• Die Antwort entsprach ungefähr dem, was Macer erwartet hatte. Es ging auf die Wahlen zu, da waren solche Anliegen nicht weiter verwunderlich. Ein bisschen Arbeit an den richtigen Kontaktstellen würde er dafür aber wohl noch vor sich haben, wenn er den Sacerdos als Klienten annehmen und ihm seinen Wunsch erfüllen wollte. Sollte das Gespräch erfolgreich verlaufen, nahm er sich vor, gleich am nächsten Morgen einen Boten zum Kaiserpalast zu schicken.


    "Dein Vater? Kenne ich ihn?" Logischerweise musste der Vater wohl ein Onkel von Senator Flavius Felix sein, wenn die beiden Vettern waren, aber Macer war in verwandtschaftlichen Dingen alles andere als gut. Erst recht, wenn es nicht um seine eigene Familie ging. "Der Cursus Honorum ist jedenfalls ein ehrenvolles Ziel für einen Mann, erst Recht für einen Patrizier." Dass er als plebejischer Senator als Patron von diesem Mann ausgewählt worden war, spielte bei dieser Äußerung durchaus eine Rolle. Macer gab nicht allzu viel, auf die Standesunterschiede, aber an manchen Stellen waren sie schon von Bedeutung. "Was kann ich mir im Gegenzug davon versprechen? Viele meiner Klienten sind ehemalige Soldaten aus meinen Legionen, auf die ich mich nach jahrelangem Dienst verlassen konnte. Auf was kann ich mich bei dir verlassen?"

  • "Ich fürchte, er hat es leider verabsäumt, sich während seines Lebens ausreichend auszuzeichnen, um der Erwähnung wert zu sein, wenn man von politischer Bedeutung spricht. Er war weitsichtig genug, mich zu einer rhetorischen Ausbildung zu zwingen und mir die Zeit zu geben, den cursus honorum selbst anzustreben, aber selbst hat er dieses Ziel leider nicht erreicht. Er hat sich in Hispania zur Ruhe gesetzt," erklärte ich in so günstigen Worten wie nur möglich. Dass mein Vater irgendwann einfach keine Lust mehr gehabt hatte, gegen das andauernde Vorurteil anzukämpfen, mit dem er dank Messalina Oryxa hatte leben müssen, konnte man schlecht sagen - es wäre ohnehin ziemlich dämlich gewesen, den Namen dieser Frau überhaupt irgendwo zu erwähnen.
    Ich hatte sein Interesse geweckt, denn zumindest schien er die angestrebte Konstruktion in Betracht zu ziehen, das war deutlich mehr, als ich mir noch zu Beginn des Besuchs überhaupt ausgerechnet hätte. Im Stillen nahm ich mir vor, Mars für seinen Beistand morgen einen dicken Krug Falerner mitzubringen und die ganze Sache mit ihm zu besprechen, irgendwie würde sich schon Zeit dafür finden lassen.


    "Du kannst Dich als ein Mann, der Mars nahe zu stehen scheint, darauf verlassen, dass ich als sein Priester zu meinem Wort stehen werde, wenn ich es erhebe, sei es in der Öffentlichkeit oder im Privaten. Ich neige nicht zu voreiligen Versprechungen und schon gar nicht zu Geschwätz. Meine Familie ist klein, aber ich habe ungemein viele Verwandte in den höchsten Kreisen Roms - in naher Zukunft strebe ich eine Verbindung mit der gens Aurelia an, die unsere Familienbande stärken soll. Alle gesellschaftlichen Türen, die ich Dir noch in irgendeiner Form öffnen kann, werde ich dir öffnen und mit Nachdruck offen stehen lassen." Ein vager Hinweis auf unser beider höchst unterschiedlicher Herkunft - er war Senator, aber kein Patrizier, und da die meisten patrizischen Familien Roms ausgesprochen wählerisch waren, was ihre Kontakte anging, mochte es da vielleicht noch den ein oder anderen weißen Fleck auf seiner politischen Landkarte geben. "Du kannst Dir sicher sein, dass ich Deine Politik auf jede mir mögliche Weise unterstützen werde, Senator, wie es einem Klienten zukommt. Ich habe meinerseits die Klienten meines Vaters übernommen und komme nicht ohne Unterstützung." Es waren nicht viele, und wichtig waren sie auch nicht, aber es war mehr als nichts.

  • Der Vater des Sacerdos schien sogar so unbedeutend zu sein, dass nicht einmal sein Sohn seine Namen nennen wollte. Macer verzichtete auf eine nachfrage, denn für die beschaffung solcher Informationen hatte er einen Sklaven. Der würde sich den Namen ohnehin einprägen müssen, wenn er noch von Belang war, denn macer würde ihn sowieso wieder vergessen. "Ein Sohn hat es immer leichter, wenn der Vater schon eine Spur bereitet hat, aber es muss auch immer Menschen geben, die neue Wege finden." Letzteres war eine persönliche Erfahrung aus Macers Leben, dessen Vater auch kein Senator war und ersteres eine praktischer Erfahrung aus den Versuchen, andere Klienten voran zu bringen.


    Bessere Kontakte in patrizischen Kreisen waren tatsächlich etwas, was Macer noch gut gebrauchen konnte. Nicht unbedingt zu den Flaviern, zu denen er noch verhältnismäßig gute Kontakte hatte. "Bist du auch mit Flavius Gracchus verwandt, der ja derzeit eine der herausrangendsten Personen der Gens Flavia ist?"


    Die angesprochene Verbindung mit der Gens Aurelia hörte sich ebenfalls interessant an. Sicherheitshalber fragte Macer nach, ob er das richtig verstanden hatte. "Du meinst eine bald bevorstehende Hochzeit?" Da hätte er dann ja schon gleich wieder ein Geschenk vorzubereiten, falls das mit dem Patronat etwas werden würde. Der Sacerdos hatte sich keinen ungeschickten Zeitpunkt ausgesucht, schien ihm.

  • "Rom wäre nichts ohne neue Männer, diese Ansicht kann ich nur teilen," stimmte ich mit einem Nicken zu. "Gedanken wie die eines Tullius Cicero haben unseren taat ebenso geprägt wie die Taten jener, deren Familien gleichsam seit vielen Jahrhunderten einen Sitz im Senat inne haben. Letztlich kann eine neue Idee viel Altes bewegen, wenn man sie maßvoll betrachtet und sinnvoll umsetzt." Und wie trostlos und langweilig wäre die politische Landschaft, würde es stets immer nur in den Händen derselben Familien liegen, Entscheidungen zu treffen. Es wäre kaum mehr eine Herausforderung für einen Mann, sich einer politischen Karriere zu widmen.
    Unwillkürlich lächelte ich, als die Sprache auf Gracchus kam, und ich musste den Gedanken bekämpfen, der sich meiner bemächtigte - unser Gespräch vor einigen Tagen spätnachts, bei dem wir Pläne geschmiedet und eine große Zukunft herbeigeredet hatten. "Er ist einer meiner Vettern," erklärte ich. "Wir sind einige Jahre zusammen aufgewachsen, und ich gestehe, dass auch sein herausragendes Beispiel mich ermuntert hat, der Politik mehr Beachtung zu schenken."


    Das Thema Hochzeit hingegen, nun, es war für mich noch immer recht ambivalent, ich war mir noch nicht sicher, ob ich in der Sache an sich etwas positives sehen sollte oder eher hoffen, ich könnte es noch aufschieben. "Nun, noch nicht ganz so bald, als dass gleich morgen der Festzug durch die Straßen Roms ziehen würde - aber doch in einigen Monaten, wie ich hoffe. Noch bin ich dabei, meine zukünftige Frau von meinen Vorzügen zu überzeugen, auf dass sie unser gemeinsames Zusammenleben nicht mit einem allzu erschreckten Gesicht beginnt - Verbindungen zum Vorteil der Familie erfordern meines Erachtens auch ein gewisses Maß an ... Einfühlungsvermögen, wenn man nicht sofort eine eisige Kühle im Zuhause herrschen haben möchte."
    Vor allem würde Aurelia Prisca sicherlich einiges auch von meinem Ruf zu hören bekommen haben, der, was Frauen anging, nicht der allerbeste war. Bedenken würden früher oder später auftreten, aber dass man heiratete, war nun einmal Tradition, und seit Kaiser Augustus auch für jeden erwachsenen römischen Mann absolut angebracht.

  • Kaum hatte der Sacerdos die Verwandtschaft zu Flavius Gracchus erläutert, war Macer klar, dass er sich die Frage hätte sparen können. Wenn Flavius Aquilius ein Vetter von Flavius Felix war und Flavius Felix ein Vetter von Flavius Gracchus, dann musste Flavius Aquilius logischerweise auch ein Vetter von Flavius Gracchus sein. Aber immerhin war die Information, dass sich der Sacerdos an ihm orientierte, eine wertvolle Information, die dabei herausgesprungen war.


    "Ja, es werden immer wieder neue Ideen gebraucht und man darf viel Altes in Frage stellen. Nicht alles, aber doch vieles. Und dazu braucht es immer wieder neue Leute, die neue Wege gehen. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns einig und es könnte tatsächlich für uns beide von Vorteil sein, wenn ich dich zu meinem Klientel zählen würde." Über derartig deutlich politisch motivierte Klientelbeziehungen dachte Macer aber trotzdem lieber einmal mehr als einmal zui wenig nach. "Du sagtest eben, dass dir dein Vetter Felix einen kleinen Posten sicher bequem beschaffen könnte. Warum wählst du für das größere Ziel nun einen Weg außerhalb deiner Familie?" Vielleicht steckte hinter der Sache mit dem schwarzen Schaf ja doch mehr, als der Sacerdos von sich aus erzählte.


    Auf die Hochzeit ging Macer angesichts der gegebenen Erläuterungen nicht weiter ein, zumal er selber zu diesem Thema auch kaum etwas beisteuern wollte, was praktische Erfahrungen über das Zusammenleben betraf.

  • Der halbe Weg schien geschafft zu sein, er dachte zumindest schon einmal über die sich bietenden Vorteile nach - was konnte ich mir mehr wünschen? Es war ohnehin mehr, als ich mir erhofft hatte, mehr, als ich gedacht hatte zu bekommen. Und wir schienen in so manchen Dingen eine ähnliche Meinung zu haben, auch das würde in der Zukunft hilfreich sein.
    "Nun, es liegt doch letztendlich auf der Hand, wir sind Verwandte. Flavius Felix ist sehr bekannt, und es gibt nicht wenige Mitglieder meiner Familie, die von seinem Einfluss bisher profitiert haben, so sie ihn denn darum baten. Aber ich entstamme einem verfemten Familienzweig, und um diesen Ruf ein für allemal loszuwerden, will ich es auf eine Weise schaffen, die nicht mit der Familie direkt zusammenhängt. Ich will nicht Flavius Aquilius sein, der irgendwann dank der hervorragenden Kontakte des Flavius Felix im Senat sitzt. Mir wäre ein Flavius Aquilius deutlich lieber, den sein Patron Purgitius Macer in die Politik eingeführt hat, und von dem es später heißt, dass er seinen Weg mit eigenen Verdiensten gemacht hat. Es ist vielleicht der unbequemere Weg, denn ich werde Dich nicht oft um irgend etwas bitten. Aber ich bin mir sicher, es ist der bessere." Wieder eine harte Wahrheit, aber ich lebte nach der Devise, dass man der Wahrheit ins Gesicht sehen musste, wenn man etwas erreichen wollte. Halbheiten hatten meinen Vater niemals weitergebracht.

  • Auch wenn Macer nicht zu den besten Menschenkennern gehörte, konnte er aus der Antwort deutlich einen gewissen Stolz und Eigensinn im positiven Sinne heraushören. Flavius Aquilius wollte es offenbar aus eigener Kraft schaffen, aus eigener Leistung, nicht weil er ein Flavier ist. Vielleicht wollte er auch einen anderen Weg nehmen, damit man ihm nicht nachsagte, er hätte nur seinen vetter Flavius Gracchus kopiert. "Nun, das ist eine klare Aussage und du klingst überzeugt von dem, was du sagst. Nicht jeder würde sich vielleicht so deutlich über die verhältnisse in seiner Familie äußern. Und eigentlich geht es mich natürlich auch gar nichts an. Doch ich werde wohl früher oder später auch mit deinen Vettern über dich sprechen, bei irgendeiner Gelegenheit, und dabei deren Version deines Werdeganges zu hören bekommen. Auf so etwas bin ich gerne vorbereitet." Zumindest erweckte macer gerne den Eindruck, vorbereitet zu sein, auch wenn ihm die nötigen Informationen immer erst Augenblicke vorher von seinem Sklaven zugeflüstert wurden. Auch jetzt durfte Macer nicht vergessen, die neuen Informationen rechtzeitig weiterzugeben.


    "Auch ich werde dich nicht häufig um etwas bitten. Zum einen deshalb, weil ich manche Dinge lieber selber tue, bevor ich sie umständlich an andere Leute abgebe und dann das Ergebnis kontrolliere und zum anderen deshalb, weil ich als Patron bestimmte Dinge einfach erwarte, ohne extra darum zu bitten. Ich erwarte, dass du um meinen Rat fragst, wenn du vor schweren Entscheidungen stehst und dass du gegenüber anderen nicht gegen mich sprichst. FÜr beides - meinen Rat und eine Diskussion über meine Ansichten - steht dir meine Tür jederzeit offen." Darüber, dass ihm der Flavier die Türen in patrizischen Kreisen öffnen könnte, hatten sie ja schon gesprochen, so dass Macer es nicht nochmal erwähnte.

  • "Natürlich," sagte ich recht knapp auf die Ansage hin, dass er meine Vettern nach mir fragen würde. Letztlich würde weder von Furianus noch von Gracchus ein allzu überraschendes Echo kommen. Gracchus würde wohl für mich sprechen, und Furianus ... nun, schätzungsweise kein Loblied singen, so stand es eben innerhalb unserer Familie. "Etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet, Du wirst Dich rückversichern wollen, bevor Du Deine Zeit über Gebühr jemandem widmest, den Du noch nicht besonders gut kennst." Ich hätte es wohl ebenso gehalten, letztendlich hatte ich früher schon Informationen über andere eingeholt und jetzt, wenn Straton angekommen war, würde ich mir dessen Findigkeit erneut zunutze machen.


    "Was das andere angeht, damit bin ich einverstanden. Solche Dinge sind eigentlich für einen Patron und seinen Klienten selbstverständlich," und wieder eine Übereinstimmung, denn mit den geerbten einfachen Handwerkern und sonstigen Tageträumern, die meine Klienten waren, verfuhr ich nicht anders. Auch wenn das häufig in Gesprächen über die Anschaffung neuer Werkzeuge, Hochzeitsratschläge und allgemeines Geschwätz, das ich mir anhören musste, mündete. Der Gedanke, ein einfacher Handwerker könnte Purgitius Macers Rat für die Erweiterung seiner Werkstatt einholen, hatte hingegen irgendwie etwas amüsantes für sich - auch wenn ich das Gefühl hatte, er würde sich auch in dieser Sache gut schlagen.
    "Du wirst in der villa Flavia stets willkommen sein, egal zu welchem Anlass - und sei es nur, den Weinkeller meines Vetters ein bisschen zu dezimieren." Dieser Vorteil war ein gewaltiger, denn Felix hatte da doch einige Schätze angesammelt, die man nicht schlecht werden lassen durfte. Das war zumindest die Entschuldigung, die Gracchus und ich immer vorbrachten, wenn wir uns die nächste Amphore klauten.

  • "Selbst wenn ich mich nicht absichtlich rückversichern wollte, würde es kaum ausbleiben, über dich zu sprechen, wenn ich deine Verwandten treffe", schränkte Macer die Aussage ein, denn er hatte tatsächlich nicht vor, die Senatskollegen gründlich nach dem Sacerdos auszufragen. Erstens lag ihm so etwas sowieso nicht und zweitens wollte er dem Sacerdos die offenbar gewünschte Chance abseits der Familie gerne gönnen und nicht dagegen spielen. "Früher oder später werde ich dich aber ohnehin besser kennenlernen, spätestens wenn ich dich bei deiner Amtsausübung beobachten kann. Du weißt ja, dass das Büro des Curator Aquarum am Forum liegt und man so gut mit bekommt, wer sich dort tummelt." Was zum einen eine fürchterlich praktische Sache war, die Macer gerne nutzte und zum anderen mit der Arbeit eines Magistrates trotzdem nicht notwendigerweise etwas zu tun hatte. Seine eigenen Amtszeiten hatte Macer auch meistens nicht auf dem Forum verbracht.


    "Auf das Angebot mit dem Weinkeller werden ich in jedem Fall zurück kommen", versprach er. "Vielleicht hast du ja schon bald einen Anlass für eine Feier." Die leisen Gerüchte, dass er Weinkeller der Villa Flavia schier unendliche Ausmaße haben müsse, hatte er bisher nicht mitbekommen, so dass er nicht so neugierig war, dass er es ohne Anlass hätte testen wollen. "Aber jetzt haben wir ja erstmal den Wein hier", fügte er dann hinzu und erhob seinen Becher. "Auf ein gutes Verhältnis zwischen Client und Patron."

  • Ich ließ mir einen Becher Wein von jenem Sklaven überreichen, der auch den Hausherrn bedient hatte, und hob ihn meinem neuen Patron entgegen. In diesem Augenblick war mir eine Last vom Herzen gefallen, und auch wenn man dies hier kaum hören konnte, mir schien es, als seien die Alpen irgendwo eingestürzt. Nach so vielen Jahren war es der erste wirkliche Schritt voran, und er hatte geklappt. Vielleicht würde es mir auch gelingen, den schlechten Ruf endgültig zu tilgen, den die Ungenannte mit ihrer Bagage auf uns geladen hatte. "Auf ein gutes Verhältnis zwischen Client und Patron," erwiederte ich mit einem breiten, fast jungenhaft sorglosen Lächeln, das mir aus tiefster Seele kam, ich war wirklich erleichtert, und die gute Laune, die sich in den letzten Tagen zwischen so vielen Dingen, die zu erledigen gewesen waren, etwas versteckt hatte, kehrte ungehindert und in voller Pracht zurück.


    "Und selbst wenn es keinen Anlass für eine Feier geben sollte, ich finde bestimmt einen," fügte ich dann schmunzelnd an. "Die gute Gelegenheit, ein Gespräch mit meinem Patron über die derzeitige Politik, den Krieg und alle anderen interessanten Dinge führen zu können, werde ich mir sicher nicht entgehen lassen. Da ist Felix' Wein nur eine angenehme Dreingabe." Zudem konnte ich ihm dann gleich zeigen, dass er keineswegs einen armen Klienten gewonnen hatte, jemanden, der in der Rangfolge der Patrizier allzu weit unten gewesen wäre - die villa eignete sich wirklich hervorragend zur Repräsentation. "Gibt es denn noch Dinge, die Du wissen möchtest, senator?"

  • Der neue Client machte einen gelösten und glücklichen Eindruck, als er den Trinkspruch erwiderte, meinte Macer zu erkennen. Er deutete das so, dass ihm die Sache wohl wirklich wichtig gewesen war und das wiederum besträkte Macer in seiner Entscheidung. Auch wenn er wusste, dass es mit seiner Menschenkenntnis nicht ganz so weit her war und er sich vielleicht auch täuschte. Aber auch das wäre ihm dann nicht zum ersten Mal passiert, so dass es ihm jetzt nicht die Laune verdarb.


    "Ohja, wir werden sicher immer ein Thmea finden. Und wenn es nur mal wieder meine Gewissensbisse wegen des Marstempels sind, um den ich mich schon zu meiner Amtszeit als Aedil kümmern wollte", steuerte Macer gleich ein neues Thema an. "Weißt du etwas darüber, wie es derzeit um eine mögliche Renovierung bestellt ist? Ich meine, neulich etwas von einer Ausschreibung mitbekommen zu haben."

  • Ich nahm einen weiteren Schluck meines Weins und ließ ihn auf der Zunge rollen, um zu ermitteln, woher der Senator wohl seinen Wein bezog. Zumindest dieser war ein guter, vollmundiger Tropfen, nicht zu süß, dass er einem die Sinne nicht zu schwer machte - aber ich würde ihn beizeiten überzeugen müssen, seinen Wein von meinem Weingut zu beziehen. Ganz uneigennützig natürlich, als Produzent fand ich meinen Wein einfach Klassen besser. Aber mein neuer Patron - es hörte sich irgendwie gut an! - brachte das Gespräch von sich aus auf ein Thema, das mich das Gesicht verziehen ließ.


    "Die Suche nach einem geeigneten Architekten ist wirklich eine ausgesprochen leidige Angelegenheit, und soweit ich weiss, noch immer nicht abgeschlossen. Alles, was ich gehört habe, war die Resonanz auf die Ausschreibung nicht unbedingt überwältigend, genau wie vor etwa einem Jahr, als ich mich im Auftrag des septemvir Valerius Victor um diese Sache kümmern sollte - es kann doch eigentlich kaum sein, dass es in deiser Stadt, in der dauernd neue insulae und Prachtbauten errichtet werden, niemand Manns genug ist, sich an die Renovierung eines Tempels eines der wichtigsten Götter zu wagen? Senator Germanicus Avarus soll sich gemeldet haben, aber angesichts seiner Hochzeit dürfte er wohl eher weniger Zeit gefunden haben, sich dahinter zu setzen - und von anderen weiß ich nicht." Die Stirn gerunzelt, ließ ich keinen Zweifel daran, dass mich dieses Thema ärgerte, und nicht wenig ärgerte. Irgendwann würde uns wohl noch die Decke auf die Köpfe fallen, wenn es so weiterging.

  • "Genau wie ich ist Germanicus Avarus Senator und dürfte daher ohnehin nicht offiziell als Architekt auftreten", benannte Macer noch gleich ein zweites Problem. "Bei einem Projekt dieser öffentlichen Wirkung wir er kaum versuchen können, wie neulich vor Gericht sich wieder an den Gesetzen vorbei zu winden. Obwohl ich ihm das nötige Fachwissen nicht einmal absprechen möchte. Ich selber würde mir die Bauleitung dagegen nicht zutrauen, selbst wenn ich es dürfte. Zwei Architekturkurse der Schola ersetzen eben doch keine praktische Erfahrung mit Tempelbauten, denke ich." Und es ging ja nun wirklich nicht um irgendeinen Tempel. "Aber immerhin scheint es ja dann nicht am Geld zu mangeln. Falls nötig, könnte ich vielleicht noch einmal als öffentlicher Unterstützer des projektes auftreten und dadurch vielleicht Architekten anlocken." Macer rechnete zwar nicht wirklich mit einer großen Wirkung, aber die Sache lag ihm durchaus am Herzen.

  • "Aber ich denke doch, dass es möglich sein müsste, irgendeinen Architekten zu finden, der seine Bauwerke einigermaßen gerade in die Höhe bekommt und dann die eigentlichen Arbeiten selbst zu planen - auch für einen Senator. Es wäre sicherlich nur ein geliehener Name, und bei einem Werk zum höheren Ruhme des Mars - dessen Beistand Rom derzeit wirklich braucht - sollte nicht auf alle Ewigkeit so gezaudert werden, wie es die letzten Jahre geschah. Irgendwann werden die betenden Priester und hilfesuchenden Menschen noch Teile der Mauer erschlagen, wenn es so weitergeht."
    Eine kurze Gedankenpause später atmete ich tief durch. "Ich muss gestehen, ich habe schon an einen Artikel in der Acta gedacht, um den Zustand des Tempels etwas mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und vielleicht dann doch einen Architekten zu finden, der gleich loslegen kann und nicht durch unsere Gesetzgebung an der Arbeit gehindert wird. Am Geld wird es sicherlich nie mangeln, aber doch an den Händen, die es anpacken. Wir Priester müssen wohl bald selbst Hand anlegen, damit es irgendwann noch geschieht. Aber es ist ja nicht der einzige Tempel, der brachliegt. Ich hörte von einem Bauprojekt in Ostia, das zu Ehren Merkurs gedacht war - und brachliegt, mangels Architekt und Baukolonne. Ist denn der Dienst an den Göttern inzwischen so hinter die eigene Bereicherung getreten, dass sich für solche Projekte niemand mehr findet?"

  • Von den Problemen in Ostia hatte Macer noch nichts gehört, aber die Hafenstadt lag auch nicht unbedingt im Fokus seines Interesses. "Ein Artikel für die Acta Diurna? Das ist sicher keine ganz schlechte Idee. Früher habe ich dort regelmäßig für die Factio Russata etwas eingereicht, aber das ist schon lange her. Und als ich Statthalter in Germania war, habe ich auch immer dafür gesorgt, dass aus dieser Provinz berichtet wurde." Dass er dabei Artikel sogar persönlich selber geschrieben hatte, tat nichts zur Sache, fand er. "Ich hatte das Gefühl, dass so etwas ganz positiv zum Image beiträgt, sowohl für Factiones als auch für Provinzen. Ich kann dich also nur ermutigen, es mit einem Artikel zu versuchen, vor allem wenn du auch über das andere Projekt in Ostia informiert bist."

  • "Vielleicht würde es auch dem personell angeschlagenen cultus deorum helfen, wenn er wieder ein bisschen mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geriete und man beginnt, sich darüber Gedanken zu machen," überlegte ich laut und nickte sinnierend zu seinen Worten. "Was Ostia angeht, kann ich derzeit nur von Hörensagen sprechen, unter Priestern kursieren natürlich die ein oder anderen Erzählungen, und auch solche Dinge kommen bisweilen zur Sprache. Ich müsste mich also erst genauer kundig machen, bevor ich über Ostia auch berichte - nichts ist schlimmer, als sich mit mangelnden Informationen über ein Thema in die Nesseln zu setzen, wenn es dann auch noch in der Acta publiziert wird." Darauf, dass dann das halbe Imperium über den schlecht informierten Marspriester lachte, konnte ich wahrlich verzichten, vor allem derzeit. Es würde einer politischen Karriere sicherlich nicht gerade zuträglich sein, wenn ich offen zeigte, dass ich nicht recherchieren konnte. "Ich hatte ohnehin daran gedacht, eine Berichterstattung voranzutreiben, die ein bisschen aus dem Leben und dem Alltag der Priester berichtet - vielleicht würde auch das den Nachwuchs etwas animieren, sich für die Tätigkeit eines Priesters zu interessieren. Wärst Du denn prinzipiell einverstanden damit, als einer der Förderer des Projekts aufzutreten? Mit Dir und Senator Germanicus als geistiges Aushängeschild werden vielleicht doch noch Architekten animiert."

  • "Das sind viele gute Ideen, finde ich" antwortete Macer mit seinem ersten Eindruck. "Auch wenn ich die Acta Diurna ja eher eine Tageszeitung ist, die über aktuelle Dinge berichtet, hat sie schon viele gute Bericht aus dem Alltag von diesem oder jenem Amtsträger gebracht. Warum also auch nicht mal ein Marspriester? Ich könnte mir das interessant vorstellen." Aber letztlich hatte er das natürlich überhaupt nicht zu entscheiden und auch keinen Einfluss darauf.


    "Geistiges Aushängeschild hört sich lustig an. Aber als Förderer des Projektes sehe ich mich in jedem Fall. Ideell und bei Bedarf auch finanziell." Immerhin hatte er damals Geld für die Suche nach einem Architekten und die Begutachtung der Schäden bereit gestellt. An einer weiteren Summe sollte es nicht scheitern.

  • Einer meiner Scribae überbrachte bei Sonnenaufgang die folgende Nachricht:


    Vertraulich: Nur für Spurius Purgitius Macer


    Salve Senator,


    Ich schreibe dir im Wissen um eine schwierige Situation. Es ist wieder Wahlkampf in Roma und seit langer Zeit befindet sich endlich wieder einmal ein Annaeus unter den Kandidaten.


    Dieser junge Mann ist nicht nur ein Familienmitglied, er hat sich zudem entschieden, mich als seinen Patronus zu wählen. Da ich ihm aber leider im Senat keinerlei Hilfe sein kann für seinen Wahlkampf, möchte ich dich um diesen Gefallen bitten.


    Du weisst, oft kam dies bisher nicht vor, ich war immer zurückhaltend im Äussern von Wünschen, doch in dieser Angelegenheit möchte ich dich um deine Hilfe bitten. Sprich für ihn, schütze ihn vor den Attacken, welche seine Gegner sicherlich vorbringen werden, auf dass er gewählt werde.


    Ich möchte ihn nämlich nicht auf Grund einer Nichtwahl nach Parthia zu den Legionen schicken, wo er dann sein Tribunat erfüllen würde. Vielleicht können wir das ja in der Academia Militaris auch noch besprechen, wenn ich dich besuche?


    In Sorge um ein Familienmitglied und Klienten,


    Lucius Annaeus Florus.


    Der Brief war fein säuberlich gesiegelt und auf dem Zettel stand erneut in dicken Lettern: VERTRAULICH: NUR FÜR SENATOR Spurius Purgitius Macer

  • "Es gab in der Acta in der Vergangenheit schon extra geführte Gespräche, die dann wörtlich übertragen wurden, vielleicht finde ich einen der Subauctoren, der bereit wäre, dies mit mir zu machen - angesichts einer möglichen Kandidatur und dem jüngst vergangenen Armilustrium gibt es sicher vieles, was man mich außerdem fragen könnte," überlegte ich in der Sache weiter und nickte dann.
    "Ja, ich denke, so werde ich es machen. Es ist eine Schande, wie der Tempel in der Vergangenheit vernachlässigt wurde, und daran sollte sich wirklich bald etwas ändern. Vielleicht ist mir deswegen diese Bausicherheitsdiskussion so im Gedächtnis geblieben, weil ich eigentlich fast jeden Tag die Risse in der Wand sehe und über die Sanierung nachdenken muss." Wieder fand ein Schluck Wein den Weg durch meine Kehle, und ich betrachtete meinen Gesprächspartner sinnierend, während ich schluckte.
    "Wahrscheinlich wird eine ideelle Förderung weit mehr vonnöten sein als eine finanzielle, der cultus deorum ist zumindest in Rom recht gut gestellt, wie ich hörte. Aber offizielle Förderer sind leider doch sehr rar, genau wie der Nachwuchs."

  • Auch am Hause der Purgitier war noch ein Plätzchen auf der Wand frei...



    Mc Germanicum Avarum aedilem Sedulus cum suis volt et probat














    [SIZE=6]Sedulus will gemeinsam mit seiner Familie Medicus Germanicus Avarus als Aedil. Er findet ihn gut. [/SIZE]

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