Eine Insula am Rande der Subura aber noch Rande zum Esquillin

  • Nun erlebte Beroe die Perserin zum ersten Mal fassungslos, da sie feststellen musste, dass ihr Wohltäter, der sie aus den Fängen der Claudier befreit hatte und ihr die Freiheit versprochen hatte, doch auch nur ein weiterer kühl berechnender Sklavenhalter war, der Beroes Schwächen für seinen Vorteil ausgenutzt hatte. Auch wenn er all das in schöne Worte und Versprechungen gepackt hatte. Diese Versprechungen aber war er gerade im Begriff zu brechen…


    Die Lykerin schüttelte den Kopf. „Nein, das war ich nicht. Trotz der Arbeit, die ja nicht immer einfach war. Aber ich hatte zumindest das Gefühl, endlich einen Platz zu haben.“ Morrigan nahm ihre Hand. Sie, die sie in den letzten Wochen, in denen sie verschwunden war, so viel Leid hatte ertragen müssen, gab ihr nun Trost uns Halt. Ihre nächste Frage jedoch ließ Beroe aufsehen und zunächst erstarren. Ihr Freund? Hatte sie eben richtig gehört? Was wusste sie von ihrem Freund… und was noch wichtiger war, wer wusste noch davon? „Mein Freund…? Woher…. Wieso weißt du davon?“ Letztendlich aber musste sie sich doch eingestehen, dass wohl die meisten hier, und Morrigan erst recht, mehr über sie gewusst hatten, als sie es sich jemals hätte denken können. Sie hatte wohl nur Augen für Avianus gehabt und darüber hinaus alles andere schlichtweg nicht bemerkt. Morrigan aber zeigte dafür vollstes Verständnis und sie machte auch klar, dass sie ihr helfen würde, irgendwie… doch letztendlich war sie nun auch nur noch eine Sklavin. Aber sie machte sich auch Vorwürfe, die Schuld an Beroes Misere zu tragen. Das aber konnte die Lykierin keinen Moment lang so stehen lassen.
    „Nein, du bist nicht schuld! Wirklich nicht! Wenn jemand die Schuld für alles trägt, dann bin ich es ganz allein. Alles was ich dem Moment tat, als ich das Haus meines Dominus in Misenum verließ, tat ich, weil ich es so wollte. Also trage ich auch dafür alle Konsequenzen. Die Menschen, die mir auf meinen Weg begegnet sind, haben es nicht immer gut mit mir gemeint. Doch du gehörst zu jenen, die mir nur mit guten Absichten entgegen getreten sind und dafür werde ich dir immer dankbar sein.“ Bei diesen Worten drückte sie Morrigans Hand fester und versuchte, zu lächeln. nun war es an ihr, die Perserin zu trösten, die in der Gefangenschaft einen erheblichen Teil ihres Stolzes und ihres selbstbewussten Auftretens eingebüßt hatte.


    „Mein Freund… Avianus weiß nicht, dass ich fortgehen muss. Ich hatte keine Gelegenheit mehr, es ihm zu sagen. Aber wenn er wieder kommt…. Er wird bestimmt bald wieder kommen… dann…“ Beroe musste bei diesem Gedanken wieder mit den Tränen kämpfen. All ihr Hoffen, in vielleicht wenigen Jahren wieder frei zu sein, waren zunichte gemacht. Und für ihren Geliebten würde sie nun schier unerreichbar sein. „Bitte sag ihm, was passiert ist und dass ich ihn immer lieben werde... ganz gleich, ob ich ihn jemals wieder sehen kann.“

  • Ja einfach war die Arbeit nicht, aber sie hatten doch alle erkannt, dass es unter den Bedingungen die hier geherrscht hatte, eine gute Alternative war an Geld zu kommen und Geld war nun mal das was sie brauchten um jeden für sich ihren Traum vom Leben zu erfüllen.
    Das war nun anders für sie alle.
    Als die junge Frau erstarrte strich Morrigan ihr über die Hand und sagte leise. „Die Wände hier haben Augen und Ohren weißt du. Aber mach dir keine Sorgen, dein Geheimnis ist sicher. Und außerdem bin ich der Meinung das gerade wir so einen Anker brauchen, so einen Anker, der uns hier am Leben hält.“
    Ihr Anker war Angus gewesen, doch leider hatte sie von ihm nichts mehr gehört. Wer weiß, er hatte bestimmt eine andere gefunden. Er war ihr Anker gewesen, der für den sie hatte dass alles machen wollen, den sie hatte frei kaufen wollen um mit ihm ein Leben anzufangen – aber dies waren Träume, jene träume, die geplatzt waren, jene Träume, die im Keller vom Claudier wohl endgültig gestorben sind.
    Die Tränen liefen ihr über die Wangen, doch Morrigan machte keine Anstalten, diese wegzuwischen. „Ich werde immer für dich da sein. Hörst du, wenn du Hilfe brauchst, ich bin da.“ sagte sie schließlich und drückte Beroe.
    „Ich werde deinem Avianus sagen wo du bist und keine Sorge, wir werden dass schon hinbekommen, dass ihr euch auch weiter sehen könnt!“ für einen kurzen Moment blitze der alte Kampfgeist in ihr auf. Oh ja wenn schon nicht für sich, dann würde sie zumindest für das Glück dieser Frau hier kämpfen. Sie würde auf jeden Fall mit Varus reden!

  • Wie einfältig sie doch gewesen war und geglaubt hatte, niemand würde davon etwas merken. Wenn immer der gleiche Mann am frühen Abend zu ihr kam und erst am frühen Morgen wieder verschwand, dann konnte man es sich doch an drei Fingern abzählen, dass es sich bei ihm um keinen „normalen“ Kunden handeln konnte. ‚Ihren Anker‘, wie Morrigan ihn nannte hatte sie nun verloren und im Augenblick konnte sich Beroe noch gar nicht ausmalen, wie ihr Leben von nun an werden solle – ohne ihn!


    Die Perserin begann wieder zu weinen. So schwach und verletzlich hatte Beroe sie bisher noch nie erlebt. Offenbar hatte man all ihren Stolz und ihr ungezügeltes Temperament aus ihr heraus geprügelt. Aus ihrer Zeit in Misenum wusste sie, wie grausam Menschen sein konnten. Sie selbst hatte es zwar in dem Maße bisher noch nicht erleben müssen, doch sie hatte es bisweilen mit ansehen müssen, wie andere bestraft worden waren. Spätestens dann hatte sie erkannt, wie wertlos ihr Dasein war und dass es andere gab, die es ihr nehmen konnten, wann immer es ihnen beliebte.
    Dennoch gab die Perserin Beroe ihr Wort, für sie da sein zu wollen und ihr zu helfen, wie es eben die Umstände zuließen. Sie gab ihr sogar wieder ein kleines Stück Hoffnung. Vielleicht war ja doch nicht alles verloren… Ein Stück Hoffnung, was man zum (über-)leben brauchte.
    Sie umarmte Morrigan. Es war nur zu hoffen, dass die Schrecken, die sie erlebt hatte, bald verheilen würden. Zu hoffen, dass man sie ganz vergessen machen konnte, war sicher aussichtslos. Doch zu hoffen, dass sie daran nicht verzweifelte, war sicher ein gutes Ziel.
    „Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast und auch noch für mich tun wirst.“ Sie löste sich von ihr und erhob sich dann langsam. Sie beide wussten, dass es nun Zeit war, zu gehen. Denn jede Minute würde ihnen die Trennung noch schwerer machen. „Doch jetzt sollte ich besser gehen. Pass auf dich auf, bis wir uns wiedersehen!“ Zum Abschied küsste sie sie noch einmal auf die Wange. Dann ging sie…

  • Ein ganzes Stück früher als sonst ließ sich Avianus heute im Lupanar blicken, fragte nach Sibel und hoffte einfach, dass diese schon jetzt Zeit für ihn haben würde. Es gab einiges zu besprechen und wenn sie, wie sie beim letzten Mal gesagt hatte, noch nachträglich seine Beförderung feiern wollten, konnte etwas mehr Zeit bestimmt nicht schaden, oder vielleicht war heute sogar ein Ausflug in die Stadt drin. Auf jeden Fall sollte es ein besonderer Tag werden.
    Wie immer war er mit einem Lächeln durch die Tür getreten. Nicht nur, weil er sie gleich wiedersehen würde. Wenn es einen Weg gab, war er auch fest entschlossen dafür zu sorgen, dass sie endgültig aus dem Lupanar raus kam, und er war sicher, dass sie es auf die Reihe kriegen würden, irgendwie. Denn seit seinem letzten Besuch bei Sibel hatte er sich eingestehen müssen: Trotz einem festen Dach über ihrem Kopf, Arbeit und ein paar Münzen mehr, die in ihrer eigenen Tasche landeten, hatte sich im Grunde doch nichts geändert. Noch immer war sie nicht frei und weiterhin dazu verdammt, ihren Körper tagtäglich an fremde Männer zu verkaufen. Und es würde vermutlich Jahre dauern, bis sie durch eigene Arbeit wieder frei kam… verlorene Jahre, weil der Helvetius sie dazu benutzen wollte, sich eine goldene Nase zu verdienen, an einer Sklavin, die ihm nicht gehörte. Aber irgendeinen Weg gab es immer, hatte er inzwischen gelernt.

  • Zitat

    Original von Beroe
    ....
    „Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast und auch noch für mich tun wirst.“ Sie löste sich von ihr und erhob sich dann langsam. Sie beide wussten, dass es nun Zeit war, zu gehen. Denn jede Minute würde ihnen die Trennung noch schwerer machen. „Doch jetzt sollte ich besser gehen. Pass auf dich auf, bis wir uns wiedersehen!“ Zum Abschied küsste sie sie noch einmal auf die Wange. Dann ging sie…


    Auch wenn Morrigan nicht wollte, dass sie ging, so stand es zumindest jetzt noch nicht in ihrer Macht dies zu verhindern. So stand sie also auf und umarmte die junge Frau, die Morrigan inzwischen zu ihren Freunden wenn nicht sogar zu ihrer Familie zählte.
    „Pass gut auf dich auf. Und sei versichert ich werde alle tun, was nötig ist, damit unsere Familie wieder zusammen kommt.“ Ja denn das war Morrigans Anker, Ihre Familie.
    Auch die anderen verabschiedeten sich von Beroe und sprachen ihr Mut zu.

  • Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
    Ein ganzes Stück früher als sonst ließ sich Avianus heute im Lupanar blicken, fragte nach Sibel und hoffte einfach, dass diese schon jetzt Zeit für ihn haben würde. Es gab einiges zu besprechen und wenn sie, wie sie beim letzten Mal gesagt hatte, noch nachträglich seine Beförderung feiern wollten, konnte etwas mehr Zeit bestimmt nicht schaden, oder vielleicht war heute sogar ein Ausflug in die Stadt drin. Auf jeden Fall sollte es ein besonderer Tag werden.
    Wie immer war er mit einem Lächeln durch die Tür getreten. Nicht nur, weil er sie gleich wiedersehen würde. Wenn es einen Weg gab, war er auch fest entschlossen dafür zu sorgen, dass sie endgültig aus dem Lupanar raus kam, und er war sicher, dass sie es auf die Reihe kriegen würden, irgendwie. Denn seit seinem letzten Besuch bei Sibel hatte er sich eingestehen müssen: Trotz einem festen Dach über ihrem Kopf, Arbeit und ein paar Münzen mehr, die in ihrer eigenen Tasche landeten, hatte sich im Grunde doch nichts geändert. Noch immer war sie nicht frei und weiterhin dazu verdammt, ihren Körper tagtäglich an fremde Männer zu verkaufen. Und es würde vermutlich Jahre dauern, bis sie durch eigene Arbeit wieder frei kam… verlorene Jahre, weil der Helvetius sie dazu benutzen wollte, sich eine goldene Nase zu verdienen, an einer Sklavin, die ihm nicht gehörte. Aber irgendeinen Weg gab es immer, hatte er inzwischen gelernt.


    Avianus wurde wie immer am Eingang begrüßt, doch niemand traute sich ihm zusagen, dass Beroe nicht mehr da war. Nicht aus Angst vor ihm, sondern weil Morrigan es so angewiesen hatte.
    So wurde er dann auch in das Zimmer gebeten, von welchem aus Morrigan das Geschäft führte.
    Nur ein kleiner Schreibtisch und zwei Stühle, waren die Ausstattung des Raumes.
    Morrigan erhob sich als Avianus den Raum betrat.
    „Salve Iunius.“ begrüßte sie ihn. „Wenn du dich bitte setzen würdest, wir haben zu reden.“
    Oh ja das hatten sie....

  • Er ahnte bereits, dass irgendetwas nicht stimmte, als er nicht zu Sibel gelassen wude und niemand ein Wort über den Grund dafür verlor, ermahnte sich jedoch dazu, gelassen zu bleiben, selbst dann, als man ihn in diesen vollkommen anderen Raum führte. Nicht Sibels Zimmer… gar kein Zimmer irgendeines Mädchens. Ein Arbeitszimmer.
    Skeptisch und ein wenig verwirrt blickte er die Frau auf der anderen Seite des Schreibtisches an. Die kannte bereits seinen Namen, er allerdings ihren nicht, obwohl er sie bei seinen Besuchen im Lupanar bereits gesehen hatte.
    "Salve ... gibt es einen bestimmten Grund warum ich hier bin?", fragte er sie, sah sich in dem recht unspektakulären Raum um und folgte schließlich der Aufforderung, auf dem Stuhl Platz zu nehmen.
    Bekam er jetzt etwa Hausverbot?, war der erste Gedanke, der ihm in den Kopf schoss. Womöglich war er dem Helvetius bei seinem Besuch vor ein paar Tagen zu aufdringlich gewesen. Oder vielleicht hatte Sibel ihrem Dominus irgendetwas erzählt, nachdem er das Lupanar wieder verlassen hatte.

  • Ganz plötzlich hatte ich vor der unscheinbaren Insula gestanden. Über der Eingangstür waren rote Mosaiksteinchen angebracht, aus denen bei genauem Hinsehen der Name ersichtlich wurde, der mir nur allzu gut vertraut war. Eigentlich hatte ich mich wieder auf den Rückweg machen wollen, nachdem ich zuvor einige Schreiben in der Stadt ausgetragen hatte. Doch nun war ich hier und es kam mir vor, als hätte mich eine höhere Macht hierher gelotst.
    Mir kam es eine Ewigkeit vor, seit meinem letzten Besuch. Damals war ich noch ein anderer. Ein Mann voller Pläne, Ideen und Wünsche. Nun war ich nur noch ein Schatten meiner Selbst. Meine Pläne hatten sich in Luft aufgelöst, ebenso meine Ideen und meine Wünsche waren vor meinen Augen gestorben. Was also sollte ich hier?
    Es wäre sicher besser gewesen, wenn ich sofort weiter meines Weges gegangen wäre. Jedoch zögerte ich. Meine Gedanken führten mich zu einer längst vergangene Zeit. Zu den Saturnalien… nicht diese Saturnalien. Die Saturnalien im Jahr zuvor. Mein Rabenmädchen mit dem schicksalhaften Namen. Sie hatte mir gleich von Anfang an gefallen. Mit ihr hätte ich mir eine neue Zukunft vorstellen können. Ein gemeinsames Leben mit ihr, hoch oben im Norden, dort wo sich kein Römer freiwillig hin traute. Doch dann war alles anders gekommen. Nun war so viel Zeit vergangen. Sie hatte mich wahrscheinlich längst vergessen. Ihre Träume hatte sie mit einem Anderen verwirklicht. Und falls nicht, dann hatte sie sich alleine auf und davon gemacht.


    Ich hätte einfach weitergehen sollen, doch dann öffnete sich, wie von Geisterhand, die Tür. Erst geschah nichts, niemand kam heraus und auch ich machte keine Anstalten, einzutreten. Dann, nach etlichen Herzschlägen, kam ein breitschultriger Kerl zum Vorschein, der dazu abgestellt worden war, die Tür zu bewachen und der mich nun etwas abschätzig anstarrte. „Was ist? Kommst du jetzt rein, oder was?!“ Erst zögerte ich noch. Dann trat ich ein. „Ist Morrigan noch hier?“ hörte ich mich fragen.

  • Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus


    "Salve ... gibt es einen bestimmten Grund warum ich hier bin?", fragte er sie, sah sich in dem recht unspektakulären Raum um und folgte schließlich der Aufforderung, auf dem Stuhl Platz zu nehmen.
    Bekam er jetzt etwa Hausverbot?, war der erste Gedanke, der ihm in den Kopf schoss. Womöglich war er dem Helvetius bei seinem Besuch vor ein paar Tagen zu aufdringlich gewesen. Oder vielleicht hatte Sibel ihrem Dominus irgendetwas erzählt, nachdem er das Lupanar wieder verlassen hatte.


    Morrigan wartete eine Weile, sie goss dem „Gast“ einen Wein und schob den gefüllten Becher zu ihm rüber. Ihre Augen ruhte auf ihm, als sie dann doch endlich anfing zu reden.
    „Ja es gibt einen bestimmten Grund. Aber bitte beantworte mir zunächst eine Frage. Liebst du Sibel? Ich meine liebst du sie wirklich oder ist sie nur ein Zeitvertreib für dich?“
    Natürlich wusste sie, dass dieser Mann des Öfteren hier zu „Gast“ war. Aber das allein musste ja noch Nichts heißen. Es gab zu viele die Frauen wie Sibel oder ihr alles versprachen nur um ein paar angenehme Stunden mit ihnen verbringen zu können. Wenn es aber darauf ankam, dann zogen sie sich zurück und ließen die Frauen in ihrem Elend und Kummer zurück. Deshalb wollte sie es wissen, denn wenn er ein solcher war, dann war es vielleicht besser, dass er gar nicht erfuhr wo Sibel jetzt war.

  • Zitat

    Original von Angus


    ...
    Ich hätte einfach weitergehen sollen, doch dann öffnete sich, wie von Geisterhand, die Tür. Erst geschah nichts, niemand kam heraus und auch ich machte keine Anstalten, einzutreten. Dann, nach etlichen Herzschlägen, kam ein breitschultriger Kerl zum Vorschein, der dazu abgestellt worden war, die Tür zu bewachen und der mich nun etwas abschätzig anstarrte. „Was ist? Kommst du jetzt rein, oder was?!“ Erst zögerte ich noch. Dann trat ich ein. „Ist Morrigan noch hier?“ hörte ich mich fragen.



    Der breitschultrige Kerl, der ihn eben noch eingelassen hatte. War es nun auch der antwortete.
    „Ja sie ist wieder hier. Aber sie empfängt keine Kunden mehr. Du wirst dich schon mit einer andere begnügen müssen. Auswahl haben wir mehr als genug.“


    Greta die gerade im Atrium saß erkannte den Mann jedoch und erhob sich um Morrigan Bescheid zu geben.
    Morrigan ihrerseits hatte Greta erst entgeistert angeschaut, dann mit dem Kopf geschüttelt, dann noch Mals nachgefragt ob sie sich sicher sein.
    Sie brauchte eine ganze Weile, bis sie sich schließlich entschloss ihr Zimmer zu verlassen und ins Atrium zu gehen.
    Langsam, unglaublich langsam waren ihre Schritte und dann fiel ihr Blick auf ihn, wie ein Schatten aus der Vergangenheit kam er ihr vor. Es war fast so, als wäre es ein Blick in ein andere Leben. Als sie sich das letzte Mal gesehen haben, war sie hier gerade angekommen und frei, unbeschwert un voller Lebensmut.
    Nichts von dem war noch da. Vieles von der Morrigan die Angus kannte, war im Keller des Claudiers gestorben.
    Sie ging also auf ihn zu ihr Blick leere und sie begrüßte ihn distanziert.
    „Salve Angus, schön dich mal wieder hier begrüßen zu dürfen.“ Ihre Blick war traurig und der nächste Satz war ein einziger Vorwurf. „Du warst sehr lange nicht mehr hier, ich hoffe du hattest eine angenehmen Zeit.“

  • Avianus nahm den Becher in die Hand, trank allerdings keinen Schluck daraus, sondern blickte die Frau nur über den Schreibtisch hinweg schief an.
    "Du weißt von ihr und mir?", fragte er nach einer Weile, obwohl die Antwort vollkommen offensichtlich war, und er folglich auch nicht davon ausging, dass sie dazu etwas sagte. Aber was war das überhaupt für eine blöde Frage, die sie ihm da stellte? Und worauf sie damit hinaus wollte, erklärte sie ihm ebenfalls nicht, ausgerechnet ihm, der es hasste, im Dunkeln gelassen zu werden, und sich einfach darauf verlassen zu müssen, dass andere es gut mit ihm meinten. Nein, sich auf Menschen einzulassen, deren Absichten er nicht voll und ganz einschätzen konnte, und ihnen einfach so zu vertrauen, fiel ihm wahrlich nicht leicht, wenn es um Sibel ging.
    "Was wenn ich sie liebe? Kann ich dann zu ihr? Willst du uns helfen? Oder habe ich dann etwas zu befürchten?", stellte er noch eine Reihe an Fragen mehr, auf die er ebenfalls keine Antwort erwartete, nur um anzudeuten, dass er weder sie kannte noch den Ansatz einer Idee hatte, weshalb er ihr gegenübersaß, für den Fall, dass sie es nicht wusste, und wünschte sich insgeheim, Sibel hörte vielleicht von einem der anderen Mädchen davon, dass er hier war, oder auch seine Stimme durch die dünnen Wände hindurch, sodass sie jeden Augenblick durch die Tür hinter ihm treten könnte. Doch dass es nicht passierte, gab ihm nur noch mehr Grund, beunruhigt zu sein, und er gönnte sich endlich ein wenig Wein aus dem Becher. Wie sie ihre Frage stellte, und vor allem ihre letzten Worte … oder ist sie nur ein Zeitvertreib für dich … wirkten jedoch nicht so als wollte sie Sibel oder ihm böses. Skeptisch blickte er für einen Augenblick in den Becher.
    "Jeder, der sie nicht liebte, hätte an meiner Stelle schon lange aufgegeben, sie verlassen, und wäre jetzt ganz bestimmt nicht hier. Und Sibel wäre es wahrscheinlich auch nicht. Sie bedeutet mir viel. Ich kann auch wieder gehen, dann sag mir aber wenigstens, dass es ihr gut geht." Natürlich liebte er sie, mehr als er jede andere Frau jemals geliebt hatte.

  • Sie ist wieder hier, hatte der Türsteher gesagt. War sie denn weg gewesen, fragte ich mich daraufhin selbst. Anscheinend war sie das. Und sie empfing keine Kunden mehr. Das machte mich dann doch etwas neugierig. Wieso empfing sie keine Kunden mehr? Vielleicht hatte sie es nicht mehr nötig. Vielleicht war irgendein reicher Kerl vorbei gekommen und hatte sie da rausgeholt. Doch eigentlich wusste ich genau, dass es so nicht gewesen sein konnte, denn so etwas passierte nicht im richtigen Leben. Das echte Leben sah anders aus.


    Ich hätte nicht herkommen sollen. Das war mir jetzt klar. Es war besser, wenn ich jetzt ging, denn ich wollte mich mit keiner anderen begnügen. Eigentlich hatte ich sie doch nur kurz sehen wollen… um ihr zu sagen, dass alles anders gekommen war. Dass es keine Zukunft mehr für „uns“ gab. Dass es vorbei war.
    Unentschlossen blieb ich noch einen Augenblick vor dem breitschultrigen Kerl stehen, der mich seinerseits mit ein paar auffordernden Blicken musterte. Er musste sonst was von mir denken, weshalb ich nicht endlich zu Potte kam und mich zu den netten hübschen Damen im Atrium gesellte. „Na, was ist jetzt?“, fragte er mich ungeduldig. Ich jedoch versuchte seinen Blicken auszuweichen und schaute in Richtung Atrium, um sie vielleicht dort zu erhaschen. Aber sie war nicht dort. Allerdings schien eines der anderen Mädchen schnellen Schrittes das Atrium zu verlassen. Ich konnte aber nicht erkennen, wer es war. Schließlich wandte ich mich wieder dem Türsteher zu. „Ich… eigentlich wollte ich nur… ich wollte nur mit ihr reden. Mehr nicht.“ Meine Stimme hatte schon etwas Weinerliches an sich, was allerdings mein Gegenüber nicht besonders beeindruckte. Es trug nur zu seiner Belustigung bei. Dennoch hatte er sich soweit im Griff, um nicht lauthals loszulachen und mich hinauszuwerfen. „Tja, Freundchen… wie gesagt, sie empfängt niemanden mehr. Auch nicht zum Reden. Also, ich schlage dir vor, du suchst dir eine Andere aus oder du schiebst ab.“ Der Mann hatte wieder eine ernst dreinschauende Mine eingenommen und gab mir mit einigen Gesten zu verstehen, dass seine Geduld bald ihr Ende erreicht hatte.
    Diesmal widersprach ich nicht mehr. Ich sah ein, wie dumm es gewesen war, eingetreten zu sein. Ich nickte nur und schickte mich an, wieder zu gehen, als ich langsam nahende Schritte vernahm, die mich dann doch dazu anhielten, noch einem Moment zu warten.
    Plötzlich tauchte sie vor mir auf. Langsam, müde, traurig. Das war nicht die, dich ich gekannt hatte. Sie war irgendwie anders. In ihr gab es keine Freude mehr. Ihr Temperament, das mir so imponiert hatte, war verschwunden.
    „Morrigan!“ Ich versuchte zu lächeln, was mir allerdings schwer fiel, denn bei ihren Anblick wusste ich, dass es weder ihr noch mir gut ergangen war, während all der Zeit, in der wir uns nicht gesehen hatten. Ihre letzte Bemerkung aber war wie einer von Rhascus' Peitschenhieben, der sich tief in die Haut meines Rückens schnitt. „Morrigan, ich… Es tut mir so leid. Kann ich mit dir reden?“

  • Zitat

    Original von Aulus Iunius Avianus
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    "Jeder, der sie nicht liebte, hätte an meiner Stelle schon lange aufgegeben, sie verlassen, und wäre jetzt ganz bestimmt nicht hier. Und Sibel wäre es wahrscheinlich auch nicht. Sie bedeutet mir viel. Ich kann auch wieder gehen, dann sag mir aber wenigstens, dass es ihr gut geht." Natürlich liebte er sie, mehr als er jede andere Frau jemals geliebt hatte.


    Morrigan verfolgte sehr genau wie er reagierte. Sie wollte ihm schon auf seine Fragen antworten, öffnete den Mund um ihn doch gleich wieder zu schließen – sie ließ ihn reden. Als er dann schlussendlich sagte – zwar nicht direkt – aber schon deutlich genug, dass Sibel kein Zeitvertreib für ihn war, war es nun an ihr ihm seine Fragen zu beantworten.
    „Nein du kannst nicht zu ihr, zumindest nicht jetzt – nicht heute.“ Morrigans Stimme hatte einen traurigen Klang. „Du hast nichts zu befürchten. Ich habe Sibel ein Versprechen gegeben ihr zu helfen, wo ich nur kann und dass schließt dich mit ein. Das Helvetius Varus jetzt ihr Dominus ist weißt du?“ Sie setzte es jetzt einfach mal voraus. „Er hat beschlossen, dass sie ihn seinem Haushalt leben und arbeiten soll. Er meinte sie wäre hier nicht glücklich.“ So das war schon mal raus. Dann beschrieb sie Avianus, wo das Haus des Helvetiers zu finden war. „Sie ist nicht glücklich mit der Situation, aber ihr geht es soweit ich weiß gut. Das Problem ist nur, dass ihr euch nicht merh so oft sehen könnt. Ich werde versuchen, meinen Einfluss geltend zu machen und euch so wenigstens ab und ein Treffen zu ermöglichen. Leider sind mir Momentan auch die Hände gebunden. Aber sei versichert, ich werde nicht ehe Ruhe geben, bis Sibel diese Hundemarke...“ unwillkürlich griff sie auch zu der ihren... „... wieder los ist.“ Morrigan sah Avianus an. „Es tut mir leid, dass ich im Moment nicht mehr für euch tun kann."

  • Zitat

    Original von Angus


    „Morrigan!“ Ich versuchte zu lächeln, was mir allerdings schwer fiel, denn bei ihren Anblick wusste ich, dass es weder ihr noch mir gut ergangen war, während all der Zeit, in der wir uns nicht gesehen hatten. Ihre letzte Bemerkung aber war wie einer von Rhascus' Peitschenhieben, der sich tief in die Haut meines Rückens schnitt. „Morrigan, ich… Es tut mir so leid. Kann ich mit dir reden?“


    Morrigans Augen ruhten auf Angus. Er schien auch anders zu sein. Was war mit ihm? Hatte er auch...? Oder war es einfach nur das schlechte Gewissen, das er sich vergnügt hatte und über seinem vergnügen sie einfach vergessen hatte. Ihr Blick bliebt weiter leer und ausdruckslos, keine Wiedersehensfreude, keine Ablehnung, ja keine noch so kleine Regung war zu erkennen.
    „Wenn du das möchtest.“ sagte sie, drehte sich um. „Folge mir.“ sagte sie noch während des Gehens.
    Fieberhaft überlegte sie, was er wohl für ihr wollen könnte. Das die Sehnsucht ihn hergetrieben hatte schloss sie gänzlich aus. Sie hatte ja nicht mal geglaubt ihn wieder zu sehen.
    Sie versuchte ihre Gedanken zuordnen auf dem Weg in ihr Arbeitszimmer.
    Dort angekommen räumte sie den Tisch, auf welchem sich diverse Unterlagen befanden frei, stellte zwei Becher hin und befüllte diese mit Wein.
    Einerseits weil es die Höflichkeit gebietet andererseits um noch etwas Zeit zu schinden.
    Sie trank einen großen Schluck und sah Angus wieder an. „Nun?“

  • Sie ist also nicht mehr hier, stellte er in schluckend in Gedanken fest und hätte, wäre er allein in dem Raum gesessen, noch im selben Augenblick lautstark losgeflucht oder den Becher an der nächsten Wand landen lassen. Stattdessen schlossen sich um diesen jetzt nur verkrampft seine Finger. Avianus hatte es satt, so unendlich satt, dass ihnen ständig etwas oder jemand in die Quere kam, ihnen Steine in den Weg gelegt wurden, wo es nur ging. Kaum hatte er sich eine Strategie zurechtgelegt, ein Problem zu lösen, tat sich bereits das nächste auf. Sie war wieder Sklavin, genau so wie damals in Misenum, eine Zeit, die Sibel hinter sich lassen sollte. Und wie einmalig schlau es von ihm doch gewesen war, sich ausgerechnet bei der ersten Begegnung mit dem Helvetier so unsympathisch zu geben wie nur möglich. Noch immer starrte er in den Becher. Wein hätte vermutlich geholfen, kurzfristig zumindest, doch der Durst war ihm vergangen.
    "Ja, sie sollte frei sein … und alles was sie dafür braucht ist Geld, oder? Ich hätte genug gehabt … habe es immer noch … und ich werde bestimmt nicht tatenlos herumsitzen und abwarten", begann er zu reden. Vor kurzem hätte ihr dieses Geld die Freiheit bringen sollen und vielleicht konnte es das auch jetzt noch. "Helvetius Varus weiß bereits, dass ich an ihr Gefallen habe. Vielleicht lässt er mit sich reden. Ich werde sehen was sich machen lässt. Wenn es einen Weg gibt, sie da rauszuholen, finde ich ihn."
    Er blickte blickte Morrigan nun wieder geradewegs an. "Du hast schon jetzt mehr getan, als die meisten anderen. Dafür bin ich dir Dank schuldig", meinte er, "Solltest du ihr begegnen, oder ihr auf anderen Wegen eine Nachricht überbringen können, dann lass sie bitte wissen, dass ich versuche, ihr zu helfen." Hätte er Sibel doch nur schon längst das Lesen beigebracht, dann könnte er ihr ganz einfach einen Brief zukommen lassen. So blieb ihm nur, eine im Grunde Fremde um einen Gefallen zu bitten, damit sie wusste, dass er so schnell nicht aufgeben würde, sie die Hoffnung nicht verlieren sollte und einfach nur durchzuhalten brauchte.

  • Morrigan zuckte mit den Schultern.
    „Ich kenne das Arrangement zwischen ihr und dem Helvetier nicht. Wenn es aber nur Geld sein sollte, da kann man was machen.“ Ja Morrigan hatte sich auch etwas Erspartes auf die Seite geschafft, eigentlich war das für ihre Zukunft gedacht gewesen, aber da sie ja eh keine mehr hatte und sie sich im gewissen Maße schuld an Sibels Situation fühlte, wäre sie durchaus bereit ihr das nötige Geld zukommen zu lassen.
    Wen er aber genug hatte, warum... Sibel wollte sich wahrscheinlich nicht von ihm helfen lassen? Oder?
    Natürlich wusste Morrigan, das Sibel nicht lesen konnte so versprach sie also: „Ich werde gleich morgen zum Haus der Helvetier gehen und mit ihr sprechen. Ich werde ihr sagen, dass du ihr helfen wirst. Und wenn ich sonst noch was für euch tun kann...“ Ja Morrigan sagte ganz bewusst „euch“ damit er gar nicht erst auf den Gedanken kam, dass sie ihm hier ihre oder die Dienste einer anderen Frau hier anbot, denn nichts lag ihr ferner.
    Ihr Blick ruhte immer noch auf dem Mann, eine warmes Lächeln war in ihren Augen zu erkennen. „Ich freue mich für Sibel, dass sie jemanden wie dich hat.“ und diese Worte kamen tief aus ihrem Herzen.

  • Avianus wusste gar nicht was oder ob er etwas sagen sollte. Dass jemand ihnen half, war schon selten genug, aber dass der-… oder besser diejenige sich auch noch über ihre Beziehung freute, war etwas noch nie da gewesenes. Vielleicht lag es aber auch schlicht daran, dass er, paranoid wie er in der Hinsicht war, penibel darauf achtete, nicht einen Menschen zu viel von ihm und Sibel wissen zu lassen, sodass gar keiner die Gelegenheit bekam, sich auf ihre Seite zu schlagen. Dennoch wären wohl die wenigsten in seinem Umfeld begeistert von seiner Liebe zu einer Lupa, die noch dazu eine entlaufene Sklavin war. Und er hatte auch nicht vergessen, was Seneca einmal zu ihm gesagt hatte: Dass seine Cousine niemals von seiner Liebschaft erfahren durfte, und da war es dann wohl am Besten, wenn möglichst keiner davon erfuhr.
    "Ich wünschte, es gäbe mehr, die deiner Meinung wären", sprach er schließlich knapp seine Gedanken laut aus und lächelte ebenfalls, wenn auch im Gegensatz zu ihr bitter.
    "Zumindest als ich das letzte Mal hier war, ging es nur um Geld", kam er dann kurz auf das vorherige Thema zurück, "Und wie gesagt, ich schulde dir etwas. Sollte ich einmal etwas für dich tun können, lass es mich wissen." Ihm war nicht entgangen, dass sie ihn als Iunius begrüßt hatte. Er war nicht sicher, wie viel sie über ihn wusste, doch sein Name war ihr zumindest bekannt, und über die Casa Iunia war er stets erreichbar.
    "Wenn das also vorerst alles wäre ...", meinte er dann stellte den Becher zurück auf den Tisch und er hob sich, "Es gibt einige Dinge zu regeln."

  • Hm wenn es um Geld ging... Aber das würde Morrigan nicht mit ihm besprechen, dass war etwas was sie mit Sibel klären würde. Sie erhob sich also um Avianus zu verabschieden.
    „Ich freue mich, wenn ich euch helfen kann. Gleich morgen werde ich zum Haus der Helvetier gehen und versuchen ob ich sie sprechen kann. Ich werde ihr deine Nachricht übermitteln.“ Morrigan reicht dem Mann vor ihr die Hand. „Ich danke dir, aber du schuldest mir wirklich nichts. Ich tu das gern für Sibel und dich. Vielleicht sehen wir uns unter anderen, besseren Umständen ja mal wieder und wenn du meine Hilfe benötigst scheu dich nicht es mich wissen zu lassen. Vale Iunius Avianus.“

  • Avianus nahm den Händedruck nickend entgegen.
    "Gut… wie auch immer", meinte er nachdenklich. Mehr als anbieten konnte er seine Hilfe ja nicht.
    "Vale", verabschiedete er sich dann ebenfalls und als er sich auf den Weg machte und das Lupanar verließ, arbeitete es in seinem Kopf bereits. Er verschwendete keine Zeit darüber nachzudenken, weshalb es so gekommen war, wie es gekommen war.
    Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als ein zweites Mal mit dem Helvetius zu sprechen, und er war fest entschlossen ebendies zu tun. Nur was er sagen würde, wenn er ihm tatsächlich gegenübersaß, machte ihm Sorgen. Dass er für die Freiheit einer seiner Sklavinnen bezahlen wollte? Wie bescheuert hörte sich das denn an. Außerdem wäre Sibel ihren Dominus im Anschluss immer noch nicht los, ganz im Gegenteil, sie würde zu seiner Klientin werden und es für immer bleiben. Schon jetzt wurde ihm bei dem Gedanken unwohl. Am liebsten wäre es ihm natürlich, wenn der Helvetius einem Verkauf zustimmen würde... er könnte sie eigenhändig freilassen, sie zu einem Teil seiner Gens machen. Und sie wäre nur noch von ihm abhängig – der so gut wie einzigen Person, der er vollkommen vertraute, wenn es um Sibel ging.


  • Ich konnte nicht sagen, was mich mehr schmerzte, ihre abweisende Haltung oder der Sarkasmus, mit dem sie ihre letzten Worte gewählt hatte. Morrigan war nicht mehr die, die ich gekannt und geliebt hatte. Ebenso wenig war ich noch der, den sie geglaubt hatte, zu kennen.


    Ich war ihr gefolgt. Diesmal führte sie mich nicht in einen der schön dekorierten Räume, in denen sie einst ihre Kunden empfing. Es war ihr Arbeitszimmer, dessen Nüchternheit dem ganzen noch etwas an Schärfe verlieh. Damit machte sie mir nun endgültig klar, dass ich in Zukunft hier nicht mehr willkommen war. Aber dies stellte für mich kein größeres Problem dar, denn ich wusste, dass es für mich kein nächstes Mal geben würde. Nie mehr.


    Vor einem Tisch kam sie zum Stehen. Eilig schob sie einige Schriftrollen und Tabulae zur Seite. Auf der frei gewordenen Fläche platzierte sie zwei Becher und füllte sie mit Wein. Sie wartete erst gar nicht darauf, bis ich nach dem Becher greifen und ihr zuprosten konnte, sondern nahm sofort einen großen Schluck. Ich indessen ließ den Wein Wein sein und wollte mich lieber auf das Wesentliche konzentrieren. Ich wusste, was der Wein bei mir bewirkte. Er hatte sich als verlässlicher Seelentröster erwiesen. Doch ich kannte inzwischen auch seine Kehrseite.


    Sie wartete darauf, endlich eine Erklärung zu bekommen. Ich konnte es spüren. Und genau deshalb schien ein Kloß in meiner Kehle zu stecken, der es mir unmöglich machte auch nur irgendeinen Ton herauszubringen. Nun griff ich doch zum Becher und trank, bis er leer war. Der Wein schien mir endlich ein wenig meines Mutes zurückzugeben.
    „Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass es für uns keine Zukunft geben wird.“ Diesen Satz ließ ich erst einmal stehen. Wenn sie mich nun hinauswarf, dann konnte ich das gut verstehen. Vorbei war es mit unseren Zukunftsträumen. Mein Rabenmädchen – Morrigan, sie hatte etwas besseres verdient.

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