Insula Potiti Gabinii Funduli

  • ~ INSULA POTITI GABINII FUNDULI ~
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    EIN MIETSHAUS IN GUTEM ZUSTAND. EIGENTUM DES KAUFMANNS GABINIUS. BEIM FORUM OSTIAE GELEGEN

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    Von Rom her gelangt man über die Via Ostiensis an die Küste des Mare Internum. Die breite und gut instandgehaltene Pflasterstraße verläuft geradewegs durch Ostia hindurch und schneidet das Forum Ostiae, um sich wenig später in zwei Abzweigungen zu spalten, die an den Fischer- und Händlerkais des Küstenorts enden. An dieser Hauptstraße befinden sich viele größere Mietshäuser, unter anderem auch das des Potitus Gabinius Fundulus. Diese gute gepflegte Mietskaserne in Atriumform steht an der Kreuzung westwärts der Curia Ostiae, so dass man von dort aus nur wenige dutzend Schritt Fußweg zu sämtlichen wichtigen Gebäuden des Stadtkerns hat.

  • Sermo war auf Wohnungssuche. Er hatte sich eine Woche zuvor bereits die Stadt genauer angesehen, hatte die Archive nach brauchbaren Unterlagen durchforstet und sich einige Gedanken gemacht über die Pläne, die er hier möglicherweise umsetzen konnte. Nicht, dass er Großes vorhatte. Aber irgendwo musste man ja anfangen, wenn man einmal hoch hinaus wollte. Und das fing meist auf unterster Stufe an. Der Quintilier wollte in Ostia kandidieren für das Amt des Magistratus. Doch vorher brauchte er eine Schlafstatt, welche er in greifbarer Nähe erahnte, als er ein hölzernes Schild an einer Hauswand entdeckte, auf dem in großen Lettern folgende Aufschrift prangte: Zimmer frei!
    Sermo postierte sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite und musterte das Gebäude neugierig. Es war von ordentlicher Größe, wirkte gut gepflegt und instandgehalten und die Lage war grandios. Ohne weiter zu zögern marschierte er über die Straße in den Hauseingang hinein, wo er beinahe mit einer molligen Frau zusammengestoßen wäre. "Huch, verzeih. Wo finde ich bitte den Hauseigner?" fragte er und ließ sich zu einer Wohnung im Erdgeschoss verweisen, die dem Verwalter des Hauses gehörte. Er klopfte vernehmlich und musste nicht lange warten, bis ihm geöffnet wurde.
    "Ja bitte?" Ein kleiner Mann mit hoher Stirn und gräulichen Haaren öffnete ihm und schaute neugierig drein. Aus dem hinteren Teil der Wohnung hörte man eine Frauenstimme eine fröhliche Melodie summen, von Geschirrklappern begleitet. Sermo richtete seinen Blick auf den kleinen Vilicus und zeigte ein schmales Lächeln. "Salve. Bist du der Verwalter dieses Hauses?"
    "Jawohl, der bin ich. Servius Gabinianus, Vilicus des Potitus Gabinius," erklärte der Kleine stolz. "Mit wem hab ich es denn zu tun und worum geht es?"
    "Iullus Quinilius Sermo, freut mich." Er schüttelte seinem Gegenüber die Hand und fuhr mit fragender Miene fort. "Der Aushang draußen. Ich bin interessiert an einer Wohnung."
    Erst starrte der Vilicus den Besucher an, als wüsste er nichts von einem Aushang oder freien Wohnungen. Dann jedoch kehrte die Erkenntnis zurück und er nickte eifrig. "Ja! Ja, ja, ja, richtig. Eine schöne Wohnung ist das, wirklich. Zwei Zimmer, möbliert, wunderbar. Schau, ich zeig sie dir." Eilig führte er Sermo ins zweite Obergeschoss und blieb schnaufend vor einer Tür stehen, um sich kurz nach seinem Zimmerinteressenten umzusehen. "Bittesehr," keuchte er und schloss auf. Sermo trat ein und fand genau was er suchte.
    Die Wohnung bestand schlichtweg aus zwei Zimmern, durch eine Tür getrennt. Licht aus dem Atrium fiel spärlich durch die schmalen Fenster herein, in dessen Strahlen Staub in der Luft tanzte. Das Mobilar gefiel Sermo ebenfalls sofort. Spartanisch, praktisch, gut, würde er es nennen. Ein Bett, ein Tischchen, ein Hocker und eine Schüssel für die Notdurft waren in jedem Zimmer vorhanden. Zudem gab es für jedes Zimmer eine Kleidertruhe und als Belag für die knarzenden Dielen eine dünne Reetmatte.
    "Perfekt," bemerkte er knapp und zeigte bis auf ein schmales Lächeln keine weiteren Regungen. Das schien den Kleinen zu irritieren.
    "Äh...wirst du allein hier wohnen? Vermutlich nicht..?"
    "Meine Schwester wird mit mir einziehen," erklärte Sermo auf die Frage hin und wandte seinen Blick dann gänzlich von der Wohnung ab, um sich voll und ganz auf den Verwalter zu konzentrieren. "Wie viel?"
    "Uh..." Hinter Gabinianus' Stirn schien es zu arbeiten. "Dreißig Sesterzen."
    Bestürzt riss Sermo die Augen auf. "So viel? Du willst mich arm machen! Höchstens zehn." Feilschen. Er liebte es. Und so ging der Schlagabtausch voran.
    "Ich muss auch was zum leben haben! Fünfundzwanzig."
    "Fünfzehn wäre noch so gerade eben möglich..."
    "Na gut, zwanzig! Aber weiter geh' ich nicht runter!"
    Letztendlich schlug Sermo ein. "Gut, zwanzig Sesterzen also. Sehr erfreulich." Er lächelte nun breit. Gabinianus war ebenfalls erfreut und schüttelte seine Hand eifrig. "Gut, sehr schön, wundervoll! Wann willst du einziehen? Sofort? Passt, perfekt, toll!"
    Der Quintilier nickte nur geduldig und überging den Redeschwall. "Sofort. Meine Schwester wird ebenfalls bald einziehen." Sie schlossen die Wohnung ab, Sermo wurden zwei Schlüssel ausgehändigt und dann verabschiedete er sich auch schon, bevor er noch auf einen schlechten Wein eingeladen werden konnte. "Also, wenn du mich nun entschuldigst? Ich habe noch in der Stadt zu tun. Du hörst von mir, Gabinianus. Vale!" Und schon war er wieder weg, auf dem Weg zur Curia.

  • Iullus Quintilius Sermo
    In Ostia in der Insula Potiti Gabinii Funduli


    Sp. Purgitius Macer Quintilio Sermo s.d.


    Es freut mich, dass du mir von deiner efolgreichen Wahl in Ostia und deiner neuen Verantwortung berichten kannst. Viel lieber zwar hätte ich diese Nachrichten direkt von dir bei einem deiner Besuche in Rom erfahren, aber es ehrt dich, dass du den dir anvertrauten Hafen so selten wie möglich alleine lassen möchtest. So hätte ich auch keinerlei Bedenken, dich aufgrund dieses Pflichtbewusstseins einem meiner Klienten unter den Senatoren zu empfehlen. Ich werde mich bei ihnen umhören, wer dir die Möglichkeit zu einem Tirocinium Fori einräumen möchte.


    Was Iunia Axilla betrifft, danke ich für dein Angebot, doch ich werde es ablehnen müssen. Solange ich kein öffentliche Amt bekleide, ist mein Bedarf nach einem weiteren Schreiber gering, da meine Hausangestellten mir bereits hervorragende Dienste leisten. Und sollte ich wieder in das Licht der Öffentlichkeit treten, so möchte auch ich mich nicht verschließen müssen, wenn ein anderer Senator mir einen jungen Mann zum Tirocinium Fori empfehlen würde. Sollte ihr jedoch vor allem an einer schreibenden und weniger einer wirtschaftlichen Tätigkeit gelegen sein, so kann ich ihr nach einer der jüngsten Debatten im Senat nur empfehlen, über eine Anstellung bei der Acta Diurna nachzudenken, die offenbar fieberhaft nach engagierten und schreibfreudigen Mitarbeitern sucht.


    Wenn du wieder nach Rom kommst, erwarte ich gerne deinen Besuch und sollte mich mein Weg nach Ostia führen, werde ich es mir nicht nehmen lassen, dich aufzusuchen.


    Sp. Purgitius Macer

  • Straßenlärm drang durch die halb geschlossenen Fensterläden herein. Ein schwacher Luftzug brachte Frische in die muffelige Kammer. Ein Griffel kratzte über die Wachsbeschichtung einer Tabula. Mittlerweile hatte Sermo bereits drei Wachstafeln vollgeschrieben, etliche Sätze durchgestrichen, abgeschabt, neu verfasst, oder umgestellt. Bei den Götter, so einen Gesetzesvorschlag anzufertigen war gar nicht so leicht! Er war mit einem unglaublichen Kater aufgewacht heute morgen und hatte sich so elend gefühlt, dass er beinahe in seinen Morgentopf gebölkt hätte. Den halben Tag hatte er damit zugebracht einen magenberuhigenden Kräutersud zu schlürfen und seine Gedanken kreisen zu lassen. Einige Tage zuvor hatte er sich eine Abschrift der neuen Lex Provincialis anfertigen lassen. Dann hatte er im Zuge der Wahl - und seines Wahlsieges - die Lex zunächst verdrängt.


    Es hatte ein zünftiges Fest gegeben, das mit einer unglaublichen Menge Wein getränkt worden war. Herrje, er hatte noch nie so viele Würdenträger auf einem Haufen liegen sehen. Völlig betrunken, durchgängig Zoten reißend und Sklavinnen begrabschend hatten sie auf ihren Clinen gelegen, während Wein und Naschereien herangebracht wurden. Sermo hatte es an diesem Abend mit zwei Frauen getan. Die erste hatte er sich einfach im halbnüchternen Zustand genommen, als sie - die ebenfalls angetrunken gewesen war - sich im Atrium etwas abseits des Getümmels an ihn herangeschmissen hatte. Wenig später war er jedoch wieder zurück in die Suffgesellschaft geschlendert und hatte sich noch mehr Wein in den Schlund gekippt. Ein verhängnisvoller Fehler, wie er später hatte feststellen müssen. Er war nämlich letztendlich mit einer der anrüchigsten älteren Damen der ostiensischen Gesellschaft im Zimmer verschwunden. Orchia Decula war eine Säuferin, die das gewaltige Vermögen ihres Mannes versoff, verspielte und auf etlichen anderen zahlreichen Wegen verprasste. Ihr Gatte duldelte das alles, denn er verdiente reichlich und vergnügte sich dabei genau wie seine Frau mit irgendwelchen fremden Frauen oder den Edelhuren der Stadt. Der Unglücksrabe Sermo war der Orchia nun in die Fänge gegangen und hatte ihr im Vollsuff nicht mehr wiederstehen können. Wie gut, dass er sich nach dem Beischlaf noch dazu entschieden hatte, den Heimweg anzutreten. Und noch besser, dass er sich nur noch bruchstückhaft an diese Nacht zu erinnern vermochte, sonst wäre im wohl augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht gestiegen. Wenn er wenigstens eine zweite junge Frau abgeschleppt hätte, aber mit einer alternden, verzweifelten Ehefrau zu verbleiben war einfach nur peinlich.


    Ein Kribbeln in der Nase riss Sermo aus seinen Erinnerungen. Er musste Nießen, das spürte er. Uaaaah und es würde ein Riesennießer werden, dem gewaltigen Kribbeln in seiner Nase nach zu urteilen!
    "HAAATSCHUUUUAAAH!" Der Nasenausbruch polterte und wurde nur knapp von Sermos Händen aufgehalten, die er nach kurzem Naserümpfen an seiner Kleidung abwischte. Ein Glück, dass er heute nur seine Unterkleider Trug. Hier in seiner bescheidenen Wohnung empfing er keine Besucher - abgesehen von Huren und Verwandtschaft.
    Ein Kopfschütteln rüttelte seinen Verstand wieder zurecht, sodass er sich auf die Unterlagen vor seiner Nase konzentrieren konnte. Sermo war dabei, eine Lex Municipalis für Ostia vorzubereiten. Bona dea, welch eine Arbeit!


    LEX MUNICIPALIS OSTIENSIS



    Im Namen des Volkes von Ostia! Die Götter seien unsere Zeugen, dass der Civitas Ostia diese Lex gegeben sei, welche vom Ordo Decurionum beschlossen wurde und von den Organen der Stadtverwaltung umzusetzen ist.



    Praeambel
    Im Rahmen des Pars Quarta Decima - Lex Octavia et Aelia de administratione regionum Italicarum (Lex Octavia et Aelia) gibt sich das Volk von Ostia nach bestem Wissen und Gewissen im Rahmen der Bona Fides in diesem Dokument eine Gesetzesgrundlage zur Erhaltung und Verwaltung der Stadt Ostia und des selbige umgebenden Landes. Sämtliche Bürger der Stadt haben sich der Lex Municipalis Ostiensis zu unterwerfen und ihrem Wortlaut nach zu handeln. Die Codices Universalis et Iuridicalis sowie Militaris stehen hierbei über der Lex Municipalis und stellen somit übergeordnetes Recht dar. Jegliches Handeln zum Wohle der Stadt Ostia darf niemals wider der kaiserlichen Gesetze geschehen.



    Pars Prima - Allgemeines


    §1 - Territorium
    (1) Den Hauptort der Civitas Ostia bildet das Oppidum Ostia. In das Stadtgebiet eingegliedert sind sämtliche Vici und Villae Rusticae, welche in dafür vorgesehene Grundlisten der Stadtverwaltung eingetragen sind.
    (2) Die Grenzen des Stadtgebietes bleiben nach Erlass dieses Gesetzes so bestehen wie sie derzeit vorliegen. Änderungen durch Vertrag oder kaiserliche Weisung sind möglich. Verträge der Stadt Ostia sollen indessen keine derartigen Stadtgebietsverluste zur Folge haben, welche öffentliche Bauten, besonders die Kais des ostiensischen Hafens, beeinträchtigen.


    §2 - Rechtlicher Status
    Der rechtliche Status des Oppidum Ostia bestimmt sich gemäß der Weisungen unseres erhabenen und von den Göttern allseits gesegneten Imperator Caesar Augustus.


    §3 - Administration
    Die Regierung der Stadt übernimmt die Curia Municipalis. Sie setzt sich im Sinne der Lex Octavia et Aelia. Die Magistrate der ewigen Stadt Rom sollen hierbei zum Vorbild gereichen.



    Pars Secunda - Organe der Stadtverwaltung


    §1 - Ordo Decurionum
    (1) Wer Decurio Ostiensis wird, bestimmt sich nach Absatz V Lex Octavia et Aelia. Hiernach hat jener, der einen Sitz im Ordo Decurionum Ostiensis anstrebt, ein Honorarium in Höhe von M Sesterzen an die Stadtkasse zu zahlen.
    (2) Des weiteren muss er eine Amtszeit als Magistratus Ostiensis abgeleistet haben.
    (3) Sind beide Voraussetzungen erfüllt, wird der Bewerber von den Duumvirn zum Decurio ernannt und wird somit Inhaber aller Rechte und Pflichten eines solchen.
    (4) Dem Ordo Decurionum kommt die Organisation der öffentlichen Spiele zu, sofern notwendig.


    §2 - Duumvirn
    Der Stadtverwaltung stehen die Duumvirn vor. Neben der Ausübung des Marktrechts haben sie den Vorsitz über die Curia Municipalis inne. Sie weisen den gewählten Magistraten zudem ihre Aufgabenbereiche zu und leiten die Wahlen der städtischen Magistrate zum Ende ihrer Amtszeit.


    §3 - Magistrate
    (1) Die städtischen Magistrate setzen sich zusammen aus einem Quaestor und vier Aedilen. Sie können Scribae zu ihrer Unterstützung einstellen.
    (2) Der Quaestor hat die Aufsicht über die Stadtkasse. Er überwacht Ein- und Ausgaben. Er hat außerdem Sorge zu tragen für die Einnahme sämtlicher Gebühren, die auf die Einfuhr von Waren auf dem Schiffsweg erhoben werden. Hierzu untersteht ihm der Aedilis Portuum.
    (3) Der Aedilis Portuum erhält die Aufsicht über Instandhaltung und Sicherheit in den Häfen und deren Verkehr mit Einhaltung der Hafenordnung und über Speicher und Magazine mit der Kontrolle der Getreide- und Ölzufuhr und Getreideverteilung. Er ist insbesondere den Weisungen des Procurator Annonae hinsichtlich der römischen Getreideversorgung unterworfen.
    (4) Der Aedilis Mercatuum hat die Aufsicht über und Sicherheit in der Stadt und deren Verkehr mit Einhaltung der Marktordnung. Verstöße sind gemäß Lex Mercatus zu ahnden.
    (5) Der Aedilis Templorum führt die Aufsicht über die Tempel.
    (6) Dem Aedilis Aedificiorum Publicorum kommt die Kontrolle der der Bäder, Bordelle, Garküchen und öffentlicher Brunnen zu.


    §4 - Weitere Rechte
    (1) Allen gewählten Beamten der Stadtverwaltung steht eine bestimmte Anzahl Liktoren zu. Für Duumvirn sind dies vier, für Magistrate je zwei Liktoren.
    (2) Quaestoren und Aedilen steht außerdem das Recht zu, die Vigiles Ostiensis zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen hinzuzurufen.



    Pars Tertia - Wahlen


    §1 - Wahlrecht
    Aktives und passives Wahlrecht haben alle Bewohner Ostias mit Bürgerrecht inne. Im Rahmen des aktiven Wahlrechts hat jeder Berechtigte so viele Stimmen, wie es wählbare Ämter in der Stadtverwaltung gibt.


    §2 - Durchführung
    (1) Die Duumvirn leiten die Wahl, sofern der Curator Rei Publicae nicht einschreitet.
    (2) Mindestens drei Wochen vor dem Wahltermin muss dieser verkündet werden. Die Kandidaturen müssen bis zum Beginn der zweiten Woche vor der Wahl der Stadtverwaltung bekannt gegeben worden sein. Diese veröffentlicht die Kandidaten.
    (3) Die Wahl wird innerhalb zwei aufeinanderfolgender Tage abgehalten. Die Urnen werden am Ende des zweiten Tages geschlossen und ausgewertet.
    (4) Kandidaten gelten mit fünfzig Prozent der Stimmen als zum Amt zugelassen. Werden mehr Männer zugelassen, als es Ämter gibt, scheiden die Kandidaten mit den geringsten Ergebnissen in aufsteigender Reihenfolge aus. Bei identischen Ergebnissen gibt es eine Stichwahl.
    (5) Das Ergebnis ist unverzüglich nach der Stimmenauswertung öffentlich bekannt zu machen. Die gewählten Stadtbeamten sind auf dem Forum zu vereidigen und daraufhin von ihren Vorgängern in die Ämter einzuweisen.
    (6)_____


    Am Ende war Sermo eingenickt. Er hatte einfach die Arme über der Wachstafel verschränkt und war in einen unruhigen Schlaf gefallen, der aber zumindest seinem Kater abhilfe schuf. Irgendwann am späten Abend schreckte er hoch, sah sich erstaunt um und runzelte ärgerlich die Stirn. Heute würde er mit dem Gesetz nicht mehr vorankommen. Wie gut, dass morgen auch noch ein Tag war. Jetzt noch etwas zu essen auftreiben und er konnte sich genüsslich ins Bett werfen...

  • Der nächste Tag barg einiges an Arbeit für Sermo. Erneut bewältigte er allerlei lästigen Schreibkram in der Curia, diskutierte wild mit seinem Amtskollegen über Firlefanz wie Steuererlasse oder eine verkürzung der Sperrstunde - die für Sermo beiderlei gar nicht in Frage kamen. Im späten Nachmittag hatte er dann endlich den Weg in seine Wohnung gefunden. Und sie unmittelbar für nicht standesgemäß befunden. Ein Duumvir müsste eigentlich in einem geräumigeren, aussagekräftigeren Umfeld wohnen. Unmöglich derzeit für Sermo, dessen beinahe komplette Ersparnisse für den Beitritt in den Ordo Decurionum draufgegangen waren. Verfluchte Hacke! Leicht säuerlich setzte er sich an den tags zuvor ausgearbeiteten Gesetzesentwurf, um ihn zu überfliegen. Ihm fielen da einige Punkte auf, die plötzlich gar nicht mehr so sinnig scheinen wollten. Genervt seufzend machte er sich daran Änderungen vorzunehmen, stets begleitet vom erfrischenden Wein. Am Ende kam folgendes Schriftstück zustande.



    LEX MUNICIPALIS OSTIENSIS



    Im Namen des Volkes von Ostia! Die Götter seien unsere Zeugen, dass der Civitas Ostia diese Lex gegeben sei, welche vom Ordo Decurionum beschlossen wurde und von den Organen der Stadtverwaltung umzusetzen ist.



    Praeambel
    Im Rahmen des Pars Quarta Decima - Lex Octavia et Aelia de administratione regionum Italicarum (Lex Octavia et Aelia) gibt sich das Volk von Ostia nach bestem Wissen und Gewissen im Rahmen der Bona Fides in diesem Dokument eine Gesetzesgrundlage zur Erhaltung und Verwaltung der Stadt Ostia und des selbige umgebenden Landes. Sämtliche Bürger der Stadt haben sich der Lex Municipalis Ostiensis zu unterwerfen und ihrem Wortlaut nach zu handeln. Die Codices Universalis et Iuridicalis sowie Militaris stehen hierbei über der Lex Municipalis und stellen somit übergeordnetes Recht dar. Jegliches Handeln zum Wohle der Stadt Ostia darf niemals wider der kaiserlichen Gesetze geschehen.



    Pars Prima - Allgemeines


    §1 - Territorium
    (1) Den Hauptort der Civitas Ostia bildet das Oppidum Ostia. In das Stadtgebiet eingegliedert sind sämtliche Vici und Villae Rusticae, welche in dafür vorgesehene Grundlisten der Stadtverwaltung eingetragen sind.
    (2) Die Grenzen des Stadtgebietes bleiben nach Erlass dieses Gesetzes so bestehen wie sie derzeit vorliegen. Änderungen durch Vertrag oder kaiserliche Weisung sind möglich. Verträge der Stadt Ostia sollen indessen keine derartigen Stadtgebietsverluste zur Folge haben, welche öffentliche Bauten, besonders die Kais des ostiensischen Hafens, beeinträchtigen.


    §2 - Rechtlicher Status
    Der rechtliche Status des Oppidum Ostia bestimmt sich gemäß der Weisungen unseres erhabenen und von den Göttern allseits gesegneten Imperator Caesar Augustus.


    §3 - Administration
    Die Regierung der Stadt übernimmt die Curia Municipalis. Sie setzt sich im Sinne der Lex Octavia et Aelia. Die Magistrate der ewigen Stadt Rom sollen hierbei zum Vorbild gereichen.



    Pars Secunda - Organe der Stadtverwaltung


    §1 - Ordo Decurionum
    (1) Wer Decurio Ostiensis wird, bestimmt sich nach Absatz V Lex Octavia et Aelia. Hiernach hat jener, der einen Sitz im Ordo Decurionum Ostiensis anstrebt, ein Honorarium in Höhe von M Sesterzen an die Stadtkasse zu zahlen.
    (2) Des weiteren muss er eine Amtszeit als Magistratus Ostiensis abgeleistet haben.
    (3) Sind beide Voraussetzungen erfüllt, wird der Bewerber von den Duumvirn zum Decurio ernannt und wird somit Inhaber aller Rechte und Pflichten eines solchen.
    (4) Dem Ordo Decurionum kommt die Organisation der öffentlichen Spiele zu, sofern notwendig.


    §2 - Duumvirn
    Der Stadtverwaltung stehen die Duumvirn vor. Neben der Ausübung des Marktrechts haben sie den Vorsitz über die Curia Municipalis inne. Sie weisen den gewählten Magistraten zudem ihre Aufgabenbereiche zu und leiten die Wahlen der städtischen Magistrate zum Ende ihrer Amtszeit.


    §3 - Magistrate
    (1) Die städtischen Magistrate setzen sich zusammen aus einem Quaestor und zwei Aedilen. Sie können niedere Beamte zu ihrer Unterstützung einstellen.
    (2) Der Quaestor hat die Aufsicht über die Stadtkasse. Er überwacht Ein- und Ausgaben. Er hat außerdem Sorge zu tragen für die Einnahme sämtlicher Gebühren, die auf die Einfuhr von Waren auf dem Schiffsweg erhoben werden. Hierzu untersteht ihm der Aedilis Portuum.
    (3) Der Aedilis Operum Publicorum erhält die Aufsicht über Instandhaltung und Sicherheit der öffentlichen Bauwerke wie Tempel, Thermen und Verwaltungseinrichtungen und Häfen und deren Verkehr mit Einhaltung der Stadtverordnungen.
    (4) Der Aedilis Mercatuum hat die Aufsicht über und Sicherheit in der Stadt und deren Verkehr mit Einhaltung der Marktordnung und über Speicher und Magazine mit der Kontrolle der Getreide- und Ölzufuhr und Getreideverteilung. Er ist insbesondere den Weisungen des Procurator Annonae hinsichtlich der römischen Getreideversorgung unterworfen.
    (5) Allen gewählten Beamten der Stadtverwaltung steht eine bestimmte Anzahl Liktoren zu. Für Duumvirn sind dies vier, für Magistrate je zwei Liktoren.
    (6) Quaestoren und Aedilen steht außerdem das Recht zu, die Vigiles Ostiensis zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen hinzuzurufen.



    Pars Tertia - Wahlen


    §1 - Wahlrecht
    Aktives und passives Wahlrecht haben alle Bewohner Ostias mit Bürgerrecht inne. Im Rahmen des aktiven Wahlrechts hat jeder Berechtigte so viele Stimmen, wie es wählbare Ämter in der Stadtverwaltung gibt.


    §2 - Durchführung
    (1) Die Duumvirn leiten die Wahl, sofern der Curator Rei Publicae nicht einschreitet.
    (2) Mindestens drei Wochen vor dem Wahltermin muss dieser verkündet werden. Die Kandidaturen müssen bis zum Beginn der zweiten Woche vor der Wahl der Stadtverwaltung bekannt gegeben worden sein. Diese veröffentlicht die Kandidaten.
    (3) Die Wahl wird innerhalb zwei aufeinanderfolgender Tage abgehalten. Die Urnen werden am Ende des zweiten Tages geschlossen und ausgewertet.
    (4) Kandidaten gelten mit fünfzig Prozent der Stimmen als zum Amt zugelassen. Werden mehr Männer zugelassen, als es Ämter gibt, scheiden die Kandidaten mit den geringsten Ergebnissen in aufsteigender Reihenfolge aus. Bei identischen Ergebnissen gibt es eine Stichwahl.
    (5) Das Ergebnis ist unverzüglich nach der Stimmenauswertung öffentlich bekannt zu machen. Die gewählten Stadtbeamten sind auf dem Forum zu vereidigen und daraufhin von ihren Vorgängern in die Ämter einzuweisen.

  • Seit für Sermo feststand, dass er nicht länger in Ostia bleiben würde, hatte er bei Gabinius Fundulus seine Mietkündigung eingereicht. Er hatte sich recht herzlich bedankt und noch ein kleines Präsent übergeben, denn der Gabinius war wirklich ein angenehmer Vermieter gewesen. Wohl auch, weil Sermo ein recht angenehmer Mieter gewesen war. Er hatte niemals lautstarke Feten veranstaltet, keine ungeliebten Besucher mitgebracht. Mal abgesehen von regelmäßigem Damenbesuch, seien es Töchter oder Ehefrauen aus der ostiensischen Bürgerschaft oder auch Huren gewesen. Ansonsten war auch am Zustand der Möbel und der Wohnung insgesamt nichts auszusetzen. Sermo hatte alles so hinterlassen wie vorgefunden und auch im Lauf seiner Zeit hier keine Anstalten gemacht etwas zu ändern. Die wenige Habe, die er nach Rom zurücknahm, waren lediglich seine Kleidung, Schreibutensilien, Literatur, Essgeschirr und die kleinen Statuen seiner Ahnen, die er selbstverständlich auch in Ostia verehrt hatte. Das alles passte gut in eine einzige Kiste, die er von Tagelöhnern zum Hafen bringen ließ, wo er sich nach Rom einschiffte. Endlich würde er wieder in die Casa Quintilia einziehen.
    Vale Ostia! Ave Roma!

  • Auch wenn sicher die Option bestanden hätte, ein ganzes Haus zu kaufen, so hatte Axilla letzten Endes doch entschieden, dass es eine Wohnung in einer Insula auch tat für ihre Bedürfnisse. Natürlich nicht in einer der Mausefallen, die gleich zwanzig Familien auf fünf Stockwerken beherbergte. Aber wofür brauchte Axilla ein ganzes Haus für nur ein paar Sklaven, ihre Kinder und die Amme? Je größer der Platz war, umso mehr Sklaven würde sie nur wieder brauchen. Außerdem musste ja nicht gleich jeder wissen, wo sie zu finden war, sollte Rom fallen, was aber unvermeidlich gewesen wäre, wenn sie mit Pomp und Gloria in ein großes Anwesen gezogen wäre.
    Nein, so war es netter, überschaubarer, und trotzdem groß genug für die fünf Erwachsenen und zwei(einhalb) Kinder, und hatte alles, was Axilla brauchte. Die Insula lag auch noch sehr zentral, so dass es keine Probleme machen würde, auf den Märkten das nötige zu kaufen – sofern es da war – und unauffällig nach Hause zu bringen. Und sie hatten auch eine größere Wohnung gefunden, mit zwei Etagen, das sich einen Hof mit den anderen Bewohnern der Insula teilte, direkt neben einer weiteren Familie und der Wohnung eines jungen Magistraten. Eine gute Wohngegend, in der Axilla sich durchaus sicher fühlte.


    Wie versprochen aber durfte Imperiosus sie herbringen, als sie umzog. Viel gab es da nicht zum ziehen, sie hatte ja nicht viel mitgenommen. Nur eine Truhe mit Kleidern, und natürlich mussten sie neue Betten im neuen Zuhause zimmern. Wobei sie das einem hiesigen Handwerker aufgetragen hatte, der auch schon die Matratzen mit frischem Heu ausgestopft hatte. Die Sklaven waren schon vorausgegangen und hatten in den letzten Tagen alles geputzt und geschrubbt, so dass die Wohnung nun noch weit netter aussah als ohnehin schon.
    Axilla ging die Holztreppe zu dem Rundgang über dem Hof hinauf, in dem auch der Eingang zu ihrem neuen Domizil liegen würde. Atticus war schon zusammen mit seinem Milchbruder an ihr vorbeigestürmt, um lachend die Wohnung zu erkunden. So riesig, dass es da so viel zu erkunden gab, war sie ja auch wieder nicht.
    “So, da sind wir“, meinte Axilla lächelnd und drehte sich zu ihrem Mann um. So gern sie auch eigentlich weg aus Rom gewollt hatte, jetzt im Moment, wo der Abschied so kurz bevor stand, fiel es ihr doch außerordentlich schwer. Die Vorstellung, von ihrem Mann getrennt zu sein, fiel schwer. Weit schwerer, als sie sich das zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung vorgestellt hatte. Weit schwerer, als sie es sich vorgestellt hatte, als sie ihn immer wieder nach genau dieser Sache hier gefragt hatte.

  • Ad Iunia Axilla
    In der Insula des Potitus Gabinius Findulus in der Nähe des Forums und der Curia
    Ostia


    Sp. Purgitius Macer Iuniae Axillae s.d.


    Ich danke dir für deinen Brief und deine Nachricht über deinen aktuellen Aufenthaltsort. Ich wünsche dir, dass du und deine Familie dort sicher sind und die Götter über euch wachen. Ich habe deine Besorgnis wohl bemerkt und entschuldige daher auch dein Verhalten bei unserem gemeinsamen Abendessen, für das ich mich darüber hinaus noch einmal herzliche bedanken möchte. Dies umso mehr, da ich dir auch für deinen Einsatz für meinen Klienten Fabius Torquatus zu großem Dank verpflichtet bin, der mich bereits ebenfalls über seine Erhebung zum Primicerius informierte. Ich hoffe, er wird deinem Mann keine Schande machen.


    Geschäftlich scheint auf meinem Gut alles zum Besten zu stehen, da ich keine anderslautenden Nachrichten erhalten habe. Ich gehe davon aus, dass mein Verwalter weiterhin nach Kräften darum bemüht sein wird, unsere Vereinbarung einzuhalten und die vereinbarte Menge pünktlich zum vereinbarten Preis abnimmt. Sollte es zu Schwierigkeiten kommen, lasse ich dich umgehend informieren.


    Vale!

  • Ich hatte beschlossen besonders skeptisch zu sein was die neue Wohnung anbetraf, Axilla und meine "Kinder" waren mir tatsächlich wichtiger als ich selbst geworden ... mir wurde übel bei dem Gedanken an das stolze Lächeln meines Vaters, das dieser Umstand sicher heraufbeschworen hätte ... würden seine Knochen nicht längst irgendwo vermodern ...


    "Naja für Ostia ist es wahrscheinlich noch ganz annehmbar! Vielleicht lässt sich ja auch noch das ein oder andere ausbauen!?"


    Ich betrachtete die Breite der Tür und die Stärke der Angeln ... vielleicht sollte ich den Handwerker gleich noch bitten selbige zu verstärken? Aber wahrscheinlich würde das Axilla eher beunruhigen als sie endlich zur Ruhe kommen lassen ... schliesslich war das ja der Ziel des ganzen .. "Ausfluges" ...

  • Ausbauen? Axilla musste doch ein klein wenig lachen. “Das ist doch nur gemietet, und ich weiß nicht, ob Gabinius da nicht was dagegen hätte, wenn wir hier einfach etwas umbauen.“
    Axilla lächelte und umarmte ihren Mann noch einmal fest, zog ihn dicht an sich und atmete tief durch. Sie würde ihn wirklich sehr vermisse. Mehr, als sie sich eingestehen wollte. Sie wusste, so war es besser, sicherer für ihren Sohn und das, was sie sich schon sehr lange gewünscht hatte. Aber trotzdem... trotzdem...
    “Es ist ja nicht für immer. Es wird schon ausreichen für uns. Ein bisschen einfacheres Leben tut denke ich Atticus auch ganz gut, dann lernt er auch Verzicht.“ Imperiosus verwöhnte Axillas Sohn immer so ungemein. Er verweichlichte dadurch zwar sicher nicht, und es war wirklich wahnsinnig süß, Imperiosus und Atticus so zu sehen, aber trotzdem hatte Axilla nichts dagegen, wenn ihr Sohn sich auch mal richtig schmutzig machte oder sich mit anderen Kindern mal schlug. Sowas härtete ab.


    Nur langsam ließ Axilla ihren Mann los und sah ihn nochmal an, während die Sklaven im inneren des Hauses schon alles herrichteten. “Wann benötigt die Kanzlei dich denn wieder?“
    Axilla war sich nicht sicher, wie nahe der Abschied von ihrem Mann eigentlich wirklich war. Sie hatte sich nicht zu fragen getraut,d ie ganze Herfahrt über nicht. Aber es konnte gut sein, dass ihr Mann nicht lange bleiben konnte, da er wieder zurück nach Rom zu seinen Aufgaben musste.

  • Natürlich wusste ich das diese "Unterkunft" nur gemietet war, aber ich war mir auch durchaus im Klaren darüber das der Besitzer mit jeder meiner Entscheidungen konform gehen würde ... andernfalls blieb immerhin zu fürchten das er nicht mehr lange der "Besitzer" bleiben würde ...


    "Ich bin sicher er wüsste unsere Bemühungen zu schätzen!"


    Das mein Sohn Verzicht lernen sollte gefiel mir nun wieder garnicht, denn wer nicht wusste wie man ohne ausreichend gutes Einkommen überlebt der gab sich mehr Mühe nie in eine solch missliche Lage zu geraten ... davon war ich fest überzeugt ...


    "Wozu muss er lernen wie man verzichtet? Er soll eines Tages eine Legion kommandieren, was er langsam anfangen sollte währen wohl eher Unterricht in Taktik und Kampfkünsten!"


    Alles was man brauchte um besonders zu werden waren nunmal reiche Eltern und gute Lehrer, wobei das Zweite natürlich immer das erste voraussetzte ...


    "Ich denke ich werde gleich Morgen zurückerwartet ich sollte deinen Schützling nicht zu lang alleine lassen, am Ende macht er doch noch etwas dummes und dann zeigt alle Welt mit dem Finger auf mich weil ich ihn aufs Treppchen gehoben habe!"


    Meine Laune war katastrophal und ich wusste nichteinmal genau warum ... das heist eigentlich war das eine Lüge, eine Schutzlüge ... eine Lüge die mich davor bewahrte zugeben zu müssen das mir sowohl mein Sohn als auch meine Frau mächtig fehlen würden und ich eigentlich mal eben so garnicht mit diesem Umzug zufrieden war ...

  • Axilla lächelte nur, als Imperiosus von seinen Renovierungsplänen nicht abließ. Es warja wirklich süß von ihm, wie er sich um sie sorgte und kümmerte. Axilla hätte sich wirklich keinen besseren Mann wünschen können. Er las ihr jeden Wunsch an den Augen ab, sogar die, von denen sie selber nichts wusste. Nie war er gemein oder laut zu ihr, nie abweisend. Er war ein großartiger Vater. Sie wusste gar nicht, womit sie so viel Glück verdient hatte. Bisweilen vergaß sie sogar das schlechte Gewissen, dass sie ihm gegenüber hegte, wenngleich es nach der langen Zeit ihrer Ehe schon sehr beruhigt hatte.


    “Wohl eher eine Ala. Und wenn er mit seinen Männern im Feld ist und es keine gebratenen Täubchen gibt oder Seesterne mit Honigpfeffer, soll er nicht herumjammern. Oder wenn es kalt ist und seine Kleidung mal gerissen. Er soll sich selbst auch helfen können und wissen, dass wenn er nach Hause kommt zu seinen Eltern, alles wieder gut sein wird.“ Axilla lächelte leicht. Sie hatte da schon sehr klare Vorstellungen, wie ein Mann zu sein und was er zu können hatte. Vielleicht war eine spartanische Agoge nicht unbedingt dazu nötig. Aber hilfreich wahrscheinlich schon. Auch wenn Axilla zu ihrem perfekten Sohn SO streng nicht sein konnte. Aber ein wenig.
    “Hmm... ich könnte Malachi bitten, dass er ihm ein wenig zeigt. Auch wenn ich glaube, dass er dafür noch ein wenig zu klein ist. Er ist ja kaum so groß, um über ein Scutum zu schauen.“ Axilla kaute leicht auf ihrer Lippe herum und überlegte. Wie alt war sie gewesen, als sie ihrem Vater gelauscht hatte? Als er ihr das Schwert in die Hand gedrückt hatte und ihr erzählt hatte, wie man es hielt, wie man es führte, wie man zustieß? Sie konnte kaum viel älter gewesen sein als Atticus jetzt. Im Moment hörte Atticus von diesen Dingen nur aus den Geschichten, die Axilla ihm erzählte. Andere Kinder bekamen die großen Sagen abends vor dem Schlafen erzählt und vorgesungen. Atticus bekam Geschichten von Schlachten und Feldherren und Königen und Kriegen erzählt. Vielleicht war es doch an der Zeit, ihm nicht nur Geschichten zu erzählen, sondern ihm auch einmal Stahl in die Hand zu geben.


    Auch musste Imperiosus gleich wieder gehen. Wenngleich er für die Bemerkung mit 'ihrem Schützling' einen schiefen Blick bekam, gefolgt von einem spitzen Stupsen mit dem rechten Zeigefinger gegen seine Seite. “Das klingt ja fast, als wärst du eifersüchtig“, stichelte sie ein wenig, aber hauptsächlich, um die Abschiedsstimmung etwas aufzulockern. Sie wollte nicht, dass er ging. Aber noch weniger wollte sie weinen. Oder, dass er sah, dass sie weinte. Also lächelte sie darüber hinweg.
    “Aber ja, vielleicht solltest du wirklich schauen, was der Fabier tut. Nicht, dass du am Ende dann noch mit dem Finger auf mich zeigst, was für Idioten ich dir angeschleppt habe.“

  • Die zentrale Lage und ihr gepflegtes Aussehen hatten mich dazu bewogen hier nach einer Wohnung für Romana zu sehen. Weiter unten an der Straße das Mietshaus war eine herbe Enttäuschung gewesen.


    Der Verwalter hatte mir im Obergeschoss eine Wohnung in Aussicht gestellt. Letztendlich ließ er mir die Schlüssel zukommen und den Vertrag, der mich bis auf weiteres als Mieter eingetragen sah. Einen kurzen Blick hatte ich hinein geworfen. Zimmergröße und Aussicht auf die Straße waren in Ordnung. Zwei Fensterläden hielten Lärm und Zaungäste draußen. Im Erdgeschoss befanden sich zwei Aborte und eine Kochstelle.


    Heute ging's an die Einrichtung. Die Tür klemmte. Mit einem kräftigen Ruck war sie offen. Ein Stück Holz hatte sich verklemmt. Der calo bekam gleich seine Aufgaben. " Der Boden muss geschruppt werden. Die alte Auflagen ,von der Kline hier vorn und dem Bett im anderen Raum, fliegen raus. Besorge neue bequeme. Kissen und Decken dazu. Einen kleinen Tisch, zwei Korbstühle. Für das hintere Zimmer einen Tisch mit Spiegel für die Domina, einen Korbstuhl, einen Hocker." Ein Regal stand im ersten Raum. " Sauber machen, Geschirr für vier Personen kaufen und einräumen. Hier ist Geld, wenn du fertig bist, machst du Meldung bei mir." Der calo hatte für heute zu tun. Ich verließ die Wohnung, machte einen Schlenker über das Forum und ging zurück zu unserem Marschlager.

  • Ich küsste Axilla und schluckte meine Angst runter ... ich fürchtete nicht das ihr jemand etwas tun könnte niemand der auf Salinators Seite stand wäre so dumm ihr etwas anzutun und niemand auf der Gegenseite wäre so dumm einem so wertvollem Pfand ein Haar zu krümmen ... was ich fürchtete war das ich meinen Sohn bei unserem nächsten Treffen kaum wiedererkennen würde, das er bereits den Halbgöttern gleich mit gestählter Brust in den Kampf zog, in den Kampf den ich mit heraufbeschworen hatte vielleicht sogar ... Angst davor das ich die Geburt meines zweiten Kindes würde verpassen können ...


    "Ich fürchte selbst dann könnte ich dir nicht böse sein! ... Ich komme euch alle paar Tage besuchen! So oft ich eben kann, in Ordnung?"

  • Wie konnte Axilla da nein sagen? Am liebsten wollte sie, dass er gar nicht ging, auch wenn sie ihm genau das nicht sagen konnte. Er musste ja nach Rom, auch wenn es Axilla weit lieber gewesen wäre, er würde sich von all dem zurückziehen und Salinator sich selbst überlassen. Aber das konnte sie von ihm nicht verlangen, und danach konnte sie ihn auch nicht fragen. Sie wollte ihn gar nicht so zerreißen zwischen seiner Treue zu seinem Patron, selbst wenn dies so ein Scheusal wie Salinator war, und seiner Liebe zu seiner Familie.
    “Natürlich. Titus wird sich bestimmt auch freuen, wenn er seinem Papa erzählen kann, was er wieder alles neues entdeckt hat.“


    Axilla versuchte ein aufmunterndes und leichtes Lächeln, aber es erreichte ihre Augen nicht. Sie fühlte sich nicht nach Lächeln, und auch wenn sie darin sehr geübt war, ihre Gefühle dahinter zu verbergen, Imperiosus dürfte sie inzwischen wohl gut genug kennen, um die Traurigkeit dahinter zu sehen.
    “Du solltest dann gehen, damit du noch bei Tageslicht in Rom ankommst“, versuchte sie, möglichst pragmatisch den Verabschiedungsprozess einzuleiten. Wenn sie sich darauf konzentrierte, was jetzt zu tun war und wie man es machen musste, und nicht, wie sie sich dabei fühlte, dann war es ein klein bisschen leichter.

  • Ich konnte an ihren Augen sehen, dass das Lächeln das sie mir schenkte nur halb so echt war wie die Trauer die sie damit zu verbergen versuchte. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und strich ihr sanft über die Wange. Nie hätte ich gedacht das ich jemals eine andere Person vermissen könnte, zumindest nicht um ihrer Selbst willen, sondern eher wegen eines Dienstes oder anderer Wertsachen die sie mir eventuell schuldete ...


    "Schreib mir ab und zu, nicht das ich was verpasse!"

  • Zwei Tage hatte mein calo benötigt alles Aufgetragene zu erledigen. Am Nachmittag große Kontrolle. Die Treppe hoch rechts. Die Tür klemmte nicht mehr. Auf den ersten Blick sah alles ganz ordentlich aus. Die Stühle waren gut gepolstert. Die Kline und das Bett ebenfalls. Kissen und Decken waren reichlich vorhanden. Das Geschirr stand sauber aufgereiht im Regal. Er hatte sogar an eine Waschschüssel und Tücher gedacht.
    Ich war sehr zufrieden. Das zeigte ich persönlich weniger. Es schlug sich mehr in den 5 Sesterzen und dem abendlichen Frei nieder was mein calo bekam.
    Für die Ankunft von Romana war somit vorgesorgt. Ob sie heute, morgen oder erst in 5 Tagen kam war vollkommen egal.
    Ich genehmigte mir eine Pause und setzte mich im ersten Raum in einen der Korbstühle. " Es ist annehmbar." murmelte ich vor mich hin und sah in die Runde.

  • “Werd ich. Mindestens einmal in der Woche“, versprach Axilla und hatte auch vor, dieses Versprechen einzuhalten. Auch wenn es den Abschied wirklich nicht einfacher machte. Ebensowenig wie sein Kuss auf die Stirn.
    Doch Axilla wollte nicht nur so einen höflichen Kuss. Sie wollte auch nicht, dass er ging. Sie wollte nicht stark sein müssen, nicht jetzt und hier auch noch. Hastig umarmte sie Imperiosus, zog sich dicht an ihn, schmiegte ihren Körper an den seinen und küsste ihn, lang und voller Liebe. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie ihre Gefühle doch so weit unter Kontrolle hatte, ihn wieder loszulassen. Fast beschämt trat sie da einen Schritt zurück und sah strikt zu Boden, damit er ihr Gefühlschaos nicht in ihren Augen sehen konnte. “Sei vorsichtig auf der Heimreise“, meinte sie noch zum Abschied. Es fühlte sich so schmerzlich an.

  • Ich genoss die Nähe Axillas, atmete ihren Duft ein und versuchte so zu tun als könnte ich übersehen wie sehr sie mich hierbehalten wollte ... kurz überlegte ich selbst hierzubleiben aber das wäre dann wohl doch zu viel für den guten Fabier ... nutzte ich meine eigene Ausrede nun auch bei mir selbst ...


    "Werde ich, du wirst sehen wenn ich das nächste Mal an diese Tür klopfe wirst du glauben ich wäre garnicht weg gewesen!"


    sagte ich und hoffte das Gegenteil würde der Fall sein, das schlimmste was ich mir zur Zeit vorstellen konnte war das Atticus und Axilla mich eventuell garnicht vermissen würden ...


    Ich errinnerte mich noch gut wie ich selbst aufgewachsen war mit einem Vater den ich kaum gesehen hatte und schon nach wenigen Jahren hatte ich ihn dafür gehasst, sein Gerede von Pflicht und Ehre seine langweiligen Geschichten über seine Soldaten und wie sie für ihn zu einer Familie geworden waren ... Ich hatte mir geschworen ich würde nie so werden ... ich schreckte hoch und wollte meine Frau in den Arm nehmen ...


    "Axilla, ich will nicht zurück nach Rom ich will nicht weg von euch! Lass uns auf eines meiner Landgüter gehen diesen dummen Krieg aussitzen und unsere Kinder an einem Ort grossziehen wo sie beide Eltern jeden Tag sehen können!"


    Doch ...

  • Enttäuscht, und das nicht nur gefühlsmäßig - es war Romana anzusehen - saß die Braunhaarige auf der Kline und hielt eines von der vielen Kissen in den Schoss gedrückt. Den Blick schweifend, sah sie sich um, bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. Auf der Treppe waren Geräusche hörbar, ungewohnt und hastend, liefen an ihrer Tür vorbei und entfernten sich wieder. Naha und Gaius erledigten das Ausladen. Ein gewisser Titus hatte sie nach Oben in die kleine Wohnung geleitet und sie im Namen des Centurio Decimus, dort willkommen geheißen.
    Der kleine Raum war nicht ohne Charme und glich ihrem Cubiculum in Rom. Hier gab es zwei Räume, die durch einen Vorhang getrennt, voll und ganz ihren Ansprüchen genügten. Auch wenn sie das Fensterbrett vermissen würde und den Blick in den Hortus, hier war sie in Ostia und dadurch ihm nah. Die Gedanken daran beruhigten sie etwas und erhellten ihr bislang ernst wirkendes Gesicht. Trotzdem gelang es ihr nicht, sich los zu reißen und aufzustehen. Während der ganzen Reise war sie auf das Gesicht von Massa gespannt und jetzt gab es nur einen Willkommensgruß und keine Aussicht ihn zu sehen. Selbst auf ihre Nachfrage an den Calo, erfuhr sie nur Wenig. Zu unruhig schlug ihr Herz seither und Kälte breitete sich über ihren zierlichen Körper aus. Obwohl sie noch eingehüllt in ihren Mantel war, spürte sie das eisige Gefühl, wie es sich von den Füßen nach oben zog und auf ihren Brustkorb lastete.
    Als die Tür aufging und Nuha eintrat, erhob sie sich endlich und trat an das Fenster. Die Fensterläden waren noch halb geschlossen, gaben aber den Blick auf die belebte Straße frei. Lärm klang an ihr Ohr und vermischte sich mit dem leisen Schlurfen der Grauhaarigen, die begann eine kleine Mahlzeit aufzutischen. Auch wenn es lange her war, dass Romana einen Bissen zu sich genommen hatte, bestand wenig Appetit.
    Verträumt folgten ihre Hellblauen den Lauf des Straßenzuges und blieben irgendwo in der Ferne haften. Während leise seufzend der Name Appius ihre Lippen verließ, rollte blinzelnd winzige Tropfen über ihre Unterlider und bahnten sich den Weg über die Wangen, bevor sie als Rinnsal oberhalb der Mundpartie erstarben.

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