• Pacatus hatte seinen Sklaven Struthas schon etwas in der Stadt herumgeschickt. Er sollte das Pflaster hier kennenlernen und auch nach einem Domizil Ausschau halten, denn die Unterkunft in der Herberge Silva Nigra schlug langsam auf seine sowieso schon leicht kränkelnde Kasse.


    Struthas war irgendwann mal fündig geworden und zwar im Vicus Navaliorum. Dort, ein paar Schritte vom Rhenus entfernt, hatte er eine Bude ausgemacht, die leer stand. Vorher hatte da ein Seiler gehaust und sein Geschäft betrieben. Zwei Kammern, eine rudimentäre Küche, ein Ladenraum, eine Werkstatt und, zwischen Haus und Stadtmauer, ein Höfchen. Der Mietzins passte zu dem schmalen Einkommen eines Stadtschreibers und die Hütte bot immerhin die Möglichkeit, da später mal einen Laden aufzumachen.


    Diese Hütte sollte nun also die Casa Matinia in Mogontiacum werden! Bei den Brustwarzen von Vesta, der alte Matinius Agrippa würde die Augen sperrangelweit aufreißen, dachte sich Pacatus.


    "Gut, nehmen das Dings", sagte er zu Struthas.

  • Sie holten das Gepäck und das Maultier von der Silva Nigra ab und brachten alles in die Casa Matinia. Das Maultier kam in das Höfchen. Für den Winter konnte man da ja einen kleinen Stall aus Holz bauen, damit das gute Tier, das ja von Roma bis hierher den Krempel getragen hatte, auch weiterhin seine Dienste leisten konnte.


    Pacatus schaute sich noch mal die kleine Küche an und meinte zu Struthas: "Wenn Du Dich eingerichtet hast, nimm Dir mal den Herd vor und besorg Lebensmittel und Brennholz. Und Heu für das Muli. Ich muss jetzt in die Curia".

  • Pacatus hatte seinem Sklaven Struthas aufgetragen, eine Liste der wichtigen Einwohner des Vicus Navaliorum zusammenzutragen. Der hatte hatte die letzten Tage den ganzen Vicus abgelatscht und (fast) alle Klatschbasen des Viertels nach den 'very important persons' ausgefragt.


    Als Pacatus nach Hause kam, hatte Struthas schon einiges aufgesammelt und auf einen Fetzen Papyrus gekritzelt. Struthas konnte, wie viele andere auch nur Großbuchstaben schreiben und seine Orthographie taugte eigentlich nur für das gesprochene Wort. Immerhin hatte er schon vier Namen zusammengebracht.


    I. CN ANTIUSS ALBINOVANUS WERFFTBOSS
    II. N FECAENIUS CKILO ZIGELEIBOSS
    III. ARTABATSUS BAUT WAGEN
    IV. NERU VATINIUSS TUGIO PÄLZHÄNDLER


    "Struthas, weisst Du auch, wieviele Leute die beschäftigen und ob einer von denen im Ordo Decurionum sitzt?" Struthas meinte, dass der 'ZIGELO' fast fünfzig Leute beschäftigte, der Antius dreissig, bei Arbazus Fehlanzeige und der Tugio nur sieben. Und in diesem Ordo säße nur der Antius. "Sind das alles Angestellte oder auch Sklaven?" Nein, die Sklaven hätte er nicht mitgerechnet und der 'ZIGELO' hätte seine Arbeiter auch in Häusern untergebracht, wo er nur eine niedrige Miete verlangen würde, antwortete Struthas.


    "Dann fang ich mal mit Fecenius Chilo an", brummte Pacatus.

  • Ad
    Titus Matinius Pacatus
    Mogontiacum
    Casa Matinia


    Salve Pacatus, sehr lange ist es nun schon her dass man sich gefunden hatte und nun ist auch wieder Ruhe um ein paar Zeilen an die zu schreiben.
    Der Krieg ist beendet und die Verräter am Erbe des GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS sind zur Strecke gebracht worden.
    Viele der Anhänger des Vesculariers sind unter Arrest gestellt worden und Vescularius selbst hat seinem Leben ein Ende gesetzt. Du wirst erkennen dass Rom unter der Kontrolle der Truppen des Appius Cornelius Palma steht und es beginnt nun langsam die Zeit der Organisation.
    Ich selbst bin ins Castellum bei Mantua zurückgegekehrt nachdem ich für einige Wochen in Rom zur Sicherung stationiert war. Sogar im Palast des Kaisers war ich. Soweit werde ich wahrscheinlich nie mehr kommen. :D


    Ich hoffe der Weg nach Germanien war ohne Zwischenfälle und du kannst dich bei bester Gesundheit nennen. Was tust du nun da oben?
    Es ist mir nicht wirklich begreiflich in den fernen Norden zu ziehen wo es doch recht rauh ist.


    Mögen die Götter über dich wachen und dich beschützen


    Vale


    Avianus

  • Nja.... diese Casa Matinia, die es noch nicht so lange in Mogontiacum gab und die Celeripes auch erst einmal hatte aufsuchen müssen, suchte der Bote etwas länger, bis er sie endlich gefunden hatte! Er klopfte einmal an und übergab den Brief. Dann musste er auch schon wieder weiter. Der nächste Kunde wartete auf Kunde eines anderen Kunden.... Jaja, es gab viel zu tun.



    Ad


    Titus Matinius Pacatus
    Casa Matinia


    Mogontiacum


    Salve Titus


    Dein Brief hat mich erreicht und ich bin erfreut darüber dass du eine Anstellung gefunden hast. Was das Gehalt betrifft...was nützt einem viel Geld wenn die Gesundheit zu wünschen übrig lässt.
    Und dass du dich bester Gesundheit ist mir mehr wert als ein großer finanzieller Verdienst.
    Sag. Du hattest berichtet dich an der Wahl zum Magister Vicii zu beteiligen. Wie ist diese ausgegangen? Kann ich nun damit rechnen einen angehenden Politiker ( wir haben ja schon einige erfolgreiche in unserer Gens) als Verwandten angeben zu können?
    Es würde mich sehr interessieren. Ausserdem habe ich beschlossen, sobald mir die Zeit bleibt, nach Germanien zu reisen.
    Du schilderst dass es nicht so arg ist als behauptet wird und dadurch hast du meine Neugierde geweckt.
    Eine Neuigkeit gibt es nun noch zu berichten.
    Matinia Musa, Enkelin von Onkel Agrippa, weilt in Rom. Sie reiste aus Tarraco an und scheint nun hier seßhaft zu werden.
    Sie ist eine wirklich bezaubernde, bildhübsche junge Frau und du musst sie unbedingt kennenlernen.
    Ausserdem scheint mein Centurio ziemlich viel zu verlangen oder besser gesagt, er stellt einen auf die Probe.
    Momentan darf ich unter seiner Aufsicht die neuen Tirones durch die Ausbildung begleiten. Was für ein Spaß :D
    Das wars fürs erste. Mehr gibts im Moment nicht zu erzählen oder zu wissen. Sobald ich wieder neue Informationen habe bekommst du bescheid.


    mit besten Grüssen


    Publius

  • Heute hatte der Cursus Publicus einen Einladungs-Marathon zu absolvieren....


    Roma, KAL FEB DCCCLXIV A.U.C.

    Ad
    Titus Matinius Pacatus
    Casa Matinia
    Mogontiacum, Germania Superior

    ____________________________________________________________
    Iulius Dives Matinio s.d.


    Nachdem ich mich kürzlich aufgrund eines Ereignisses, auf welches ich später noch zu sprechen kommen will, wieder einmal mit meinem weit verzweigten Stammbaum befasste, entdeckte ich mit völlig unerwarteter Überraschung, dass ich doch einen Onkel bei den Matiniern habe, zu dem mir bislang jeder Kontakt fehlte: Matinius, gemeint bist du!


    Lass mich dir aus diesem Grund erst einmal erklären, wer ich überhaupt bin. Mein Name ist Marcus Iulius Dives und wohne in der Casa Iulia zu Roma. Als zweimal gewesener Duumvir der Hafenstadt Ostia bei Roma und als im Auftrag des Senats amtierender Decemvir stlitibus iudicandis bin ich ein Mitglied der Iulii Caepiones. Über meinen Großvater Octavius Anton Censorinus, dessen Name dir im Zusammenhang mit meiner Großmutter Fannia Octavia sicherlich ein Begriff sein wird, bin ich letztlich wohl auch mit dir verwandt, mein ferner Onkel.


    Weshalb nun aber schreibe ich dir ausgerechnet jetzt? Ich schreibe dir, um dir mitzuteilen, dass ich mich verlobt habe mit Sergia Fausta, einer Nichte des Senators Kaeso Annaeus Modestus. Und ich schreibe dir, um dich ganz herzlich nach Roma einzuladen, um dort am fünften Tag vor den Kalenden des Martius (25.2.2014/111 n.Chr.) in der Casa Sergia meiner feierlichen Vermählung beizuwohnen! Selbstverständlich gilt diese Invitation potenziell für zwei oder auch mehr, solltest du bereits Kinder haben.


    Ich würde mich sehr über dein Erscheinen oder aber wenigstens eine kleine Antwort von dir freuen. Mögen die Götter stets ihre wachende Hand über dich und die Deinen legen!
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_gens_Iulia_Papyrus.png



    MARCUS IULIUS DIVES
    DECEMVIR - CURSUS HONORUM

  • Tja, heute war wieder mal so ein Tag, an dem Celeripes eine besonders große Runde laufen musste, um all die angekommene Post zuzustellen. Unter anderem musste er auch an der Casa Matinia einen Halt einlegen. Der Sklave, der dort die Post entgegennahm, schien ein bisschen sentimental, als der Postbote den Namen Matinius Pacatus erwähnte (keine Ahnung, warum). Aber das war ja nicht Celeripes' Problem, der sich zufrieden damit, dass er den Brief losgeworden war, wieder auf die Socken (so hießen ja diese komischen Fußwärmer, die man hier in Germania ganz gerne besaß) machte....


    Roma, A.D. VI NON IUL DCCCLXIV A.U.C.

    Ad
    Aedilis Mogontiacensis
    Titus Matinius Pacatus
    Casa Matinia
    Mogontiacum, Germania Superior



    Iulius Dives Matinio Pacato s.d.


    Das sind ja großartige Neuigkeiten, Onkel! Zu diesem deinem Erfolg gratuliere ich dir ganz herzlich und wünsche dir die nötige Energie und Kraft, um dein Amt nicht nur zur Zufriedenheit deiner Stadt und der Götter, sondern vor allem auch zu deiner eigenen Zufriedenheit bestmöglichst auszufüllen! Denn als Neffe meines Großonkels Agrippa wirst du ja bestimmt große Erwartungen haben an dich und deine Amtszeit, was?


    Natürlich ist es da auch ganz verständlich, dass du dich nur aus der Ferne für mich gefreut hast... wie es hoffentlich auch verständlich war, dass ich dir bei all dem Hochzeitsstress vor und auch noch nach der Hochzeit nicht sofort auf deinen Brief antworten konnte. Und seit einiger Zeit bin ich sogar als Tribun der Cohortes Urbanae im Einsatz, sodass du dir sicherlich vorstellen kannst, wie mir die Zeit nur so durch die Finger rinnt.


    Ich hoffe sehr, du konntest deinen Entwurf für eine Marktordnung erfolgreich durchboxen und hast "diesem Laden" dabei ordentlich eingeheizt! Mögen die Götter stets ihre schützende Hand über dich halten und wir uns eines Tages auch einmal persönlich kennenlernen! Mit den besten Grüßen aus Rom.
    Vale bene!


    /images/signet/Siegel_gens_Iulia_Tabula.png



    MARCUS IULIUS DIVES
    TRIBUNUS COHORTIS XII URBANAE

  • Des Menschen Tage sind wie Gras, er blüht, wie die Blume des Feldes.
    Fährt der Wind darüber, ist sie dahin. Der Ort, wo sie stand, weiß nichts von ihr.


    Am Morgen hatte Matinius Pacatus noch einen Händler besucht, der viele Klienten hatte, um seine Wiederwahl zu organisieren. Am Mittag hatte er mit einem Schiffsbauer im Vicus Navaliorum, seinem "Heimatquartier" gegessen. Danach waren sie die nagelneue Uferstraße im hinteren Teil des Viertels entlanggegangen. Und dort hatte wohl irgendein achtloser Fischer einen Fisch aus dem Netz verloren, der dem Matinier zum Verhängnis geworden war: Er rutschte aus und stieß mit dem Hinterkopf gegen einen Karren mit Baumaterial. Blut hatte seine strahlendweiße Kandidatentoga besudelt - aber nur kurz, denn er war sofort tot.


    Am Tag darauf hatte Struthas ihn soweit gewaschen und hergerichtet, dass man ihn ausstellen konnte. Inzwischen hatte der aufstrebende Jungpolitiker ja eigene Klienten und einen größeren Bekanntenkreis aufgebaut, die alle Abschied von ihm nehmen wollten und nun in den Ladenraum der Casa Matinia kommen konnten. Dort lag der Leichnam des Matiniers aufgebahrt auf seinem Bett, gehüllt in eine Toga und umstellt von Öllampen und einem Foculus, auf dem Weihrauch brannte. Die langen Haare waren sorgfältig zurückgekämmt, das Gesicht sauber rasiert und die Toga ordentlich in Falten gelegt. So sollte Mogontiacum seinen Aedil in Erinnerung bewahren!

  • Ein erschütterter Witjon betrat die Casa Matinia, um von seinem Klienten Abschied zu nehmen. Er hatte recht schnell von Pacatus' Tod erfahren und hatte daraufhin zu seiner Bestürzung feststellen müssen, dass er zu dessen Lebzeiten noch nie die Wohnung seines Klienten betreten hatte. Sie hatten sich hauptsächlich in der Curia oder in der Casa Duccia getroffen oder beim Essen in der Stadt. Deshalb war Witjon der Wegbeschreibung des Boten der Todesnachricht gefolgt und fand sich nun in der zugegebenermaßen recht engen und unluxuriösen Behausung seines Klienten wieder.


    Die Klienten und Freunde, Nachbarn und Wähler, die gekommen waren, bildeten eine Gasse, als sie der Ankunft des Patrons gewahr wurden. Witjon durchschritt die Gasse maßvollen Schrittes und verharrte still vor dem aufgebahrten Leichnam. Er bedauerte das Ableben seines Klienten, zumal es auf diese unwürdige Weise geschehen war. Ausgerutscht auf einem Fisch. Witjon unterdrückte ein Kopfschütteln. Er war bestürzt darüber, dass erst kurz zuvor bereits Faustus Domitius Massula verstorben war. Wie konnte es sein, dass Menschen, die er gern hatte, so überstürzt aus seinem Leben wichen?


    Witjon würde Pacatus eine würdige Bestattung ermöglichen, das stand für ihn fest. Als er die Casa Matinia schließlich wieder verließ, hatte er bereits eine Vorstellung der Worte für die Totenrede - die er als Patron des Matiniers halten würde - und die Inschrift des Grabsteins, den er setzen wollte. Entschlossenen Schrittes kehrte er der Casa Matinia den Rücken und machte sich an die Arbeit.

  • Sabaco hatte auf seinen Streifzügen etwas entdeckt: Im Vicus Navaliorum, nur ein paar Schritte vom Rhenus entfernt, direkt neben dem Castell der Ala, stand ein verlassenes kleines Haus. Für ihn war es darum interessant, da ihn ein Kamerad auf die Inschrift neben der Tür angesprochen hatte. Sabaco drückte das Efeu beiseite. Sollte ihn doch der Schlag treffen! Diese Hütte war die Casa Matinia in Mogontiacum!


    Fast hätte Sabaco gelacht bei diesem besseren Schuppen. Er war die Villa Matinia in Tarraco gewohnt. Und doch freute er sich über diese Räuberhöhle. All das gehörte nun den drei Matinius-Brüdern, die bei den Einheiten von Mogontiacum ihren Dienst versahen.


    Jetzt brauchte er nur noch einen Schlüssel.

  • Eine ruchlose Vergangenheit bot durchaus ihre Vorteile. Den Schlüssel hatte Sabaco nicht gefunden, doch das Werkzeug, um das Schloss zu knacken. Lange war es her, dass er sich das letzte Mal damit befasst hatte. Nach all der Zeit genoss er das Gefühl der Herausforderung wieder. Es existierte eine ganze Palette zerstörungsfreier Öffnungsmethoden, die er ausprobieren konnte. Er legte seine Ledertasche mit dem Material auf einem Stein ab und betrachtete das Schloss.


    Der Schlosskasten wirkte solide. Dazu hatte dereinst ein Drehschlüssel gehört. Um dieses Schloss zu öffnen, mussten die Dornlänge und die Schlüssellochbohrungstiefe passen. Mit einem einfachen Haken kam man nicht in den Entriegelungsbereich. Daher war das Drehschlüsselschloss sicherer als das einfache Schieberiegelschloss. Das war wohl neben der fehlenden Aussicht auf lohnenswerte Beute der Hauptgrund, warum das leerstehende Häuslein bisher nicht von Einbrechern heimgesucht worden war. Der Aufbau war komplex und wurde von eigens darauf spezialisierten Handwerkern umgesetzt. Die rechteckge Aussparung im Schieberiegel besaß Zähne, die genau in die Zähne des Schlüsselbartes griffen.


    Sabaco tastete das Innere mit einem Draht ab. Er korrigierte die Form mit einer Zange und tastete erneut. Knifflig, doch mit der nötigen Erfahrung, dem geeigneten Werkzeug und einer guten Portion Geduld kein Ding der Unmöglichkeit.


    Besonders, wenn man zufällig einen ganzen Bund Sperrhaken besaß, mit dem Sabaco den ersten Versuch startete.

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