Auf und davon - Zwei Sklaven auf der Flucht

  • Als sein Helfer sich vor ihm auf den Boden warf, nahm der hirte dies lediglich zur Notiz, verzog etwas das Gesicht und machte dann nur. "Schade!" Eine Weile beobachtete er ihn noch, wie erledigt er da lag. Dann nahm er sich einige Weidenzweige und begann diese miteinander zu verflechten. "Bist wohl nichts Gutes gewöhnt, was? Wo kommt ihr beide eigentlich her? Lass mich raten, aus der Stadt!" Jemand der zwei linke Hände hatte, kam bestimmt aus der Stadt, dachte er verächtlich.
    Nach einiger Zeit war sein Flechtwerk fertig, bereit es gegen die kaputten Teile der Einzäunung auszutauschen. "Auf, komm!" Er hoffte darauf, dass Linos ihm "wenigstens" dabei helfen konnte.


    Unten in der Hütte herrschte eine gespannte Stimmung. Die Frau des Hirten hatte bisher kein einziges Wort mit mir gewechselt. Sie hatte nicht mal Danke gesagt. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich fragte sie etwas. Irgendetwas, damit wir ins Gespräch kamen. "Habt ihr auch Kinder?", fragte ich. Aber schnell begriff ich, dass das die falsche Frage gewesen war. Die Frau schaute mich nur ausdruckslos an und bellte dann: "Was geht dich das an?" Ich ärgerte mich, dass ich überhaupt den Mund aufgemacht hatte und stopfte weiter das Loch in einer Tunika.


    So verging der Tag. Als langsam die Sonne zu sinken begann, hoffte ich nur Linos wäre bald wieder zurück. Die Frau hatte aus dem Gemüse einen Eintopf gekocht. Polternd ließ sie einige Holzlöffel auf den Tisch sausen. Endlich ging die Tür auf! Ich hörte nur die Stimme des Hirten, dann sah ich ihn auch. Aber was war mit Linos?

  • Was sollte das denn heißen, nichts gutes gewohnt? „Ja wir kommen aus der Stadt“, antwortete ich brummig. So wie der das sagte hörte es sich wie ein Verbrechen an. Halb interessiert und halb beleidigt schaute ich ihm bei seiner Arbeit zu. Ich hatte versprochen zu helfen, also stand ich auf und versuchte mein Bestes bei dem Austausch.
    Auf dem Rückweg dachte ich nochmals über unsere Situation nach. Wie ich Caelyn kannte und die Alte einschätzte, hatte Caelyn bestimmt trotz ihrer verwundeten Füße ganz schön gearbeitet. Ich hatte das zeug zusammen gebunden, den Berg hoch geschleppt und geholfen bei dem Austausch. Unsere Arbeit war weit mehr Wert als ein Essen und eine Nacht unter einem Dach.
    Weniger grübeln und mehr auf den Weg achten wäre bestimmt ratsam gewesen. Wie es genau geschehen war wusste ich auch nicht. Plötzlich befand ich mich im freien Fall abwärts. So schnell unten am Fuße des Berges anzukommen hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Unten angekommen rappelte ich mich langsam hoch und tastete alle schmerzende Stellen ab. Außer Prellungen und Schürfungen konnte Gott sei dank, ich keine ernsthaftere Verletzungen feststellen. Nun konnte ich wieder ein Stück den Berg hoch klettern. Wütend klopfte ich meine Tunika sauber, wobei mir der Geruch eines Feuers in die Nase stieg. Neugierig schaute ich mich um, wirklich gar nicht weit entfernt sah ich einen Karren stehen und daneben brannte ein kleines Feuer, davor hockte ein großer hagerer Kerl und starrte zu mir rüber. Ich der ich nicht der mutigste war, machte dass ich eiligst wieder berauf kam.

  • Die Frau ging nach draußen zu ihrem Mann. Ich hörte nur, wie beide heftig stritten. Sie bemühten sich zwar leise zu sprechen, so dass ich nur Fetzen hören konnte, um was es ging. Dennoch konnte ich mir denken, dass wir der Grund für ihren Streit waren. Meine Kehle schnürte sich zusammen. Am liebsten hätte ich laut geschrien und wäre davon gelaufen. Was war nur mit Linos? Warum kam er nicht endlich herein? Was ich jetzt genau wusste war, dass ich schnellstens hier weg musste. Mit oder ohne Linos. Ich traute den beiden kein bisschen. Wenn sie rauskriegten, dass wir zwei entlaufene Sklaven waren, würde die garantiert die Ersten sein, die uns verraten würden.
    Plötzlich fuhr es mir heftig in den Magen, als ich mir vorstellte, dass der Hirte längst schon herausbekommen hatte, was Linos war. Vielleicht hatte er ihn schon verraten und… oh nein, das wollte ich mir gar nicht vorstellen!

  • Als ich keuchenden oben an kam konnte ich gerade noch rechtzeitig abbremsen ehe ich aus dem Schatten eines Baumes hervortrat. Ich hörte die streitend unterdrückte Stimmen unserer beiden Gastgeber. Das war nicht gut. Die Alte will bestimmt Geld aus uns machen wir mussten weg. Doch wie sollte dies möglichst unauffällig geschehen? Zuerst bettelten wir um Unterkunft und jetzt zum Abend wollten wir weg?
    Nach einem weiteren Augenblick des Überlegens kam mir eine Idee, vielleicht würde es so gehen.
    Da sich mein Atmen inzwischen etwas beruhigt hatte, mimte ich jetzt aufs neue den Atemlosen und kam an dem Baum vorbei gekeucht, in das Blickfeld der Beiden, die wohl gerade in die Hütte wollten und trat auf sie zu. Verlegen grinsend meinte ich: „Der Absturz hat sich gelohnt. Außer blauen Flecken habe ich eine Mitfahrgelegenheit gefunden. So leid es mir tut nur müssen wir heute Abend schon los. Der Typ hat es eilig und will nicht bis zum Morgen warten..“ Inzwischen waren wir drinnen, Caelyn musste alles gehört haben, denn ich sah ein kurzes freudiges Grinsen in ihrem Gesicht. Sicherheitshalber und für die Beiden wiederholte ich kurz: „ Wir müssen leider schon jetzt los ich habe eine Mitfahrgelegenheit aufgetan.“

  • Ich platzte bald vor Anspannung. Oder war es einfach nur pure Angst? Auf jeden Fall starrte ich wie gebannt auf die Tür. Ich fragte mich, ob der Hirte und seine Frau etwa ausheckten, wie sie ein ordentliches Sümmchen für uns herausschlagen konnten. Aber wie zum Henker hatten sie es herausgekriegt? Sah man es uns an, dass wir auf der Flucht waren? Oder waren es die Striemen auf meinen Fußsohlen gewesen?
    Als ich mir schon vorstellte, wie man mich Sermo wieder zurückbrachte, nahm ich endlich Linos Stimme wahr. Kurz darauf erschien er auch an der Tür. Ich begriff erst gar nicht, was er da sagte. Ich war einfach nur froh! Und eigentlich war es kein Grinsen, das ich ihm zuwarf. Es war ein Blick der Erleichterung. Was er dann noch sagte, sei es mit Worten oder Gesten, ließ mich keine Minute mehr länger mehr hier ausharren. Auch wenn meine Füße dabei wehtaten, sprang ich auf und kam ihm entgegen.
    Wahrscheinlich, waren unsere Gastgeber einfach zu überrumpelt gewesen, um uns aufzuhalten. Der Hirte rief uns noch etwas hinterher, was wir aber tunlichst ignorierten.
    Als wir schon etwas gegangen waren, verlangsamte ich meinen Schritt. "Sag mal, was ist denn da draußen passiert? Hast du wirklich jemanden gefunden, der uns mitnimmt? Ach, ich bin so froh, dass du da bist! Ich dachte schon, die beiden hätten rausgekriegt, dass… Ach Mist, jetzt stehen wir wieder ohne was da. Keine Vorräte, kein Brot, kein Essen! und Dafür haben wir den ganzen Tag geschuftet!" Mir liefen die Tränen an den Wangen herunter, vor Enttäuschung, vor Wut und auch ein bisschen vor Verzweiflung.

  • Nach einem gewissen Abstand zu der Hütte atmete ich erleichtert durch. Das hatte ja gut geklappt, so plötzlich und unerwarte waren wir aus der Hütte gestürmt,so dass die beiden nur noch dumm hinter uns herschauen konnten.
    Gerade als ich ansetzen wollte um Caelyn eine Erklärung zu liefern, brach aus ihr wohl die Verzweiflung heraus. Hilflos stand ich ihr gegenüber. Verstehen konnte ich es ja, die Plackerei des Tages war umsonst gewesen. Jetzt brach die Dunkelheit herein und wir standen vor dem nichts.
    Diesen Anblick konnte ich nicht lange ertragen, obwohl ich so etwas noch nie gemachte hatte, umfassten meine Arme sie plötzlich tröstend und ich drückte sie fest an mich. Es erinnerte mich an meine Kindheit, meine Mutter oder Andromache, unserer Köchin hatten mich auf diese Art getröstet. Leise murmelte ich: „Alles wir gut“ und strich über ihre Haare.
    Später erzählte ich ihr kurz wie mein Tag verlaufen war, von meinem Absturz und dass ich unten einen Händler gesehen hatte. „Vielleicht sollten wir sehen, dass wir vor der totalen Dunkelheit unten sind, dort war soviel ich mich erinnere ein Weg. Wir können dann dort überlegen ob wir weiter gehen oder bis zum Morgen warten“, schlug ich Caelyn vor. Ich hatte Angst, wenn wir bei Dunkelheit auf dem Berg rumstolperten, würde sie mir noch hinfallen.

  • Ja, alles würde gut werden! Auch wenn ich inzwischen schon daran zu zweifeln begann, wollte ich doch fest daran glauben. Diesmal würde alles gut werden. Zum ersten Mal in meinem Leben.
    In dieser Nacht liefen wir nicht weiter. Unterhalb eines kleinen Felsens fanden wir einen geschützten Platz zum übernachten. Eng umschlungen schliefen wir irgendwann ein, als die Müdigkeit stärker wurde als der Hunger und die Verzweiflung. Der nächste Tag und auch die Tage danach verbrachten wir damit, einfach weiter zu laufen. Nur diesmal versuchten wir, vorsichtiger zu sein. Wir mieden jede noch so kleine Ansiedlung und jede Straße. Der Wald bot uns Unterschlupf und auch Nahrung. Wir pflückten uns Beeren und sammelten Nüsse. Manchmal gelang es uns, in einem Bach einige Fische zu fangen, die wir dann über einem kleinen Feuer brieten. Mit der Zeit lernten wir, mit den Entbehrungen zu leben. Auch wenn es manchmal schwer fiel, gerade dann, wenn der Hunger am schlimmsten war. Aber das war nun mal der Preis für die Freiheit, den wir zu zahlen hatten. Wir trösteten uns damit, dass es eines Tages wieder besser werden würde. Irgendwann!

  • Mit der Geburt eines Kindes oder der Schwangerschaft einer Frau kannte ich mich wirklich nicht aus. Doch in den letzten Wochen hatte ich voller Sorge die Veränderung bei Caelyn beobachtet. Einen dicken Bauch hatte sie ja schon als ich sie kennen lernte, doch er war gewachsen und wuchs immer weiter, wie lange würde das noch gut gehen? Ihr Gang veränderte sich auch, dieses mal lag es nicht nur an den Füßen, es lag bestimmt an dem Ausmaß ihres Bauches. Sie blieb auch häufiger stehen und schnappte nach Luft, wobei ihre rechte hand dann oft den Rücken abstützte.
    Ich bekam langsam wirklich Panik, die Gegend wurde immer einsamer, abgesehen davon, dass wir die Ansiedlungen mieden.
    Des Öfteren ertappte ich mich dabei, dass ich lauschend da stand, denn mir war eingefallen, ich hatte irgendwo gehört, in den Wäldern Germaniens solle es Bären geben. Mir steckte noch der Schrecken von dem Wildschwein in den Knochen, einem Bären wollte ich nun wirklich nicht begegnen. Vielleicht waren wir aber schon in Gallien und wussten es noch nicht, ob es dort Bären gab wusste ich nicht. Doch wieso sollte es nicht so sein, denn Bären hatten doch keine Ahnung von Grenzen.
    Ein Glück für uns war es, dass außer ein paar Gewitterregenschauer, es doch trocken war und die Sonne recht häufig schien. So schafften es dann und wann, Sonnenstrahlen die dunklen Wälder zu erhellen. Besonders angenehm war dies, wenn wir wie gerade, auf einer Waldlichtung eine Pause einlegten. Eben noch hatte ich Caelyn geholfen sich an einem Baum nieder zu lassen, nun war ich unterwegs auf Nahrungssuche.
    Plötzlich stieg mir der Geruch von Feuerrauch in die Nase. Noch schnuppernd hörte ich es hinter mir knacken, fast zeitgleich hörte ich wie Caelyn mich rief.
    Wie ein Wirbel flog ich herum und rannte in ihre Richtung. Zweige und Äste die mir den Weg versprechen wollten beachtete ich nicht weiter und kam mit Herzklopfen bei ihr an.
    Dies hatte ich aus Panik, ihr könnte etwas zugestoßen sein.

  • Irgendwann hatte ich aufgehört, die Tage zu zählen seit wir unterwegs waren. Vielleicht waren es schon drei oder vier Wochen. Richtig bewusst wurde mir die Zeit erst, als ich eines Tages so komische Schmerzen in der Leistengegend verspürte. Erst nahm ich das nicht so wichtig, weil mir so ziemlich alles weh tat. Für jede Pause, die wir einlegten, war ich dankbar. Aber wir konnten es uns nicht leisten, irgendwo länger zu bleiben.
    Als diese seltsamen Schmerzen immer häufiger kamen, vermutete ich mal, dass es vielleicht etwas mit der Schwangerschaft zu tun hatte. Wahrscheinlich war es bald soweit. Eigenartigerweise blieb ich da ziemlich ruhig, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie man so ein Kind zur Welt brachte.
    Linos hatte mich zurück gelassen. Er wollte was zu essen besorgen. Hoffentlich war er diesmal erfolgreicher, denn ich war nicht besonders scharf auf Regenwürmer oder irgendwelche Nager. Wenn man aber fast vor Hunger starb, dann aß man irgendwann auch das.
    Wieder hatte ich diese Schmerzen, die immer stärker wurden. Dann spürte ich plötzlich auch noch etwas nasses zwischen meinen Beinen. Verdammt, jetzt auch das noch! Als dann auch noch Linos angerannt kam und ich vor Scham beinahe versunken wäre, platzte es aus mir heraus. Ich schrie den armen Linos einfach an. "Hau ab, lass mich in Ruhe! Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr! Ahhhh!" Der arme Kerl wusste wahrscheinlich gar nicht, was mit mir los war. Ich wusste es übrigens auch nicht. Ich spürte nur die Schmerzen, die von Minute zu Minute heftiger wurden.

  • Was ist denn nun los? Ständig diese Stimmungsschwankungen nervten ganz schön, aber heute , das jetzt, machte mir schon Sorgen.
    Hätte ich doch nie mein Wort gegeben. Wieso musste ich das eigentlich machen? Ich weiß ja, dass ich keine wirkliche Hilfe bin, aber ich versuche doch mein Bestes. Wenn wir nicht alle Häuser und Gehöfte meiden würden, hätte ich bestimmt was zu Essen aufgetrieben.
    Meine Gedanken purzelten durcheinander, zumal ich, wie ich dachte, eine riesiges Opfer brachte. Jeder der mich kannte würde sich wundern wenn er erfahren würde, dass ich diese riesige Wegstrecke zu Fuß zurückgelegt hatte.
    Das was Caelyn aber gerade mit mir abgezogen hatte war aber nicht normal, dafür musste es schon einen Grund geben. Ob es etwa so weit war? OH mein Gott was konnte ich jetzt machen? Wie konnte ich ihr helfe?
    Ich hatte mich ein Stück entfernt, auf einem Baumstamm niedergelassen und grübelte darüber wie es nun weiter gehen sollte. Da fiel mir der Feuergeruch ein. Nur wo war das gewesen?
    Langsam stand ich auf, horchte in Caelyns Richtung und machte mich auf die Suche.

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    Seit vielen Jahren schon hatte Grann die Einsamkeit des Waldes der Geschäftigkeit der Zivilisation vorgezogen. Den Leuten unten im Dorf, das ungefähr eine Stunde Fußmarsch entfernt war, war sie noch nie ganz geheuer gewesen. Dennoch schätzten besonders die Frauen ihre Kenntnis der Pflanzen und deren heilende Kräfte. Man sagte, sie sei eine Hüterin des alten Wissens. Viele von ihnen suchten sie deshalb von Zeit zu Zeit auf, um sie für dieses und jenes Leiden um einen Zaubertrank zu bitten.
    In ihrer Hütte lebte sie mit drei Ziegen, die sie mit allem versorgten, was sie benötigte. Ihr ständiger Begleiter war ein Rabe, der stets auf ihrer Schulter thronte und den sie einst als jungen Vogel verletzt gefunden hatte. Ihre gebückte Erscheinung selbst musste für einen Fremden sehr beängstigend wirken. Wind und Wetter hatten ihre Haut gegerbt, die sich wie Papier über ihre knöchrigen Hände zog. Ihr wirres ergrautes Haar verschwand für gewöhnlich unter einem Kopftuch.
    Wie nahezu jeden Tag war sie auch an diesem in der näheren Umgebung ihrer Hütte unterwegs gewesen, um Kräuter, Wurzeln, Holz und sonstige nützliche Dinge zu sammeln.
    Die Schreie, die sie an diesem Morgen vernahm, hatte sie aufsehen lassen. Vorsichtig näherte sie sich dem Ort, von dem die entsetzlichen Schmerzensschreie herrührten. Trotz ihrer Behutsamkeit konnte sie es nicht vermeiden, dass einige Zweige unter ihren Schritten knackten. Als sie nahe genug herangekommen war, entdeckte sie eine junge Frau, die ganz offensichtlich versuchte, ihr Kind zur Welt zu bringen. Allerdings würde sie und das Kind ohne Hilfe nicht mehr lange durchhalten. Darum beschloss sie, aus ihrem Versteck herauszutreten und der Frau zu helfen.
    "Ganz ruhig! Du musst gleichmäßig atmen!" Sie hatte ihr ihre Hand auf ihre Schulter gelegt um sie nicht noch mehr zu beunruhigen. "Ich werde dir helfen." Ihre andere Hand tastete vorsichtig den Unterleib der Schwangeren ab, um herauszufinden, wie weit die Geburt bereits fortgeschritten war.

  • Wieder kämpfte ich mich durch den Wald. Blieb stehen um zu lauschen, das nächste Mal um zu schnuppern. Außer dem üblichen rascheln, knacken oder den dumpfen Lauten meiner Tritte vernahm ich zu nächst nichts, auch riechen konnte ich nichts. Dann ertönten sie wieder, die Schreie von Caelyn. Was nun? Hilfe suchen oder zurück zu Caelyn eilen? Vielleicht existiert der Feuergeruch ja nur in meiner Vorstellung, redete ich mir selber ein und machte abermals kehrt. Jetzt konnte ich die Richtung leicht einhalten, denn die Schreie tönten unheimlich beängstigend durch den Wald und wiesen mir den Weg. Plötzlich, irgendwie ganz unverhofft brachen sie ab. Mein Gott lass sie noch leben, dieses Stoßgebet schoss durch meine Gedanken. Dann war ich an der kleinen Lichtung und erstarrte im Lauf. Wer war das? Was machte die da mit Caelyn. “Hee…. du,… verschwinde augenblicklich von ihr,… lass sie in Ruhe”, schrie ich die Gestallt, welche gebeugt über Caelyn stand, an. Wenige Sekunden später hatte ich sie bei den Schultern gepackt und riss sie herum.

  • Als ich die Alte plötzlich vor mir auftauchen sah, wäre mir beinahe das Herz stehen geblieben. Aber außer Schreien konnte ich nicht viel machen. Ich war mir nicht sicher, ob ich Angst vor ihr haben sollte oder ob ich ihr Vertrauen schenken sollte. Ihre stechenden Augen schienen in mich eindringen zu wollen. Daraufhin konnte ich eigentlich gar nichts mehr anderes tun, als das, was sie mir gesagt hatte. Ich nickte ihr eingeschüchtert zu und versuchte gleichmäßiger zu atmen. Bald merkte ich, dass es so besser ging. Sie half mir, wieder Kraft zu finden, für alles, was noch kommen sollte.
    Doch plötzlich wandte sie ihren Blick von mir ab, als Linos schreiend angerannt kam. "Ist schon gut, sie hilft mir," beschwichtigte ich ihn mit letzter Kraft.


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    Grann beäugte den jungen Mann kritisch mit ihren stechenden Augen, als er vor ihr zum stehen kam. Sie dachte gar nicht daran, sich von der Schwangeren fern zu halten. Genauso wenig hatte sie Angst vor ihm. Und das zeigte sie auch ganz deutlich, indem sie sich kein bisschen rührte oder mit den Wimpern zuckte. "Bist du ihr Mann? Dann mach dich nützlich oder verschwinde!", hörte man ihre raue Stimme sagen. "Mach ein Feuer und besorge Wasser!" Dann widmete sie sich wieder der Schwangeren.

  • “Nein, ja, das heißt nein”, stotterte ich unter dem Blick der Alten. Caelyn versuchte mich zu beruhigen. Verschwinden würde ich jetzt auf keinem Fall. Als die Alte ihren Befehlston aufsetzte, wollte ich sie gleich wieder anfahren, ließ es dann aber doch. Irgendwann hatte selbst ich mitbekommen das Wasser bei einer Geburt gebraucht wurde. Eine Frau jetzt als Hilfe wäre sicherlich nützlich und bestimmt hatte sie mehr Ahnung wie ich. Feuerholz hatte ich dann auch schnell gefunden, mir war es sogar gelungen relativ trockenes aufzutreiben. Feuermachen hatte Caelyn mir auf unserer Wanderung auch beigebracht und so hatte ich für meine Verhältnisse schnell ein kleines Feuer entfacht Mit dem Wasser suchen würde etwas schwieriger werden. Nicht nur, dass ich ein ganzes Stück zurück musste, auch die Frage des Transportes stellte ein Problem dar. Suchend schaute ich umher, bis mein Blick auf Caelyns Beutel viel. “Entschuldige”, murmelte ich und schon hatte ich den Inhalt einfach ausgeschüttet und rannte mit dem Beutel los.
    Den kleinen Bach hatte ich ´dann auch irgendwann erreicht und Wasser in den Beutel gefüllt. Jedoch bezweifelte ich stark, ob noch mehr wie mit ein paar Tropfen Wasser bei Caelyn ankommen würde. Genauso wie ich befürchte hatte war es.

  • Grann schaute dem jungen Mann hinterher, als er sich davon machte, um Wasser zu holen. Dafür hatte er einen Beutel mitgenommen, der nicht besonders vertrauenswürdig aussah, als ob er viel Wasser aufnehmen könne. Sie dachte schon daran, ihn in ihre Hütte zu schicken, um dort einen Topf zu holen, den er ohnehin brauchte. Aber da war er schon weg. Macht nichts, dachte sie bei sich. Soll er eben später den Topf holen, dann hat er auch Beschäftigung.
    "Dein Mann ist ganz schön aufgeregt! Ist das euer erstes Kind?", fragte sie grinsend. "Es ist mein erstes Kind aber er ist nicht mein Mann," antwortete ich stöhnend. Das Grinsen wich aus ihrem Gesicht. "Ach, er nicht dein Mann? Aber was…" Ihr blieb keine Zeit mehr, ihre Frage zu beenden, denn die nächste Wehe traf mich mit aller Wucht und ich schrie vor Schmerz auf. "Sie kommen jetzt häufiger. Das ist gut. In ein paar Stunden wirst du dein Kind im Arm halten können!", sagte sie dann und lächelte. Ein paar Stunden? Das war ja unheimlich beruhigend!

  • Abgehetzt und zwischendurch immer lauschend kam ich bei Caelyn an. Im Augenblick biss sie die Zähne zusammen und stöhnte. Die Alte wischte ihr mit irgendeinem Lappen gerade über der Stirn. “So wird das nichts mit dem Wasser, entweder finde ich etwas anders für den Wassertransport oder ich bringe sie zum Wasser” Ich ahnte schon das die Alte mich jetzt anfahren würde wegen meiner Unfähigkeit, auch wusste ich, dass dies nicht gerade eine meiner besten Ideen war, aber was sollte ich machen? “Aber wie geht es ihr? Ist alles in Ordnung?
    Dauert es noch lange?” Zu Caelyn gewand fragte ich in meiner Naivität: “Tut es sehr weh?”

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    Die Alte begnügte sich vorerst mit der Information, dass Linos nicht der Vater war. Sie hatte ohnehin alle Hände voll zu tun und konnte sich jetzt um unwichtige Dinge nicht kümmern. Aber natürlich trafen ihre Gedanken immer wieder auf die gleiche Frage, in welcher Verbindung dieses seltsame Paar stand.


    Als Linos erfolglos zurückgekommen war, untersuchte sie gerade noch einmal die Schwangere, um festzustellen, wie weit die Geburt schon fortgeschritten war. Eigentlich hatte sie ja schon vorher geahnt, dass er kein Wasser mitbringen würde, so ganz ohne Gefäß. Und so ignorierte sie ihn vorerst, bis sie ihre Untersuchungen abgeschlossen hatte.
    "Es geht ihr gut. Und dem Kind auch. Sie ist stark genug und es dauert so lange, wie es dauert," antwortete sie schließlich knapp auf Linos besorgte Fragerei.
    "In meiner Hütte findest du alles was du brauchst, um Wasser zu holen. Geh ein Stück am Bach entlang und dann rechts hinter der großen mächtigen Eiche. Dort wirst du meine Hütte finden," fuhr sie fort ohne ihm eines Blickes zu würdigen. "Ach ja, und sammle etwas Reisig, damit du Feuer machen kannst!"

    Auch ich hatte Linos Rückkehr nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, da ich mit wichtigerem beschäftigt war, dem Kinderkriegen nämlich. Die Alte gab mir immer wieder Anweisungen, wie ich atmen sollte. So wurde alles etwas erträglicher. Da kam Linos Frage wie gerufen! Ich warf ihm einen ziemlich bösen Blick zu, der eigentlich alles sagte, zischte aber dann doch noch mit letzter Kraft: "Verpiss dich!" durch meine zusammengebissenen Zähne, bevor ich vor Schmerz wieder aufschreien musste. Klar, später würde mir das wieder ganz schön leidtun, dass ich so garstig zu ihm gewesen war, zumal er ja gut meinte und nicht mal etwas dafür konnte, dass ich schwanger war. Aber im Augenblick konnte ich einfach nicht anders.

  • Was war denn jetzt los? Erschrocken und wütend drehte ich mich um und machte mich auf der Suche nach der Hütte. Als erstes trat ich, vor mich hin schimpfend, mit aller Wucht gegen ein Grasbüschel. Dachte ich wenigstens, aber mein Fuß rammte in den Boden, ich stolperte und humpelte dann erst recht schimpfend weiter. Dabei fielen dann so Worte wie undankbares Geschöpf, Frauen kann man es nie Recht machen, streitsüchtig sind und bleiben sie, rechthaberisch und stur sind sie auch, für und an allem tragen wir die Schuld, in ihren Augen. Man Linos was hast du dir nur bei alle dem gedacht. Wärst du doch bei Menecrates geblieben und hättest weiter als sein Scriba Manuel gearbeitet. Ja um dann von einem durchgeknalltem Centurio verprügelt zu werden. Mit den seltsamen Narben hat er meinen schönen Rücken verschandelt, ob der jetzt noch jemals liebevoll gestreichelt wird? Langsam wurde mir das hier alles zu viel. Der ständige Hunger, die Sorge um Caelyn, die Angst vor wilden Tieren und dem gefunden und gehenkt werden. Nein alles in allem der rest meines Lebens sah sehr trostlos aus.
    Plötzlich stand ich vor der Hütte, wie ich dahingekommen war wusste ich nicht so richtig.
    Vorsichtig trat ich ein und wartete ein wenig bis sich meine Augen an das Licht hier drinnen gewöhnt hatten. Das war auch mein Glück, bestimmt hätte ich mich sonst selber stranguliert, denn überall waren Seile gespannt an den Kräuterbündel hingen. Ein ganz eigener Geruch umspielte meine Nase. Nicht unangenehm er belebte mich. Interessiert betrachte ich alles. Jetzt tat es mir fast Leid, dass die Alte nicht hier war, ich hätte ihr bestimmt eine wahre Flut von Fragen gestellt.
    Nach einem Eimer brauchte ich nicht lange zu suchen. Ich nahm zur Sicherheit noch einen großen Topf mit. Noch einmal mich umschauend verließ ich die Hütte. Heilkräuter wären auch gut gewesen, doch davon hatte ich keine Ahnung.
    Draußen stellte ich alles noch einmal ab, ging zurück, suchte drinnen nach einem Tuch und nach einer Decke. Dies würde bestimmt auch gebraucht. Dann machte ich mich eiligst auf den Rückweg.
    Mit dem Reisig sammeln wurde es jetzt nichts, zuerst würde ich Wasser und Decke abliefern. Das Reisig würde ich dann noch schnell finden. Gemecker bekäme ich so oder so zu hören.
    Ich füllte den Eimer mit Wasser bevor ich den bach verließ und zur Lichtung eilte. Dieses mal stellte ich keine Fragen sondern stellte alles nur ab und verschwand schnell. Das Stöhnen und seltsame Atmen nahm mir allen Mut

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    "Ah, wie ich sehe, bist du fündig geworden!", stellte Grann mit einem anerkennenden Ton fest, als sie Linos kommen sah. Zumindest hatte er das Wasser herbei geschafft. Doch noch ehe sie ihn an das Sammeln des Reisigs erinnern konnte, war der junge Mann schon wieder verschwunden. Grann sah ihm noch kurz nach und kümmerte sich dann wieder um die Schwangere.
    "Wir haben deinen Freund wohl etwas verschreckt, mhm?" Sie grinste etwas verschmitzt. Mit einem Tuch, welches sie mit etwas Wasser angefeuchtet hatte, wischte sie ihr dann die Schweißperlen von ihrer Stirn. "Du hast es bald geschafft! Die Wehen kommen schon häufiger."


    Hoffentlich!!!, dachte ich nur. Wieso hatte mich eigentlich niemand gewarnt, dass Kinderkriegen mit so vielen Scherzen verbunden war? Ich vermutete mal, wenn jede Mutter ihre Tochter davor warnen würde, gäbe es bald keine Menschen mehr. Aber ich vertraute der Alten einfach mal und befolgte jede ihre Anweisungen, die sie mir gab. Als sie sagte, ich sollte atmen, dann atmete ich und als sie irgendwann sagte, ich solle pressen, dann presste ich. So ging das eine ganze Weile. Bis die Alte plötzlich etwas schrie, sie könne den Kopf bereits sehen und ich solle nicht aufhören, zu pressen.
    Ich war vollkommen durchgeschwitzt, aber ich presste weiter.

  • Reisig hatte ich, um nicht von einem der Beiden angeraunzt zu werden näherte ich mich leise dem Lager. Stehen bleibend, schaute ich, mich leicht reckend, zu ihnen rüber. Anschließend machte ich mich leise dran ein Feuer zu entfachen. Die Stimme von Caelyn war mir doch schon recht vertraut, doch als die Alte plötzlich schrie, wäre ich fast vor Schreck umgefallen, da ich doch auf Zehenspitzen bei meiner Arbeit hockte. Erschrocken fuhr ich hoch und vergaß all meine Vorsicht. “Was ist passiert, was ist? Nun los sag schon”. Kaum hatte ich die Fragen gestellt, stand ich auch schon bei ihnen. Wie erstarrt, starrte ich auf das Bild welches sich mir bot. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, auch nicht vorstellen können, zumal ich ja noch nie mit einer Frau beisammen war.
    Was war das, ….mir war plötzlich so seltsam ich fühlte mi…….

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