Aufbruch Richtung Germanien

  • Und es erschien doch noch ein Lächeln um ihren Mund, als Menecrates ihr versicherte, er sei stolz und freue sich schon darauf. Romana wusste nun nicht gänzlich, ob dies nicht nur eine Notlüge war, aber sie glaubte es nicht. Sie hatte viel von ihrem Vater, darunter auch die soldatische Neigung, Klartext zu reden, und glaubte nicht, dass ihr Vater nun jemand wäre, der ihr, um sie von der Realität abzublocken, einen Schleier um die Augen binden wollte. Er hatte das noch nie gemacht.


    “Dann... dann... pass auf, dass die Barbaren uns nicht überrollen. Ich bin stolz auf dich, Vater“, machte sie leise zu ihm. Dann atmete sie aus, löste ihre Verkrampfung und stellte sich dann demonstrativ neben ihn hin, seine linke Hand haltend. Schaut her, wollte diese Geste sagen, das hier ist mein Vater.


    In diesem Moment kam Lepidus herbei, Romana ließ ihren Vater los. “Salve, Quintus!“, machte sie, bevor ihr Vater ihn dann auch noch mit Aufgaben überschwemmte. Sollte recht sein, dachte sich Romana, die das Gefühl gehabt hatte, in letzter Zeit habe ihr Vetter ein wenig zur Faulheit geneigt. Aber nun schien er mit Feuereifer dabei zu sein, Aufgaben von ihrem Vater zu übernehmen. Nun fein.


    Die Sklaven um sich ignorierte sie nicht einmal, auch wenn sie noch so stark und nervtötend um sie herumirrten. Denn es gab eh andere Sachen, auf die sie blicken konnte.


    Zum Beispiel ihre Verwandten. In diesem Augenblick nämlich erschien ein weiterer von jenen – das war ja jemand, den sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte! “Iavolenus!“, rief Romana aus und trat einen Schritt vor – bei seiner Begrüßung hatte ihr Vetter sie wohl nicht bemerkt, wiewohl ein Nichtbemerken von Romana eher schwieriger war, aber unter den groß gewachsenen Claudiern mochte ihre Größe nicht so sich extrem abheben, wenn auch ihre weißen Gewänder dies tun mochten. "Salve! Dich habe ich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.“ Aus welchem Loch er bloß hervorgekrochen war?

  • Mit Erleichterung hörte Menecrates Lepidus' Bereitschaft, für ihn einen kurze Rechenschaftsbericht auf der Rostra zu verlesen.
    "Danke, das hilft mir ungemein. Auch wenn es so klingt, als würde ich mein Sterbebett beziehen, wenn du sagst, es ist das mindeste, was du noch für mich tun kannst."

    Sein Blick suchte Manuel. "Halte das Nachfolgende auf einem Pergament fest." Als Manuel schreibbereit stand, begann Menecrates zu diktieren.


    "Bürger Roms, eine Berufung zum Legaten macht es mir unmöglich, persönlich Rede und Antwort zu stehen. Nichtsdestotrotz möchte ich aber über mein Wirken innerhalb der Amtszeit als Aedilis Curulis berichten. Gleich nach meinem Amtsantritt habe ich die Märkte auf das Gründlichste kontrolliert. Dabei sind mir etliche Verstöße gegen die Lex Mercatus aufgefallen, die ich mit einem Edict geahndet habe. Ich habe mit besonderer Akribie geforscht, daher sind auch Betriebseigentümer abgemahnt worden, die seit Urzeiten ihr Unternehmen führten, oder die den Status "prominent" innehaben. Bis auf zwei Vorgänge konnte ich sämtliche Verstöße mit einem positiven Ergebnis aus Aktensicht abschließen.
    Wie es mein Amt verlangt, habe ich eine ausführliche Kontrolle der öffentlichen Bauten vorgenommen. Mein Bemühen galt - wie in meiner Kandidatur versprochen - besonders den Tempeln. Dieses Vorhaben ließ sich nicht leicht umsetzen, galt es doch viele Hürden innerhalb der Regia des Cultus Deorum hinter sich zu lassen. Außer einem sanierungsbedürftigen Tempel, erwiesen sich die bauliche Substanz und die Sicherheit der Tempel als ausreichend. Bei besagtem sanierungsbedürftigem Tempel handelt es sich um den Tempel des Mars Ultor, der seit Jahren einer gründlichen Sanierung bedarf. Das Scheitern begründete sich an Verfahrensfragen. Um dem abzuhelfen, habe ich dem Pontifex Tiberius Durus eine Liste möglicher Architekten zukommen lassen und darüber hinaus aus privaten Mitteln zweitauschend Sesterzen gespendet.


    Eine routinemäßige Kontrolle der Garküchen usw. verdient im Grunde keiner besonderen Erwähnung, weil kein Bedarf oder Verstoß festgestellt worden ist.


    Die Götter haben die von mir organisierten Spiele am Ende meiner Amtszeit gesehen. Die Terminfindung habe ich mit viel Sorgfalt und unter Hinzuziehung von einem Haruspex und einem Augur vorgenommen. Wagenrennen, Gladiatorenspiele und eine öffentliche Hinrichtung standen im Zeichen der Ehrung Roms und der Götter. Ich habe die Spiele unter die Überschrift 'Ein Neuanfang für Rom' gestellt und die Götter die Opfer angenommen.


    Ich hoffe, mit diesem Bericht den Umständen entsprechend gedient zu haben."



    Unerwartet tauchte dann auch Iavolenus auf, was Menecrates überraschte. 'Immerhin ein netter Zug', dachte er und abtwortet auf dessen Frage. "Meine Abreise nach Germanien ist hier los. Insofern: Auf ein Wiedersehen!"

  • Als der Abschied dann letztlich da war, erschien sogar Livineia wieder auf der Bildfläche. Die Claudia hatte versprochen, zur Verabschiedung dazusein und so würde sie es auch einhalten. Von ihrer Seite aus gab es nicht viele Tränen zu vergießen. Ihr war Menecrates sympathisch, aber dass sie ihn über alle Maßen liebte konnte sie nicht sagen. Er war eine Respektperson, die sie schätzte. Besonders liebevoll war sie noch nie gewesen. So schenkte sie ihm zum Abschied einen ihrer sehr seltenen Wangenküsse. "Ich wünsche dir viel Erfolg in Germania, Großvater. Vergiss uns nicht, mach der Familie Ehre und komm heile wieder." forderte sie ihn halb floskelhaft, halb ehrlich gemeint auf. Die ebenfalls abreisenden Sklaven würdigte sie keines Blickes, auch nicht diesen unverschämten Manuel. Als Menecrates weg war, wurde es still. Vielleicht kam es ihr auch nur so vor, weil noch eben so viel Trubel im Atrium herrschte. Denn insgesamt wird Menecrates Abwesenheit nur auffallen, da er den Ton im Hause angab - aber nicht oft und nicht laut. Sie schlendere wieder in ihr Zimmer zurück.

  • "Sehr gut! Ich bin hier vor kurzem aus Athen eingetroffen! Ich habe mein Studium abgeschlossen!" Die Worte quollen nur so aus Iavolenus heraus. Er hatte seinen Bruder Lepidus ja schon so lange nicht mehr gesehen. "Aber wie geht es dir? Ich habe mitbekommen, dass du deine politische Karriere gestartet hast; stimmt das?", fragte er seinen Bruder.


    Die Antwort von Menecrates auf Iavolenus Frage überraschte ihn. "Nach Germanien?" Was wollte der denn da? "Wieso?", fragte er sichtlich verwirrt.


    Auf einmal rief eine weitere Person seinen Namen; bestimmt eine Frau, wenn man nach der Stimme urteilte. Iavolenus drehte sich zu ihr um und sah seine Cousine Romana vor ihm stehen. "Romana!", rief er begeistert. War die eigentlich gewachsen? Sie war ja noch größer als an dem Zeitpunkt, an dem Iavolenus nach Achaia aufgebrochen war! Er breitete ebenfalls die Arme für eine Umarmung aus. "Ja, seit Jahren! Und wie läuft es so, als Vestalin?"


    Gut, dass er doch ins Atrium gekommen war, um zu sehen was passierte. Sonst hätte er Lepidus und Romana nicht wiedergesehen! Das Cubiculum zu verlassen, hatte manchmal doch Vorteile ...

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