Domus Aeliana - Cubiculum Archias

  • Während Axcilla ihre Lippe aufriss (was Caius natürlich nicht bemerkte) und von ihrer Familie sprach, überlegte er, wie er die Sache mit seinen Eltern und Quarto drehen konnte. Allen anderen wäre es bestimmt herzlich egal, wen er letztlich heiratete, solange die Frau einen netten Eindruck machte und Kinder bekam. Beides kriegte Axilla ohne Probleme hin, da war sich Caius sicher, also sorgte er sich mehr um Quarto und um seine Eltern als um alle anderen.


    »Öhm....« machte Caius nur wenig hilfreich, als Axilla von einem Kastell sprach. Caius hatte keinen blassen Schimmer, wo hier wer stationiert war, und solange alles sicher war, interessierte ihn das auch eigentlich nicht. Außerdem war die Information, die danach kam, viel interessanter für ihn. Er hatte nämlich eben vorschlagen wollen, ein kleines Essen mit Serrana zu planen und die anderen erstmal wegzulassen. Immerhin wusste er ja, wie Axilla zu Silanus stand, den Caius dann gesondert noch mal besuchen musste. Überrascht verfolgte er das, was sie über Serrana sagte.
    »Wieso denken eigentlich alle, dass Sex vor der Verlobung so schlecht ist? Ich mein, gut...« Er sah kurz auf Axillas Bauch runter.
    »Aber wenn man doch eh heiraten will.« Caius merkte, dass seine Argumentation nicht unbedingt sonderlich schlüssig war. Immerhin hatten er und Axilla vorher gar nicht heiraten wollen. Dass sich das nun so ergeben hatte, weil sie herausgefunden hatten, was Sache war (und dabei dachte er nicht an das Kind), war eben Glück. In diesem Fall.
    »Also, du sagst sie weiß es? Was hat sie denn gedacht?« Tja, Pech für Axilla, denn da hatte der gute Caius mal aufgepasst und setzte direkt mit der befürchteten Nachfrage an, wobei er zusammen mit Axilla höher aus Bett rutschte.


    Stumm wie ein Feldblock (und genauso bewegungslos) hörte Caius Axilla zu, wie sie von dem Stelldichein mit Piso erzählte. Er wollte es gar nicht hören. Nananananana! Aber sie war eh gnädig und präsentierte nur mehr oder weniger eine Zusammenfassung.
    »Er hat nichts gesagt. Ich wollte nichts hören. Aber ich kenn Piso schon seit ner Ewigkeit. Da braucht man nicht alles sagen, um es zu verstehen«, knurrte Caius zwischen fast geschlossenen Zähnen hindurch. Er musterte Axilla besitzergreifend. Und bemerkte ihre eingerissene Lippe. Fast wünschte er sich, ein Vampir zu sein, aber er selber stand nur bedingt auf Blut. Blutsuppe war lecker und Blutwurst, aber Axillalippe in Blut?


    Moment, was hatte sie eben gesagt? Blumen und ein Gedicht? Pah, der alte Nachmacher! Caius schnaubte nur. Dann ließ er Axillas Worte noch mal Revue passieren und stolperte über einen Satz. Er war halt nicht du? Pling, da trat ein Grinsen auf Caius' Gesicht. Fast vergnüglich ließ er sich zurücksinken und schien plötzlich wieder die beste aller Launen zu haben.
    »Ich bin besser«, stellte er zufrieden fest und gluckste. Alles andere war grad nicht so wichtig. Er war besser im Bett als Piso. Juchhei!

  • Als er auch etwas energisch argumentierte, nickte Axilla ihm nur zu. “Ja, genau. Ich meine, deshalb sind wir doch nicht irgendwie böse Menschen, oder? Ich meine, das heißt ja nicht, dass wir mit jedem...“ Ganz kurz schaute Axilla auf und suchte Archis Blick dabei. Dass er mit Seiana nicht geschlafen hatte, hatte er ihr mehr oder weniger gesagt. Er meinte ja, sie wolle ihn nichtmal küssen. Aber mit wem er sonst noch intim gewesen war, wusste Axilla nicht. Im Grunde ging es sie ja auch nichts an, genausowenig wie ihn das bei ihr eigentlich etwas anging. Sie hoffte aber dennoch, dass sie sich darüber in Zukunft keine Gedanken machen musste. Männer waren zwar so, aber... nein, die Vorstellung gefiel ihr nicht. Sie war zwar nicht eifersüchtig veranlagt, aber es wäre trotzdem schön, wenn sie ihn jetzt wirklich hatte. Vollkommen.


    Allerdings beharrte er auf eine Antwort zu Serrana, was Axilla doch wieder mehr in die Defensive drängte und sie in Erklärungsnot brachte. “Ja, sie war in der Nacht da, als ich versucht habe... Leander wollte mich nicht allein lassen, während er den Arzt holte, weil ich so geblutet hab. Und da hat er sie geweckt.“ Axilla zuckte nur mit den schultern und beantwortete dann seine zweite Frage. “Ach, sie hat nur wilde Vermutungen aufgestellt, wer der Vater sein könnte. Als ob ich mit jedem gleich... also, ich meine, das war wirklich haltloses Zeug. Ich meine, wir beide kannten uns schon über ein Jahr... Gut, es ist eigentlich doch sehr spontan passiert dann, war ja nicht geplant oder so, aber... du weißt schon.“
    Na hoffentlich war er damit zufrieden und bohrte nicht noch weiter nach. Sonst würden Axilla am Ende noch die Ausflüchte ausgehen.


    Bei Piso aber schien Archias wirklcih sauer zu sein. Dann hatte der Flavier also nichts gesagt? Weil Archias auch gar nicht darüber reden wollte? Warum fing er dann jetzt bei ihr damit an? Männer! Und dann von einer Sekunde auf die andere grinste er und alles schien in Ordnung zu sein. Weil er besser war. Besser womit?
    Es dauerte eine Weile, bis der Groschen bei Axilla gefallen war und sie knallrot anlief. Das hatte sie gar nicht gesagt! Aber gut, sie würde ihm nicht widersprechen, jetzt sowieso nicht. Wenn diese Erkenntnis das wichtigste für ihn war, dann sollte er sie behalten. Sie würde das sicher nicht zerreden jetzt. Lieber ihn in der Meinung noch bestärken und etwas ärgern.
    “Und ich muss noch so lange warten, bis du es mir wieder beweisen kannst“, meinte sie übertrieben kokett, was aber durch die immernoch ziemlich rote Gesichtsfarbe wohl nicht ganz so frech rüberkam wie gewünscht.

  • »Genau. Und stell dir mal vor, du heiratest die absolute Niete... Da ist es doch vorprogrammiert, dass du dich nach was besserem umschaust«, erwiderte er und nickte im Liegen. Gut, nachdem was er jetzt so über Axilla und Piso gehört hatte, wollte er lieber nicht noch weiter darüber nachdenken, dass er da vielleicht nicht der einzige gewesen war, abgesehen von Piso... Blöderweise aber dachte er doch dran. Er drehte den Kopf und sah Axilla seltsam an. Im Gegensatz zu Axilla war Caius nämlich ziemlich eifersüchtig veranlagt.
    »Wenn wir dann jetzt aber verlobt sind, dann...« sagte er und sah sie vielsagend an.
    »Und beim Wein müssen wir dann wohl bei dir aufpassen.«


    »Achso«, sagte Caius, als Axilla von Serrana erzählt hatte. Mehr blieb ihm auch nicht zu sagen. Das klang alles ganz logisch für Caius, also hatte Axilla in dem Fall dann wieder Glück, weil er nicht noch mal nachhakte.
    »Und du meinst, dass sie dir immer noch sauer ist, wenn du ihr den Vater vorstellst?« fragte er sie da lieber direkt, weil er sich nicht vostellen konnte, wie man dann noch böse sein konnte. Immerhin hatte dann alles seine Ordnung.


    Zu Piso sagte Axilla nicht mehr groß was. Caius fiel das aber auch gar nicht weiter auf. Natürlich war da noch was in seinem Hinterkopf, aber er hatte sie nicht mit Gewalt genommen und es war nichts passiert. Was genau dabei passiert war, wollte Caius gar nicht wissen. Zumindest nicht, solange er besser war. Er drehte sich schwungvoll um, packte Axilla dabei um die Hüften und schob sich halb auf sie drauf.
    »Dramatisch, nicht? Und so schaaade«, bemerkte er breit grinsend, küsste sie dann auf ihre arme Lippe und strich ihr mit einer Hand durchs lange Haar.
    »Ich nehme an, hiermit ist dann deine Anstellung bei mir auch hinfällig. Wollen wir die Verlobung dann einfach eintragen lassen?« Ohne zu feiern, meinte Caius.

  • Bei seinem ersten Satz nickte Axilla nur stumm und bekräftigend. Wenn sie sich vorstellte, sie würde ihr restliches Leben mit einem alten Mann zusammensein müssen, der keine Ahnung hatte, wie er das ganze so gestaltete, dass es ihr auch Spaß machte... Axilla war sich ziemlich sicher, dass sie dann doch ein Problem mit dem Treusein gehabt hätte.
    Dann aber wurde Archias ernster und irgendwie gereizter, und Axilla konnte nur unschuldig zu ihm rüberschauen. “Jetzt bin ich ja dann nicht mehr allein unterwegs, wenn ich Wein trinke, dann bist du ja dabei, oder? Und ich mag Wein sowieso nicht so gern. Der steigt mir viel zu schnell zu Kopf.“ War ja nicht so, als ob Axilla nicht selber schon beschlossen hätte, nie mehr so viel zu trinken. Ihr war das ja selbst über die Maßen peinlich.


    Ob Serrana noch sauer war, wenn sie ihr den Vater des Kindes vorstellte, wusste Axilla nicht. “Ich weiß nicht, wie sie reagiert. Sie hat da schon sehr altmodische Vorstellungen, weißt du? Ich glaube, die Germanicer haben sie da verhunzt. Wusstest du, dass ihre Großmutter eine Germanica ist und sie großgezogen hat? Ich sag dir, die hat keinen Funken iunischen Blutes mehr in ihr gelassen. Nur so ganz altmodische Anschauungen und so...“ Die ja im Grunde nicht schlecht waren. Im Grunde wusste Axilla ja auch darum und noch viel theoretischer war sie ja auch danach erzogen worden. Nur eben nicht so streng. Und sie selbst definierte das eine oder andere eben anders. “Aber vorstellen sollte ich dich wohl trotzdem mal. Wenn ihr bald verschwägert seid...“ Was immernoch eine zwar schöne, aber gleichzeitig erschreckende Vorstellung war. Sie würde wirklich heiraten! Götter!


    Die Sache mit Piso hatte Axilla aber scheinbar wieder zurechtgebogen. Wenn sie auch keine Ahnung hatte, wie sie das gemacht hatte. Sie hätte sich den genauen Wortlaut ja gerne gemerkt, damit sie ihn bei passender Gelegenheit wiederholen konnte. Aber im Grunde war es egal, Hauptsache, er war nicht mehr böse.
    Und das war er nicht, im Gegenteil. Er zog sie auf sich und küsste sie, strich ihr durchs Haar – und löste damit noch mehr Strähnen aus ihrer Frisur. Ihre kleine kniende Einlage und die Bekanntschaft seiner vorsichtig unterstützenden Hand hatten ja schon einige Locken gelöst, aber nun purzelten noch mehr herunter. Am besten, sie flocht sich gleich einen Zopf oder so. Aber später, denn erst einmal musste sie auf diese gemeine Provokation eingehen.
    Ihre Hände krallten sich in den Kragen seiner Tunika, und sie zog ihn an sich, küsste ihn noch einmal, aber nicht so sanft wie er eben, sondern begehrlicher, während ihr Becken leicht nach vorn gegen seines rutschte. Sollte er ruhig auch mitfühlen, welche Sehnsüchte sie litt. “Wie, du feuerst mich? Oh, dann muss ich mir das wohl nochmal überlegen“, meinte sie frech und küsste ihn nochmal. Diesmal ließ sie seine Tunika los und grub ihre Hände stattdessen lieber in sein Haar. “Du weißt, ich arbeite gern. Und außerdem muss doch noch jemand sich um deine Betriebe kümmern. Und die ummelden.“
    Sie grinste Archias frech an und ließ sich dann etwas zurücksinken, gab so sienen Kopf wieder frei. Kurz überlegte sie und legte dabei den Kopf schräg. “Meinst du nicht, das sieht komisch aus, wenn du das gleich eintragen lässt? Ich meine... können wir nicht einfach heiraten und das dann eintragen lassen? Dann gibt es auch nicht so viel Gerede und keiner nervt mit irgendwelchen Fragen deswegen.“ Und Axilla wollte immernoch am liebsten zum Heiraten einfach ein paar Tage abhauen, so dass überhaupt niemand die Chance hatte, sie da zu löchern und mit Erwartungen zu bombardieren.

  • »Das will ich auch hoffen«, bemerkte Caius gespielt grimmig, auch wenn er sich fragte, warum Axilla denn so oft Wein trank, wenn sie den gar nicht mochte. Eigentlich.


    »Versuchen wir das einfach. Ich würd sie gerne mal kennenlernen. Vielleicht sollte ich danke sagen, weil sie auf dich aufgepasst hast. Nur versteh ich immer noch nicht, warum du nicht zu nem echten Arzt gegangen bist. Ich mein... So ein Kurpfuscher. Da war doch klar, dass er Mist baut.« Caius schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.
    »Naja. Von den Germanicern kenn ich übrigens niemanden.« Caius grinste kurz. Verschwägert... Andererseits hatte er, je näher der angesetzte Termin für seine Hochzeit mit Seiana rückte, auch irgendwie wenig Lust auf ein großes Fest mit einer Menge Verwandten und noch mehr Bekannten.
    »Sag einfach bescheid wenn es passt. Ich komm gern.«


    Axilla presste sich regelrecht an ihn, und Caius ließ sich nach einer kurzen Schocksekunde gern davon überzeugen, dass Axilla Qualen litt und die Tage rückwärts zählte, bis es mehr für gab, als nur ein sinnliches Aneinanderpressen. Bei ihren Händen an seinem Kragen und danach in senen Haaren entwich ihm doch ein Seufzer, aber er rollte sich von Axilla runter und wieder auf die Seite, stellte da einen Ellbogen auf und legte den Kopf in die Hand.
    »Ja und? Ich könnte meiner Frau eine andere Bezahlung anbieten als meiner Verwalterin«, sagte Caius breit grinsend.
    »Aber du hast recht. Ummelden kannst du die wirklich mal. Sozusagen als deine letzte Amtshandlung. Die Unterlagen hast du ja.«


    Caius' freie Hand schnappte sich Axillas und zog sie zum Mund. Hin und wieder drückte er mal ein Küsschen drauf, zwischen den Worten.
    »Meinst du? Aber eigentlich ist es doch so... Und wenn wir das nicht eintragen lassen, ist es auch nicht offiziell. Aber wir könnten natürlich die Lutetia-Variante noch mal überdenken. Wobei das eigentlich zu weit weg ist. Wie wär's stattdessen mit Luca?« Caius schmunzelte Axilla an. Ihm grauste es vor dieser monströsen Hochzeitsangelegenheit. Das war schon bei Seiana so gewesen. Jetzt gab es aber keine Senatoren außer Quarto, die man unbedingt einladen und wegen denen man eine Riesenfeier planen musste. Axilla und er könnten tatsächlich winzig feiern, und keiner würde was dagegen haben. Glaubte Caius.

  • “Gut, ich frag sie dann einfach mal....“ Wirklich überzeugt klang das zwar nicht von Axilla, aber sie würde es wohl machen. Sie war sich nur gänzlich unsicher, was dabei herauskommen würde. Seit dem Streit hatten sie und Serrana nicht gesprochen. Und dabei war das ganz dringend nötig! Axilla fand ja schon die Idee mit dieser Doppelhochzeit bescheuert – hauptsächlich, weil sie Calvena nicht leiden mochte – aber als sie mitbekommen hatte, wen die vier alles eingeladen hatten, da war ihr ganz unheimlich geworden. Das musste sie ganz dringen ncohmal besprechen. Die Iunier waren ja nicht Midas mit der Goldhand, als dass sie so viele Leute entsprechend bewirten konnten. Überhaupt, wo in der Casa wollten die beiden Brautpaare ihre Gäste stapeln? Und überhaupt das allerschlimmste für Axilla: Serrana hatte die eigene gens bei ihren Einladungen vergessen. Das war etwas, worüber Axilla wirklich mit ihr reden musste. Denn wenn sie ihre eigene Verwandtschaft vergaß, konnte sie dem Germanicer auch gleich ihre Hand versprechen und seinen Namen tragen.
    Bei diesen immer ärgerlicher werdenden Gedanken bekam Axilla Archis Ärger über Crios gar nicht so richtig mit. Sie blinzelte erst nur einmal etwas verwirrt und sah ihn dann fragend an. “Aber Crios ist doch richtiger Arzt? Und ich dachte, du freust dich auf das Kind?“ Ein klein wenig verunsichert war Axilla jetzt schon.


    Da war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass er ihre Avancen zu einem Ende brachte und sich neben sie aufs Bett legte, den Kopf auf den Ellbogen gestützt. Auch wenn Axilla wirklich erregt war, die Frage nach dem Kind ließ sie nicht so ganz los. Und Axilla wusste nicht, ob sie sich mit dieser ganzen Unsicherheit wirklich hätte fallen lassen können, wenn es denn überhaupt gegangen wäre.
    Auf der anderen Seite allerdings war sie durchaus erregt genug, es auszuprobieren und Crios' Warnung in den Wind zu schießen. Wenn Archias ein bisschen vorsichtig war... so zumindest am Anfang....
    Nein, es war wirklich in mehrerlei Hinsicht gut, dass er sich zurückgezogen hatte, wenngleich ihr seine freche Antwort nicht so ganz gefiel. Sie lächelte aber dennoch erstmal und beugte sich zu ihm rüber, um ihm noch einen kleinen Schmatz auf die Lippen zu geben. “Ahja? Wie willst du mich denn dann bezahlen? Ich hätte da ja schon eine Idee... aber ab und zu wirst du wohl auch mal schlafen müssen.“ Frech grinste sie ihm zu, dann wurde sie ein bisschen ernster.
    “Würde es dich denn stören, wenn ich dann woanders arbeite? Ich mein, ich will ja gar nichts großes machen, nur.. hmm... weißt du, ich will halt schon etwas machen. Mein eigenes Geld verdienen, weißt du? Muss ja gar nicht viel sein, will ich ja auch gar nicht. Nur halt... so ein bisschen, was wirklich meins ist. Was ich mir verdient habe. Ich will nicht wie die ganzen verheirateten Frauen nur daheim rumsitzen und meinem Bauch beim wachsen zusehen.“
    Axilla war schon immer ein aktiver Mensch gewesen. Zwar betraf das hauptsächlich ihren Körper, der geübt im Rennen, Klettern, sogar dem undamenhaften Reiten war. Sie konnte auch Schwimmen und wusste, wie man ein Schwert hielt – wenngleich sie nie ernsthaft mit jemandem gekämpft hatte, oder gar sowas plante. Aber Axilla war immer in Bewegung gewesen, Zeit ihres Lebens. Nun sich vorzustellen, mit einer Hochzeit nur noch dazusitzen und Kinder zu kriegen und Einkaufen zu gehen und irgendwann wie die ganzen anderen Frauen in der Therme dazusitzen und über Nichtigkeiten zu lästern, war für Axilla ein echter Alptraum. Und sie hoffte, Archias konnte diesen kleinen Freiheitsdrang verstehen.


    Er schnappte sich ihre Hand und führte sie an die Lippen. Ein bisschen komisch war das ja schon, und Axilla musste lachen. Vor allem, als er ihre Handfläche einmal küsste, das kribbelte den ganzen Arm hinauf.
    Seine Worte allerdings waren ernster, und Axilla musste einen Moment kurz überlegen. Wenn sie es nicht eintragen ließen, hatte es gar nicht so wirklich bestand? Nun, im Grunde war ihr die Verlobung nicht so wichtig, solang die Ehe nachher galt. Aber vielleicht hatte er ja recht, und er...
    Gerade in Gedanken überraschte er sie dann doch vollkommen, und Axilla schaute einen Moment nur zu ihm runter, wie er grade ihre Fingerspitzen küsste. Es dauerte einen Schockmoment, ehe sie merkte, dass er sie nicht nur aufziehen und veralbern wollte. Kurz ging ein Freudenschauder durch ihren Körper, dann schon stürzte sie sich regelrecht auf ihn, zwang ihn so mit Schwung auf seinen Rücken und lag halb auf seiner Brust, während sie ihn statt einer Antwort erst einmal abbusselte, um ihn dann schließlich lang und sanft zu küssen.
    “Ja. Am liebsten würd ich gleich mit dir losreiten. Ob jetzt nach Luca oder nach Asisium oder sonstwohin. Irgendwo kleines, wo es nicht so einen Wirbel gibt.“
    Sie küsste ihn nochmal, um es zu bekräftigen. Erst danach holte die Welt sie so langsam ein. Sie zog sich ein wenig zurück, legte sich einfach neben ihn. “Aber können wir das so einfach? Ich meine... Serrana heiratet ja auch bald. Und zu dem Termin muss ich auf jeden Fall auch da sein, denk ich. Mir graut es schon davor...“ Und kurz schüttelte es ihren Körper. Da fiel ihr was anderes ein. “Ähm... wann... also... ich meine... wann würdest du denn überhaupt... wollen? Also... du weißt schon...“

  • Caius nickte nur, als Axilla von Serrana erzählte. Sollte sie sie mal fragen und ihm dann bescheid sagen. Die Sache mit Crios war schon ein anderes Kaliber. Da konnte er nicht einfach nur nicken.
    »Natürlich freue ich mich! Aber dass es nicht geklappt hat, zeigt doch eigentlich, dass er keine Ahnung hat was er da macht. Oder nicht? Und das alles wär bestimmt auch weniger schmerzhaft gegangen. Nee nee, das war schon ganz richtig, dem eine kleine Lektion zu erteilen.« Da ließ er auch nicht mit sich reden.
    »Aber vielleicht hat eine allein nicht wirklich was gebracht...« überlegte er laut vor sich hin. Immerhin war dieser Kurpfuscher noch mal bei Axilla gewesen, nachdem Caius ihn getroffen hatte (in die Magengrube).


    »Ab und zu«, erwiderte Caius breit grinsend und stupste Axillas Nase kurz an. Dann beugte er sich vor, bis seine Lippen ihr Ohr streiften.
    »Aber ich komm mit Schlafmangel eigentlich ganz gut klar«, raunte er ihr zu und zog den Kopf dann wieder weg.
    »Hmm... Würde mich das stören... Nicht wirklich. Aber das kommt drauf an, was du machst und für wen, würd ich sagen.« Eigentlich wär es Caius am liebsten gewesen, wenn Axilla für eine Frau arbeiten würde. Vielleicht brauchte ja Seiana noch Hilfe für....wobei, das war eine selten dämliche Idee, die Caius gleich wieder verwarf.
    »Ich kann dir aber auch Geld geben. Dann musst du nicht für irgendwen arbeiten.« Eigentlich wär es am nettesten gewesen, wenn Axilla wirklich nur dagesessen und ihrem Bauch beim Wachsen zugesehen hätte. Aber das konnte er ihr wohl schlecht erzählen.
    »Kannst es dir ja auch verdienen«, feixte er sie dann an.


    »Irgendwo kleines also. Nur deine Familie und meine? Meinst du?« Klang ja durchaus reizvoll. Immerhin konnte dann kein Idiot aufkreuzen, der irgendwem eine Schüssel irgendwas auf die teure Tunika kippte. Caius grinste kurz.
    »Wie, ob wir das so einfach können? Wieso denn nicht? Guck dir mal diesen Flavius Furidingens an, der hat geheiratet und niemand wusste davon. Nicht mal die Familie... Dann können wir das auch ganz klein machen. Wird eh kein Hahn danach krähen.« So zumindest die Vermutung. Wie das letztendlich aussah, musste man abwarten.
    »Und wann.... Ja, gute Frage. Die Einladung zu dieser Mordsfete hab ich gesehen. Ist aber nur Quarto eingeladen, da musst du also alleine durch.« Caius zog eine Grimasse und zuckte die Schultern zusammen.
    »Hah, wie wärs noch vorher? Also, ich weiß, dass meine Eltern am Vierten vor den Aprilnonen nichts zu tun haben. Ist dir das zu schnell?« An besagtem Tag hatten Caenis und Calvaster nichts vor, weil sie dachten, dass Caius da Seiana heiraten würde. Aber das sagte Caius nicht. Er fand es praktisch, den gleichen Termin zu nehmen, weil er ja schon mal eingeplant gewesen war. Wieso auch nicht?

  • Schon wieder war Archias so grummelig wegen Crios, was Axilla nicht so ganz verstand. Was hatte der Grieche ihm denn bitte getan? “Wie meinst du das denn jetzt schon wieder?“ fragte sie nochmal nach, und ihr Tonfall machte schon deutlich, dass sie diesmal wirklich eine Erklärung hören wollte. Immer diese Andeutungen, und dann winkte er mit einem 'Ach nichts' ab. Aber da war was, und Axilla wollte wissen, was es war.


    Begeistert schien er ja nicht unbedingt zu sein, dass sie arbeiten wollte. Aber Axilla konnte einfach nicht nur daheim rumsitzen. Das ging nicht. Sie brauchte ihre Freiheit, immer. Und arbeiten war ein Teil davon. Sie konnte sich nicht nur auf eine Sache allein voll und ganz einlassen. Das war, als würde man ihr eine Kette umlegen. Sie brauchte immer auch noch was anderes, und wenn es nur was ganz kleines war. Aber sie brauchte was, war ihres war, und ihres allein. Von niemandem sonst. Sie war schon immer ein Freigeist gewesen, und da brauchte sie das einfach.
    Als er meinte, er könne ihr auch Geld geben, und sie könne es sich verdienen, musste Axilla lachen. Gespielt schubste sie ihn einmal leicht und legte sich dann auf den Rücken, um zur Decke einfach hochzuschauen.
    “Es geht mir nicht ums Geld. Also, auch, aber nicht nur. Und wenn wir verheiratet sind, krieg ich doch was von deinem Geld, oder behältst du das ganz für dich alleine?“ Kurz schaute sie zu ihm rüber und grinste ihn an, dann sah sie wieder verträumt zur Decke hoch.
    “Ich will nur... ihr Männer arbeitet doch auch alle. Und ich mach schon nichts unanständiges oder für eine unanständige Person. Ich will nur... was eigenes auch erreichen, verstehst du das?“
    Als sie den Kopf wieder drehte, fielen ihre Haare von der Bettkante und das letzte bisschen ihrer Frisur löste sich damit in Wohlgefallen auf.


    Die Hochzeit wiederum war ein wirklich schwieriges Thema. Sein Antrag war ja immerhin noch nichtmal eine Stunde alt, da nun schon so genau zu planen war irgendwie ein sehr komisches Gefühl. Vor allem: Er war ja noch mit Seiana verlobt! Was, wenn sie nein sagte? Was, wenn Silanus nein sagte? Nungut, das konnte ihnen egal sein, Axilla brauchte sein Einverständnis nicht. Aber trotzdem... da war sooo viel wenn und so wenig Gewissheit.
    “Nein, zu schnell nicht. Ich würd dich auch noch eher heiraten, diesen Monat geht es ja nicht.“ Axilla sah kurz zu ihm herüber. Allzu lang sollten sie sowieso nicht warten, wenn das Kind so richtig ehelich geboren werden sollte. Sie wollte ja nicht, dass dem Kind dann etwas nachgesagt werden würde. Oder ihnen beiden. Hach, das machte die Sache schon wieder schwierig!
    “Aber vielleicht solltest du erst noch mit Seiana reden. Was ist denn, wenn sie nein sagt? Ich meine, ihr beide seid doch noch verlobt und... also... wenn sie dich immernoch heiraten will?“ Axilla wusste nur zu gut um ihre eigene Unzulänglichkeit, und dass sie verglichen mit der Decima sicher die schlechtere Partie war. In jedem Belang.

  • »Ich meine«, sagte Caius.
    »dass es ganz richtig war, ihn Bekanntschaft mit meiner Faust machen zu lassen.« Caius grummelte vor sich hin und dachte sich nichts dabei, dass er das jetzt so sagte. Dann setzte er sich auf und sah Axilla verwirrt an.
    »Äh, ja, aber wir sind ja auch Männer«, stellte er verwirrt fest.
    »Und klar kriegste was ab.« Für Caius war das selbstverständlich. Verwirrt blinzelte er Axilla an.
    »Aber ich weiß, was du meinst. Auch wenn du da wohl eine von ganz wenigen bist, die so denken.« Genau genommen kannte er nämlich keine Frau, die so viel Wert darauf legte, sich eigenes Geld zu verdienen. Naja. Seiana war vielleicht noch so jemand. Caius sah Axilla nachdenklich an und betrachtete, wie sich ihre Haare in dunkelblonden Schlingen vom Bett kringelten. Da dachte man gleich an was anderes! Zum Beispiel daran, wie es sich anfühlte, wenn ihre Haare auf seiner nackten Haut kitzelten und... Caius schwang die Beine aus dem Bett und rutschte zum Rand. Besser, wenn er jetzt aufstand.
    »Gut, also... Wir reden einfach noch mal drüber, wenn ich bei ihr war...« redete er sich heraus und seufzte.
    »Auch wenn ich gar keine Lust hab, ehrlich gesagt.« Caius zog eine Flunsch und stand dann auf.
    »Wie ist's, magst du vielleicht spazieren gehen?«

  • Bekanntschaft mit seiner FAUST? Axilla starrte zu Archias rüber, vor allem, da dieser offenbar vorhatte, das ganze zu wiederholen, so wie er redete.
    “Das lässt du schön bleiben“, meinte Axilla bestimmt. Er konnte doch nicht einfach den Iatros verprügeln! Axilla war zwar sicher niemand, der Gewalt als Lösung ausschloss – dafür war ihre Einstellung zu Blut und Ehre einfach zu praktisch – aber in diesem speziellen Fall war Crios ja wirklich unschuldig und hatte Prügel sicher nicht verdient. “Er hat schon gemacht, was er konnte. Und jetzt ist es ja sowieso vorbei.“ Zumindest, wenn alles glatt ging. Da bestand ja wirklich keine Notwendigkeit, den Griechen nochmal zu hauen, wo es beim ersten Mal schon nicht ganz rechtens war.


    Aber wenigstens verstand Archias, warum sie arbeiten wollte, und Axilla atmete einmal froh durch. Es war schön, zu wissen, dass der andere einen verstand und nicht dachte, man sei verrückt oder größenwahnsinnig oder undankbar und käme nur nicht damit zurecht, eben kein Mann zu sein. Und so lächelte Axilla ihn glücklich an. Er würde, wenn er es also verstand, auch nichts dagegen haben, wenn sie sich wieder nach einer Stelle dann umsah, wo sie wirklich arbeiten konnte. Wo niemand sagen würde, das sei nur eine Gefälligkeit ihres Ehemanns. Wenngleich die Chancen, so eine Stelle zu finden, wo sie doch eigentlich keine Talente vorzuweisen hatte, verschwindend gering waren. Aber die Hoffnung war ja bekanntermaßen bis zuletzt in Pandoras Büchse verblieben.


    “Also, eigentlich bin ich ja her gekommen, um zu arbeiten“, meinte Axilla auf seine Frage nach dem Spaziergang. Sie hatte auch nichts gegen einen solchen, aber Arbeit war Arbeit. Also rappelte auch sie sich aus dem Bett hoch und betrachtete wieder das Chaos, das aus dem Schrank gefallen war. Sie schnaufte einmal durch. “Und aufräumen sollten wir auch wieder“, fügte sie etwas resignierend hinzu.
    Leichtfüßig stieg sie aus dem Bett und angelte sich nun den Rechenschieber vom Haufen an Krimskrams, um ihn zum Schreibtisch zu bringen. “Was hältst du davon. Ich prüf die Rechnungen, du räumst das da wieder auf und bringst ein Schild an dem Schrank an, damit zukünftig alle gewarnt sind, und dann gehen wir spazieren?“ Wenigstens etwas wollte Axilla heute richtig machen und zu Ende bringen, und wenn es nur ein paar Rechnungen waren.

  • »Zu spät«, bemerkte Caius nur noch und sah Axilla mit einem ebenso breiten wie zufriedenen Grinsen an. Immerhin hatte er Crios ja schon Bekanntschaft schließen lassen mit seiner Faust. Obwohl er gerade gut Lust hatte, sich noch mal in Erinnerung zu bringen...


    »Öhm.« Caius sah sich im Zimmer um. Aufräumen...schon wieder! Er zog eine Flunsch und seufzte dann wie unter Schmerzen auf. Trotzdem klang Axillas Vorschlag immerhin irgendwie logisch, und Caius fügte sich (natürlich nur deshalb) widerwilig.
    »Na guuut....« sagte er.
    »Aber das mit dem Schild lass ich. Du weißt jetzt bescheid, und wer anders hat hier nichts zu suchen. Ist also ne prima Einbruchsicherung, wenn du so willst!« Er grinste breit, beugte sich vor und küsste Axilla auf die Stirn.
    »Wir sind verlobt«, stellte er nochmal fest.
    »Naja, so gut wie, zumindest.«


    Und nachdem Axilla gleich drei Zahlendreher gefunden hatte in Caius' Rechnerei und Caius seine Krimskramslawinenalarmanlage wieder so verstaut hatte, dass sie beim unsachgemäßen Öffnen des Schränkchens auf den Öffnenden losgehen würde, gingen sie tatsächlich spazieren.

  • »Da ist ein Brief gekommen«, sagte Katander und wedelte mit einer Schriftrolle herum.
    »Vom Ädilen. Eigentlich für Quarto, aber Nakthi sagt, er ist zu krank um sich darum zu kümmern.«
    »Hmh?« Caius schnaufte, schluckte den Mundvoll Brei runter und griff dann nach der Rolle, um sie aufzumachen. Quarto hatte sich eine tierisch fiese Erkältung zugezogen.
    »Äääähm... Also, so hatte Nakthi das glaube nicht gemeint... Es geht wohl um die nächsen Rennen. Und du bist nicht Quartos Vertreter«, gab Katander zu bemerken, aber Caius grinste nur breit.
    »Ich weiß...« erwiderte er verschmitzt.
    »Ich meld uns einfach an, was hältst du davon!«
    »Äh, nicht viel? Müsste das nicht entweder Quarto oder dieser Germanicus machen?«
    »Eigentlich. Ja...« Caius grinste wieder breit, ließ die Rolle dann zusamenschnappen und warf sie Katander wieder zu, der sie hastig auffing.
    »Aber der heiratet bald und ist bestimmt totalst im Stress... Wär doch nett von uns, wenn wir ihm die Anmeldung abnehmen... Findest du etwa nicht?« Caius hob vielsagend eine Braue.
    »Ähm. Äh, ja, schon, aber...«
    »Siehste! Also los, meld die Blauen an! Die machen wir nieder, allesamt...«

  • Caius stand der Schweiß auf der Stirn, als ihm ein Sklave die Tür zu seinem Zimmer aufmachte. Axilla war nicht schwer. Zumindest, wenn man sie kurz mal hoch hob. Aber er hatte sie den ganzen Weg vom Trajansmarkt hierher getragen, den ganzen Palatin rauf, an der Wache vorbei und zur Tür des domus Aeliana, wo ihm der ianitor aufgemacht hatte, nachdem er mit dem Fuß dagegen getreten hatte. Und jetzt legte er Axilla auf sein Bett und seufzte erleichtert. Seine Arme schmerzten und an seinem Rücken lief Magma runter, zumindest fühlte sich das so an. Caius ahnte nicht, dass Firas in seiner Abwesenheit nach Hause gekommen war. Er hatte allerdings auch ganz anderes im Kopf.


    »Jetzt bist du zu Hause«, sagte er total platt zu Axilla, die eigentlich was ganz anderes gedacht und außerdem wohl eher das Haus der Iunier vermutet hätte. Aber für Caius war das hier schon ihr zu Hause. Ob gleich oder später war doch egal, und sie wollte sicher nicht mit Fragen bombardiert werden. Da war sie hier eher in Ruhe als bei sich daheim. Caius hatte kurzerhand die Decke aus der taberna mitgehen lassen. Axillas Tunika war eh ruiniert gewesen. Matt lehnte er sich an die Wand neben dem Bett und sah auf Axilla runter (und hinterließ dabei einen Fleck an der hellen Wand).

  • Der Weg hierher war lang gewesen, wenn Axilla auch mindestens dreiviertel davon eigentlich gar nicht wahrgenommen hatte. Ihr Geist war sehr, sehr weit weg, nicht zuletzt durch die letzten Nachwirkungen des Opiums und der anderen Mittel, die Crios ihr gegeben hatte. Und sie wollte auch gar nicht mitbekommen, wo es hin ging, weil ihr Herz sich irgendwie an die vollkommen absurde Hoffnung klammerte, Archias könne sie tatsächlich nach Hause bringen, wo alles wieder gut werden würde. Es war vollkommener Wahnsinn, und hätte Axilla auch nur eine Sekunde zugelassen, über diese unwirkliche Hoffnung nachzudenken, sie wäre zerplatzt wie eine Seifenblase. Aber sie dachte nicht darüber nach. Eigentlich dachte sie so ziemlich an gar nichts. Nur ab und an drängte sich das Bild des toten Leanders in ihre Gedanken, was sie kurz zusammenzucken ließ, ehe sie ihren Kopf wieder von allen Dingen gelehrt hatte und sich nur auf Archias zunehmend keuchenderen Atem und seinen Herzschlag konzentrierte.


    Aber irgendwann war sie gezwungen, ins Jetzt und Hier zurückkehren, denn als Archias sie auf ein Bett legte – sein Bett. In seinem Zimmer. - musste sie einfach bemerken, dass das hier nicht Hispania war. Nichtmal die Casa Iunia. War das ihr zuhause? Axilla richtete sich im Bett auf und zog die Knie ran. Ihr Blick glitt glasig durch den Raum. Tränen hatte sie schon seit einer ganzen Weile keine mehr, dafür war sie nur sehr, sehr still geworden. War das ihr zuhause? Es fühlte sich nicht so an. Allerdings fühlte die Casa Iunia sich auch nicht so an. Ein Zittern ging kurz durch sie, und sie blickte leidvoll auf Archias.
    “Ich muss noch so viel machen. Ich muss ihn waschen, nicht? Und salben, und aufbahren. Und... was geb ich ihm als Münze? Und wo verbrennen? Und das Grab... ich muss noch nachschauen, ob da noch genug Platz ist...“
    So viele Sorgen, mit so leiser Stimme vorgetragen. Aber das war das, was Axilla am meisten beschäftigte. Ob Leander auch ausreichend versorgt war.
    Ein weiteres Zittern ging durch ihren Leib. “Und ich muss es Serrana sagen. Ich meine... es muss vor der Hochzeit sein. In Trauer darf man nicht heiraten. Das bringt Unglück. Also keine Trauer. Und... ich hab bestimmt was vergessen....“
    Warum war jetzt Silanus nicht da? Warum war er weggefahren? Sie hatte noch nie jemanden ganz allein beerdigt. Als ihre Mutter gestorben war, hatten die Nachbarn ihr ein wenig geholfen. Und Iason, ihr griechischer Hauslehrer.

  • Ganz langsam beruhigte sich Caius' Herz wieder und puckerte nicht mehr so heftig und nachhaltig wie vorher. Seine Kehle brannte, aber er wusste, dass Wasser jetzt nicht besonders gut war. Bei ihm wegen dem schrecklichen Kratzen im Hals, bei Axilla, weil sie sich ausruhen musste. Das hatte Crios ihm noch gesteckt, ehe er sie entführt hatte. Deswegen stieß er sich von der Wand ab (mit der Sandale, die auch einen Dreckfleck hinterließ) und tigerte zum Tisch, wo das umsichtige Personal Wein und Wasser hingestellt hatten. Caius nahm den Deckel vom Krug (nichts war schlimmer als ersoffene Fliegen im Wein) und schenkte einen Becher halbvoll. Den gab er Axilla, als er sich neben sie setzte.


    »Trink das. Und dann versuchst du, dich auszuruhen. Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich um alles.« Sobald Axilla eingeschlafen war. Caius rutschte ein Stückchen zurück und zog Axilla dann vorsichtig an sich dran. Er legte seine Arme um sie und ignorierte den schlechten Geruch ihrer Haare, als er seinen Kopf an ihren legte.
    »Du musst jetzt etwas schlafen, Axilla. Stell dir Ägypten vor. Da ist es ganz warm. Da blühen bestimmt viele Blumen jetzt...« murmelte er. Irgendwie musste sie sich doch entspannen...

  • Axilla nahm den Becher entgegen und eher mechanisch nahm sie einen Schluck davon. Von Crios hatte sie auch einen Becher mit ähnlichen Worten in die Hand gedrückt bekommen, und auch den hatte sie so nach und nach getrunken. Warum also sollte sie es da bei Archias anders halten? Und bereits der erste Schluck des puren Weines ließ ihr ein wenig Röte in die Wangen schießen und ein warmes Gefühl in ihrem Bauch die Leere füllen. Zumindest ein wenig.
    Axilla ließ sich zurück gegen ihn sinken und legte ihren Kopf auf seine Schulter, ruhte sich daran aus. Er würde sich um alles kümmern, hatte er gesagt. “Ist das nicht meine Pflicht? Meinst du, er ist böse auf mich, wenn ich es nicht selbst mache?“ Axilla wollte nicht, dass Leander böse auf sie wäre und sie noch als larva heimsuchte. Aber andererseits bot Archias ihr so eine schöne Möglichkeit, das alles von sich zu schieben und einen Moment lang einfach zu vergessen.
    Sie nahm noch einen großen Schluck Wein. Sie schmeckte, was es war, und wie stark der Wein war, aber das machte nichts. Es half. Und Axilla wollte für diesen Augenblick nicht mehr nachdenken, und dazu war dieser Wein ein willkommener Weg.
    “Ägypten...“ murmelte sie mit belegter Zunge. Schon immer wirkte Wein bei ihr sehr rasch, da bildete dieser hier keine Ausnahme. Sie ließ sich noch mehr gegen Archias sinken, so dass sie in seinen Armen regelrecht lag, und schaute zur Decke hoch, als könne sie dort das Land am Nil sehen. “Da ist der Regen jetzt vorbei und das Wasser geht zurück... und bald ist schon die erste Ernte.“ Ja, dort war jetzt sicher alles voller Blumen in den schillerndsten Farben. Und doch war es nicht Ägypten, was Axilla im Augenblick vermisste, wenngleich sie es sehr liebte. “Aber es gibt keine Bäume da. Keine richtigen Bäume. Nur Palmen und Zypressen.“

  • »Ich glaub, der wär eher böse auf mich, wenn ich dich das alleine machen lasse in dem Zustand«, erwiderte Caius leise und mehr zu sich selber als zu Axilla gewandt. Er wusste schon, warum er ihr den Wein gegeben hatte. Langsam wurde sie schläfrig.
    »Macht doch nichts. Ich finde Palmen toll. Kann man Palmwein draus machen«, antwortete er auf Axillas Einwand und begann, ihren Arm zu streicheln. So langsam ließ er die Geschehnisse des Tages auch mal Revue passieren. Axillas Sklave war tot. Axillas Kind war tot. Axilla selber total durch den Wind (was ja auch kein Wunder war). Und Caius betraf das alles. Er fühlte sich verantwortlich, und er glaubte, dass dieser Duccier dahinter steckte und dass eigentlich Axilla hätte dran sein sollen. Bestimmt hatte ihr Sklave sich dazwischengeworfen oder sowas. Caius war ganz elend, wenn er dran dachte, dass er Schuld war.


    »Bist du noch wach?« flüsterte er dann. Den Becher hatte er ihr schon kurz vorher abgenommen, weil die Hand immer mal wieder kurz weggesackt war.

  • “Aber auf Palmen kann man nicht klettern. Auf Palmen... kann man nicht schlafen. Da wohnen keine Geister. Keine Geister in den Ästen. Kein Gesang in den Zweigen.“
    Axilla nahm noch einen Schluck und lehnte sich weiter zurück. Ließ sich mehr sinken. Ihre Augen wurden etwas kleiner. Sie war so müde. Und was immer Crios ihr gegeben hatte, es bekam mit dem Wein neuen Auftrieb und betäubte alles in ihr. Bis auf Erinnerungen, die so sorgfältig gehütet wurden wie Kostbarkeiten – und ebenso selten hervorgeholt, und schon gar nicht anderen gezeigt. Sie erinnerte sich an die Nacht im Wald mit ihrem Vater, wo sie hinausgeritten waren in den Wald. Weil er ihr die Nymphen zeigen wollte, ihr die Angst vor der Dunkelheit und den Geräuschen des Waldes nehmen wollte. An den Sonnenaufgang am Morgen, als die Vögel erwachten und überall plötzlich Musik zu sein schien. Und an das Lied, das ihr Vater gesummt hatte.
    Ganz leise sang Axilla die griechischen Worte, kaum mehr als ein Murmeln. Sie merkte ncihtmal, wie Archias ihr während dessen den Weinbecher aus der Hand nahm.
    “And how she smiled and how she laughed,
    the maiden of the tree.
    She spun away and said to him,
    no featherbed for me.
    I'll wear a gown of golden leaves,
    and bind my hair with grass,
    But you can be my forest live,
    and me your forest lass.“


    Sie erinnerte sich daran und ihr Atem wurde immer ruhiger und flacher, ihre Augen immer schwerer, bis sie schließlich geschlossen waren. Archias Frage bekam sie nur so halb mit, und sie öffnete ihre Augen auch nicht. Dennoch antwortete sie ihm.
    “Ich bin bei meinem Baum. Seine Rinde ist ganz warm, und wo die Sonne draufscheint, riecht er nach Harz. Und wo Schatten ist, riecht er nach Moos. Von da kann ich sehen, wenn Vater heimkommt. Ganz weit kann man da sehen... Mutter hat immer Angst. Einmal ist ein Ast abgebrochen und ich bin gefallen... ich war nicht schnell genug. Hier, am Bauch...“ Axilla berührte die stelle knapp oberhalb ihres Bauchnabels, wo eine uralte, kleine Narbe vielleicht ein Fingerbreit entlanglief. Die einzige Narbe, die sie hatte, und nicht mehr als ein winziger, blassroter Strich, kaum zu bemerken. “Sie mussten einen Medicus rufen. Aber es war nichts... nicht schlimm, ein Stich. Und Soldaten weinen nicht... nein... Soldaten weinen nicht...“
    Und dann wurde Axillas Atem nur immer flacher und gleichmäßiger, und abgesehen von dem ein oder anderem “Hmmmm“ war nichts mehr von ihr zu hören.

  • Ihre Worte ergaben für Caius erstmal keinen Sinn, bis ihm verschwommen einfiel, dass Axilla mal von einem Baum geredet hatte, auf den sie immer geklettert war. Er sagte nichts, er ließ sie einfach reden und hielt sie nur fest. Wie es in Spanien war, wusste Caius nicht. Da war er noch nie gewesen, und alles was er wusste, wusste er vom Hörensagen, weil er nicht gerne las. Dann begann sie zu singen. Zwar so leise, dass es fast ein Flüstern mit Melodie war, aber Caius erschreckte sich trotzdem erstmal. Das klang ziemlich traurig. Caius wurde selber noch trauriger als eh schon. Er dachte an das Bettchen, das er gebaut hatte, und das jetzt erstmal leer bleiben würde. Uh, war das echt Wasser in seinen Augen? Caius blinzelte entsetzt. Axilla sollte davon bloß nichts merken, sonst hielt sie ihn noch für ein Weichei oder so... Er hörte ihr nur halb zu, wie sie von dem Baum redete. Er überlegte sich, dass er das Bett wegschaffen musste, bevor Axilla es sah. Und das Zimmer...gut, das würde ne größere Sache werden. Ach! Dann stand es halt erstmal leer! Das war wie ein Kloß in Caius' Brust. Aber irgendwann würde es schon jemanden geben, der in dem Bettchen liegen wurde, das in dem Zimmer stand, wo er... Aber das war jetzt auch egal.


    Axilla war weggenickt. Abgesehen von einem Schnarcher hier und da war nichts mehr zu hören von ihr. Kein Wunder, ihre Zunge hatte sich auch ganz schön schwer angehört. Sie hatte am Ende richtig genuschelt... Wer wusste, was Crios ihr alles eingetrichtert hatte. Aber jetzt sah Caius das nächste Problem vor sich. Axilla lag an ihn gelehnt da, und zwar richtig. Irgendwie musste er sie zur Seite kriegen, um aufstehen zu können. Auch wenn ihm sowas von gar nicht danach war, würde er sein Versprechen halten und sich um die Sache mit Leander kümmern. Und um das Bettchen und alles. Caius begann, sich hinter Axilla durchzuquetschen, möglichst ohne dass sie aufwachte. Das dauerte eine gefühlte Stunde. Und als er neben ihr stand, musste er sich erstmal vergewissern, dass sie auch tatsächlich noch am schlafen war. Er lugte in ihr Gesicht, das ganz friedlich war, lächelte kurz und nahm dann eine Decke aus dem (quietschenden) Schrank, die er noch mal zusätzlich über Axilla ausbreitete. Dann schlüpfte er aus dem Zimmer und ging einen kompetenten Sklaven suchen, um einige Aufgaben zu verteilen.

  • Caius war beschäftigt gewesen. Er hatte Befehle gegeben und Aufgaben verteilt. Und eben war der erste Sklave losgesaust, um bei den Iuniern eine Botschaft abzugeben, sowie Informationen einzuholen und zu versichern, dass es Axilla zwar schlecht ging, sie aber lebte und es ihr gut ging und Caius auf sie aufpassen würde wie ein Luchs. Was er gerade in diesem Moment genau genommen auch tat, denn er hockte seit zwei geschlagenen Stunden verkehrt herum auf dem Schreibtischstuhl in seinem cubiculum und betrachtete Axilla sorgenvoll. Die Arme hatte er auf der Lehne verschränkt, das Kinn drauf abgelegt. Neben ihm auf dem Schreibtisch lag eine einfache Tunika, die er aus Vespas Zimmer geborgt hatte. Und ein Kamm und Seife, und außerdem ein frisches Kauholz und etwas Zahnpaste aus Minzsaft und Myrrhe und zerriebenen Rosenblättern. Und Caius saß daneben und wartete.

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