Die Rede ihres Vetters war kurz und prägnant, vielleicht nicht so ausschweifend, wie es der hohen Gesellschaft wohl angemessen gewesen wäre, aber Axilla hätte selbst nicht gewusst, was man noch hätte sagen können. Hätte ihr Vater noch mehr gesagt? Axilla wusste es nicht, sie hatte nie erlebt, dass er vor einer wirklichen Gesellschaft eine Rede gehalten hatte. Vor seinen Männern hatte er das sicherlich, und als Sohn aus iunischem Hause und vor allem von Axillas Großvater hatte er sicher auch eine Ausbildung in Rhetorik erhalten. Ritter war er auch gewesen. Aber hätte er deshalb hier blumige Reden geschwungen? Wohl eher nicht. Axilla erinnerte sich eher an die Eindrücklichkeit seiner Stimme in den kurzen, liebevollen Sätzen ihr gegenüber, nicht an falsche Komplimente.
So lächelte sie Seneca nur zu, als der die Gäste einlud, und schritt mit Imperiosus an ihrer Seite voran zu den hergerichteten Tischen und Klinen. Sie selbst nahm an dem hergerichteten Korbsessel Platz und wartete, dass die Gäste selbständig Platz nahmen. Eine Platzordnung gab es sogesehen nicht, sie hatte ja auch bis zuletzt nicht gewusst, wer denn überhaupt kommen würde. Axilla vertraute darauf, dass die Leute schon ihren Platz finden würden, und zur Not waren ja alle Sklaven der Casa Iunia bereit, pflichtbewusst noch Korbsessel oder Klinen herbeizuschaffen und zu verrücken, so dass jeder so sitzen konnte, das man sich gut unterhalten konnte.
Sie selbst hätte sich nur zu gern in eine stille Ecke gesetzt, doch ihr stand diese freie Wahl nicht zu. Recht zentral und gut sichtbar hatte sie Platz genommen, um so jedem Gratulanten, der jetzt vielleicht kommen und mit ihr noch ein wenig sprechen wollte, auch zur Verfügung zu stehen. Und vielleicht wollte der ein oder andere ihr auch jetzt etwas schenken, ehe der Zug zur Casa Pompeia in wenigen Stunden die Feier beenden würde, und so erst wieder am Empfang des nächsten Tages diese Gelegenheit sein würde. Axilla mühte sich, nicht in sich zusammenzusinken ob dieser Aussichten. Vor allem nicht ob der einen Aussicht, dass sich Salinator wohl kaum die Ehre streitig machen lassen würde, sich direkt zu Imperiosus und ihr zu setzen. Immerhin hatte er den höchsten Rang, nachdem der Kaiser wie erwartet nicht gekommen war (und – wie erwartet -nicht einmal auf das Schreiben geantwortet hatte).
Und so ließ sie sich einschenken und lächelte freundlich, ließ ihren Blick über die dargereichten Speisen schweifen. Ihre Sklaven hatten wirklich alles sehr schön hergerichtet. Es gab gekochte Eier in einer scharfen, roten Sauce, zartes Hühnchen, in Milch gekocht, oder auf ägyptische Art mit feurigen, bunten Gewürzen, dazu jede Menge Gebäck und Brot, gegrillte Vögel, Pastinaken, Möhren, eingelegtes Obst... alles, was man im Winter an Leckereien bekommen konnte. Alles – nur keine Austern. Das hatte sie nach der Hochzeit von Decima Seiana und Terentius Cyprianus doch behalten.
Bedient euch in der Wisim
P.S.: Da sich an anderer Stelle die Ereignisse grad überschlagen, bin ich nicht böse, wenn der ein oder andere seine Energien lieber auf die Reaktion darauf verwenden will als diese zeitlich viel früher stattfindende Hochzeit.