Es war schon einige Zeit her, dass Prisca jener Taverne einen Besuch abgestattet hatte. Den 16. Geburtstag ihrer Freundin Serrana hatten sie hier gefeiert und gerne erinnerte sich die Aurelia an die unbeschwerte Feier von damals zurück. Du meine Güte, wie jung wir damals waren und dabei war es doch gar nicht mal so lang her, oder täuschte die Aurelia sich da? Serrana und Calvena waren mittlerweile verheiratet und hatten Kinder, sie selbst war bereits Witwe und wie war es all den anderen Freundinnen von damals ergangen? Das Phänomen Zeit war schwer zu begreifen, umso greifbarer waren hingegen all die Veränderungen, welche die Zeit bewirkte. Vieles war geschehen, vieles war vergangen, für immer und ewig und zurück blieb einzig die Erinnerung an: gute wie an schlechte Zeiten …
Umso wichtiger erschien es Prisca, angesichts der schweren Zeiten die ihnen bevorstehen mochten, sich der Guten zu erinnern und wie könnte sie da bei ihre Freundinnen vergessen. Wie mag es ihnen gehen? Ihnen und ihren Familien. Ihren Kindern, dieser Tage? Diese und noch viele andere Fragen beschäftigten die Aurelia, die sich hier in Rom noch nie einsamer gefühlt hat nachdem sie hatte feststellen müssen, dass all ihre Verwandten die Hauptstadt verlassen hatten. Ob ihre Freundinnen und deren Familien überhaupt noch hier waren? Sie würde es hoffentlich bald heraus finden, denn sie hatte ihre Sklavin Mara los geschickt um ihre Freundinnen zu diesem Treffen hier in der Taverne einzuladen. Ein Wiedersehen in schlechten Zeiten, um sich vielleicht der guten Zeiten zu erinnern, oder was auch immer sie zu besprechen hätten wenn sie sich endlich wieder sehen würden.
Diese Taverne schien (Priscas Meinung nach) jedenfalls der beste Ort für das Treffen zu sein, nachdem sie sich weder in der villa Aurelia noch in der villa Flavia sicher fühlte. Hier konnten sie sich unter die Allgemeinheit mischen und könnten sie sich ungestört und unbehelligt unterhalten. … Vorausgesetzt natürlich, ihre Freundinnen würden der Einladung folgen und sich hier in aller Öffentlichkeit mit ihr treffen wollen. Und so wartete Prisca voller Anspannung an einem Tisch in der hinteren Ecke der Gaststube, an dem außer ihr niemand saß, abgesehen von ihren Leibwächtern, die die Plätze frei hielten und ungebetene Gäste sofort abwimmelten, mit denen die Aurelia nichts zu tun haben wollte.