[Esquilin] Casa Accia Ducciaque

  • Lepidus hatte gleich einen Tag nach dem Erhalt der Nachricht seine Antwort losgeschickt. Der Bote wurde angewiesen, sie möglichst im Eilschritt zu überbringen, auf dass sie seine Schwester noch rechtzeitig erreichen würde. Wieder einmal deutete der Tiberier die Situation ganz in seinem Sinne oder wie es seine verquere Weltsicht und Wahrnehmung es ihm weiß machten. Und doch empfand er beim Schreiben seit langem tatsächlich wieder so etwas wie brüderliche Gefühle in Anbetracht der furchtbaren Leiden, die er sich ausmalte, die seine Schwester wohl durchleben musste. Das ist sicherlich kein einfaches Schicksal für ein Mädchen, welches mit ganz anderen Standards aufgewachsen war.



    Ad
    Tiberia Lucia
    Casa Accia Ducciaque, Roma


    Meine liebe Schwester,


    was für eine Überraschung! Oder sollte ich besser sagen Enttäuschung? Überraschende Enttäuschung wäre wohl die richtige Verbindung der Worte. Erst reißt er dich an sich und nun entführt er dich auch noch! Ich bin schockiert wie spät ich davon erfahre. In zwei Tagen! Ich musste ja meine ganzen Korrespondenzpflichten nach hinten schieben, um dir noch eine Nachricht zu senden. Erzähl mir bloß nicht, dass du das nicht auch schon früher gewusst hättest! Dass der Germane allerdings so schnell wie möglich Rom verlassen würde, dass hätte ich in der Tat auch absehen können, fällt mir doch letztlich ein großer Anteil daran zu. Ja, es ist in der Tat sehr befriedigend zu sehen, dass meine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren, dem Germanen so viel Angst zu machen, dass er beim Kaiser sicherlich heulend auf die Knie gegangen ist, um von hier fortgehen zu können. Sein Glück, dass dieser gerade für ihn so einen netten Posten frei hatte, so kann er den Leuten doch wahrlich weiß machen, dass er freiwillig und ehrenvoll seinen Abgang aus Rom nimmt. Zum Glück kennen wir ja alle die Wahrheit!


    Weißt du Schwester, lange Zeit empfand ich sehr viel Wut auf dich und dein Verhalten, doch nun tust du mir fast schon ein bisschen leid. Wie du frieren wirst da oben im Norden, mit welch rauen Sitten du dich herumschlagen musst, in welche Orte es dich ziehen wird, die Rom an Pracht und Glanz so weit unterschreiten werden, dass du glauben wirst, du seist in einer ganz anderen Welt gefangen. Wahrhaft bemitleidenswert. Sieh nur welches Los du dir freiwillig erwählt hast! In altkluger Manier möchte ich fast aussprechen: Ich hab‘s dir ja gesagt!


    Und nun werden wir uns nicht einmal sehen, bevor du diese Reise antrittst. Bleibt zu hoffen, dass du den Weg eines Tages zurückfindest und nicht an irgendeiner seltsamen Krankheit dahinsiechst, welche es dort oben geben soll. Bleibt nur zu hoffen, dass die Götter dir eines Tages wieder wohlgesonnen sein werden. Ich werde wohl für die Opfer darbringen und für die Beten müssen. Wie gesagt, ich habe ja leider einen gewissen Anteil an deiner Abreise, deshalb werde ich die Götter für dich wohlstimmen.


    Mir scheint es gibt kaum angemessene Worte in Anbetracht eines solchen Abschieds, der so unpersönlich daherkommen muss. So bleibt mir nur zu sagen: Viel Glück und bleib am Leben.


    Lucius Tiberius Lepidus
    Villa Tiberia
    Italia, Roma

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpg "WAS IN ALLER GÖTTER NAMEN...?!"


    Publius Vennonius Caldus stand im Atrium der Casa Accia Ducciaque und blickte voller Entsetzen auf ein wüstes Chaos. Es sah aus, als hätten die Kimbern und Teutonen die Casa heimgesucht und hier ein wildes Gelage gefeiert. Einen Moment lang hatte es ihm die Sprache verschlagen. Neben dem Entsetzten stand ein eingeschüchterter Ianitor, der der Autorität des Vennoniers nicht hatte standhalten können, als dieser Einlass verlangt hatte.


    "Das ist ja wohl...", entfuhr es Caldus letztlich, als er seine Fassung langsam wiedergewann. "Bei Iuppiters Bart!"


    Zwischen zwei dünnen Laken schnarchte ein zerzauster Caius Duccius Callistus auf dem Boden. Er lag auf dem Rücken und trug eine weinfleckige Tunika sowie lediglich einen Schuh. Neben dem Schlafenden schwamm eine angeknackste Weinkanne im Impluvium. Auf einer Liege, die so quer zwischen Wand und Impluvium stand, dass sie den Weg versperrte, lag derweil ein junges Mädchen, das ebenso fest zu schlafen schien wie der junge Hausherr. Ihre dunklen Locken und ein dünnes Laken bedeckten ihre Blöße nur teilweise. Um die Liege herum waren die Reste eines mitternächtlichen Imbiss zu erkennen: Zertretene Oliven, abgenagte Knochen, Brotkrümel, zermatschte Trauben.


    Vennonius verzog angewidert den Mund. "Weck ihn auf", befahl er seinem Secretarius, der ihn begleitet hatte. Der fackelte nicht lange und trat dem schlafenden Duccius kurzerhand in die Seite. Nicht feste, aber doch so, dass man davon aufwachen musste.
    Dachte Vennonius jedenfalls.
    Caius grunzte, schmatzte beiläufig und drehte sich dann gemächlich auf die Seite. "Das gibt's ja nicht. Der schläft einfach weiter!", stellte Vennonius entrüstet fest. "Na los, wecke ihn energischer!" Der Befehl galt erneut seinem Secretarius, der sich nun zu Caius herunterbeugte und diesen wachrüttelte. Derweil erwachte das Mädchen auf der Liege und setzte sich erschrocken auf, als es der Leute im Atrium gewahr wurde. "Verschwinde!", wurde es sogleich angeblafft. Vennonius hatte schon lange nicht mehr gesehen, dass sich jemand so schnell angezogen hatte.


    Derweil regte sich derjenige, den Vennonius eigentlich hatte besuchen wollen. Zunächst einmal gab Caius nur ein klägliches Stöhnen von sich, dann ein schmerzerfülltes Jammern, als er seine Augen zu öffnen versuchte. "Oooh... ihr Götter...", nuschelte Caius. Er drehte sich auf den Bauch und vergrub sein Gesicht in seiner Armbeuge. Diese Kopfschmerzen! Und ihm war speiübel. Gütige Iuno, hatte er gestern wirklich so viel getrunken?
    "Steh auf, Duccius!", forderte Publius Vennonius Caldus unnachgiebig und mit strenger Stimme.
    "Hmm?"
    Die Stimme kannte Caius doch. Er wälzte sich herum, um einen Blick auf den Störenfried werfen zu können, wobei er dem Impluvium gefährlich nahe kam. Es dauerte nochmal einige Sekunden, bis er erkannte, wer da im Atrium stand und ihn anblaffte.
    "Oh."
    "Ja. Oh. Duccius, in diesem Hause herrscht ein Geruch wie in einer Weinschenke. Es ist widerwärtig, ja geradezu abstoßend! Schau dich um, hier sieht es aus wie bei den Schweinezüchtern. Ein Graus!"
    "Hmnja..."
    "Was in Iuppiters Namen hast du hier getrieben? Hast du eine Orgie gefeiert? Bona dea, welch unerquickliche Angelegenheit. Es ist wahrlich eine Schande."
    "Mein Kopf..."
    "Bachhus hätte wohl seine Helle Freude an deinem Lebenswandel. Meine Güte, nun steh schon endlich auf. Schau dich nur an. Völlig verwahrlost. Völlig versoffen. Ein elender Anblick."
    Caius richtete sich ächzend auf und suchte Halt an einer Säule. Er sah an sich hinab, kniff ein Auge zu und fokussierte seinen Blick.
    "Meh..."
    "WAS?!"


    Vennonius verlor die Geduld und erneut seine Fassung. Er rang die Hände, wusste offenbar einen Moment lang nicht, was er sagen sollte. Dann atmete er tief ein und gab Caius Anweisungen: "Duccius, du wirst jetzt aufstehen, dich waschen und etwas essen. Und dann wirst du dir ein Trauergewandt überziehen und am Leichenzug der Iulia Torquata teilnehmen. Denn die Adoptivtochter von Marcus Iulius Dives wird heute bestattet und du tätest sehr gut daran, wenn du daran teilnähmst..."
    Der Secretarius brauchte Caius nicht noch einmal energisch zu bearbeiten. Als Vennonius' Worte durch den Kater zu ihm durchgedrungen waren, hob er entsetzt den Blick. Iulius hatte seine Tochter verloren? Verdammte Axt, da musste er sich zeigen! Beileid bekunden, einen auf gut Freund machen, die Bekanntschaft pflegen. Eilig raffte Caius sich auf und stolperte auf dem Weg in sein Cubiculum über seinen zweiten Schuh. Als er sich wieder aufrappelte, meldete sich sein Magen. Bitte nicht, dachte Caius, aber es war zu spät. Auf kürzestem Wege flog er zum nächstbesten Nachttopf und füllte diesen mit dem nächtlichen Imbiss und einer ganzen Menge Wein.


    "Wunderbar", flötete Vennonius ohne Mitleid. "Jetzt kannst du befreit von jeder Last deine Anteilnahme ausdrücken. Los, los, bringe deinen zerschundenen Körper wieder in Form. Eile, geschwind, denn die Pflicht ruft!"
    Bei Donars Hammer, konnte man denn nicht einmal in Ruhe seinen Rausch ausschlafen? Caius wollte am liebsten Sterben. Doch der Vennonier hatte Recht. Die Pflicht rief nach ihm.

  • Caius hatte sich mächtig über sich selbst erschrocken, als Publius Vennonius Caldus ihn vor einiger Zeit aus seinem Kater aufgerüttelt und zur Beerdigung der Iulia Torquata gescheucht hatte. Natürlich war er viel zu spät gewesen und hatte deshalb nicht mehr vor Ort kondolieren können. Vor Scham hatte er dies auch nicht an einem anderen Tag versucht. Vielmehr war er nach Hause zurückgekehrt und hatte eine weitere Standpauke des Vennoniers ertragen, während sein Kopf wie drei marschierende Legionen dröhnte.


    Dieses Ereignis erwies sich glücklicherweise als Wendepunkt in Caius' stadtrömischem Dasein. Er rappelte sich auf und unterließ die nächtlichen Sauftouren und Glücksspielexzesse, mit denen er sich lieber die Zeit vertrieben hatte als mit der Vorbereitung auf die senatorische Laufbahn. Allein hätte er das jedoch nicht geschafft. Publius Vennonius Caldus, der zu einer Art Mentor avancierte, überwachte Caius streng und forderte ihm einiges an Beherrschung ab. Zunächst galt es, wieder Klarheit über die eigenen Verhältnisse zu erlangen. Dazu überprüften sie gemeinsam den Haushalt und die Finanzen und überlegten, was die Voraussetzungen für einen gelungenen Eintritt ins politische Geschäft waren.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpg "Was du brauchst, junger Duccius, ist ein repräsentatives Heim, um dich und dein Programm bewerben zu können", verkündete Vennonius selbstgefällig. Er saß zusammen mit Caius und Crassus im Tablinum, als wäre er selbst der Hausherr.
    "Soll ich etwa umziehen?", fragte Caius entsetzt.
    "Aber nein", entgegnete Vennonius augenrollend. "Du sollst diese Casa repräsentativer gestalten. Damit meine ich nicht die Einrichtung selbst. Ich meine das Personal, Festivitäten, Cenae, letztlich auch dich selbst."
    Caius sah sein Gegenüber bloß konsterniert an.
    "Du wirst neue - eigene - Sklaven erwerben, einen für jede Aufgabe des Tages. Du wirst Altersgenossen, die ebenfalls eine senatorische Laufbahn anstreben, hierher einladen und durch prunkvolle Einrichtung und luxuriöse Gastmähler beeindrucken und für dich gewinnen. Du wirst dich mit jedwedem Schmuck und den feinsten Kleidern behängen, die du dir leisten kannst. Und du wirst dich jenen Männern anbiedern, die für dein Fortkommen sorgen können. Wer dich nicht kennt, wird dich kennen lernen, weil du kultisch und gesellschaftlich aktiv werden wirst."
    Caius starrte Vennonius nun mit offenem Mund an.
    "Bei den Göttern, schließ den Mund und fang an zu denken!", seufzte Caldus in gespielter Verzweiflung.


    Es folgte ein gesamter Tag, an dem Caius seine Ein- und Ausgaben prüfte und sein Budget bestimmte. Er machte eine Liste der Dinge, die er anschafften wollte oder musste: Mehrere unterschiedlich qualifizierte Sklaven, Kleidungsstücke, Möbel, eine Sänfte, neues Geschirr. Zum Schluss blickte er zufrieden auf mehrere Wachstafeln, die auf seinem Schreibtisch ausgebreitet lagen. "Nun gut", sagte er voller Tatendrang. "Dann lasst es uns anpacken!" Aber zuvor hieß es essen und schlafen, denn die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen. Morgen würde er losschlagen.

  • "Folgendes habe ich mir überlegt", verkündete Caius, als er mit Vennonius und Crassus die Casa betrat. Sie kamen gerade von einem Einkaufsbummel zurück; dort hatten sie eine Sänfte und diverse Möbelstücke sowie einiges neues Silbergeschirr für das Triclinium erworben. "Ich - beziehungsweise das Handelskonsortium Freya Mercurioque - sollte einen Handelsposten in Ostia einrichten. Wenn ich die nächsten Jahre hier in Rom verbringe, will ich nicht von Geldtransfers aus Germania abhängig sein." Sie durchschritten das Atrium und hielten auf das Triclinium zu, wo sie sich niederließen. Vennonius hörte Caius ausnahmsweise zunächst kommentarlos zu. Er war neugierig auf die Idee, mit der sein junger Schützling da um die Ecke kam.


    "Das Problem ist", fuhr Caius fort, "dass ich nicht die Zeit habe, jetzt einfach einen mehrtägigen oder -wöchigen Ausflug nach Ostia zu unternehmen. Einen Handelsposten aufzubauen wird Zeit kosten, um geeignete Lagerhallen zu mieten, Kontakte zu den lokalen Behörden und anderen Kaufleuten zu knüpfen und so weiter." Publius Vennonius Caldus nickte lediglich. Es überraschte ihn im positiven Sinne, dass der Duccier solche Gedanken von sich aus anstellte. Offenbar schaffte er es im nüchternen Zustand durchaus, etwas zuwege zu bringen.


    "Deshalb", sagte Caius schlussfolgernd, "möchte ich dich, Radbod, in meinem Namen nach Ostia schicken, um alles Notwendige zu veranlassen." Radbod riss erschrocken die Augen auf. Vennonius zog eine Augenbraue hoch. Caius schmunzelte.
    "ICH?!?", keuchte Radbod, als er die Sprache offenbar wiedergefunden hatte. Er sah ganz und gar nicht glücklich aus. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Offenbar war er einer Panik nahe angesichts dieser Aufgabe.
    "Natürlich nicht alleine", beruhigte Caius sogleich. "Mein Vetter Alrik hat natürlich schon einige Geschäftskontakte in und um Rom geknüpft. Ich werde einen dieser Leute um Unterstützung anfragen und du sollst selbstredend auch nicht ohne die Hilfe eines Sekretarius eine solche Aufgabe angehen. Wenn du Fragen hast, kannst du mir ja schnell Nachricht senden. Rom ist nicht allzu weit."
    Radbod schluckte schwer. "Na gut, wenn du meinst...", stimmte er zu, auch wenn er recht betrübt wirkte.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpg "Duccius, ich bin begeistert", zeigte Publius Vennonius Caldus sich hingegen erfreut über Caius' Vorstoß. "Dein Vorschlag zeugt von Eigeninitiative und dem Bewusstsein für die Grundlagen, die du für dein Fortkommen benötigst. Wenn du nun schon dabei bist in Ostia zu expandieren, habe ich eine weitere Idee, die dich interessieren könnte. Du weißt ja, dass deinem Verwandten Duccius Vala im Senat teils starker Gegenwind ins Gesicht geblasen wurde. Wegen seiner Herkunft einerseits, gelegentlich wegen seines starken Durchsetzungswillens andererseits. Du solltest also versuchen, so wenig wie möglich an deine Herkunft als Provinzieller zu erinnern, solange du noch nicht mit Taten aufwarten kannst. Dazu solltest du alles römische hervorheben, das dich auszeichnet. Und wo wir gerade von Wirtschaftlichem sprechen: Was ist das Allerrömischste?"
    "Öhm..."
    "Die Landwirtschaft, richtig! Deshalb rate ich dir, bemühe dich um den Erwerb von Landgütern. Und damit meine ich nicht diese Insel, die dein Vetter sein Eigen nennt. Die mag zwar ganz hübsch sein, bringt dich aber nicht weiter. Ich habe statt dessen einmal die Aushänge der kaiserlichen Kanzlei durchgesehen und da ist mir doch tatsächlich ein Weingut ins Auge gesprungen, das man wohl erwerben könnte. Es liegt auf Sicilia und gehörte einst der ehrbaren Gens Tiberia. Ja, da schaust du, du könntest ein tiberisches Traditionsgut erstehen! DAS wäre absolut vorzeigbar. Und noch dazu wäre natürlich der Posten in Ostia die perfekte Möglichkeit, den adäquaten Zugang zu den italischen Märkten zu erlangen."
    Caius nahm die Idee begeistert auf. "Das klingt wirklich sehr vorteilhaft. Ich denke, ich werde der Kanzlei dann zügigst ein Schreiben aufsetzen. Allein der Name dieser altehrwürdigen Provinz wird mir nur Vorteile bringen."
    Vennonius nickte zufrieden. Sein Schüler hatte also verstanden. "Bene. Dann können wir ja nun zum Essen übergehen", sprach's und klatschte auffordernd in die Hände. Nach der Arbeit musste man sich schließlich für die kommenden Aufgaben stärken.

  • Tags darauf stand Caius im Atrium und diktierte einem Sklaven. "An den Procurator a rationibus", begann er. "Wie heißt der noch?" Der Sklave sah auf. "Potitus Plennius Flamininus." Wie hieß noch gleich der Sklave, fragte Caius sich, worüber er sich sogleich ärgerte. Egal, er diktierte weiter. Publius Vennonius Caldus hatte es sich auf einer Bank bequem gemacht und lauschte andächtig. Caius diktierte weiter, änderte einige Male die Formulierung und nahm erleichtert so manchen Ratschlag des Vennoniers zur Kenntnis. Letztlich kam ein passables Schreiben heraus, das an die Kanzlei geschickt werden konnte.


    Procurator a rationibus
    Potitus Plennius Flamininus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    C. Duccius Callistus Proc. P. Plennio Flaminio s. d.


    hochgeschätzter Procurator Plennius, mir kam zu Ohren, dass der Pasceolus Imperialis im Besitz eines Weingutes auf Sicilia mit dem einfachen Namen 'Weingut Tiberia' ist. Dieses Weingut gedenke ich zu erwerben. Ich biete dir 1400 Sz für den Kauf des Betriebs. Falls die zugehörigen Sklaven ebenfalls verkäuflich sein sollten, so biete ich weitere 1800 Sz für deren Erwerb. Lass mich wissen, ob du diese Konditionen für angemessen erachtest.


    Ich verbleibe in freudiger Erwartung deiner Antwort mit den besten Grüßen.


    Vale bene


    CAIVS DVCCIVS CALLISTVS


    Casa Duccia Acciaque| Roma


    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/wappenduccia/siegelwachs.png]

  • Nachdem der Brief mittels eines Boten bei der kaiserlichen Kanzlei abgegeben worden war, saßen Caius, Radbod und Vennonius zusammen und dachten über die nächsten Schritte nach.


    "Also, auf zum Sklavenmarkt?", fragte Caius voller Tatendrang.
    "Nein", widersprach Publius Vennonius Caldus bestimmt.
    "Nein?"
    "Nein"
    Caius runzelte irritiert die Stirn.
    "Ich dachte, das wäre so abgemacht?"
    "Ja."
    "Ja was?"
    "Ja, das war so abgemacht."
    Caius strafte den Vennonius mit einem säuerlichen Blick. Er wurde doch veräppelt, ganz eindeutig! Sein Gegenüber lächelte nun auch amüsiert. Er gab sich leutselig, als er zu seinen Widerspruch erklärte.
    "Ich habe mir überlegt, dass wir zunächst deine rhetorischen Fähigkeiten - die gewiss bereits umfassend ausgebildet sind, aber man lernt ja bekanntlich das ganze Leben lang - fördern sollten. Wir besuchen heute den Wettstreit der Rhetoren."
    "Aha."
    "Consul Manius Flavius Gracchus richtet diesen Wettstreit aus und ich denke, dass dies eine gelunge Veranstaltung werden kann, die Geist und Seele beidermaßen anzusprechen imstande ist."
    Caius zuckte mit den Schultern.
    "Na gut, dann gehen wir eben morgen auf den Sklavenmarkt."
    "Du hast es erfasst. Also auf, los, kleidet euch um, wir wollen uns so schnell wie möglich auf den Weg machen!"
    Publius Vennonius Caldus klatschte in die Hände und Caius sowie Radbod sprangen auf, um sich zügig umzuziehen. Denn sie gingen auf das Forum, wo die Rhetoren Roms einen Wettstreit ausfochten.

  • Ein Bote aus der kaiserlichen Kanzlei brachte diesen Brief mit dem offiziellen Siegel der Administratio Imperatoris.

    Ad Civem
    Caium Duccium Callistum

    Casa Duccia Acciaque
    Rom - Italia



    Wer das Siegel brach, konnte das Schreiben lesen.

    PLENNIUS Procurator a rationibus DUCCIO s.d.


    Nach sorgfältiger Prüfung deines Angebots muss ich dieses hiermit leider ablehnen. Stattdessen kann ich dir allerdings das folgende Gegenangebot unterbreiten:


    Du kannst das namhafte Weingut Tiberia in Catina, Sicilia, zusammen mit der Anzahl Sklaven, die zur optimalen Bewirtschaftung nötig sind, für die Summe von insgesamt 3333 Sesterzen käuflich erwerben. *


    Das Angebot ist gültig für 14 Tage ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Briefs. Danach verfällt es ersatzlos.



    Potitus Plennius Flamininus


    Sim-Off:

    * Edit: Ein persönliches Angebot findest du bei Interesse in der WiSim. - SF

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/28.jpg "Bereit, wenn du es bist, Dominus", verkündete Polydorus, Wachstafel und Schreibgerät in Händen halten, den Blick konzentriert auf seinen Herrn gerichtet. Polydorus war ein Sklave, ein gebildeter Sklave, ein Schreiber. Caius hatte ihn kurz nach dem Wettstreit der Rhetoren erstanden. Polydorus war nicht gerade günstig gewesen, aber der junge Duccier benötigte einen Sekretär. In Polydorus hatte er einen fleißigen und zurückhaltenden Sekretär gefunden, der seinem Herrn selten in seine Geschäfte hereinredete, jedoch im Zweifelsfall auch berechtigte Kritik zu äußern wagte. Er war bereits mittleren Alters, hatte Erfahrung und das nötige Selbstbewusstsein eines Mannes, der seine Tätigkeit seit vielen Jahren ausübte.


    Seit Caius Polydorus erworben hatte, war er viel unterwegs gewesen und hatte mit seinem Sekretär schon einige Arbeit bewältigt. Zunächst hatte er sein Weingut auf Sicilia besucht und sich angesehen, was sein Freund Crassus dort getrieben hatte. Er war einigermaßen zufrieden mit seinen Beobachtungen gewesen, auch wenn er gewisse Korrekturen im Betriebsablauf hatte vornehmen müssen. Auf Sicilia hatte er sich dann auch einige Zeit aufgehalten und die Villa Rustica bewohnt, deren Annehmlichkeiten er genossen hatte.


    Von Sicilia aus war Caius nach Dianium gereist und hatte dort nach dem Rechten gesehen. Natürlich hatte er auch dort die Freuden des Lebens genossen und seinen Aufenthalt ungeplant etwas verlängert, denn die Insel bot schlicht einen zu idyllischen Rahmen, den der junge Mann auskostete um sich von den Reisestrapazen zu erholen. Erst als Polydorus ihn mehrfach darauf hinwies, dass es klug wäre nach Rom zurückzukehren und nicht in endloses Nichtstun zu verfallen, raffte Caius sich endlich auf.


    Und jetzt saß er in der Casa Accia Ducciaque im Atrium und wollte einen Brief diktieren, gähnend. "Also gut, legen wir los", sagte er mehr zu sich selbst und begann die Worte zu formulieren, die Polydorus für ihn in Schriftform brachte.


    Eques Imperii
    Numerius Duccius Marsus
    Villa Duccia
    Provincia Germania Superior | Mogontiacum



    Lieber Vater,


    sommerliche Grüße aus der Urbs Aeterna!


    Nach meinem letzten Brief darf ich dir freudig berichten, dass das Weingut auf Sicilia nach kurzer Zeit der Inbetriebnahme hervorragend läuft. Die Produktion konnte auf Grundlage alteingesessener Sklaven und mit einem neuen strebsamen Verwalter mehr oder weniger reibungslos anlaufen und die Transportverbindung nach Ostia steht ebenfalls. So haben wir bereits große Mengen Wein nach Italia und anderswo veräußern können. Ein detaillierter Finanzbericht liegt diesem Schreiben bei.


    Neben dem Geschäftlichen kann ich sagen, dass es mir gut geht. Ich bin gesund und arbeite weiterhin fleißig daran, den Ordo Senatorius verliehen zu bekommen. Hierzu werde ich mir nunmehr einen Patron suchen, denn nach Alriks Abreise und dem Tod des Senators Annaeus Modestus sind mir mächtige Fürsprecher verloren gegangen. So erhoffe ich mir gewichtigen Beistand von einem Senator, der erst kürzlich erfolgreich aus den Wahlen zum Cursus Honorum hervorgegangen ist. Sobald ich in dieser Angelegenheit einen Erfolg vorweisen kann, werde ich dir erneut schreiben.


    Und wie geht es der Familie? Ich hoffe, alle sind wohlauf. Bitte grüße mir alle sehr herzlich, insbesondere auch meine liebe Schwester und meine liebe Mutter Petronia. Ich bete zu Frigg, dass die neueste Schwangerschaft problemlos verläuft und ihre Niederkunft unter göttlichem Schutz stattfinden möge. Lass mich wissen, wenn es Neuigkeiten gibt. Ich freue mich auf deine Antwort.



    Es grüßt dich ganz herzlich dein treuer Sohn,


    Audaod



    Casa Accia Ducciaque | Collis Esquilinus | Roma


    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/wappenduccia/siegelwachs.png]

  • Auch dieses Mal dauerte es nicht lange, bis sie den Zielort erreichten, um weitere ehrwürdige Bürger Roms in Sicherheit zu bringen. Glücklicherweise lag die Casa Accia Ducciaque auch auf dem Mons Esqulinus. Während Vespas Männer den jungen Mann vom Pferd zogen und zu zweit trugen sowie der Duccia von dem anderen Pferd halfen, schwang sich der Decurio von dem Rücken seines Pferdes und klopfte drei Mal laut an die porta begleitet von einem "Tür öffnen, Praetorianer!"

  • Ein junger Sklave öffnete und starrte den furchteinflößenden Schwarzrock mit angstgeweiteten Augen an. "Ich hole den Hausherrn!", quiekte er und machte auf dem Absatz kehrt, um ins Hausinnere zu fegen. Die Türe ließ er offen stehen.


    Caius saß soeben zusammen mit seinem Sekretär Polydorus im Peristylium und besprach die neuesten Bilanzen seines Weinguts auf Sicilia, als er das Türklopfen vernahm. Und wie da geklopft wurde! Caius horchte auf. Polydorus sah ihn fragend an. Dann stob der erschrockene Sklave ins Peristyl und rief atemlos: "Dominus, da sind Praetorianer an der Tür!"


    Caius ließ augenblicklich alles fallen und erhob sich. Sein Herz pochte mit einem Mal heftig. Was hatte das zu bedeuten? Er wusste ja, dass draußen auf den Straßen Tumulte herrschten, aber die hatte er bisher weit weg in anderen Stadtteilen gewähnt. Es konnte also nicht daran liegen. Weshalb also sonst? Hatte man ihn zu Unrecht eines Staatsverbrechens beschuldigt? Donar bewahre, das wäre furchtbar! Das Herz pochte ihm bis zum Hals, während er möglichst würdigen und gemessenen Schrittes das Atrium querte und das Grüppchen an der Porta erreichte.
    "Salve, Decurio", grüßte Caius den Offizier. Er erkannte den Rang des Mannes geübten Auges, da er in einer Militärgarnisonsstadt aufgewachsen war. Er wusste, wie Reiteroffiziere aussahen. Beunruhigt warf er einen Blick auf die beiden geschundenen Gestalten, die die anderen Milites bei sich hatten. Was sollte das hier werden? Mit fragendem Blick wandte er sich wieder dem Decurio zu. "Wie kann ich den Cohortes Praetoriae zu Diensten sein?" In seinem Rücken war auch Polydorus aufgetaucht, der einen neugierigen Blick auf die Truppe warf.

  • Als ein junger Sklave die Tür öffnete und angsterfüllt in Vespas Gesicht schaute, verzog dieser keine Miene. Eine weitere Erläuterung war überflüssig, bedeuteten Praetorianer an der Tür doch meist, dass der Hausherr gefragt war.


    Einige Momente später stand ein junger Mann in der Tür, der offensichtlich der Hausherr war. Der Decurio schaute auf die Frage des Mannes über seine Schulter zu den beiden geschundenen Gestalten, die seine Männer zur porta trugen bzw. geleiteten, und dann wieder zu ihm. Anscheinend hatte er den Ernst der Lage oder die Personen noch nicht erkannt. War das hier überhaupt ein Duccius? Vespa kannte den Mann nicht und er hatte sich auch nicht vorgestellt, wie es eigentlich üblich war.


    Die Praetorianer hatten nicht die Zeit, ein längeres Pläuschchen zu halten, weshalb der Decurio zum Punkt kam. "Duccius? Deine Verwandte und ihr Stiefsohn. Das Domus Annaeus wurde gebrandschatzt." erklärte er knapp.

  • "Äh, ja. Ich bin Caius Duccius Callistus", bestätigte Caius eilig die Nachfrage des Praetorianers nach seiner Identität. Die undurchdringliche Miene des Decurios verunsicherte ihn erheblich. Dieses gefühllose Starren machte ihn nervös.


    So nervös, dass er nicht sofort realisierte, was der Mann gesagt hatte. Seine Verwandte? Ihr Stiefsohn? Caius hatte keine Verwandten mehr in Rom, seit Alrik zum Statthalter Germaniae berufen worden war. Und einen Stiefsohn kannte Caius schon gar nicht. Irritiert blinzelte er den Decurio an, als das As endlich fiel. Das Domus Annaea war gebrandschatzt worden! Annaeus Modestus war doch mit Duccia Sorana - Eldrid - verheiratet gewesen. Und dessen Sohn - Annaeus irgendwas - musste der besagte Stiefsohn sein. Also hatte dies alles hier doch mit den Krawallen zu tun?!


    "Bona dea", entfuhr es Caius. Er war schockiert. "Wie geht es ihnen?" Jetzt warf er erstmals einen aufmerksamen Blick auf die beiden Geschundenen. "Oh, ihr Götter", rief er beim Anblick der beiden aus und warf in einer Geste des Entsetzens die Hände in die Luft. "Was haben sie mit ihnen gemacht? Schnell, bringt sie herein, ich bitte euch!" Polydorus hatte im Hintergrund bereits auf dem Absatz kehrt gemacht und trommelte die Sklavenschaft des Hauses zusammen. Er würde jede helfende Hand brauchen, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen.

  • Der Bursche schien nach wenigen Momenten dann doch realisiert zu haben, was seiner Verwandten und ihrem Stiefsohn widerfahren war. Auf die Frage nach ihrem Zustand gab der Decurio eine knappe Antwort. "Schlecht." Während der Duccier - verständlicherweise - schier außer sich war, blieb Vespa ganz ruhig. Auf die Frage nach dem Tathergang, hatte er keine Antwort, da er erst nach der Brandschatzung eingetroffen und die Aufständischen bekämpft hatte. Die Ohnmacht des Annaeus sprach für einen heftigen Schlag auf den Kopf und die zerrissenen Kleider am geschundenen Körper der Duccia für Missbrauch. Dieser Offensichtlichkeit bedurfte es keiner Antwort, weshalb der Decurio sich verabschiedete, nachdem er seine Männer angewiesen hatte, die beiden Verletzten der Sklavenschaft des Hauses zu übergeben. "Der Esquilin sollte sicher sein. Dennoch Türe verbarrikadieren." Vespa hatte mit seinen Männern die Gruppe, welche auf dem Esquilin von Haus zu Haus gezogen war, ausgelöscht. Dennoch war Vorsicht geboten. Vielleicht gab es noch vereinzelte Aufständische, die es auf Römer auf offener Straße abgesehen hatten.

  • Schlecht? Machte der Kerl Witze? Das sah Caius ja wohl auch. Bei den Göttern, trieben sie Streiche mit ihm? Eldrid sah wahrlich fürchterlich aus. Ihr musste schlimmes zugestoßen sein. Und Annaeus Rufus hatte offenbar mindestens eine ordentliche Tracht Prügel empfangen, wenn nicht schlimmeres. Caius starrte den beiden Verletzten entsetzt nach, während die Sklaven sie in die Casa trugen.


    Der praetorianische Decurio machte derweil völlig ungerührt seine Arbeit. Caius blinzelte, als der Offizier ihm empfahl die Türen zu verbarrikadieren. "Äh, ja. Natürlich", brachte er hervor und nickte unsicher. Das hier war der letzte Albtraum! Wie konnte es zu diesem Unheil kommen? Es gab doch so viele Urbaner in Rom, wie konnte es da zu Ausschreitungen auf der Straße kommen?


    Dann setzte Caius' Verstand endlich wieder ein. Natürlich konnte es immer zu Gewalttätigkeiten kommen. Das konnten auch Urbaner und Praetorianer nicht verhindern. Sie konnten einen Aufstand nur beenden. Wenn es dabei zu Plünderungen oder Ausschreitungen mit Verletzten kam, war das eben so. Das war in der Antike nicht anders als in späteren Zeiten.
    "Vale, Decurio. Vielen Dank für deine Hilfe. Mars mit dir!", sagte er an die Adresse des Offiziers und machte so deutlich, dass er die Soldaten nun nicht länger von ihrem Dienst abhalten wollte. Es gab sicherlich noch weitere Brandherde, die es zu bekämpfen galt.


    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/28.jpgSodann wandte Caius sich von den Milites ab und strebte ins Innere der Casa. Dort hatte man Eldrid und Rufus im Peristyl auf zwei Liegen gebettet. Polydorus kümmerte sich darum, dass ihnen die zerrissenen Kleider abgenommen und ihre Wunden gewaschen wurden. Caius blieb bei Eldrids Anblick wie angewurzelt stehen und sah die Geschundene erschüttert an. "Bei Donar, was ist ihr bloß geschehen?", keuchte er. Polydorus fuhr sich über die hohe Stirn. "So wie sie aussieht" - sein zerknirschter Blick sprach Bände - "Wird sich wahrscheinlich jemand an ihr vergangen haben." Caius schlug die Hände über dem Kopf zusammen. "Nein!" Mit dem Schicksal hadernd rang Caius die Hände. "Schickt nach einem Medicus, sofort!", befahl er wütend. Polydorus nickte. Derweil hatte sich eine junge Sklavin vor Eldrid gekniet und wischte ihr mit einem feuchten Tuch die Stirn.


    "Und er?", fragte Caius seinen Sekretär nun, den Blick auf den Annaeer gerichtet. "Bewusstlos, aber er atmet", fasste Polydorus zusammen. "Hat wohl einen über den Schädel gezogen bekommen. Aber es sieht nicht aus, als wäre er lebensgefährlich verletzt." Na immerhin. Caius nickte ernst. Auch um Rufus kümmerte sich ein Sklave, der ihm Blut und Dreck aus dem Gesicht wusch und sich bemühte, den jungen Mann wieder zu Bewusstsein zu bekommen.

  • Eldrid war zwar bei Bewusstsein, aber ihr Geist war abwesend. Sie lies sich ins Haus tragen. Kaum aber das sie auf die Liege gebettet wurde, versuchte sie sich so klein wie möglich zu machen. Jedes mal die junge Sklavin ihr mit dem Tuch über die Stirn wische zuckte sie zusammen. Mit brüchiger Stimme fehlte sie. „Nein, nein nicht mehr.. tötet mich doch einfach.“ Ja die Frau hatte noch nicht realisiert, dass sie in Sicherheit war. Zu sehr war sie gefangen in ihrem eigenen real gewordenen Albtraum.
    Wollte hier tatsächlich jemand einen Medicus rufen? Hatte das tatsächlich jemand gesagt? Vorsichtig öffnete Eldrid die Augen. Sie brauchte eine ganze Weile um zu realisieren wo sie war. „Audaod...“ brachte sie gerade so heraus, bevor sie von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt wurde.

  • Caius war regelrecht erschüttert vom Anblick seiner Verwandten. Eldrid redete wirres Zeug. "Hol einen Krug Wasser und zwei Decken!", trug er einem Sklaven auf und hockte sich dann neben Eldrids Liege. Er nahm der Sklavin das feuchte Tuch ab und tupfte nunmehr selbst die Stirn seiner Base. Ein mitfühlendes Lächeln huschte über sein Gesicht, als diese ihn endlich erkannte. "Eldrid. Du bist in Sicherheit. Ihr seid beide in Sicherheit." Er legte seine Hand in einer Geste der Zuneigung an Eldrids Wange. Auch wenn Eldrid ein paar Jahre älter war als er, so waren sie doch einige Jahre lang zusammen in der Casa Duccia in Mogontiacum aufgewachsen. Er mochte sie sehr und es machte ihn unendlich wütend, was ihr nun wiederfahren war. "Schhh", machte er beruhigend, als Eldrid in Tränen ausbrach. Caius fühlte sich hilfslos. Er sah zu Polydorus, doch der konnte auch nur das Gesicht verziehen und mit den Achseln zucken. Wenigstens kam nun der Sklave mit den Decken und dem Wasser. Caius nahm eine der Decken und breitete sie über Eldrid. Hoffentlich konnte bald ein Medicus organisiert werden.

  • Eldrid versuchte wirklich sich zu beruhige jedoch gelang ihr das nur mäßig. Sie schüttelte de Kopf. „Sicherheit?!“ Wieder weinte sie. „Sie hätten mich umbringen sollen...“ Wieder brach sie in Tränen aus. „Es... schrecklich... sie...oh Audaod …“ Immer wieder musste sie abbrechen, da ihre Stimme versagte. „Rufus? Wo... ist er..? Geht es ihm gut?“ Eldrid griff nach der Hand ihres Verwandten. Sie suchte nach Halt, denn ihre Welt war gerade vollkommen aus den Fugen geraten. „Warum?“ Ja die Duccia war vollkommen neben und nicht ganz bei sich. Ihr Geist hatte sie ob der Situation scheinbar vollkommen zurückgezogen um nicht über das Geschehen nachdenken zu müssen. Die Decke die nun über sie ausgebreitet wurde, ergriff sie dankbar um sich darin einzuhüllen und vor den Blicken der Anwesenden zu schützen.

  • Etwas kaltes feuchtes fuhr über sein Gesicht. Es schmerzte an Auge und Nase. Seine Lippe spürte er nicht einmal. Langsam kam er wieder zu sich. Alle Knochen taten ihm weh. Als ob eine Rinderherde über ihn hinweg getrampelt war. Was war passiert? Wo war er und was zum Jupiter ...In seinem Kopf pochte der Schmerz. Er zuckte zusammen als er versuchte den Kopf zu bewegen. Nach und nach kam die Erinnerung. Beim öffnen der Augen musste er feststellen, dass er mit dem rechten Auge nichts sah. Es war zu geschwollen. Er blinzelte mehrmals um wenigstens mit dem linken Auge klar zu sehen. Vollkommenen fremde Menschen waren da. „ Wo ist meine Mutter? Wo ist meine Mutter?!?!?!“ Dabei hielt er die Hand des Sklaven fest, der ihm das Gesicht reinigte. Mühsam, ohne auf eine Antwort zu warten, versuchte er aufzustehen. Tränen traten ihm in die Augen. Alles war wieder da. Alles bis ins kleinste. „ Wo ist sie?!?!?!?!" fragte energischer. „ Ich bringe dieses dreckige Gesindel um. Jeden einzelnen...“ krächste Rufus. Sein Stimme versagte ihren Dienst, Mund und Hals waren auf einmal wie ausgedörrt.

  • Eldrids Zustand erschütterte Caius zutiefst. Er fühlte sich völlig hilflos angesichts des verzweifelt weinenden Häufchen Elends. "Rufus ist hier", versuchte er Eldrid zu beruhigen. Die wickelte sich schutzsuchend in die dargebotene Decke ein. Nunmehr regte sich der Annaeus auf seiner Liege und erwachte mit Schrecken aus seiner Umnachtung. Caius erhob sich hastig aus der Hocke und eilte um Eldrids Liege herum zu Rufus. "Rufus, Sorana ist hier!", sagte er eilig und zeigte auf die nebenstehende Liege. Er war sich zwar nicht sicher, wen Rufus mit 'Mutter' meinte, aber immerhin waren beide zusammen hergebracht worden. Caius ging also davon aus, dass der Annaeus sich um sie sorgte.


    Caius ging jetzt vor dessen Liege in die Hocke, schob den erschrockenen Sklaven beiseite und sprach Rufus mit ruhigem Ton an: "Ihr seid bei mir in Sicherheit. Trink erstmal etwas. Ein Medicus wurde gerufen. Was ist denn passiert?" Rufus' Ausruf zeigte Caius auf, dass jener wohl mitbekommen hatte, was ihnen - insbesondere Eldrid - zugestoßen war. Auch wenn Caius sich davor fürchtete, er musste es hören. Womöglich konnte man die Verantwortlichen ja noch fassen, auch wenn er die Chancen für gering hielt. Erstmal reichte er dem Annaeus jetzt allerdings einen Becher Wasser, damit dieser seine Stimme wiederfand.

  • Mit Mühe hatte es Rufus geschafft sich aufzusetzen. Mit zitternden Händen griff er nach dem Becher Wasser und trank einen Schluck. Ein Blick zu Sorana ließ ihn erschaudern. Seine Augen füllten sich wieder mit Tränen. In seinem Gesicht arbeitete es. Seine Hände krampften sich um den Becher. Wäre es nicht besser gewesen sie hätten sie getötet, nachdem was sie ihr angetan hatten?
    Er sah Caius in die Augen. „ Du willst wirklich wissen was sie getan haben ? Sieh dir meine Mutter an. Das haben sie aus einer gestandenen Frau, die ihr Haus mit dem Schwert in der Hand verteidigt hat, gemacht.“ mit Tränen erstickter Stimme brach es aus Rufus heraus. „ Sie zwangen mich alles mit anzusehen! Diese verfluchten Dreckschweine. Wenn ich einen erwische, schneide ich ihm den Schwanz ab und stopfe ihn ihm ins Maul, das er dran erstickt!!!!!!!!!!" Die Ellbogen auf den Knien, drückte er seinen Kopf gegen die Unterarme, den Becher immer noch mit den Händen umklammert und heulte los wie ein Schlosshund. So klein und hilflos, so elend hatte sich Rufus noch nie gefühlt.

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