Priscas Gemach | Des nächsten Tag Lehre erfahren

  • Tilla wachte später als gewöhnlich auf und blickte sich verschlafen in ihrer Kammer um, bis ihr Blick auf den schönen Gardinen ruhte. Was war passiert? Sie hatte mit Esther von Hektor gesprochen und war irgendwann eingeschlafen. Da war noch etwas gewesen? Und zwar bevor.. jesses! Jetzt wusste sie wieder was geschehen war. Ihre Herrin hatte ihr Kind verloren, eine Fehlgeburt erlitten! Der nächste Gedanke: Wo war ihre Mutter? Tilla schwang die Beine über die Bettkante und setzte sich auf. Sie eilte hinter die Türe, wo sich die Waschschüssel befand. Tilla steckte den Kopf kopfüber ins kalte Nass und machte somit auch ihre Haare nass. Ahhhbrrr, das machte wach! Mit einem Tuch rubbelte sie die Kurzhaarfrisur halbwegs trocken und entschied sich für eine tannengrüne Tunika mit eingestickten hellgrünen Borten und brauner Fibel in Form eines springenden Delphins. Die braunen Ledersandalen waren schnell angezogen. So fein zurecht gemacht, aber knurrenden Magens, drückte sie die Tür zum herrschaftlichen Zimmer auf und lugte hinein. Die Herrin lag friedlich im Bett. Die wärmende Decke jedoch war auf den Boden gerutscht. Mit leisen Schritten ging Tilla hinüber und legte Prisca die Decke wieder über.


    Liebevoll strich sie die dunklen Strähnen aus dem blassen Gesicht ihrer Herrin. Tilla ist bei dir. Du bist nicht alleine. flüsterte sie leise. Schliesslich tunkte die stumme Sklavin ein Zipfel eines Taschentuches in den immer bereitstehenden Wasser-Zitronensaft-Krug und befeuchtete damit Priscas Lippen. Nachdem das getan war, erlaubte sich Tilla einen vollen Becher Wasser mit Zitronensaft zu trinken. Das Getränk stillte das Magenknurren fürs erste. Nun war der Krug leer. Sie nahm ihn und beschloß in die Küche zu gehen, um ihn aufzufüllen, als sich unerwartet ein Rotfink auf die Fensterbank setzte und ein Liedchen trällerte. Schmunzelnd lauschte Tilla auf Priscas Bett still verharrend der Darbietung des gefiederten Tieres. Na, zwitscherst du uns ein Ständchen? neckte sie den kecken Vogel mit einem dankbaren Augenzwinkern. Damit wir nicht mehr traurig sind? Hm.. das ist total nett von dir. Komm doch jeden Morgen vorbei, du kriegst von mir auch Rosinen. Versprochen. Sie warf ihm oder ihr Rosinen hin. Da hast du welche. Der Rotfink beäugte sie kritisch und flatterte nach unendlichem Zögern hinein, um alles aufzupicken. Tilla lächelte und sah prüfend zu Prisca, ob sie wach war? Und wo war Mutter Esther?

  • Morpheus war gnädig gewesen ihr einen traumlosen Schlaf zu schenken. Einen Schlaf der sie tief hinab sinken hat lassen in sein dunkles Reich, so tief, dass sie nicht einmal merkte wann ihr Gatte sie schließlich allein gelassen hatte. Als sie aufwachte spürte sie jedenfalls sofort, dass er nicht hier bei ihr war. Die Geschäfte rufen nach ihm! Natürlich!, begann ihr Verstand sich mühsam zu Wort zu melden und damit war die Aurelia zurück in der Realität. Ich habe mein Kind verloren ..., sagte Prisca sich wohl zum hunderttausendsten Mal diesen schrecklichen Satz vor, doch dieses mal war sie nicht einmal mehr fähig zu weinen, so leer und ausgebrannt wie sie sich innerlich fühlte.


    Da lag sie nun auf ihrem weichen Bett, apathisch und völlig antriebslos und betete, dass Morpheus zu ihr zurück kommen mochte. Doch er kam nicht, dafür aber eine andere Person, die Prisca sehr vertraut war als sie die Augen langsam aufschlug und neben dem Bildnis an der Decke, ein Gesicht verschwommen wahr nahm.


    Tilla … ich … geh weg, lass mich in Ruhe!, versuchte die Aurelia ihre Leibsklavin stumm und im Gedanken zu verreiben, da sie unfähig war einen Laut von sich zu geben. Dazu waren ihr Mund und ihr Hals zu trocken und brannten zu sehr. Das Benetzen der Lippen mit dem Zitronenwasser tat gut, doch wollte Prisca keine Linderung ihrer Schmerzen. Sie wollte nichts weiter als schlafen und vergessen, nichts mehr hören und sehen, nichts mehr fühlen und denken, … nicht mehr sein


    Langsam drehte Prisca den Kopf und starrte aus leeren Augen heraus zur Seite, erkannte den kleinen Vogel, der scheinbar durch das geöffnete Fenster herein geflogen war und nun von Tilla gefüttert wurde.


    Hektisch herum hüpfend und mit freudigen Flügelschlägen pickte der kleine Piepmatz die leckeren Rosinen auf, welche Priscas Sklavin ihm zu warf. Zum Dank dafür trällerte der Vogel sogar ein paar melodische Töne und als er sich schließlich wieder in die Lüfte erhob, hinterließ er noch etwas, … unübersehbar, auf dem Boden!


    Normalerweise wäre Prisca ausgerastet, hätte sie mit ansehen müssen wie ein Tier hier mitten im Zimmer auf den kostbaren Mosaikboden … schxxx…, doch heute nahm sie es kommentarlos hin, drehte lediglich den Kopf zurück und starrte wieder nach oben - durch die Decke hindurch - in das schwarze Loch, in das sie am liebsten eingetaucht wär ...

  • Frecher Vogel du... undankbares Viech! schimpfte Tilla dem Rotfink hinterher und ging in ihre Kammer, um den Wasserkrug samt einem Tuch zu holen. Mit Hilfe des Tuches und des Wassers säuberte sie den Mosaikboden von den Hinterlassenschaften des Zweibeiners. Damit recht bald fertig schloß sie das Fenster und entsorgte das gebrauchte Tuch. Weder Mutter Esther noch Saba liessen sich blicken. Dafür entdeckte sie, dass Prisca die Augen geöffnet hatte. Sofort setzte sie sich aufs herrliche Bett und tastete nach ihrer schlanken Hand, um über den Handrücken zu streicheln. Guten Morgen... Herrin. Du hast tief und fest geschlafen. Ich bin froh, dass du wieder wach bist. hast du den Rotfink gehört? Schön blöd, dass sie alleine war und bis auf das Wasser im Krug nichts anderes mehr zu Trinken vorhanden war. Hast du Durst? Etwas Wasser? Die stumme Sklavin griff nach der Schale, welche sie gestern benutzt hatte und füllte diese mit Wasser. Wie gestern setzte sie sich nahe an Prisca ran, schob ihren Arm stützend unter Schulterblätter und Nacken und setzte die Schale an Priscas Lippen. Ein paar Schlucke trinken... flüsterte sie mit aufmunterndem Blick und überlegte, was sie als nächstes für die Herrin tun konnte. Oh, da sind noch ein paar Spangen im Haar.. ich mache sie raus. Das muss ja gepiekst haben. Tut mri leid, dass ich sie nicht gesehen habe. Tilla legte die Schale beiseite und liess Priscas Kopf sachte zurück aufs Kissen gleiten. Wie gesagt, begann sie sofort damit die Spangen aus dem Haar zu entfernen. Da mehrere Strähnen ziemlich verknotet aussahen, holte Tilla eine Bürste vom Frisiertisch und bürstete die Knoten mit sanften und doch energischen Bürstenstrichen raus. Sie lächelte Prisca an, wenn sich ihre Blicke trafen, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. Ich habe gestern auch geweint... gestand sie leise.

  • Der freche kleine Vogel entschwand freudig zwitschernd durch das offen stehende Fenster und scherte sich nicht weiter um das kleine Malheur das er da angerichtet hatte. Wohin es ihn wohl zog? Vielleicht hoch in die Lüfte, wo ihn kurze Zeit später das Schicksal in Form eines Greifvogels ereilen sollte? Oder womöglich direkt zurück zu seinen Artgenossen, um ihnen laut trällernd von den Leckereien zu erzählen, die er in einem überdimensional groß anmutenden Vogelhaus gefunden hatte? Was auch immer mit ihm geschehn mochte, wer machte sich schon Gedanken über einen kleinen frechen Vogel und dessen Schicksal?!


    Prisca tat es jedenfalls nicht. Sie wollte sich am liebsten gar keine Gedanken mehr machen, niemals mehr und so versuchte einfach alles um sie herum auszublenden. Das schöne Bildnis des Himmels, der Sonne und der Wolken, welches als Gemälde die Decke ihres Gemachs zierte, das Zwitschern der Vögel von draußen her, die Anwesenheit ihrer Sklavin … einfach Alles! Doch weder schaffte sie es die Bilder gänzlich auszublenden, noch konnte sie damit ihre Sklavin verscheuchen. Kurz war Tilla zwar weg, doch dann war sie wieder da und kümmerte sich wieder rührend um ihre Herrin, egal, ob diese das wollte - oder nicht. Lass mich doch endlich in Ruhe!!, mit einem leisen Murren folgte Prisca den Bewegungen ihrer Sklavin, öffnete brav den Mund und trank ein paar Schlucke von dem kühlen Wasser. Im tiefsten Innern war die Aurelia froh, dass ihre Leibsklavin hier war und etwas unternahm, damit sie nicht völlig allein und untätig herum lag, doch zeigen konnte sie ihr dies momanten nicht. So konnte sie sich wenigstens darüber aufregen, dass ihre Sklavin so ungehorsam war und nicht verschwand wie sie es ihr befohlen hatte.


    "Was spielt das denn für eine Rolle …", kommentierte Prisca mit krächzender Stimme Tillas flüsternde Worte, lustlos und sich nicht weiter darum scherend was ihre Sklavin mit ihr anstellte. Der Blick der Aurelia begann wieder in die Ferne zu schweifen, als würde sie mit offenen Augen schlafen. Nicht einmal das Öffnen der Türe konnte Prisca dazu bewegen den Blick zu wenden, ihr war es schlicht und ergreifend egal wer da herein kam. Sicher nur wieder irgend ein Sklave, der glaubte helfen zu können…


    "Sei gegrüßt Herrin!" Es war Esther, die herein kam und ein Tablett mit Obst und Säften bei sich hatte. Sie vermied es tunlichst, die Herrin weiter anzusprechen oder gar nach ihrem Befinden zu fragen. Das wäre sicher besser so. "Guten Morgen Mia", grüßte sie stattdessen ihre Tochter mit einem warmen Lächeln. Leise näherte sie sich dem Bett, stellte das Tablett vorsichtig daneben auf einem kleinen Tischchen ab und begutachtete mit einem prüfenden Blick die liegende Frau. "Kommst du zurecht, Tochter?", erkundigte sich die Ägypterin dann mit leiser Stimme bei Tilla. "Ich muss gehen und ein paar Besorgungen in der Stadt machen. Auch für deine Herrin, so wie es ihr Arzt mir gestern aufgetragen hatte. … Bis bald Mia!", erklärte sie noch schnell und schenkte Tilla schließlich zum Abschied einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. ...

  • Mich kümmert es.. erwiderte Tilla auf die ersten Worte des Tages von ihrer Herrin und kümmerte sich eigenhändig darum, dass die Spangen entfernt und die Knoten im Haar ausgekämmt wurden. Mit verwundertem Blick beobachtete sie wie Priscas Blick wieder abschweifte. Als sie fertig war, folgte sie dem Blick und sah an die Decke. Das herrliche Himmelsbild hatte sie schon immer begeistert, nur hatte sie nie die Zeit gehabt, es in aller Ruhe zu betrachten. Nun, sollte sich die Herrin dem Bild widmen. Es würden ganz bestimmt ruhige Minuten kommen, in denen Tilla in Muße nach oben schauen konnte. Fertig. flüsterte sie und legte die Spangen samt der Bürste auf den Ablagetisch neben dem Bett.


    Als sie hörte, dass die Tür sich öffnete, sah sie sich um und strahlte Mutter Esther an. Sie hatte die ältere Frau schon vermisst und sich gefragt, wo sie bloß abgeblieben war. Mutter Esther sprach sie wieder mit ihrem ursprünglichen Geburtsnamen an. Hatte sie Prisca davon erzählt? Ja, ich komme zurecht, warte... ich mache Platz. Eilig trug sie die Spangen und Bürsten zum Frisiertisch zurück. Danke, dass du uns leckeres zum Verzehr gebracht hast. Ich möchte Prisca nicht unnötig alleine lassen. Mit einem stummen Lächeln bedankte sie sich für die Liebkosung. Ich habe Fragen... Tilla nickte Esther zu, sich kurz zu ihr zwischen Tür und Angel ihrer Kammer zu gesellen. Rasch kramte sie die Fragen zusammen, die sie sich zur Pflege Priscas stellte. Nimm meine Münzen mit. Der Beutel ist unter meinem Bett. Was soll ich machen, wenn die Herrin so abwesend wie jetzt drein schaut? Gleitet sie in eine Zwischenwelt? Und was mache ich wenn sie äh.. austreten muss? Sollte ich mich besonders um etwas kümmern? Tja, sie betreute nun zum ersten Mal eine bettlägerige Herrin und machte sich dazu Gedanken, aus welchen sich dann Fragen entwickelten. Hast du Saba gesehen und kurz gesprochen? Sie ist Ornatrix und Priscas Leibsklavin. Kommt sie nachher nochmal vorbei? Ich fände es toll, wenn du nach dem Einkaufen noch ein bisschen hier bleibst, Mama.

  • Es kümmert sie? .., huschten die gehauchten Worte wage durch Priscas Kopf und erzeugten eine Art Verwunderung. Natürlich kümmerte es sie. Sie ist eine Sklavin und Sklaven haben sich immer um das Wohl ihrer Herrschaft zu kümmern. Das ist ihre einzige Bestimmung. Oder?Tilla war allerdings längst nicht mehr nur eine einfache Sklavin für die Aurelia, sondern mittlerweile zu einer durchaus lieb gewonnenen Person geworden die man nicht mehr einfach so ignorierte, wie die unzähligen namenlosen Sklaven die einem sonst tagtäglich begegneten. Wenn Tilla etwas sagte oder tat hatte dies durchaus Bedeutung, auch wenn Prisca dies im Moment nicht recht wahr nehmen konnte, wie sie so da lag und alles ausblendete. Irgendwann würde sie sicher ins Leben zurück finden, doch bis dahin war noch ein weiter Weg und so war es Prisca egal, was die beiden Frauen da beredeten, ob und wann der Arzt wieder kommen würde, ob draußen die Sonne schien, oder es regnete, … es war ihr schlicht und ergreifend alles einerlei.


    Nachdem Esther das Tablett abgestellt hatte zog sie sich bis zur Tür zurück, wo sie auf Tilla wartete. Ihre Tochter hatte noch einige Fragen, welche die Ägypterin nach kurzem überlegen mit ernster Miene zu beantworten versuchte: "Es ist so wie du sagst, Mia. Leider. Deine Herrin scheint sich innerlich zurück zu ziehen. Sie verschließt sich in einer Welt, aus der sie ohne deine Hilfe nicht mehr entkommen wird, fürchte ich." Mit einem leisen Seufzer bedauerte Esther, dass sie ihrer Tochter dies zumuten musste. "Wenn du ihr helfen willst dann must du sehr stark sein, Mia, denn du musst deine Herrin dazu bringen in unsere Welt zurück kehren zu wollen" So einfach das klang, so schwer würde dies werden. Das wusste Esther nur zu gut. Sie selbst hatte damals viele Tage und Nächte an Neith´s Bett verbracht, als diese ihr Kind verloren hatte. Und wie hatte sie es ihr letztendlich gedankt? Indem sie ihr das eigene Kind genommen hatte. Diese Schlange! Esther vergrub jene düsteren Gedanken aus der Vergangenheit schnell wieder. Die Aurelia war nicht wie Neith. Nein sie war nicht abgrundtief böse, sie war nur schwach und unendlich traurig .


    "Lass sie nicht zu lange im Bett liegen! Heute und morgen noch. Danach muss sie spätestens wieder aufstehen. Egal, ob sie nun austreten muss, oder zum baden, oder einfach nur um im Garten zu sitzen, sie muss einfach die Lebendigkeit der Welt um sich herum spüren! Zur Not musst du sie aus dem Bett zerren, auch wenn sie sich dagegen sträubt. Lass dich nicht beirren, hörst du Mia?", seufzte Esther bei dem was sie da von ihrer Tochter verlangte: "Es kann durchaus sein, dass sie dich anschreien und beschimpfen wird, vielleicht wird sie sogar nach dir schlagen oder mit Dingen um sich werfen, aber das darfst du ihr in dem Moment nicht übel nehmen. Sie meint es nicht so. ", erklärte die Ägypterin leise weiter. Sie hatte das alles selbst erlebt und hoffte, dass es Tilla nicht so ergehen würde wie ihr damals. Zumindest hatte Neith irgendwann Gefallen daran gefunden ihre Sklavin weiter auf diese Weise zu schikanieren, längst nachdem sie ihre Trauer bereits überwunden hatte.


    "So jetzt muss ich mich aber beeilen", schloss Esther damit ihre Erklärungen schließlich ab. Letztendlich würde alles so kommen wie das Schicksal es wollte. Mit einer zärtlichen Geste stich sie ihrer Tochter über den Kopf: "In Ordnung. Ich werde fragen ob ich noch ein bisschen bleiben darf, aber versprechen kann ich es dir leider nicht. Dieses Haus hat genügend Sklaven und Ärzte, da werde ich sicherlich nicht gebraucht", konnte sie ihrer Tochter leider keine große Hoffnung machen, denn länger als unbedingt nötig würde man sie hier sicher nicht dulden. "Aber du weiß ja, wo du mich findest und Hektor wird sicher einen Weg finden um mich zu informieren, wenn es erforderlich ist. Saba wird auf alle Fälle nachher zu dir kommen und dir zur Hand gehen", versprach sie dann, ehe sie sich schweren Herzens von ihrer Tochter verabschiedete.

  • Tilla fand zunächst keine Worte für das, was Esther ihr da an Antworten auf ihre Fragen erwiderte und blickte immer wieder zu Prisca hinüber. Was für eine Welt war es, in die sich die Herrin zurückgezogen hatte? Ich werde stark sein... versprach sie ihrer Mutter aus ganzem Herzen. Die Herrin sollte noch im Bett bleiben, aber nicht allzulange und sie musste versuchen Prisca zu erreichen. Immer und immer wieder. Ja, Mama, ich lasse mich nicht von ihr beirren. Bestimmt war es keine schöne Welt, in welche Priscas glanzlose Augen blickten. Na, hoffentlich kommt es nicht so weit... beschimpfen und anschreien. fügte sie außerdem mit einem tapferen Lächeln hinzu. Mit sanfter Geste erwiderte sie Mutter Esthers Berührung und nickte. Nimm dir meine Münzen mit. errinnerte sie ihre Mutter. Ich weiss nicht, von wem ich Münzen bekomme, so lange Prisca krank ist. Ihr Mann ist sicher auch sehr traurig, darum sollte ich ihn nicht um Zuschuß bitten. Sie lächelte, als Esther ihren Liebsten erwähnte. Wir melden uns ganz sicher! Dass Saba kommen würde, war gut zu wissen. Tilla brachte ihre Mutter zum Abschied zur Zimmertüre und kehrte zu Priscas Bett zurück.


    Nun auf dem Bettrand sitzend streichelte sie Priscas Handrücken. Hmmmhm... was mache ich jetzt? Am besten frühstücken wir beide erstmal... ja? sprach sie zu sich selbst sowie zu Prisca und wandte sich dem abgestellten Tablett zu. Tilla schnitt mit flinken Fingern das Obst in kleine Stücke und goß Saft in die flache Schale. Wie zuvor schob sie ihren Arm unter Priscas Nacken und Schultern und flößte ihr behutsam süßen Saft zu Trinken ein. Im Liegen aber kannst du nicht essen, dann verschluckst du dich. Verschlucken ist gefährlich! merkte die stumme Sklavin flüsternd an. Deshalb hob sie Priscas Kopf samt Oberkörper an, liess sie an sich anlehnen, bettete Priscas Kopf auf ihre Schulter. Priscas Torso nun im Arm festhaltend, baute sie mit der freien Hand mit Hilfe von den zahlreichen Kissen eine Erhöhung und legte die Herrin darauf zurück. So ist schon besser. Es gibt kleingeschnittenes Obst zum Frühstück, Herrin. Iß ein bisschen, dann wird dein Magen satt. Nach dem Frühstücken aß Tilla ihren Anteil vom Frühstück und überlegte, wie sie die Pflege gestalten sollte und konnte.


    Der Blick aus dem Fenster war schön. Wind zerrte an den Gardinen. Tilla schob Kissen unter Priscas Seite und schaffte es auf diese Weise, dass ihre Herrin nun seitlich liegend nach draußen gucken konnte. Danach liess sie die Herrin in Ruhe und ging nach draußen auf den Gang, wo sie sich bei einer Sklavin erkundigte, wie das mit dem Austreten bei bettlägerigen Personen vor sich ging. Zufällig wusste die Sklavin Bescheid und erklärte sich bereit, die nötigen Utensilien zu holen und Tilla alles zu zeigen sowie zu helfen. Die Zeit verging bei gutgemeinten Aktivitäten wie zum Beispiel mit Nahrung versorgen oder in andere Liegepositionen umbetten für das Wohl der Herrin wie im Fluge. Tilla legte sich in der Zeit zwischen spätem Nachmittag und Dämmerung in ihr Bett, liess die Tür offen und schlief eine Runde. Nach dem Aufstehen saß sie erneut an Priscas Bett und kümmerte sich um Priscas Hände. Sie behandelte die trockene Haut mit Kaltcreme von Galenus, deren Bestandteile Rosenwasser, Olivenöl und Bienenwachs waren und massierte die schlaffen Hände ihrer Herrin. Sie war hellwach und bereit für die kommende Nacht.

  • Dunkelheit, … Stille, … Nichts, … dann wieder eine Berührung, ein sanftes streicheln.… Es war Tilla. "Geh weg!", krächzte Prisca mit matter Stimme und unwillig verzogener Miene. Es half nichts. Schon fühlte Prisca wie sie angehoben wurde und trinken sollte. "Ich will ni n n….", weiter kam sie nicht, da sie reflexartig den Saft schlucken musste, den Tilla ihr einflößte. War ihre Sklavin taub? Prisca kam sich vor wie eine Puppe, die herum gehoben und gefüttert wurde, aber sie war zu schwach um irgend etwas dagegen zu unternehmen. Kleine Obstückchen folgten und auch diese schluckte Prisca mit einer Mischung aus Widerwillen und einem wagen Hungergefühl, welches sie bislang kaum wahr genommen hatte. Aber dieses Gefühl war da, genau so wie viele andere Gefühle und Bedürfnisse auch, nur sperrte Prisca diese momentan ganz weit weg von sich, in einer dunklen Kammer ein.


    Dann lag sie wieder da. Einfach so. Endlich allein! Die Augen geschlossen und in einer Art Dämmerzustand, bis eine Berührung, ein sanftes Streicheln sie wieder weckte. … Es war Tilla und alles wiederholte sich. "Geh weg!", zischte Prisca und diesmal klang ihr Tonfall wesentlich gereizter als zuvor …


    "Oh?! Was?", schrak Saba zusammen als die Aurelia so unvermittelt Tilla anfauchte. Die Sklavin hatte soeben das Zimmer betreten und stand nun an Tillas Seite. Eigentlich wollte sie helfen, doch nach dieser Reaktion wurde ihr etwas mulmig. "Wa ..was hat sie denn?", flüsterte Saba verunsichert und warf den Blick zwischen Tilla und der liegenden Herrin in und her.

  • Wenn sie schon die Hände der Herrin pflegte, so konnte sie auch die eigenen Hände pflegen. Es war ein seltsames Gefühl, die Creme an den Händen zu tragen. Jedenfalls roch es sehr gut und ihre Haut war viel weicher. Sie hatte nicht gedacht, dass eine simple Creme soviel bewirken konnte und schnupperte des guten Geruchs wegens immer wieder an ihrem eigenen Handrücken. Tilla saß still auf Priscas Bett und betrachtete die schlafende Schönheit, ihre Herrin, beim Schlafen. Saba war inzwischen dazugekommen. Noch hatten sie keine Worte gewechselt und lauschten den Atemzügen der Herrin.


    Tilla begann erneut Priscas schlaffe Hand zu streicheln und zuckte zusammen, als die Herrin sich wieder beschwerte. Die stumme Sklavin zog ihre Hand nicht weg. Die Herrin will nicht berührt werden... sie will alleine sein und Ruhe haben. Aber das dürfen wir nicht zulassen. gab Tilla zur Antwort und bedeutete der ornatrix sich zu setzen. Prisca 'schläft' mal mit offenen, mal mit geschlossenen Augen. Mama sagt, dass sie in einer Welt ist, wo wir ihr nicht folgen konnen. Wir müssen sie da raus und zu uns zurück holen. Solange sie in dieser Welt ist, kann sie nichts selber oder alleine tun. Das müssen wir für sie erledigen, sei es füttern oder auf den Topf setzen. Mit letzterem hat mir eine flavische Sklavin geholfen, weil man das alleine nicht schafft. Sie wird regelmäßig kommen und uns helfen.


    Das Flüstern verstummte, weil sie sich Tränen aus dem Gesicht wischen musste. Tilla räusperte sich und wechselte auf die andere Seite des Bettes, um die andere Hand Priscas zu streicheln. Ich habe überlegt, Prisca morgen früh aus dem Bett zu nehmen und woanders hinzuilegen, nämlich auf die Kline unterm Fenster. Da kann sie die Sonne auf der Haut spüren und die Vögel hören. Bestimmt wird ihr dies auch nicht gefallen, Saba, vielleicht wird sie lauter werden und sich wehren. Wir dürfen uns nicht beirren lassen, denn wir wollen ja beide, dass sie wieder aufwacht. Du und ich, wir müssen zusammenhalten. Es klopfte an der Tür. Tilla tauschte einen Blick mit Saba und ging zur Türe, um diese zu öffnen. Ein unerwarteter Besucher, in Form eines netten jungen Mannes, stand vor der Tür. Sie bat den Besucher zu warten und eilte zurück ans Bett.


    Saba! Es ist Quintus Flavius Flaccus. Er will Prisca unbedingt sehen. Ich bezweifle, dass es ihr recht ist und dennoch... er sollte sie sehen. Wir haben nichts zu verbergen! Komm, hilf mir, sie schön zu machen, er soll ihr blasses Gesicht nicht sehen. Machst du ihr die Haare? Eine einfache Frisur sollte reichen!! Die Minuten verstrichen mit einer gewissen Hektik. Nachdem sie fertig waren, öffnete Tilla die Türe und liess den jungen Flavier ein. Er hatte einen Rosenstrauß mitgebracht und setzte sich ungeniert auf Priscas Bett. Sie dämmert vor sich hin, aber sie kann dich hören. erklärte sie ihm. Tilla scheute sich nicht, eine Rose aus dem Strauß zu ziehen und den Blütenkopf unter Priscas Nase zu halten sowie den dornigen Stiel in Priscas Hand zu legen. Den Rest steckte Saba in eine bauchige Vase und stellte sie auf den Frisierstisch. Schliesslich zog die stumme Sklavin sich zurück, blieb neben dem Bett stehen und konnte somit hören, wie Flaccus sagte, dass es ihm leid tue, dass Prisca ihr Kind verloren hatte. Solange sie im Bett liege, wolle er sie täglich besuchen kommen. Die Dämmerung tauchte das Zimmer mit jeder weiteren Minute in ein dämmeriges Licht. Tilla zündete die Öllampen und Kerzen an. Schließlich ging Flaccus wieder und liess die Sklavinnen alleine mit der schlafenden Herrin zurück. Wieder setzte sich Tilla an Priscas Bett und nahm ihre Hand, sah Saba an. Das war nett von Flaccus. Ihr Mann war noch nicht da. Er kommt ganz bestimmt vorbei, um sie zu sehen. Willst du versuchen, Prisca den Saft einzuflüößen?

  • Aufmerksam lauschte Saba den Erklärungen ihrer Kollegin, beziehungsweise las sie die geflüsterten Worte von Tillas Lippen ab. Das funktionierte ganz gut, schließlich mussten sich die Sklaven sehr oft flüsternd oder nur mit Gesten untereinander verständigen, um nicht störend auf die Herrschaften zu wirken. "Du meinst sie ist komplett weggetreten?", formulierte es Saba ein wenig krasser während sie mit dem rechten Zeigefinger kleine kreisende Bewegungen an der Stirn vollführte. Skeptisch beäugte sie die Aurelia, die wieder friedlich zu schlafen schien und zuckte dann mit den Schultern. "Natürlich halten wir zusammen und helfen ihr. Was bleibt uns anderes übrig?! Wir sind ihre Sklavinnen.", bestätigte sie grinsend ihre Mithilfe und überlegte, wie sie das anstellen wollten. "Und was machen wir wenn sie sich wehrt? Bist du sicher, dass wir das alls mit ihr tun dürfen. Was sagt denn der Arzt dazu?", wollte sie lediglich sicher gehen, dass sie nichts täten was die Herrin oder die übrigen Herrschaften erzürnen könnte. Speziell diese Flavier! Schließlich war hier vor kurzem eine Sklavin getötet worden, bloß weil ihr irgend etwas wertvolles runter gefallen war - zumindest war ihr das so in etwa zu Ohren gekommen.


    Saba kam allerdings nicht dazu Tilla danach zu fragen, da es plötzlich an der Türe klopfte. "Qui..Fla..Flaccus WER? Was will der?", stieß sie sogleich erschrocken aus alsTilla ihr hektisch klar zu machen versuchte, dass Flavius Flaccus vor der Türe stünde und sie rasch die Herrin schön machen sollten. "Spinnst du? Wie soll ich das machen?" Schon war Saba aufgesprungen und lief aufgeregt im Zimmer umher, bis sie endlich einen Kamm fand. "Frisieren?" … und das in Sekunden?? Wie stellte Tilla sich das vor? Auch noch schminken und "was ist mit ihrem Gewand?" Saba warf Tilla einen entgeisterten Blick zu als hätte diese plötzlich den Verstand verloren - gehorchte aber.


    "Oh je, ohje, oh jemine.… Oh schlaf Herrin, bitte schlaf! … Oh schlaf du nur ruhig weiter, …ja?", jammerte Saba dann leise vor sich hin, während sie mit zittrigen Händen versuchte das Haar in Windeseile zurecht zu kämmen und zwangsläufig den Kopf immer wieder hin und her bewegen musste. "Meinst du das passt so? Herrje, wenn der Herr sie so sieht und sie irgendwann erfährt, dass ER sie so gesehen hat wird sie uns höchtpersönlich umbringen!", prophezeite die Ornatrix ihr und Tilla den Untergang, aber es half nichts und, naja…. irgendwie schafften sie es dann doch die Herrin einigermaßen passabel aussehen zu lassen, ehe der Herr den Raum betrat um der Kranken seine Aufwartung zu machen. Saba zog sich derweil etwas zurück in eine Ecke und beobachtete nur was er und Tilla taten. Hätten die Gebrüder Grimm damals bereits gelebt so hätte die Szene fast so gewirkt wie die Geschichte vom Schneewittchen, als diese im Glas-Sarg lag und der Prinz sie zu wecken versuchte. Fehlten eigentlich nur noch die sieben Zwerge ...


    … anstelle der zwei Sklavinnen, die wirkliches Glück hatten! Denn die Aurelia war derart erschöpft, dass sie tatsächlich schlief und rein gar nichts mitbekam von dem, was sich da in ihrem Zimmer abspielte. Lediglich der Duft der Rosen schaffte es ihr Unterbewusstsein zu erreichen und ließ die Gesichtszüge der Schlafenden entspannter wirken, träumte sie doch augenblicklich von einem Meer aus Rosenblüten, auf dem sie gebettet lag. Behütet in den Armen eines Königssohnes der sie hielt und ihr Geborgenheit schenkte. Seine angenehm sanfte Stimme kam Prisca so bekannt vor, doch konnte sie nicht sagen weshalb. Er redete zu ihr und obwohl sie ihn nicht verstand, tat es gut ihm zuzuhören. [SIZE=7]"Wer bist du? ... Geh nicht!... lass mich nicht allein"[/SIZE], murmelte Prisca ganz im Unterbewusstsein während sie weiter tief und fest schlief und die Stimme irgendwann wieder verstummte.


    Nachdem der Flavier wieder gegangen war, atmete Saba erst einmal tief durch und schüttelte den Kopf. "Nett? .. Das, ... das war...", rang sie vergeblich nach Worten. Sichtlich erschöpft ließ sie sich, gegenüber von Tilla, auf dem Bett nieder und winkte energisch ab: "Oh nein, den Saft flößt du ihr schön selbst ein. Mir ist schlecht und meine Hände zittern jetzt noch. " und hielt demonstrativ beide Hände hoch. Noch nie hatte Saba es in so kurzer Zeit angestellt, einer Herrin die Haare zu richten, die zudem nicht in der Lage war, das Werk abschließend zu beurteilen. Ihr war nicht wohl, ganz und gar nicht wohl, bei dem Gedanken, dass die Herrin eventuell sehr schlechte Laune haben könnte (falls sie denn je wieder erwachte) ...


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  • Weggetreten? Tilla konnte im ersten Moment mit dem Wort nicht viel anfangen und doch passte es wie die Faust aufs Auge. Da und doch nicht da war die Herrin. Sie war froh, dass Saba mit ihr zusammenhalten wollte. Tja, was war, wenn die Herrin sich wehrte, wusste Tilla noch gar nicht. Mama Esther hat gesagt, wir dürften uns nicht beirren lassen. Wir müssten Prisca aus dem Bett holen, damit diese ihre Welt verlasse und ins Leben zurückkehre. Und der Arzt? Gute Frage, der ist heute noch gar nicht aufgetaucht, obwohl er es gestern abend mit wichtiger Miene angekündigt hat. flüsterte sie leise Saba ihre Fragen beantwortend. Sie grinste schief, als Saba meinte, dass sie spinnt und zuckte mit den Schultern. Du machst das schon!! Tilla zog Prisca kein neues Gewand an. Das würde viel zu viel Zeit kosten und Saba außerdem von ihrer Aufgabe abhalten. Deshalb drapierte Tilla ein besonders schönes Tuch um Priscas Schultern und Brust herum und liess die Arme ab dem Ellenbogen abwärts frei. Sabas Gejammer hielt an. Tilla sah sie an. Ja, sie schläft, na und? Sei still, wir können nicht voraus sehen, wann es ihr zu Ohren kommt. Irgendwann wird sie fragen, was gewesen ist und ich werde sagen, dass ich alles zu ihrem Besten getan habe. Erleichtert atmete sie auf, als Priscas Mienenspiel weicher wurde und sie zu sprechen anfing. Irgendwie schien sie wahrzunehmen, dass jemand aus der Familie bei ihr am Bett saß. Dennoch reichte es nicht, dass sie wegen dem Gast die Augen öffnete und wieder ganz die alte Herrin war. Die stumme Sklavin entnahm die dornige Rose Priscas Händen und steckte sie zurück in den Strauß.


    Saba schien der plötzliche Ausbruch an Hektik ganz und gar nicht angenehm gewesen zu sein. In der Tat zitterten die Hände der älteren Mitsklavin. Hast du so viel darüber vergessen, wie es drüben in der Villa Aurelia war? Da gab es dieselbe gleiche Hektik, wenn die Herrin zum Beispiel ganz schnell ihre Freundinnen besuchen wollte oder Besuch empfangen musste. Oder von der Therme nach Hause aufbrechen, um pünktlich zur Cena daheim zu sein. Nach diesen Worten schob Tilla abermals ihren Arm unter Priscas Schulterblätter und Nacken, griff nach der flachen Schale und flöste der Herrin süßen Saft zwischen die Lippen. So geht das. Kleine Stückchen essen sollte sie nur in halber Sitzlage, denn sie darf sich nicht verschlucken. Erneut klopfte es an der Türe. Diesmal war es die flavische Sklavin, die sich mit Bettschüsseln auskannte. Sie gestand, dass sie diese Nacht viel zu tun hatte und nicht regelmässig kommen konnte. Deshalb würde ein Wickelumschlag um Priscas Intimzone ausreichen müssen. Tilla hob die Augenbrauen. Prisca sollte eine Windel tragen? Das allerdings war etwas, was sie der Herrin bestimmt nicht verraten würde. Immerhin war es eine 'vorübergehende' Notlösung. Das gesamte Bettzeug wechseln und waschen zu müssen, nahm viel mehr Zeit in Anspruch. Seufzend stimmte sie zu und sah genau zu, wie man das peinliche Ding der schlafenden Schönheit anlegte. Danach war Tilla mit Saba alleine und zeigte ihr, was sie sonst noch mit der Herrin angestellt hatte. Saba musste irgendwann zurück zu den Aureliern gehen. Mutter Esther kam nicht mehr vorbei und wie sie ihre Mutter kannte, würde diese ihren Besuch bestimmt nachholen. Tilla wachte bei Prisca, bis sie müde wurde. Ganz spontan verlegte sie ihr Nachtlager auf die Kline unterm Fenster im herrschaftlichen Zimmer und nächtigte dort.


    Die nächsten Tage vergingen aus Tillas Sicht schleppend langsam, da sich Priscas 'weggetretener' Zustand kaum veränderte. Mit Saba hatte sie eine Angst gemeinsam, sie trauten sich beide nicht Prisca zum Baden ins balneum zu bringen, denn Prisca könnte ja ertrinken. Die stumme Sklavin erlebte mehrere zornige Ausbrüche der Herrin mit. Sie trug aus dem letzten Ausbruch ein blaues Veilchen unter dem rechten Auge davon. Heute stand wegen einer Überraschung ein Ausflug in den flavischen Garten an. Tilla hatta Hektor und Luca gebeten, eine Kline derart handwerklich umzuwandeln, dass man diese, während Prisca darinnen lag, mit Hilfe der derzeit arbeitslosen und untätig herumsitzenden Leibwächter, durch die Villa tragen konnte. Eine hölzerne hohe Umrandung am oberen Drittel der Kline sorgte dafür, dass die Kissen, auf denen Priscas Oberkörper erhöht lag, nicht herausrutschen konnten. Am Fußende dagegen war die Kline verengt worden und bot mit derselben hölzernen Umrandung leidlich Platz für Priscas zierliche Füße. Eben jene umgebaute Kline liess Tilla von den Leibwächtern in den Garten bringen und unter eine, zwischen Bäume aufgespannte Plane zum Schutz vor der Sonne, direkt vor einen frisch eingepflanzten Rosenstrauch stellen. Die Leibwächter durften gehen. Tilla legte eine vorab abgeschnittene Rose in Priscas Hände und setzte sich zu ihr. Hier.. riech einmal, das ist für dich ein völlig neuer Duft, nicht wahr? Mutter Esther hat die Blumen gesehen und kaufen lassen. Jetzt stehen sie im Garten und du kannst sie jederzeit besuchen. flüsterte Tilla. Sie würde ihr ein weiteres Geheimnis nicht verraten, denn unter dem Rosenstrauch lag der Leichnam von ihrer Herrin erstes Kind. Gefällt er dir? Ich meine den Duft? Tilla war innerlich ziemlich nervös, denn der gestrenge Arzt hatte sich wieder einmal angekündigt. Doch, wann er kommen würde, war nicht abzusehen und sie hatte keine Lust bei dem schönen Sonnentag weder mit der Herrin drinnen warten zu müssen noch die geplante Überraschung sausen zu lassen.

  • Wann genau Prisca den Punkt erreichte, an dem ein Ruck durch ihren Körper und Geist ging und die Tür zurück in das Leben aufgestossen wurde, konnte sie selbst nicht sagen. Die Erinnerung an die Geschehnisse der vergangenen Tage war- wenn überhaupt - nur schleierhaft vorhanden: Der Königssohn, ihr vergeblicher Kampf gegen die Furien, die Gefangenschaft in Ketten in einem dunklen Kerker, aus dem es kein entkommen gab (respektive: Der Besuch des Flaviers, Der tägliche "Kampf "mit Tilla und Saba, die Bettlägerigkeit). Als hätte sie das Alles nur geträumt. Ein unerfüllter Traum, leider, wie die Aurelia feststellen musste als sie schließlich in die Realität zurück kehrte, doch ein Zurück gab es nicht (mehr) für sie. Alle Tränen die sie hatte, waren irgendwann vergossen und sie kapitulierte letzendlich vor der Frage nach dem 'Warum'. Warum ich, warum mein Kind, warum nur ...? Was geschehen war ließe sich nicht mehr ändern und egal wie schmerzhaft die Erinnerung auch für immer sein würde, letztendlich blieb ihr nur eine Wahl: Weiter so vor sich hin zu siechen - oder dem eigenen Leben ein Ende zu bereiten. Nur im Tod wäre alles für immer vorbei. Für immer? Nein! Es gab noch eine weitere Alternative: Das Leben selbst und der Glaube an die Zukunft. Ja! Prisca wollte leben! Sie wollte Kinder und sie wollte alles daran setzen eines Tages ein neues Leben auf diese Welt zu bringen. Das war ihr sehnlichster Wunsch und dafür war sie bereit den eigenen Tod klaglos in Kauf zu nehmen. Aber keine Sekunde eher, bis sie nicht das Schreien ihres Kindes vernommen hätte!


    So sei es! ,besiegelte Prisca eines Morgens für sich den Pakt mit dem Leben und schritt durch die Türe hindurch zurück in ihr "neues altes Leben"


    Die Aurelia öffnete die Augen, blickte in das Gesicht ihrer treuen Leibsklavin und nahm zum ersten Mal seit Tagen wieder bewusst die Umgebung wahr. Ich soll das gewesen sein? Dann muss ich wohl ziemlich weggetreten gewesen sein, wunderte sich Prisca zwar über das Veilchen unter Tillas Auge, doch eine Entschuldigung gab es dafür selbstverständlich keine. Etwas mulmig war der Aurelia allerdings schon, nicht nur weil sie sich schwach fühlte, sondern auch weil sie daran denken musste, wie hilflos sie die ganze Zeit über dagelegen haben muss. Du meine Güte. Wer hat mich denn gebadet und angezogen und wie habe ich das angestellt, wenn ich mal aufs … musste ich doch?, überlegte Prisca peinlich berührt über diese "Schwächen" die sie offensichtlich gezeigt hatte. Nur gut, dass niemand, außer dem Arzt, meinen Sklavinnen und Piso, meine Unpässlichkeit mitbekommen zu haben scheint. Hoffe ich zumindest … War da noch jemand gewesen? Vor ein paar Tagen? Oder täuschte sie sich da angesichts der Tatsache, dass sie augenblicklich hier im Garten saß und sich "nur" beobachtet fühlte von den vielen Sklavenaugen, die naturgemäß stets die Herrschaften und deren Wohl im Blickfeld hatten.


    Wahrscheinlich ist es so … noch etwas ungewohnt. Nachdenklich auf der Unterlippe kauend, starrte Prisca vor sich ins Leere und versuchte weiter Licht ins Dunkel ihrer Erinnerung zu bringen. Für einen Moment mochte sie deshalb wieder abwesend wirken, wie noch vor Tagen, bis die geflüsterten Worte ihrer Sklavin sie dieses Mal rascher in die Gegenwart zurück holten.


    "Wie bitte?", sah Prisca aus ihren Gedanken auf und gleich wieder hinaub auf ihre Hände, in die Tilla eine Rose gelegt hatte. Vorsichtig nahm sie die zarte Blüte mit dem betörenden Duft zwischen die Finger und hob sie an die Nase. "Mmm …ja sie duftet herrlich ...", entgegnete Prisca ihrer Sklavin dann mit trauriger Stimme und erst als ihre Augen hinüber zu besagtem Rosenbusch wanderten kam ein wages Lächeln hinzu: "Ja. Das ist wirklich ein sehr schöner Rosenbusch! ... Hast du ihn extra für mich gepflanzt? … Warst du eigentlich die ganze Zeit über an meinem Bett und war mein Mann auch oft bei mir? … W..wie habe ich mich denn eigentlich benommen? ", drängten sich ihr spontan so viele Fragen auf die sie, mit großen Augen und einer Mischung aus Dankbarkeit und Unwohlsein in ihnen, nacheinander zu stellen versuchte.

  • Flavius Flaccus besuchte im übrigen seine Tante jeden, setzte sich auf ihr Bett und sprach mit ihr. Tilla hatte den jungen, netten Mann gebeten immer zur selben Zeit zu kommen, eben aus folgenden Gründen, daß a) er nicht vor der Tür warten musste, bis er ins Krankenzimmer eintreten durfte und b) damit nicht jedes Mal die 'große' Hektik ausbrach. Leider hatte Piso, Priscas Ehemann, so viel zu tun, dass er sich nicht sehr um seine Frau kümmern konnte. Tilla hätte ihn gerne öfters an dem Bett seiner Frau gesehen, aber es ging nicht anders. Für den Ausflug im Garten hatte Tilla Prisca nicht sehr viel an Schminke aufgelegt, lediglich Puder auf die Wangen und Kajal um die Augen. Priscas geschwächter Körper zierte ein bequemes langärmeliges Gewand in den bevorzugten Lieblingsfarben sowie eine leichte Decke in einem freundlichen Türkisblau. Geduldig wartete die stumme Sklavin darauf, dass die Herrin wieder aufwachte. Die Pflege zehrte sehr an Tillas Kräften, obwohl sie sich mit Saba abwechselte, dennoch wollte sie unbedingt durchhalten.


    Dann endlich kam der Augenblick auf den sie seit dem Zusammenbruch hin-gewartet hatte. Mit sichtlicher Überraschung blickte sie in die dunklen Augen ihrer Herrin. Tilla erwiderte den Blick mit einem erfreuten Lächeln. Der Blick der Herrin schweifte ab und ging, wie so oft, ins Leere. Enttäuscht sah Tilla mit zusammengepressten Lippen zum prachtvoll blühenden Rosenstrauch. War es zu früh? Oder gar zu spät? Nein, da war noch Hoffnung. Wieder erklang Priscas Stimme und dieses Mal stellte diese lange nicht gehörte Stimme Fragen, gab sogar Kommentare ab. Ganz bestimmt war sie übermüdet oder ihre Sinne spielten einen Streich!! Tilla kniff sich in den Arm. Nein, sie träumte nicht. Meine Mutter Esther hat den Standort ausgesucht und dann habe ich ihn zusammen zusammen mit Hektor eingepflanzt. erzählte sie stotternd. Die ganze Zeit... wirklich die ganze Zeit war ich bei dir. Saba ist mir zu Hilfe gekommen. Dein Ehemann, nein, oft war er nicht bei dir. Es tut mir leid, Herrin. Aber... dafür freue ich mich riesig, dass du wach bist. Die letzte Frage errinnerte Tilla an das Veilchen. Sie berührte es vorsichtig und griff nach Priscas freier Hand, um sie sachte zu drücken. Du lagst zum großen Teil höchst friedlich im Bett, hast ab und zu gemurmelt und dich schließlich tatkräftig über fast alles beschwert. Es ist schon gut und es tut nicht mehr weh. Ihr Daumen wanderte derweil unbewusst übers Priscas Handrücken auf und ab. Wie fühlst du dich? Möchtest du etwas haben? Dieses Klinenbett haben Hektor und Luca allein für dich umgebaut, damit wir dich in den Garten tragen konnten, denn irgendwann wurde es zu eng in deinem Zimmer. Ich glaube nicht, dass es dir gefallen hätte, jeden Tag im Bett zu liegen. An Abwechslung hat es uns nicht gemangelt... lachte Tilla.

  • Mit einiger Verwunderung höre Prisca ihrer Sklavin zu und verstand nur die Hälfte von dem was Tilla sagte. Kein Wunder, schließlich fehlte ihr noch etwas die Orientierung. Nur soviel bekam sie mit, dass man sie anscheinend die letzten Tage ziemlich herum gehoben haben musste und, dass ihr Ehemann leider nicht so oft an ihrer Seite gewacht hatte, wie sie es in ihrem tiefsten Inneren erhofft hatte. Die Geschäfte gehen nun mal vor., redete sich Prisca ein und seufzte leise. Ob ihr Mann sie am Ende nicht mehr liebte, weil sie sein Kind verloren hatte? Fing sie an im Gedanken nach anderen Gründen zu suchen, weshalb er selbst jetzt nicht hier bei ihr war. "Nur" Tilla, ihre getreue Sklavin, war da sie und kümmerte sich wirklich rührend um ihr Wohl.


    Prisca blickte auf die Hände ihrer Sklavin, als diese liebevoll ihren Handrücken streichelten und schließlich ergriff sie die Hand und drückte sie leicht. Ein stummer Dank zwar nur, aber eine Geste der Wertschätzung für die all die Dienste die Tilla ihr erwiesen hatte. "Nein es hätte mir ganz sicher nicht gefallen den ganzen Tag über im Bett zu liegen. Das mit der Kline war eine gute Idee von dir", lobte Prisca den Einfall ihrer Sklavin mit einem Lächeln und betrachtete dabei die Konstruktion, welche man extra für sie gebaut hatte. Zugegeben eine sehr komfortable Lösung, nur wollte Prisca nicht länger wie eine kranke alte Frau herum getragen werden.


    Beherzt verstärkte die Aurelia den Griff um Tillas Hand, in der Absicht mit ihrer Hilfe aufzustehen, doch schon im Ansatz spürte sie, dass dieser Versuch zum scheitern verurteilt war. Sofort begannen schwarze Flecken vor ihren Augen herum zu tanzen, die Beine gaben nach und alles drehte sich. "Oh! M.. m..mir wird .. so .. schwindelig.", fiel Prisca leise stöhnend zurück auf die Liege und hielt dabei die Hand an die Stirn. Wie beschämend es doch war, so schwach und hilflos zu sein. Prisca schloss die Augen, presste die Lippen aufeinander und amtete ein paar mal tief durch die Nase durch. Langsam wurde es wieder besser. Bring mir etwas Wasser!", bat sie ihre Sklavin um einen Schluck zu trinken und hoffte, dass es damit gleich besser werden würde.


    "Was seh ich denn da? Aurelia! Oh welch eine Freude dich endlich wach zu sehen! ", trällerte in dem Augenblick eine wohl bekannte Stimme ganz in der Nähe los. Schnaufend näherte sich der füllige medicus mit kleinen tippelnden Schritten, sein Gesicht leicht gerötet aber mit einem stahlenden Lachen darauf. War es echte Freude oder mehr die Erleichterung darüber, dass seine hochgestellte Patientin offensichtlich über den Berg war? Eine tote Patrizierin als Patientin wäre schließlich kein gutes Aushängeschild für seinen guten Ruf und dieser war bis dato unbescholten, angesichts seiner langjährigen Erfahrung. Mit ein Grund, warum Prisca gerade ihn mit auf der Liste der Leibärzte führte.


    "Nun ich kann nicht unbedingt behaupten, dass ich mich freue dich zu sehen, Galvanus. Was sicherlich daran liegen mag, dass es mir jedesmal schlecht geht wenn du mich besuchst.", grüßte Prisca den Arzt mit matter Stimme zwar, aber in der typischen Art wie sie es bei ihm stets zu tun pflegte. Galvanus lachte laut auf, denn er kannte diese kleinen Sticheleien und nahm es nicht weiter persönlich. "Hahaha! Wie ich sehe hast du deinen Humor nicht verloren, Aurelia. Ein gutes Zeichen. Ein sehr gutes Zeichen! Da bleibt nicht mehr viel für mich zu tun", erwiderte Galvanus eine leichte Verbeugung andeutend ehe er seinen Sklaven den Wink gab, seine mitgebrachten Utensilien auf einem der nahestehenden Tische auszubreiten. Mehr zur Schau denn eigentlich war der griechische Gelehrte überzeugt, dass es nicht mehr viel zu untersuchen gäbe. Sicher war die Aurelia noch sehr schwach, doch das kam hauptsächlich vom vielen Liegen. Körperlich fehlte ihr nichts, soweit hatte er sich bereits bei seinen vorangegangenen Untersuchungen überzeugt. "Nun denn, wollen wir mit der Untersuchung beginnen, Werteste?", fragte Galvanus deshalb geschäftig nach. Er wollte keine Zeit verlieren, denn er hatte noch einige Hausbesuche vor sich und so legte er auch sofort los, nachdem Prisca ihm mit einem Nicken zugestimmt hatte.


    "Du da!", deutete er auf Tilla. "Hilf deiner Herrin auf. Ich möchte, dass sie ein paar Schritte vor mir auf und ab geht!", war seine erste Anweisung um zu sehen, wie stark oder schwach seine Patientin tatsächlich auf den Beinen war. Während Galvanus die Frauen im Auge behielt machte er sich gleichzeitig daran, seine mitgebrachten Töpfchen und Schalen nach einem passenden Stärkungsmittel abzusuchen.

  • Verstehst du mich? fragte Tilla, als sie anstatt Antworten zuerst nur stumme Blicke erntete. Der Händedruck und die wenigen Worte aus dem Munde der Herrin beruhigten sie. Sie war sowas von erleichtert, dass die Herrin erwacht war, es war ein unbeschreibliches Gefühl. Dann wollte Prisca aufstehen und sich auf die Beine stellen. Nicht so hastig... warnte Tilla und stützte die Herrin mit einem Arm um den Rücken herum, bis diese sicher auf den weichen Kissen lag. Den erwähnten Schwindel kannte Tilla von ihrer eigenen Krankheit her, als sie damals im hohen Fieber lag. Es hatte einige Tage gedauert, bis sie wieder kräftig genug gewesen war, um aufstehen zu können. Hier.... reichte sie der Herrin den halbvollen Becher mit purem Wasser. Halbvoll deshalb, weil sie nicht wusste, wieviel Kraft die Herrin hatte, um einen bis zum Rand vollen Becher alleine halten zu können.


    Dann kam endlich der Arzt. Hauptsache, er kommt zu Besuch und kann erklären, wie ich Prisca weiter helfen kann. Ganz besonders, frage ich mich, wie sie wieder zu Kräften kommt. dachte Tilla bei sich und grüßte die Neuankömmlinge mit einem stummen Nicken. Schweigend beobachtete sie den Sklaven des Arztes, der die vielen Utensilien auspackte und auf dem Tischchen ausbreitete. Das lässt er immer machen und benutzt nichts davon. Wozu denn? Zum angeben, daß er soviel besitzt?? Tilla nahm Prisca den Becher ab und reichte ihr zur Unterstützung abermals ihre Hände. Ich bitte dich, mach langsam, Herrin, du bist gerade erst aufgewacht. mahnte die stumme Sklavin leise flüsternd. Sorgsam legte sie wieder ihren Arm um Priscas Rücken herum und schob die Hand zur Sicherheit unter Priscas Achsel. Halte dich an meiner anderen Hand fest, ja? Nun dürfte nicht viel mehr schief gehen. Schließlich setzte sie sich auf die unbesetzte Seite des Klinenbettes neben Prisca, wartete auf die Worte des Arztes und was er jetzt machen würde. Sie wird doch wieder ganz gesund..., nicht wahr? platzte Tillas dringendste Frage heraus.

  • Dank Tillas Hilfe schaffte es Prisca dieses Mal auf die Beine, wobei sie die Zähne zusammen beissen musste, um dem Schwindel und den nachgebenden Beinen zu trotzen. Mühsam - aber immerhin schaffte es die Aurelia sogar einmal auf und ab zu gehen, ehe sie wieder eine Pause einlegen musste. "Ich hoffe du verlangst jetzt nicht auch noch, dass ich vor dir tanze oder herum springe?!", presste die Aurelia völlig außer Atem hervor, dem Arzt gleichzeitig einen giftigen Blick zu werfend. Sie war ihm nicht einmal böse, dass er sie hier so herum scheuchte vielmehr ärgerte sie sich über die eigene Schwäche, die sie zeigte.


    "Oh nein nein nein. So etwas würde ich doch niemals von dir verlangen Herrin", hob Galvanus sofort beschwichtigend die Hände, wobei sein gütiges Lächeln deutlich machte, dass er ihre Stichelei nicht allzu ernst nahm. "Du darfst dich wieder setzen. Ich bin sehr zufrieden mit dem was ich sehe", nickte Galvanus und deutete beiläufig auf die Kline, um sich derweil wieder seinen zahlreichen Töpfchen und Schälchen zu widmen. "Zu gütig", zischte Prisca auf seine Worte hin und verharrte noch einen Moment im stehen ehe sie Tilla andeutete, dass sie lieber in einem der Korbsessel Platz nehmen wollte. "Und wie ist nun dein Befund, Galvanus?", richtete sie schließlich das Wort wieder an ihren Arzt. Dieses Mal zitterte ihre Stimme hörbar, jedoch vor Anstrengung oder Wut, sondern weil ihr eine brennende Frage auf der Zunge lag: "Abgesehen davon, dass du mit meinen Fortschritten zufrieden bist, … sag mir, ...werde ich wieder Kinder bekommen können?" Priscas Miene war voller Sorge und Angst, war sie innerlich doch bereits auf das Schlimmste gefasst und dementsprechend drängte es sie endlich nach Gewissheit.


    "Kinder? …. Hmmm", murmelte Galvanus noch völlig in seine Arbeit vertieft, womit er unabsichtlich die blanken Nerven der Aurelia noch mehr strapazierte. "Ja Kinder! Nun sag endlich was mit mir los ist!" - "Nun ….", drehte der Arzt sich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich zu seiner Patientin um und lächelte breit: "Aber ja doch! Natürlich kannst du noch Kinder bekommen. Soweit ich das - meinen Untersuchungen und meiner langjährigen Erfahrung nach - beurteilen kann, hat dein Körper keinen bleibenden Schaden genommen. Naja, sicherlich fühlst du dich momentan sehr schwach und deine Seele trauert noch immer, aber das ist ganz normal nach so einem … ehm, du weißt schon", versuchte Galvanus, mit der Hand in der Luft herum wedelnd, diesen "Vorfall" schnell als vergangen abzutun. "Hier! Ich habe dir ein Stärkungsmittel gemischt. Nimm dreimal täglich einen Löffel davon, verdünnt in Wasser, bis es aufgebraucht ist. Meide noch ein wenig den Wein. Geh an die frische Luft und versuche dich mit schönen Dingen abzulenken. Halte dich an meine Weisungen und alles wird gut", verordnete Galvanus sein Rezept und reichte damit den Beutel mit der Medizin an Tilla weiter. Dann machte Galvanus eine Pause und hob erwartungsvoll die Brauen in der Hoffnung, dass die Aurelia ihn nunmehr aus seinen Diensten entlassen und entlohnen würde.


    "Und alles wird gut … Aha, so einfach ist das also ", schnaubte Prisca nur wenig amüsiert über seine Worte. Innerlich atmete sie jedoch auf und ein riesiger Stein fiel ihr vom Herzen als sie hörte, dass sie noch Kinder zur Welt bringen könne. Warum also sich über diesen Kerl weiter aufregen. "Für diesen Ratschlag erwartest du hoffentlich kein Extra-Honorar.", fügte Prisca schließlich sarkastisch klingend hinzu und winkte genervt ab. "Aber gut, ich werde deine Anweisungen befolgen. Ich danke dir für deine Dienste, Galvanus. Nun geh und lass dir deinen Lohn auszahlen. Ich hoffe wir sehen uns so bald nicht wieder!" und schickte ihn, samt seinem Sklaven und der vielen Utensilien, endgültig fort.


    Nachdem der Arzt gegangen war winkte Prisca ihre Sklavin zu sich und deutete an, dass sie sich wieder erheben möchte. "Tilla! Ich möchte ein bisschen im Garten spazieren gehen. Zu dem Löwenbrunnen! Ich möchte sehen wie weit die Bauarbeiten sind", forderte die Aurelia spontan und voller Tatendrang. Das Ziel sollte jener Ort sein, an dem sie ihrem Mann (nach seiner langen Krankheit) das erste Mal wieder begegnet war und ohne recht zu wissen warum, zog es Prisca geradewegs dorthin.

  • Tilla hatte die ältere Frau vorgewarnt und gab sich viel Mühe damit, diese auf ihren schwachen Beinen aufrecht zu halten. Es war ohnehin abzusehen gewesen, dass Prisca so kurz nach dem Erwachen sehr viel Halt und Unterstützung brauchte. Tilla hörte den ärgerlichen Stimmenklang, der bei der Herrin zu hören war. Neben der Bettkline waren bequeme Korbstühle vorhanden. Natürlich half sie Prisca sich in ein solches Möbelstück zu setzen, wenn diese es wünschte. Eigentlich sollte sich die Herrin wieder hinlegen und ausruhen.


    Mit gespitzten Ohren lauschte sie der Unterhaltung zwischen verärgerter Herrin und gedankenlosem Mediziner. Vor lauter Pflege hatte sie nicht mehr an beziehungsweise über die Gebärfähigkeit und nachfolgenden Kinder der Herrin nachgedacht: das altbekannte 'Was wäre-wenn..?'-Spiel. Auch der stummen Sklavin plumpste ein Stein vom Herzen, dass die Herrin immer noch Kinder bekommen konnte. Der Mediziner bestätigte zudem die körperliche Schwäche und dass die Seelre ihrer Herrin noch trauern würde. Woran er letzteres bloß erkannt hatte? Tilla war überrascht und berührte unbewusst ihr Veilchen unterm Auge.


    Mit einem Nicken nahm sie den gefüllten Beutel Medizin entgegen. Wenn Mutter Esther zu Besuch kam, würde sie ihn ihr diesen geben und bitten nachzuschauen, was genau das für ein Stärkungsmittel war. Tilla hatte bemerkt, dass ihre Mutter dem Mediziner nicht über den Weg traute. Noch hatten sie nicht darüber gesprochen. Und Tilla vertraute dem zumeist kostenlosen Rat ihrer kräuterkundigen Mutter mehr als Medizinern. Ihrem Gefühl nach schien der Mediziner es letztendlich auf die klimpernden Münzen abgesehen zu haben. Das war keine Untersuchung gewesen, das war ein Schaulaufen und süße Worte raspeln gewesen. Den Beutel verstaute sie am Fußende der Bettkline unter der zruückgeschlagenen türkisblauen Decke. Die Herrin erlaubte dem Mediziner und seinem Sklaven zu gehen, wobei das Zusammenpacken der Utensilien dauerte.


    Sie wollte der Herrin den Becher Wasser reichen, aber die Herrin wollte was anderes machen. Zum Brunnen? Das ist aber ein weiter Weg bis dahin, Herrin. Sie reichte der Herrin ihre beiden Hände und zog sie sachte auf die Füße, um schliesslich wie vorhin einen Arm um den Rücken herum und die Hand unter die Achsel zu schieben sowie die freie Hand zum weiteren Festhalten darzubieten. Mit kleinen Schritten gingen sie zusammen los. In der Nähe waren die Leibwächter anwesend. Sie waren zurückgekehrt, um den Mediziner zu überwachen und eine prüfende Runde durch den Garten zu drehen. Immerhin eine sinnvolle Beschäftigung als um Münzen zu würfeln und zu trinken.


    Geht es? Wir drehen um, wenn du erschöpft bist. Ich bitte dich, mach langsam, Herrin, du bist gerade erst aufgewacht. wiederholte sie die letzten Worte, bei denen sie den Eindruck hatte, dass sie nicht angekommen waren. Ich kann dir erzählen, wie weit sie bisher gebaut haben. Die Mähne ist wundervoll ausgemeißelt worden. Aber am Körper des Löwen fehlen einige typische Details, die mir aufgefallen sind. Ich weiß nicht, ob sie korrigiert werden. Der Löwenschwanz am Hintern war vorhanden, an jeder Pfote jedoch trug das gewaltige Tier nur zwei Krallen. Löwen und Katzen besaßen aber vier Krallen!, das wußte Tilla. Eine Bank aus Marmor ohne Rückenlehne tauchte vor ihnen auf. Eine Pause, Herrin?

  • "Ja, ich will bis zum Brunnen! … und … jaha, ich mach ja schon langsam. Bin ich denn eine alte Frau, dass du mich derart behandelst?", versuchte Prisca mit ihrer Sklavin zu streiten obwohl sie genau wusste, dass sie es ohne Tillas Hilfe keine fünf Meter schaffen würde . Im Grunde war sie nur wütend auf sich selbst, weil ihr Körper nicht so wollte wie ihr Geist. Am Ehrgeiz haperte es jedenfalls nicht, nur an der Geduld und so musste sich Prisca regelrecht zwingen, es langsam an zu gehen. Ganz langsam! Schritt für Schritt "Ist ja schon gut Tilla. Ich sage dir schon, wenn ich nicht mehr kann. … Aber erzähl mir ruhig von dem Baufortschritt. Ich war lange nicht mehr dort und bin schon sehr gespannt wie das Kunstwerk aussieht , folgte es sogleich im versöhnlichen Tonfall, wobei die Aurelia durch das Gehen und reden mehr und mehr außer Atem kam.


    Zum Glück kam der Brunnen und die Bank bereits in Sicht, auf die sich die Aurelia schnaufend, auf ihre Sklavin gestützt, nieder ließ. Puh! War das anstrengend, holte Prisca erst einmal tief Luft ehe sie fähig war den Blick und ihre Aufmerksamkeit auf das neu errichtete Kunstwerk zu richten.


    "Wie? Was soll daran korrigiert werden? Der Löwe ist doch wunderschön heraus gearbeitet, oder etwa nicht?", erinnerte sie sich wieder an Tillas Bemerkung von eben und konnte an dem Tier aber nichts erkennen, das einer Korrektur bedürfte. Fragend blickte sie Tilla an und dann wieder auf steinernen Löwen, dessen Ähnlichkeit mit dem Löwenkopf auf dem aurelischen Familienwappen unverkennbar war. Ob Piso die Züge der anmutigen Großkatze absichtlich so gestalten hatte lassen? Gut möglich. Schließlich hatte er die Bauarbeiten höchstpersönlich überwacht und seinem ästhetisch geschultem Auge wäre dabei ganz sicher kein noch so kleiner Fauxpas entgangen. … Oder doch? Naja, die fehlenden Krallen an den Pfoten waren natürlich ein eklatanter Fehler, welcher jedoch Priscas prüfendem Blick bislang verborgen geblieben war. Eher hatte sie Bedenken, dass der Bildhauer an einer anderen Stelle etwas zu viel des Guten heraus gemeißelt hatte. Konkret blieb ihr Blick an dem Gemächt des Königs der Tiere "hängen", welches doch etwas groß geraten war. Ob allerdings jemand dadurch Anstoß an der Skulptur nehmen würde war eher zweifelhaft. "Hmm, naja …. DAS da ...", deutete Prisca vorsichtig, mit ausgestrecktem Zeigefinger auf den 'kleinen Löwen' : "… hätte man durchaus etwas dezenter gestalten können, oder?", meinte sie dazu und konnte ein amüsiertes Kichern nicht unterdrücken.

  • Tilla konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Alte Frauen sind schwach! Die muss man immerzu auf den Arm nehmen! erwiderte sie ungerührt und zwinkerte. Das Zwinkern hätte sie unterlassen sollen. Nun schmerzte das Veilchen-Auge. Nickend nahm sie Priscas Worte hin, dass diese sagen würde, wenn sie nicht mehr konnte und konzentrierte sich darauf, die ältere Frau bis zum Ziel zu bringen. Vom Baufortschritt? Oh, du solltest besser selber nachsehen. Ich habe keine Ahnung, was Piso sich gedacht hat. Und ja, du warst sehr lange nicht mehr da. Ich finde es bis auf ein paar Kleinigkeiten ganz gelungen.


    Die Bank kam in Sicht und mit jedem Schritt kamen sie ihr immer näher. Tilla setzte sich mit Prisca, hielt sie mit ihrer Unterstützung aufrecht sitzend fest. Ja, schön gearbeitet ist er. Schau auf seine Krallen... er hat nur zwei anstatt vier. Das linke Auge liegt etwas tiefer als das andere. Saba meint, das kommt auf den Blickwinkel an. begann Tilla und folgte dem Blick der Herrin. DAS war ihr nicht aufgefallen, aber sie wusste die passende Geschichte dazu. Peinlich berührt über die offensichtliche Gestaltung des wichtigsten Details lief Tilla rot an und brachte ein verlegenes Lächeln zustande.


    Ähm.. das da... ja.. hrmm... ich weiß warum. Einer von Pisos Klienten, der angeblich Ahnung über Bildhauerei hat, sollte die Arbeiten überwachen. Der Bildhauer arbeitete mit seinem Lehrling an dem 'Ding'. Beide redeten währenddessen über ihre Frauen und ihre Bettgeschichten. Der Klient hat zugehört und mitgeredet. Die anderen Sklaven sind immer wieder vorbeigeschlichen und haben mitgehört. Im Verlauf der Arbeiten hat der Bildhauer gemeint, dass Pisos zeichnerischer Entwurf mickrig wirken würde und es kurzerhand vergrößert, also mehr Stein dran gelassen als.. ähm... vorgesehen war. Naja.. deinen Mann hat es nicht gestört, er war begeistert und hat es nicht mehr abändern wollen. erzählte Tilla mit einer gewissen Schamesröte im Gesicht. Ich hoffe, dass der Klient und der Bildhauer mit seinem Lehrling schweigen werden.

  • Mit einiger Verwunderung 'hörte' Prisca die Geschichte, die sich angeblich um die Entstehung jener Skulptur, mit ihren eigenartigen Pranken und dem überdimensionalen Gemächt, rankte. Gespräche über ihre Frauen waren also der Anlass gewesen, dass der Bildhauer sich gemüßigt gefühlt hatte etwas mehr an dem Löwen dran zu lassen? Das klingt aber sehr seltsam Andererseits … "Pah! Männer!" und deren Phantasie, drückte Prisca schließlich in einer Mischung aus Amüsiertheit und Unverständnis ihre Meinung dazu aus. Wäre ja nicht das erste Mal, dass derartige Phantasien sich in Gemälden, Mosaiken und sonstigen Kunstwerken wiederfanden - insbesondere an ganz speziellen Orten. Davon hatte sich die Aurelia sogar selbst überzeugen können, auf ihrem "kleinen Studienausflug" ins lupanar, oder dem ein oder anderen feucht-fröhlichen Gelage, aber gut. Das lag schon einige Zeit zurück und außerdem war der Garten der villa Flavia weder ein lupanar, noch sollte der Löwen-Brunnen irgendwelche Männerphantasien beflügeln. ...


    Aulus soll begeistert gewesen sein? Als Prisca merkte, dass sie gedankenversunken die ganze Zeit über auf das Ding da gestarrt hatte machte sie schnell eine wegwerfende Handbewegung:"Ehm, so kann das auf alle Fälle nicht bleiben. Der Bildhauer soll kommen und das irgendwie beseitigen oder kaschieren. Wie ist mir egal", ordnete die Aurelia kurzerhand die Abänderung der Skulptur an ohne weiter darüber nach grübeln zu wollen wem in Wirklichkeit die Idee gekommen war, den Löwen so zu verunstalten.


    "So und nun bring mich zurück in meine Gemächer. Ich fühle mich erschöpft und möchte mich wieder hin legen." Mit einem Wink gab Prisca ihrer Slavin zu verstehen, dass sie allein aufstehen wollte und siehe da, es fiel ihr schon ein bisschen leichter. Wie gut doch die frische Luft tat! Nach ein paar Schritten war Prisca jedoch froh über Tillas stützende Hände und zusammen mit ihr spazierte die junge Patrizierin langsam zurück zur villa und überließ den Anblick des Löwen wieder ganz den Vögeln, denen die Löwenstatue mittlerweile als willkommener Lande- und Rastplatz diente.

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