• Ravenna ist viel schöner, findet Stella. Und überhaupt, sie hat den Onkel schon sehr lange nicht mehr gesehen. Wer weiß, wie der jetzt so ist. Vielleicht ist er nicht mehr so freundlich und nett wie da, wo sie zu Besuch waren, sondern...na, alt eben. Sicher hat er mehr graue Haare. So war das mit alten Menschen, die bekamen genauso schnell graue Haare wie ein Apfel braune Flecken bekam. Stella erschreckt sich - vielleicht hatte Onkel Macer ja auch braune Flecken? Sie nimmt sich vor, da mal nachzuschauen bei Gelegenheit. Wenigstens muss sie nicht allein in dem öden Reisekarren sitzen, sondern hat Lenaea dabei. Leni, wie sie immer sagt, weil das leichter ist und schöner klingt. Ihre Amme Neferu, die aus Ägypten kommt, ist immer so streng, aber mit musste sie trotzdem. Da hat Tante Domitilla drauf bestanden. Auch Lenis Amme musste mit, genau wie die zwei griechischen Sklaven Praxias und Acoris.


    Stella rutscht ungeduldig auf dem Sitz herum. Sie haben das Tor doch schon vor Eeeeewigkeiten passiert, wie lange dauert das denn noch? "Ich glaube, wir sind da", lässt Neferu da verlauten, und Stella rutscht augenblicklich vom Sitz. "Na eeeeeendlich! Ich kann die Kutsche nicht mehr sehen. Mir tut alles weh! Leni, meinst du, Onkel Macer ist überhaupt da? Tante Domitilla hat doch gesagt, dass er immer so wichtige Reden halten und die Senatoren auf Trab bringen soll. Was machen wir denn, wenn er gar nicht hier ist? Ich hab keine Lust, vor der Tür zu warten", maulte Stella.

  • Leni war auf der Reise oft mal nebenher ein bisschen eingenickt. Und das im Sitzen. Dass das überhaupt möglich war hatte sie sich damit schonmal selbst bewiesen und ihrer Schwester auch. Die war eh viel hippeliger und konnte es gar nicht mehr erwarten, endlich aus ihrem Reisegefährt auszusteigen. Aber im Moment rumpelte es auch immer wieder und da konnte selbst Leni nicht mehr in der Kutsche schlafen. Sie hatte sich auf die Sitzfläche gekniet und den Kopf aus dem Fenster gestreckt um zu schauen, wo es lang ging und ob sie wohl das Haus des Onkels wohl wieder erkennen würde. Das war jedoch nicht der Fall.


    Neferu hatte es dafür erkannt und Leni wurde auch endlich nervös. "Mir tut auch alles weh. Ich will raus hier und sehen, was man hier so treiben kann. Jedenfalls sieht es hier schonmal ganz anders aus als in Ravenna. Da hat Domitilla recht damit, dass wir Pomeranzen werden. Oder wie sagt sie immer?", meinte Lenaea und verlagerte ihren Oberkörper mitsamt Hals und Kopf auch endlich wieder ins Innere der Kutsche, damit die Tür gleich geöffnet und sie heraushopsen konnten.


    "Wenn er nicht da ist, dann stürmen wir das Haus eben wie zwei Banditen. Durch ein Fenster oder wir klettern aufs Dach!", meinte Leni dann auch schon und legte die Hand über den Mund. Sie war so gespannt, denn das Haus zu stürmen wie zwei Banditen würde sicherlich spannender werden als vor der Tür auf den alten Onkel zu warten. Hoffentlich konnte er auch lustig sein.

  • Stella grinst Lenaea an und räuspert sich dann. Sie hört sich ganz an wie die Tante in Ravenna, auch wenn sie natürlich absolut übertreibt und gar nicht so alt ist wie Domitilla. "KIIIINder", betont sie und hebt einen Zeigefinger. "Ich würde euch zwar gern hier behalten, aber eine Dame in eurem Alter sollte Rom zumindest einmal gesehen haben. Ihr beide habt das Glück, dass euer Onkel Macer dort ein angesehener Poli...dings ist, also werdet ihr Rom nicht nur sehen können, sondern eine Weile dort leben!" Als Stella die Tante zu Ende imitiert hat, kichert sie albern und piekst Lenaea in die Rippen. Weil sie nämlich schrecklich kitzelig ist, muss ihre Zwillingsschwester das auch sein. Immerhin hat sie auch das Muttermal in Form einer patrizischen Sichel auf dem rechten Schulterblatt. Und überhaupt, Stella ist froh, dass sie Leni hier hat. Allein wär es viel zu öde.


    Als der Wagen hält und die beiden raus hüpfen, muss Stella immer noch lachen. Am liebsten würde sie gar nicht klopfen, sondern gleich wie ein Bandit einbrechen und den Onkel überraschen. Aber ein entsprechender Blick von Neferu ließ sie die Idee gleich wieder verwerfen. Neferu war soooo langweilig! Aber sie hat ja Leni, und die beiden sind Neferu und Lenis Amme schon sehr oft weggelaufen. "Das wär schon witzig. Aber Onkel Macer war doch mal Soldat. Vielleicht spießt er uns aus versehen mit seinem Schwert auf, wenn wir ihn erschrecken. He, Praxias geh mal klopfen!" Der Sklave folgt der Aufforderung auch gleich, und alle warten. Stella begibt sich schon mal in die Umdenhalsfallstartlöcher. Dazu braucht sie etwas Anlauf, so vier Meter.

  • Lenaea musste auch kichern, als Stella die alte Domitilla nachgemacht hatte. Weiterhin hielt sie sich grinsend die Hand vor den Mund, so dass sie mit den Fingernägeln ihre Lippen berührte. Eine ihrer Augenbrauen hatte sich im Schalk schon gehoben, als Stella versuchte sie zu kitzeln. Obwohl sie bei Anderen oft kitzelig war, gelang es Stella nicht oft Leni wirklich zu kitzeln. Leni fand nämlich, dass man es Stella schon ansehen konnte, bevor sie die Hand ausstreckte. Und so vorbereitet war es immer nur halb so schlimm.


    Und nun wartete sie nur noch darauf, dass endlich diese Tür geöffnet würde und sie rauskommen konnte. Leni kam zuerst dran und durfte als erste aussteigen. Das tat sie auch mit einem kleinen Satz und drehte dann erstmal den Kopf in alle Richtungen und blinzelte gegen die Sonne an. Dann war auch Stella hinter ihr und gab zu Bedenken, dass Onkel Macer die zwei kleinen Einbrecher aufspießen könnte und Leni erwiderte sofort, dass sie das nicht glaube. "Achwas... der alte Onkel Macer. Wir sind ja wohl schneller als der! So schnell kann der nicht nach uns beiden schlagen, wie wir ihm vor der Nase rumtanzen!"


    Sodann sah sie misstrauisch zu, wie Stella in die berühmt-berüchtigte 'Umdenhalsfallstartlöcher' ging. Vier Meter? Eindeutig zu viel. Auf diese Weise würde Stella den alten Mann vielleicht noch ganz aus den Sandalen schubsen und mit ihm auf dem Boden landen. Leni ging da doch lieber auf Nummer sicher und trat auch für ihre Schwester zur Seite. Auch Neferu und Paula, Lenis Amme, die nirgendwo besonderes herkam und nur besonders doof war. Laut Lenaea. Die olle Paula stellte sich dann auch gleich hinter Neferu an der Tür an und schielte nur das eine oder andere Mal auf ihren Schützling runter, der erstmal mit einem Stücken Abstand stehen blieb und nach Fenstern Ausschau hielt.

  • Zitat

    Original von Gaius Prudentius Commodus
    Commodus war zwar überrascht über den plötzlichen Wechsel, doch schmunzelte er dann.


    "Nun ja, die wenigen Erfahrungen die ich mit ihr machte waren mehr oder weniger befriedigend. Ich führte ein Bewerbungsgespräch mit ihr und vertraute ihr die Kaufabwicklung und die Verwaltung eines Landgutes an. Es gab anfangs keine Gründe zur Klage, doch war ihre Kündigung, nun sagen wir ungewöhnlich."


    "Sie hat also von sich aus bei dir gekündigt?", fragte Macer nach und wirkte ein wenig in Gedanken vertieft. "Sie macht nicht unbedingt den Eindruck, als wenn sie unbedingt Aquarius werden wollte und deshalb ihren vorherigen Arbeitgeber verlassen hätte. Aber nun, wie dem auch sei, es scheint tatsächlich ein etwas seltsamer Zweig dieser Gens zu sein. Andererseits kann ja vielleicht nicht jeder Decimer ein held sein, das wäre dann wohl auch zu viel."

  • Zitat

    Original von Purgitia Lenaea
    Die olle Paula stellte sich dann auch gleich hinter Neferu an der Tür an und schielte nur das eine oder andere Mal auf ihren Schützling runter, der erstmal mit einem Stücken Abstand stehen blieb und nach Fenstern Ausschau hielt.


    Wie an der Casa des Senators üblich, öffnete nicht der Hausherr persönlich, sondern der Türsklave. Ein kurzer prüfender Blick auf die Erwachsenen und die beiden Mädchen überzeugte ihn, dass es sich nur um die beiden Nichten des Hausherrn handeln konnte, deren Ankunft schriftlich angekündigt war.


    "Willkommen in Rom!", verkündte er daher fröhlich, wartete dann aber doch erst einmal ab, ob irgendwer etwas zu sagen gedachte, bevor er die Gruppe einließ oder andere Hausangestellte holte, die beim Gepäck behilflich sein konnten.

  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Sie hat also von sich aus bei dir gekündigt?", fragte Macer nach und wirkte ein wenig in Gedanken vertieft. "Sie macht nicht unbedingt den Eindruck, als wenn sie unbedingt Aquarius werden wollte und deshalb ihren vorherigen Arbeitgeber verlassen hätte. Aber nun, wie dem auch sei, es scheint tatsächlich ein etwas seltsamer Zweig dieser Gens zu sein. Andererseits kann ja vielleicht nicht jeder Decimer ein held sein, das wäre dann wohl auch zu viel."


    "Sie kündigte von sich aus, ja. Und sie war sehr darauf aus, dass ihre Kündigung fristlos geschieht und bat mich inständig, die entsprechende Bestimmung unseres Vertrages ausser Acht zu lassen." sagte er.
    "Es wäre wirklich zu viel, wenn jeder von ihnen ein Held wäre, doch zweifle ich bei diesem Zweig der Familie ein wenig an der tatsächlichen Verwandtschaft."

  • "Decimus Verus erwähnte eine Verwandtschaft mit Decimus Livianus, wenn ich mich recht erinnere." Die genauen Details hatte Macer natürlich schon wieder vergessen. "Er hatte ihn besucht, bevor er sich bei mir in Rom bewarb. Ansonsten hätte ich es mich nicht gewundert, wenn er nichts mit den bekannten Decimern zu tun gehabt hätte." Immerhin konnte so ein Name ja auch einfach so mehrfach vorkommen.


    "Das Verhalten seiner Schwester dir gegenüber finde ich jedenfalls sonderbar. Ich denke nicht, dass ich sie einstellen werde. Danke für die Auskunft diesbezüglich."

  • Damit betrachtete Macer das Thema als abgeschlossen, denn mehr hätte er ohnehin nicht sagen können. "Es freut mich, dass ich dir weiterhelfen konnte. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?"

  • Commodus dachte einen kurzen Moment lang nach, ob er alles angesprochen hatte, weswegen er hier war, dann verneinte er die Frage.


    "Derzeit wäre das eigentlich alles. Ich danke dir für deine Zeit und auch für deine Auskünfte." sagte er und machte sich bereit das Haus der Purgitier zu verlassen.

  • Macer führte den Consul persönlich wieder zur Haustür, die der Türhüter öffnete. "Dann sehen wir uns wieder bei der nächsten Senatssitzung. Es ist übrigens damit zu rechnen, dass Senator Hungaricus und ich in nicht allzu ferner Zukunft unseren Vorschlag für die Geschäftsordnung einbringen werden."


    Dass Macer noch die eine oder andere weitere Idee hatte, erwähnte er nicht, denn dazu waren die Pläne noch längst nicht weit genug. Stattdessen verabschiedete er sich endgültig. "Vale."

  • Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    Wie an der Casa des Senators üblich, öffnete nicht der Hausherr persönlich, sondern der Türsklave. Ein kurzer prüfender Blick auf die Erwachsenen und die beiden Mädchen überzeugte ihn, dass es sich nur um die beiden Nichten des Hausherrn handeln konnte, deren Ankunft schriftlich angekündigt war.


    "Willkommen in Rom!", verkündte er daher fröhlich, wartete dann aber doch erst einmal ab, ob irgendwer etwas zu sagen gedachte, bevor er die Gruppe einließ oder andere Hausangestellte holte, die beim Gepäck behilflich sein konnten.


    Stella hat schon die ersten drei riesigen Sätze gemacht, weil die Tür aufgeht, da bemerkt sie, dass nicht Onkel Macer da im Rahmen steht, sondern irgendwer anders. Zu spät, sie kann jetzt nicht mehr bremsen. Mit viel Karacho und noch mehr Schwung stolpert sie also dem Sklaven mehr entgegen als sie springt. Glücklciherweise kann sie sie noch irgendwie an seiner Tunika festklammern und rutscht so nicht einfach am Ianitor vorbei ins Haus. Erschrocken blinzelt sie Leni an und keucht. Hastig lässt sie den Sklaven los, als sie merkt, dass sie sich immer noch an ihm fest hält, dann beäugt sie ihn kritisch. Tante Domitilla hat immer gesagt, dass man nur wenigen Sklaven überhaupt trauen kann, und dass die Sklaven dann aber auch treu sind, solange bis sie sterben. Ob das so ein Sklave ist? Gerade will Stella den Mund aufmachen und fragen, da tritt ihre Amme Neferu in den Weg und wechselt ein paar leise Worte mit dem Türsteher. Stella verdreht hinter Neferus Rücken die Augen und sucht Lenis Blick. Sie will endlich rein, ihr ist kalt, sie will Onkel Macer sehen und vor allem was essen. In einer Kutsche sitzen und warten macht echt einen Mordskohldampf. Da fällt ihr ein, dass sie ihre Puppe Iulis Ulpia Drusilla in der Aufregung ganz vergessen hat. Flugs wendet sie und läuft zum Wagen, um die Augusta rauszuholen. Mit ihr im Arm kehrt sie dann zu Leni, Neferu und den anderen zurück.

  • Leni hielt den Atem an, als sie sah, wie die Tür langsam aufging. Neugierig streckte sie den Kopf vor und zog dann zischend die Luft ein, als sie sah, wie Stella an ihr vorbeistürmte um den armen Sklaven zu überfallen. Und tatsächlich rannte sie ihn fast um! Ein Bild für die Götter, wie Leni sofort fand. Kichernd hielt sie sich wieder beide Hände vor die Lippen und sah mit blitzenden Augen zu, wie Stella sofort kehrt machte und nochmal in die Kutsche hopste. Was war denn jetzt los? So erschrocken? Das kannte sie nicht von ihrer Schwester. Doch ihr Blick entspannte sich wieder, sobald sie sehen konnte, dass Stella nur ihre Augusta vergessen hatte. Ihr Augustus lag noch in irgendwo zwischen dem Gepäck, aber sie wollte den alten Kerl jetzt eh nicht bei sich haben.


    Sobald Stella wieder bei ihr war, nahm Leni ihre Hand und drückte sie leicht. Sodann trat sie aber einen Schritt auf den Türsklaven zu. Auch wenn dieser grade im Gespräch war mit Neferu, das war ihr egal. Die Sklavin hatte gefälligst den Mund zu halten, wenn sie etwas wollte. Also trat sie wie eine Dame mit ihrer Schwester als Verstärkung einen Schritt nach vorne. "Hey. Wir haben Hunger und wollen zu unsrem Onkel. Also lass uns hier nicht unnötig lang rumstehen, sondern lass uns rein und hilf den Sklaven mit dem Gepäck!", forderte sie ihn forsch auf und tauschte dann einen Blick mit der Schwester aus.

  • Eine so stürmische Begrüßung war an der Tür dieser Casa so selten, dass der Türhüter gar nicht schnell genug auf die Idee kam, sich überrumpelt zu fühlen. Leicht verwirrt betrachtete er die herum wuselnden Mädchen, bevor sich eine der Begleiterinnen an ihn wandte. Rasch war alles nötige geklärt und als eine der beiden kleinen Damen dann ihre Anweisungen gab, wusste der Türhüter ohnehin schon, was zu tun war.


    "Die Damen mögen mir bitte folgen", verkündeter er formvollendet mit einem anschließenden Augenzwinkern und führte sie ins Atrium. Dann verschwand er als erstes in der Küche, um dort Essen und Trinken in Auftrag zu geben. "Für euren Magen ist gleich gesorgt", verkündete er Augenblicke später bei seiner Rückkehr und war gleich darauf durch den nächsten Durchgang wieder verschwunden. Es dauerte auch nur unwesentlich länger, da kam er mit einem anderen Mann wieder hervor und schickte diesen weiter zur Tür. "Er holt euer Gepäck."
    Ein weiterer Sklave war von selber ins Atrium gekommen, denn immerhin war der Lärm der kleinen Gruppe nicht zu überhören. Der Türhüter schickte ihn aber gleich wieder los, um den Hausherren zu holen. "Euer Onkel kommt gleich", wandte er sich dann wieder an die Mädchen und deutete auf eine Bank. "Ihr könnt euch setzen, wenn ihr mögt."

  • Stella kichert und hält Lenis Hand dabei fest umschlossen und in der anderen die Augusta. Die sieht ein wenig ramponiert aus. Kein Wunder, die Fahrt war ja auch recht lang. Stella wird sie ordentlich anziehen und zurechtmachen müssen, ehe Onkel Macer sie sieht. Frauen müssen schließlich immer gesellschaftsfähig sein. Ein Glück, dass Stella noch ein Kind ist und sich nicht darum kümmern muss. Aber die Augusta ist ja schon alt, wenn auch ein wenig klein und aus Stroh und Stoff. Aber immerhin.


    Dieser Ianitor ist auch ulkig. Stella folgt ihm zusammen mit Leni und guckt sich unterwegs gut um. Da stehen allerlei Büsten auf halben Säulen herum und Stella fragt sich, warum man unbedingt Büsten in ein Atrium stellt und keine kleinen Segelboote. Die wären wenigstens praktisch, da könnte man die gleich in dem kleinen Wasserbecken in der Mitte fahren lassen. Der Mann von Tante Domitilla hat Leni und Stella mal eine kleine Spielzeuggaleere gebaut. Die hat zwei Tage später allerdings draußen im Teich Schiffbruch erlitten, was nur an dem blöden Fisch lag, den Tante Domitilla da unbedingt halten muss und der dachte, dass die Galeere was zu Essen war. Schnell geht Stella weiter. Den Sklaven mit dem Gepäck beachtet sie gar nicht weiter. Sie ist viel zu verwundert darüber, wie karg das Atrium aussieht, wenn man es mit dem von tante Domitilla vergleicht. Hier ist nirgends irgendwelcher Krimskrams zu sehen, und die Sklaven haben auch alle unterschiedliche Sachen an und müssen nicht in Purpur und mit Glöckchen um den Fuß herumlaufen. Misstrauisch schaut Stella Leni an und zuoft an der Hand, damit sie auch herschaut. "Hier ist was faul. Ich glaube, Onkel Macer hat gar nicht so viel Geld wie die Tante immer allen Leuten erzählt. Hier sind gar keine Blumen, kein Schmuck und so Zeugs. Überhaupt sieht es hier ganz anders aus als Zuhause", betont Stella und schaut Leni bedeutungsvoll an.


    Der Sklave deutet auf eine Bank und Stella zieht Leni einfach mit, um sich zu setzen und brav zu warten. Die Tante hat schließlich nicht umsonst gesagt, dass sie schön lieb sein sollen. Da kann man ja mal eine Ausnahme machen, damit der Onkel wenigstens in den ersten fünf Minuten keinen Herzanfall bekommt, weil die Zwillinge durch sein Haus hüpfen und Krach machen. In die Stille hinein knurrt Stellas Magen fast unerhört laut. Deswegen läuft sie auch rot an und schaut, ob der Sklave das gehört hat. Mannn, das wär ja echt peinlich.

  • Endlich ließ man die Zwillinge hinein und Leni war froh darüber, denn auf diese Weise konnte sie ihr Versprechen, mal ausnahmsweise braver zu sein, wenigstens am Anfang ihres Aufenthalts in Rom noch einmal halten. Anderenfalls hätte sie den Türsteher gleich zur Schnecke machen müssen, das tat sie nämlich hin und wieder mal, wenn sie gerade nicht so guter Laune war. Und das kam nur dann vor, wenn sie zugleich hungrig und müde war - so wie jetzt.


    Etwas grimmig ging sie neben ihrer Schwester und deren Augusta her ins Atrium, wo auch sie sich umsah. Büsten. So weit das Auge reichte. Das tollste an solchen Büsten war es, wenn man dabei zusehen durfte, wie sie gerade gen Marmorboden fielen. Leni nahm sich vor, mal 'ganz aus Versehen' eine Anzurempeln, nur um sie am Boden zerschellen zu lassen. Mit Vasen ging das wunderbar. Sicher auch mit diesen dicken Büsten, die eh total hässlich waren. Wahrscheinlich konnte man Leni schon an der Nasenspitze ansehen, was sie sich dachte, als sie an den Büsen vorbeiging, denn auf einmal fühlte das Mädchen die Hand Paulas zwischen den Schulterblättern und kurz darauf hörte sie die Stimme der Sklavin am Ohr, die ihr zuzischte sie solle nicht mal dran denken. Leni drehte den Kopf herum und warf ihr einen bösen, vorwurfsvollen Blick zu und damit war die Sache erst einmal erledigt. Schließlich saßen die beiden nebeneinander auf der Bank und Leni schmollte immernoch etwas, während Stellas Magen anfing sich selbst mit jedem Laut zu übertönen.


    "Das kann schon sein...", flüsterte Leni zurück, als Stella ihr meinte, dass der Onkel vielleicht doch nicht so reich war. "Aber vielleicht hat er einfach nur einen schlechten Geschmack. Wir können ihm ja einen Anlass bereiten hier alles neu einzurichten...", wisperte Leni an Stellas Ohr und warf ihr dann einen verschwörerischen, eindeutigen Blick zu. Leni wusste, dass Stella genau verstand, was sie gedacht hatte.

  • Wenig später erschien Macer im Atrium. "Willkommen in Rom und in der Casa Purgitia" begrüßte er seine beiden Nichten und kam langsam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Er hatte zum Glück genug zeit gehabt zu überlegen, wann er sie zum letzten Mal gesehen hatte und war zu dem Ergebnis gekommen, dass dies sehr lange her war. Wenn sie ihm auf der Straße begegnet wären, hätte er sie nicht erkannt. Außerdem stellte er fest, dass sie sich immernoch ziemlich ähnlich sahen, aber er vertraute darauf, dass zumindest ihre Erzieher sie ganz genau auseinander halten konnten und sie ihm schon die nötigen Merkmale nennen konnten.


    Aus der Küche wurde inzwischen auch die bestellte Stärkung für den Magen geliefert und von draußen wurde das erste Gepäck herein getragen, das unter der fachkundigen Aufsicht von Macers oberstem Haussklaven gleich im Haus verteilt wurde.

  • Stella kichert, als Lenaea von der Neueinrichtung spricht. Die Zeit würde zeigen, wie die Casa in einem Monat aussehen würde. Vorerst wollte Stella der Tante aus Ravenna einen Gefallen tun und Onkel Macer zumindest in der ersten halben Stunde den Eindruck geben, dass er zwei reizende Zwillingsmädchen zu Besuch hatte. Vermutlich wird es er nach der ersten halben Stunde aber wünschen, dass er Leni und Stella ganz fix wieder los wird, zumindest tippt Stella darauf. Sie hat aber keine Zeit mehr, ihre Gedanken mit Leni zu teilen, die ja neben ihr auf der Bank sitzt, weil da auch schon Onkel Macer um die Ecke kommt und die beiden begrüßt. Stella quietscht freudig und rutscht von der Steinbank, um mit der Augusta im Arm auf ihn zuzulaufen.


    "Onkel Macer, Onkel Macer!" ruft sie dabei und ihre Haare wehen hinter ihr her. Dann hat sie ihn erreicht und Purgitia trifft auf Purgitius, was sich in einem dumpfen Wumps äußert. Stellas Gesicht ist plötzlich von gut riechender Kleidung und ihren eigenen Haaren Umgeben, deswegen hält sie kurz die Luft an und drückt ihren Onkel, aber dann muss sie einen Schritt zurück machen und atemlos nach Luft schnappen. Da fällt ihr ein, dass sie noch gar nicht höflich gegrüßt hat, wie die Tante ihr in Ravenna vor der Abreise eingebläut hat. "Salve, Onkel Macer", sagte sie daher artig, muss aber kichern, als sie zu Leni schaut.

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