Stille Wasser sind tief. Ich wusste nicht, warum mir diese Lebensweisheit in den Sinn kam, doch sie tat es. Sie schien auf der einen Seite nicht zu passen, erst recht nicht auf mich selbst, denn als still konnte ich mich kaum bezeichnen. Tief hingegen fühlte ich mich durchaus so manches Mal, dann und wann tiefer als zu anderen Zeiten. Heute war ein solcher Tag. Seit dem Treffen, das Celerina und ich zuvor gehabt hatten, und der der damit verbundenen Nachricht, dachte ich nurmehr an die bevorstehende Ankunft Septimas, an meine Gefühle für Siv, die auf gewisse Weise kontrovers zu jenen für Celerina waren, und an die Notwendigkeit, einen Erben zu zeugen, um überhaupt etwas auf dieser Welt zurückzulassen, das meinen Namen forttrug. Abgesehen von Finn, der trotz des Umstandes, mein Sohn zu sein, doch kaum das Erbe würde antreten können. Es half nichts, das Vermissen zu ignorieren. Es zu verdrängen brachte ebenso nur wenig Besserung, und Ablenkung war der einzig mögliche Ausweg, um nicht zu viel zu grübeln, um mich nicht der Sehnsucht hinzugeben, die ich empfand, oder dem Wunsch, mit Siv zu reden. Vielleicht war es ganz gut, dass sie nun erst einmal fort war - zumindest versuchte ich, mir das einzureden, auch wenn ich dabei nicht einmal ansatzweise erfolgreich war. Und so versuchte ich, mich in Arbeit und Ablenkung zu stürzen, um nicht darüber nachzudenken, wie schlecht es mir damit wieder ging, getrennt zu sein von Siv und dem Jungen, gleichwohl ich wusste, wo sie sich aufhielten und ich jederzeit auf besagtes Landgut reisen konnte.
Als ich den Raum betrat, schlug mir schwere Luftfeuchtigkeit entgegen. Ich schloss die Tür hinter mir und ließ mich gemächlich von Dina auskleiden. Das Wasser in dem Bassin war klar und roch gut, nicht zu blumig-süßlich, sondern eher herb - Tannennadeln kamen mir in den Sinn, und abermals schob ich die Gedanken fort, die sich unweigerlich bildeten. Die Sklavin nahm mir eben die tunica ab, als die Tür sich erneut öffnete und Celerina eintrat. Ich trug bereits nichts mehr, wandte mich halb zu ihr um und schenkte ihr ein kurzes Lächeln. Während sich Dina um meine Frau kümmerte, ließ ich mich in das warme Wasser gleiten. Es war eine Wohltat, entspannend und angenehm.