[Inficet Mantua in morbum incidet] Das Geschehen in der Stadt

  • Sim-Off:

    Na gut


    Der Standbesitzer sah den Militär, der an ihn herantrat aus großen Augen an.
    "Wie, was los ist?" fragte er ungläubig.
    "Habt ihr es noch nicht gehört? Eine schreckliche Pest geht hier um, die Leute sterben in Massen, selbst junge und gesunde. Ja, sogar ein Mann, derfür die olympischen Spiele trainierte ist aus dem Stand in den Tod gefallen."
    Der Mann setzte sein Lamento über die Schrecknisse der Seuche noch ein wenig fort, und übertrieb es dabei sehr, denn
    "Aber ich habe hier etwas, womit ihr euch schützen könnt. Es ist das Horn eines Einhornes. Habt ihr schon von diesem Tier gehört? Es lebt weit hinter Asia und sieht aus, wie ein weißes Pferd und hat auf der Stirn ein Horn aus Gold und einen Schweif und Mähne aus Silberfäden. Gemahlen und mit Wein getrunken hilft es gegen jedes Gift. Dir, als Soldat, mache ich einen Sonderpreis. Nur 1 Aurei für eine Unze. Das ist nur wenig mehr als der Einkaufspreis, extra für die Angehörigen unseres ruhmreichen Exercitus."
    Tatsächlich handelte es sich um ganz fein zerriebene Weiße Kiesel, völig wirkungslos natürlich und dennoch der einzige Grund, warum der Mann noch hier war, denn er hoffte mit den abergläubischen Leutchen in Mantua einen guten Gewinn zu machen.

  • Sextus Cluentius Glabrio
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    Wenn solch ein Radau an der Porta gemacht wurde, blieb das im Haus nicht ungehört. So groß war die Casa nun auch nicht, dass man sich am anderen Ende verkriechen konnte ohne etwas davon mitzubekommen. Schon garnicht, wenn man sowieso die meiste Zeit damit verbrachte sich sorgenvoll hinter der Tür zu verschanzen und darauf zu hoffen, dass niemand kam.


    Aber es kam jemand. Und dann auch gleich noch so jemand! Glabrio hatte Lucilius vorgeschickt, damit der für Ruhe sorgte. Gleich zwei mal, und was hatte es genutzt? Aus einem kleinen Spiraculum unter dem Dach hatte der Duumvir der Stadt, der EINZIGE Duumvir der Stadt, sorgenvoll beobachtet wie die beiden Soldaten sich erst beharrlich weigerten sich abweisen zu lassen. Dann jedoch schienen sie Erfolg zu haben: erst begann es zu regnen, dann wandte sich der große von den beiden ab. Allerdings nicht, wie Glabrio es gehofft hatte, nein. Der Offizier kam mit einem Ochsengespann zurück. Ein Klumpen bildete sich in seiner Magengrube, ahnend, was da gleich geschehen würde. Das musste er verhindern! Schlimm genug, dass er aus reiner Feigheit die Curia seit zwei Tagen nicht betreten hatte, nein, er hatte auch noch zwei Soldaten der Legion abweisen lassen. Das konnte sein Ruf verkraften, irgendwie, die Leute hatten an schlimmeres zu denken. Eine eingerissene Tür allerdings.. nein, das ging nicht.


    Glabrio hatte es entsprechend eilig zur Tür hinunter zu hasten, Lucilius zur Seite zu stoßen und das große Tor so schnell wie möglich aufzureißen, um den Soldaten und dem verblüfften Fuhrmann entgegen zu treten.


    "Ich bin Sextus Cluentius Glabrio, Duumvir der Stadt Mantua und ich fordere...", so weit reichte dann noch das Selbstbewusstsein des Mannes, aber keinen Schritt weiter, "..ich... also... was geht hier vor? Was verlangt ihr von mir?"

  • "Ah, na also...", murrte Vala, als er mit dem Fuhrmann plus Fuhrwerk im Gepäck die Straße zurückgestiefelt kam, und die Porta offen vorfand. Mit einem sichtlich enervierten Mann davor, der sich sogleich als der gesuchte Duumvir vorstellte. Bevor er sich allerdings an diesen wandte, zupfte er fünf Sesterzen aus einem Beutel und drückte sie dem Fuhrmann in die Hände, um ihn für die kurze Unannehmlichkeit zu entlohnen.


    "So... Duumvir Cluentius... ich bin Titus Duccius Vala, Tribun der ersten Legion. Ich habe ein paar Fragen an dich... fangen wir doch gleich damit an: Was erlaubst du dir, einen Offizier der Legion vor deiner Porta auf diese Art und Weise abweisen zu lassen? Und vor allem: Wieso bist du nicht in der Curia? Und wieso ist fast niemand in derselben? Was geschieht hier gerade?", ging Vala den Mann mit nur oberflächlicher Höflichkeit an. Sein Blick sprach anderes: er fixierte den Mann mit einer Mischung aus Verachtung und nur wenig verhohlener Wut.

  • Sextus Cluentius Glabrio
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/09.jpg]


    "Ich... also... ich... eh...", stammelte der sichtlich immer tiefer in Nervosität abdriftende Cluentius, "...das war der Sklave! Ich werde ihn auspeitschen lassen dafür! Er hatte die Order, Bittsteller und anderes Volk abzuweisen, aber er hat das wohl falsch verstanden. Bitte, Tribun Duccius, es war ein Versehen, das nicht wieder vorkommt! Natürlich ist die Legion in meinem Hause ein gern gesehener und sehr respektierter Gast!"


    Herauswinden war eine sehr verlässliche Masche, von Glabrio bis in die Perfektion beherrscht. Die Beantwortung von derlei unangenehmen Fragen allerdings... das würde schwierig werden.


    "Angefangen hat es vor wenigen Tagen. Immer mehr Menschen wurden krank, und dann ist auf einmal mein Kollege, der Duumvir Lucius Tupidius Largo, gestorben. Von den Göttern geholt, so plötzlich! Und dann kamen auch immer weniger Menschen zur Arbeit... und irgendwann lag ein Toter auf den Straßen, und die Menschen sind in Panik ausgebrochen! Und seitdem liegt die Stadt quasi still. Kaum jemand geht mehr zur Arbeit. Was soll ich da noch in der Curia?"


    Glabrio konnte seine Angst kaum mehr verbergen. Warum auch? Noch waren es nur einige Tote... bald würden es viele sein! Und er wollte definitiv zu ihnen gehören!

  • Publius stand da und staunte über das Durcheinander. Er kratzte sich am Kopf und verfolgte nun das Gespräch zwischen Duccius Vala und dem Duumvir.


    Warum fragte der Tribun so viel? Wäre es nicht sinnvoller dass der Duumvir wieder zurück in die Curia eilte um von dort Maßnahmen zu treffen die hilfreich wären um des entstehenden Chaos entgegenzuwirken?


    Tribun? flüsterte Matinius Duccius Vala ins Ohr. Wäre es nicht besser wenn sich der Mann aufmachen würde in sein Officium um von dort etwas zu bewirken? Wo sind die Vigiles? Wo gibt es Ärzte?

  • Mit knirschenden Zähnen hörte Vala sich das Geheule des Duumvirs an. Hätte er mehr Männer dabei, würde er den Kerl gleich in seinem... und was war das?


    Ungläubig starrte er den Probatus eine Sekunde lang an, bevor er sich entsann, dass der Mann eben nur Probatus war.


    "Achwas?", zischte er dem Matinier wütend entgegen, "Darauf wäre ich auch noch alleine gekommen, vielen Dank. Und sollte ich jemanden brauchen, der mir sinnloses Zeug ins Ohr flüstert, nehme ich mir ein verdammtes Weib, PROBATUS."


    Den insubordinierenden Probaten so abgekanzelt wandte Vala sich wieder dem Duumvir zu: "Dass die Menschen krank sind kann ich auch so sehen! So viele also, meinst du? Und die Stadtordnung bricht zusammen? WAS FÜR EIN VERDAMMTES WUNDER, WENN SELBST DER DUUMVIR SICH IN SEINER HÜTTE VERKRIECHT!!!!", Selbstbeherrschung war eine Tugend, aber unter diesen Voraussetzungen konnte das nichts werden, und so packte Vala den Mann beim Kragen und zwang ihn dazu, sich die nächsten Worte höchstgenau anzuhören: "Du wirst in dein verdammtes Officium zurückkehren, und dafür sorgen, dass die Panik der Menschen sich nicht auf die Stadtverwaltung ausdehnen. Ich muss dir nicht erzählen was du in der Curia zu tun hast, denn DU BIST DER VERDAMMTE DUUMVIR!! Also handle auch danach! Man wird bald einen Boten nach dir schicken, damit du dich gegenüber dem Legaten der Legion erklären kannst.. der mit Sicherheit ein paar mehr Fragen an dich hat, Mann."


    Mit diesen Worten, und keinerlei Sinn darin sehend sich weiter mit dieser menschgewordenen Nutzlosigkeit rumzuschlagen, wandte Vala sich mit im Straßenschlamm matschenden Schritten von dem Mann ab, und schwang sich auf sein Pferd. Bevor sie sich aufmachten zurück zum Lager zu reiten um den Bericht der anderen entgegen zu nehmen bedachte er den Probaten noch mit einem kalten Blick. Das würde Latrinendienst hageln. Eine. Ganze. Woche.


  • Als er das Wort "Seuche" gehört hatte, schnellten Reatinus' Augenbrauen in die Höhe und in seinen Augen lag ein verwundertes Glänzen. Ein Seuche? Hier in Mantua?! Die Götter mussten unglaublich erzürnt sein, ihnen eine Seuche zu schicken!
    Eigentlich hatte Reatinus nur die Hälfte des folgenden Angebots gehört, ehe er seine Aufmerksamkeit auf seine eigenen Gedanken gelenkt hatte.


    "Willst du mich verarschen", fragte er ungläubig und bezog sich dabei nicht einmal auf das Angebot des Händlers, "Und das Einhornzeugs kannst du behalten!"

  • Publius war recht erschrocken als der Tribun sich über seinen Vorschlag recht herablassen und widerwillig äusserte. Doch als dieser nun die Gedanken welche Publius erst vorher flüsterte nun dem Duumvir um die Ohren fetzte erglomm ein kleines Lächeln innerlich.


    Lange war hielt das Gefühl nicht an denn nachdem der Duumvir im Boden versank schwang sich der Duccier auf sein Pferd, bedachte Publius mit einem Eiszapfenmässigen Blick und steuerte Richtung Lager zurück. In Gedanken versunken fplgte Publius dem Tribun. Was ihn nun erwarten würde? Mit besorgtem Gesichtsausdruck kamen sie endlich an.

  • Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    Als er das Wort "Seuche" gehört hatte, schnellten Reatinus' Augenbrauen in die Höhe und in seinen Augen lag ein verwundertes Glänzen. Ein Seuche? Hier in Mantua?! Die Götter mussten unglaublich erzürnt sein, ihnen eine Seuche zu schicken!
    Eigentlich hatte Reatinus nur die Hälfte des folgenden Angebots gehört, ehe er seine Aufmerksamkeit auf seine eigenen Gedanken gelenkt hatte.


    "Willst du mich verarschen", fragte er ungläubig und bezog sich dabei nicht einmal auf das Angebot des Händlers, "Und das Einhornzeugs kannst du behalten!"


    Nun, da schien er an den falschen geraten zu sein, aber gleich so abgebürstet zu werden, dass war dann doch etwas zu viel. Obwohl er dem tribunus (von dem er nicht wusste, dass er einer war) nun beleidigt war für er mit künstlicher Dienstbeflissenheit fort, die er sich im Laufe der Jahre antrainiert hatte:
    "Aber nein, domine, niemals domine." sprach er und deutete bei jedem "domine" eine Verbeugung an.
    "Es hat sich alles so zugetragen, wie ich es dir erzählt habe. Da kannst du jeden in der Stadt fragen." Es folgte eine aushohlende Geste mit seinem Arm, die die ganze Stadt umfassen sollte.

  • "Eine Seuche", murmelte Reatinus leise und fuhr sich mit besorgter Miene durch die Haare, "Die Götter strafen uns auf furchtbare Art und Weise." Es war unglaublich und kein Wunder, dass die Straßen wie leer gefegt schienen. Auch Reatinus selbst hielt es nicht mehr lange hier, denn er wollte sich nicht nur selbst schützen, sondern alles, was zu ihm gehörte. Allem voran Familie und Freunde. Just in diesem Moment fiel ihm Celer ein - verdammt! Hoffentlich marschierte er nicht auch noch unwissend durch die Straßen und riskierte irgendwo sein Leben!
    "Verstehe", sagte Reatinus knapp, ohne die Beleidigung des Händlers zur Kenntnis zu nehmen, "Danke für die Auskunft... ich sollte jetzt gehen. Vale." Für Einkäufe war Zeit - sie würden von ihrem noch übrigen, kleinen Vorrat leben. So lange wie sie konnten...

  • "Vale!" konnte der Händler nurnoch sagen, dann war der Soldat, ein merkwürdiger Kerl übrigens, auch schon verschwunden.
    Einen Moment sah er ihm nach, als er von einem anderen Zugang schon andere Menschen auf den Markt kommen sah. Vielleicht waren diese ja endlcih male rgiebige Kunden.


  • Kaum eine Woche nach Auftauchen der ersten Fälle, und kurz nach den ersten Toten stand das Leben in Mantua still. Der nahe See hüllte die Straßen und Häuser der Stadt jeden Morgen in dichten Nebel, der nicht nur die Sicht zu schlucken schien, nein, auch die Geräusche klangen viel gedämpfter. Ferner. Unwirklicher.
    Das Husten einer alten Frau, das Geklapper von Pferdehufen, das Rumpeln eines Ochsengespanns.. alles klang, als wäre es weit weg, dabei lief man Gefahr im Nebel von jemandem niedergeritten zu werden, der vor den Winden fliehen wollte.
    Fliehen, das war etwas die Mantuaner gedacht hatten, die es sich leisten konnten auf irgendwelche Landgüter zu entschwinden. Egal ob eigene, von Verwandten oder Freunden: nur raus aus der Stadt! Dass sie den Tod mit sich nahmen, und bald auch im Abstand einer Tagesreise die Feuer brannten, daran dachte niemand. Man wollte einfach nur weg.


    Man hatte längst damit aufgehört die toten Bettler aus den Ecken und Winkeln der Straßen aufzusammeln, die Leute waren viel zu beschäftigt ihre eigenen Angehörigen zu pflegen, zu verbrennen, oder einfach nur irgendwo zu verstecken, weil man sich das Holz für die Verbrennung nicht leisten konnte.
    Die Stadtverwaltung arbeitete, mittlerweile, auf einem Minimum an Leistungsstärke. Es gab ja kaum jemand, der die Aufträge entgegennehmen wollte. Nur einige sehr hartgesottene Geschäftsleute witterten das Ding ihres Lebens und wollten kräftig an der Ordnungserhaltung mitverdienen. Ob sie nun für absolutes Wuchergeld haltbare Lebensmittel verscherbelten, weil die Märkte nicht mehr stattfanden und auch weil niemand mehr freiwillig in die Stadt kam. Und selbst die Fischer trauten sich nicht mehr auf den See, weil einer der ihren von einer Fahrt am Morgen nicht zurückgekehrt war. Letztendlich lebten die Bewohner Mantuas von dem was sie hatten.
    Was nicht viel war... aber die Kranken aßen eh wenig, und es waren unfassbar viele krank in diesen Tagen. Und die Toten... die würden nie wieder essen.

  • PHASE II


    Numerius Canuleius Corvus
    [Blockierte Grafik: http://img101.imageshack.us/img101/3995/raeuber1.jpg]


    Wo Aas war, da waren die Krähen nicht fern. Angelockt von Tod und Verfall ernährten sie sich von je her von dem, was die Götter ihnen als reiches Festmahl präsentierten. Ihnen war das Leid gleich, die Schicksalsschläge, die Klagen. Ihnen war das Elend gleich, das mit dem Tod einherging. Ihnen war der Grund des Todes gleich. Sie erfreuten sich nur an den Möglichkeiten, die die Götter ihnen in Momenten wie diesen zeigten. Sie hatten kein Gewissen, dass sie davon abhalten würde, die Toten nicht zu bestehlen. Sie hatten keine Skrupel, wenn es darum ging, sich den eigenen Wanst vollzuschlagen. Und erst recht hatten sie nicht den Willen, sich diese Gelegenheit ungenutzt entgehen zu lassen.
    Und Numerius Canuleius Corvus war so eine Krähe. Zwar ganz ohne Gefieder und Schnabel, aber um nichts seinen tierischen Kollegen nachstehend, wenn es darum ging, sich den eigenen Wanst vollzuschlagen. In seinem Fall war das nur nicht das Leichenfleisch, dass derzeit in Massen vor den Stadttoren brannte. Das wäre selbst für seine Verhältnisse barbarisch und abstoßend. Nein, in seinem Fall hieß das, dass er die Gunst der Stunde nutzte, die leeren Straßen und die verängstigten Menschen, die ihre Häuser nicht verließen. Deren Bewachung aufgrund der Krankheit dezimiert worden war, die im Innersten ihrer Häuser kauerten, zu schwach, sie zu verteidigen. Die nur darauf warteten, von ihm geplündert zu werden.
    Und wer sollte schon etwas dagegen tun? Die Straßen waren wie leer gefegt. Er konnte mit seinen Männern irgendwo eindringen, die verbliebenen Hausbewohner abschlachten und liegen lassen und in aller Seelenruhe alles mitnehmen, was nicht niet- und nagelfest war. Dort, wo die Menschen dicht an dicht wohnten, könnte ein Nachbar vorbeischauen, aber in den herrlichen Villen der Magistrate und Ritter? Wohl kaum. Man musste sich nur die aussuchen, die ohnehin schon von der Krankheit dezimiert waren.


    Was seine eigene Truppe mit einschloss. Er selber war so gesund wie ein junger Stier. Kein Husten, kein Fieber, noch nicht einmal erhöhten Puls. Es war, als hätte er mit Plutor einen Pakt geschlossen. Der Gott der Unterwelt hielt seine schützende Hand über ihn, und Corvus versorgte ihn dann und wann mit ein paar mehr Seelen.
    Aber seine Truppe war da nicht so gesegnet. Über die Hälfte war ihm weggestorben und lag nun in den Gräben als Futter für die Flammen, sofern die Krähen nicht schneller waren. Seine Truppe war soweit geschrumpft, dass er nun nicht mehr in die Stadt gehen konnte und sich alles nehmen konnte, was er wollte. Er musste schon ein wenig wählerischer sein und ein bisschen Vorarbeit leisten. Dennoch war es noch ertragreich genug, und sie waren immernoch acht Männer, die keine Skrupel hatten. Auch nicht beim Haus eines kleinen Beamten, der eben seine halbe Familie verloren hatte. Im Gegenteil, taten sie ihm doch den Gefallen, und führten die Familie etwas schneller wieder zusammen.

  • Seine Soldaten waren ihm nicht gerne gefolgt, das wusste Licinus sehr genau. Lieber wären sie an diesem Morgen im lager geblieben, dass, obwohl auch hier schon ein erster Kranker zusammengebrochen war, noch immer ein gewissen Maß an Sicherheit verströmte.
    Licinus hatte sich ob der Zögerlichkeiten gezwungen gesehen, den Männern mit der vitis Beine zu machen und einige festere Hiebe zu verteilen. Dadurch hatte das morgendliche Abrücken länger gedauert, als im Normalfall. So waren sie an Soldaten vorbei gezogen, die das Zelt aufgebaut hatten, in dem sie heute Abend ihre Ausrüstung deponieren würden.
    Dann waren sie in die Stadt gezogen.


    Der Anblick der lehren Gassen machte den Soldaten Angst, mehr noch der Umstand, dass sie den Feind nicht offen bekämpfen konnten, ja ihn nicht einmal sahen. Die Krankheit war überall und doch nirgends. Keiner wusste, ob er mit dem nächsten Atemzug keine totbringenden Dämpfe einsog. Das Zischen des Windes, der durch die Gassen fegte tat ein übriges.
    Langsam und sich ungewiss umschauend zogen die Soldaten die Straßen hinunter. Nur gelegentlich sah man andere Menschen, die sich in Hauseingänge drückten. Die Truppe wich dann in die andere Richtung aus. Man mied den Kontakt, wollte sich nicht anstecken.


    Auf dem Platz vor der Curia zerfaserten sie sich. Einzelne contubernia wurden auf Patrouille durch die Gassen geschickt, andere hielten sich einfach in Bereitschaft und wurden dafür beneidet. Eine letzte hatte den Auftrag das Amphittheater zu erklimmen und dort den Signalposten zu errichten. Nicht zufällig würde die von Licinus angeführte Patrouille dort vorbei kommen.
    Vorerst ging es jedoch in die wohlhabenderen Viertel.

  • Er war müde, unendlich müde. Seit der Ausbruch bekannt geworden war, hatte er jeden Tag und mittlerweile so manche Nacht - wie die Vergangene - bei dem Medicus verbracht und ihm geholfen. Mit den Kranken gesprochen, die Presse betrieben, Wasser geschleppt und viele viele Dinge mehr, die ihm nicht nur deshalb möglich waren, weil er gesund war und bisher geblieben war, sondern auch, weil er keine Scheu hatte mit anzupacken. Gerade war er auf dem Weg etwas für den Medicus zu besorgen und sein Gang war etwas schlurfend, während er hin und wieder ungeniert -manchmal vergaß er vor Müdigkeit die Hand vor den Mund zu heben - vor sich hin gähnte.


    Gerade bog er um eine Ecke und lief mitten in einen kleinen Trupp Soldaten rein, die wohl ihrerseits um selbige hatten gehen wollen, nur eben in die entgegen gesetzte Richtung. Er schreckte hoch, verschluckte ein Gähnen und entschuldigte sich. "Verzeiht," meinte er zu den Männern und wich ihnen aus, damit sie ihren Weg fortführen konnten. Dann jedoch dachte er sich, es konnte nicht schaden zu fragen. "Und verzeiht noch einmal," meinte er fast sofort. "Ich bin erst wenige Wochen in der Stadt und helfe beim Medicus aus. Dieser beauftragte mich bei Antonius, einem Kräuterhändler, einige Dinge zu erfragen und zu besorgen. Leider bin ich wohl irgendwo weiter vorne falsch abgebogen. Wisst ihr, wo ich dessen Laden finde? Er soll sehr bekannt in der Stadt sein und sogar die Legion beliefern?"

  • Licinus blieb abrupt stehen, als vor ihm plötzlich ein Mann auftauchte. So abrupt, dass der Mann hinter ihm auf ihn auflief. Es war ein sehr uneleganter Moment, doch zur Besänftigung der Soldaten begann der andere sofort sich zu entschuldigen. Gerade wollte Licinus den Befehl geben, die Patrouille fortzusetzen, als eine zweite Entschuldigung, gefolgt von einer Frage hinterherkam.
    Licinus merkte sehr wohl, wie seine Männer instinktiv zurückrutschten, als der Mann sagte, er arbeite für die medici. Diese waren schließlich besonders häufig mit den Kranken in Kontakt. Auch ihn selbst kostete es Überwindung stehen zu bleiben, daher klopfte er nur mit der vitis gegen seine Beinschienen. Das war Signal genug für die Soldaten da zu bleiben, noch.
    "Kräuterhändler?", fragte Licinus zurück. Es wäre wohl besser gewesen, wenn er einen medicus dabei gehabt hätte. Und wie der böse Zufall es wollte, hatten sie nicht mal einen capsarius in dem kleinen Trupp.
    "Mmmmh, ich glaube, wir sind an keinem vorbei gekommen. Ich fürchte, nein, ich kann..."
    In diesem Moment wurde er von einem seiner Soldaten unterbrochen.
    "Entschuldige, Herr, der Händler hat seinen Laden zwei Straßen weiter vorn." Licinus warf dem Soldaten einen Blick zu, irgendwo zwischen Verwunderung und Strenge, was diesen bewegte, nun unsicherer, fortzufahren und sein Wissen zu erklären.
    "Er... er verkauft auch Parfüm"
    Licinus Augenbraue wanderte nach oben, er hatte schon eine Ahnung, wo das hinführen würde
    "Es gibt so ein Mädchen,... sie lässt mich manchmal umsonst,... bei domina Deidameia"
    Und Treffer, jeder Soldat kannte wohl das lupanar der Syrerin. Und jeder Offizier, der mal legionspolizeidienst gehabt hatte, hatte dort wohl schon eine Prügelei beendet.
    "Es reicht, Soldat!", beendete Licinus das Gestammel und wandte sich an den Arzthelfer. "Nun, da hast du deine Auskunft."
    Zögernd wartete Licinus ab, ob noch eine Antwort käme. Sollte er anbieten Männer zum Tragen abzustellen? Wirklich wollen tat er nicht, aber sie waren hier zum helfen.

  • Zwei Straßen weiter vorne also. Er nickte dankbar. "Vielen Dank für die Auskunft. Bitte gestattet mir noch eine Frage," meinte er, als er daran dachte, das diese Information für den Medicus sicher wichtig war. "Sind Euch auf Euren Patrouillen noch viele kranke Menschen begegnet? Welche, die der Hilfe des Medicus bedürfen aber nicht in der Lage sind, sich selber zu ihm zu begeben?"

  • "Kann man so genau nicht sagen," antwortete Licinus
    "Die Menschen die uns entgegen kamen sind uns ausgewichen. Aber ich glaube, die wirklich Kranken verlassen auch die Häuser nicht mehr, oder?"
    Licinus hatte bisher nur gehört wie schnell die Menschen wegstarben und da konnten sie doch unmöglich dazwischen noch das Haus verlassen, dachte er.


    "Wie gesagt, sie haben den Kontakt gemieden. Waren aber auch nicht viele. Ich glaube, niemand, der nicht muss, verlässt zur Zeit sein Haus."
    Außer der legio. Gut, sie mussten auch, hatten ihre Befehle, aber die mussten nicht sein. Der Führungsstab hatte sich so entschieden. Licinus konnte sich diese Sicht erlauben, er gehörte ja dazu, wenn auch nicht ganz. Die Soldaten hinter ihm, sahen es wahrscheinlich eher so, dass sie mussten.

  • PHASE II


    Numerius Canuleius Corvus
    [Blockierte Grafik: http://img101.imageshack.us/img101/3995/raeuber1.jpg]


    Wirklich ein ertragreicher Besuch. Corvus betrachtete die schicken Ringe, die nun seine Finger schmückten. Natürlich würde er sie einschmelzen und verscherbeln, aber erst mal funkelte das Gold schön an seiner Hand. Der alte Besitzer brauchte das Gold auch nicht mehr. Nie mehr, um genau zu sein.
    Seine Männer rissen gerade noch auffällige Möbelstücke etwas auseinander. Truhen hatten gern Geheimverstecke, in denen die besonders wertvollen Stücke versteckt waren. Und die noch lebenden Bewohner zu foltern und danach auszufragen hätte nun doch zu lange gedauert. Lieber ließ er sich ein feines Geschmeide entgehen, als seinen Kopf auf einer Lanze aufgespießt vor den Stadttoren zu finden. Der Rest war auch ertragreich genug gewesen.


    “Wenn du mit ihr fertig bist, schneid ihr die Kehle durch“ wies er im vorbeigehen einer seiner Männer an, der sich noch ein wenig mit der Haustochter beschäftigte. Das Mädchen war kerngesund gewesen. Kein Husten, kein Fieber, reine Haut... und zu verschreckt, um zu schreien, als sie die Tür aufgebrochen hatten. Sie hatte nur gejammert, sie sollten gehen, und ihrem armen, kranken Vater nichts tun...
    Tja, selber schuld.


    Von draußen ertönte ein leises Krächzen. Corvus stand auf und begab sich zum Eingang, pfiff im Vorbeigehen seinen Männern leicht zu. Sie hörten mit dem Krach auf und rafften zusammen, was sie gefunden hatten. An der Tür angekommen blickte er hinaus zu seinem Wachposten. Irgendeiner musste immer Schmiere stehen.
    “Was gibt’s?“
    “Patrouille, zwei Straßen weiter.“
    Corvus nickte. Nicht wirklich gefährlich, aber man musste es ja nicht übertreiben. Vielleicht traute sich einer der Nachbarn doch noch aus dem Haus wegen des Krachs von hier. “Gut, gehen wir.“


    Die Männer stopften sich noch soviel der Kostbarkeiten in die Taschen, wie sie tragen konnten, dazu alle Vorräte. Gerade die waren im Moment Gold wert. Und dann gingen sie, ganz gemütlich, ganz unauffällig, ohne Lärm. Sie machten sich gar nicht die Mühe, die Tür des Hauses zu schließen. Sollten die Legionäre doch sehen, was sie getan hatten. Sie hatten keine Angst.

  • Licinus signalisierte seinen Männern, den Weg fortzusetzen. Reden konnte man auch im laufen und erstens hielt die Bewegung die Männer beschäftigt und außerdem hatten sie keine Zeit zu verlieren.
    Zumal sie jetzt einen, wenn auch nur kleinen, Umweg vor sich hatten, denn Licinus hatte beschlossen mindestens bis zu der Drogerie mitzukommen.
    Als sie in die Straße einbogen erkannte Licinus nach ein paar Schritten eine Tür, die einige Häuserblocks weiter hinten offen stand. An einem normalen Tag war das nichts besonderes, aber dieser Tag war nicht normal.
    Insbesondere, da sich die Tür, während sie weitergingen nicht wieder schloss und auch sonst keine Bewegung zu sehen war. Die ganze Stadt versuchte die Winde auszusperren, außer die Bewohner dieses Hauses.
    "Also, hier ist es," sprach er, als sie vor der Tür des Kräuterhändlers standen. Seine Stimme hatte einen mechanischen Klang angenommen.
    "Wir warten hier einen Moment."
    Er sah den Artorier jedoch nicht an, sondern behielt die Tür im Auge.

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