Rundgang des Legaten

  • "Aber ist nicht beides wichtig? Wie sie sind und was sie sind?" Auf jeden Fall schien dieser Großvater ein ungewöhnlicher Mann gewesen zu sein. Ob Baldemar sich diesem Ideal schon näher fühlte. "Trotz diese Vorbildes hast Du große Vorurteile gegenüber Römern. Schaust Du damit nicht allzu sehr auf das, was sie sind, anstatt darauf, wie sie sind?" Ein gewagter Vorstoß, den der Germane leicht als beleidigend auffassen konnte. Doch waren diese Worte gar nicht als Beleidigung gedacht.

  • Der Germane zuckte mit den Schultern. Er dachte nach. Das war nicht leicht. Ein Nicken. Ein Zucken der Mundwinkel. Baldemar hatte in der Tat einiges von dem vergessen, was er sich einmal vorgenommen hatte. Das wahre Gesicht ist wichtiger, als die Rolle die sie spielen. Was man war, zeigte doch nur den Rang. Das Bild, das der Mensch nach außen hin tragen will. Er knurrte.
    Römer bestätigen oft meine Gedanken. Das gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Dennoch kam ein 'Ja' von seinen Lippen. Der Germane dachte noch ein wenig über den Weg nach, den er hatte gehen wollen. Dann waren die Römer gekommen. Seine Augen funkelten.
    Ich lasse mir beweisen, wie jemand ist. Das er darauf schaute was jemand ist wusste er. Doch er sah nicht auf den Römer. Auf den Legaten auf. Ganz im Gegenteil. Wie hätte wohl sein Großvater gehandelt? Darüber musste er für sich nachdenken.

  • "Ja das ist es. Und wir alle tragen viele Masken." Mit alle meinte er durchaus auch Baldemar. Er war zwar sicher jemand, der seltener und weniger Maskein trug als Ursus beispielsweise, doch ganz ohne kam nicht einmal der Germane aus. "Das ist gut, Baldemar. Laß es Dir beweisen. Und verschließe nicht die Augen, wenn ein Beweis sichtbar wird, nur weil er nicht in Dein vorgefaßtes Bild paßt." Denn genau das war die Gefahr. Davon konnte sich niemand wirklich frei sprechen.


    Sie erreichten die Principia und kehrten in das Officium des Legaten zurück. Beide hatten sie einiges, über das sie nachzudenken hatten. Und Ursus mußte, wenn auch widerwillig, zugeben, daß seine Frau recht damit gehabt hatte, Baldemar für eine Weile an seine Seite zu stellen.

  • Sie alle trugen viele Masken? Ja. Baldemar klang ernst. Er musste sich mit einbeziehen. Auch wenn er es nicht so deutlich sagte. Der Germane ahnte, das seine eigenen Masken eher geringerer Natur waren. Dann grummelte er ein wenig. Er kam sich vor wie ein Kind. Noch war es ihm fremd einen Rat von einem Römer anzunehmen. Er verhielt sich so wie er es für richtig hielt. Gleich was Ursus davon hielt. Es wurde schwerer, als dieser es als gut bezeichnete. Hmhm. War dann auch seine einzige Antwort. Wie auch immer ein Beweis sichtbar werden würde. Er würde doch niemals die Augen davor verschließen. Es sei denn es passt ihm gerade nicht so ganz. Seine Schultern zuckten.
    Das Ziel des Weges wurde erreicht. Baldemar folgte Ursus in das Officium. Er war still. Er dachte nach. Diese Strafe entwickelte sich in ganz seltsame Art und Weise. Seine Kiefer bissen fest aufeinander. Der Marser schwieg. Er versuchte so bald wie möglich sich abzusetzen. Er wollte zu Frija. Mit ihr reden. Nachdenken.

  • Eine der Sachen, die der Aurelier Vala nicht verraten hatte, war, wie man es schaffte als Legat durch und um das Lager zu reiten ohne dass einem danach der rechte Arm abfiel. Soviel Salutieren konnte doch nicht gesund sein. Die Soldaten hatten es da einfacher: es gab mehr als fünftausend von ihnen. Die konnten sich die ganze Salutiererei untereinander aufteilen. Vala allerdings war allein, und demnach hatte er auch nur einen rechten Arm, und keine fünftausend. Irgendwann war er einfach dazu übergegangen den rechten Arm nurnoch andeutungsweise zu heben um den Soldaten das Gefühl zu geben er nehme sie war. Trotzdem: mörderischer Muskelkater war ihm sicher.


    Das Lager war, gelinde gesagt, in einem Zustand der mit "vorbildlich" wahrscheinlich noch schlechtgeredet war. Er hatte so gut wie jede Straße einmal abgeritten, begleitet von seinem persönlichen Stabsoffizier (er, der er vor zwei Tagen noch erwartet hatte, dass ER dieser persönliche Stabsoffizier sein würde), und einmal drumherum. Bei den ganzen Bagatellgesprächen, die sich währenddessen ergaben, hatte sich das ganze Unterfangen in die Stunden gezogen, aber Vala hielt es für wichtig den Soldaten das Gefühl zu geben, dass er sich bemühte.
    Was anderes konnte er im Moment auch garnicht. Sich bemühen. Er war Legat der ersten Legion, wenn auch nur für ein paar Tage, und er war im ersten Hinblick einfach nur hemmungslos überfordert. "Verlass dich auf den Stab, der weiß, wie man so eine Legion leitet." hatte man ihm gesagt. Der Aurelier hatte gut reden.. wie sollte Vala hier den Souverän geben, wenn er der einzige war der absolut keine Ahnung hatte wie man den Laden schmiss? Gesichtsverlust war vorprogrammiert. Außer: er schluckte sein Ego runter (zugegeben ein dicker Brocken der einen jämmerlichen Erstickungstod prophezeite) und machte das Beste aus seiner Inkompetenz.


    Während er diesen Gedanken nachging war er wieder vor der Principia angekommen, wo ein Sklave bereit stand sein Pferd zurück in den Stall zu führen während Vala sich in die Papierschlacht stürzte. Gedankenverloren starrte er das große Gebäude an, das in den nächsten Tagen nur auf sein Wort hören würde. Das Gehirn der Legion, fähig unfassbar starke Muskeln in Bewegung zu setzen. Ein unverhohlen unsubtiles Räuspern holte ihn zurück ins Hier-und-Jetzt, und Vala wurde sich vieler wartender Blicke offenbar. Jetzt galt es Tatkraft zu zeigen. Er zog die Zügel an die vorderen Hörner des Sattels, griff fest zu und schwang sich mit Schmackes vom Pferd hinunter, was Souveränität und Energie ausdrücken sollte.


    Dieser Ausdruck an Energie und Souveräntit gelang ihm sogar auf sehr beeindruckende Art und Weise. Bis seine harten Soldatenstiefel auf dem noch härteren Boden aufschlugen.
    Ein markerschütterndes Kreischen und ein bedenklich lautes Knirschen später wurde klar, dass harte Stiefel und harter Boden von irgendwas voneinander fern gehalten wurden. Der geschockt-amüsierte Blick der umherstehenden Offiziere und Sklaven sprach Bände: die Darbietung war gründlich misslungen.
    "Verdammte Axt..", knurrte Vala, senkte bedächtig langsam den Blick auf seine Stiefel und tat anschließend einen halben Schritt zur Seite. Unter seinen Stiefeln tauchte ein herrlich flauschiges, unglaublich pelziges, furchtbar niedliches und vor allem verdammt totes Stück Tier auf, das bei genauerer Betrachtung mit etwas Fantasie als Katze zu identifizieren war.
    Einige waren professionell genug nicht zu lachen, aber ein Kichern war durchaus vernehmbar. Wer sagte was von Fettnäpfchen am ersten Tag? Katzen waren viel schlimmer.


    "Das ist nicht rein zufällig die Lieblingskatze des Legaten? Oder seiner Frau?", hakte Vala vollkommen hilflos nach, und die Zeit, die die umgebenden Menschen brauchten bis sich einer von ihnen zu einem Kopfschütteln hinreißen ließ war pure Folter für ihn. Dann jedoch kam er nicht umhin erleichtert auszuatmen, das tote Vieh einmal mit dem Fuß anzustupsen um zu prüfen ob das Ding wirklich tot war, und es sofort zu vergessen nachdem er einem Sklaven aufgetragen hatte das Ding zu entfernen.


    "So denn... ans Werk.", rief Vala um die peinliche Situation ein für allemal zu vertreiben und sich mit zielsicherem Schritt in die Principia zu begeben.

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