrieben ist echt zu viel für mich«, lenkte er ziemlich ungeschickt ab.

  • Piso musste lachen. „Nun, sicherlich! Das würde ein Spaß werden. Aber mal sehen, vielleicht kommt doch noch eine Gelegenheit, dass wir die Feier auf komplett neutralem Boden feiern können. Ich meine, sowas scheint mir immer wieder zu passieren.“, warf er ein. „Und, ach ja, was denkst du davon, wenn zu so einer Feier ich Vera mitnehme? Du kannst dich sicher an sie erinnern, die, deren Zöpfe du immer gezogen hast.“ Er hoffte, das würde Archis Gedächntnis auf Trab bringen. „Sie ist nämlich in Rom dieser Tage, genauso wie du.“
    Er grinste, als ihm Archias versicherte, die Domus Aeliana sei sicher für einen Flavier. „Wirklich? Mensch, das ist ja interessant. Vielleicht findet eine alte Fehde jetzt endlich ein Ende.“, hoffte er. Bei Archias letzten Worten lächelte er. „Ich bin mir ganz sicher, das tust du, mein Freund, ganz sicher. Ich auch. Aber ich habe einfach noch zu tun, bis dass ich den selben Rang in meiner Familie inne habe, den du in deiner Familie bekleidest.“, spielte er auf seine eigene Rolle bei den Flaviern an, obwohl er auch durch Aristides‘ Abgehen unvermittelt aufs Dreierpodest der einflussreichsten (männlichen) Flavier gerutscht war.
    Archis Vorschlag hatte durchaus etwas, aber Piso musste grübeln. „Hm. Das wäre eine gute Idee. Aber auf der anderen Seite ist es schamlos und ehrlos. Wenn man mal gebunden ist, tut man das nicht.“, grübelte er. Dann lachte er auf und klopfte Archias auf die Schulter. „Trotzdem, danke für den Vorschlag!“ Dies war wohl einer von den momenten, wo man nicht ganz recht wusste, ob Piso seine Worte ernst oder scherzhaft meinte.
    Der Themenwechsel fiel ihm nicht auf, war Piso doch auch eher ein flatterhafter Geselle. „Privatsekretär? Tut mir Leid, da kenne ich niemanden, der das machen könnte. Aber ich kann mal rumfragen.“, versprach er.

  • »Vera?« wiederholte Caius, und ein Bild von einer pickeligen, pummeligen kleinen Patriziergöre mit Sommersprossen entstand vor seinem innere Auge. Er grinste.
    »Im Prinzip nicht, nö«, sagte er, obwohl er doch daran dachte, Axilla und Piso zu verkuppeln, und was sollte Vera dann bei einem Abendessen, bei dem sie die einzige war, die keinen abbekam? Eine steile Falte entstand auf Caius' Stirn, als er überlegte, wen er noch dazubitten konnte.


    »Ehrlos? Schamlos vielleicht, aber ehrlos... Heutzutage macht das jeder. Ich meine, gerade wenn man in eine Ehe gezwungen wird, von was oder wem auch immer. Überleg dir mal, du musst s eine vertrocknete alte Schachtel heiraten... Da hättest du sicherlich keine Lust, Lust zu haben. Dann wirst du dich wieder an meine Worte erinnern, mein junger Pahdah-Wahn.« Caius nickte geschäftig.


    »Hm, naja, dann hör dich mal um. Aber ich will nicht den letzten Deppen. Dann kann ich den Mist sonst auch gleich selbst machen«, bemerkte er und nahm einen kräftigen Schluck Wein.
    »Moment, meinen Rang? Wie meinst du denn das?« fiel ihm dann reichlich verspätet auf. Mit hochgezogenen Brauen sah er Piso an.

  • „Mensch, danke! Das wäre ganz prima! Ich denke, sie sollte mal ein bisschen aus der Villa heraus.“ Sie war zu lange darin geblieben während ihrer Krankheit. „Ich kann dir sagen, sie war ziemlich lange krank. Ich habe mir schon echte Sorgen gemacht. Aber gut, dass sie wieder da ist.“ Piso liebte seine Schwester über alles (auch wenn es eine ganz andere Sache war, dies auch zuzugeben) und fühlte sich für sie verantwortlich. In eine bessere Gesellschaft wie in die von Archi konnte sie gar nicht kommen.
    Archias hielt eine enorme apologetische Rede über Ehebrecher, und Piso schaute ihn verwundert an. Nun gut, Archias war noch nie der Moralapostel gewesen, aber es war seltsam, wie lange und weitschweifig er dies zu verteidigen versuchte. „Na ja, gut, wenn du meinst...“, trachtete er Archias in seinem Redefluss zu unterbrechen. „Aber was ist ein Padah-Wahn? Ist das etwas Parthisches?“, fragte er ein wenig misstrauisch.
    „Na, sicher mache ich das. Vielleicht findet sich einer von meinen Notarii, aber, um ehrlich zu sein, es sind schreckhafte Gestalten.“ Als Archias seinen Wein trank, wurde auch Piso dessen wieder gewahr, und spülte hastig nach.
    Zu der Frage von Archias hin antwortete er: „Nun, also, wie ich das meine, ich bin ja nicht so der große Macker in der Familienpolitik. Es gibt ja zwei Senatoren in unserer Familie. Das sind die ganz wichtigen Tiere. Und nach ihnen – also vor den Frauen, den Sklaven und den Haustieren – komme ich. In deiner Familie hingegen gibt es nur einen Senator und danach kommst schon du, was die Wichtigkeit angeht.“, erklärte er.

  • »Was hatte sie denn?« fragte Caius, um ein wenig Anteilnahme zu zeigen. Mit Vera hatte er damals nichts anfangen können, auch wenn sie immer für ein wenig Belustigung gut gewesen war. Besonders ihre Haare hatten es ihm damals angetan. Nicht wegen Farbe, Länge oder Duft, sondern weil sie immer so herrlich gequiekt hatte, wenn man daran zupfte. Und dann war sie öfter nörgelnd weggelaufen, um zu petzen. Caius schmunzelte kurz.


    »Jepp. Das Wort hab ich damals bei dem Händler aufgeschnappt, bei dem ich den Nachfüllsand für Sanduhren von parthischen Schlachtfeldern gekauft habe«, erklärte er.
    »Der Kerl hat seinen Gehilfen immer so genannt.« Und weil Caius das Wort lustig gefunden hatte, hatte er es sich gemerkt.


    Bei der folgenden Erklärung seiner Bemerkung über die Positionen in der Familie machte Caius große Augen.
    »Du denkst, dass ich du Nummer zwei bin und Quarto die Nummer eins?« fragte er ungläubig.
    »Echt?! Krass. Also, eigentlich ist Valerianus die absolute Ober-Eins. Danach kommt Quarto. Und wenn man jetzt nur mal von Rom ausgeht, dann bin ich nur der nächste, weil ich der einzige bin, der sonst noch gerade hier ist, Pi! Wenn mein Paps in Rom wäre, wär der nämlich der zweite. Denke ich. Aber bald bist du ja dann auch Senator, nech?« Caius zwinkerte Piso zu.


    »Soooo... So schön es ist, dich endlich mal wiederzusehen - ich muss gleich noch zu Seiana. Die wird sauer, wenn ich sie zu lange warten lasse...« Caius grinste kurz.
    »Ich würde sagen, ich hole dich dann einfach zu den Rennen ab?«

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