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Wie es sich für einen anständigen Soldaten gehörte, begab ich mich schon bald nach meiner Rückkehr zum Marstempel. Ein großer hölzerner Kran überragte das Gebäude, es sah aus, als würde dort am Dach gearbeitet. Ravdushara folgte mir mit den Opfergaben, es war der übliche Kleinkram und ein roter Kampfhahn, den er an den zusammengebunden Füßen kopfüber trug. Das war kein sonderlich wertvolles Opfertier, aber do ut des, und Mars' Beistand hatte ich in letzter Zeit kaum verspürt. Bei Tasheribat hatte meine Kohorte gegen die Barbaren keine gute Figur gemacht, und meine Verwundung war immer noch nicht verheilt. Dabei hatten wir dem Kriegsgott zuvor einen tadellosen Stier geopfert. Als wäre es ein anderes Leben, erinnerte ich mich an dieses letzte Opfer, es war ein glänzender Tag gewesen, und ich hatte mich selbst wie ein junger Gott gefühlt, als ich vor den Augen der XXII. dem Stier eigenhändig die Kehle durchgeschnitten hatte, und die Soldaten alle mit den Waffen auf die Schilde geschlagen hatten ... Letzten Herbst war das gewesen, und fühlte sich an, als wäre es Jahrzehnte her.
Während ich die breite Treppen zum Tempel hinaufstieg, dachte ich auch an die anderen Opfer zurück, die, die ich Mars hier an diesem Ort gebracht hatte. Das mit Licinus zusammen, nach unserer Rückkehr aus Parthien, und dann natürlich das allererste, damals, am absoluten Tiefpunkt, das Opfer, für das ich meine Sandalen verkauft hatte. Danach hatte ich dann beschlossen sub aquila zu gehen.
Ich blieb auf dem Vorplatz stehen, neben dem Altar, an der Stelle wo ich an jenem denkwürdigen (oder sagen wir besser: entscheidenden, denn so würdig war er nicht gewesen) Morgen den Sonnenaufgang beobachtet hatte, und blickte in den Himmel. Er zeigte sich heute glasig, getrübt vom Rauch unzähliger Kochfeuer. Aber ich hatte es noch genau vor Augen, wie die ersten Sonnenstrahlen den Mamor weißrötlich hatten erglühen lassen, wie Inschriften und Zierrat golden gestrahlt hatten. Ein Schwarm Tauben flog vom Giebel des Tempels auf, ihr Flügelschlag ein schwirrendes Geräusch an meinem Ohr.
Wenn ich noch einmal der siebzehnjährige, verwirrte Faustus wäre und noch einmal an diesem Scheideweg stünde... was würde ich tun?....... Eine müßige Frage.
Wir steigen in denselben Fluß und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht.