[Cubiculum] Marcus Iulius Dives & sua familia

  • Na prima! Hatte es ihm jetzt also die Sprache verschlagen, oder was?!! "Er.. Ich..?!", wiederholte ich also immernoch aufgebracht. "Sprich mit mir, Marcus! Warum triffst du dich dann mit diesem "alten Freund" im Theater, hm?" Dass er diesen Kerl überhaupt noch traf und sogar als Freund betitelte nach allem, was der sich geleistet hatte, war mir vollkommen unbegreiflich! Am liebsten würde ich ihn schütteln so lange, bis er endlich erwachsen wurde, bis er endlich das sah, was ich sah, bis er endlich seine pubertären Neigungen hinter sich gelassen hatte und mich sah, bis er endlich.. ja.. mich sah. Und die gute Frau, die ich ihm sein konnte. Die er lieben und begehren konnte. Die ihm einen Sohn geschenkt hatte, der ihm nicht unähnlich sah (auch wenn ich nicht genau wusste, ob er wirklich von ihm war).
    Vielleicht musste ich ihm einfach noch ein Kind schenken? Vielleicht musste ich ihn einfach noch mehr zwingen zu seinem Glück? Bis ich wieder schwanger war. Bis ich ihm seine lächerlichen "Gefühle" für andere Männer ausgetrieben hatte. Bis er mich liebte. Ich fixierte Marcus mit einem durchdringenden Blick und biss mir angespannt auf die Unterlippe.

  • Es half nichts. Sie giftete weiter. Und dazu wollte sie nun auch noch ganz genau wissen, weshalb er sich mit Serapio getroffen hatte. Dives schluckte.
    "Er hat mich eingeladen, weil..." Er stockte für einen kurzen Augenblick. "...angeblich weil er "wüsste", dass diese unsagbaren Lügengerüchte über Torquata wahr seien. Und angeblich hätten genau diese schmutzigen Gerüchte von ihr und einem geheimnisvollen Soldaten etwas mit irgendeinem bislang ungeklärten Mordfall eines syrischen Händlers zu tun." Dives schüttelte den Kopf, während er bewusst den Part mit der Beschuldigung Faustas verschwieg. "Was er indes jedoch eigentlich wollte, war, mir seinen tollen neuen Freund unter die Nase zu reiben und mir zu zeigen, wie glücklich er doch mit ihm und ohne mich ist." Beinahe schon könnte man wohl behaupten: "Wenn du so willst, dann hat er mich ins Theater gelockt, indem er mir vorgaukelte, sich um meine Familie und mich zu sorgen, nur um mir anschließend zu zeigen, wie wenig er von meiner Familie und mir hält - nämlich so wenig, dass er Torquata sogar mit einem ungelösten Mordfall direkt in Verbindung bringt." Aufmerksam schaute Dives seiner Frau in die Augen, während er ihr diese Halbwahrheit erzählte. Denn natürlich glaubte er tatsächlich nicht im geringsten, dass - wie Serapio und dieser komische Borkan und die auf deren beide Intrige hereingefallene Quintilia behaupteten - Fausta nun irgendetwas mit dieser Sache und speziell dem Mord zu tun hätte. Trotzdem allerdings nagte allein die bloße Möglichkeit, dass vielleicht doch etwas an der decimischen Behauptung dran sein könnte, durchaus ein wenig am Iulier. Denn wer lebte schon gerne unter einem Dach mit einer Person, die unter Umständen nur mit dem Finger schnippen musste, um zwei Leben auszulöschen? Wer fühlte sich selbst schon sonderlich sicher in der Umgebung einer solchen Person, die ihn dazu auch noch aktiv erpresste? - Gewissheit war es, die er jetzt brauchte. Wie also reagierte Fausta nun, da sie mit dem Mordfall des syrischen Händlers und zudem der Verbindung desselben zur Familia Iulia Dives konfrontiert wurde?

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    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Iulia Torquata, Mordfall, syrischer Händler? Ich zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen. Denn zwar sprach Marcus von einem bisher noch unaufgeklärten Mordfall (und je mehr Zeit verging, umso geringer wurde die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Aufklärung), aber allein die Richtung, in die sich dieses Gespräch hier entwickelte, gefiel mir schon nicht. Ich fragte mich: Wie kam überhaupt irgendwer auf diesen Trichter, dass die Iulia irgendetwas mit diesem syrischen Schwätzer und Geschichtenerzähler zu tun hatte? Soweit ich wusste, hatte diese syrische Tratschtasche zu ihren Lebzeiten doch so viel erzählt (manches davon wahr, manches davon nicht ganz so wahr) und war dabei so vielen Leuten auf die Tunika getreten.... Oder hatte ich etwa irgendetwas übersehen? Wusste dieser "Faustus" etwas, das mir entgangen war? "Tze.. So ein Schwachsinn! Denn so wenig ich von deiner Tochter halte" Da brauchte ich ihm gar nichts vormachen. Das sollte er inzwischen eigentlich wissen, dass ich diese vorlaute Torquata nicht ausstehen konnte. "so wenig halte ich sie für verschlagen genug, in einen Mordfall irgendwie involviert zu sein!" Denn bitte: Dafür fehlten ihr doch jedwede Kontakte und Beziehungen - vom fehlenden Mumm mal ganz zu schweigen! "Wie zum.. wie kommt der also bitte darauf?!"


    Ich schnaubte einmal voll Unverständnis. "Und überhaupt.. wo wir gerade dabei sind: Das einzige Gerücht, das mir über deine Tochter zu Ohren gekommen ist, ist, dass sie sich angeblich nachts mit irgendeinem Soldaten getroffen haben soll. Unzwar vor ihrer Captio zur Vestalin!" Und das war ja doch bitte alles andere als verboten, wenn sie das getan hatte. Es warf vielleicht nicht das beste Licht auf sie und hatte ihre Captio etwas unwahrscheinlicher gemacht. Aber es war nicht verboten. Kein Vergleich zu irgendwelchen untreuen Vestalinnen.. und genau darum ging es doch! Eine Vestalin hatte ihrer Vesta treu zu sein - eine Nicht-Vestalin musste das im Umkehrschluss nicht. Also: "Weshalb sollte da also überhaupt jemand wegen dieser Sache irgendeinen dummen Marktschwätzer umbringen, hm?", fragte ich vorwurfsvoll und wusste einen Augenblick lang selbst nicht mehr, warum ich diesen Mord in Auftrag gegeben hatte. Dann fiel es mir wieder ein: Ich hatte den Mord aus drei Gründen in Auftrag gegeben. Erstens. Marcus Familie war seit unserer Hochzeit irgendwie ja auch meine Familie. Griff also irgendwer seine Familie an, dann war das auch ein Angriff gegen meine Familie und mich. Und sowas ließ er Galbinus vielleicht mit sich machen. Mit mir machte das aber niemand ungestraft! Zweitens. Wenn man mich nicht nur angriff, sondern auch noch meine Pläne zu durchkreuzen versuchte, dann reagierte ich besonders empflindlich. Und mein Plan in diesem Fall war ja, diese Torquata nach ihrer Adoption bald wieder in Richtung Atrium Vestae loszuwerden. Nur deshalb hatte ich mich damals überhaupt mit dieser ganzen Adoptionsgeschichte einverstanden erklärt: Prestige für meinen Mann UND ich wurde diese ungeliebte Iulia auch schnell wieder los. Und zuletzt drittens. Ich hatte den Mord in Auftrag gegeben.. einfach weil ich es konnte. Denn ich hatte (im Gegensatz zur Iulia) nicht nur die entsprechenden Kontakte und Beziehungen, ich hatte auch den nötigen Mumm!


    Doch es blieb dabei: Ich mochte nicht so gerne über dieses Thema sprechen. "Aber ich merke, was du hier versuchst. Du versuchst abzulenken.", ruderte ich also thematisch zurück. "Du versuchst abzulenken davon, dass du enttäuscht bist. Dass du dich lieber ohne diesen "neuen Freund" deines "alten Freundes" getroffen hättest. Dass du eifersüchtig bist!" Ja, er war nach all der Zeit immernoch eifersüchtig. Nachdem ich es ausgesprochen hatte, ging es mir auch selbst auf. Und genauso merkte ich: Nicht weniger eifersüchtig reagierte ich hier gerade. Ich bemühte mich also, mich zusammenzureißen....



  • Sim-Off:

    Endlich wieder Zeit! =)


    Der Moment der Wahrheit war gekommen. Das wusste Torquata und so gab sie sich einen Ruck. "Es gibt da dieses Gerücht, das mich in Verbindung mit einem Soldaten in Verbindung bringt", begann sie erst vorsichtig und doch geradeheraus und beobachtete genau die Reaktion ihres Vaters.


    Watch your thoughts - they become words.
    Watch your words - they become actions.
    Watch your actions - they become your habit.
    Watch your habit - it becomes your character.
    Watch your character - it becomes your destiny.

  • Zitat

    Original von Iulia Torquata


    Und wie er sie aufgefordert hatte zu erzählen, so begann Torquata nun also damit. Schon nach ihrem ersten Satz jedoch hielt es Dives nicht mehr auf dem Fensterbrett:
    "Genug.", forderte er sodann seine Tochter unterbrechend und sah ihr eindringlich in die Augen. "Du wirst mir _nicht_ erzählen, dass auch nur _ein_ Funken Wahrheit an diesen infamen Unterstellungen dran ist! Du wirst mir _nicht_ erzählen, dass eine angehende Vestalin, eine ehrbare Frau, die sich in den heiligen Dienst der Vesta zu stellen beabsichtigt und sich darob zu absoluter Keuschheit verpflichten will, _tatsächlich_ des nachts in irgendwelchen Gärten und Parks herumtreibt, um dort in schummrigem Mondenschein irgendwelchen romantischen Gefühlen für irgendeinen Soldaten nachzugehen!" Denn so sehr wollte sich der Iulier nicht getäuscht haben in seiner leiblichen Cousine. So sehr wollte er sich nicht getäuscht haben in seiner Adoptivtochter. - Und doch fürchtete er jetzt mehr als je zuvor, dass es wahr war. Er fürchtete, dass Torquata genau diese kindliche Dummheit begangen hatte. Er fürchtete, dass genau das der Grund dafür war, dass sie hier mit ihrem Gebäck im Gepäck aufgeschlagen war und über dieses infame Gerücht reden wollte - weil es schlussendlich womöglich eben doch nicht nur ein Gerücht war.


    "Ich...", brachte Dives nach kurzer Redepause hervor, stockte jedoch sogleich wieder. Denn wie sollte er auf eine solche Beichte nun reagieren? "Ich möchte, dass du weißt, dass ich dich jetzt nicht fallenlassen und verstoßen werde. Und ich möchte, dass du weißt, dass ich auch weiterhin meinem Wort treu bleiben werde, dein Vater bin und dich unterstütze, wo immer ich kann.", erklärte er vorab, dass er zwar in just diesem Augenblick alles andere als glücklich war über das Verhalten seiner Tochter, sich sein Gemüt aber gewiss auch wieder beruhigen würde... irgendwann. "Und deshalb hörst du mir jetzt ganz genau zu. Es ist mir _vollkommen_ egal, was genau in dieser Nacht passiert ist, als dieses unglaubliche Gerücht über diesen Soldaten und dich entstanden ist. Denn ganz egal, was passiert ist, ... es ist eben _nicht_ passiert. Hast du verstanden?! Egal, was wirklich passiert ist, du warst in der Casa Iulia, wo du sittsam in deinem Zimmer warst - allein - wie es sich für eine angehende Vestalin gebührt!" Mit wenig erfreutem Gesichtsausdruck sah der Vater seine Tochter an und hoffte, dass jene diese Worte nach Kräften verinnerlichte. Denn nur wenn sie selbst von dieser Geschichte völlig überzeugt war, konnte sie auch glaubhaft machen, dass sie der Wahrheit entsprach.
    "Ferner möchte ich, dass du mit ausnahmslos _niemandem_ über diese Sache redest, schreibst oder sonstig kommunizierst - weder mit irgendwelchen Freundinnen, noch mit irgendwelchen Verwandten oder Bekannten; nicht mit deinem Bruder Macro, nicht deinem kleinen Bruder Marcus" Auch wenn der Sohn des Iuliers noch so jung war, dass er sicher eh kein Wort verstehen würde. "nicht mit Fausta. Mit niemandem!" Denn je weniger sie selbst zu dieser Sache sagte, umso weniger konnte sie sich in irgendwelche Widersprüche verstricken oder machte sich durch übertrieben viele Rechtfertigungen bei anderen verdächtig. "Das einzige, was die Leute da draußen", womit jedwede Personen außerhalb dieses Zimmers gemeint waren, "wissen müssen, ist, dass dieses infame Gerücht nur ganz genau das ist: ein infames Gerücht, an dem kein einziger Funken Wahrheit ist." Dives holte tief Luft. "Wenn dich also jemand darauf ansprechen sollte, dann lässt du ihn genau das wissen und kein Wort mehr. Und danach ist das Thema dann beendet. Bohrt irgendwer dennoch weiter, lässt du ihn einfach links liegen und gehst. Hast du das verstanden?!" Dass sie nicht von sich aus dieses Thema zur Sprache brachte, war ihr nach diesen Worten jetzt hoffentlich auch klar.


    "Außerdem möchte ich, dass du dir im Atrium Vestae Verbündete suchst. Wähle dir eine der Vestalinnen zur Patronin und stell dich als ihre Klientin unter ihren mächtigen Schutz! Zum Beispiel Decima Messalina erschiene mir hier als sehr geeignet." Denn nicht nur dass die Decima selbst keine auszubildende Discipula mehr war, kannte Dives sie darüber hinaus auch noch persönlich. Zudem, wie man durchaus vermuten konnte, standen die Chancen der Decima wohl alles andere als schlecht, selbst einmal zur Maxima aufzusteigen. Und die Klientin jener zu sein, konnte einer angehende Vestalin eigentlich nur zum Vorteil gereichen. "Aber wen du auch wählst, erzählst du auch ihr nicht mehr über dieses infame Gerücht, als das, was ich dir eben gesagt habe: Das Gerücht ist eine haltlose Unterstellung, mit welcher der iulische Name und insbesondere jener der Iulii Divites in den Schmutz gezogen werden soll. Denn es ist nicht das erste Mal, dass einem Angehörigen meiner Familia der Weg in den kultischen Dienst an den Göttern versperrt werden soll. An dem Gerücht ist also kein einziger Funken Wahrheit. Verstanden?!" Noch einmal blickte der Vater seiner Tochter eindringlich in die Augen bei seinen Worten. Dann wandte er sich erst einmal von ihr ab, atmete hörbar aus und ging kurz in sich, während er sich wieder etwas beruhigte.
    "Bevor auch wir beide nie wieder über diese Angelegenheit hier sprechen, Torquata... muss ich dich fragen: Hast du mir noch irgendetwas zu dieser Sache zu sagen? Gibt es noch irgendetwas, das ich - zu deinem, zu meinem, zu unserem besten - noch wissen sollte darüber?", erkundigte er sich in ruhiger Stimmlage, noch immer von Torquata abgewandt. Und dabei sprach er selbstredend nicht davon, was damals tatsächlich gelaufen war. Das nämlich spielte letztlich eh keine Rolle. Wovon er sprach und woran er dachte, das war vor allem die Identität dieses ominösen Soldaten. Wer war dieser Mann? Wie hieß er? Was hatte er mit Torquata zu schaffen gehabt? Wie hatte er sie überhaupt kennengelernt? Und vor allem: Wie könnte Dives dafür sorgen, dass dieser Soldat Torquata nicht noch einmal über den Weg lief und sie und ihre ganze Familie in eine derartige Lage brachte? (Als Urbanertribun würde er einen etwaigen Urbaner wohl unter irgendeinem Vorwand nach Britannien strafversetzen lassen. Handelte es sich um einen Praetorianer, würde er vermutlich seinen Cousin Iulius Antoninus auf diesen Unglücksraben ansetzen. In der Legio Prima hätte er seinen Großonkel Licinus, den er um eine Strafversetzung bitten könnte und wahrscheinlich auch würde. Und sollte es sich um einen Vigilen handeln, würde Dives auch da noch einen Weg finden, wie er diesen Soldaten auf nimmer Wiedersehen an den Rand der bekannten Welt verabschieden könnte. - Denn irgendein gewaltsamer Anschlag oder dergleichen lag dem Iulier natürlich überaus fern. Das Prinzip der Vergeltung indes kannte er durchaus.)




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  • Zitat

    Original von Sergia Fausta


    Sim-Off:

    Mea culpa.


    Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend vernahm Dives, wie Fausta hier zunächst Torquata in Schutz zu nehmen schien - obgleich, wie sie kurz darauf selbst eingestand, die beiden Frauen alles andere als das beste Verhältnis zueinander hatten. Was also war dann der Grund für diese ungewöhnliche Inschutznahme? Sollte die Sergierin am Ende doch die Auftraggeberin sein, die stolz darauf, bisher gut davongekommen zu sein, diesen 'Erfolg' nicht bereit war ausgerechnet mit Torquata zu teilen? Oder fand sie einfach nur die Sache an sich - dass die heutige Vestalin Torquata jemals in einen Mordfall verstrickt sein könnte - so absurd, dass sie sich auf diese Absurdität hinzuweisen einfach nicht verkneifen konnte? - Wirklich schlau aus ihrer Antwort wurde der Iulier zunächst folglich nicht.
    Und kurz darauf dann brachte Fausta einen Aspekt an dieser Geschichte zur Sprache, über welchen Dives ebenfalls bereits mehrfach nachgedacht hatte: Weshalb glaubte Serapio und weshalb glaubte überhaupt irgendjemand, dass von den hunderten Gerüchten, welche die städtischen Händler tagtäglich auf den Märkten zum besten gaben, ausgerechnet dieses eine über Torquata zu diesem blutigen Mord geführt haben sollte? Denn natürlich, hier hatte Torquatas Zukunft als Vestalin auf dem Spiel gestanden und neben ihrem Ruf selbstredend auch der Ruf der Iulii Divites als solche. Jedoch bot manch anderes Marktgerede wohl mindestens ebensoviel Motivpotenzial, wennnicht gar mehr: So hörte man doch gerade über Schwangere immer wieder gerne das Gerücht, ein Kind wäre unehelich. Gesetzt den Fall, dass ein solches Gerücht einmal der Wahrheit entsprach: Vielleicht wollten Mutter und/oder gehörnter Ehegatte einem derartigen Gerede so deutlich wie möglich Einhalt gebieten? - Dabei musste der Iulier ja noch nicht einmal ganz so fern der eigenen Gewässer fischen, um ein ebenso passables Motiv zu finden: Gesetzt den Fall, es verbreitete sich das Gerücht, dass ein ambitionierter Mann, der in den Senat strebte oder vielleicht bereits als Teil jenes Gremiums auf das Consulat schielte, sich in den heimischen vier Wänden stets passiv der Liebe eines anderen Mannes hingab. Entspräche ein solches Gerücht einer Lüge, so würde es am Betroffenen unter Umständen ähnlich abperlen, wie das Gerede über ihn und Nicomedes einstmals am vergöttlichten Caesar abperlte. Entspräche ein solches Gerücht hingegen der Wahrheit, so mochte sich ein Betroffener sicherlich um einiges schneller in einer entsprechenden Verfassung wiederfinden, in welcher nichts mehr völlig ausgeschlossen für ihn wäre... Kurzum glaubte auch Dives eher weniger, dass bei jenem syrischen Händler kein explosiverer Gesprächsstoff über den Tisch gegangen war als nur der zwanghaft fixierte über seine adoptierte Tochter.


    "Bitte?", musste der Iulier dann jedoch sogleich nachhaken. "Ich bin nicht... eifersüchtig.", verwehrte er sich entschlossen gegen diese These. Denn er hatte doch mittlerweile abgeschlossen mit Serapio. Dafür hatte er dem mächtigen Apoll geopfert. Und so wie sich Serapio im Theater aufgeführt hatte - erst hatte er den Iulier ins offene Messer namens Borkan laufen lassen, dann hatte er Torquata wiederholt in ein schlechtes Licht getaucht und damit direkt die divitische Familia angegriffen, bevor er schlussendlich gar zugab direkt in einen Mordfall involviert zu sein (und nichts anderes waren er und sein 'toller' Borkan, nachdem sie mutmaßliche Beweismittel vom Tatort entwendet und damit automatisch auch entwertet und entkräftet hatten) und genau diesen Mordfall sodann einem weiteren Mitglied der divitischen Familia anzulasten versuchte. In der Hitze des Moments hatte der Iulier seinem ehemaligen Geliebten daraufhin vorgeworfen, gegen ihn intrigiert zu haben. Weitaus entscheidender jedoch war wohl der mit dem Angriff auf die Familia Iulia Dives begangene Vertrauensbruch: Serapio hatte vor Dritten Torquata angegriffen. Er hatte vor Dritten Fausta angegriffen. Und ganz genau genommen hatte er gar auch vor Dritten Dives selbst schwer attackiert. Denn wie anders sollte der Iulier es deuten, dass Serapio ohne iulisches Einverständnis erst diesem komischen Borkan und hernach offenkundig gar auch noch dieser Quintilia offenbarte, dass auch Dives auf Männer stand? Bei diesem Borkan, da selbst offensichtlich einer der ihren, mochte dies mitunter noch unangenehm aber letztlich doch verschmerzbar sein. Bezüglich der Quintilia indes war es schlichtweg Verrat... an allem, was jemals mochte zwischen ihnen gewesen sein. Und auch wenn Dives diesen Verrat vielleicht nicht mit irgendeiner gemeinen Intrige oder einem Gegenverrat beantworten würde, diese ganze Angelegenheit nachtragen würde er dem Decimer ganz gewiss - unwissend, ob er diese Tat überhaupt jemals würde verzeihen können.


    "Niemals bin ich eifersüchtig.", bekräftige der Iulier folglich noch einmal vollauf überzeugt. Dieser Borkan konnte Serapio ruhig behalten. Sollten die beiden sich doch gegenseitig unglücklich machen. "Ich wollte nur wissen, ob _du_ vielleicht etwas mit diesem Mord an dem Syrer zu tun hast. Eifersüchtig bin ich ganz sicher nicht." Sonst hätte er vermutlich eher versucht, diesem Borkan noch hübsch einen Strick daraus zu drehen, dass der einfach irgendwelche Beweismittel von Tatorten verschwinden ließ und damit Mordfälle manipulierte bis hin zur Unaufklärbarkeit. "Eifersüchtig bin ich nicht." Nicht auf diesen komischen Borkan. "Ich bin doch nicht eifersüchtig.", wiederholte er abermals und schüttelte seinen Kopf. Eifersüchtig? Nein. Denn mit Serapio hatte er schließlich abgeschlossen - mindestens genauso wie Serapio mit ihm. Sollte dieser 'tolle' Borkan doch künftig irgendwelche Tempel für Serapios Namenspatron finanzieren und in die Höhe ziehen lassen. Dieser Allgott Serapis war Dives eh ein bisschen suspekt. Da wandte er sich lieber dem glänzenden Apoll zu. Der half, wenn man ihn brauchte, war mit der iulischen Familiengeschichte eng verbunden und hatte im Hortus der Casa Iulia gar seinen eigenen kleinen Schrein. "Eifersüchtig." Niemals.

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  • Sim-Off:

    Es sei dir verziehen.. oder etwa nicht? - Lies selbst. ;)


    Sechs. Ich hatte mitgezählt. Ganze sechs Mal wiederholte Marcus das Wort "eifersüchtig". Da konnte er also gut und gerne mit jedem seiner Sätze verneinen, eifersüchtig zu sein. Ich wusste trotzdem: Er war es. Und allein das war wieder mal ein offener Schlag ins Gesicht! Denn eben noch bedauerte er jeden einzelnen Atemzug an meiner Seite und keine drei Sätze später gab er (nicht) zu, dass er für diesen missratenen "Faustus" aber nach all den Dingen, die der sich geleistet hatte (und das meinte in erster Linie seinen unmöglichen Auftritt auf unserer Hochzeit), immernoch irgendwelche Gefühle hatte. Das war ja wohl eine Frechheit!
    Und als wäre das allein nicht schon genug, da gestand er mir nun ganz nebenbei, dass er mich also auch noch aushorchen wollte, weil er mich verdächtigte, etwas mit dem Tod dieses syrischen Tratschmauls zu tun zu haben. Ich fasste ja noch! "Ich.. ich habe mit gar keinem Mord irgendwas zu tun, ein für allemal!", fauchte ich meinen werten Herrn Gemahl nicht nur an, sondern riss auch verärgert die Bettdecke vom Bett und drang anschließend in seine Betthälfte ein. Denn das konnte und wollte ich mir hier wirklich nicht länger bieten lassen! Mit aller Macht schmiss ich mich auf Marcus Oberkörper und versuchte dann mich mit meinen Händen wieder etwas aufzurichten, während ich mit allem mir zur Verfügung stehenden Gewicht den Oberkörper meines Mannes weiter nach unten drückte. Denn sowas konnte man vielleicht mit irgendeiner Serva machen - nicht aber mit mir! "Und du behauptest also, nicht eifersüchtig zu sein, ja?!" Noch einmal nahm ich alle Kraft zusammen und versuchte mich irgendwie so auf seinen Oberkörper zu kämpfen, dass ich dort zu sitzen kam und die Kontrolle über ihn gewann. Und wie gewann man die Kontrolle über einen Mann? Beherzt griff ich hinter mich in seinen Schritt. "Beweis es!", forderte ich dabei ganz unverhohlen. - Ich hatte mich jetzt lang genug von ihm vorführen und beleidigen lassen! Nun war es an der Zeit, dass Marcus nach meinen Konditionen dafür bezahlte....



  • Er hatte einen Fehler gemacht. Das wusste er. Es war ihm klar gewesen, schon kurz nachdem sein letzter Satz mit dem Syrer ihm über die Lippen gekommen war. Es war ihm klar gewesen, als Fausta nun offenkundig ganz und gar aufgebracht einer Furie gleich ihn förmlich anzufauchen begann. Und es war ihm klar gewesen, als es letztlich beim Fauchen allein nicht blieb. Seine Frau begann übergriffig zu werden. Intuitiv selbstredend setzte sich Dives ihr gegenüber sofort zur Wehr und versuchte sie sich fernzuhalten - stets darauf bedacht jedoch, sie dabei auch ja nicht zu verletzen oder ihr sonstig körperlich wehzutun. Denn nicht nur, dass er kein Interesse daran hatte, dass seine Frau mit blauen Flecken durch die Stadt lief und sich jedermann sogleich fragte, woher sie jene wohl hätte. Der Iulier hielt auch ganz allgemein nur wenig davon, persönliche Probleme gewaltsam zu "lösen". Nicht zuletzt ereilte ihn nach einer persönlich ausgeführten Gewalttat - selbst wenn er hier nur einer anderen Person versehentlich auf die Füße stieg - stets stante pede ein erdrückend schlechtes Gewissen. Und so in der Folge war es letztlich sicherlich auch wenig verwunderlich, dass seine offensichtlich mehr als nur leicht verärgerte Frau ihren sich nur halbherzig zur Wehr setzenden Ehegatten schlussendlich bezwang.


    Doch nicht alle intuitiven Reaktionen des Iuliers ließen es zu, dass er sie aktiv beeinflusste und dadurch auch abzuschwächen in der Lage war. Diese Erfahrung musste nachfolgend auch Fausta machen, als sie so unvermittelt mit Worten - und vor allem natürlich ihren Taten - "Beweis es!" forderte. Ohne auch nur die geringste Kontrolle über sein Handeln zu haben, beugte sich der iulische Oberkörper nicht länger der fremden Besatzungsmacht. Wie auf 'Knopfdruck' stemmte er sich stattdessen mit aller Kraft gegen Fausta und wandte sich dabei leicht nach rechts, um die Sergierin ab- und auf ihre eigene Betthälfte zurückzuwerfen. Mit teils vor Anstrengung teils aus schlechtem Gewissen rotem Kopf vergingen sodann mehrere Augenblicke, bis Dives mit aufgerichtetem Oberkörper auf seine rechte Hand gestützt im Bett kniend realisierte, was soeben geschehen war.
    "Entschuldige.", versuchte er hernach nun sein Gewissen wenigstens ein kleines bisschen zu beruhigen, obgleich er durchaus bereits so eine Ahnung hatte, dass er mit einem Vergeben und Vergessen seiner Frau hier sicherlich nicht so schnell zu rechnen hatte. Er schluckte.




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  • Es war das alte Spiel: An die Macht zu kommen, das ging noch ganz leicht. Dafür genügte hier schon allein die bloße Willenskraft. Sich an der Macht zu halten, das ging ohne irgendeinen durchdachten Plan hingegen nur selten lange gut. Und so fiel ich (beinahe wörtlich) aus allen Wolken, als ich mich plötzlich ganz unverhofft auf meiner Seite des Bettes wiederfand. Anschließend brauchte ich einen Moment, um mich zu sammeln. Dann hörte ich diese halbherzige Entschuldigung. "Ich würde mir sehr gut überlegen, was du als nächstes tust, Marcus; sehr gut." Auffordernd ernst fixierte ich ihn. "Du weißt doch, was für dich hier auf dem Spiel, oder nicht?" Ansonsten konnte ich es aber auch gerne nochmal wiederholen: "Denk an unseren Sohn. Willst du, dass er mit dem Wissen aufwächst, was für ein widerwärtiges kleines Geheimnis sein Vater mit sich herumträgt? .. Willst du, dass er dich genau dafür immer verachten wird, sobald er nur alt genug ist, all das zu begreifen? .. Willst du.. deinen Sohn behalten oder willst du ihn auf immer verlieren, was soll es sein?" Ich ließ eine dramatische Kunstpause, in der ich einen mitleidsvollen Blick aufsetzte. "Und denk doch auch an deine liebe, kleine, unschuldige Adoptivtochter." Vor allem unschuldig; na klar! "Du traust mir zu, dass ich den Mord an diesen syrischen Schwätzer beauftragt habe, um unsere Familie, um meine Familie vor einem Ansehensverlust zu bewahren?", fragte ich mit provokanter Leichtigkeit. "Solltest du dir dann nicht auch Gedanken darum machen, was ich wohl tun könnte, wenn du mich immer und immer wieder nur von dir stößt? Solltest du dich dann nicht fragen, wieviel mir an ihr noch liegen wird, wenn du unseren Bund immer mehr und mehr vernachlässigst?" Und nein, das war keine Drohung. Das war eine kleine Erinnerung daran, dass zu einer Ehe immernoch zwei Parteien gehörten. "Solltest du dir nicht die Frage stellen, was hier gerade das Beste für deine Kinder ist, statt immer nur deine eigenen Befindlichkeiten im Blick zu haben?" Ich begann mich einladend erotisch lasziv zu rekeln, wärehdn sich ein breites Siegerlächeln auf meinem Gesicht ausbreitete. - Denn an die Macht zu kommen, das ging doch ganz leicht. Dafür genügte manchmal schon allein die bloße Willenskraft. Sich an der Macht zu halten, das ging ohne irgendeinen durchdachten Plan hingegen nur selten lange gut....



  • Das war wohl die zu erwartende Reaktion Faustas gewesen. Sie begann dem Iulier zu drohen. Erst wollte sie ihren gemeinsamen Sohn gegen Dives aufwiegeln und anschließend bedrohte sie auch noch seine Adoptivtochter. Und... halt! Gab sie hier nun zwischen den Zeilen etwa auch noch zu, dass Serapio recht hatte; und dass dieser 'Borkan' recht hatte; und dass es letztlich tatsächlich ihr Tun war, dass der syrische Händler nicht mehr lebte?! Dives schluckte. Das konnte doch unmöglich sein! Es hatte doch Bekenner-Graffitis gegeben! Es war doch auch mit Sicherheit nur ein Gerücht von vielen, das seinen Ursprung bei dem Syrer gehabt hatte! Vor allen Dingen aber war Fausta zwar erpresserisch, intrigant und nie um einen Hinterhalt verlegen... aber einen Auftragsmord, den hatte der Iulier ihr bisher eigentlich nicht zugetraut. Ja, sie war berechnend. Aber für eine solche Tat musste man schon kaltherzig sein. Und man musste Kontakte haben... Dives zog sich der Magen zusammen, während er mehr und mehr zum Nachtgespenst wurde, so sehr verlor er an Farbe im Gesicht. Wieder schluckte er.


    Es verging eine gefühlte Ewigkeit, in der Dives einfach nur stumm dakniete. Reglos blickte er seine Ehefrau an, wusste nicht, was er sagen oder denken sollte, wusste nicht, was er tun sollte, erkannte sie nicht mehr. Zugleich musste er sich eingestehen, dass sie in einem Punkt wohl zweifellos recht hatte: Er sollte sich mehr Gedanken machen! Und es sollten Torquata und in allererster Linie sein leiblicher Sohn sein, die dabei Priorität hatten. So schlussendlich löste sich Dives mit einem winzigen Ruck aus seiner Starre und nährte sich mechanisch seiner Frau. Dann schloss er seine Augen und versuchte an seine Tochter und an seinen Sohn zu denken. Sie waren unschuldig und konnten nichts für die Lage, in der sich ihr Vater nun wiederfand. Sie sollten folglich auch nicht die Leidtragenden seiner Fehler sein. Sie waren die Zukunft.
    So lag Dives innerlich abwesend und gedanlich bei seinen Kindern folglich neben seiner Frai und ließ hernach widerstandslos geschehen, was geschah...




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  • Es war inzwischen Spätnachmittag. Vor einigen Stunden war ich in dieses Haus zurück gekommen. Jetzt rechnete ich damit, dass mein Mann bald vom Senat nach Hause kam. Denn der war inzwischen auch wieder hier. In Rom. In der Domus Iulia. Ich hatte zwei Sklaven beim Tuscheln erwischt. (Sie fragten sich, wie er reagierte. Darauf, dass ich jetzt wieder da war. Faule, tratschende Plappermäuler!)


    Mein Entschluss stand fest. Ich wollte ihm erstmal aus dem Weg gehen. Darum hatte ich mich zurückgezogen. Raus aus meinem Büro. Das lag ja direkt neben dem Atrium. Da wär ich wie auf dem Präsentierteller gesessen. Also war ich ein Stockwerk nach oben geflüchtet. In unser Cubiculum. Unser gemeinsames. In dem wir aber seit Ewigkeiten nicht mehr gemeinsam geschlafen hatten. Weil Marcus ja lieber unten im Gästezimmer schlief. Als mit mir in einem Raum. Ich saß also vor meinem Spiegel. Meine Nase war kurz davor, einen Abdruck zu hinterlassen auf dem Glas. Kritisch zupfte ich an meiner Perücke herum. Diesem bescheuerten Ding! Denn ich wusste zwar nicht, ob auch andere das sahen. Aber ich sah es. Von so Nahem sah ich es ganz deutlich. Dass das nicht meine Haaren waren. Dass ich nur eine Perücke auf dem Kopf hatte. Elendiger Prätorianer..!

  • Sim-Off:

    Danke für die Geduld. Ich denke, jetzt ist Bovillae so weit fortgeschritten, dass ich hier nun anzufangen vermag. ;)


    Nachdem Dives zusammen mit seinem Sohn in die Urbs Aeterna zurückgekehrt war, ging er zunächst davon aus, dass seine Frau samt ihrer gemeinsamen Tochter in Misenum weilten. Tatsächlich war er wohl auch einige Zeit noch allein mit seinem Sohn, bevor er davon erfuhr, dass auch Fausta allem Anschein nach in die Domus Iulia zurückgekehrt war. Es geschah an diesem Tag, dass der Iulier selbstredend den sichtbaren Eckmann, der bewusst als Praetorianer erkannt werden sollte, als solchen erkannte und sich einen kurzen Augenblick lang tatsächlich fragte, aus welchem Grund wohl ein Praetorianer vor der Domus Iulia sich derartig positionierte. Dennoch suchte er an diesem Tag _nicht_ das gemeinsame Ehegemach auf, in welchem er seine Gattin wohl vermuten durfte. Denn einerseits redete er sich ein, dass möglicherweise die Mitglieder des stadtrömischen Ältestenrates nach dem entsetzlichen Mord an einem Senator aus Sicherheitsgründen nun besonders geschützt wurden, wie er auf der anderen Seite noch immer eine erhebliche Abneigung gegen seine sergische Frau verspürte und ihr entsprechend nach wie vor lieber aus dem Weg zu gehen intendierte. So schlief er auch in jener Nacht nur in dem ihm inzwischen angestammten Gästezimmer des Hauses.


    Als jedoch einige Zeit später der mit den Iulii befreundete Senator Petilius Sophus, der direkt nebenan wohnte, Dives nach dem Ende einer Senatssitzung auf den ungewöhnlichen 'Schutz' ansprach, zerschlug sich in diesem Augenblick unweigerlich die divitische Erklärung für den auffälligen Praetorianer. Weshalb schließlich sollte die Domus Iulia geschützt werden, die Domus Petilia hingegen nicht, obgleich doch in beiden Häusern Senatoren lebten? Da zu diesem Zeitpunkt bereits sein Cousin Centho mitsamt Familia nach Ostia gereist, sein Großonkel Licinus hingegen noch nicht in Roma angekommen war, blieb dem Iulier nun wohl tatsächlich kaum eine große Wahl. Er sah sich dazu gezwungen, mit seiner ungeliebten Ehefrau zu sprechen. So in der Folge suchte er daher zu früher Abendstunde das gemeinsame Cubiculum auf in der Hoffnung, Fausta hier anzutreffen.


    "Fausta, bist du da?", trat der Ehemann ein, ohne zuvor zu klopfen. Schlussendlich war dies schließlich formal noch immer ihr gemeinsames Gemach, weshalb er eine ankündigende Geste als unnötig empfand. "Wir müssen reden.", kündigte er zudem bereits an, noch bevor er zu sehen vermochte, ob seine Gemahlin überhaupt im Zimmer sich befand.

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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Ich hielt mich also noch eine ganze Zeit lang mit meiner Perücke auf. Eine Art Vorbereitung auf die Einladung, die ich erwartete. (Hatte mir der Foltermeister ja angekündigt.) Und Marcus? Er kam natürlich nicht. Hätte mir ja auch selbst klar sein können. Dass er weiter einen Bogen um mich machte. Warum hätte sich das jetzt auch ändern sollen? Naja. Irgendwann ging ich dann eben ins Bett. Und irgendwann kam dann eben der Tag, an dem ich die angekündigte Einladung bekam. Und am selben Tag (wie es in der Einladung stand) beim Konsul auftauchte.


    Mein Auftritt vor der Ermittlungskommission lief dann.. erst gut.. und später ein bisschen aus dem Ruder. Aber ich war ja auch von Anfang an provoziert worden. Ohne Begrüßung und ohne Vorstellung der Kommissionsmitglieder sollte ich sofort irgendwelche Fragen beantworten. (Von der Prätorianern war sowas ja zu erwarten. Aber von einer Kommission eines Konsuls? Selbst in zwei Jahrtausenden verhörte sicher niemand einen Zeugen, ohne dass der auch wusste, mit wem er gerade redete. Nicht in einem Rechtsstaat.) Und kaum fragte ich also selbst nach, da wurde ich auch gleich das erste Mal vom Konsul angezickt. (Und so weiter. Und so weiter.) Am Ende hatte sich das ganze Theater dann aber trotzdem noch irgendwie gelohnt. Denn ich wusste jetzt, wer dieser Foltermeister war. Und ich hatte einen vortrefflichen Spitznamen für den claudischen Konsul gefunden.


    Kaum zurück in der Domus Iulia zog ich mich ins Schlafzimmer zurück. Ich setzte mich vor meinen Spiegel. War stolz darauf, dass anscheinend niemand meine Perücke bemerkt hatte. (Aber das waren ja auch alles nur Männer gewesen. Frauen hatten da ja mehr einen Blick für solche Details.) Und ich überlegte, was ich mit meinen neuen Informationen als nächstes anstellen konnte. (Davon dass der Claudius schon bald den Senat versuchen würde zu instrumentalisieren, um sich an mir zu rächen. Davon ahnte ich hier jetzt natürlich noch nichts. Leider.) Mitten in meine Gedanken platzte dann unerwartet mein Marcus. "Ja bitte?" Wir mussten reden. "Ach ja? Müssen wir das?" Der Kerl war heute schon der Zweite, der mir vorschreiben wollte, was ich angeblich alles musste. Sogar der Dritte, wenn man die Einladung zum Konsul mitzählte. "Na schön. Dann lass uns reden." Es war ja nicht so, dass ich immer nein sagte. (Der Einladung in die Villa Claudia war ich ja auch ohne Murren gefolgt.) "Lass uns reden darüber, wie deine kleine "Geschäftsreise" so war. Hattest du Spaß in Bovillae?" Ich fixierte Marcus mit meinen Augen, während ich ihm diese provokante Frage vor die Füße warf. (Mir sollte heute nicht nochmal jemand sagen, was ich alles musste und durfte und was nicht!)

  • Dives atmete hörbar aus, als seine Frau auf seine harmlosen Worte deutlich gereizt reagierte und damit die Vorwarnung Minors eindeutig bestätigte.
    "Meine Geschäftsreise war in Ordnung.", wiegelte der Iulier ab, während er dezent die Zimmertür hinter sich schloss. "Und in der Tat war ich sehr erfreut, als auf einmal gänzlich unerwartet und ohne jede Ankündigung unser Sohn auf meiner Türschwelle stand.", setzte er Fausta entgegen und blickte sie ernst an. Bewusst verzichtete er jedoch auf eine Nachfrage dazu, wie sie ihren Sohn hatte weglaufen lassen können. Stattdessen behielt er diese Frage vorerst nur drohend in der Hinterhand, um sie davon abzuhalten, ihn weiter über seinen Aufenthalt in Bovillae zu interrogieren. Denn er war nicht hier, um seine Absenz aus Roma mit ihr zu besprechen. "Er überraschte mich damit beinahe ebenso sehr wie der Praetorianer, der seit kurzem sichtbar die Porta dieses Hauses observiert.", leitete er folglich über. "Da dieser Mann dort erst auftauchte, als auch du von deiner Reise aus Misenum zurückkehrtest, gehe ich stark davon aus, dass hier ein Zusammenhang existiert.", legte er dar. "Gehe ich recht in dieser Annahme?", zeigte sich Dives sichtlich an den Hintergründen interessiert. Denn obgleich er bereits seit längerem keinerlei Sympathien mehr hegte für sie, war Fausta noch immer seine Ehefrau - und vor allem die Mutter seiner Kinder. War sie in Schwierigkeiten, so kamen auch auf ihn unweigerlich einige Schwierigkeiten zu. War er in Schwierigkeiten, so wäre dies wiederum für seine Kinder nicht gut. Bei aller Abneigung gegen seine Frau konnte er über einen Praetorianer vor der Domus Iulia folglich nicht einfach hinwegsehen. Er musste in Erfahrung bringen, was los war - besser heute als morgen.

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  • Was? Der kleine Marc war nach seinem Verschwinden in Misenum am Ende bei seinem Vater in Bovillae wieder aufgetaucht? Unmöglich, dass er das allein geschafft hatte. Absolut ausgeschlossen. Er musste Hilfe gehabt haben! Was also hieß: Sein Ausreißen war vermutlich nicht mal auf seinem eigenen Mist gewachsen. Sondern irgendwer hatte ihm diesen Floh erst ins Ohr gesetzt. Und ihm dann bei seiner Flucht geholfen. Um mir eins auszuwischen! Oh, und ich hatte auch schon eine sehr gute Vorstellung, wer dafür verantwortlich war. (Marcus selbst schied ja irgendwie aus, wenn ihn das überrascht hatte. Aber diese selbstgerechten Nachbarn in Misenum. Die hatten doch nur darauf gewartet, mir mal ordentlich eins auszuwischen. Das würde denen noch Leid tun!)


    Ich sagte erstmal nichts dazu, solange ich nichts gefragt wurde. Viel interessanter war ja auch, dass sich Marcus plötzlich wunderte, dass die Prätorianer das Haus bewachten. Denn das hieß ja: Ups! Da hatte wohl ein Tiberius vergessen, mit meinem Mann zu sprechen. (Schon wieder so ein grob fahrlässiger Fehler. Was waren die Schwarzröcke nur für ein Verein?) Jetzt hatte ich die einmalige Möglichkeit, den Ereignisse meinen eigenen Spin zu geben. Und damit auch stark zu beeinflussen, wie mein lieber Marcus auf die Vorgänge blickte. (Genauso hatte es der Tiberius ja wahrscheinlich auch mit meinem Ex-Patron gemacht. Dessen Brief war ja aus so heiterem Himmel gekommen. Irgendwer musste da vorher mit ihm geredet haben. Über die konstruierten Vorwürfe gegen mich. Irgendwer hatte also mit seinem Spin die Geschichte erzählt. Und damit den Decimus so beeinflusst, dass der das Patronat beendet hatte. Was natürlich nichts daran änderte, dass die Art und Weise vom Decimer trotzdem echt mies war: Ohne Begründung, unpersönlich und ohne die Möglichkeit, dass ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen konnte. So hatte er mich fallen lassen. Nach all den Jahren.)


    Aber jetzt hatte ich ja wenigstens hier meine Chance. "Du willst wissen, was passiert ist, dass ein Prätorianer vor dem Haus steht?" Rhetorische Frage. "Der Trecenarius Aulus Tiberius Verus ist passiert." Den Namen schmierte ich ihm aber als allererstes gleich mal aufs Brot. "Ich wollte mit unseren Kindern nach Misenum, um sie davon abzulenken, wie sehr sie dich vermissen." Das war natürlich ein bisschen geflunkert. Aber wie gesagt: Wenn ich schon die Chance hatte, als erstes ihm davon zu erzählen. Dann bekam die Geschichte natürlich auch meinen Spin! "Und dann steht eines Morgens plötzlich eine ganze Truppe irgendwelcher Prätorianer in meinem Haus. Keiner konnte mir sagen, was sie von mir wollten. Keiner hat mir die Möglichkeit gegeben, mich von Faustinchen zu verabschieden. Man hat mir nur einen Sack über den Kopf gestülpt und mich aus meinem eigenen Haus entführt!" Unvorstellbar, oder? "Bis hier nach Rom hat man mich verschleppt. Da hat man mich dann in die Casa Sergia gebracht. Aber nicht zu meiner lieben Base Severa. Sondern zum Trecenarius Aulus Tiberius Verus." Der Name sollte sich ruhig schön einprägen. "Der hatte das Haus nämlich in Beschlag genommen, während Severa nicht da war. Und er hat es durchsuchen lassen, hat einer der Sklaven später erzählt. Keine Ahnung, ob er geglaubt hat, dass ich irgendwie da wohne." Ich schüttelte den Kopf. Denn was auch immer die Prätorianer da beschlagnahmt oder kopiert hatten. Es war definitiv nix von mir. Dafür wohnte ich ja schon viel zulange hier. In der Domus Iulia. (Was fast genauso leicht herauszufinden war wie der Name meiner Mutter. Und dass ich über sie eine Base meiner helvetischen Vettern war. Aber das nur so am Rande.)


    Zurück zum Wesentlichen. "Wie eine Hochverräterin hat er mich verhört. Hat mir vorgeworfen, ich könnte etwas mit diesem blöden Sklavenaufstand zu tun haben. Kannst du dir das vorstellen? Ich? Mit irgendwelchen Sklaven?" Da kannte mich Marcus hoffentlich besser! "Ständig wollte er, dass ich zugebe, eine Christianerin zu sein. Immer wieder hat er damit angefangen. Obwohl ich sogar angeboten habe, Iuppiter zu opfern! Aber das hat ihn alles nicht interessiert. Er wollte, dass ich eine Christianerin bin. Und er wollte, dass ich irgendwie Schuld an diesem dämlichen Aufstand habe. Weil das angeblich zwei Zeugen so gesagt haben." Ich schüttelte entschieden den Kopf. "Genauso hat er aber auch gesagt, dass er meine Kinder in seiner Gewalt hätte. Und wo unser Sohn war, das weiß ich ja jetzt!" Die Lüge war nun aufgeflogen. Und ich benutzte sie sofort, um die Glaubwürdigkeit vom Tiberius zu schwächen. "Er hatte die ganz kuriose Idee, dass meine helvetischen Vettern Commodus und Varus oder ich irgendwie von diesem Aufstand profitiert hätten. Ich meine, ernsthaft? Ich hab genug Geld. Und auf dem Palatin profitiert ganz sicher keiner davon.. erst recht kein Prokurator, wenn ringsherum ein Aufstand tobt." Völlig absurd. "Und Commodus? Der nach seinem Erbe vom Senator Helvetius Geminus auch reich genug ist? Der nach dem Tod vom Cornelius am eigenen Leib erfahren hat, wie sch..lecht es ist, wenn man in unruhigen Zeiten Karriere machen will?" Genauso unglaubwürdig. "Und Varus? Dem seine Weinreben sogar wichtiger sind als die Erhebung in den Ritterstand?" Schon unter meinem Vorgänger-Prokurator war er Ritter geworden. Und hatte trotzdem immer noch nicht sein erstes Ritteramt angetreten. "Ausgerechnet der soll sich aber plötzlich so brennend für alles interessieren, dass er einen Aufstand unterstützt? Wozu?" Das machte alles keinen Sinn.


    Ich schüttelte mit Nachdruck den Kopf. Schluchzte. Und konnte mir sogar eine kleine Träne abringen. "Am Ende hat mich dieser Kerl sogar misshandelt, Marcus!" Noch ein Schluchzen. "Er hat zugegeben, dass sich jeder Verdacht gegen mich zerschlagen hat." Sogar vor mehreren Zeugen. "Und er hat mich trotzdem misshandelt." Wieder ein Schluchzen. "Er hat mir gedroht, dass ich sterbe. Wenn ich irgendwem das alles erzähle." Ich stand auf von meinem Platz vor dem Spiegel. "Er hat meinen Patron dazu gebracht, dass er sich von mir trennt." Konnte ich nicht beweisen. Machte ja aber Sinn. Und passte top ins Bild. "Damit ich ganz allein bin." Ich ging einige Schritte auf Marcus zu. Kam erst kurz vor ihm zu stehen. Ich sah auf den Boden. "Damit ich niemanden mehr hab." Ein schneller Kontrollgriff mit meiner rechten Hand: Die Partie zwischen Auge und Nase war von Tränen feucht. So sah ich dann zu Marcus auf. "Dieser brutale Trecenarius Aulus Tiberius Verus." Noch ein Schluchzen. Dann meinen Blick von Marcus abgewandt. Und langsam zog ich mir die Perücke vom Kopf....

  • Mit stoischer Miene verfolgte Dives den Redeschwall seiner Frau. Sie erzählte von ihrer Reise nach Misenum, einer angeblichen Verschleppung durch die Praetorianer sowie einem Verhör in der Casa Sergia durch die deren Trecenarius. Dabei fiel dem Iulier durchaus auf, dass Fausta keine Zeugen für ihre Behauptungen nannte. Von ihrer gemeinsamen Tochter Faustina hatte sie sich nicht verabschieden können, sagte sie und disqualifizierte das Kind damit, die Verschleppung zu bestätigen. Ihre Cousine Sergia Severa war indes ebenfalls nicht anwesend, als das erwähnte Verhör stattgefunden haben sollte, womit in der Folge auch sie nicht geeignet war, diese Aussage zu bestätigen. Stattdessen würde Fausta mutmaßlich einzig ein paar sergische Sklaven als Zeugen für ihre Geschichte benennen können. Doch wollte der Senator tatsächlich einem Sklaven trauen, der - in Misenum - in den Diensten Faustas stand oder - in der Casa Sergia - im Zweifel derart von Fausta unter Druck gesetzt und manipuliert worden war, dass er jede beliebige Lüge als Wahrheit verkaufen würde?


    In der Tat hatte Dives durchaus seine Zweifel daran, dass - abseits der Reise nach Misenum, von der auch Minor erzählt hatte - irgendetwas Vergleichbares passiert war. Denn zwar wollte der Iulier nicht vollkommen ausschließen, dass seine Frau, die ihm gegenüber bereits indirekt einen Auftragsmord an einem syrischen Händler zugegeben hatte, schlussendlich auch im vergangenen Sklavenaufstand ihre Finger mit im Spiel gehabt hatte. Doch ihre Argumentation schien zumindest im ersten Augenblick schlüssig, während der Senator zudem kein Motiv erkennen konnte, mit welchem Ziel und Interesse seine Frau sich hätte an diesem Aufstand beteiligen sollen. Ihren Auftragsmord an dem syrischen Händler hingegen hatte sie dereinst recht deutlich begründet. Sie hätte ihre gemeinsame Familie vor einem Ansehensverlust bewahren wollen. Auch das war gewiss nicht die überzeugendste Begründung - insbesondere, da ein entdeckter Auftragsmord wohl weit größeren Schaden an der Familia verursacht hätte als das Gerede eines geschwätzigen Händlers. Doch im Falle dieses Sklavenaufstandes nun, wollte Dives nicht einmal ein abwegiges Motiv sich präsentieren. Und ohne Motiv, weshalb sollten die Praetorianer seine Frau in dieser Art aus Misenum verschleppen und verhören sollen? Selbst im Falle zweier Zeugenaussagen gegen sie schien es dem Iulier, als wäre er als Ehemann wohl zwangsläufig vor seiner Frau zu verhören gewesen.


    So hegte er denn also keinen Zweifel an ihrer Argumentation. Stattdessen jedoch bezweifelte er, dass eine Verschleppung samt anschließendem Verhör je stattgefunden hatten. Der Praetorianer stand folglich gewiss nicht deshalb vor der Domus. Fausta verschwieg etwas. Sie hatte zweifellos wieder irgendeine Intrige gesponnen und erwartete nun, dass Dives darauf hereinfiel. Möglicherweise intendierte sie, nach ihrer Klage gegen Sedulus und der resultierenden Schädigung der iulisch-germanicischen Beziehungen nun auch die guten Bande zwischen Iuliern und Tiberiern ins Visier sich zu nehmen. Diese Erklärung schien dem Senator doch weitaus plausibler als die Verschleppung einer Senatorengattin und ihr anschließendes Verhör zu einer dubiosen Beteiligung am jüngsten Sklavenaufstand. Erst als Fausta in ihr Haar griff, zu offenbaren, dass jenes nur eine Perücke war, wich der skeptische Gesichtsausdruck des Iuliers einem deutlich überraschten. Würde sich seine Frau gar an ihrem eigenen Körper vergehen, um eine Intrige zum Erfolg zu führen? Dives zögerte.


    "Ich glaube dir nicht.", schüttelte er schlussendlich aber dennoch seinen Kopf.

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  • Bitte..?!? Er glaubte mir nicht. Kalt wie ein Fisch ließ er mich hängen. Genauso wie vorher schon mein Patron. Ich war mit einem Wort: Fassungslos. Bedeutete denn heute gar nichts mehr etwas? Ein Patron, der kein Interesse daran hatte, seine Klienten irgendwie vor falschen Anschuldigungen zu schützen? Ein Ehemann, dem es ganz egal war, dass ich von einem Soldaten misshandelt worden war? Dieser Tiberius hatte mich doch eiskalt verletzt! Nicht nur in meiner Ehre, als er mich aus meinem eigenen Haus verschleppen ließ. Sondern ja wohl auch richtig körperlich.. mit sichtbaren Spuren! Warum sonst musste ich eine Perücke tragen? Weil man es sehen konnte, was der Kerl getan hatte!


    Ich ließ meine Perücke fallen. Sie rutschte mir einfach durch die Finger. "Aber du musst mir glauben!" Eine Forderung, die fast schon ein bisschen flehend klang. Denn ich kam mir langsam wirklich immer isolierter vor. Mein Sohn rannte weg. Mein Patron löste sich von mir. Mein Mann glaubte mir nicht. Obwohl er die Beweise hier direkt vor sich hatte. Wer blieb mir da noch? Meine helvetischen Vettern, von denen ich schon wer-weiß-wie-lange nichts mehr gehört hatte? Sicher nicht. Selbst mein Onkel Kaeso Annaeus Modestus war ja inzwischen gestorben.. (Oder vielleicht sogar gestorben worden. Denn zuletzt war er ja mit einer aus dieser Duccier-Sippe verheiratet gewesen. Und dann starb erst mein Onkel. Und gar nicht soo viel später dann auch sein Sohn. In viel zu jungen Jahren. Sehr mysteriös. Vor allem, falls diese Frau da immer noch bei den Annaern gewohnt hätte. Bei denen sie ja nix und gar nix mehr verloren hatte, seit mein Onkel tot war und sie eine Witwe!) "Hier!" Ich ging auf die Knie. "Ich werf mich vor dir auf die Knie! Und ich schwöre auf den Stein des Iuppiter, dass dieser Trecenarius Aulus Tiberius Verus mich misshandelt hat." Nur Worte und Gesten. Die überzeugten Marcus jetzt bestimmt auch nicht großartig.


    Aber was konnte ich sonst noch machen? "Bitte. Du musst mir glauben! Du musst Marc zurück nach Bovillae schicken. Und Faustinchen am besten auch." Die war ja noch in Misenum. (Das hatte ich bis heute natürlich auch herausgefunden.) "Du musst die beiden auf dein Anwesen schicken. Weg aus Rom. Und weg von mir." Es konnte jeder von mir halten, was er wollte. Aber das tat selbst mir ganz tief drinnen weh. Zu wissen, dass meine Kinder in meiner Nähe zur Zeit einfach nicht sicher waren. Nicht solange dieser Tiberius so eine Gefahr darstellte. Dann setzte ich mich mit meinem Po auf meine Fersen. Die Anspannung in meinem Körper fiel ab. Denn: "Und du solltest wissen, dass dieser Trecenarius Aulus Tiberius Verus auch gegen dich ermittelt hat, Marcus." Das fiel mir ganz plötzlich wieder ein. "Denn ich hab ihm bestimmt nichts gesagt. Von deinen gewissen.. Vorlieben." Und das war die Wahrheit. "Ich bin nicht mal darauf eingegangen, als er das angesprochen hat." Auch das war die reine Wahrheit. "Denn ich hab nichts davon, wenn das rauskommt: Du würdest dich trennen. Ich bräuchte einen neuen Ehemann. Ich würde meine Kinder.." verlieren. Genauso wie ich sie ja jetzt schon verlor. Indem ich sagte, dass sie beide nach Bovillae sollten. Ich schluchzte. Versuchte, zu viel Emotionalität zu unterdrücken. "Du willst wissen, was passiert ist, dass ein Prätorianer vor dem Haus steht?" Meine Frage von vorhin wiederholt. Nur diesmal nicht kämpferisch sondern ruhig. Um Fassung bemüht. "Der Trecenarius Aulus Tiberius Verus ist passiert."

  • Eine gefühlte Ewigkeit verging. Still und stumm stand Dives da und sah Fausta aus leeren Augen an, während er die Flut an Gedanken in seinem Kopf zu ordnen versuchte. Der Iulier bemühte sich darum, auszublenden, wie offenkundig unterwürfig sich seine Ehefrau hier gerade zeigte. Denn ein solches Verhalten war zwar gewiss alles andere als ihre gewöhnliche Art. Dennoch mochte auch dies unter Umständen nur eine raffinierte Finte sein - Dives unbemerkt einzuwickeln, indem sie für einen kurzen Augenblick aus ihrer Rolle fiel. Und derart oft, wie der Iulier bereits gutherzig anderen Vertrauen geschenkt hatte, welches im Anschluss sodann bitter enttäuscht worden war, wollte er sich gewiss nicht noch einmal gutgläubig und naiv täuschen lassen. Er fokussierte sich in der Folge also nach Kräften auf die vorliegenden Fakten:


    Unbestreitbar fakt war wohl, dass Fausta mit den gemeinsamen Kindern nach Misenum reisen wollte. Das hatte sie behauptet. Und das passte auch mit den Erzählungen Minors zusammen. Ebenfalls unbestreitbar fakt war wohl, dass Fausta in irgendeinem Konflikt mit den Praetorianern stand. Noch immer hegte Dives seine Zweifel daran, dass dies irgendetwas mit dem Sklavenaufstand zu tun haben könnte, da ihm dergleichen weiterhin recht abwegig erschien. Doch der Praetorianer vor der Domus Iulia machte klar, dass irgendein Konflikt existierte - und gar zwangsläufig existieren musste, da nach Ausschluss aller anderen Optionen, die letzte verbleibende nach den mathematischen Gesetzen der Logik notgedrungen wahr sein musste. Möglicherweise gab es ja einen Zusammenhang zwischen Faustas Freistellung als Procuratrix und der Präsenz der Praetorianer? Der Senator wusste es nicht und konnte entsprechend nur darüber spekulieren. Doch bevor er sich in solchen Gedankenspielen erging, bemühte er sich erneut um Konzentration auf die Fakten. Denn unbestreitbar fakt war wohl auch, dass Fausta selbst in der aktuellen Situation und Lage neuerlich bestrebt zu sein schien, die gemeinsamen Kinder aus Roma zu schaffen.


    Es erhärtete sich der iulische Eindruck und Verdacht, dass Fausta tatsächlich Angst hatte. Ihre Geschichte über die Perücke mochte der Wahrheit entsprechen oder aber zum Zwecke der Übertreibung - auf dass Dives ihrer Geschichte mit größerer Wahrscheinlichkeit Glauben schenkte - frei erfunden sein. Doch wie dem auch war, schien seine Ehefrau im Kern wohl wahrlich um das Wohlbefinden ihrer Kinder besorgt. Dies wiederum besorgte selbstredend auch den divitischen Ehemann und Vater seinerseits. Denn mit den Praetorianern vor dem Haus und einer Erpesserin und Auftragsmörderin, die sich nun offenbar sehr um das Wohl ihrer Kinder sorgte, musste die Lage zweifellos überaus ernst sein - ja, ernster als nur ernst:


    Denn was Fausta nachfolgend offenbarte, riss dem divitischen Senator sodann gänzlich den Boden unter den Füßen weg, beraubte ihn im Bruchteil eines Wimpernschlags seiner über Jahre aufgebauten, mittlerweile doch recht kontrollierten Fassade und zerstörte augenblicklich jeden iulischen Stolz und jede Dives innewohnende senatorische Würde. Sie erklärte ihm, dass sein intimstes Geheimnis nicht länger geheim und im Gegenteil faktisch gar so gut wie öffentlich war! Denn wo der Iulier bisher stets einigermaßen hatte kontrollieren können, wer über seine im elitären Kreis der Senatoren mit sehr viel Glück vielleicht noch gerade so tolerierten, mitnichten jedoch akzeptierten Neigungen Bescheid wusste und wer nicht, da fehlte ihm von nun an augenscheinlich jedwede Handhabe. Seine weitere Karriere im Senat schien damit zwangsläufig in just diesem Augenblick beendet. Denn er war mit dieser Entwicklung nun mehr als offensichtlich erpressbar geworden, solange der Tiberier und seine Praetorianer schwiegen. Und er würde stante pede unwählbar werden, sobald der Tiberius und seine Praetorianer ihr Schweigen brachen. Wie man es auch drehte und wendete, die divitische Stellung war dahin. Der große Traum des Soldatensohnes war ausgeträumt. Es war vorbei...



    Einst hatte Germanicus Aculeo die Neigung des Iuliers erkannt. Treu bis zum letzten Atemzug hatte er dieses Geheimnis anschließend bewahrt und damit in höchstem Maße bewiesen, welche große und tiefe Freundschaft sie verband. Später hatte sich Dives auf eine Liebschaft mit Decimus Serapio eingelassen und sein Geheimnis damit unweigerlich auch ihm anvertraut. Der hatte dieses Vertrauen letztlich missbraucht, als er seiner quintilischen Verlobten die divitische Sexualität förmlich auf die Nase band. Anschließend war es einzig ebenjener Quintilia und ihrer unglaublichen Güte zu verdanken, dass sie vor den Göttern versprochen hatte, dieses Geheimnis ihrerseits deutlich besser zu bewahren als ihr Verlobter. So blieb schlussendlich also nurmehr Fausta, die zunächst die iulische Achillesferse erkannt und hernach sogleich damit begonnen hatte, dieses Wissen für ihre eigenen Zwecke einzusetzen. Für ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg zur Senatorengattin hatte sie Dives in diese Ehe gedrängt und erpresst. Ihr anfängliches Versprechen, ihm dabei seine Freiräume zu geben, hatte sie anschließend gar mehr als nur einmal - und vermutlich schlicht zum eigenen Vergnügen - gebrochen. Der Iulier mochte nicht zurückdenken an die freudlosen Nächte, in welchen er trotz eigenem Unwillen dennoch Sex haben musste mit seiner Frau. Und angesichts ihres augenscheinlichen Konflikts mit den Praetorianern war es letztlich, dies schien dem Senator nur naheliegend, wohl auch in dieser Situation wieder einmal sie gewesen, die trotz ihrer Beteuerungen des Gegenteils die Quelle gewesen war, aus welcher der tiberische Trecenarius nun über die divitischen Neigungen ins Bild gesetzt worden war.


    "Ich werde Marc und Faustina nach Bovillae bringen. Dort werde ich persönlich ein Auge auf ihre Sicherheit, ihr Wohlbefinden, ihre Ausbildung und alles Übrige haben, was sie betrifft.", erklärte Dives mit knappen Worten ruhig aber bestimmt. "Wie du dein weiteres Leben gestaltest, ist mir indes egal. Es war mir gleich seit dem Augenblick, in welchem du mir von deiner Verbindung zum Tod dieses syrischen Mercators erzähltest. Daran hat sich heute nichts geändert und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Du hast deine Familie damals verraten und um ein Haar in den Abgrund gestürzt. Und du zeigst, dass es auch heute alles andere als sicher ist für deinen Mann und deine Kinder, sich in deiner Gegenwart aufzuhalten.", sprach der Iulier bitter und schüttelte den Kopf. "Du kannst weiter als meine Ehefrau hier wohnen oder dich scheiden lassen oder dich still und leise auf dein Landgut zurückziehen. Solange du - nicht zuletzt für ein unbeschwertes Leben unserer Kinder - einen großen Bogen um Bovillae machst, ist mir das alles egal.", war Dives offenkundig an einem Punkt angelangt, an welchem er einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen bereit war. Denn seine Karriere konnte er wohl eh kaum noch retten. Diese Ehe war ohnehin nie seine Idee gewesen, sodass er es Fausta überließ, darüber zu befinden. Es blieben ihm einzig und allein seine Kinder. Und auf diese wollte er sich nun voll und ganz konzentrieren und ihnen seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lassen.


    "Deinen Krieg gegen den Trecenarius Tiberius und seine Praetorianer, den führe du indes ohne mich. Denn ich gehe davon aus, dass du mich an ihn verraten hast, damit ich dir nun zur Seite stehe und dich gegen ihn unterstütze.", äußerte er seinen Verdacht. "Und ich gehe davon aus, dass der 'gute' Aulus Tiberius Verus hinter meinem Rücken Ermittlungen gegen meine Familia anstellt, um sich auf diesem Wege für meine gutmütige Empfehlung zu bedanken, die ich auf Bitten meines nunmehr also ehemaligen Verbündeten Tiberius Lepidus aussprach.", erkannte Dives an dieser Stelle jedoch nicht nur den sergischen Verrat. "Ich wünsche euch daher beiden viel Vergnügen bei eurem Zwist. Vale bene.", beendete er schlussendlich mit maßloser Enttäuschung in der Stimme seine Respons und verließ sodann den Raum. Es sollte das letzte Mal sein, dass er seine ungeliebte Gemahlin sah und mit ihr sprach. Dennoch verspürte er kaum Trauer sondern vor allem Erleichterung, als er mehrere Wochen später in Bovillae - im Beisein seiner beiden süßen Kinder, die somit fortan Halbwaisen waren - von Faustas plötzlichem Tod erfuhr.

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