Cubiculum Faustus Decimus Serapio (ehemaliges)

  • So kühl...? Ich neigte den Kopf zur Seite. "Das ist sie gar nicht. Das sieht nur so aus. In Wirklichkeit ist sie ganz warmherzig." Aber es mochte schon recht abschreckend wirken wenn man sie nicht kannte. "Weißt du, sie hat sich hier sehr lange um das Haus und die Familienangelegenheiten gekümmert – allein! - während wir anderen alle über das Imperium verteilt waren... bei den Legionen oder sonstwo... Und da muß man halt auch mal ein bisschen strenger sein, damit alles gut läuft..."
    Kein Eheversprechen, das hörte ich gern. "Na, jetzt bist du aber eine mehr als gute! Mach dir keine Sorgen. Ich werde mal mit deinem Bruder sprechen, und mal die Augen offen halten nach einem guten Kandidaten für dich.... - Massa, ja, Massa ist in Misenum. Bei der Flotte. Aber ich hab mich dafür eingesetzt dass er noch Rom versetzt wird," erzählte ich mit leuchtenden Augen. "also kommt er wohl bald hierher... wieso flüchten?! Hm?! Oh je. Soo gefählich hätte ich dich nun gar nicht eingeschätzt," neckte ich sie vergnügt.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Das fröhliche Glucksen wurde lauter. Tante Mena hat früher Massa immer befohlen auf mich aufzupassen. Er mußte mich von Meerungeheuern retten und davor mich nicht in die Wellen zu stürzen. Und vor so manch anderen unüberlegtem Abenteuer... Sie grinste und erinnerte sich an einige Eskapaden die Massa mit der kleinen Stella erlebt hatte, von auf Bäume klettern und nicht wieder hinunterkommen über Raufereien, aus denen er sie dann ziehen mußte.

  • "Massa ist ein guter Retter..." Auch vor Wüstenungeheuern, dachte ich, und... allen möglichen anderen Monstern, äusseren und inneren... Da hatten Stella und ich also etwas gemeinsam. "Er wird sich sehr freuen dich wiederzusehen."
    Ravdushara kehrte zurück, er hatte den Strauß in einer Vase aus zartgrünem geschliffenem Flussspat untergebracht.
    "Stell ihn da hin..." Ich wies auf das Tischchen, stand dann auf und rückte die Blumen selbst zurecht, so dass sie maximal zur Geltung kamen. "Also vielen Dank nochmal, Stella! Und wenn du irgendwas brauchst, dann sag bescheid, ja?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Lebhaft hüpfte sie von der Bank am Fenster und trat zu Faustus, stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Das werde ich. Schlaf du gut. Und danke für alles...
    Ein freundliches Lächeln an Rav veabschiedete sich der Lockenkopf und machte sich auf den Rückweg zu ihrem Cubiculum.

  • "Gute Nacht!" Lächelnd sah ich ihr nach.
    "Sie ist ein Sonnenschein..." meinte ich halb zu mir selbst, halb zu Ravdushara, "...oder sollte ich sagen ein Sternenschein...?"
    Ich sog noch einmal tief den Duft der herrlichen Blumen ein, dann stellte ich mich wieder vor den Spiegel und wir fuhren mit der Anprobe fort. Mein Sklave umgürtete mich mit Prunk-Cingulum und Prunk-Schwert in Prunk-Schwertscheide, dann kam der Helm, und der machte das ganze komplett. Ravdushara lockerte nochmal den Federbusch auf, so dass er bei jeder meiner Bewegungen majestätisch wogte... doch das war so ganz in Ordnung. Ein junger Mars! Doch, die Parade konnte kommen...

  • Müde von der Last des Tages betrat ich mein Cubiculum. Heiß und schwül war es heute, ausserdem hatte ich wieder echt unangenehme Stunden in den Tiefen der Castra verbringen müssen, Befragungen und Verhöre... ich sehnte mich nach einer kühlen Waschung und einer entspannenden Massage vor der Cena. Am liebsten mit Zimtöl.
    Ravdushara half mir die Rüstung abzunehmen und verstaute sie auf dem Rüstungsständer, dann streifte ich das durchgeschwitzte Subarmalium ab und warf es achtlos auf den Boden. Meine Leinentunika klebte förmlich am Körper. Ich öffnete die Fenster, doch von draussen kam nur ein stickiger Luftzug. Warum nochmal hatten die Senatoren im heißen Hochsommer Sitzungspause, während wir Equites durcharbeiten mußten?! (Natürlich weil unsere Arbeit wichtig war, während man auf den Senat leicht verzichten konnte, trotzdem war es nicht fair...)
    "Du hast Post aus Misenum." machte mich Ravdushara auf einen Brief aufmerksam, der auf dem zierlichen Tischchen am Fenster meiner harrte.
    "Oh!" Eilig ergriff ich ihn, brach das Siegel, lächelte breit als ich Massas Handschrift erkannte. Ich erwartete ihn schon ungeduldig, sicher kündigte er mir hier seine baldige Ankunft an.
    Dann las ich, und meine Miene wurde starr. Und starrer.
    Er schrieb:


    "Salve Faustus, dein Befehl ist hier eingetroffen. Ich habe ihn dem Praefecten vorgelegt. Im Gegenzug hat er mich vor die Wahl gestellt. Classis oder Praetorianer. Du hast dich in deinem Brief nicht weiter dazu geäußert. Also nehme ich an, dass ich als Miles beim Skorpion angefangen hätte. So wie es die Regel ist. Einen Rang niedriger als man besitzt. Allein die Ehre zu den Praetorianern zu gehören. Du hast dich für mich eingesetzt und ich schulde dir einen Großen Gefallen. Ich weiß nicht, ob ich das je wieder gut machen kann. Es war wahrscheinlich die einzige Chance für mich, nach Rom und in deine Nähe zu kommen. Warum habe ich mich dazu entschlossen bei der classis zu bleiben. Ich habe dem Praefecten viel zu verdanken. Bin quasi seine rechte Hand. Er vertraut mir. "


    Eine kalte Hand griff nach meiner Brust. Bleich ließ ich mich in den nächsten Stuhl sinken, und starrte ungläubig auf die Worte. Aber... das konnte doch nicht wahr sein.
    Du hättest es wissen müssen, Faustus. Du bist ein dummer Narr, Faustus. Hast du es nicht gewusst, schon an dem Morgen in Misenum?! Hast du es nicht gewußt, schon in dem Moment als er dir sagte 'ja', dass er nach Rom kommen wird?! Du bist selbst schuld Faustus, du hast dir wieder einmal etwas vorgemacht, das kannst du ja wirklich gut...
    Eine Träne rollte mir über die Wange, dann noch eine... Ich blinzelte, las die restlichen Worte wie durch einen verschwommenen Schleier.


    "Würde ich jetzt gehen, wäre es für mich wie die Flucht vor dem Feind. Auch wenn du sagst in Rom ist es nicht minder gefährlich. Der Gedanke allein, den Praefecten, die Kameraden hier im Stich gelassen zu haben, würde mich ewig verfolgen.
    Dazu kommt, das ich mich in Rom nur wie ein Gast und Freund des Hauses fühlen würde.
    Hier in Misenum bei der classis wartet viel Arbeit auf mich, die beste Möglichkeit, den Grübeleien zu entfliehen. Du fehlst mir. Ich zehre von unserem letzten Zusammentreffen. Du hast recht, ich sollte mich in der Stadt nach einer Ablenkung umsehen. Bis wir uns wieder sehen, wird eine Menge Zeit ins Land und über Wasser gehen.
    Mögen dich die Götter schützen, Fortuna mit dir sein. Vale bene. Appius Decimus Massa."



    "Wie kann er mir das antun..." flüsterte ich, den Brief langsam mit unsäglichem Grimm zwischen den Fingern zerknüllend. "Und nicht ein Wort, nicht ein einziges Wort... Ich bau ihm goldene Brücken und reiß mir den Arsch für ihn auf und tu alles und er... er lügt, er serviert mich gnadenlos ab... wie... - Wie, bei Eros und Anteros kann er mir das ANTUN??!!!" Es riss mich auf die Füße, und mit einer einzigen Bewegung, warf ich das zerknitterte Ding zu Boden, fegte den Tisch hinterher, so zornentbrannt dass das zierliche Stück zerbrach und die Zitrusholz-Splitter in alle Richtungen flogen.
    "Das sind doch SCHEISS-AUSREDEN!! Ich kann es nicht FASSEN, DASS ER MICH SO BETROGEN HAT!!!" heulte ich auf, und Ravdushara ging in Deckung, aber ich stand nur noch da, mit geballten Fäusten, zitternd vor Zorn... bis ich schließlich in mich zusammensank, und das Gesicht in den Händen verbarg. Das durfte nicht wahr sein. Das sollte nicht wahr sein. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte es mir doch versprochen. Er hatte doch ja gesagt. Es war doch schön gewesen, nebeneinander aufzuwachen. Du warst in meinem Traum, das hatte er gesagt. Doch was war es in Wirklichkeit gewesen?! Leere, leere Worte, Leere, die ich mit meinen Wünschen angefüllt hatte, das war bei Hannibal so gewesen, das war bei Aton so gewesen, das war bei Massa so gewesen, und jetzt... wieder........


    >>

  • Als Seiana die Nachricht von ihrem Bruder bekommen hatte, hatte sie nur kurz geantwortet – nicht mehr als eine mündliche Botschaft, überbracht von einem Sklaven, die nicht mehr beinhaltete als: ich komme. Was sie am Abend des darauffolgenden Tages auch tat. Selbst wenn sie Termine gehabt hätte, hätte sie sie wohl abgesagt, wenn es sich irgendwie hätte einrichten lassen. Sie sah ihren Bruder viel zu selten, dafür dass sie nun beide wieder in Rom waren... auch wenn sie ja bereits aus ihrer Ehe wusste, wie viel der Prätorianerpräfekt um die Ohren hatte. Und sie selbst hatte auch nicht wenig zu tun. Umso mehr ein Grund, seiner Einladung nachzukommen. Und davon ganz abgesehen: seine Botschaft hatte ziemlich deutlich anklingen lassen, dass es ihm wichtig war, mit ihr zu reden, und beides – sowohl was Massa anging als auch diese Cousine – interessierte Seiana auch.


    Zum vereinbarten Zeitpunkt also war sie zur Casa Decima gekommen, Ephialtes hatte sie eingelassen, und während ihre Leibwächter sich in die Küche zu Candace zurückzogen, ließ sie sich von Silas zu ihrem Bruder bringen.

  • Ich erwartete den Besuch meiner Schwester schon ungeduldig, und als sich vom Gang her Schritte näherten, trat ich schnell in die offene Tür.
    "Ah, da bist du...!" Ich schloß sie in die Arme, voll Erleichterung sie zu sehen. Die letzten Tage, seit dem Brief aus Misenum, die waren nicht so gut gewesen... ich stand ein wenig neben mir. Aber Seiana war mein Fels in der Brandung.
    Komm rein!" Ich schickte die Sklaven weg und schloß die Türe hinter uns. Dann auch das Fenster, damit nichts von unseren Worten in den Innenhof drang.
    "Irgendwie... scheinen wir uns fast nur dann zu sehen, wenn irgendwas nicht stimmt." bemerkte ich ein wenig betreten, während ich ihr einen Becher hinstellte, uns verdünnten Wein einschenkte, mich dann auf die Fensterbank setzte. "Danke dass du gleich gekommen bist... ich bin gerade... ein bisschen ratlos... - Aber sag erstmal wie es dir überhaupt geht!"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Seiana erwiderte die Umarmung, und zum ersten Mal seit Tagen spürte sie, wie sich wenigstens ein Teil ihrer inneren Anspannung zu lösen begann. Allein Faustus' Gegenwart wirkte schon so, obwohl es nichts gab, was er tun konnte um ihr momentan zu helfen. „Schön dich zu sehen“, murmelte sie noch in der Umarmung, dann folgte sie seiner Aufforderung und trat ein, sah zu, wie er die Sklaven fortschickte, wie er den Raum so sorgfältig verschloss, und fragte sich dann ob es nicht doch um mehr ging als er geschrieben hatte... wenn er so bedacht darauf war keine Zuhörer zu haben.
    Erst mal allerdings lächelte sie, und es war eines ihrer seltenen ehrlichen. Sie konnten sich sehen, und das bedeutete Seiana unglaublich viel. Nach den langen Jahren, in denen sie nicht einmal bei Problemen die Möglichkeit gehabt hatten, sich auf die Schnelle zu besuchen, war sie nach wie vor weit davon entfernt es nun für selbstverständlich zu nehmen, dass er jetzt hier war. Auch wenn sie ihm zustimmen musste, dass sie sich öfter mal einfach so treffen sollten. „Vielleicht sind wir es nur noch zu wenig gewohnt, wieder in derselben Stadt zu leben“, ließ sie sich sogar zu einem kleinen Scherz hinreißen, einfach weil sie froh war, hier zu sein, bei ihm. Es reichte, um ihre Laune beträchtlich zu heben, und wenigstens für den Moment alles zu verdrängen, was ihr im Kopf herum geisterte. Seneca. Seine Cousine, und die Sorge, ob er sie wirklich davon abhalten konnte sie zu verleumden. Ihr Mann. Und dann dieser Verdacht einer vermaledeiten Schwangerschaft, der sich immer mehr erhärtete. Verdrängt, für den Moment. Sie nahm den Becher, bevor sie sich zu Faustus setzte und ein leichtes Achselzucken andeutete... und sich bemühte, sich von seiner Frage nicht in die Realität zurückholen zu lassen, nicht jetzt schon, nicht so schnell. „Ganz gut...“, erwiderte sie, immer noch mit einem Lächeln, das aber schon gedämpfter war, und suchte nach Worten, die keine Lüge waren, aber eben auch nicht die Wahrheit preisgaben. „... Terentius und ich versuchen gerade... nun ja, uns daran zu gewöhnen, dass er deutlich mehr Zeit in der Casa verbringt als früher. Ich habe zwar noch genauso viel zu tun, aber es ist eben doch etwas anderes als vorher...“ Sie nippte an ihrem Becher. „Was ist mit dir? Schon eingearbeitet?“

  • Wir sollten diesen Luxus, dass wir beide in Rom waren, wirklich mehr ausnutzen. Ich lehnte mich zurück und trank einen Schluck, während Seiana kurz erzählte.
    "Ich kann mir Terentius überhaupt nicht als Zivilist vorstellen..." bemerkte ich. Aber vielleicht war er ja ganz froh jetzt endlich mal seine Ruhe zu haben? Wie mein Centurio damals, der schien das Militär später gar nicht zu vermissen... Doch ich war nicht vollkommen Ohr, mein eigener Kummer lag mir zu arg auf dem Herzen, und es fiel mir schwer, mich auf alles was nicht mein eigener Kummer war zu konzentrieren. Kaum hatte ich die Gelegenheit dazu, sprudelte es schon aus mir heraus.
    "Ach Seiana! Ich bin so unglücklich! Da hab ich diesen unglaublichen Rang, und wahnsinnig viel zu tun, und alles mögliche wirklich wichtige, und hab eigentlich überhaupt keine Zeit für so... blödsinniges Zeug, aber...... aber ich muß die ganze Zeit an Massa denken! Ich vermisse ihn so, und ich versteh das einfach nicht, ich hätte ihm alles zu Füßen gelegt, aber er trampelt einfach darauf herum, er.... war nicht ehrlich zu mir, und ich bin.... maßlos enttäuscht, und... Naja, also, sei bitte nicht schockiert oder so, aber... also, ich war doch wohl ziemlich in ihn verliebt, aber wie sehr, das merk ich erst jetzt, wo er nichts mehr von mir wissen will!!"
    Meine Augen wurden schon wieder feucht... Ich fuhr mir mit den Händen über das Gesicht, und empfand mit finsterer Klarheit wie lächerlich es war, dass ich in meiner Position, mich wegen sowas, wegen ihm, so grämte – aber das machte es nun mal nicht besser.
    "Und ich bin so... WÜTEND!" fuhr ich dann wieder auf. "Dass er mich angelogen hat! Ich fass es einfach nicht! Ich dachte ich kann ihm endlos vertrauen! Mich auf ihn verlassen... Darum wollte ich ja dass er kommt... naja, also nicht nur deswegen natürlich, aber..... " Schon war die Wut wieder fortgeweht, ich schluckte, und schloß mit hängenden Schultern: "Wahrscheinlich ist es so besser. So Sachen sollte man echt nicht vermischen... weiß ich ja eigentlich, aber........."
    Mir fiel kein gültiges 'aber' ein, und mein Satz verlor sich in Schweigen, und einem Schulterzucken. Meine Gedanken kreisten konfus immer um das selbe... der Morgen in Misenum, sein Brief, mein Brief den ich besser nicht geschrieben hätte, denn er verriet viel zu viel. Ich war so unglaublich wütend gewesen.

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  • „Ich mir auch nicht. Ich glaube, nicht mal er...“ lächelte sie zurück, und damit war das Thema erst mal abgehakt. Und Seiana war überrascht, als Faustus plötzlich loslegte. Sie hatte tatsächlich Mühe, ihm zu folgen, alles zu begreifen, was er sagte, weil es so viel und so schnell war. Eines allerdings wurde ihr recht schnell klar: Massa war mit Sicherheit nicht nur ein entfernter Verwandter, der für ihn zu einem guten Freund geworden war. Massa war für ihn viel mehr als das, sonst würde er sich kaum derart aufregen. Und es dauerte nicht lang, bis er das auch tatsächlich aussprach.


    Sie atmete tief durch und versuchte, sich zu konzentrieren, ihm weiter zu folgen. Verliebt also, in Massa. Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte, was aber wohl daran lag, dass ihr Bruder bisher nie so wirklich mit ihr über seine Liebschaften gesprochen hatte. Eines allerdings war mehr als eindeutig: es ging ihm schlecht. Er litt darunter, und das war etwas, was Seiana gerade jetzt – vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben – mehr als nur nachvollziehen konnte. Und sie wünschte sich, sie könnte ihm helfen... könnte irgendwie verhindern, dass er litt. Aber sie wusste noch nicht einmal so recht, was sie dazu sagen sollte. „... aber es passiert trotzdem“, vollendete sie seinen Satz. Und rückte dann ein Stück näher zu ihm, umarmte ihn sacht. „Ich... bist du denn sicher, dass er nichts mehr von dir wissen will? Ich meine, hat er das geschrieben, hat er das als Grund genannt, warum er nicht zur Garde möchte?“

  • "Genau..." stimmte ich zu, als Seiana so treffend meinen Satz vollendete. Ja genau, meine Schwester verstand mich, und sie war nicht mal pikiert über mein Geheimnis, auch wenn sie jedes Recht dazu gehabt hätte. Ich seufzte schwer und lehnte mich traurig in ihre Umarmung hinein. Das tat gut, allein dass sie da war und ich meinen Kummer mal aussprechen konnte. Na gut, bei Ravdushara hatte ich mich auch schon endlos über Massa beklagt, aber der zählte ja nicht. Ausserdem verdächtigte ich ihn, dass er heimlich zu Massa hielt... aber das war nur so ein Gefühl.
    "Ja, ganz sicher." seufzte ich. "Geschrieben hat er's natürlich nicht... das ist nämlich genau das Problem! Er sagt mir immer nur das was ich hören will! Aber er meint es nicht so, er sagt es nur. Er ist feige. - Nicht im Kampf. Aber... bei so was. Nur.. dass er sich anderweitig umsehen will. Das schreibt er... na, ist ja wohl klar genug..."
    Nachdem er mir zuvor noch treuherzig versichert hatte, er habe keinen anderen!
    "Und er hat sein Versprechen gebrochen! Wenn ihm noch was an mir läge, dann hätte er sein Versprechen gehalten! - Und in seinem Brief: kein Wort darüber! Nicht ein EINZIGES Wort darüber dass er mir gesagt hatte, ja, er will nach Rom, ich soll ihn nach Rom holen, er freut sich schon drauf! Da geht er einfach darüber hinweg! Als wär nie was gewesen. Schiebt Rangfragen vor, was absolut lächerlich ist! So ein Blödsinn, so ein aus-ge-mach-ter Schwachsinn, das ist so... schnöde, so grausam von ihm! Er hat mich belogen und betrogen."
    Trostbedürftig legte ich meine Stirn an Seianas Schulter. Aber dann fiel mir auf, dass ich in ebendieser Pose an Massas Schulter verweilt hatte, beim eben letzten Zusammentreffen, das verstörte mich und ich hob meinen Kopf wieder abrupt in die Höhe.
    "Und selbst wenn! Selbst wenn er wieder ankommen würde 'oh, ich hab's nicht so gemeint, sei doch nicht so dramatisch'. Selbst dann! ICH will mit ihm NICHTS mehr zu tun haben!"
    Unwillkürlich malte ich mir diese Szene aus, und wie ich ihm die kalte Schulter zeigen würde, und dieser Gedanke bot mir eine gewisse, wenn auch schwache Genugtuung.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Sie war sich nicht so sicher, ob sie gerade das richtige sagte, oder ob es genug war... aber Faustus nutzte die Gelegenheit, um gleich weiter zu reden, was ihr wiederum Zeit verschaffte. Ihm zuzuhören, weitere Informationen zu bekommen, nachzudenken. Sie wollte ja das richtige sagen, das Problem war nur: sie hatte so furchtbar wenig Erfahrung in solchen Gesprächen, wenn es darum ging, einfach für andere da zu sein. Und noch weniger, wenn es um solche Themen ging. Da änderte sich auch nichts daran, dass sie hier mit ihrem Bruder saß, dem einzigen... oder fast dem einzigen... Menschen, für den sie sich auch wirklich und aufrichtig bemühte, einfach nur da zu sein, wenn es das war was er brauchte. „Rangfragen?“ fragte sie etwas verwirrt nach – allein zur Garde berufen zu werden war doch schon eine Beförderung für sich, wie konnte es da die Frage nach dem Rang geben?


    Seiana strich ihm kurz über die Haare, als sein Kopf für einen Moment an ihrer Schulter ruhte, aber schon im nächsten Moment schnellte er wieder nach oben, und Faustus schimpfte weiter. Und sie konnte nicht anders als sich für einen winzigen Moment zu denken, dass er tatsächlich ein wenig dramatisch war... aber das war er schon immer gewesen, anders als sie, und es hatte sie schon immer gefesselt, dass er so viel Leben versprühte. So viel Leidenschaft. Sie liebte ihn dafür.
    Was es nun allerdings nicht leichter machte zu reagieren. Sie dachte daran zurück, wie Massa ihr gegenüber von Faustus gesprochen hatte, wie auch in seinen Worten durchgeklungen war, dass er etwas Besonderes für ihn war... und sie dachte daran, dass Massa ihrem Bruder das Leben gerettet hatte. Sie war sich nur nicht so sicher, ob Faustus davon jetzt würde hören wollen. „Vielleicht... hat er seine Meinung geändert. Was Rom betrifft, oder auch was dich betrifft... aber ich glaube nicht, dass er dich früher angelogen hat“, versuchte sie vorsichtig zu formulieren, was ihr im Kopf herumging. „Ich meine, du kennst ihn sicher weit besser als ich, aber die paar Mal, die ich mit ihm gesprochen habe, hat er doch recht... aufrichtig gewirkt. Hast du ihn gefragt, warum er ablehnt?“ Nein, scheinbar nicht, denn zumindest momentan schien er gar nichts mehr von Massa wissen zu wollen – auch wenn Seiana ihm das nicht ganz abnahm. Allein dass er sich so aufregte zeigte doch, wie viel er ihm bedeutete. Und Massa nun einfach zu ignorieren war ja auch keine Lösung, immerhin war er immer noch ein Decimus. Aber sie könnte darauf wetten, dass Faustus das erst recht nicht würde hören wollen. „Briefe können... missverständlich wirken. Wie meiner ja offenbar auch. Aber warum er nichts dazu gesagt hat, dass er sich doch anders entschieden hat... dass er nicht nach Rom will... ich versteh dass dich das verletzt. Würde mir genauso gehen.“ Sie lächelte traurig. „Wenigstens besteht nicht die Gefahr, dass du ihm hier öfter begegnest.“

  • "Ja, Rangfragen!" schnappte ich, "Stell dir das mal vor!"
    Ich wollte eigentlich einfach nur hören, dass ich ja so recht hatte, und dass Seiana ganz auf meiner Seite war, auf scharfsinnige Analysen war ich nicht eingestellt.
    "Klar hat er die geändert! Ändert er ja ständig, je nachdem wer gerade vor ihm steht!" Stichwort Wüstenblume! "Er ist SO wankelmütig!! Warum er nicht will, also, was er als Grund dafür vorschiebt, das ist echt das Allerbeste, da sagt er nämlich:" .. und gehässig imitierte ich seine Erklärung, komplett mit naivem Augenaufschlag: "... oh, Faustus, ich habe dem Präfekten so viel zu verdanken, oh Faustus, ich kann doch meine Kameraden nicht im Stich lassen!"
    Zornig sprang ich auf und rief, wild gestulierend: "Aber mich! MICH kann er im Stich lassen! - Wir hatten über ALLES das gesprochen, und es abgehakt, und Pläne für Rom gemacht, und kaum bin ich weg fällt er wieder um! Ich fass es nicht! Ich könnte ihn erwürgen! Wegen ihm hab ich mir die ganze blöde Arbeit gemacht, und in Terentius Schuld stehe ich jetzt auch deswegen, und... und er, er lässt mich einfach im Stich....."
    Das war zum... - Ich raufte mir die Haare und ließ mich mit finsterem Gesicht wieder neben Seiana auf die Bank fallen. "Nein, Mißverständnis war das nicht. Das war pure......" Böse Worte geisterten durch meinen Kopf. "...was auch immer." Ja, ich fühlte mich verletzt.... aber Seianas schwesterliche Solidarität war ein Balsam, der schon ein bisschen half. "Ja zum Glück!" stimmte ich zu. Ihn zu sehen, das wäre jetzt echt das Letzte.


    "Blöderweise hab ich ihm gleich zurückgeschrieben... als ich noch wirklich wütend war..." gestand ich dann, und hoffte irgendwie, dass Seiana auch das vollkommen normal und verständlich finden würde."Ravdushara hat noch gesagt 'Serapio, lass den Brief lieber noch einen Tag liegen', aber ich wollte ihn gleich weg haben und hab Acestes sofort losgejagt..." Ich verzog das Gesicht zu einer zerknirschten Grimasse. "Ja, ich werde ihm sicher nicht so bald wieder begegnen.... Phuuuh... wenn ich ihn nur nicht so vermissen würde.... naja, vorbei ist vorbei..... Ich hätte es eh wissen müssen, ich hatte an dem Morgen schon so ein komisches Gefühl.... wie damals bei... Hannibal als es schon nicht mehr gut lief... aber ich wollte nicht darauf hören, und Massa war dann auf einmal auch wieder so... lieb... dass ich dachte, ich hätte mir das nur eingebildet..."
    Erschreckende Parallelen taten sich für mich auf. Ich hatte versucht, Hannibal mit Geld für mich zu gewinnen, hatte versucht ihn freizukaufen, vergeblich, was alles dann erst wirklich zum Desaster gemacht hatte.... und ich hatte versucht, Massa mit Rang und Glanz in meine Nähe zu holen, und was hatte ich jetzt?!
    "Ein Desaster. Aber das ist ja nichts neues. Also genug davon, ich hör schon auf. - Ach Seiana, manchmal wünschte ich echt ich wäre... viel mehr so wie du....."
    Zerquält griff ich nach dem Weinkrug, ignorierte den Wasserkrug, und füllte meine Becher bis zum Rand, trank ihn in zwei Zügen leer.

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  • Sie kannte Massa lange nicht so gut wie Faustus... aber sie hatte einen anderen Eindruck von ihm gewonnen in der Zeit, in der er hier in Rom gewesen war. Möglich, dass sie sich da getäuscht hatte, oder dass Massa einfach auch seine ernsten, beständigen Momente hatte... sie konnte das kaum beurteilen.
    Im nächsten Augenblick schon hatte sie das Gefühl, dass sich ihr der Magen umdrehte. In Terentius Schuld stehe ich jetzt auch deswegen. Für einen winzigen Moment schloss sie die Augen, und ein bitte nicht geisterte durch ihren Kopf. Nicht noch mehr Schuld, die sie bei ihrem Mann hatten. Nicht noch mehr Abhängigkeit. Diese ganze Ehe gründete auf dieser Einseitigkeit, und so wenig das in ihrem alltäglichen Leben eine Rolle spielte, konnte Seiana es doch nie wirklich vergessen. Es gefiel ihr nicht. Und es machte ihr Leben mit ihm nicht gerade angenehmer. Und die Sache mit Seneca wurde dadurch auch nur umso schwieriger, mehr als sie ohnehin schon war...
    Sie verdrängte die Gedanken und strich Faustus sacht über die Schulter. „Du brauchst ihn nicht. Du hast hier genug Männer, auf die du dich verlassen kannst. Die Besten des Reichs. Und du bist ihr Kommandant. Auch wenn es dir so vorkommt, dass er dich im Stich gelassen hat: du brauchst ihn nicht, nicht für deine Arbeit, nicht für deinen Dienst bei der Garde.“ Aber persönlich schien er ihn zu brauchen, und dafür fand sie nicht so leicht Worte. Seiana konnte sich nur zu gut vorstellen, wie dieser Brief, den er ihm geschrieben hatte, wohl aussehen mochte... und Faustus schien es fast zu bereuen. Zu bereuen, dass er ihn abgeschickt hatte, und zu bereuen, dass es vorbei war, wie er behauptete. „Naja...“, begann sie zögernd. „Wenn das wirklich eine Entscheidung gegen dich war, wird so ein Brief auch nichts mehr ändern. Dann ist es vielleicht ganz gut so, dass er merkt, dass du Bescheid weißt. Und wenn es doch etwas anderes war... wird ihm vielleicht klar, was er getan hat.“


    Als er dann allerdings davon sprach, dass er gern so wäre wie sie, starrte Seiana ihn für einige Augenblicke betroffen an. Wie sie? „Das willst du ganz sicher nicht“, antwortete sie, fast schon ein wenig schroff.

  • Du brauchst ihn nicht. "Ja!" stimmte ich vehement zu. "Du hast recht. Ich brauche ihn nicht." Ich brauche ihn nicht. "Ich bin besser dran ohne ihn. Er lenkt mich nur ab. Gut dass er gekniffen hat. Ich war verblendet, und... überhaupt. Ein Flottenoptio! Eigentlich ist er gar nicht ausreichend qualifiziert!" Wenn ich es noch ein paar mal sagte, würde ich es vielleicht dann auch selbst glauben. "Ja! Es soll das ruhig wissen!"
    Das hatte Seiana sehr schön und treffend zusammengefasst. Dankbar für ihren Beistand lächelte ich ihr zu. Echt mal... so langsam hing es mir nur noch zum Hals raus, das hin und her, und ich mir selbst, dass es mich so mitnahm und mein Augenmerk von den wichtigen Dingen abzog.


    "Ich meine das erst." widersprach ich, trotzdem sie so abwehrend reagierte, "Ehrlich. Ich wünschte ich könnte die Dinge so kühl und nüchtern betrachen wie du, wenn es nötig ist. Aber mich reißen so Sachen wie das jetzt immer gleich dermaßen mit. Oh, versteh mich nicht falsch, ich weiß wie temperamentvoll du im Grunde bist..." Dabei legte ich ihr den Arm um die Schultern und drückte sie ein bisschen. ".. mein Schwesterherz. Aber du kannst trotzdem immer die Fassung bewahren, rational bleiben, und einen tadellosen Auftritt hinlegen... Vielleicht wärst du, nein sagen wir, eine Kombination aus uns beiden, der bessere Gardepräfekt... - den richtigen Namen trägst du ja schon." versuchte ich mich an einem Scherz, wobei mir das Thema eigentlich todernst war. "Ich würd dich gern um Rat fragen, bei etwas, das meine Arbeit betrifft.."

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    Klient - Decima Lucilla

  • Irgendwie ging das nicht ganz in die Richtung, die Seiana im Kopf gehabt hatte... aber Faustus machte nicht gerade den Eindruck, als wollte er im Moment irgendetwas anderes hören als das, was zu seinen Worten über Massa passte. Aber möglicherweise war es ganz gut, erst mal einfach abzuwarten. Auch wenn er vielleicht gar nicht reagierte... Sie wusste ja nicht, was Faustus geschrieben hatte, aber zumindest auf ihren Brief hatte Massa bis heute nicht reagiert, obwohl er ihrem Bruder offenbar gesagt hatte, dass er darüber nicht begeistert gewesen war. Aber darüber jetzt zu grübeln hatte wenig Sinn. Wenn Massa nicht zur Garde kam, würde sie ihm nun wohl doch schreiben müssen – und je nachdem, was sich bis dahin getan hatte, konnte sie vielleicht auch das hier ansprechen. Das Thema Garde zumindest, über Faustus würde sie ganz sicher nichts so sensibles zu Papier bringen.


    „Faustus...“ Seiana hob hilflos die Schultern. Sie war doch nicht so, weil sie es so unbedingt wollte. Sie war so, weil sie nicht stark genug war. Weil sie nicht anders gekonnt hatte, um mit den Enttäuschungen in ihrem Leben umzugehen. Weil sie solche Sachen genauso mitrissen wie ihren Bruder... und sie keinen Weg gesehen hatte, anders damit fertig zu werden, wenn sie sich nicht davon fertig machen lassen wollte. Sie war nicht stark genug. Sie war nicht so stark wie ihr Bruder.
    Trotzdem setzte sie nun ein Lächeln auf, als Faustus weiter sprach, und schlang einen Arm um seine Taille, als er seinen um ihre Schulter legte. „Ja, so was... kann ich gut“, erwiderte sie und versuchte nun leicht zu klingen. „Aber du, du bist doch der beste Präfekt, den die Garde je haben kann. Was soll eine Mischung aus uns beiden da noch besser machen können?“ Erneut huschte ein Lächeln über ihre Züge, das allerdings ziemlich schnell verblasste. „Du kannst mich immer um Rat fragen, das weißt du“, antwortete sie. „Worum geht es?“

  • Ich schmunzelte über ihren Zuspruch, das war lieb, aber ich fand doch, dass eine Kombination aus meiner Erfahrung und Seianas kühlem Kopf, dazu noch zehn Jahre älter und eine Handbreit größer, den perfekten Präkten ergeben hätte. Aber sie als meine Beraterin zu haben, war wohl die zweitbeste Option.
    "Marcus Vinicius Licinus." antwortete ich mit leise gedämpfter Stimme. "Er gehört zu den Verschwörern. Ich hab so getan als wäre ich auf ihrer Seite, und prompt hat er sich verraten. Also.... eigentlich ist ganz klar was ich nun zu tun habe. Aber... Bona Dea, wenn ich dir das jetzt so erzähle, klingt alles so klar. Aber als ich da bei ihm unten im Kerker war, da hatte ich den Eindruck, dass der Mann.... wirklich geglaubt hatte, das Beste für Rom zu tun... dass er auf seine Weise ein Patriot ist. - Was das Verbrechen nicht weniger schrecklich macht!"
    Zögernd fuhr ich mir mit den Fingerspitzen über die Stirn hinweg, versuchte vergeblich Worte zu finden für das, was mich bei dieser Sache dazu brachte, es als ganz und gar nicht so klar zu empfinden.
    "Nur... für einen Augenblick dachte ich... als ich da unten bei ihm war.... da hatte ich einfach Skrupel. So ein alter, elender, halbtoter Mann. Ein Senator, Konsular, der sich zu seiner Zeit nicht scheute, auch mal klare Worte aususprechen... wie Livianus. Und der Bruder von Lucillas Patron, der mir damals den Ritterstand verschaft hat. Aber es wäre vollkommen falsch ihn zu schützen, oder?! Sein Verbrechen verlangt doch nach Strafe. Und viel zu gefährlich wäre es....... findest du nicht auch?"

  • Stumm hörte Seiana ihrem Bruder zu. Stumm, und mit einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend. Der Vinicius. Verraten hatte er sich... also stimmte es tatsächlich. Seiana war sich bis jetzt nicht sicher gewesen, wer wirklich hinter dem Mord steckte, aber sie zweifelte nicht an Faustus' Worten, oder daran, dass er dem Vinicius tatsächlich die Wahrheit hatte entlocken können. Allein schon weil er Livianus' Sohn war, hatten es doch glaubwürdig klingen müssen, als er sich als scheinbarer Unterstützer offenbart hatte... gerade für jemanden, der davor nur gefoltert worden war, der nach Hoffnung, oder nur ein paar freundlichen Worten, regelrecht ausgehungert sein musste.


    Und Faustus fragte nun sie, was er tun sollte, mit diesem Mann. Senator. Consular. Hochverräter. Sie presste die Lippen aufeinander. „Ich glaube das. Ich glaube, dass... wenigstens ein paar der Verschwörer, wenn es eine Gruppe um Vinicius und Tiberius war... tatsächlich das Beste für Rom im Sinn hatten“, begann sie, langsam, zögerlich, nach Worten suchend. Sie legte sich eine Hand auf die Stirn und rieb sich darüber, erhob sich dann und ging ein paar Schritte, während sie in Gedanken die verschiedenen Optionen durchging, sichtete, welche Vor- und Nachteilen es gab. Was wohl richtig wäre. Was wohl klug wäre. Dann wandte sie sich wieder zu Faustus um. „Ich glaube, dass es sinnvoll wäre ihn zu schützen. Ich weiß, es ist opportunistisch, und du willst das nicht hören, aber... wenn Vescularius den Bürgerkrieg verlieren sollte... könnte der Vinicius dafür sorgen, dass du – wir – glimpflich davon kommen.“ Seiana musterte ihren Bruder. „Dagegen spricht, dass er zu bekannt ist. Die Leute fragen nach ihm, sein Bruder ist ja immerhin schon in die Verbannung geschickt worden, und Vescularius wird ihn auch nicht vergessen haben. Aber vielleicht könntest du ihn hinhalten, bis der Bürgerkrieg entschieden ist. Umgekehrt könntest du auch versuchen ihn dazu zu bringen, sich vor allen Leuten schuldig zu bekennen. Das ist das, was dem Kaiser noch fehlt, dass einer der Verschwörer öffentlich erklärt, den Mord geplant zu haben – und das wird er dir sicher vergelten, wenn du ihm das liefern kannst.“ Sie seufzte leise und hob in einer fast hilflosen Geste leicht die Schultern. „Wenn du wissen willst, was richtig ist... ich weiß es nicht. Wenn du unser Recht zu Grunde legst, musst du Hochverrat bestrafen. Wenn du unsere Geschichte betrachtest... Kaisermord ist nicht immer bestraft worden, und es war... nicht immer falsch, so zu handeln. Und was moralisch richtig ist? Epiktet* hält die innere Einstellung für wichtiger, genauso wie Aristoteles schon, und andere.“ Nur dass gerade Aristoteles Mord dabei ausgeschlossen hatte. Aber galt das auch dann, wenn das Wohl eines ganzen Imperiums auf dem Spiel stand, jedenfalls in den Augen der Verschwörer? Und dass Vinicius Ähnlichkeit mit Livianus hatte, oder dass Faustus seiner Familie verpflichtet war, machte es nicht einfacher. „Andererseits wirst du genauso viele Philosophen finden, die das Ergebnis höher bewerten als die Absicht.“



    Sim-Off:

    *Lebt zwar noch, aber ich geh mal davon aus, dass seine Lehren zu unserer Zeit trotzdem schon bekannt sind.

  • Sinnvoll ihn zu schützen? Meine Augen weiteten sich. Eigentlich hatte ich mich schon fast dazu durchgerungen, ihn ans Messer zu liefern, wollte nur mehr Seianas Bestätigung dafür... doch sie wandte die Dinge in ein ganz anderes Licht.
    "Also... was immer ich auch tue. Nichts davon ist richtig." sagte ich schließlich, nachdem sie alles scharfsinnig auseinandergenommen hatte. "Hmm... ein Tyrannenmord wars aber nicht...... und was mir nicht aus dem Sinn geht – es war ja nicht nur der Kaiser, auch seine Frau und Maioranus, und nach dem was ich erfahren habe, vom Personal und von den Medici... war es ein wirklich qualvoller Tod. Ich hab das nicht für die Propaganda so gesagt. Ich finde, so etwas muß gesühnt werden!"
    Dass man um der höheren Sache willen unschöne Dinge tun mußte, der Gedanke war mir nach den Feldzügen die ich mitgemacht hatte nun wirklich nicht fremd. Aber die Verteidigung des Reiches gegen die Barbaren, das war doch was anderes, als wenn man einen unbequemen Stadtpräfekten loswerden wollte.
    "Ich schulde dem Kaiser Treue. Bei allem hin und her, und fragwürdig und zwiespältig, daran muß ich festhalten. Also.... ich werde dem Kaiser die Wahrheit sagen. Aber... ich werde versuchen Zeit zu schinden. Mit dem... Gedanken, den du da gerade geäussert hast. Vinicius ist tatsächlich sehr geschwächt im Augenblick, er muß erst wieder genesen, und ich werd sagen dass er kaum vernehmungsfähig ist, dass ich aber daran arbeite, dass er ein öffentliches Geständnis ablegt... ja, und ich werd auch versuchen, ihn dazu zu bringen. - Nicht um noch mehr Gunstbezeugungen zu bekommen, ich hab schon alles was ich mir nur wünschen kann. Aber es wäre gut, wenn die Öffentlichkeit endlich mal klargemacht bekommt, was wirklich geschehen ist. Hmm.... bist du damit einverstanden? Und könntest du mir vielleicht deinen Medicus für ihn schicken... ? ...ähm, aber nicht den hübschen, lieber den alten."

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